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Originalarbeit

Neuer Schadorganismus an Apfel und anderen Gehölzen in Deutschland: Risikobewertung zu Saperda candida

New pest damaging apples and other woody plants in Germany: Pest Risk Assessment on Saperda candida

Hella Kehlenbeck, Peter Baufeld und Gritta Schrader
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit, Kleinmachnow und Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 61 (11). S. 417–421, 2009, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2009.11.04, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Hella Kehlenbeck und Dr. Peter Baufeld, Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, Deutschland, E-Mail: hella.kehlenbeck@jki.bund.de; peter.baufeld@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
August 2009

Zusammenfassung

Der Rundköpfige Apfelbaumbohrer, Saperda candida, trat im Juli 2008 erstmals in Europa in Schleswig-Holstein auf der Insel Fehmarn in den Ortsteilen Johannisberg und Mattiasfelde auf. 2009 wurden drei tote und ein lebender Käfer an einem Weißdorn im Befallsgebiet festgestellt. Der Einschleppungsweg ist nicht abschließend geklärt, es wird jedoch vermutet, dass die Einschleppung mit aus Nordamerika importierten, befallenen Apfelbäumen erfolgte. Diese Bockkäferart, die insbesondere Apfelbäume, alle relevanten Baumobstarten und auch andere Gehölze wie Eberesche, Weiß- und Rotdorn, Zwergmispel und Felsenbirne befällt, kann durch den Bohrfraß der Larven in den Leitungsbahnen und im Holz einzelne Bäume aber auch ganze Apfelanlagen zum Absterben bringen. Die klimatischen Gegebenheiten in Deutschland sind mit jenen im Ursprungsgebiet des Schadorganismus (östliches Nordamerika und Kanada) vergleichbar. Auf Fehmarn hat bereits eine Vermehrung des Käfers stattgefunden. Da außerdem überall in Deutschland Wirtspflanzen weit verbreitet sind und der Apfelbaumbohrer auch gesunde Bäume befällt, wird das Risiko durch S. candida als hoch eingestuft. Sowohl im erwerbsmäßigen Apfelanbau als auch in Privatgärten, an Straßenbäumen oder Landschaftsgehölzen können die Schäden durch S. candida erheblich sein. Als Gegenmaßnahmen kommen Vorbeugungs- und Bekämpfungsmaßnahmen, wie der Einsatz feinmaschiger Netze, die Vernichtung befallenen Pflanzenmaterials, die Entfernung von Wildwirten in der Nähe von Apfelanlagen, das Einstreichen der Stämme mit Latex/Wasser-Mischungen zur Verhinderung der Eiablage oder aber der Einsatz wirksamer Insektizide in Frage.

Stichwörter: Pflanzengesundheit, Saperda candida, Rundköpfiger Apfelbaumbohrer, Risikobewertung, PRA, Apfel, Gehölze, Schaden

Abstract

In July 2008 the round-headed apple tree borer, Saperda candida, occurred for the first time in Europe in Schleswig-Holstein on the island of Fehmarn in the districts Johannisberg and Mattiasfelde. In 2009 three dead and one living beetle were detected on a Crataegus in the infested area. The pathway has not yet been finally clarified, however, it is suspected that the introduction occurred in the course of the importation of infested apple trees from Northern America. This longhorn beetle species which especially affects apple trees, all relevant tree fruit species (Cydonia, Prunus, Pyrus) and also other woody plants like Amelanchier, Aronia, Cotoneaster, Crataegus and Sorbus, can cause dieback of single trees but also of complete apple tree plantings by the larvae boring galleries in the vessels and in the wood. The climatic conditions in Germany are comparable to those in the areas of origin of the pest (Eastern parts of Northern America and Canada). On Fehmarn the beetle has already reproduced. Since host plants are widely distributed throughout Germany and the round-headed apple tree borer also affects healthy trees the risk caused by S. candida is classified as high. In commercial apple growing as well as in private gardens, on roadside or landscape trees the damage caused by S. candida may be significant. Plant protection measures could be preventive and control measures, e. g. the use of fine-meshed nets, the destruction of infested plant material, the removal of wild host plants close to apple tree plantings, the painting of the stems with Latex/water-mixtures for preventing oviposition or the use of effective insecticides.

Key words: Plant health, Saperda candida, round-headed apple tree borer, pest risk assessment, PRA, apple trees, woody plants, damage

Einleitung

Im Juli 2008 wurde Saperda candida (Fabricius) auf der Insel Fehmarn in den Ortschaften Johannisberg und Mattiasfelde (Schleswig-Holstein) an Stämmen von Sorbus intermedia (Straßenbäume), Apfelbäumen in einem Privatgarten sowie Crataegus im privaten und öf­fentlichen Grün festgestellt. Zur Einschätzung der Bedeutung dieses bisher nicht in Europa vorgekommenen Käfers wurde eine pflanzengesundheitliche Risikoanalyse veranlasst, deren Ergebnisse hier dargestellt werden.

Wissenschaftlicher Name und Taxonomie

Klasse:

Insecta

Ordnung:

Coleoptera

Familie:

Cerambycidae (Bockkäfer)

Gattung:

Saperda

Art:

candida

Subspecies:

Saperda candida candida (round-headed apple tree borer) und Saperda candida bipunctata (Saskatoon borer), beide gültig

Trivialname

Der Bockkäfer hatte bisher keinen deutschen Namen und wird nunmehr als Rundköpfiger Apfelbaumbohrer bezeichnet. Diese Bezeichnung geht auf den US-amerikanischen Namen round-headed apple tree borer zurück. In Kanada wird die Art englisch „Saskatoon borer“ und französisch „Saperde du pommier“ bezeichnet.

Bekannte Befallsgebiete und mögliche Einschleppungswege nach Deutschland

Der Rundköpfige Apfelbaumbohrer kommt in den USA (insbesondere im Nordosten in Neuengland), in Kanada (Manitoba, Nova Scotia, Ontario, Quebec und Saskatchewan) und lokal begrenzt in Deutschland auf der Insel Fehmarn in Schleswig Holstein in den Orten Johannisberg und Mattiasfelde vor.

Die Einschleppungswege sind bisher noch nicht geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass eine Einschleppung mit importierten, befallenen Apfelbäumen aus Nordamerika erfolgte, da in einem Privatgarten an einem gepflanzten Apfelbaum einer historischen Sorte, die möglicherweise aus Nordamerika stammte, Befall festgestellt wurde.

Biologie

Die Entwicklungszeit des Käfers beträgt in den USA (New York) etwa zwei bis drei Jahre und in Kanada (Manitoba und Saskatchewan) rund drei Jahre. Seltener werden auch vier Jahre benötigt. Die ersten Käfer erscheinen in der Regel im Juni, wenn sie nachts die Ausbohrlöcher verlassen. Der Schlupf der Adulten zieht sich über einen Zeitraum von ca. vier Wochen. Die Paarung der Käfer beginnt bereits eine Woche nach deren Erscheinen. Im Juni und Juli erfolgt dann bis zum August die nächtliche Eiablage an jungen und vitalen Bäumen, bevorzugt an den Wucherungen der Veredelung von Apfelbäumen am Stammgrund. Die Weibchen, die etwa 40 bis 50 Tage leben, legen 30 bis 40 Eier immer einzeln ab, wobei sie eine kleine Vertiefung zwischen Rinde und Xylemgewebe nagen, in die das Ei gelegt wird. Das Ei wird anschließend durch ein gummiartiges Sekret abgedeckt. Nach 10 bis 25 Tagen, je nach Temperatur, schlüpfen die kleinen Larven. Sie fressen anfänglich an der inneren Rinde oder dem Kambiumgewebe, später wird das Tunnelsystem zunehmend erweitert und geht in das Holz. Das Genagsel der Larven befindet sich teilweise im Inneren der Fraßgänge, ein Teil wird aber hinaus gedrängt und befindet sich am Stammgrund. Am Ende der Larvenentwicklung fressen sich die Larven etwa mehrere Zentimeter nach oben um die Puppenkammer direkt unterhalb der Rinde anzulegen. Das letzte Larvenstadium (L 6) überwintert und verpuppt sich im Folgejahr von April bis Mai (USA, New York) über einen Zeitraum von 19 bis 30 Tagen. Die Adulten verbleiben noch 10 bis 14 Tage in der Puppenkammer, bevor sie das Ausbohrloch nagen und den Stamm verlassen. Die Käfer fliegen in der Zeit von Juli bis September und legen dabei in der Regel nicht mehr als etwa 9 m zurück. Als maximale Flugentfernung wurden 205,6 m festgestellt.

Wirtspflanzen und deren Vorkommen in Deutschland und Europa

Die bevorzugte Wirtspflanzengattung des Apfelbaumbohrers ist Malus (Apfel, auch Wildapfel). Befallen werden aber auch Prunus (Kirsche, Pflaume), Pyrus (Birne), Cydonia (Quitte), Sorbus (Eberesche, Mehlbeere, Vogelbeere), Crataegus (Weißdorn), Amelanchier (Felsenbirne), Cotoneaster (Zwergmispel) und Aronia (Kahle Apfelbeere oder Schwarze Eberesche). Sämtliche Wirtspflanzen sind in Deutschland und in Europa sehr weit verbreitet: Malus, Pyrus, Prunus und Cydonia werden im Erwerbs- wie auch im Privatobstanbau in großem Umfang kultiviert. Sorbus, Crataegus, Cotoneaster, Amelanchier sowie Zierformen von Malus und Prunus sind als Gehölze in Parks, Gärten, aber auch in der freien Landschaft sehr weit verbreitet. Damit ist bezüglich der Wirtspflanzen ein hohes Risiko für ganz Deutschland aber auch für Europa gegeben.

Symptome

Die Bohrlöcher der Larven sowie das rötlich-braune Genagsel, das aus kleinen Rindenöffnungen herab fällt und am Stammgrund der Apfelbäume zu finden ist, sind die auffälligsten Symptome von S. candida. Diese werden ab dem zweiten und dritten Befallsjahr mit zunehmender Larvengröße (Larvenstadium 6: 3,4 cm) und Schädigungsdauer sichtbar. Auffällig ist ein spärliches Blattwerk, bei dem die Blätter eine blasse Färbung aufweisen. Ein Befall über mehrere Jahre kann zum Absterben der Bäume führen oder zur mechanischen Zerstörung des Holzes. Die Fraßschäden der adulten Käfer in der Krone sind hingegen kaum auffällig.

Natürliche Ausbreitung

Wie bei Bockkäfern häufig üblich, erfolgt die natürliche Ausbreitung der Käfer nur über sehr kurze Distanzen durch die Flugaktivitäten der Käfer (ca. 9 m), wenn die Wirtspflanzen sich in der Nähe befinden. Die Käfer können jedoch auch etwas größere Entfernungen von etwa 200 m zurücklegen. Daher ist vermutlich von einer eher langsamen natürlichen Ausbreitung auszugehen, sofern genügend Wirtspflanzen für den Käfer in der näheren Umgebung verfügbar sind.

Erwartete Ansiedlung und Ausbreitung in Deutschland und Europa

In Deutschland sind die klimatischen Voraussetzungen für eine Ansiedlung und Ausbreitung des Käfers gegeben, da die befallenen Regionen der USA (Ostküste) und Kanadas (Ontario) klimatisch mit Deutschland vergleichbar sind. Auf der Insel Fehmarn hat zudem vermutlich eine Vermehrung stattgefunden, was das Vorhandensein geeigneter Bedingungen unterstreicht. Der Apfelbaumbohrer findet in Deutschland überall Wirtspflanzen vor. Eine Ausbreitung auf natürlichem Wege dürfte wegen der kurzen Flugdistanzen nur sehr langsam von statten gehen. Jedoch könnte eine schnelle, großräumige Verbreitung durch befallene, junge Bäumen erfolgen, wenn diese als Pflanzen zum Anpflanzen verbracht werden und S. candida als Ei, Larve, Puppe oder auch als adulter Käfer vorhanden ist.

Auch über Deutschland hinaus dürften in weiten Teilen Europas die klimatischen Voraussetzungen für eine Ansiedlung und Ausbreitung gegeben sein. Unklar ist aber noch, inwieweit dies auch für wärmere Regionen, wie beispielsweise den Mittelmeerraum oder den Balkan, zutrifft. Die Wirtspflanzen sind in Europa ebenfalls sehr weit verbreitet. Das Risiko einer Ansiedlung und Ausbreitung in Deutschland und Europa ist also als hoch anzusehen.

Schäden in Befallsgebieten

Die Käfer befallen gesunde Wirtsbäume. Dabei schädigen die Larven die Stämme durch Bohrfraß, anfänglich nur im Kambiumgewebe, später auch im Holz. Die Bäume können durch die Holzzerstörung sehr (Wind-) bruchempfindlich werden. Starker Befall, insbesondere über mehrere Jahre, kann zum Absterben älterer Bäume führen. Aber auch komplette neuangepflanzte Apfelanlagen können zerstört werden, da bereits ein bis zwei Larven einen jungen Apfelbaum zum Absterben bringen können. Apfelbäume aller Stärken werden befallen, wobei jedoch die 3- bis 10jährigen Bäume am meisten geschädigt werden. Bäume können durch Ringelung, hervorgerufen durch den Larvenfraß, zu übermäßiger Blüte und Fruchtbehang angeregt werden, um dadurch schließlich abzusterben. An Apfelbäumen werden besonders die Veredelungsstellen (bevorzugte Eiablage) durch den Bohrfraß geschädigt, was zu Minderertrag bis hin zum völligen Absterben der Bäume führen kann. Die Schäden variieren je nach Apfelsorte, Alter, Anpflanzung, Unterlage und Wachstumsbedingungen, so dass die Ertragausfälle bzw. Pflanzenschäden zwischen 5 und 100% liegen können.

Durch Insektizidapplikationen, wie in den USA, kann der Schädling unterhalb der Schadensschwelle gehalten werden. In den USA (New York) waren im 18. Jahrhundert S. candida und der Apfelwickler die bedeutendsten Schadorganismen am Apfel. Mit Hilfe der dann entwickelten und regelmäßig applizierten Insektizide musste der Apfelanbau nicht aufgegeben werden.

In Deutschland gab es aufgrund sofort ergriffener Maßnahmen (Vernichtung und Verbrennung des befallenen Pflanzenmaterials) und des lokal begrenzten Auftretens des Käfers bisher keine größeren Schäden mit Ausnahme der auf Fehmarn vernichteten Straßenbäume.

Gefährdetes Gebiet und erwartete Schäden

Deutschland ist insgesamt als gefährdetes Gebiet anzusehen, da die klimatischen Voraussetzungen gegeben sind und die Wirtpflanzen überall vorkommen.

Im Baumobstanbau (in Deutschland gab es 2008 rund 48 000 ha Baumobst und davon allein 31 800 ha Apfelanlagen (Statistisches Bundesamt) und bei einigen Straßenbäumen (wie Sorbus) sind ökonomische Schäden und höhere Pflanzenschutzaufwendungen zu erwarten. Starke Schäden können besonders bei Neuanpflanzungen von Obstbäumen (insbesondere Apfelanlagen) auftreten. Besonders gefährdet sind auch der Ökoobstanbau (nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren es 2007 in Deutschland rund 7000 ha) sowie Privatgärten.

Bei einer Etablierung von S. candida wären im Erwerbsobstbau zusätzliche Applikationen mit Insektiziden in der Zeit des Käferfluges von Juni bis September (ca. 90 Tage) erforderlich, da eine mögliche Bekämpfung durch die ohnehin stattfindende Apfelwicklerbekämpfung mit Calypso (Wirkstoff: Thiacloprid) den Käfer nicht ausreichend bekämpfen würde. Zwar dürfte der Wirkstoff noch eine hinreichende Wirkung gegen S. candida haben, jedoch deckt die Apfelwicklerbekämpfung höchstens einen Zeitraum von 14 oder 28 Tagen (einmalige oder maximal zweimalige Anwendung) ab. Bei geringem Apfelwickler-Auftreten wäre nicht einmal dieser Zeitraum sicher abgedeckt. Zudem sind Zulassungsfragen für Insektizide völlig ungeklärt. Für den Ökoobstanbau sowie in Privatgärten sind beträchtliche Schäden zu erwarten, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden (siehe Bekämpfbarkeit und Gegenmaßnahmen).

Auch in weiten Teilen Europas sind, ähnlich wie in Deutschland, erhebliche Schäden zu erwarten (nach EUROSTAT für 2007 200 644 ha Apfelanlagen (EU-15); laut ZMP Marktbilanz 2008 für 2006 rund 185 000 ha Bio-Obst (EU-27)).

Bekämpfbarkeit und Gegenmaßnahmen

In den USA wird der Rundköpfige Apfelbaumbohrer durch regelmäßige Insektizid-Spritzungen bekämpft. Die Stämme der Apfelbäume werden nach dem Blütenfall mit Insektiziden (z. B. Lorsban (Wirkstoff: Chlorpyrifos) und Thiodan (Wirkstoff: Endosulfan)) behandelt. Die Käferbekämpfung erfolgt dort beispielsweise mit Dursban (Wirkstoff: Chlorpyrifos) zwei Wochen nach dem Schlupf der Adulten während des Zeitraums ihrer Aktivität (von Juni bis September). In Kanada hingegen gibt es kein zugelassenes Insektizid gegen S. candida, was lokal zu starken Schäden führen kann. Dort werden befallene Bäume entfernt und vernichtet. Auch Wildwirte wie Crataegus und Sorbus werden aus der Umgebung von Apfelanlagen entfernt. Baumstämme (oder auch ganze Bäume) werden ab Mai mechanisch gegen die Eiablage mit feinmaschigen Netzen geschützt. In Privatgärten werden die Larven nach dem Anschneiden befallener Stellen mechanisch abgetötet. In Kanada sollen zudem durch das Streichen der Stämme mit einer Mischung aus 50% weißem Latex und 50% Wasser die Adulten von der Eiablage abgehalten werden. Dadurch werden gleichzeitig auch die Ausbohrlöcher des Käfers besser erkennbar.

Das Fällen befallener Bäume, die anschließend vor Ort verbrannt oder gehäckselt (< 1 cm) werden, ist als wichtige Maßnahme bei lokalen Ausbrüchen zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung anzusehen und wird daher als Sofortmaßnahme empfohlen. Zusätzlich ist im Umkreis von 2 km um die Befallsbäume ein Monitoring des Schadorganismus erforderlich. In Deutschland haben sich Spechte als Prädatoren von S. candida erwiesen.

Internationaler pflanzengesundheitlicher Status

S. candida ist in Kanada (Quebec) als Quarantäneschadorganismus gelistet. In der ehemaligen DDR und in osteuropäischen Ländern (Albanien, Bulgarien, Polen, Rumänien, der ehemaligen Sowjetunion, der ehemaligen Tschechoslowakei und Ungarn) war der Apfelbaumbohrer ebenfalls ein Quarantäneschadorganismus (Abkommen Nr. 6067 vom 14. Dezember 1959 der oben genannten Länder in der Pflanzenquarantäne).

Nachweisbarkeit und Diagnose

Der 1,5 bis 2 cm große Käfer ist anhand seiner markanten Färbung gut von heimischen Arten zu unterscheiden (Abb. 1). Die olivbraune Grundfarbe mit den zwei weißen bis cremefarbenen Streifen, die vom Kopf durchgehend bis zu den Enden der Deckflügel verlaufen, sind typisch. Die grauen Fühler sind etwa so lang wie der Käfer, seine Extremitäten sind ebenfalls grau. Auffällig ist die ventral rötlich bis bronzefarbene Färbung an Thorax, Abdomen und den Extremitäten. Die Käfer sind mit feinen Härchen bedeckt. Die fußlosen, cremig-weißen Larven sind anfänglich 3 bis 4 mm lang (L 1), werden aber 3 bis 4 cm groß (L 6) und haben eine braune Kopfkapsel und schwarze Mandibeln. Das erste Segment nach dem Kopf ist breiter als die restlichen 12 Segmente.

Abb. 1. Adultes Tier von Saperda candida (Dorsalansicht), gefunden auf Fehmarn (Foto: Oliver Nolte 2008).

Abb. 1. Adultes Tier von Saperda candida (Dorsalansicht), gefunden auf Fehmarn (Foto: Oliver Nolte 2008).

Frische Ausbohrlöcher an der Schwedischen Maulbeere (Sorbus intermedia) sind etwa 0,8 bis 0,9 cm groß und nahezu kreisrund (Abb. 2). Die meisten Ausbohrlöcher befinden sich an der Stammbasis, können aber auch über den gesamten Stammbereich verstreut sein. An Apfelbäumen wie auch an anderen Bäumen ist das rötlich-braune Genagsel auffällig, welches häufig aus kleinen Rindenöffnungen herabfällt und am Stammgrund zu finden ist. Vor dem Auftreten der Ausbohrlöcher am Apfelstamm, ist der Befall bei Grasunterwuchs nicht immer gleich offensichtlich. Das Ausmaß der Schädigung durch Larven wird erst beim Anschneiden der befallenen Stelle deutlich (Abb. 3 und 4). Die Ausbohrlöcher sind häufig im unteren Stammbereich bis 15 cm vom Boden zu finden. Die cremefarbenen Eier sind etwa 3 bis 4 mm groß, ein Drittel breit im Verhältnis zur Länge und haben ovale Enden. Sie dunkeln später nach und werden blass rostbraun. Die Puppen sind anfänglich gelblich, werden später aber dunkler, wenn die Beine, Flügel und Fühler, dicht angepresst, bereits sichtbar sind.

Abb. 2. Ausbohrlöcher von Saperda candida sind vorwiegend an der Stammbasis zu finden (Foto: Peter Baufeld 2008).

Abb. 2. Ausbohrlöcher von Saperda candida sind vorwiegend an der Stammbasis zu finden (Foto: Peter Baufeld 2008).

Abb. 3. Befall durch Saperda candida am Stamm eines Apfelbaumes auf Fehmarn nach dem Anschneiden (Foto: Peter Baufeld 2008).

Abb. 3. Befall durch Saperda candida am Stamm eines Apfelbaumes auf Fehmarn nach dem Anschneiden (Foto: Peter Baufeld 2008).

Abb. 4. Fraßgänge, verursacht durch Saperda candida in einer Schwedischen Mehlbeere auf Fehmarn (Foto: Peter Baufeld 2008).

Abb. 4. Fraßgänge, verursacht durch Saperda candida in einer Schwedischen Mehlbeere auf Fehmarn (Foto: Peter Baufeld 2008).

Schlussfolgerungen

S. candida befällt gesunde Bäume und gehört in den USA (Neuengland) zu den bedeutendsten Apfelschädlingen. Von der EPPO wurde S. candida auf die EPPO Alert List gesetzt. Der Käfer befällt alle relevanten Baumobstarten und kann in Deutschland und anderen Teilen Europas voraussichtlich erhebliche ökonomische Schäden hervorrufen. Um derartige Schäden zu verhindern, wären aufwendige Insektizidapplikation erforderlich, wobei Zulassungsfragen derzeit ungeklärt sind. Die Wahrscheinlichkeit einer Ansiedlung und Ausbreitung in Deutschland (und Europa) wird als hoch eingeschätzt. Das phytosanitäre Risiko durch den Apfelbaumbohrer muss daher insgesamt als hoch eingestuft werden.

Danksagung

Die Autoren möchten Frau Adamo und Herrn Matthey vom Pflanzenschutzdienst Schleswig-Holstein für die schnelle Information über den Befall und die gute Zusammenarbeit vor Ort danken.

Literatur

Agnello, A.M.,: Apple-Boring Beetles, http://www.nysipm.cornell.edu/factsheets/treefruit/pests/ab/ab.asp, Stand: 28.05.2009.

Abkommen Nr. 6067, 1959: Agreement concerning co-operation in the quarantine of plants and their protection against pests and diseases (with annex) between Albania, Bulgaria, Czechoslovakia, Hungary, German Democratic Republic, Peoples Republic of Korea, Mongolia, Poland, Romania and Union of Soviet Socialist Republics. Signed at Sofia on 14 December 1959.

EPPO, 2008: First record of Saperda candida in Germany: addition to the EPPO Alert List, EPPO Reporting Service 2008/139; http://www.archives.eppo.org/EPPOReporting/2008/Rse-0807.pdf, Stand: 28.05.2009.

EUROSTAT, 2009: Summary results of the EU-27 orchard survey. http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-SF-09-041/EN/KS-SF-09-041-EN.PDF, Stand: 28.05.2009.

Nolte, O., D. Krieger, 2008: Nachweis von Saperda candida Fabricius 1787 auf Fehrmarn – eine weitere, bereits in Ansiedelung befindliche, eingeschleppte Käferart in Mitteleuropa. DGaaE-Nachrichten 22 (3), 133-136.

Statistisches Bundesamt, 2007: Betriebe mit ökologischem Landbau, Agrarstrukturerhebung 2007, Fachserie 3 Reihe 2.2.1.

Statistisches Bundesamt, 2008: Wachstum und Ernte – Obst -, Fachserie 3 Reihe 3.2.1.


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