Risikoabschätzung von <em>Harmonia axyridis</em>, dem Asiatischen Marienkäfer, für den Deutschen Obst- und Weinbau
Abstract
Der Asiatische Marienkäfer Harmonia axyridis ist als invasive Art in Europa flächendeckend verbreitet. In Nordamerika, wo sich der Käfer ebenfalls etablieren konnte, kam es im Jahre 2001 durch den Käfer zu erheblichen Beeinflussungen des Weingeschmacks (Marienkäferton), nachdem diese mit ins Lesegut gelangten. Als prägende Geruchssubstanz des Marienkäfertons im Wein und in der Hämolymphe von H. axyridis konnte 2-Isopropyl-3-Methoxypyrazin (IPMP) mittels gaschromatographischen Analysen identifiziert werden. Anders als in einer früheren Publikation von Cudjoe et al. (2005) angenommen, haben H. axyridis und der 7-Punkt-Marienkäfer Coccinella septempunctata im Hinblick auf die IPMP-Gehalte in der Hämolymphe ein ähnlich hohes Risikopotential den Wein zu verunreinigen. In der vorliegenden Studie konnten sowohl in H. axyridis als auch C. septempunctata Gehalte zwischen 2-12 ng IPMP/ g Käfer gemessen werden. Dabei wurde ein Zusammenhang zwischen dem während der Larvalentwicklung aufgenommenen Futter sowie der Elytrenfarbe von H. axyridis und den IPMP-Gehalten im Käfer festgestellt. Schlecht verwertbare Blattläuse als Nahrungsquelle führten zu geringeren IPMP-Gehalten als bei einer Ernährung mit solchen, die ein optimales Futter für H. axyridis darstellen. Des Weiteren hatte der orange Morphotyp H. axyridis succinea mit deutlich erkennbaren schwarzen Punkten auf den Elytren signifikant höhere IPMP-Gehalte als der schwarze Morphotyp H. axyridis spectabilis. In der Hämolymphe von C. septempunctata konnte zusätzlich 2-Isobutyl-3-Methoxypyrazin (IBMP) als weiteres geruchsintensives Methoxypyrazin neben IPMP gemessen werden. In H. axyridis kam IBMP in geringerer Intensität vor. Gelangt H. axyridis ins Lesegut, spielt vorwiegend das Gärverfahren bei der Ausprägung des Marienkäfertons im Wein eine bedeutende Rolle. Die sensorische Wahrnehmungsschwelle (für 50 % der Testpersonen erkennbar) bei der Traubensorte 'Riesling' ohne Maischegärung war 5 Käfer/ kg. In der roten Traubensorte 'Pinot noir' lag die sensorische Wahrnehmungsschwelle in maischeerhitzten Trauben bei 6 Käfer/ kg Trauben und in maischevergorenen Trauben bei 3 Käfer/ kg Trauben. Demzufolge kann eine Maischeerhitzung statt Maischegärung der Trauben den Fehlton im Wein verringern. Lösungsansätze zur Reduktion des Marienkäfertons sind auch in weiteren Schritten des Weinbereitungsverfahren zu sehen: Eine kurze Pressdauer (< 60 min) und ein niedriger Pressdruck (< 2 bar) konnten zu einer Verminderung des Fehltons beitragen beziehungsweise das Zerquetschen der Tiere in der Weinpresse reduzieren. Zum Monitoring des aktuellen Bestandes von H. axyridis in landwirtschaftlichen Kulturen eignete sich die Klopfprobe besser als gelbe Leimtafeln. Große Marienkäferarten, wie H. axyridis, können sich leichter vom Leim befreien als kleinere Arten und so kann es durch Leimfallen zu einer Unterschätzung der Populationsgröße von H. axyridis kommen und zu einer Überschätzung der Abundanz kleinerer Marienkäferarten wie dem 14-Punkt-Marienkäfer Propylea quatuordecimpunctata. Dennoch wurde bereits in den Jahren 2010 - 2011 H. axyridis im Vergleich zu C. septempunctata und P. quatuordecimpunctata am häufigsten mit Hilfe von Leimfallen an den Standorten Siebeldingen und Dossenheim gefangen. Einen positiven Einfluss auf mit der Blattreblaus befallene Reben hatte H. axyridis im Spätsommer. Zu dieser Zeit kann er als Antagonist der Reblaus Daktulosphaira vitifoliae dienen und damit die Populationsgröße dieses Schädlings für den europäischen Weinbau senken. Dabei stellt die Blattreblaus hinsichtlich der Entwicklungsparameter, wie Entwicklungsdauer und Adultgewicht, kein optimales Futter für die Art dar. H. axyridis spielt jedoch somit für den deutschen Weinbau eine ambivalente Rolle als Schädling und Nützling zugleich.
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