JfK Kopfgrafik
Home / Archiv / Bd. 61 Nr. 9 (2009) / Originalarbeit – Kurzmitteilung
Originalarbeit – Kurzmitteilung

Anforderungen an die Rotkleezüchtung aus pflanzen­baulicher und tierernährerischer Sicht und deren züchterische Umsetzung

Requirements on red clover breeding regarding crop production and animal nutrition and its implementation into the breeding process

Carolin Weimar
Institut
Norddeutsche Pflanzenzucht Hans Georg Lembke KG, Anbauberatung

Journal für Kulturpflanzen, 61 (9). S. 348–351, 2009, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2009.09.09, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Carolin Weimar, Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG, Anbauberatung, Hohenlieth, 24363 Holtsee, E-Mail: C.Weimar@npz.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Juli 2009

Zusammenfassung

Rotklee ist eine bedeutende Futterpflanze, die proteinreiches Grundfutter liefert und besonders im Ökolandbau unverzichtbar ist. Neue Anforderungen an die Züchtung sind das Auftreten des Stängelbrenners, die Erhöhung der Futterqualität durch sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe wie z. B. Polyphenoloxidasen, sowie die Steigerung des Samenertrags bei tetraploidem Rotklee. Weiterhin liegt das Augenmerk der Züchtung auf den Hauptzuchtzielen Ertrag und Ertragsstabilität. Die Vorteile im Anbau von Rotklee sowie Rotkleegras sollten auch im konventionellen Anbau wieder vermehrt Beachtung finden.

Stichwörter: Rotklee, Züchtung, Anthraknose, tetraploid, Qualität

Abstract

Red Clover is an important cultivar for fodder production which produces feed high in protein. Especially in organic agriculture red clover is essential. New requirements on red clover breeding are the new pest anthracnose (Colletotrichum), the enhancement of fodder quality by secondary plant compounds such as polyphenol oxidase, as well as the enhancement of seed yield in tetraploid red clover varieties. Furthermore the main attention in breeding red clover is turned on yield and yield stability. The advantages of red clover and mixed stands with grasses should attract more interest in agriculture in general.

Key words: Red clover, breeding, anthracnose, tetraploid, quality

Rotkleeanbau

Eine der wichtigsten Futterleguminosen ist, neben Weißklee und Luzerne, der Ackerrotklee, der besonders im Ackerfutterbau sowohl als Gründüngung als auch zu Futterzwecken im konventionellen und ökologischen Landbau eine Rolle spielt. Ackerrotklee ist Hauptobjekt der Züchtung, anders als Wiesenrotklee, der eher zu Begrünungszwecken verwendet wird und eine untergeordnete Rolle spielt. Ackerrotklee ist kurzlebig (zweijährig bis ausdauernd) und ertragreich. In geringen Anteilen wird er auch in Wiesen/Weidemischungen verwendet, das Hauptaugenmerk liegt aber in der Nutzung als Ackerfutter. Rotklee besitzt eine Pfahlwurzel und kann sich nicht wie Weißklee vegetativ durch oberirdische Kriechtriebe ausbreiten, weshalb eine sorgfältige Saatbettbereitung entscheidend für den Ansaaterfolg ist. Die Triebe des Rotklees sind einjährig und sterben zum Winter hin ab. Die Pflanze überwintert in der Wurzelkopfrosette. Folglich ist Rotklee empfindlich gegen Tritt, weshalb die Beweidung nicht zu intensiv/lange erfolgen sollte. Bei nassen Bedingungen, die zu Trittschäden führen können, sollte Rotklee nicht beweidet werden. Ideal für den Rotkleeanbau sind kühl-feuchte Standorte. Niederschläge über 550 mm erhöhen die Ertragssicherheit.

Rotkleeanbau spielt zurzeit besonders im ökologischen Anbau eine wichtige Rolle als Stickstofflieferant, wobei die Aufwüchse zum Teil gemulcht, größtenteils aber siliert und verfüttert werden. So sind derzeit ca. 25% der Futterflächen in Bayern Flächen des ökologischen Landbaus, welche nahezu zu 100% Kleegrasbestände sind.

Der Rotkleebestand kann als Blanksaat oder als Untersaat angelegt werden. Rotklee kann als Reinsaat oder im Gemenge mit Gräsern angebaut werden. Rotklee in Reinsaat liefert sehr proteinreiches Futter, der Ertragsabfall im 2. Hauptnutzungsjahr beträgt 10 bis 20%. Weit verbreitet ist der Anbau von Rotkleegras, wobei Rotklee meist mit Weidelgräsern (Deutsches Weidelgras, Welsches Weidelgras, Bastard Weidelgras) gemischt wird (Abb. 1). Angestrebt wird ein Rotkleeanteil von 30 bis 50%. Rotkleegras kann 2 bis 3 Jahre genutzt werden mit 3 bis 4 Schnitten/Jahr. Vorteile des Gemenges mit Gräsern sind die bessere Silierbarkeit aufgrund des geringeren Proteingehaltes im Gemenge und der hohen Zuckergehalte der Gräser. Der Anbau im Gemenge ist risikoärmer, der Bestand standfester. Der vom Rotklee fixierte Stickstoff wird im Gras gebunden und kann so vor Auswaschung geschützt werden. Der Flachwurzler Gras wird im Gemenge optimal mit dem Tiefwurzler Rotklee kombiniert, wodurch der Wurzelraum effektiv genutzt wird. Rotkleegras zeigt gegenüber Rotklee in Reinsaat aufgrund der geringeren Rotkleeanteile einen geringeren Ertragsabfall (~5%) im 2. Hauptnutzungsjahr.

Abb. 1. Rotklee in Mischung mit Deutschem Weidegras ist eine gängige Saatgutmischung im Ackerfutterbau.

Abb. 1. Rotklee in Mischung mit Deutschem Weidegras ist eine gängige Saatgutmischung im Ackerfutterbau.

Die Trockenmasse-Erträge von Rotklee und Rotkleegras entsprechen reinen Ackergrasbeständen mit bis zu 150 dt TM/ha und Jahr. Anders als beim Ackergras, wo eine Gesamt-N-Menge von bis zu 300 kg N/ha und Jahr gedüngt wird, kommt Rotkleegras aufgrund der N-Fixierungsleistung des Rotklees mit einer Andüngung von maximal 40-100 kg N/ha aus. Die Rohproteingehalte von Rotkleegras liegen je nach Witterung und Jahr bei 16 bis 20%, reiner Rotklee liegt darüber und damit im suboptimalen Bereich.

Der Anbauumfang von Rotklee in Deutschland lässt sich nur schwer erfassen, da Rotklee- und Rotkleegrasanbauflächen nicht getrennt statistisch dargestellt werden. Der Handelsumfang der Saatgutmischungen beträgt ungefähr 3500 t. Klar ist, dass der Anbauumfang in den letzten 20 Jahren tendenziell gesunken ist, sich aber in den letzten Jahren durch den steigenden ökologischen Anbau stabilisiert hat. Schwerpunkte sind aufgrund der Standorteigenschaften Süddeutschland sowie Nordwestdeutschland.

Im landwirtschaftlichen Betrieb eignet sich Rotklee/Rotkleegras aus mehreren Gründen gut für den Anbau. Durch die Stickstoff-Fixierung des Rotklees kann Dünger eingespart werden. Durch den höheren Anteil von rohproteinreichem Grundfutter in der Ration kann Kraftfutter gespart werden. Durch die negative Stickstoff-Bilanz des Rotkleegrases (es wird mehr N vom Feld gefahren, als gedüngt) entspannt sich die Gesamt-Stickstoff-Bilanz der Fruchtfolge. Weiterhin kann Rotkleegras im Gegensatz zu Mais mehrjährig genutzt werden, wodurch sich die Kosten für die Etablierung auf mehrere Jahre verteilen. Der hohe Vorfruchtwert des Rotklees steht der Folgefrucht zur Verfügung (bis zu 200 kg N/ha). Weitere positive Effekte des Rotkleeanbaus wie Bodenschutz, Erosionsschutz und Humusbildung sind bedingt durch die Mehrjährigkeit und die tiefe Durchwurzelung des Rotklees, sowie die N-Fixierung der Knöllchenbakterien.

Beim Anbau von Rotklee in Reinsaat empfiehlt es sich, Anbaupausen von 4 bis 7 Jahren einzuhalten. Gründe hierfür sind bodenbürtige, kulturartspezifische Krankheiten wie u. a. Sclerotinia trifolium (Kleekrebs) und Erreger des Fusarium-Welke-Komplexes, sowie Stängelnematoden (Ditylenchus dipsaci). Beim Anbau von Rotkleegras verringert sich die erforderliche Anbaupause aufgrund der geringeren Rotkleekonzentration auf 3 bis 4 Jahre.

Sclerotinia trifolium kann die Rotkleepflanze komplett zerstören. Die im Stängel gebildeten Sklerotien verbleiben nach der Ernte auf dem Acker und überdauern. Bei andauernder Bodenfeuchte und erhöhten Bodentemperaturen keimen die Sklerotien und bilden Fruchtkörper an der Bodenoberfläche. Auf den Apothezien keimen Sporen, die dann durch Wind den neuen Rotkleebestand infizieren können. Betrachtet man die Anfälligkeit für Sclerotinia im aktuellen Sortiment der Bundessortenliste (Abb. 2), fällt auf, dass eine Verbesserung in den neueren Sorten seit 1990 zu finden ist. Auffällig ist auch, dass der Großteil der Sorten mit geringer Anfälligkeit tetraploid ist.

Abb. 2.  Rotkleeanfälligkeit für Sklerotinia im Sortiment der Bundessortenliste.

Abb. 2. Rotkleeanfälligkeit für Sklerotinia im Sortiment der Bundessortenliste.

Bei dem Fusarium-Welke-Komplex handelt es sich um mehrere Erreger. Stress, Nährstoffmangel, Trockenheit sowie zu häufiger Schnitt können den Befall fördern.

Stängelnematoden sind bisher hauptsächlich in Bayern aufgetreten und sind auf den intensiveren Rotkleeanbau zurückzuführen. Mit Hilfe eines Gewächshaustestes kann auf Resistenzen gegen Stängelnematoden getestet werden, und es wurde bisher eine Sorte vom Bundessortenamt getestet und mit erhöhter Resistenz zugelassen.

Eine weitere wichtige Krankheit, die aufgrund des Klimawandels in Europa an Bedeutung gewinnt, ist der Stängelbrenner (Colletotrichum / Anthraknose). Dieser Pilz bevorzugt warmes Wetter und ist in Australien und den USA heimisch. Durch Züchtung ist eine Verbesserung der Resistenz möglich, wodurch sich hier aktuell ein neues Zuchtziel in der europäischen Rotkleezüchtung auftut.

Ebenfalls an Bedeutung gewinnt das Kleespitzmäuschen (Protapion apricans), ein Rüsselkäfer, der seine Eier in die Blüten des Rotklees legt. Den Schaden verursachen die Larven in Saatgutvermehrungen, da sie an der Samenanlage fressen und den Saatgutertrag mindern. Im Rahmen eines Projektes der Universität Århus (DK) und des DLG-Ausschusses für Gräser, Klee und Zwischenfrüchte wurde an der Universität Kiel (Prof. Dr. U. Wyss) ein Film über das Kleespitzmäuschen gedreht. In Nahaufnahmen werden die Entwicklungsstadien des Rüsselkäfers dokumentiert.

Zuchtziele

Aus den genannten Anforderungen aus der Praxis ergeben sich die Zuchtziele für den Züchter. Oberstes Ziel ist stets Ertrag, gefolgt von Ertragsstabilität. Ertragsstabilität setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen, wie Winterfestigkeit und Ausdauer sowie Krankheitsresistenzen. Hier sind vor allem die bereits genannten Krankheiten Kleekrebs, Stängelbrenner sowie der Fusarium-Welke-Komplex zu nennen, als auch Mehltau und Stängelnematoden. Weitere Zuchtziele sind eine geringe Lagerneigung sowie ein hoher Rohproteingehalt, wodurch gute Erntebedingungen bei hoher Futterqualität erreicht werden. Ein Zuchtziel, das weniger für den Landwirt als für den Saatgutproduzenten von Bedeutung ist, ist der Samenertrag. Hier fallen besonders die tetraploiden Rotkleesorten ins Auge, die häufig einen geringeren Samenertrag aufweisen. Eine frühzeitige Selektion auf Samenertrag innerhalb des Züchtungsprozesses ist hier besonders wichtig, zumal die tetraploiden Sorten durch hohe Erträge, gute Kleekrebsresistenzen, gutes Konkurrenzverhalten im Gemenge und hohe Futterwerte positiv auffallen.

Unter dem Themenkomplex Futterqualität ist beim Rotklee besonders die Proteinqualität von Bedeutung. Pansenstabiles Protein ist ein wichtiger Baustein in der Fütterung, wobei die Pansenstabilität z. B. bei Soja durch Rösten erreicht wird. Hierdurch wird der Anteil an dünndarmverfügbarem Protein signifikant erhöht. Somit kann die Stickstoff-Nutzungseffizienz erhöht werden. Diese Pansenstabilität kann für das Protein in verschiedenen Kleearten durch sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe erreicht werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass im Hornklee der Effekt durch kondensierte Tannine erreicht werden kann, im Rotklee sind es Polyphenoloxidasen (PPO), spezifische Enzyme, die durch Komplexbildung das Rohprotein vor dem ruminalen Abbau schützen. In einem Gemeinschaftsprojekt der Universität Kiel mit der Saatzucht Steinach und der Norddeutschen Pflanzenzucht wird seit 2007 versucht, ein Routineverfahren zur Messung der PPO-Aktivität in Rotklee zu etablieren. Weiterhin ist es Ziel des Projektes, Sortenunterschiede aufzuzeigen und Referenzsorten zu definieren. Bisher konnte u. a. festgestellt werden, dass Sortenunterschiede bestehen und demnach eine Selektion auf höhere PPO-Gehalte möglich ist. Weiterhin wurde der Einfluss von mechanischem Stress auf die PPO-Gehalte untersucht. Bei Stress wurden erhöhte Gehalte gefunden, was auf die Bildung von Polyphenoloxidasen als Abwehrreaktion der Pflanze bei Beschädigung z. B. durch Insekten oder Herbivoren zurückzuführen ist. Das Projekt wird weitergeführt und soll letztendlich eine Züchtung auf Rotkleesorten mit einem hohen Anteil pansenstabilem Protein und folglich hohem Futterwert ermöglichen.

Zurzeit sind in Deutschland 27 Rotkleesorten zugelassen, von denen 14 diploid und 13 tetraploid sind. In den vergangenen Jahren wurden 1 bis 2 Sorten pro Jahr zugelassen. Rotkleezüchter in Deutschland sind die Saatzucht Steinach, sowie die Norddeutsche Pflanzenzucht. Weitere Rotkleezüchter finden sich in Tschechien (Agrogen, Hladke Zivotizce) und in Schweden, wobei es sich bei SW-Seeds um Spätklee handelt, der nur einmal genutzt wird. Im Vergleich zu den Vereinigten Staaten und Übersee hat die Züchtung von Rotklee in der privaten Züchtung in Europa eine eher geringe Bedeutung. Dadurch haben einzelne staatliche Züchtungsinstitute den Rotklee in ihre Züchtungsprogramme mit aufgenommen, wie z. B. in Frankreich (INRA), Belgien (ILVO) und in der Schweiz (Agroscope Zürich).


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
Verlag
Eugen Ulmer KG
Ulmer-Logo
Verantwortlicher Herausgeber
Präsident und Professor
Prof. Dr. Frank Ordon
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Schriftleitung
Dr. Anja Hühnlein
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
E-Mail: journal-kulturpflanzen@julius-kuehn.de
Co-Schriftleitung
Dr. Ulrike Stahl
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Layout/Technische Umsetzung
mediaTEXT Jena GmbH
mediaTEXT-Logo
Julius Kühn-Institut (JKI)
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
 
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Deutschland
Fon: 03946 47-0
Fax: 03946 47-255
Mail: poststelle@julius-kuehn.de
De-Mail: poststelle@julius-kuehn.de-mail.de
Impressum
 
Diese Zeitschrift wird vom Julius Kühn-Institut herausgegeben.
JKI-Logo