JfK Kopfgrafik
Home / Archiv / Bd. 61 Nr. 9 (2009) / Originalarbeit – Kurzmitteilung
Originalarbeit – Kurzmitteilung

Marktsituation und züchterische Aktivitäten bei Ackerbohnen und Körnererbsen in der EU

Market situation and breeding input in faba beans and field peas in the EU

Olaf Sass
Institut
Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG, Hohenlieth

Journal für Kulturpflanzen, 61 (9). S. 306–308, 2009, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2009.09.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Olaf Sass, Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG, 24363 Hohenlieth, E-Mail: o.sass@npz.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Juli 2009

Zusammenfassung

Der Anbauumfang von Ackerbohnen war in den letzten 10 Jahren in den Hauptanbauländern Vereinigtes Königreich (UK) und Frankreich relativ stabil. In UK werden Ackerbohnen auf sehr schweren Tonböden angebaut, da auf diesen die Etablierung von Winterraps oft misslingt. Ackerbohnen sind auf diesen Böden die tragende Frucht der Getreidefruchtfolgen. Durch den regelmäßigen Anbau gibt es ein gutes Know-how in der gesamten Anbautechnik, was zur Stabilisierung der Erträge beiträgt. Außerdem werden Ackerbohnen für die menschliche Ernährung exportiert und können so einen höheren Marktpreis generieren. Insgesamt trägt aber die relativ geringe Anbaufläche auch nur wenige Zuchtprogramme. In Frankreich und Deutschland ist ein deutlicher Flächenschwund bei den Körnererbsen eingetreten, auch unterstützt durch phytosanitäre Probleme sowie durch niedrige Produktpreise. Aus diesem Grunde sind in den letzten Jahren viele Körnererbsen-Zuchtprogramme beendet worden. Insgesamt wird durch den Flächenrückgang der züchterische Input und damit der züchterische Fortschritt immer kleiner. Die Körnerleguminosen verlieren dadurch immer mehr an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den großen Ackerkulturen. Eine politische Unterstützung für die positiven Umwelteffekte dieser Kulturarten erscheint deshalb unumgänglich, um diese Kulturen in den Fruchtfolgen zu halten.

Stichwörter: Ackerbohnen, Körnererbsen, Anbauflächen, Lizenzen, Markt, Zuchtprogramme

Abstract

The growing area for faba beans in the EU has remained relatively stable over the last ten years. This reflects mainly the acreage in the main faba bean growing country UK plus an increase in France. In the UK rotations faba beans are a well established crop partly due to heavy soils and a well established know how for growing them which leads to reliable yields. A premium market for exports for human consumption is also existing. However as the overall level in the EU is not high there are only a few breeding programmes left. For the peas there is a constant decline during the last years in the main country France due to phytosanitary problems and insufficient price levels. This decline has led to a significant reduction in breeding inputs in the EU. The low levels of input in breeding for both crops cannot guarantee a sufficient breeding progress to improve the performance level substantially. Political support is necessary to keep these crops competitive for rotations in the EU.

Key words: Faba bean , field pea, acreage, market, royalties, breeding programmes

Anbauflächen

Die Entwicklung der Anbauflächen für die beiden Körnerleguminosenarten Ackerbohne und Körnererbse in der EU ist in den letzten Jahren jeweils unterschiedlich verlaufen. Dabei hat die Situation in den jeweiligen Hauptanbauländern den Verlauf maßgeblich beeinflusst. Im Folgenden soll sich deshalb auch auf die wichtigsten Anbauländer in der EU konzentriert werden. In Abb. 1 ist der Verlauf für die Erbsenanbauflächen in den 3 Hauptanbauländern Frankreich, Deutschland und Vereinigtes Königreich dargestellt. In Abb. 2 ist dieses für die Ackerbohnenflächen im Vereinigten Königreich und Frankreich abgebildet; dabei wird unterschieden zwischen der Sommer- und der Winterform der Ackerbohne. Der Trendverlauf für beide Kulturarten lässt sich wie folgt beschreiben:

Abb. 1. Entwicklung der Erbsenanbauflächen in den drei Haupt­anbauländern Frankreich, Deutsch­land und Vereinigtes Königreich.

Abb. 1. Entwicklung der Erbsenanbauflächen in den drei Haupt­anbauländern Frankreich, Deutsch­land und Vereinigtes Königreich.

Abb. 2. Entwicklung der Ackerbohnenflächen (Sommer- und Winterform) im Vereinigten Königreich und in Frankreich.

Abb. 2. Entwicklung der Ackerbohnenflächen (Sommer- und Winterform) im Vereinigten Königreich und in Frankreich.

1. Körnererbsen: Die Anbauflächen sind in allen wichtigen Anbaugebieten kontinuierlich zurückgegangen. Besonders drastisch ist dies im Hauptanbauland Frankreich erkennbar, wo die Fläche von über 600 Tsd. ha kontinuierlich auf nur ca. 100 Tsd. ha in 2008 abgenommen hat. Der Trend in Deutschland und dem Vereinigten Königreich zeigt dieselbe Entwicklung.

2. Ackerbohnen: Hier ist für die Sommerackerbohnen sogar eine leichte Flächenausweitung zu erkennen, diese ist besonders auf die Zunahme in Frankreich zurück zu führen. Die Anbaufläche der Winterackerbohnen ist stabil über die Jahre. Der Umfang des Ackerbohnenanbaus ist allerdings generell auf einem relativ niedrigen Niveau.

Worin liegen die Ursachen in diesen unterschiedlichen Verläufen? Der Rückgang der Körnererbsen in Frankreich ist zum einen phytosanitär begründet. Aufgrund des intensiven Erbsenanbaus in bestimmten Regionen haben sich Fruchtfolgeprobleme eingestellt, insbesondere der Befall mit dem Bodenpilz Aphanomyces euteiches hat deutlich zugenommen. Einmal verseuchte Böden fallen für lange Zeit für den Erbsenanbau aus. Hinzu kommt ein Vermarktungsproblem: Die Erbsen werden überwiegend in Futtermittelrationen einsetzt. Sie konkurrieren dadurch direkt mit den auf dem Weltmarkt verfügbaren Protein- und Energieträgern. Insbesondere das preiswert verfügbare Sojaschrot wirkt sich negativ auf die gezahlten Preise für einheimische Proteinträger aus und verhindert ausreichend hohe Auszahlungspreise für die produzierenden Landwirte. Spezielle Marktsegmente mit höheren Produktpreisen, die die Wertschöpfung erhöhen könnten, gibt es für Erbsen primär im Vereinigten Königreich (Large Blue peas für Humanernährung, Marrowfat peas für den Export). Diese Premiummärkte sind aber begrenzt.

Die Konstanz des Ackerbohnenanbaus im Vereinigten Königreich beruht z. T. auf ackerbaulichen Gegebenheiten: in der Region East Anglia gibt es z. T. sehr schwere Böden. Auf diesen ist für Winterraps als Blattfrucht bei einer Aussaat im August die ordnungsgemäße Saatbettbereitung insbesondere bei Trockenheit problematisch. Ackerbohnen kommen mit diesen Bodenverhältnissen besser zurecht und sind z. T. die tragende Blattfrucht der Getreidefruchtfolgen. Hinzu kommt die Möglichkeit, Ackerbohnen für den Export in den Mittelmeerraum, insbesondere Ägypten, zu produzieren. Wenn bestimmte Qualitätsparameter erfüllt sind (volles Korn, wenig Bruch, keine Löcher durch Ackerbohnenkäfer), werden für solche Chargen 3 bis 5 €/dt Zuschlag auf den Futtermittelpreis gezahlt. Gutes Know-how in der Produktionstechnik stabilisiert zudem die Erträge, und damit sind die Ackerbohnen voll wirtschaftlich für die anbauenden Betriebe und ein vollwertiges Fruchtfolgeglied.

Züchterische Aktivitäten

Die negativen Anbauverläufe korrelieren eng mit den Verkäufen an zertifiziertem Saatgut. Dabei ergibt sich aus der oft schwierigen innerbetrieblichen Situation, dass die Landwirte am Produktionsfaktor Saatgut zunehmend sparen. Insbesondere bei den Körnererbsen ist deshalb neben der Abnahme der Fläche die Verwendung von zertifiziertem Saatgut überproportional zurückgegangen. Nach unseren internen Berechnungen sind z. Zt. in der EU-15 bei Ackerbohnen mit ca. 15 000-18 000 t Z-Saatgut-Aufkommen Lizenzeinnahmen von etwa 1,2 bis 1,5 Mio. Euro je Jahr erzielbar; allerdings ist diese Summe noch auf Winter- und Sommerackerbohnen aufzuteilen. Für Körnererbsen lauten die Zahlen 30 000 bis 35 000 t mit einem Lizenzaufkommen von 2,0 bis 2,5 Mio. Euro je Jahr.

Um diese Zahlen einordnen zu können, ist die Kostenseite zu sehen. Für ein vollwertiges Zuchtprogramm sind jährliche Kosten von ca. 500 000 Euro zu veranschlagen. Außerdem müssen mit den obengenannten Lizenzen sämtliche Marketing- und Vertriebskosten in allen Märkten bedient werden. Auch muss davon ausgegangen werden, dass die Marktanteile pro Züchter sehr stark schwanken können und keinesfalls dauerhaft hoch sind. Unternehmerisches Ziel ist zudem, mit der Züchtung nicht nur die Kosten zu decken, sondern auch unter solchen Gegebenheiten nachhaltig einen Gewinn erzielen zu können.

Aufgrund dieser wirtschaftlich ungünstigen Rahmendaten haben in den letzten Jahren verschiedene Zuchtunternehmen die züchterische Arbeit bei Ackerbohnen und insbesondere bei den Körnererbsen eingestellt. Nach eigener Einschätzung sind gegenwärtig bei Sommerackerbohnen noch ein größeres Zuchtprogramm sowie drei Programme mit relativ geringen Aktivitäten in der EU vorhanden. Bei den Sommer-Körnererbsen sind dies fünf vollwertige sowie zwei bis drei mit geringerer Intensität. Im Bereich der Winterackerbohnen gibt es zwei Programme mit geringer bis mittlerer Intensität, bei Winterkörnererbsen ein vollwertiges sowie zwei geringer aktive Programme. Insbesondere für die Körnererbsenzüchtung erscheint die Anzahl für die dargestellte Marktlage immer noch zu viel.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich im Bereich des Ackerbohnenanbaus in der EU eine gewisse Konstanz eingestellt hat, allerdings auf niedrigem Niveau. Die züchterischen Aktivitäten haben sich diesem Niveau im Wesentlichen angepasst. Nur eine signifikante Ausdehnung der Flächen könnte eine Stimulierung der Zuchtarbeiten bewirken. Im Bereich der Körnererbsen ist der Anbautrend deutlich negativ. Auch hier haben in der Folge die züchterischen Bemühungen deutlich nachgelassen.

Die aktuellen züchterischen Aktivitäten sind nicht in der Lage, einen signifikanten Zuchtfortschritt für diese Kulturarten sicherzustellen, vor allem nicht im Vergleich zu den etablierten großen Ackerbaukulturen. Die Leistungsschere zwischen diesen kleinen und den großen Arten wird dadurch immer weiter auseinander gehen. Um die Körnerleguminosen weiterhin überhaupt in unseren Anbausystemen zu halten, ist es dringend erforderlich, ihren besonderen Beitrag zur Biodiversität und zur Erweiterung enger Getreidefruchtfolgen zu honorieren. Weiterhin stellt der Anbau eine direkte Schonung der Umwelt dar, da die Leguminosen aufgrund der Symbiose mit den knöllchenbildenden Bakterien ihren Stickstoffbedarf zu 100% selbst decken. Andere Ackerkulturen benötigen bis zu 200 kg/ha mineralischen Stickstoff, dessen Herstellung ca. 200 Liter Erdöl verbraucht und damit zur Freisetzung von CO2 in die Atmosphäre führt.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
Verlag
Eugen Ulmer KG
Ulmer-Logo
Verantwortlicher Herausgeber
Präsident und Professor
Prof. Dr. Frank Ordon
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Schriftleitung
Dr. Anja Hühnlein
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
E-Mail: journal-kulturpflanzen@julius-kuehn.de
Co-Schriftleitung
Dr. Ulrike Stahl
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Layout/Technische Umsetzung
mediaTEXT Jena GmbH
mediaTEXT-Logo
Julius Kühn-Institut (JKI)
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
 
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Deutschland
Fon: 03946 47-0
Fax: 03946 47-255
Mail: poststelle@julius-kuehn.de
De-Mail: poststelle@julius-kuehn.de-mail.de
Impressum
 
Diese Zeitschrift wird vom Julius Kühn-Institut herausgegeben.
JKI-Logo