Anbau und Züchtung von Leguminosen in Deutschland – Sachstand und Perspektiven Fachgespräch im Julius Kühn-Institut 21./22. April 2009 in Braunschweig – Begrüßung und Einleitung
Journal für Kulturpflanzen, 61 (9). S. 301–301, 2009, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich begrüße Sie sehr herzlich im Julius Kühn-Institut (JKI) zu unserem Fachgespräch Anbau und Züchtung von Leguminosen in Deutschland, in dem wir uns einerseits über Fachvorträge von Experten und gemeinsame Diskussionen den Sachstand vor Augen führen wollen, andererseits – und das ist sicherlich der wichtigere Bereich unseres Gespräches – in gemeinsamer Diskussion Perspektiven und Handlungsoptionen ermitteln wollen. Besonders darf ich die Vertreter des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), Herrn Hubrich und Herrn Honecker sowie alle Referentinnen und Referenten der Veranstaltung begrüßen. Mein besonderer Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen des JKI, die diese Tagung auf der Basis interner Vorgespräche auch gemeinsam mit dem BMELV, organisiert haben. Ich freue mich sehr, dass außer Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft auch namhafte Fachleute aus Züchterhäusern, Landeseinrichtungen, Beratungsorganisationen und Erzeugerringen unserer Einladung gefolgt sind.
Die Zahl der Interessenten und der Teilnehmer zeigt deutlich das grundsätzlich große Interesse an einer Weiterentwicklung der wichtigen Leguminosenarten und besonders an einer Ausweitung ihres Anbaus. Klar auf der Hand liegt das Potenzial, welches Leguminosen, wie Ackerbohnen, Körnererbsen, Lupinen für unsere Landwirtschaft entwickeln könnten. Das gilt nicht nur für Betriebe des ökologischen Anbaus, sondern für landwirtschaftliche Betriebe generell. Vorteile liegen besonders in der Auflockerung der inzwischen schmal gewordenen Fruchtfolgesysteme, einem exzellenten Vorfruchtwert sowie der Bereicherung der biologischen Vielfalt in Agrarökosystemen und in unserer Kulturlandschaft. Weitere Vorzüge dieser Kulturpflanzengruppe, wie Nahrungsquelle für Bestäuberinsekten und Nützlinge, geringere Energieeinsätze durch niedrigere N-Düngung, sind im Grunde seit langem bekannt.
Gleichwohl ist die Anbaufläche für Körnerleguminosen in Deutschland seit der Jahrtausendwende dramatisch um rund 50 % zurückgegangen. Damit entspricht die Entwicklung in Deutschland einem gleichläufigen Trend in Europa mit Ausnahme von Großbritannien und der Tschechischen Republik. Rund 70 % der proteinhaltigen Futtermittel kommen als Sojabohnen und Sojaschrote aus Übersee, möglicherweise zukünftig überwiegend als GVO-Pflanzen. Die Ursachen für den Anbaurückgang und damit die limitierenden Faktoren für Lupinen, Ackerbohnen, Körnererbsen, etc. liegen besonders in den unzureichenden Ertragsniveaus mit mangelhafter Ertragsstabilität, in fehlenden Resistenzen gegenüber bedeutenden Krankheitserregern, in der ungenügenden Ausweisung zugelassener Pflanzenschutzmittel für die entsprechenden Indikationen und im Fehlen winterharter Sorten. Körnerleguminosen sind in den letzten Jahrzehnten züchterisch nicht hinreichend bearbeitet worden. Bei fehlender relativer Vorzüglichkeit gegenüber anderen Kulturarten und fehlenden finanziellen Anreizen für den Anbau verringerte sich damit das ökonomische Interesse der Landwirte und in der Folge der Pflanzenzuchtbetriebe stark. Heute kann man in Deutschland die Zahl der Züchtungsunternehmen, die sich den Leguminosen gewidmet haben, an einer Hand abzählen.
Dieses Fachgespräch soll nicht nur die Situation umfassend beschreiben, sondern es soll auf Grundlage der Ist-Situation Wege aufzeigen, um die Potenziale der Leguminosenarten für die Zukunft so zu entwickeln und zu nutzen, dass ihr Anbau wieder stärker in das Blickfeld der Landwirte gestellt werden kann. Dazu bedarf es dringend klarer Hinweise, wo besonderer Forschungs- und Entwicklungsbedarf für die Zukunft besteht, aber auch klarer Absprachen, wie dieser Bedarf in Zusammenarbeit aller Interessierten effizient gedeckt werden kann. Ich freue mich sehr auf eine rege Diskussion, in die wir bewusst neben den Fragen des Pflanzenbaus, der Züchtungsforschung und des Pflanzenschutzes auch die ökonomischen Aspekte einbeziehen wollen. Ich wünsche mir, dass es uns allen gelingt, die Grundlage für ein gemeinsames Konzept zugunsten des Leguminosenanbaus in Deutschland zu schaffen.
Dr. Georg F. Backhaus Präsident und Professor des Julius Kühn-Instituts –
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen