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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Anbau und Züchtung von Leguminosen in Deutschland – Sachstand und Perspektiven, Fachgespräch im Julius Kühn-Institut, 21./22. April 2009 in Braunschweig – Bericht

Cultivation and Breeding of Legumes in Germany – Current Status and Perspectives, Expert Discussion at the Julius Kühn Institute, 21-22 April 2009, Braunschweig (Germany) – Report

Peter Wehling
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Züchtungsforschung an landwirtschaft­lichen Kulturen, Quedlinburg

Journal für Kulturpflanzen, 61 (9). S. 359–364, 2009, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2009.09.11, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Peter Wehling, Julius Kühn-Institut, Institut für Züchtungsforschung an landwirtschaftlichen Kulturen, Rudolf-Schick-Platz 3a, OT Groß Lüsewitz, 18190 Sanitz, E-Mail: peter.wehling@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Juli 2009

Zusammenfassung

An dem Fachgespräch nahmen mehr als 60 Akteure aus Agrarforschung, Sortenzüchtung, Interessenverbänden und dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) teil. Als Grundlage des Fachgesprächs dienten 11 Übersichtsvorträge zu verschiedenen landwirtschaftlich genutzten, legumen Fruchtarten aus den Bereichen Züchtung, Pflanzenbau, Agrarwirtschaft und Pflanzenschutz. Zehn der Übersichtsvorträge sind im vorliegenden Themenheft von den Autoren zusammenfassend wiedergegeben. Das Fachgespräch verdeutlichte, dass einerseits der Anbau von Leguminosen eine Reihe von agrar­ökologischen – aber auch betriebswirtschaftlichen – Vorteilen mit sich bringt, die zum Teil auch im Hinblick auf Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel relevant sind. Andererseits zählen angesichts kontinuierlich zurückgehender Anbauflächen insbesondere die Körnerleguminosen – Ackerbohne, Körnererbse und Lupine – mittlerweile zu den gefährdeten Kulturarten in der deutschen Landwirtschaft. Die vielfältigen Ursachen für diese Entwicklung und ihre Zusammenhänge wurden in dem Fachgespräch intensiv diskutiert und sind im folgenden Bericht in Form einer SWOT-Analyse zusammengefasst. Dringender Handlungsbedarf wurde auf den Gebieten der Züchtungs- und Pflanzenbauforschung, der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Körnerleguminosen sowie hinsichtlich eines integrativen Ansatzes für Kommunikation und Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette identifiziert.

Stichwörter: Körnerleguminosen, Ackerbohne, Körnererbse, Lupine, Sojabohne, Rotklee, Klimawandel, Züchtung, Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Wertschöpfungskette

Abstract

The Expert Discussion was attended by more than 60 stakeholders from agricultural research, plant breeding, associations and the Federal Minstry of Food, Agriculture and Consumer Protection (BMELV). The discussion was based on a total of 11 survey lectures on various legumes, with a focus on grain legumes, with regard to plant breeding, crop production, agricultural economy and plant protection. Ten of these presentations are summarised by the authors in the present special issue of the Journal of Cultivated Plants. The Expert Discussion made clear that on the one hand, the growing of legumes brings about a number of agroecological as well as economical benefits some of which are relevant with regard to climate protection and adaptation to the ongoing climate change. On the other hand, the continuously decreasing acreages of grain legumes – faba bean, pea and lupin – demonstrate that meanwhile, sustainability of the growing and breeding of these crop species in Germany's agriculture is imperilled. The manifold reasons for this negative development and their interactions were intensively discussed at the expert meeting and are summarised as a SWOT analysis in the present report. Urgent need of action was identified with regard to breeding and crop research, to the authorisation of plant-protection products for their use in grain legumes, as well as to an integrated approach to communication and cooperation throughout the value-added chain.

Key words: grain legumes, faba bean, pea, lupin, soybean, red clover, climate change, plant breeding, crop production, plant protection, value-added chain

Einleitung

Das Fachgespräch verdeutlichte zweierlei:

Erstens zeigt die große Resonanz, auf welche die Veranstalter bei der Vorbereitung des Fachgesprächs stießen, dass trotz kontinuierlich zurückgehender Anbauflächen der Hülsenfrüchte das Interesse von Fachverbänden, Forschung und Politik in Deutschland an der Nutzung von Leguminosen in der Landwirtschaft immer noch lebhaft ist. Somit scheint zumindest in ideeller Hinsicht ein erhebliches Potenzial vorhanden zu sein, welches dazu genutzt werden könnte, dem Anbau von Leguminosen in Deutschland auch langfristig eine Zukunft zu geben. Dies setzt voraus, dass in Deutschland produzierte Leguminosen auch einen relevanten Stellenwert innerhalb der Wertschöpfungskette erringen. Das Fachgespräch mit seiner Fokussierung auf Anbau und Züchtung konnte und wollte indessen keinen Anspruch erheben, in zwei halben Veranstaltungstagen die gesamte Wertschöpfungskette bei Leguminosen abzubilden. Die Einbeziehung der weiteren Partner in dieser Wertschöpfungskette – z.B. der Handel und dessen Kunden – ist künftigen Veranstaltungen vorbehalten.

Zweitens verdeutlichte die Veranstaltung in eindringlicher Weise, dass die aktuelle Entwicklung im Anbau von Leguminosen einer Abwärtsspirale gleicht, bei welcher der Rückgang der Anbau- und Vermehrungsflächen einerseits und schwindendes Interesse von Landwirten, Mühlen und weiteren Partnern der Wertschöpfungskette andererseits sich in einer positiven Rückkopplung gegenseitig bedingen und verstärken – und die zu durchbrechen ein planvolles, aufeinander abgestimmtes Handeln der Interessenträger entlang der Wertschöpfungskette erfordert.

Das Fachgespräch war in die Handlungsfelder 'Ökonomie und Markt', 'Pflanzenbau und Pflanzenschutz' und 'Züchtung' gegliedert. Als legume Fruchtarten fanden Ackerbohne, Blaue Süßlupine, Körnererbse, Rotklee und Sojabohne Berücksichtigung. Im Folgenden werden die Beiträge, deren Diskussionen sowie die abschließende Diskussion resümierend dargestellt.

Präsentationen und Einzeldiskussionen

Aus den Beiträgen der Referenten und den Diskussionen dazu ergibt sich das folgende Bild zum Leguminosenanbau in Deutschland, welches hier tabellarisch als SWOT-Analyse wiedergegeben ist (Abb. 1).

Abb. 1. Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken im Anbau und in der Nutzung von Körnerleguminosen in Deutschland.

Abb. 1. Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken im Anbau und in der Nutzung von Körnerleguminosen in Deutschland.

Zusammenfassend ergab sich aus den Beiträgen und deren Diskussion der folgende Forschungsbedarf (Abb. 2).

Abb. 2. Aktueller Forschungsbedarf bei Körnerleguminosen.

Abb. 2. Aktueller Forschungsbedarf bei Körnerleguminosen.

Abschließende Diskussion – Handlungsbedarf und Handlungsoptionen

Wie kann die Stellung der Leguminosen in der deutschen Landwirtschaft gestärkt werden? Zusammenfassend wurde Handlungsbedarf auf den folgenden Ebenen identifiziert:

• Aktivierung der Wertschöpfungskette einschließlich des Rohstoffhandels

• Ertrags- und Qualitätssicherung im Anbau

• Information und Kommunikation auf fachlicher und gesellschaftlicher Ebene

Aktivierung der Wertschöpfungskette einschließlich des Rohstoffhandels

Während der Ökologische Landbau mit 30% aller angebauten Körnerleguminosen den Schwerpunkt des Körnerleguminosen-Anbaus in Deutschland darstellt, ist die Präsenz dieser Fruchtarten im deutschen Agrarsektor insgesamt nicht ausreichend, um eine Nachhaltigkeit in der Verfügbarkeit konkurrenzfähiger Körnerleguminosen gewährleisten zu können. Um eigenständige, lebensfähige Marktsegmente für Körnerleguminosen erschließen zu können, müssen strukturelle Probleme mit wichtigen Gliedern der Wertschöpfungskette koordiniert angesprochen und „kritische Massen“ an Rohstoff (Erntegut) vorgehalten und angedient werden (s. Beitrag M. Specht). Wichtig hierbei ist die Einbeziehung der abnehmenden Hand (Handel), um den Absatz der Ware zu gewährleisten. Als konkretes Beispiel, wie eine solche Aufgabe in Angriff genommen werden kann, wurde der Wachstumskern "PlantsProFood" (s. Beitrag F. Eickmeyer) angeführt. Dieser Wachstumskern formiert sich gegenwärtig in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Ziel, Züchtungsforschung, Sortenzüchtung, Landwirte, Mühlen, Verfahrenstechnik, Anlagenbau und Lebensmittelproduzenten (Wurst-, Back-, Teigwaren, Feinkost) zu einem Kompetenznetz zusammenzuführen, um spezifische Proteinfraktionen der Blauen Süßlupine als Food Ingredients in die Wertschöpfungskette der Lebensmittelindustrie einzuführen und dort als Alternative zu tierischem Eiweiß zu etablieren. Nach Auskunft des beteiligten Lupinenzüchters war es im Umfeld dieses Wachstumskerns kein Problem, Landwirte zu finden, die sich über einen vertraglich geregelten Lupinenanbau an der Rohstoffversorgung des Vorhabens beteiligen wollen. Ein weiteres Beispiel, wie der Handel für bestimmte Produkte erschlossen werden kann, bietet das Umweltprogramm von Nordrhein-Westfalen. Der als drittes Beispiel angeführte Sojabohnen-Anbau, der sich in Süddeutschland seit einigen Jahren – von niedrigem Niveau aus – stetig wachsender Anbauflächen erfreut (Vortrag V. Hahn), nimmt eine Sonderstellung ein. Hier trafen Bestrebungen, eine deutsche Sojabohnen-Züchtung aufzubauen, auf bereits gewachsene Strukturen, wie z.B. einen Soja-Förderring, eine Tofu-Fabrik als Rohware-Abnehmer und Versuchsstationen für Züchtungsforschung und Sortenzüchtung. Diese Strukturen ermöglichten es, einen auf den Premium-Sektor (Humanernährung, GVO-Freiheit) gerichteten Anbau von Sojabohnen in Süddeutschland zu realisieren.

Ertrags- und Qualitätssicherung im Anbau

Voraussetzung für die Produktion kritischer Rohstoffmengen ist die Gesunderhaltung der Leguminosen-Bestände zur Sicherung ausreichender Naturalerträge und Erntequalitäten. Ein wegweisender Vorschlag, dies zu erreichen, definiert kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen:

Eine kurzfristige Maßnahme, die sehr schnell ergriffen werden muss, um ein weiteres Wegbrechen des Leguminosenanbaus zu verhindern, ist das Schließen von Indikationslücken im chemischen Pflanzenschutz (s. Beitrag W. Heidel). Als vorrangig in diesem Zusammenhang wurde die Zulassung von Beizmitteln (Thiram) sowie Herbiziden in Körnerleguminosen erkannt. So laufen bei Fungiziden für 10 von insgesamt 19 für Leguminosen zugelassenen Mitteln die Zulassungen im Laufe des Jahres 2009 aus; unter den für Leguminosen zugelassenen Herbiziden laufen für 12 Mittel die Zulassungen bis Ende 2010 bzw. 2011 aus (Quelle: M. Wick, JKI). Die mangelnde Verfügbarkeit von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln ist nicht nur von akuter Relevanz für die Ertrags- und Qualitätssicherung im Erwerbsanbau, sondern stellt auch das Landessortenversuchswesen mit seiner Aufgabe, fachlich fundierte, unverzerrte Daten für die landwirtschaftliche und politische Beratung zu liefern, vor zunehmende Probleme (s. Beitrag Ch. Guddat). Im Hinblick auf das Schließen von Indikationslücken zu berücksichtigen ist allerdings der für die ökonomisch „kleinen“ Leguminosen nicht unerhebliche finanzielle Aufwand, der vor allem im Rahmen der Metabolit-Analyse anfiele. Hier ist über Kostenerleichterungen für Antragsteller von Zulassungen in diesem Segment nachzudenken. Neben der Schließung von Indikationslücken sollten auch die Möglichkeiten zonaler Zulassungen geprüft werden. Die Wirksamkeit von Beizmitteln wird allerdings nach wie vor auf die Verwendung zertifizierten Saatguts angewiesen sein. Der hohe Anteil an Nachbau-Saatgut bei Körnerleguminosen (s. Beitrag O. Sass) erschwert im konventionellen Pflanzenbau einen effizienten Pflanzenschutz zusätzlich.

Als mittelfristige Maßnahme ist die Erstellung von Befallsprognose-Modellen für ausgewählte Pathogene zu nennen. Als Beispiel kann die Erarbeitung eines Entscheidungshilfesystems (SIMCOL) zur Optimierung der Bekämpfungsstrategie für die Anthraknose (Colletotrichum lupini) der Blauen Lupine dienen, die gemeinsam mit der UFOP bei der Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP) läuft.

Langfristig müssen zur Gewährleistung der Pflanzengesundheit im Leguminosenanbau die Züchtungsforschung und Pflanzenzüchtung sowie der Pflanzenbau durch Bereitstellung krankheits- und schädlingsresistenter Sorten bzw. Entwicklung phytosanitär optimierter Fruchtfolgesysteme (s. Beitrag H. Böhm) Beiträge leisten. Neben der Erschließung genetischer Ressourcen für neue Resistenzgene, welche – etwa im Hinblick auf die Anthraknose-Resistenz bei der Blauen Lupine – vielversprechende Ansätze aufweist, wurde auch die züchterische Mobilisierung von Inhaltsstoffen als „natürlichen Pflanzenstärkungsmitteln“ angesprochen, die, wie z. B. das Vicin oder Tannin bei der Ackerbohne (s. Beitrag W. Link), eine natürliche fungizide Wirkung entfalten können, indessen zum Teil auch antinutritive Eigenschaften aufweisen und daher züchterisch gezielt auf Minimalwerte gesenkt worden sind. Während der Pflanzenzüchtung somit eine Schlüsselrolle für die Förderung der landwirtschaftlichen Nutzung von Leguminosen zukommt, ist zu konstatieren, dass durch das Zurückfahren von Zuchtprogrammen in Deutschland und Europa der mittelfristige Züchtungsfortschritt bei Körnerleguminosen gefährdet ist (s. Beitrag O. Sass).

Information und Kommunikation auf fachlicher und gesellschaftlicher Ebene

Ein Faktor, dem bei der Förderung des Anbaus von Hülsenfrüchten in Deutschland eine Schlüsselfunktion zukommt, ist die Intensivierung der Kommunikation der Stärken und Chancen, aber auch der Schwächen und Risiken (s. SWOT-Analyse) auf fachlicher und gesellschaftlicher Ebene.

Auf fachlicher Ebene besteht das Problem, dass im konventionellen Landbau Produktionsverfahren zu Hülsenfrüchten derzeit weder in der Praxis noch in der landwirtschaftlichen Beratung genügend bekannt sind; es fehlt das lebendige, praktizierte Know-how. Daher können die Landwirte kaum motiviert werden, Leguminosen anzubauen. Ansatzpunkte, in dieser Hinsicht Verbesserungen zu erreichen, müssen sehr weit vorn, nämlich bei der Ausbildung von künftigen Landwirten und Beratern, lokalisiert sein. Einen Ansatz in diese Richtung stellt die Ausbildung an der Fachhochschule Südwestfalen dar, wo den Studenten die betriebswirtschaftlichen Besonderheiten und Vorzüge des Leguminosenanbaus vermittelt werden. Anregungen zur entsprechenden Anpassung der Ausbildungsinhalte können und sollten darüber hinaus aus der Ausbildungspraxis für Landwirte und Berater mit Spezialisierungsrichtung „Ökologischer Landbau“ aufgegriffen werden, wo der Körnerleguminosen-Anbau fester Bestandteil der Curricula ist.

Im Rahmen der Kommunikation auf fachlicher Ebene ist es von besonderer Bedeutung, die ökonomische Bewertung des Leguminosenanbaus vom Kopf auf die Füße zu stellen. Hierzu zählt vor allem ein fairer Vergleich der Deckungsbeiträge zwischen Hülsenfrüchten einerseits und konkurrierenden Fruchtarten andererseits, um zu vermeiden, dass etwa eine Hülsenfruchtart wie die Blaue Lupine, die derzeit auf weniger als 20 000 ha oft auf marginalen, für andere Fruchtarten nicht mehr geeigneten Standorten angebaut wird, sich in ihrem Deckungsbeitrag mit Hauptfruchtarten gegenübergestellt sieht, die auf der vielfachen Fläche guten bis besten Ackerbodens bestellt werden. Von besonderer Bedeutung für eine faire Bewertung des Leguminosenanbaus ist es indessen, dass sich die Berechnung der Wirtschaftlichkeit nicht nur auf den Deckungsbeitrag des Anbaus legumer Fruchtarten per se beschränkt, sondern übergreifende Aspekte wie Vorfruchtwerte für nachfolgende Kulturen, bodenverbessernde Wirkung, verminderter Investitionsgrad des Betriebsvermögens in den Maschinenpark, etc. mit einfließen lässt (s. Beitrag B.C. Schäfer). Wie eine Fallstudie der Fachhochschule Südwestfalen zeigt, ermöglicht eine Berücksichtigung solcher Faktoren eine umfassendere Bewertung der betriebswirtschaftlichen Vorzüglichkeit des Leguminosenanbaus, die der betrieblichen Realität näher kommt und zu einem wesentlich positiveren Fazit als die isolierte Betrachtung des Deckungsbeitrags gelangen kann.

Neben der Ausbildung müssen Anreize für die Landwirte gesetzt werden. Neben direkten Anreizen (z. B. Mindestpreise, Abnahmegarantien) sind dies auch politische Rahmenbedingungen, die z. B. über Cross Compliance, Modulation und Beihilfen gesetzt werden könnten, mit denen der Beitrag zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit, welchen der Landwirt mit dem Anbau von Leguminosen liefert, honoriert wird. Dieser Beitrag muss allerdings noch deutlicher als bislang zu den politischen Entscheidungsträgern kommuniziert werden.

Neben der fachlichen Ebene muss die Kommunikation daher auch auf gesellschaftlicher und politischer Ebene intensiviert werden, um die „harten“ und die „weichen“ Vorzüglichkeitsaspekte des Leguminosenanbaus im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Hier sind mehrere Argumentationsstränge zu berücksichtigen:

• Unter dem Eindruck steigender Energie- und Düngerpreise sowie fortschreitenden Klimawandels kann die Förderung von Leguminosen mit deren günstigen agrarökologischen Eigenschaften (s. v. a. Beiträge H. Böhm, C. Weimar, G. Rühl) – N-Fixierung, z. T. hohes Phosphataufschlussvermögen, gute Vorfruchtwerte und Bodengare, z. T. gute Anpassung an leichte, trockene Standorte, Bienen- und Insektenweide – einen wesentlichen Anteil jenes Beitrags darstellen, den die Landwirtschaft zur Vermeidung von klimarelevanten Emissionen, zur Anpassung der Pflanzenproduktion an den Klimawandel, zum Schutz der biologischen Vielfalt und zum Wechsel von einer auf fossile Ressourcen abhängigen Landwirtschaft zu einer auf erneuerbaren Ressourcen zurückgreifenden, wissensbasierten und resilienten Bioökonomie leisten muss.

• Das Protein von Hülsenfrüchten ist ernährungsphysiologisch hochwertig und weist z. T. hervorragende Verarbeitungseigenschaften auf. Die (potenzielle) Bedeutung landwirtschaftlich angebauter Hülsenfrüchte sollte daher künftig nicht nur für den Bereich Futterpflanzen (wo sie derzeit im ungleichen Wettbewerb mit anderen Fruchtarten steht) dargestellt, sondern auch auf den Lebensmittel-Bereich projiziert werden, wo ausgewählte Proteinfraktionen von Leguminosensamen für Hersteller und Verbraucher attraktive Food-Ingredients liefern könnten. Zudem wird gegenwärtig durch die Ernährungsforschung zunehmende wissenschaftliche Evidenz für die gesundheitlich günstige Wirkung von Protein- und Faseranteilen bestimmter Hülsenfrüchte (Lupine) in der Diät akkumuliert, so dass die Möglichkeit von health claims – und damit von Premium-Produkten – in sichtbare Nähe gerückt ist.

• Als weiterer Argumentationsstrang wurde die Betonung weicher – indessen potenziell verbraucherrelevanter – Aspekte vorgeschlagen, z.  B. GVO-Freiheit und Regionalität der Erzeugung, welche die Körnerleguminosen herausheben und wiederum zur Deklaration von Premium-Eigenschaften genutzt werden könnten.

Zusammenfassend verdeutlichte die Diskussion, dass entlang der Wertschöpfungskette mehrere Ansatzpunkte koordiniert in Angriff zu nehmen sind, um den Anbau von Leguminosen in Deutschland zu unterstützen und nachhaltig zu stabilisieren. Ein wichtiges abschließendes Ergebnis der Diskussion besteht darin, dass Handlungsoptionen zur Förderung des Leguminosenanbaus in Deutschland und Aufgabenverteilung unter den beteiligten Partnern in einem Konzeptpapier dargestellt werden sollen. Hierzu wird sich eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der UFOP (inkl. Handel), GFP und Ressortforschung formieren, die, ggf. unterstützt durch weitere Fachgespräche und Workshops zu spezifischen Handlungsfeldern und unter Berücksichtigung der bislang in diesem Zusammenhang bereits geleisteten Vorarbeiten, einen Konzeptentwurf erstellen wird.

Danksagung

Der Berichterstatter dankt Frau Cordula Gattermann, JKI-Leitung, für die wertvolle Mithilfe bei der Dokumentation der Diskussion und Dr. Mario Wick, JKI-Institut für Strategien und Folgenabschätzung im Pflanzenschutz, sowie Dr. Holger Beer, JKI-Leitung, für die Überlassung von Daten zur Pflanzenschutzmittel-Zulassung. Besonderer Dank gilt den Referenten für ihre kritische Durchsicht des Berichtsmanuskriptes.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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