Beiträge zur Bewertung der Umweltverträglichkeit gentechnisch veränderter Apfelgehölze

Autor/innen

  • Stefanie Reim Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst

Abstract

Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst (ZGO)

Ziel dieser Arbeit war es die Umweltverträglichkeit von transgenen Apfelpflanzen für eine potentielle  Freisetzung zu prüfen. Die dabei durchgeführten Untersuchungen befassen sich zum einen mit der Abschätzung der Häufigkeit eines vertikalen Gentransfers von genetisch veränderten auf nicht veränderte Apfelpflanzen. Zum anderen wurden Analysen zur Stabilität der Integration und Expression von Transgenen in vegetativ vermehrten Apfellinien nach der Phase der In-vitro-Kultur sowie in veredelten transgenen/ nicht transgenen Sorten-Unterlagen-Kombinationen durchgeführt. Weiterhin wurde der Transport von Transgenprodukten innerhalb veredelter Apfelgehölze untersucht.
Zur Abschätzung der Häufigkeit eines vertikalen Gentransfers sollte die Frequenz der Auskreuzung einer Apfelsorte auf umliegende Populationen in Abhängigkeit von der räumlichen Entfernung mit Hilfe von morphologischen und molekularen Markern geschätzt werden. Für diese Untersuchungen wurden aus 38 verschiedenen Sortengenotypen 60 Pollenfängerpflanzen in einer bestehenden Versuchsfeldfläche ausgewählt. Als Pollenspendergenotyp fungierten 15 Pflanzen eines Hybriden der Apfelwildart Malus sieversii var. sieversii f. niedzwetzkyana Dieck., mit der Bezeichnung ,TNR 31-35’. Dieser Hybrid besitzt ein dominantes Gen, das verantwortlich für eine Rotfärbung der Laubblätter und anderer Organe ist. Durch Kreuzungsversuche mit ,TNR 31-35’ als Pollenspendersorte und den ausgewählten Pollenfängersorten und anschließender phänotypischer und genotypischer Bonitur der Sämlinge mithilfe von SSR-Markern konnte die dominante Vererbung des Rotmarkergens bestätigt werden. Zur Abschätzung der Pollentransportrate wurden in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt 11058 Sämlinge aus freier Abblüte gewonnen und  phänotypisch überprüft. Anhand der Häufigkeit des Auftretens rotlaubiger Sämlinge wurde dann die Pollentransportrate in verschiedenen Distanzen zu den Pollenspenderbäumen bestimmt. Die höchste Frequenz der Pollenübertragung war dabei in einer Entfernung von 5-10 m zu beobachten. Mit zunehmender Entfernung vom Pollenspender nahm die Anzahl der roten Nachkommen ab. Dabei war die Abnahme jedoch nicht proportional zur Entfernung. Weiterhin lassen die Ergebnisse darauf schließen, dass der Bienenflug und damit der Pollentransport durch den Standort des Bienenwagens und die Himmelsrichtung beeinflusst werden. Die Untersuchungen zur Stabilität von Transgenen erfolgten an 60 transgenen Apfelpflanzen aus 14 unabhängigen T-Linien. Diese T-Linien waren mit vier unterschiedlichen Genkonstrukten transformiert worden, um die Resistenz gegenüber bakteriellen Krankheitserregern zu erhöhen. Alle Linien wurden nach ihrer Regeneration positiv auf die Integration und Expression der übertragenen Gene getestet und im Anschluss ins Gewächshaus überführt. Zwei bis vier Jahre später wurden ausgewählte Ex-vitro Pflanzen auf eine nicht transgene Unterlage veredelt oder die Veredelung erfolgte als transgene Unterlage mit einem nicht transgenen Edelreis. Anschließend wurde die Stabilität der T-DNA Integration mittels PCR und Southern-Blot-Analyse untersucht. Die Analyse der Expression der übertragenen Gene erfolgte mittels RT-PCR und ELISA-Test. Elf der untersuchten Linien hatten das Ziel- und Markergen stabil  integriert. Bei fünf Pflanzen der Linie T267 konnte die T-DNA nicht mehr nachgewiesen werden. Der Grund dafür könnte eine Vermehrung von chimärem Pflanzenmaterial während der In-vitro-Kultur sein. Bei den Pflanzen der Linie T211 und einer Pflanze der Linie T136 war die Amplifikation des Zielgens mittels PCR nicht mehr möglich. Da das Zielgen mittels Southern-Blot-Analyse jedoch detektiert werden konnte, deutet dieses Ergebnis auf eine Umstrukturierung innerhalb der Zielgensequenz hin. Wahrscheinlich ist diese  Umstrukturierung auf die Primerbereiche der Zielgensequenz beschränkt. Mit Hilfe der Southern- Blot-Analyse wurde bei zwei Linien eine Einfachintegration der T-DNA detektiert. Die restlichen zwölf Linien zeigten Mehrfachintegrationen mit bis zu vier T-DNA-Kopien. Bei drei Linien wurden Unterschiede in der Kopienanzahl von Ziel und Markergen festgestellt. Zwei Linien zeigten bei einzelnen Pflanzen Unterschiede in der Größe der detektierten Fragmente. Die Variationen in der Kopienanzahl und der Größe der T-DNA können auf eine  Umstrukturierung der T-DNA während der In-vitro oder Ex-vitro-Kultur hinweisen. Möglicherweise sind diese Unterschiede auch auf eine Entmischung chimärer Gewebe zurückzuführen. Bei sämtlichen Pflanzen mit stabiler Integration der T-DNA war die Transkription von Zielgen und Markergen dauerhaft nachweisbar. Eine Ausnahme ist die Linie T363. Bei den Pflanzen dieser Linie konnte zwar eine stabile Expression des Zielgens nachgewiesen werden, jedoch wurden für das nptII-Markergen mittels RT-PCR nur schwache Banden detektiert. Der Rückgang der nptII-Markergenexpression kann in diesem Fall mit einer Methylierung des nos-Promotors erklärt werden. Bei allen Pflanzen mit stabiler Transkription des nptII-Markergens konnte auch das NPTII-Protein mittels ELISA-Test nachgewiesen werden. Dabei wurden zum Teil große Unterschiede in den NPTII-Gehalten innerhalb einzelner Linien festgestellt. Weiterführende Analysen an Pflanzen der Linie T211 zeigten, dass der NPTII-Gehalt innerhalb einer Pflanze in Abhängigkeit der beprobten Blattetagen variiert. Die unterschiedliche Expression des nptII-Gens ist entweder auf chimäre Pflanzen von T211 oder auf einen Zusammenhang zwischen physiologischem Blattalter und NPTII-Proteingehalt zurückzuführen. Zusammenfassend konnte bei den hier durchgeführten Untersuchungen kein Zusammenhang zwischen einer Veredelung und der Integration und/oder Expression der übertragenen Gene gefunden werden. Die Ergebnisse zeigen, dass bei transgenen Pflanzen im Laufe der Kultivierung wiederholte Analysen zur T-DNA-Integration und Expression notwendig sind. Die Analysen zum Transport von Transgenprodukten wurden an 22 veredelten Apfelgehölzen aus acht Linien durchgeführt. Diese Linien wurden sowohl als transgenes Edelreis als auch als transgene Unterlage veredelt. Anschließend wurden beide Veredelungskomponenten auf das Vorhandensein des Transgenprodukts (NPTII- bzw. GUS-Protein) untersucht. Die Transgenprodukte wurden dabei nur im transgenen Veredlungsteil detektiert. Das Ausbleiben eines Transportes der Transgenproteine ist vor allem in der cytosolischen Expression beider Gene zu sehen. Bei den verwendeten
Konstrukten fehlt ein Signal-Peptid, welches den Transport des Genproduktes aus der Zelle hinaus steuert. Bei einer Expression von Transgenen unter dem nos- bzw. CaMV35S-Promotor ohne Signalpeptid konnte jedenfalls kein Transport des Transgenproduktes über die Veredelungsstelle nachgewiesen werden. Die vorliegenden Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit von gentechnisch veränderten Apfelpflanzen zeigen, dass bei einer Freisetzung von transgenem Apfel das Risiko einer Auskreuzung durch die Einhaltung von Sicherheitsabständen zu benachbarten Obstanlagen verringert werden kann. Eine Aussage, ab welcher
Entfernung kein Auskreuzungsereignis mehr stattfindet, kann anhand der hier durchgeführten Untersuchungen jedoch nicht getroffen werden. Die Analysen zur Stabilität von Transgenen haben gezeigt, dass die T-DNA bei einem Großteil der untersuchten Apfelpflanzen über Jahre stabil integriert war und nach wie vor exprimiert wurde. Ein möglicher Verlust des transgenen Merkmals kann mit Hilfe der vorhandenen
molekularen Techniken in den meisten Fällen nachgewiesen werden. Damit ist vor einer Freisetzung die Selektion instabiler Pflanzen möglich. Eine Verbesserung der Umweltverträglichkeit hinsichtlich des Auskreuzungsrisikos durch die Kombination einer transgenen und nicht transgenen Veredelungskomponente konnte für die hier untersuchten Apfelpflanzen nicht nachgewiesen werden.

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Veröffentlicht

2011-10-25

Ausgabe

Rubrik

Dissertation