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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Züchtungsforschung bei der Ackerbohne: Fakten und Potentiale

Breeding research in faba bean: Facts and potentials

Wolfgang Link
Institut
Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Von-Siebold-Str. 8, 37075 Göttingen

Journal für Kulturpflanzen, 61 (9). S. 341–347, 2009, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2009.09.08, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Prof. Dr. Wolfgang Link, Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Von-Siebold-Str. 8, 37075 Göttingen, E-Mail: wlink@gwdg.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Juli 2009

Zusammenfassung

Der agronomische Wert moderner Ackerbohnensorten ist höher als es die aktuellen Anbauflächen widerspiegeln. Hybrid-Ackerbohnen sind mangels geeigneter CMS-Systeme nicht in Sicht, allerdings erweist sich die Züchtung synthetischer Sorten als erfolgreiches Konzept. Der Samenproteingehalt könnte genetisch gesteigert werden, hier fehlt ein ökonomischer Anreiz. Aktuell werden die Grundlagen zu einer markergestützten Verbesserung der Resistenz gegen Brennflecken (Ascochyta) und Rost (Uromyces) gelegt, außerdem wurden Geniteure für weitere Krankheitsresistenzen und für höhere Frosttoleranz (Winterbohnen) und DNS-Marker für Tanninfreiheit und Vicinarmut identifiziert.

Stichwörter: Vicia faba L., Ackerbohne, Fababohne, Züchtung, Status Quo, Perspektiven

Abstract

The agronomic value of modern faba bean cultivars is higher than indicated by their current acreage. Hybrid breeding is not feasible, because the CSM systems are not applicable. Yet, breeding of synthetic cultivars turned out to be a successful concept. The seed protein content could be genetically increased, alas, economic incentives to do so are missing. Presently the path is going to be paved for a marker-assisted improvement of resistance against Ascochyta and Uromyces. Furthermore, DNA markers for absence of tannins and low levels of vicine were identified, and donors for further disease resistances and for an increased frost tolerance (winter beans) were identified.

Key words: Vicia faba L., field bean, faba bean, breeding, Status Quo, perspectives

Einleitung

Die Ackerbohne, Vicia faba L. (Fababohne, Pferdebohne, faba bean, field bean, féverole), ist eine Garten- und Ackerfrucht der Alten Welt und entstand vor über zehntausend Jahren an den Ufern des Euphrat (Tanno und Willcox, 2006). Nördlich der Alpen und Pyrenäen und bei guter Wasserversorgung werden hohe Kornerträge (> 5 t/ha) mit ca. 30% Proteingehalt im Korn und hohen Stickstoffhinterlassenschaften im Boden (> 125 kg/ha) registriert (Metayer, 2004; Köpke, 1997). Die Bohne zeichnet sich durch gute Standfestigkeit und Platzfestigkeit der Hülsen aus und ist sehr gut an den Mähdrusch angepasst.

Vicia faba ist diploid, mit nur sechs Chromosomenpaaren und einem sehr großen Genom von etwa 13 000 Mb (Torres et al., 2009), etwa dem Hundertfachen des Genoms der Ackerschmalwand, oder dem Zehnfachen der Sojabohne. Honigbienen und Hummeln als Bestäuber bewirken (mit großer Variation) etwa 50% Fremdbefruchtung (Link, 1990), so dass die Ackerbohne ein idealtypisches Beispiel für partielle Allogamie ist. Die Ackerbohnenzüchtung trägt dem Rechnung – kontrollierte Vermehrung von Saatgut findet in so genannten Isolierhäusern statt. Die Bestäuber werden ausgeschlossen, wodurch die eingeschlossenen Pflanzen voneinander sexuell isoliert sind und Selbstbefruchtung garantiert wird. Allerdings neigt die Ackerbohne bei Ausschluss ihrer Bestäuberinsekten dazu, mit Autosterilität zu reagieren: Sie setzt keine Samen an. Diese Reaktion kann durch das so genannte Trippen überwunden werden. Dazu bewegt man von Hand die Blütenblätter in ähnlicher Weise wie es beim Bestäuberbesuch geschieht. Der entsprechende mechanische Reiz führt dann zur Selbstbefruchtung und zum Ansatz von samentragenden Hülsen. Das Ausmaß, indem das Trippen notwendig ist, ist genetisch bedingt variabel und zeigt hohe Heterosis zugunsten des spontanen Selbstungsansatzes (Link, 1990). Die Notwendigkeit, Isolierhäuser und Tripping einzusetzen, verteuert die Ackerbohnenzüchtung im Vergleich zur Züchtung der anderen (selbstbefruchtenden) Körnerleguminosen (Soja, Erbse, Busch- und Stangenbohne, Kichererbse, Linse, Platterbse, Augenbohne, Erdnuss usw.).

Auffallend sind die großen Samen der Ackerbohne; das TKG schwankt bei den Sorten für den Mähdrusch zwischen 300 g und etwa 700 g. Noch weit größere, flache Körner (bis über 2000 g TKG) kommen bei Gemüseformen vor.

In Europa gibt es wenige Arbeitsgruppen, die sich intensiv und nachhaltig der Züchtung bzw. Züchtungsforschung der Ackerbohne widmen. Es sind dies die Gruppe um José Cubero, Ana Torres und Diego Rubiales in Cór­doba, die Gruppe um Gerard Duc in Dijon sowie die Gruppe um den Autor für die Züchtungsforschung; dazu die Züchterhäuser NPZ Lembke KG (Olaf Sass) in Hohenlieth, Limagrain/Cebeco (Abel Jan Bouwman) in Lelystad, Gleisdorfer Saatzucht (Johanna Winkler) in Gleisdorf, Agri Obtentions (Matthieu Floriot) in Bretenieres und Wherry & Sons (Peter Smith) in Lincolnshire (cf. www.grainlegumes.com). Als Genbank ist u.a. das IPK Gatersleben zu nennen, an welchem seit vielen Jahrzehnten cytologische und molekulargenetische Forschung mit Vicia faba betrieben wird (www.ipk-gatersleben.de). Auf internationaler Ebene muss das ICARDA genannt werden, welches das globale Mandat für die Ackerbohne hält und neben einer großen Genbank auch Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten bei der Ackerbohne betreibt (www.icarda.org).

Themen und Merkmale ohne nachhaltige Wirkung in der praktischen Züchtung

Die nationale und internationale Züchtungsforschung erlebte eine Reihe von Projekten und Themen bei der Ackerbohne, die nicht zu den erhofften Ergebnissen in der Sortenzüchtung geführt haben. Beispiele sind in Tab. 1 aufgeführt.

Thema bzw. Merkmal

Beispiels-Sorte, Kommentar

Stabil-Typ

Boss, Mythos, keine aktuelle Sorte

Topless (terminale Infloreszenz)

Tinova, Tifabo, keine aktuelle Sorte

Zwerg-Typ

The Sutton, keine aktuelle Sorte

Independent Vascular Supply

Konzept ist zweifelhaft

Vielsamige Hülsen (longpod)

Hylon, Panther, keine aktuelle Sorte

Behandlung mit Pflanzenhormonen

Ohne Relevanz für Pflanzenbau

Hoher Hülsenansatz pro Blütenzahl

Konzept ist zweifelhaft

Hohe Autofertilität

Deiniol, keine aktuelle Sorte

Verbesserung der Symbiose

Ohne Relevanz für Pflanzenbau

Verbesserung der Proteinqualität

Kein Durchbruch

‚closed flower’-Typ

CGN7751, keine aktuelle Sorte

CMS-Systeme (447, 350, 297, 199)

F1(349 x S45), kein Durchbruch

Genetische Transformation (GMO)

Schwierig und geringe Akzeptanz

Interspezifische Kreuzungen

Kein Durchbruch

Erzeugung von doppelt-haploiden Linien

Aktuelle, neue Entwicklungen

Der monogen-rezessive ‚Stabil-Typ’ (Frauen und Sass, 1989; Sass und Stelling, 1989) ist etwas kleiner, dunkler grün, mit kleineren Blättern, dünnerem und härterem Stängel und geringer Neigung zur Bestockung. Die Standfestigkeit ist hervorragend. Durch die Fortschritte in der Standfestigkeit im ‚konventionellen’ Wuchstyp (www.bundessortenamt.de) wurde der Stabil-Typ obsolet; die letzte Sorte dieses Typs, ‚Mythos’, wurde 1998 aus der deutschen Beschreibenden Sortenliste gestrichen. Die monogen-rezessive Merkmalsausprägung ‚Topless’ (oder ‚ti’) entspricht einem Wuchstyp, der frühestens nach dem sechsten Blütenstand einen terminalen Blütenstand zeigt, wodurch, ähnlich wie bei der Getreideähre, das vegetative Längenwachstum beendet wird. Das Ziel war ebenfalls verbesserte Standfestigkeit und auch ein verbesserter Harvest-Index und eine stärker synchrone Reife von Korn und Stroh. Dieser Typ war stärker im Osten Deutschlands (Steuckardt, 2008) vertreten. Seit 1997 weist die deutsche Beschreibende Sortenliste keine Sorten dieses Typs mehr aus. Bei anderen Körnerleguminosen, z. B. Sojabohne und Lupine, haben solche monogenen Varianten der Morphologie allerdings eine hohe Bedeutung.

Das Konzept ‚Independent Vascular Supply, IVS’ folgte der Idee, dass eine unabhängige Versorgung jeder einzelne Blüte mit einem eigenen Leitbündelstrang die „Dominanz“ der älteren Blüten und Hülsen über die Jüngeren innerhalb des Blütenstandes (Aufhammer und Götz-Lee, 1989) abschwächen und somit den Abwurf der jüngeren Organe verringern sollte (anstatt einer Versorgung aus einem Netz von Strängen mit engem Kontakt zwischen den Einzelblüten). Die Konsequenz wäre ein höherer Ertrag und ein stärker konzentrierter, synchron abreifender Pool von Hülsen. Die postulierte einfache Vererbung und die deutlichen Unterschiede zwischen IVS-Typen und Typen mit verzweigtem Leitbündelsystem wurde angezweifelt, das Konzept ist ohne entsprechende Wirkung für die Praxis (Ruckenbauer und Mollenkopf, 1986). Das Thema allerdings wird von dem ICARDA weiter verfolgt (www.icarda.org).

Aus dem Genpool der großsamigen Gemüsebohnen (Vicia faba major) gibt es Typen (aus dem Vereinigten Königreich und aus den Mittelmeeranrainer-Ländern) mit phantastisch anmutenden, sehr voluminösen, langen Hülsen, die sieben und mehr sehr große, flache Samen (TKG > 2000 g) enthalten. Durch Einkreuzung, Rekombination und Auslese konnte z. B. in der Sorte ‚Panther’ eine erhöhte (> 6) Samenzahl pro Hülse in einer kleinkörnigen Mähdruschsorte realisiert werden (Bond, 1987). In der nachfolgenden Sortenzüchtung hat sich allerdings dadurch seither die Samenzahl pro Hülse nicht merklich erhöht. Der Grund liegt wohl mindestens teilweise in der negativen Korrelation der Ertragskomponenten untereinander (Link und Stützel, 1995). Diese Einschränkung dürfte beim Thema ‚Hülsenansatz pro Blütenzahl’ in ähnlicher Weise für die beiden Ertragskomponenten ‚Hülsenansatz pro Blüte’ und ‚Blüten pro Blütenstand’ gelten.

Da, wie oben ausgeführt, das Trippen durch die Bestäuber ein ertragssichernder Vorgang ist, wäre eine Unabhängigkeit durch maximale Autofertilität eine Absicherung gegen umweltbedingte Schwankungen des Bestäuberbesuches (Bond, 1987; Lawes, 1981). Entsprechende Arbeiten führten nicht dazu, dass dieses Konzept sich durchgesetzt hätte. Die Tatsache, dass hohe Autofertilität mit niedriger Fremdbefruchtung und also mit weniger Heterosis in einer Populationssorte korreliert ist (Link, 1990), dürfte hier ein wichtiger Faktor gewesen sein. Das monogen-rezessive Merkmal der geschlossenen Blüte (‚closed flower’, die Fahne hebt sich nicht, der Bestäuberbesuch wird erschwert) würde eine Konversion der Ackerbohne zum Selbstbefruchter ermöglichen (Poulsen, 1977), mit all den Vereinfachungen, die dieser Ansatz für die Züchtung brächte. Bislang fehlen Genotypen mit der notwendigen Kombination von maximaler Autofertilität und Geschlossenheit der Blüte. Möglicherweise ist mit dem ‚cf’-Allel pleiotrop ein autosteriler Phänotyp verbunden (Martsch und Link 2008, unveröffentlicht); der Bericht von Bozzini und Chiaretti (1999) besagt allerdings das Gegenteil.

Das vergleichbar sehr hohe Potential für Proteinertrag und das sehr hohe Potential für Nitratversorgung der Nachfrucht lenken die Aufmerksamkeit auf eine mögliche weitere Verbesserung der Symbioseleistung der Ackerbohne (Esser-Mönning et al., 1995; Mytton et al., 1977). Dennoch gibt es hier wie auch bei anderen Körnerleguminosen bisher kaum ein praktikables Konzept. Mindestens eine Kardinalschwierigkeit ist die Konkurrenz zwischen lokal bestens angepassten, autochthonen Rhizobien und solchen Rhizobien-Stämmen, die ein Züchter oder Anbauer per Impfung oder Beizung (zugunsten einer optimierten Symbiose) anbietet. An dieser Stelle muss gesagt werden, dass über Mykorrhiza bei der Ackerbohne sehr wenig gearbeitet wurde, und dass in der Züchtung dieses Thema nicht vorkommt (Duc et al., 1989).

Eine merkliche Erhöhung des Proteingehaltes, obwohl für die Tierernährung sehr wünschenswert (Hancock et al., 2003) und genetisch auch durchaus möglich und viel versprechend, wurde in der Züchtung bislang nicht realisiert (Ausnahme: der Effekt der genetischen Entfernung der kondensierten Tanninen aus der Samenschale; s. u.). Ein Problem ist die negative genetische Korrelation zwischen hohem Proteingehalt im Samen und niedrigem Schwefelgehalt (Methionin, Cystein) im Protein der Samen. Da das Haupt-Speicherprotein, das Legumin, aus einer Vielzahl von Fraktionen und Unterfraktionen besteht, die je einzeln mendelisch vererbt werden und sich im Schwefelgehalt deutlich unterscheiden (Shewry und Casey, 1999; Tucci et al., 1991), ist die züchterische Herangehensweise hier eigentlich deutlich vorgegeben. Entsprechende Aktivitäten sind aber nicht bekannt. Eine signifikante Erhöhung des Schwefelgehaltes im Samenprotein konnte durch genetische Transformation bei Vicia narbonensis zwar erreicht werden, dasselbe Konzept führte allerdings bei Vicia faba nicht zum gewünschten Erfolg (Pickardt et al., 2004).

Außer der Verbesserung einzelner Merkmale gab es auch eine Reihe von Ansätzen zur Zuchtmethodik. Eine Realisierung der Hybridzüchtung bei der Ackerbohne würde allgemein als Durchbruch gesehen, aufgrund der höheren Kornerträge der Hybriden, der höheren Ertragsstabilität der Hybriden und der besseren Rentabilität der Hybridzüchtung im Vergleich zur Linien- oder Populationszüchtung (Nachbauproblematik). Es wurden seit 1958 vier CMS-Systeme bearbeitet (Link et al., 1997; Link, 1998). Der praktische Einsatz für die Hybridzüchtung scheiterte stets an der mangelnden Stabilität der Pollensterilität, d. h. am Trend zur spontanen Reversion zur Fertilität in den CMS-Linien. Schritte zur Überwindung des Problems wären einmal eine systematische Analyse der mtDNA-Diversität in der Spezies mit einer kritischen Studie der möglichen mtDNA-Übertragung durch Pollen, und zweitens ein Durchbruch bei der Erzeugung interspezifischer Hybriden mit nachfolgender Suche nach neuen CMS-Systemen auf dieser dann neuen, mehr versprechenden Basis.

Vor kurzem erschienen neue Ergebnisse und Ansätze zur Erzeugung von DH-Linien aus Mikrosporen bei Medicago, Lathyrus, Cicer und Pisum (Ochatt, 2009). Schon aus den allgemeinen Gründen, wie sie z. B. bei Raps, Gerste und Mais gelten, und darüber hinaus wegen der teuren Phase der konventionellen Erzeugung von Linien (Isolierhäuser, Tripping) ist dieses Thema (auch) für die Ackerbohnenzüchtung von Relevanz.

Themen und Merkmale mit nachhaltiger Wirkung in der praktischen Züchtung

Die praktische Ackerbohnen-Züchtung blickt auf eine ganze Reihe wichtiger Verbesserungen und Durchbrüche zurück (Tab. 2). So wird in der aktuellen deutschen Beschreibenden Sortenliste (www.bundessortenamt.de) eine Sorte aufgeführt („Fuego“), deren Korn- und Proteinertrag mit der Note 8 (auf einer Skala von 1-9) bewertet wird, ein Beweis für Zuchterfolg. Die Standfestigkeit der modernen Sorten ist ebenso sehr hoch, was der Ackerbohne im Vergleich zur Erbse einen deutlichen agronomischen Vorteil verschafft. Zwar kann mangels interspezifischer Hybriden nur ein begrenzter Genpool genutzt werden, aber durch die verstärkte Einkreuzung von Gemüsebohnen in der Folge der Arbeiten über die Sorte Minica (Dantuma et al., 1983) wurde die genetische Variation in Richtung Halbzwerg-Typ, synchrone Reife von Hülsen und Stroh, Frühzeitigkeit der Blüte und Reife, hohem Ertrag und die Variation wichtiger Ertragskomponenten stark verbreitert. Als Auswirkung von Arbeiten über die Ertragsstabilität und über das Konzept der synthetischen Sorte bei partieller Allogamie (Stelling et al., 1994a, 1994b; Link und Ederer, 1993; Abb. 1) werden mittlerweile Synthetiks gezüchtet, die in hohem Maße Heterosis und Heterogenität nutzen und hohe und stabile Erträge aufweisen.

Thema bzw. Merkmal

Beispiels-Sorte

Hoher Kornertrag

Fuego (Boniturnote 8)

Standfestigkeit, Platzfestigkeit

Alle modernen Sorten

Nutzung des major-Genpools (‚Minica’)

Alfred, Victor, Nachfolge-Sorten

Nutzung von Heterosis und Heterogenität

Quattro, Fuego

Feldresistenz gegen Botrytis, Peronospora

Alle modernen Sorten

Resistenz gegen Ascochyta

Clipper; H29

Resistenz gegen Rost

Icarus, ILB 3025, ILB 3107

Resistenz gegen Orobanche

Giza402, Giza 843

Tannin-Freiheit

Gloria, Tangenta

Vicin- und Convicin-Armut

Divine, Mélodie

Im Unterschied zu anderen Pilzkrankheiten (s. u.) sind keine verifizierten, monogenen Resistenzen gegen Botrytis und Peronospora bekannt, dennoch hat die konventionelle Züchtung ein brauchbares Maß an Feldresistenz in den modernen Sorten realisiert.

Monogene Resistenzen gibt es gegen Ascochyta und Uromyces (Torres et al., 2009; Tab. 3), die aus bekannten Genotypen und aus Sorten für die Weiterzüchtung zur Verfügung stehen. In ähnlicher Weise gibt es Geniteure für Orobanche-Resistenz, was in Südeuropa und Nordafrika von hoher Bedeutung ist. Diese Resistenz ist allerdings nicht monogen verursacht, sondern quantitativ variierend (Román et al., 2002).

Merkmal

Genotyp mit erwünschter bzw. günstiger Merkmals­ausprägung

Ergebnisse

Orobanche-Resistenz (Sommerwurz)

Giza402; Baraka; Vf136

Oc2 (OPAC06342 / OPN07849)
Oc3
(OPW15533OPAA07807)

Botrytis- Resistenz (Schokoladen-fleckigkeit)

BPL710, B261

Quantitative Variation,
keine QTL bekannt

Rost-Resistenz

2N52

Monogene Hypersensitivität Uvf-1(OPI20900 / OPL181032)

B261

‘Slow rusting’, quantitative Resistenz, QTL-Suche in Arbeit

Ascochyta-Resistenz (Brennflecken, Anthraknose)

Vf6

Af1(OPA111045/ OPAB071026)
Af2
(OPE171272 / OPJ18626)

29H

Af3(OPD161732/ OPG041131)
Af4
(OPJ18655 / OPG111118)

Trocken-Toleranz

ILB938/2

Quantitative Variation mit Heterosis, keine QTL bekannt

Frost-Toleranz

Côte d’Or/1

Quantitative Variation mit Heterosis, mehrere QTL z.B. I10661 / I06425

Niedrig Vicin & Convicin

vc-, Mélodie

Monogen rezessives Merkmal SCH01620 / SCAB12850
Weiße Nabelfarbe in < 10cM Distanz

Null Tannin

zt1, Gloria
zt2, Disco/2390

Zwei epistatische (komplementäre) Loci
zt1, SCC5551 / SCG111171
zt2, SCAD16-B565 / SCAD16-H385
Weiße Blüte in 0,0cM Distanz

Die von zwei alternativ einsetzbaren Genen rezessiv verursachte Tanninfreiheit (zt1, zt2), die mit rein weißer Blüte (und Abwesenheit des schwarzen Flecks unterseits der Nebenblätter und Abwesenheit des nachdunkelnden Brauntones in den Samenschalen) pleiotrop verbunden ist, stammt von Gemüsebohnen wie „Triple White“. Tanninfreiheit ist eine einfache Möglichkeit, den Futterwert von Ackerbohnen für Geflügel und Schweine zu verbessern (Abel et al., 2004), was insbesondere bei der betriebsinternen Verwertung interessant sein kann. Der Schalenanteil (Samenschalendicke) von tanninfreien Samen ist verringert, wodurch der Protein- und Stärkeanteil leicht erhöht ist. Tanninfreiheit der Samenschalen erhöht allerdings die Anfälligkeit gegen bodenbürtige Pilze in der Keimungs- und Auflaufphase (Metayer, 2004), was insbesondere im ökologischen Landbau von Bedeutung ist.

In ähnlicher Weise monogen und rezessiv vererbt ist die sehr starke Verringerung (auf max. 10% des ursprünglichen Wertes) von Vicin und Convicin. Die Verringerung dieser Pyrimidin-Glukose-Verbindung (Glukoside) in den Kotyledonen und in der Samenschale verbessert die Verdaulichkeit der Ackerbohnen bei Geflügel und verringert das Potential der Ackerbohne, Favismus auszulösen. Favismus ist eine genetische Unverträglichkeit (Anämie) bestimmter Menschen gegen Vicin und Convicin, die z. B. in Deutschland extrem selten, aber in ehemaligen und früheren Gebieten mit Malaria häufig ist und wegen ihrer X-chromosomalen Lokalisierung vor allem männliche Vertreter unserer Spezies betrifft. Bestimmte mutante Allele des hier betroffenen Gens für Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase verleihen (außer Favismus) einen gewissen Schutz gegen tropische Malaria (Plasmodium falciparum), der durch gleichzeitigen Verzehr von (insbesondere jungen, frischen) Ackerbohnen (mit Vicin und Convicin) noch verstärkt wird. Dieser Schutz kann bei Malariabefall den Nachteil durch Favismus überkompensieren kann (Arese et al., 2006).

Inzwischen werden unter dem Begriff „Fevita®“ tanninfreie, vicinarme Sorten gezüchtet (Metayer, 2004).

Themen und Merkmale mit Potential für zukünftige Zuchterfolge

Ein sehr attraktives Moment und ein Versprechen zukünftiger Zuchterfolge sind die hohen und stabilen Kornerträge von Experimentalhybriden (Heterosis von im Mittel 70% und im Maximum bis über 100%; Überlegenheit gegenüber besten Sorten von über 40%; Zeid et al., 2004; Abb. 2). Diese hohen Leistungen sind ja nicht durch ein Mehr an Wasser, Nährstoffen, Licht, Bodenvolumen, Zeit etc. erzielt, sondern bei sonst gleichen Umweltbedingungen allein durch genetische Faktoren (Heterozygotie). Dass solche Sorten der Landwirtschaft nicht angeboten werden können, liegt an der fehlenden Möglichkeit, Kreuzungen in großem Umfang kontrolliert durchzuführen (sprich, an der mangelnden Stabilität der CMS-Systeme). Etwa die Hälfte dieses Potentials wird allerdings gegenwärtig in synthetischen Sorten realisiert (diese Sorten erleiden bei einem Nachbau keine genetisch bedingte Leistungseinbuße). Zum Thema ‚Zuchtmethodik’ gehören auch die neuerdings wieder besseren Aussichten, ein allgemein funktionierendes Protokoll zur Entwicklung von doppelt haploiden Linien zu entwickeln (Ochatt et al., 2009).

Ein weiteres interessantes Potential ist die Aussicht, den Sameneiweißgehalt genetisch über 35% zu steigern. Es fehlt jedoch ein Durchbruch zugunsten eines höheren Methioningehaltes in den Samen. Aktuelle Ergebnisse zu QTL (quantitative trait loci) für Resistenz gegen Pilzkrankeiten sind ebenfalls ein sehr interessantes Potential für die praktische Züchtung, insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Zahl und abnehmenden Kosten für molekulare Marker und der zunehmenden Möglichkeiten, Informationen aus verwandten Arten zu nutzen (Torres et al., 2009). Aufgrund der laufenden Anstrengungen zu genetischen Verbesserungen der Winterhärte werden auch in Deutschland anbauwürdige Wintersorten erwartet (Link et al., 2009). Winterbohnen zeigen in ihren schon seit einem Jahrhundert etablierten Anbaugebieten (UK) einen deutlichen Mehrertrag (im Jahr 2004 war der Mehrertrag gegenüber Sommerbohnen > 40% im Mittel von drei Umwelten, Bramham, Poringland, Thronaugh; www.niab.com). Eine interessante Strategie wäre selbstverständlich die Hybridzüchtung bei Winter-Ackerbohnen.

Die Ackerbohne ist eine heimische Körnerleguminose, die an die mechanisierte Landwirtschaft sehr gut angepasst ist und in Lagen mit guter Wasserversorgung ein sehr hohes Ertragspotential hat. Der Proteingehalt von etwa 30%, ihre Wirkung als ‚break crop’ in getreidereichen Fruchtfolgen, ihre günstige Wirkung auf die Bodenfruchtbarkeit und ihre Symbioseleistung sind wichtige Argumente zu ihren Gunsten. Für die ökologischen Verbände ist die globale Abwesenheit von gentechnisch veränderten Ackerbohnensorten ein weiteres wichtiges Faktum. Die nachhaltig stabilen Anbauflächen im Vereinigten Königreich von über 150 000 ha sind eine ökonomische Basis, die ein Minimum an Züchtung und Züchtungsforschung für das Europa nördlich der Pyrenäen und Alpen absichert. Das enorme Importvolumen von Sojabohnen aus Übersee in die EU (www.ovid-verband.de; www.ufop.de/3111.php) ist eine politische, ökologische und ökonomische Herausforderung und Aufforderung, Züchtung und Forschung an den heimischen Körnerleguminosen zu intensivieren.

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ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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