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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Ökonomische Bewertung von Bodenbearbeitungssystemen in Fruchtfolgen mit Körnerleguminosen

Economic valuation of tillage systems in crop rotations with grain legumes

Bernhard C. Schäfer und Norbert Lütke Entrup
Institut
Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest

Journal für Kulturpflanzen, 61 (9). S. 309–311, 2009, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2009.09.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Prof. Dr. Bernhard C. Schäfer, Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft, Lübecker Ring 2, 59494 Soest, E-Mail: bcschaefer@fh-swf.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Juli 2009

Zusammenfassung

Durch die Erweiterung der Fruchtfolge und den konsequenten Pflugverzicht sinken der notwendige Kapitalbedarf und die damit gebundenen Festkosten. Dies erhöht die Wettbewerbsfähigkeit des Pflanzenbaus. Durch die Erweiterung der Fruchtfolgen und die Umstellung auf Mulchsaatsysteme mit vollkommenem Pflugverzicht bei Wechsel von Halm- und Blattfrucht und/oder Winterung und Sommerung sind diese verfahrenstechnisch und pflanzenbaulich sicherer zu gestalten. Körnerleguminosen kann in derartigen Bewirtschaftungssystemen eine zentrale Rolle zukommen. Die Deckungsbeitragsrechnung erweist sich für die langfristige Bewertung von Fruchtfolgesystemen als weitgehend ungeeignet, da z. B. Vorfruchteffekte und entscheidende Kostenblöcke wie die Maschinenfestkosten unberücksichtigt bleiben. Ein in Südniedersachsen untersuchter Betrieb mit vergleichsweise geringem Optimierungspotenzial zeigt nach Umstellung auf aufgelockerte Fruchtfolgen unter Einbeziehung von Ackerbohnen mit vollkommen pflugloser Bewirtschaftung ökonomisch bessere Ergebnisse und deutliche Effekte bei der Einsparung von Arbeitszeit. Die Bewertung von Fruchtfolgesystemen mit Hilfe der direkt- und arbeitserledigungskostenfreien Leistung zeigt bei Ausnutzung der Optimierungspotenziale die ökonomische Überlegenheit aufgelockerter Fruchtfolgen bei Integration von Körnerleguminosen.

Stichwörter: Körnerleguminosen, Ackerbohnen, Fruchtfolgen, Mulchsaatsysteme, Deckungsbeitragsrechnung, Direktkosten, Arbeitserledigungskosten

Abstract

Through an extension of crop rotations and the consistent renouncement of ploughing the capital requirement and the fixed costs are decreasing. This increases the competitiveness of the plant production. The change to minimum tillage systems without any ploughing is easy by alternating cereals and leaf crops or winter crops and spring crops. Grain legumes can have a central role in those cultivation systems. The common method of cost accounting is not convenient for a long-term valuation because precrop effects and important costs like those for mechanisation are not considered. The analysis of a farm in the south of Lower Saxony with only little potential for optimization showed higher economic profit and less demand for labour time after the conversion to an extended crop rotation including faba beans. The valuation of crop rotations by using an advanced direct costing method revealed the economic advantage of extended crop rotations by the integration of grain legumes.

Key words: Grain legumes, faba bean, crop rotation, minimum tillage, advanced direct costing method

Ökonomische Bewertung von Bodenbearbeitungssystemen

Die Ausgestaltung landwirtschaftlicher Fruchtfolgen hängt von einer Vielzahl unterschiedlicher Bestimmungsfaktoren ab. Neben den Standortverhältnissen, der betrieblichen Ausrichtung, dem Personal und der Technik spielen auch pflanzenbauliches Können und ggf. spezifische Pflanzenschutzprobleme eine Rolle. Diese und eine Vielzahl weiterer Faktoren sind unter praktischen Bedingungen gegenüber einer ökonomischen Bewertung von nachrangiger Bedeutung. Meist wird für die Darstellung der ökonomischen Effizienz auf eine einfache Deckungsbeitragsrechnung zurückgegriffen. Ziel ist es dabei, möglichst viele Kulturen mit hohen Deckungsbeiträgen in eine Fruchtfolge so zu integrieren, dass eine Anbaufolge aufgrund der Saat und Aussaattermine möglich ist und pflanzenbauliche und phytosanitäre Grenzen nicht oder nur knapp überschritten werden. Auf der Grundlage dieser Vorgehensweise haben sich in Deutschland über Jahre getreidelastige Fruchtfolgen mit meist hohen Stoppelweizenanteilen durchgesetzt. Mehrerträge, die mit Weizen nach Blattfrüchten erzielt werden, bleiben bei derartigen Überlegungen häufig ebenso unberücksichtigt wie die erhöhten Pflanzenschutz- und Düngeaufwendungen, die zur Absicherung von befriedigenden Erträgen bei Stoppelweizen nötig sind. Gerade auf Standorten mit schwächerer Bonität nimmt die Ertragsstabilität derartiger Systeme jedoch ab, und häufig müssen hohe Mindererträge beim Anbau von Stoppelweizen hingenommen werden.

Viele der genannten Probleme lassen sich durch eine Auflockerung der Fruchtfolge, z. B. durch Integration von Körnerleguminosen, lösen. Die Auflockerung der Fruchtfolgen mit dem Wechsel von Halm- und Blattfrucht oder Winterung und Sommerung ermöglicht eine problemlose und ertragssichere Etablierung konservierender Bodenbearbeitungssysteme. Körnerleguminosen kann dabei eine zentrale Rolle zukommen. Vor und nach Körnerleguminosen kann die Eingriffsintensität der Bodenbearbeitung bis hin zur Direktsaat eingeschränkt werden. Viele pflanzenbaulich positive Wirkungen kommen sofort, manche allerdings erst mittelfristig bei vollständigem und nachhaltigem Pflugverzicht in vollem Umfang zum Tragen. Derartige Bodenbewirtschaftungssysteme können eine hohe ökonomische Vorzüglichkeit gegenüber engen Fruchtfolgen besitzen.

Ein Beispiel dafür ist in Tab. 1 aufgeführt. Darin ist für einen 200 ha-Betrieb die notwendige Maschinenausstattung bei Pflug, Mulchsaat und Direktsaat sowie bei unterschiedlichem Weizenanteil in der Fruchtfolge kalkuliert. Der notwendige Maschinenbedarf liegt bei durchgängigem Pflugeinsatz und einem Weizenanteil von zwei Drittel in der Fruchtfolge bei einem Maschinenneuwert von 725 Euro/ha. Die Mechanisierung ist in diesem Modellbetrieb zu 82% ausgeschöpft. Liegt der Weizenanteil in der Fruchtfolge dagegen nur bei einem Drittel und wird durchgängig Direktsaat praktiziert, so sinkt der Maschinenneuwert auf 530 Euro/ha. Die zeitliche Auslastung der Maschinen liegt allerdings nur bei 21%, so dass in diesem Falle erhebliches Betriebswachstum (auch durch Kooperation) ohne zusätzliche Investitionen in die Technik realisiert werden könnte.

Tab. 1. Notwendiger Maschinenbedarf zur Weizenaussaat bei unterschiedlichen Weizenanteilen

Boden­bearbeitung

Max. Arbeitszeit zur Weizen­aussaat 1)

Betriebsgröße 200 ha

Maschinenbedarf bei
⅔ Weizen 2)

Maschinenbedarf bei
½ Weizen 2)

Maschinenbedarf bei
⅓ Weizen 2)

Pflug

192 h

2 Schlepper
5- Scharpflug
Kreiselegge Drille 3m
Ausschöpfung4) : 82%
Maschinenneuwert: 725 €/ha

2 Schlepper
4- Scharpflug
Kreiselegge Drille 2,5m
Ausschöpfung4) : 76%

1 Schlepper
5- Scharpflug
Kreiselegge Drille 3m
Ausschöpfung4) : 93%

Mulchsaat

192 h

2 Schlepper
Scheibenegge 3m
Kreiselegge Drille 3m
Ausschöpfung4) : 70%

1 Schlepper
Scheibenegge 3m
Kreiselegge Drille 2,5m
Ausschöpfung4) : 92%

1 Schlepper
Scheibenegge 2m
Kreiselegge Drille 2,5m
Ausschöpfung4) : 71%

Direktsaat

192 h

1 Schlepper
Direktsaatmaschine 3m3)
Ausschöpfung4) : 53%

1 Schlepper
Direktsaatmaschine 3m3)
Ausschöpfung4) : 32%

1 Schlepper
Direktsaatmaschine 3m3)
Ausschöpfung4) : 21%
Maschineneuwert: 530 €/ha

1) Durchschnittliche maximal verfügbare Arbeitszeit zur Weizenaussaat im Mittel von 10 Jahren
2) 5 ha Schlaggröße
3) Kleinste Arbeitsbreite, theoretisch kleinere Arbeitsbreiten möglich
4) Gibt den Anteil der mit den vorgegebenen Schleppern und Geräten ausgenutzten Zeit an
(Quelle: Schneider und Lütke Entrup, 2006)

Die aufgezeigten Zusammenhänge zeigen deutlich, dass die Deckungsbeitragsrechnung für die Bewertung von Bodenbewirtschaftungssystemen ungeeignet ist. Stattdessen ist ein an den Vollkosten orientierter Ansatz sinnvoll. Diese Berechnungsbasis beinhaltet die von Schneider und Lütke Entrup (2006) entwickelte direkt- und arbeitserledigungskostenfreie Leistung, wie sie in Tab. 2 abgebildet ist. Bei diesem Kalkulationsansatz werden alle verfahrensspezifischen Kosten erfasst. So werden im Unterschied zum Deckungsbeitrag aber z. B. feste Maschinenkosten wie auch sämtliche Personalkosten erfasst.

Tab. 2. Berechnungsbasis zur Bewertung von Bewirtschaftungssystemen in Form der direkt- und arbeitserledigungskostenfreien Leistung

Leistungen:

Markterlös

= Geldrohertrag

./. Direktkosten:

Saat-, Pflanzgut

Düngung

Pflanzenschutz

Trocknung, Lagerung

Versicherung (Hagel)

Zinsansatz Feldinventar

= Direktkostenfreie Leistung

./. Arbeitserledigungskosten:

Personalaufwand (fremd)

Lohnansatz

Lohnunternehmer

Maschinenmiete

Feste Maschinenkosten

Variable Maschinenkosten

= Direkt- und arbeitserledigungskostenfreie Leistung (DAL)

(Quelle: Schneider und Lütke Entrup, 2006)

Mit diesem Bewertungsansatz wurde ein südniedersächsischer 450 ha-Marktfruchtbetrieb durchgerechnet. Die entsprechenden Kalkulationsgrundlagen wurden aus der Buchführung abgeleitet. Vereinfachend wurde auf den Zinsansatz sowie auf Kosten für Versicherung, Trocknung und Lagerung verzichtet. Die Ermittlung der Marktleistung erfolgte anhand der Erträge, die aus der Buchführung abgeleitet wurden, mit kalkulatorischen Preisen ohne Berücksichtigung der Flächenprämie. Die bestehenden Zuckerrüben-Weizen-Weizen- bzw. Raps-Weizen-Weizen-Fruchtfolgen wurden kalkulatorisch mit einer durch die Aufnahme von Ackerbohnen aufgelockerten Fruchtfolgekonstellation verglichen. Unter den Preiskonstellationen von April 2009 errechnet sich zwar für die aufgelockerte Fruchtfolge ein um 55 Euro/ha geringerer Markterlös. Aufgrund deutlich reduzierter Maschinenkosten und eines geringeren Lohnansatzes liegt die direkt- und arbeitserledigungskostenfreie Leistung nach der Fruchtfolgeanpassung jedoch um 32 Euro/ha über der derzeitigen Ist-Situation des Betriebes.

Dieses Ergebnis ist insoweit überraschend, weil in dem Betrieb auch derzeit nur noch einmal in der Rotation gepflügt wird und das Ertragsniveau des Stoppelweizens mit dem des Blattfruchtweizens mithalten kann. Zudem verfügt der Betrieb gemessen an Vergleichsbetrieben über eine sehr schlanke Mechanisierung. Insgesamt ist das Optimierungspotential des Betriebes also ausgesprochen gering.

Ähnliche Ergebnisse wurden auch von Schneider und Lütke Entrup (2006) für einen Betrieb am Standort Gülzow in Mecklenburg-Vorpommern und für die Soester Börde ermittelt.

Neben den genannten ökonomischen Effekten kam es durch die Auflockerung der Fruchtfolge in dem südniedersächsischen Betrieb auch zu einer deutlichen Auflockerung bei der Arbeitszeitverteilung. So konnten Entlastungen vor allem im August und September erzielt werden. Im September konnte der notwendige Arbeitszeitanspruch auf mehr als die Hälfte der Zeit zurückgefahren werden. Insgesamt würde der Betrieb durch Umstellung auf eine aufgelockerte Fruchtfolge etwa 240 Schlepperstunden im Jahr an Zeit einsparen. Auch diese Ergebnisse decken sich mit den Erhebungen von Schneider und Lütke Entrup (2006) an anderen Standorten.

Literatur

Schneider, M., N. Lütke Entrup, 2006: Bewertung von neuen Systemen der Bodenbewirtschaftung in erweiterten Fruchtfolgen mit Körnerraps und Körnerleguminosen. Forschungsberichte des Fachbereiches Agrarwirtschaft Soest 21, ISBN 3-935807-16-3, 217 S.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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