Ein Beitrag zu Vorkommen und Herkunft von Uran in deutschen Mineral- und Leitungswässern

Autor/innen

  • Friedhart Knolle Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde

Abstract

Uran (U) ist ein natürliches, aber chemo- und radiotoxisches Element. Die Höhe der Belastung des Menschen mit U bestimmt vorwiegend dessen Aufnahme über das Trinkwasser. Aufgabe der vorliegenden Arbeit war es, einen Beitrag zu Vorkommen und Herkunft von U in deutschen Mineral- und Leitungswässern zu leisten. Dazu wurden am seinerzeitigen Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde der ehemaligen Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL-PB), heute Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde des Julius Kühn-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI-PB) in Braunschweig, U und Gehalte an weiteren 65 chemischen Elementen sowie die Radioaktivität in 307 Mineralwasser-Marken und 476 Leitungswasserproben deutscher Herkunft ausgewertet. Die Mineralwasserproben stammen aus dem Zeitraum 2000 - 2007, die Leitungswasserproben aus dem Jahr 2006. Die Arbeit erbrachte die folgenden wesentlichen Ergebnisse. Der mittlere U-Gehalt der Mineralwässer betrug 3,08 μg/L U, derjenige der Leitungswässer 0,43 μg/L U. Der Median lag in beiden Gruppen bei 0,13 μg/L U. In beiden Gruppen wiesen 82 % der Proben Gehalte < 2 μg/L U auf. Die niedrigsten U-Gehalte (unterhalb der Nachweisgrenze der ICP-QMS von 0,015 μg/L U) fanden sich in Brunnen in quartären Porengrundwasserleitern. Bei den Mineralwässern wiesen die höchsten U-Gehalte das Heilwasser der Nürtinger Heinrichsquelle in Nürtingen, Baden-Württemberg (474 μg/L U), das Wasser Purio Aqua Römer Mainhard der Römerquelle in Mainhardt-Baad, Baden-Württemberg (27,4 μg/L U) und das Wasser der Alwa Bonalwa-Quelle in Bad Peterstal-Griesbach, Baden-Württemberg (24,5 μg/L U) auf. Der höchste in Leitungswasser gemessene U-Gehalt fand sich in Gunzenhausen und Kulmbach mit 8,5 μg/L U, gefolgt von Darmstadt und Jena mit 5,8 μg/L U. Im Vergleich der Gehalte von 66 Elementen sowie HCO3 und Dosisleistung der untersuchten Mineral- und Leitungswässer wurde der jeweils mit Abstand höchste Variationskoeffizient für U festgestellt: 820 % für Mineral- sowie 208 % für Leitungswässer. In den untersuchten Mineralwässern korrelierten folgende 30 von insgesamt 65 chemischen Elementen schwach aber signifikant (p < 0,05) mit U: As, B, Be, Ca, Ce, Cl, Cu, Dy, Er, F, Fe, Ge, Gd, Ho, K, Li, Mg, Mn, Na, Ni, Mo, Nb, S, Se, Ta, Ti, V, W, Y und Zn sowie die Dosisleistung und der Gesamtlösungsinhalt. Auch mit der Konzentration an 226Ra und Th korreliert U in den Mineralwässern nur schwach. In den Leitungswässern waren es die Elemente B, Ca, Ce, Co, Cu, K, Mg, Mn, Mo, S und Sr, die wiederum nur schwach, aber signifikant (p < 0,05) mit U korrelierten. Hauptkomponenten- und multiple Regressionsanalysen erbrachten im Ergebnis, dass der U-Gehalt der Mineral- und Leitungswässer nur in bedingtem Zusammenhang mit dem Gehalt an anderen chemischen Elementen steht. Die U-Gehalte der untersuchten deutschen Mineralwässer mit > 2 μg/L U können folgenden regionalen Brunnenclustern zugeordnet werden (von Nord nach Süd): Fulda - Oberweser, Südwestharzvorland, Nordostharzvorland (östliches Subhercyn), Saale-Unstrut, Thüringer Wald und Vorländer, Rhön, Bad Kissingen, Süddeutscher Keuper und Nordschwarzwald. Im Rahmen einer bundesweiten regionalgeologischen und hydrogenetischen Übersichtsbetrachtung konnten sämtliche Mineral- und Leitungswässer mit Gehalten von > 2 μg/L U überwiegend geogenen Ursachen zugeordnet werden. Die Mineralwässer mit Gehalten > 2 μg/L U befinden sich fast vollständig innerhalb bzw. am unmittelbaren Verbreitungsrand der permotriassischen Sedimentkomplexe Hessens, Niedersachsens und Sachsen-Anhalts sowie der Südwestdeutschen Schichtstufenlandschaft. Die wichtigsten Lieferaquifere sind Gesteine des Buntsandsteins und Keupers, nur untergeordnet permische und Kristallin-Aquifere:
- Keuper: Norddeutschland: Steinmergel- bzw. Gipskeuper (Extal); Süddeutschland: Burgsandstein bzw.  Stubensandstein (Bad Überkingen, Mainhardt-Baad und Nürtingen)
- Buntsandstein, primär Mittlerer Buntsandstein, z.T. Oberer Buntsandstein (Bad Driburg, Bad Pyrmont, Fuldatal, Hecklingen-Gaensefurth, Katlenburg, Hessberg, Hessische Rhön, Saale-Unstrut/Leisslingen, Steinheim-Vinsebeck, Volkmarsen und Warburg)
- Perm (Bad Kissingen, Friedrichroda, Hecklingen-Gaensefurth, Saale-Unstrut/Leisslingen und Schmalkalden)
- Paragneise des Rench-Gebietes, Schwarzwald (Bad Peterstal-Griesbach). Anthropogene U-Immissionen sind in den untersuchten Mineralwässern bisher ohne Bedeutung. Für die untersuchten Leitungswässer sind sie jedoch bereits ein möglicher Belastungsfaktor, der prioritär über mineralische Phosphatdünger und die Grundwasserpassage in das Trinkwasser gelangen kann. Ein Indiz für die Stimmigkeit dieser Hypothese liefert in der vorliegenden Arbeit der mit 19 % hohe Beitrag der Bor (B)-Gehalte in einer multiplen Regressionsrechnung von 15 Elementen in Leitungswässern auf den U-Gehalt, denn in der Landwirtschaft eingesetzte mineralische Phosphordünger tragen neben U auch B in signifikanten Mengen in Ökosysteme ein und B weist wie U eine hohe Mobilität im Boden auf. Ein ähnliches Verhalten zeigen in der multiplen Regressionsrechnung K und Mg. Weil Mineralwässer nicht juvenilen, sondern größtenteils meteorischen Ursprungs sind, ist es aus hydrogeologischer Sicht nur eine Frage der Zeit, bis der Grundwasserkreislauf für diesen Immissionsfaktor geschlossen ist. Dieser Frage wird künftig verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden müssen. Vorliegende Studie ist als eine geochemische Momentaufnahme zu sehen, die weitere und vertiefende Untersuchungen, insbesondere zur anthropogenen U-Belastung von Wässern, postuliert.

1 Der Begriff „Mineralwasser“ umfasst im Kontext dieser Arbeit natürliche Heil-, Mineral- und Tafelwässer.

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Veröffentlicht

2011-10-25

Ausgabe

Rubrik

Dissertation