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Originalarbeit

Phytophthora x pelgrandis W.F. Gerlach, Nirenberg, Graef. an Pelargonium grandiflorum hort.

Phytophthora x pelgrandis W.F. Gerlach, Nirenberg, Graef. on Pelargonium grandiflorum hort.

Wolfram F. Gerlach1 und Helgard I. Nirenberg2
Institut
Pflanzenschutzamt Berlin1
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Epidemiologie und Pathogendiagnostik, Berlin-Dahlem2

Journal für Kulturpflanzen, 61 (6). S. 201–207, 2009, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2009.06.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Helgard I. Nirenberg, Julius-Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Epidemiologie und Pathogendiagnostik, Königin-Luise-Str. 19, 14195 Berlin, Deutschland, E-Mail: helgard.nirenberg@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Januar 2009

Zusammenfassung

Von der vor kurzem an einer Sorte von Pelargonium grandiflorum hort. beschriebenen Phytophthora-Hybride, Ph. x pelgrandis W.F. Gerlach, Nirenberg, Graef., werden die morphologischen Charakteristiken nochmals genannt und fotografisch dokumentiert. Neben morphologischen und physiologischen Daten (Temperaturansprüche) werden molekularbiologische Untersuchungen (RAPD-PCR) und Infektionsversuche an Sorten von P. grandiflorum und Nicotiana tabacum L. dargestellt. Als Vergleichsorganismen dienten Kulturen der ähnlich aussehenden Arten Ph. cactorum (Leb. et Cohn) Schröt. und Ph. nicotianae van Breda de Haan.

Stichwörter: Infektionsversuche, Morphologie, Nicotiana tabacum, Pelargonium grandiflorum, Phytophthora cactorum, Ph. nicotianae, Ph. x pelgrandis, RAPD-PCR, Taxonomie

Abstract

Morphological characteristics of the lately described Phytophthora hybrid, Ph. x pelgrandis W.F. Gerlach, Nirenberg, Graef., isolated from a variety of Pelargonium grandiflorum hort. are presented and documented with photographic pictures. Besides morphologic and physiologic data (temperature requirements) molecular analyses (RAPD-PCR) and infection tests with vatieties of P. grandiflorum and Nicotiana tabacum L. are reported. For comparison cultures of the similar looking species Ph. cactorum (Leb. et Cohn) Schröt. and Ph. nicotianae van Breda de Haan were chosen.

Key words: Infection tests, morphology, Nicotiana  tabacum, Pelargonium grandiflorum, Phytophthora  cactorum, Ph. nicotianae, Ph. x pelgrandis, RAPD-PCR, taxonomy

Einleitung

Im Rahmen der Schaderregerüberwachung überprüft das Pflanzenschutzamt Berlin in seinem Einzugsbereich Pflanzenbestände der Gartenbaubetriebe auf Schadsymptome parasitärer oder nichtparasitärer Art. Pflanzenschäden, die nicht eindeutig einer Ursache zuzuordnen sind, werden einer Labordiagnose unterzogen.

Im März 2001 traten in einem Bestand von Pelargonium grandiflorum hort. (ca. 7500 Topfpflanzen) vereinzelt welkende Pflanzen (Abb. 1) auf. Stammgrund und Triebe waren sowohl außen wie innen bis in die Blattstiele dunkelviolett bis schwarz verfärbt (Abb. 2). Letzteres Symptom, das mit verbräunten Leitungsbahnen verbunden war (Abb. 3), deutete auf einen echten Welkeerreger hin. Bei der Isolierung im Labor zeigten sich jedoch Myzelstrukturen einschließlich vegetativer und generativer Vermehrungsorgane der Gattung Phytophthora (vgl. Waterhouse, 1956; Kröber, 1985; Erwin und Ribeiro 1996).

Abb. 1. An Phytophthora x pelgrandis erkrankte Pelargonium-Pflanze (rechts), Kontrollpflanze (links).

Abb. 1. An Phytophthora x pelgrandis erkrankte Pelargonium-Pflanze (rechts), Kontrollpflanze (links).

Abb. 2. Violett-schwarze Stängelverfärbung einer mit Ph. x pelgrandis infizierten P. grandiflorum-Jungpflanze.

Abb. 2. Violett-schwarze Stängelverfärbung einer mit Ph. x pelgrandis infizierten P. grandiflorum-Jungpflanze.

Abb. 3. Verbräunte Leitungsbahnen eines mit Ph. x pelgrandis infizierten P. grandiflorum-Stängels (Querschnitt links, Längsschnitt rechts).

Abb. 3. Verbräunte Leitungsbahnen eines mit Ph. x pelgrandis infizierten P. grandiflorum-Stängels (Querschnitt links, Längsschnitt rechts).

Die Beschreibung der isolierten Phytophthora-Hybride als Ph. x pelgrandis wurde bereits veröffentlicht (Nirenberg et al., 2009).

Material und Methoden

Morphologie

Aus den Übergangsstellen von verfärbtem zu gesundem Gewebe der Stängel wurden 2–5 mm große Stücke geschnitten und auf SNA (Nirenberg, 1990) in Plastik-Petrischalen ausgelegt. Diese wurden im Labor bei ca. 22˚C und natürlichem Tag- Nachtrhythmus für 5 Tage aufgestellt. Danach erfolgte die Durchsicht der auswachsenden Mikroorganismen auf Gattungszugehörigkeit und damit die Eingrenzung der möglichen Pathogene.

Da von den auswachsenden Myzelien nur das einer Phytophthora als Erreger in Frage kam, wurde diese isoliert. Ihre Kultivierung erfolgte zunächst auf PDA, um das Wuchsbild zu erhalten und auf 1%igem sowie 5%igem Möhrensaftagar (MöSA), um Wuchsgeschwindigkeit, Kardinaltemperaturen und alle relevanten morphologischen Merkmale zu erfassen.

Nachdem die Isolate nicht eindeutig einer bekannten Phytophthora-Art zuzuordnen waren, wurden auch Stämme der beiden Arten Ph. cactorum und Ph. nicotianae, die den Pelargonium-Isolaten am stärksten ähnelten, zum Vergleich in die weiteren Untersuchungen einbezogen (Nirenberg et al., 2009).

Temperaturversuche

Zur Ermittlung der Kardinaltemperaturen wurde von jedem der drei untersuchten Phytophthora-Taxa ein Stamm ausgewählt. Sie wurden auf 5%igen MöSA in 9 cm Plastik-Petrischalen mit 2 Wiederholungen abgeimpft. Nach dem Anwachsen der Impfstücke wurden die Platten in Brutschränken bei Temperaturen von jeweils 2,5˚C Abstand aufgestellt. Die Temperaturspanne lag zwischen 2,5˚C und 37,5˚C; dort wurde ihr täglicher Myzelzuwachs notiert. Bei der Ermittlung der Kardinaltemperaturen wurde festgestellt, dass der tägliche Myzelzuwachs von drei Faktoren beeinflusst wird: 1. Alter des in Petrischalen gegossenen Mediums, 2. Möhrensorte und 3. Sektor der Myzelkultur, der durch das verwendete Impfstück zum Test gelangt. Nur der erste Faktor lässt sich standardisieren. Für die drei Temperaturkurven wurden jeweils die höheren Temperaturen verwendet.

Molekularbiologische Untersuchungen

Für die RAPD-Analyse wurden 12 Phytophthora-Isolate verwendet: jeweils ein Isolat von Ph. syringae und Ph. citricola, zwei Isolate von Ph. x pelgrandis, sowie je vier von Ph. cactorum und Ph. nicotianae (Tab. 1). Die auf 22 mm Durchmesser (∅) Hafermehlagar-Schrägröhrchen unter Paraffinöl bei 18˚C konservierten Stämme wurden von dort durch Abimpfen bewachsener Agarstückchen auf 1%igen MöSA in Plastik-Petrischalen revitalisiert. Nach 10 Tagen Wachstum im Labor bei ca. 22˚C wurden je 5 bewachsene Agarstücke eines Isolates in 100 ml Erlenmeyerkolben mit 40 ml MYP-Flüssigmedium überführt und für 48 h bei 20˚C und 140 rpm rotiert. Das Myzel wurde filtriert und zweimal mit dest. H2O gewaschen und danach mit 0,5 mm großen Glasperlen in 1 ml SDS/EDTA im Rotationsgefäß für 30 Min. bei höchster Drehzahl im RETSCH-Schüttler zerrieben. DNA-Isolierung und RAPD-Analyse-Methode sind bei Hering und Nirenberg (1995) nachzulesen. Folgende zwei 15-mer Primer: Nr. 5: 5’-gAg ggT ggC ggC TCT-3’ und Nr. 65: 5’-gCg CAT gAC Tgg CAg-3’ wurden eingesetzt.

Infektionsversuche

Es wurden drei Erdinfektionsversuche mit verschiedenen Phytophthora-Isolaten in Gewächshauskammern durchgeführt. Dazu wurde ein mit jeweils einem Phytophthora-Isolat beimpftes Torf-Häcksel-Sandgemisch mit Möhrenschnitzelzusatz (Kröber, 1985) verwendet, das im Verhältnis von 1:2 mit gedämpfter T-Erde gemischt wurde.

Der erste Versuch fand im Zeitraum Juni bis November 2001 mit dem Ph. x pelgrandis Isolat BBA 71724 sowie dem Ph. cactorum Isolat BBA 65915 von Fragaria x ananassa cult. an jeweils 10 Pflanzen von P. grandiflorum statt. Dabei kamen 10 einjährige Pflanzen der Sorte Burghi und 5 + 5 Jungpflanzen der Sorten Fabiola und Belvedere zum Einsatz. Die Kontrolle bestand aus 20 + 10 + 10 Pflanzen, die in ein entsprechendes aber unbeimpftes Erdgemisch getopft wurden. Die Auswertung erfolgte acht Wochen nach Inokulation der Pelargonien.

Der zweite Versuch wurde im Zeitraum von Oktober 2001 bis Februar 2002 durchgeführt. Diesmal wurden neben BBA 71724 und BBA 65915 drei Ph. nicotianae Isolate BBA 62046, BBA 62701 und BBA 62707 an Nicotiana tabacum ‘Gold Dollar’ in 9 cm Plastik-Rundtöpfen und Jungpflanzen in 11 cm Plastik-Rundtöpfen von Pelargonium grandiflorum der Sorte Imperial gemäß folgendem Versuchsplan getestet: Jeweils 10 Tabakpflanzen im Fünf-Blatt-Stadium wurden mit diesen Isolaten inokuliert – ausgenommen BBA 62701 und BBA 62707, für die nur 5 Pflanzen zur Verfügung standen. An den Pelargonienpflanzen wurden nur die Ph. nicotianae Stämme getestet und zwar mit der gleichen Pflanzenzahl wie bei Tabak. Als Kontrolle dienten je 10 Pflanzen.

Der dritte Versuch fand zwischen Dezember 2003 und Februar 2004 statt. Es wurden Jungpflanzen der P. grandiflorum Sorten Belvedere und Fabiola (in 38 mm Jiffy pots) verwendet, deren Anfälligkeit sich bereits im ersten Versuch offenbart hatte. Von jeder Sorte wurden 10 Pflanzen mit einem Pilzisolat inokuliert und 20 Kontrollpflanzen eingesetzt. Folgende Phytophthora-Isolate wurden getestet: BBA 62046, 62707 (Ph. nicotianae), BBA 62638, BBA 62640 (Ph. cactorum) und BBA 71724, BBA 71729 (Ph. x pelgrandis). Dieser Versuch sollte die sich bereits in den ersten beiden Untersuchungen abzeichnenden Pathogenitätsunterschiede zweifelsfrei bestätigen.

Ergebnisse

Pilzbeschreibung

Morphologie von Phytophthora x pelgrandis (Abb. 4 und Abb. 5-8). Koloniezuwachs auf 5% igem MöSA nach 4 Tagen im Dunkeln bei 20˚C ca. 30 mm, langsamwachsende Stämme nur ca. 13 mm; Kardinaltemperaturen: 7,5˚ C – 25˚C bis 30,0˚C – 32,5˚C bis 35,0˚C. Auf PDA im Dunkeln bei 20˚C Luftmyzel bis 1 mm hoch, weißlich, zartwattig, manchmal mit stellenweise stecknadelkopfgroßen, weißen Myzelknäulen; Rand stolonenartig, Kolonieunterseite zart weiß-beige; Zoosporangien bevorzugt auf 1%igem MöSA, terminal, einzeln an zarten Trägern von 2 µm Breite, auch einzeln an sympodial verzweigten, kurzen Trägern. Zoosporangien (40): (44.0) 47.0 – 50.0 – 53.0 (67.4) x (37.4) 38.3 – 40.5 – 42.7 (45.0) µm, rundlich, eiförmig bis umgekehrt birnenförmig, mit deutlich hervorstehender Papille. Zoosporen im Durchmesser ca. 7,0 – 9,0 µm. Oogonien bevorzugt auf 5%igem MöSA am Plastik-Petrischalenboden entstehend: zuerst verästelte Hyphen mit Pro-Antheridien, danach in deren Nähe die runden Oogonien, von paragynen oder amphigynen Antheridien befruchtet. Oogonien ca. 32 – 38 µm groß mit 2 µm dicker Wand, die aplerotische Oospore ca. 27 – 32 µm im Durchmesser, Antheridien ca. 7 µm, homothallisch.

Abb. 4. Wuchsbilder von Ph. x pelgrandis (oben), Ph. cactorum (links) und Ph. nicotianae (rechts) auf PDA bei 20˚C.

Abb. 4. Wuchsbilder von Ph. x pelgrandis (oben), Ph. cactorum (links) und Ph. nicotianae (rechts) auf PDA bei 20˚C.

Abb. 5-8. Morphologische Merkmale von Ph. x pelgrandis auf MöSA im Labor (Maßstab = 25 µm). Abb. 5 Rundliche Zoosporangien mit hervorstehender Papille an sympodial verzweigenden Trägern. Abb. 6 Zwei Oogonien mit paragynem bzw. amphigynem Antheridium. Abb. 7 Oospore mit amphigynem Antheridium. Abb. 8 Geweihartige Substratmyzelstruktur im 1%igen MöSA.

Abb. 5-8. Morphologische Merkmale von Ph. x pelgrandis auf MöSA im Labor (Maßstab = 25 µm).
Abb. 5 Rundliche Zoosporangien mit hervorstehender Papille an sympodial verzweigenden Trägern.
Abb. 6 Zwei Oogonien mit paragynem bzw. amphigynem Antheridium.
Abb. 7 Oospore mit amphigynem Antheridium.
Abb. 8 Geweihartige Substratmyzelstruktur im 1%igen MöSA.

Vorkommen an Stängeln erkrankter Pelargonium grandiflorum Pflanzen in Deutschland. Als lebende Kultur (Ex-Typus) wurde BBA 71729 = CBS 123385 hinterlegt.

Ähnlichkeiten. (Tab. 2): Das Wuchsbild von Phytophthora x pelgrandis auf PDA gleicht dem von Ph. cactorum, (Abb. 4), die Form der Zoosporangien ähneln jedoch Ph. nicotianae. Ph. x pelgrandis bildet im Gegensatz zu Ph. nicotianae keine Chlamydosporen. Die Kardinaltemperaturen dieser beiden Arten gleichen sich ebenfalls bis auf die ihrer Minimaltemperaturen. Die massenhafte homothallische Bildung von Oogonien erinnert jedoch mehr an Ph. cactorum, obwohl auch amphigyne Antheridienbildung vorkommt. Phytophthora x pelgrandis steht also morphologisch zwischen Ph. cactorum und Ph. nicotianae. Die generativen und vegetativen Vermehrungsorgane von Ph. x pelgrandis sind knapp 1/5 größer als die der beiden Vergleichsarten.

Temperatur. Die drei Phytophthora-Taxa unterscheiden sich in ihren Temperaturansprüchen (Abb. 9, Tab. 2) wobei die Kardinaltemperatur von Ph. x pelgrandis stärker der von Ph. nicotianae ähnelt als der von Ph. cactorum.

Abb. 9. Temperaturabhängiger, täglicher Myzelzuwachs von Isolaten dreier Phytophthora-Arten auf 5%igem MöSA im Dunkeln. Anmerkungen: Die außerhalb der Wachstumskurve liegenden Messpunkte sind wahrscheinlich auf verschiedenartige Sektoren der Phytophthora-Kulturen zurückzuführen.

Abb. 9. Temperaturabhängiger, täglicher Myzelzuwachs von Isolaten dreier Phytophthora-Arten auf 5%igem MöSA im Dunkeln. Anmerkungen: Die außerhalb der Wachstumskurve liegenden Messpunkte sind wahrscheinlich auf verschiedenartige Sektoren der Phytophthora-Kulturen zurückzuführen.

RAPD-Bandenmuster. Die u. a. verwendeten zwei Primer, Nrn 5 und 65, erzeugten für alle drei Phytophthora-Taxa, Ph. nicotianae (Säulen 12 – 15), Ph. cactorum (Säulen 6 – 11) und Ph. x pelgrandis (Säulen 4 und 5), unterschiedliche Bandenmuster; zum Vergleich der Laufhöhe der Banden wurde Marker 1kb Ladder (Säulen 1 und 16) benutzt. Als weiterer Vergleich wurde jeweils ein Isolat von Ph. syringae und Ph. citricola analysiert (Säulen 2 und 3). Keine Bande von Ph. x pelgrandis zeigt die gleiche Laufhöhe wie die der Banden von Ph. syringae und Ph. citricola. Es zeigt sich jedoch, dass einzelne Banden von Ph. x pelgrandis mit einigen von Ph. nicotianae und Ph. cactorum identisch sind. Die Bandenmuster von Ph. x pelgrandis stehen in der Mitte dieser beiden Arten (Abb. 10).

Abb. 10. Mit zwei Primern erhaltene RAPD-PCR Bandenmuster von 8 Phytophthora-Isolaten.

Abb. 10. Mit zwei Primern erhaltene RAPD-PCR Bandenmuster von 8 Phytophthora-Isolaten.

Infektionsversuche

Versuch 1. Alle Kontrollpflanzen von P. grandiflorum blieben wie erwartet gesund. BBA 71724 und BBA 65915 verursachten gleiche Schadsymptome. Zunächst verfärbte sich der Stängelgrund schwarz. Die Verfärbung setzte sich akropetal am Stängel fort und reichte über die Blattstiele bis in die Blattadern (vgl. Abb. 2). Dabei vergilbten die Blattspreiten und vertrockneten. Die Pflanzen starben schließlich ab. Allerdings zeigten sich Unterschiede in der Aggressivität der Isolate wie in der Anfälligkeit der Versuchspflanzen. Die einjährigen, inokulierten Pelargoniumpflanzen wurden bis auf eine Pflanze, die mit BBA 71724 infiziert war, nicht befallen. Von Fabiola und Belvedere waren jedoch alle Pflanzen von dem Ph. cactorum– Isolat wie dem Ph. x pelgrandis-Isolat so stark infiziert, dass sie abstarben (Abb. 11).

Abb. 11. Infektionsversuch mit Ph. x pelgrandis (BBA 71724) an P. grandiflorum-Jungpflanzen im Gewächshaus (Kontrollpflanzen links, infizierte Pflanzen rechts).

Abb. 11. Infektionsversuch mit Ph. x pelgrandis (BBA 71724) an P. grandiflorum-Jungpflanzen im Gewächshaus (Kontrollpflanzen links, infizierte Pflanzen rechts).

Versuch 2. Alle Kontollpflanzen der P. grandiflorum Sorte Imperial blieben gesund. Die mit den drei Ph. nicotianae Stämmen BBA 62046, BBA 62701 und BBA 62707 inokulierten Pflanzen zeigten ebenfalls keine Symptome.

Auch die Kontrollpflanzen des Tabaks zeigten keine Schädigungen. Ebenso vermochten die beiden Ph. nicotianae Herkünfte, BBA 62701 und 62707, sowie das Ph. cactorum-Isolat, BBA 65515, an den Tabakpflanzen keine Schäden zu verursachen. Nur das Ph. x pelgrandis-Isolat und der dritte Stamm von Ph. nicotianae, BBA 62046, verursachten Schadbilder: BBA 71724 bewirkte bei allen Pflanzen leichte Wuchsdepressionen. Es entwickelten sich im Gegensatz zu den Kontrollpflanzen, die im Durchschnitt 7 bis 8 Blätter aufwiesen, nur 5 bis 6. Die mit BBA 62046 infizierten Tabakpflanzen waren am stärksten in Mitleidenschaft gezogen (Abb. 12). Eine Pflanze ging während des Versuches sehr bald zu Grunde, acht Pflanzen konnten nur 3 bis 6 Blätter entwickeln. Nur eine entsprach der Kontrolle mit 7 entfalteten Blättern.

Abb. 12. Tabak-Jungpflanzen aus Infektionsversuch im Gewächshaus; von links nach rechts, links 2 nicht infizierte Kontrollpflanzen, Mitte 2 mit BBA 71724 inokulierte Pflanzen (Wuchsdepressionen), rechts mit BBA 62046 infizierte Pflanzen von unterschiedlicher Befallsstärke: oben Wuchsdepression, unten abgestorben.

Abb. 12. Tabak-Jungpflanzen aus Infektionsversuch im Gewächshaus; von links nach rechts, links 2 nicht infizierte Kontrollpflanzen, Mitte 2 mit BBA 71724 inokulierte Pflanzen (Wuchsdepressionen), rechts mit BBA 62046 infizierte Pflanzen von unterschiedlicher Befallsstärke: oben Wuchsdepression, unten abgestorben.

Versuch 3. Die Kontrollpflanzen beider Sorten von P. grandiflorum zeigten keine sichtbaren Schäden. Ebenso verursachten die beiden Ph. cactorum- und Ph. nicotianae-Isolate an den inokulierten Pflanzen nicht das typische Schwarzwerden der Pelargonienstängel. Die zwei Ph. x pelgrandis-Isolate jedoch induzierten die typischen Krankheitsbilder. Alle Pflanzen waren nach fünf Wochen abgestorben. Die Sorte Belvedere war am Anfang des Versuches von den Symptomen stärker betroffen als die Sorte Fabiola. Am Ende des Versuches waren aber keine Unterschiede mehr zu erkennen. Weder aus gesund aussehenden inokulierten noch aus den abgestorbenen infizierten Pflanzen konnte eine Phytophthora reisoliert werden.

Diskussion

Der aus dem uns an Pelargonien unbekannten Symptom isolierte Pilz erwies sich als Phytophthora, deren Taxon anfangs nicht eindeutig identifiziert werden konnte. Das Pathogen schien eine gewisse Ähnlichkeit mit Ph. cactorum zu haben. Jedoch sahen die Zoosporangien rundlicher aus als bei Ph. cactorum, eher Ph. nicotianae ähnlich. Um weitere Meinungen zur Artbestimmung einzuholen, wurde je eines der Isolate an eine Phytophthora-Spezialistin und an die Firma DNA SCAN GmbH zur Bestimmung geschickt. Beide identifizierten den Pilz als Ph. nicotianae. Diese Identifizierungen stehen im Gegensatz zu unseren gesamten Untersuchungsergebnissen (vgl. Nirenberg et al., 2009), die eine engere Nähe zu Ph. cactorum vermuten lassen. Die unterschiedlichen Kardinaltemperaturen sowie die RAPD-PCR-Bandenmuster zeigten, dass die Isolate von Edelpelargonien nicht mit den beiden anderen Phytophthora-Arten identisch sind. Eine Gleichsetzung mit Ph. nicotianae verbietet sich zusätzlich durch die Homothallie des Pilzes (vgl. Tab. 2). Damit schieden diese beiden Epithete für die Namensgebung des Erregers an P. grandiflorum aus.

Die unterschiedlichen Bestimmungen des Erregers von P. grandiflorum zeigen, dass klassische Verfahren sich streng an die Charakteristiken der Art halten müssen wie z. B. Homothallie, Heterothallie oder Größenmessungen. Da der tägliche Myzelzuwachs neben der Temperatur und dem Nährmedium auch von den zur Abimpfung ausgewählten Sektoren der Mutterkolonie abhängt, ist dieses physiologische Merkmal nur mit gewisser Vorsicht zu verwenden. Molekularbiologische Verfahren wiederum müssen möglichst Typuskulturen oder authentische Isolate als Grundlage der DNA-Sequenzen verwenden und Sequenzabschnitte auswählen, die für die Art einmalig sind. Wie sich in früheren Untersuchungen (Nirenberg et al., 2009) herausgestellt hat, stammt die mitochondriale DNA der Hybride von Ph. nicotianae. Wird diese als Grundlage der Identifizierungssonde verwendet, wird das Isolat von Ph. x pelgrandis als Ph. nicotianae bestimmt.

Bei den morphologischen Untersuchungen zeigte sich, dass es von Vorteil ist, Phytophthora-Isolate auf 1- und 5%igen MöSA zu kultivieren. Bei 20˚C werden auf 1%igem MöSA vorrangig Zoosporangien gebildet, auf 5%igem MöSA Oogonien. Diese beiden Medien haben gegenüber Möhrenschnitzelagar den Vorteil, dass sie leichter herzustellen sind, die Phytophthora-Merkmale schneller ausgebildet werden und, da die Oberfläche des Mediums eben ist, diese gut zu photographieren sind. Außerdem wurde festgestellt, dass das Wuchsbild auf PDA prägnanter ausgebildet wird als auf MöSA.

Auch die Infektionsversuche lieferten Beweise, dass Ph. x pelgrandis nicht mit Ph. cactorum oder Ph. nicotianae identisch ist. Erstens waren die beiden Ph. x pelgrandis-Stämme die einzigen, die bei den Sorten Belvedere und Fabiola von P. grandiflorum zum Totalausfall der Pflanzen führten. Zweitens deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Phytophthora-Hybride aus den beiden vorigen Arten entstanden ist: Nur jeweils ein Stamm von Ph. x pelgrandis und Ph. nicotianae vermochten die Tabakpflanzen im Wachstum zu beeinflussen; und außer den Ph. x pelgrandis-Stämmen war nur ein Ph. cactorum-Stamm in der Lage Krankheitssymptome an P. grandiflorum Pflanzen zu verursachen.

Auch sind morphologisch ähnliche Charakteristiken und übereinstimmende RAPD-Banden bei den zwei Eltern-Arten zu finden. Die etwas größeren Zoosporangien und Oogonien von Ph. x pelgrandis unterstreichen ebenfalls, dass es sich um eine Hybride von Ph. cactorum und P. nicotianae handelt.

Ob Ph. x pelgrandis mit den von holländischen Wissenschaftlern (Man in t’ Veld et al., 1998; Bonats et al., 2000) genannten Phytophthora-Hybridstämmen, die sie von Cyclamen, Lavendula, Lewisia, Primula und Spatiphyllum isoliert haben, aber nicht von Pelargonium, identisch ist, ist noch nicht geklärt.

Bisher kann nur gesagt werden, dass mindestens zwei P. grandiflorum-Sorten, nämlich Belvedere und Fabiola, stark anfällig gegenüber Ph. x pelgrandis sind. Ob sich die einjährigen Pelargonien-Pflanzen der Sorte Burghi aufgrund ihres Alters als resistent erwiesen, ist nicht eindeutig zu sagen, da auch die Sorte zum Widerstand beigetragen haben könnte.

Es zeigte sich im dritten Versuch, dass Ph. x pelgrandis aus infizierten, abgestorbenen Pflanzen nicht mehr zu isolieren ist.

Außerdem offenbarten die Infektionsversuche, dass starke Unterschiede in der Aggressivität der Isolate der drei Phytophthora-Taxa bestehen. Dass nur BBA 62064 an Tabak pathogen war, kann unter Umständen damit erklärt werden, dass dieser Stamm ursprünglich von Kröber (1974) als einziger der getesteten Ph. nicotianae-Stämme der Varietät nicotianae zugeordnet worden war. Die anderen beiden Isolate bezeichnete er als Varietät parasitica. Später schloss auch Kröber sich der am häufigsten vertretenen Meinung an, dass es keine Varietäten bei Ph. nicotianae geben sollte (1985). Auch Erwin und Ribeiro (1996) scheinen sich nicht für eine der beiden Auffassungen entscheiden zu können. In den vorliegenden Versuchen zeigten sich keine nennenswerten Unterschiede in der Morphologie und den RAPD-Bandenmustern der Ph. nicotianae-Isolate. Der für Phytopathologen wichtige Unterschied in der Pathogenität könnte deshalb mit zwei spezialisierten Formen markiert werden: Ph. nicotianae f. sp. nicotianae, pathogen an Tabakpflanzen und Ph. nicotianae f. sp. parasitica, nicht pathogen an Tabakpflanzen aber an vielen anderen Kulturpflanzen. Unter den getesteten Ph. cactorum-Isolaten war nur BBA 65915 in der Lage P. grandiflorum-Pflanzen zu infizieren. An Tabak erwies sich von Ph. x pelgrandis nur BBA 71724 als schwach aggressiv, wogegen an P. grandiflorum sich beide Isolate gleich aggressiv verhielten.

Danksagung

Für die gewissenhafte zur Verfügungstellung der Kulturen und Nährmedien bedanken wir uns bei Frau Zinn und Frau Krüger. Besonders gilt unser Dank Frau Ristau für die exakte Erstellung der technischen Daten. Außerdem möchten wir die unentgeltliche Identifizierung der Phytophthora-Stämme durch die Firma DNA SCAN GmbH und die Bereitstellung der Versuchspflanzen durch die Firma Elsner pac hervorheben.

Literatur

Bonants, P.J.M., M. Hagenaar-de Weerdt, W.A. Man in `t Veld, P.R. Baayen, 2000: Molecular characterization of natural hybrids of Phytophthora nicotianae and P. cactorum. Phytopathology 90, 867-874.

Erwin, D.C., O.K. Ribeiro, 1996: Phytophthora Diseases Worldwide. APS Press, St. Paul, Minnesota, USA.

Hering, O., H.I. Nirenberg, 1995: Differentiation of Fusarium sambucinum Fuckel sensu lato and related species by RAPD-PCR. Mycopathologia 129, 159-164.

Kröber, H., 1985: Erfahrungen mit Phytophthora de Bary und Pythium Pringsheim. Mitt. Biol. Bundesanst. Land-Forstwirtsch., Berlin-Dahlem, H. 225, 175 pp.

Man in t’ Veld, W.A., W.J. Veenbaas-Rijks, E. Ilieva, A.W.A.M. De Cock, P.J.M. Bonants, R. Pieters, 1998: Natural hybrids of Phytophthora nicotianae and Phytophthora cactorum demonstrated by isozyme analysis and random amplified polymorphic DNA. Phytopathology 88, 922-929.

Nirenberg, H.I., 1990: Recent advances in the taxonomy of Fusarium. Stud. Mycol. 32, 91-101.

Nirenberg, H.I., W.F. Gerlach, T. Gräfenhan, 2009: Phytophthora x pelgrandis, a new natural hybrid pathogenic to Pelargonium grandiflorum hort. Mycologia 101 (2), 220-231.

Waterhouse, G.M., 1956: The Genus Phytophthora. Diagnoses (or Descriptions) and Figures from the Original Papers. Misc. Publ. No 12. 120 pp.


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