Färberreben (Teinturiers) sowie rote Farbmutanten weißer Qualitätsrebsorten entstanden durch <em>VvmybA</em>-bedingte Mutationen am Beerenfarblokus
DOI:
https://doi.org/10.5073/dissjki.2017.007Abstract
In der vorliegenden Arbeit konnten die Farbmutationen anhand der Analyse der sich am Beerenfarblokus der Weinrebe (Chr 2, ~14,2 Mb) befindenden Transkriptionsfaktorgene VvmybA1, VvmybA2 und VvmybA3 von sieben rotbeerigen Klonen weißer Qualitätssorten des deutschsprachigen Raums weitgehend geklärt werden. `Silvaner Rot´ und `Müller-Thurgau Rot´ zeigten dabei das in der Literatur meist beschriebene MybA1b-Allel, wohingegen die Mutationen der anderen untersuchten Farbmutanten bisher unbekannt waren. Die zur Farbe führenden VvmybA-Varianten von `Elbling Rot´ (VvmybA313, homologe Rekombination von VvmybA3 mit VvmybA1) sowie `Räuschling Rot´ und `Kernling´ (VvmybA232a / VvmybA232b, in beiden Fällen homologe Rekombination von VvmybA2 mit VvmybA3) sind vermutlich durch den konservativen Synthesis-dependant strand annealing-Mechanismus (SDSA) entstanden, bei dem jeweils nach einem Doppelstrangbruch (DSB) zur Reparatur ein homologer Abschnitt eines anderen VvmybA-Gens als Matrize verwendet wurde. Im Gegensatz dazu wiesen `Riesling Rot´ und `Silvaner Blau´ die gleiche funktionelle Genvariante (VvmybA31) auf, die wahrscheinlich, analog zur Entstehung des MybA1b-Allels, durch den nicht konservativen Single-strand annealing-Mechanismus (SSA) entstanden ist. Wohingegen es im Falle des MybA1b-Allels den Verlust des Retrotransposons Gret1 sowie eines LTRs zur Folge hatte, kam es in `Riesling Rot´ und `Silvaner Blau´ zu dem kompletten Verlust des Sequenzbereiches (ca. 70 kb) zwischen VvmybA1 und VvmybA3. Anhand der Zuweisung der Mutation zu einer spezifischen Haplophase mittels SSR-Markeranalyse der homozygoten Selbstungslinien konnte anschließend der entsprechende Elternteil bestimmt werden, der, unabhängig von der Mutation, die Haplophase vererbte. So konnte bei allen geselbsteten Farbmutanten außer `Räuschling Rot´ bestätigt werden, dass die Mutations-tragenden Haplophasen ursprünglich von weißbeerigen Elternteilen abstammen und folglich die Mutationen erst in den weißen Varianten entstanden sein müssen. Zusätzlich konnten durch eine umfangreiche Anthocyananalyse reifer Beeren und durch eine Herbstlaubbonitur phänotypische Alleinstellungsmerkmale einzelner Mutationen identifizieren werden. So färbte sich bei allen Sorten, die das MybA1b-Allel tragen, im Herbst das Laub rot und für Sorten die eine VvmybA2-bezogene Mutation besitzen (`Räuschling Rot´ und `Kernling´), konnte ein Cyanidin-3-O-glucosid-Anteil von ca. 95% in reifen Beeren als Charakteristikum nachgewiesen werden. Beide gefundenen Merkmale können in zukünftigen Arbeiten sowie in der Züchtung zur Identifikation von Farbmutationen eingesetzt werden.
Des Weiteren konnte der molekulare Ursprung der Färberreben identifiziert und ein Bezug zu den Auswirkungen auf den Phänotyp hergestellt werden. Bedingt durch ein 408 bp Repeat (2-fach, 3-fach sowie 5-fach möglich) im Promotorbereich von VvmybA1 kommt es vermutlich zur Autoregulation des Lokus und folglich zur ektopischen Anthocyanakkumulation unabhängig von der Reife. Der Ursprung der Mutation geht dabei auf die Sorte `Teinturier´ (eine periklinale Chimäre) zurück und wurde entsprechend an die nächste Generation weitergeben. In einem putativen Modell kann MYBA1, bedingt durch zusätzliche Bindedomänen innerhalb des 408 bp Repeats, an den eigenen Promotor verstärkt binden und somit die Expression durch Autoregulation steigern. So konnte in den Blättern von `Teinturier´-Klonen sowie den reifen Beeren von direkten Nachkommen gezeigt werden, dass die Repeat-Anzahl direkt mit der Anthocyankonzentration korreliert.
Vermutlich bedingt durch das Retrotransposon Gret1 und weitere repetitive DNA-Elemente ist der Bereich des Beerenfarblokus von Vitis vinifera ein Hotspot für homologe Rekombinationen, die zu den unterschiedlichsten funktionellen VvmybA-Varianten führen können und folglich die Evolution des Beerenfarblokus kontinuierlich vorantreiben.
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