Pflanzenbauliche Ansätze zur Ertrags- und Qualitätssicherung bei hochölsäurehaltigen (HO) Sonnenblumen (<em>Helianthus annuus</em> L.)

Autor/innen

  • Burcin Dilci Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde

Abstract

Die Sonnenblume (Helianthus annuus L.) ist zusammen mit Sojabohne, Raps und Erdnuss eine der  bedeutendsten einjährigen Kulturpflanzen, die weltweit zur Erzeugung von Speiseöl angebaut werden. Konventionelles Sonnenblumenöl ist durch seinen hohen Anteil an der essentiellen Linolsäure (C18:2) gekennzeichnet. Das Öl der hochölsäurehaltigen (HO)-Sonnenblume ähnelt visuell dem der konventionellen Sonnenblume zwar sehr, allerdings unterscheidet sich die Fettsäurezusammensetzung beider Öle hingegen
sehr deutlich. Das Öl der HO-Sonnenblume beinhaltet mehr als 80 % Ölsäure (C18:1), während der Anteil dieser Fettsäure in Sorten der konventionellen Sonnenblume lediglich etwa 20 % beträgt. Die hochölsäurehaltige Sonnenblume besitzt ein großes Potential für eine industrielle Verwendung z. B. in der Oleochemie, für biologische Schmierstoffe oder als Biodiesel. Das Öl der derzeitigen Sorten von HO-Sonnenblumen enthält sogar bis zu 90 % und mehr Ölsäure. Obwohl das Ertragspotential der HO-Sonnenblume ähnlich dem konventioneller Sonnenblumen ist, gibt es einige Einschränkungen, die der
Ausdehnung ihres Anbaus in Deutschland entgegenstehen. Kühle und feuchte Wetterbedingungen beeinträchtigen das Ertragspotential der Sonnenblume vorwiegend während der frühen Keimlingsentwicklung und der späten Abreife vor der Ernte. Typisch ist das Auftreten pilzlicher Krankheiten, besonders Sclerotinia sclerotiorum (Stängel- und Korbfäule) und Botrytis cinerea (Grauschimmel), vorwiegend zum Ende der Vegetationsperiode. Daher ist es bedeutsam alternative pflanzenbauliche Ansätze zu  erarbeiten und prüfen, die eine Korn- und Ölertragsstabilität sowie die gewünschte Ölkomposition garantieren und die Gesunderhaltung der Pflanzenbestände im vorwiegend feuchten Herbst sicherstellen, da HO-Sonnenblumen unter mitteleuropäischen Klimabedingungen spät abreifen. Drei HO-Sonnenblumensorten, die unterschiedliche Reifegruppen repräsentieren, wurden an zwei Standorten, Braunschweig und Eckartsweier, die zwei unterschiedliche Klimaregionen Mitteleuropas widerspiegeln, auf ihren Ertrag, ihre Qualität und den Befall mit pilzlichen Schaderregern untersucht. Folgende Ansätze wurden im Rahmen dieser Studie untersucht: Da zurzeit kein Fungizid für den Einsatz an Sonnenblumen in Deutschland zugelassen ist, wurde das Breitbandfungizid Folicur, welches vorwiegend im Rapsanbau eingesetzt wird, auf seine Wirksamkeit zur Kontrolle pilzlicher Krankheiten bei Sonnenblumen untersucht.
Als ein alternatives Verfahren zur Unterdrückung pilzlicher Krankheiten wurde das resistenzinduzierende Mittel Benzo (1,2,3) thiadiazole-7-carbothioic (BTH) in Form des kommerziell verfügbaren Produkts BION (Syngenta) unter Feldbedingungen getestet. Zusätzliche Gewächshausversuche in Braunschweig im Jahr 2003 dienten dazu, die Wirkung einer BION-Anwendung auf künstlich mit Sclerotinia infizierte Pflanzen unterschiedlichen Entwicklungsstadiums unter kontrollierten Bedingungen zu beobachten. Ammonium-basierte Flüssiginjektionsdüngung, üblicherweise in Deutschland als CULTAN abgekürzt, wurde als alternative Form der Pflanzenernährung auf ihr Potential zur Unterdrückung pilzlicher Angriffe untersucht.
Außerdem sollte die Bodenapplikation der Bakterienmischung „Mikro-Vital“, deren Hauptzweck die Verfügbarmachung von Nährstoffen für Kulturpflanzen ist, zeigen, ob sie zusätzlich bodenbürtige pilzliche Schaderreger unterdrücken kann. Da pilzliche Schaderreger Zucker als Kohlenstoff- und Energiequelle nutzen, wurde der Zuckergehalt unterschiedlicher Pflanzenteile zu unterschiedlichen Entwicklungsstadien analysiert, um herauszufinden, ob eine Korrelation zwischen dem Zeitpunkt der Pilzinfektion und dem Zuckeranteil in diesen Pflanzenteilen existiert. Die drei HO-Sonnenblumensorten zeigten in beiden geprüften klimatischen Regionen gute Korn- und Ölerträge. Allerdings offenbarten sie auch eine geringe Toleranz gegenüber Pilzkrankheiten und waren in kühlen und feuchten Jahren stark infiziert. Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass das geprüfte kommerzielle Fungizid die Pilzinfektionsrate nicht verringert, teilweise sogar eine Verschlechterung verursachte. Die bedeutendsten Qualitätsparameter wurden durch eine Fungizidbehandlung hingegen nicht beeinträchtigt. Der Resistenzinduktor BION konnte nur im ersten Versuchsjahr den Pilzbefall vermindern, nicht jedoch in den Folgejahren 2003-2005. Seine Anwendung steigerte im ersten Jahr leicht den Ölgehalt, allerdings traten im Mittel der Versuchsjahre keine signifikanten Veränderungen des Ölgehalts und der Ölzusammensetzung auf. Unter Gewächshausbedingungen konnte das Mittel eine Sclerotinia-Infektion verzögern, jedoch nicht verhindern. Ammonium-basierte Flüssigdüngung reduzierte generell nicht die Infektionsrate. Geringe Zu- und Abnahmen des Kornertrags in Abhängigkeit von Sorte, Standort und Jahr konnten beobachtet werden. Sie verursachte des Weiteren eine Zunahme des Ölgehalts in Braunschweig, jedoch eine Abnahme in Eckartsweier. Die Ölzusammensetzung wurde generell nicht beeinflusst. Die Ausbringung von Mikro-Vital konnte als Verfahren der Kontrolle von
Pilzinfektionen nicht überzeugen. Das Mittel resultierte in einem geringfügigen Ertragszuwachs, der jedoch lediglich sortenabhängig und nicht stabil über alle Versuchsjahre auftrat. Nur in warmen und trockenen Jahren wurde der Ölgehalt angehoben, jedoch blieben sonst üblicherweise Ölgehalt und –zusammensetzung
unverändert. Die Zuckeruntersuchung zeigte beträchtliche Zuckermengen im Korb am Ende der Vegetationsperiode, die als Attraktionszentrum für pilzliche Schaderreger fungieren können.

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Veröffentlicht

2011-10-25

Ausgabe

Rubrik

Dissertation