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Originalarbeit

Die Deutsche Genbank Obst, ein dezentrales Netzwerk zur nachhaltigen Erhaltung genetischer Ressourcen bei Obst

The German Fruit Genebank, a decentral network for sustainable preservation of fruit genetic resources

Henryk Flachowsky und Monika Höfer
Institut
Julius-Kühn Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst, Dresden

Journal für Kulturpflanzen, 62 (1). S. 9–16, 2010, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2010.01.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Henryk Flachowsky, Julius-Kühn Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst, Pillnitzer Platz 3a, 01326 Dresden, E-Mail: henryk.flachowsky@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Oktober 2009

Zusammenfassung

Die Erhaltung obstgenetischer Ressourcen ist die Grundlage für eine langfristige Sicherung des Obstbaus in Deutschland. Sie hat in Deutschland bereits eine sehr lange Tradition, die bis in die frühen Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts zurückreicht. Seit dieser Zeit wird eine Vielzahl an Sorten unterschiedlicher Obstarten in staat­lichen und nicht-staatlichen Sammlungen erhalten. Bei einer solchen Form der Erhaltung ist es jedoch nicht auszuschließen, dass einzelne Sorten verloren gehen können. Um dieses Risiko zu minimieren, wurde die Deutsche Genbank Obst gegründet. Dieses dezentrale Netzwerk hat die Aufgabe, die Arbeit der einzelnen Sammlungen zu koordinieren. Dazu werden obstartenspezifische Netzwerke (z. B. Apfelnetzwerk, Erdbeernetzwerk etc.) gegründet. Diese Netzwerke erarbeiten die Richtlinien, welche für eine nachhaltige Sicherung der jeweiligen Obstart notwendig sind. Bislang ist es gelungen, drei solcher Netzwerke für die Obstarten Erdbeere, Kirsche und Apfel zu gründen. Am Aufbau von Netzwerken für weitere Obstarten wird bereits intensiv gearbeitet.

Stichwörter: Obst, Genetische Ressourcen, dezentrales Netzwerk, Erhaltung, Deutsche Genbank Obst

Abstract

The preservation of fruit genetic resources is the basis for ensuring a sustainable fruit production in Germany. The preservation of fruit cultivars has a long-lasting tradition in Germany, which reaches back to the early decades of the 20th century. Since that time, a multitude of cultivars of different fruit crop species are preserved in public and private germplasm collections. However, the loss of individual cultivars can not be excluded using such form of preservation. The German Fruit Genebank has been recently established to minimize the risk of losing fruit genetic resources. The German Fruit Genebank is a decentral network, which is aimed on the coordination of different germplasm collections in Germany. The work will be organized in species specific networks (e.g. apple network, strawberry network etc.). Preservation guidelines for each fruit species will be developed within the species specific networks. The first three networks for straw­berry, cherries, and apple recently have taken up their activities. The establishment of networks for further fruit crops has been scheduled.

Key words: Fruit crops, genetic resources, decentral network, preservation, German Fruit Genebank

Die Bedeutung obstgenetischer Ressourcen

Die Erhaltung obstgenetischer Ressourcen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine langfristige Sicherung des Obstbaus in Deutschland. Ihre Notwendigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass durch den industriemäßigen Obstanbau in den letzten Jahrzehnten und eine Globalisierung der Märkte ein Großteil der Obstproduktion mit nur wenigen Sorten abgedeckt wird. Das führt dazu, dass viele der in der Vergangenheit angebauten Sorten durch die sich ändernde Bewirtschaftung bzw. die Aufgabe traditioneller Bewirtschaftungsformen (z. B. Streuobstwiesen) gefährdet sind. Vor allem die ständig zunehmende Spezialisierung und Arbeitsteilung, der Einsatz moderner Maschinen, die Entkoppelung von Nährstoffkreisläufen, die Vereinheitlichung von Standort- und Produktionsbedingungen sowie sich ändernde klimatische Bedingungen haben dazu geführt, dass viele der traditionell angebauten Sorten im Laufe der Zeit durch neue, besser an bestehende Umwelteinflüsse adaptierte und leistungsfähigere Sorten ersetzt wurden. Die Erzeugung solcher neuen Sorten war und ist nur mithilfe einer leistungsfähigen, langfristig angelegten Sortenzüchtung möglich. Dabei ist es ein Ziel, Sorten zu schaffen, mit denen künftig bei einem minimalen Aufwand an Pflanzenschutzmitteln hohe Erträge an qualitativ hochwertigen Früchten produziert werden können. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigt die Züchtung ein breites Reservoir an genetischen Ressourcen. Je größer das Spektrum an Ressourcen ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch zukünftig Genotypen identifiziert werden können, die eine oder mehrere der gewünschten Eigenschaften tragen. Neben diesem potentiellen ökonomischen Wert tragen obstgenetische Ressourcen aber auch ganz wesentlich zur Erhaltung der Struktur unserer Kulturlandschaft bei. Sie haben damit einen ökologischen, gesundheitlichen und kulturellen Wert, da mit ihnen auch ein Stück alter Kulturgeschichte erhalten wird.

Die Geschichte der Erhaltung obstgenetischer Ressourcen in Deutschland

In Deutschland hat die gezielte Erhaltung von Obstsorten und Wildarten eine sehr lange Tradition. So wurden bereits in den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts umfangreiche Sammlungen obstgenetischer Ressourcen im damaligen Institut für Züchtungsforschung in Müncheberg angelegt. Diese Sammlungen enthielten neben Landsorten und Primitivformen auch Wildarten. In der Aufbauphase dieser Sammlungen erfolgten Sammlungsreisen, von denen die von Th. Roemer und W. Troll initiierte Hindukusch-Expedition wohl die bedeutendste war. In der DDR erfolgte dann im Jahr 1971 eine Verlagerung der Obstzüchtung von Müncheberg nach Dresden-Pillnitz. Dabei kam es auch zu einer Zusammenlegung mit der bis dahin in Naumburg stationierten Kirsch- und Apfelzüchtung. Seit dieser Zeit existieren auch in Pillnitz Sammlungen, die vor allem den Zweck hatten, genetische Ressourcen zu evaluieren und diese einer gezielten Sortenzüchtung verfügbar zu machen. Später, nach Auflösung des Instituts für Obstforschung in Dresden-Pillnitz im Jahr 1991, wurde die Arbeitsgruppe „Genbank Obst Dresden-Pillnitz“ als Außenstelle des Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Gatersleben gegründet. In den darauffolgenden Jahren kam es hier unter der Leitung von Manfred Fischer zu einem Ausbau der Sammlungen, die dann im Jahr 2002 von der damaligen Bundesanstalt für Züchtungsforschung (heute Julius Kühn-Institut [JKI], Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) übernommen wurden. Seit dieser Zeit wird die Pillnitzer Obstgenbank im Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst (ZGO) des JKI unter der Leitung von Monika Höfer systematisch weitergeführt, umstrukturiert und evaluiert. Neben der Pillnitzer Obstgenbank existieren in Deutschland aber noch zahlreiche weitere Sammlungen. Diese Sammlungen werden zum Teil von Universitäten und anderen staatlichen und nicht staatlichen Einrichtungen, von Landkreisen und Kommunen sowie von Vereinen und Privatpersonen erhalten und betreut.

Eine solche Form der Erhaltung birgt jedoch das Risiko, dass einzelne Genotypen in vielen Sammlungen gleichermaßen erhalten werden, während andere Genotypen nur noch in einer, in wenigen oder in keiner der Sammlungen vertreten sind. Dadurch ist es nicht auszuschließen, dass es trotz dieser vielfältigen Aktivitäten langfristig zu einem Verlust wertvoller genetischer Ressourcen kommen kann.

Die „Deutsche Genbank Obst“ – Ein neues Konzept für ein lang bekanntes Anliegen

Der Aufbau eines dezentralen Genbanknetzwerkes zur Erhaltung obstgenetischer Ressourcen, welches zentral koordiniert wird, stellt hier einen neuartigen Lösungsansatz dar, der kosteneffizient ist und das Risiko des Verlustes wertvoller Ressourcen minimieren soll. Ein solches Konzept soll nun erstmals mit dem Aufbau der „Deutschen Genbank Obst (DGO)“ verwirklicht werden. Dabei bestehen die Ziele des Konzeptes in

• der Erfassung dezentral betriebener Sammlungen bei Obst und der Bewertung der Träger,

• der konzeptionellen Ausarbeitung der Organisation und Koordination der Zusammenarbeit in einem Genbanknetzwerk Obst,

• der Auswahl von Kriterien für die Erhaltung der Obstarten und Sorten sowie der Koordinierung der Arbeiten,

• der Ausarbeitung und Gewährleistung eines hohen Standards bei den Erhaltungsmaßnahmen,

• der Ausarbeitung gemeinsamer Standards für eine vergleichbare Evaluierung von Sortimenten sowie

• der Führung einer zentralen aktuellen Dokumenta­tion.

Zur Umsetzung dieses Konzeptes wurde auf der Grundlage des Bundesobstarten-Sortenverzeichnisses, welches vom Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst des JKI in Kooperation mit dem Informations- und Koordinationszentrum für Biologische Vielfalt (IBV) der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) geführt wurde, in den Jahren 2005 und 2006 ein von der BLE gefördertes Erfassungsprojekt (Projektnummer 05 BE 005 Los 1 und 2) durchgeführt. In diesem Projekt wurde vom Landesumweltamt Brandenburg und der Humboldt-Universität Berlin eine „Erfassung und Dokumentation obstgenetischer Ressourcen in Deutschland ex situ und in situ“ durchgeführt. Im Rahmen dieses Erfassungsprojektes konnten insgesamt 6451 Sorten von 50 Obstarten kartiert werden. Dabei verteilen sich die kartierten Sorten auf insgesamt 110 Sammlungsinhaber. Da das Erfassungsprojekt auf einer freiwilligen Zuarbeit von Sammlungsinhabern basierte, ist die tatsächliche Anzahl der in Deutschland vorhandenen Sorten noch größer. So kam es vor allem bei Apfel, Kirsche und Erdbeere dazu, dass auch nach Ablauf des Erfassungsprojektes noch Sammlungen gemeldet wurden, die z. T. auch Sorten enthielten, die bis dahin noch nicht erfasst waren.

Von den 50 im Erfassungsprojekt kartierten Obstarten sind 30 Arten in Deutschland heimisch (Tab. 1) und sollen langfristig erhalten werden. Die Dringlichkeit der Aufnahme dieser Obstarten in die DGO richtet sich vor allem nach deren wirtschaftlicher Bedeutung. Aus diesem Grund wurde beim Aufbau der DGO mit der Einrichtung obstartenspezifischer Netzwerke bei Apfel, Kirsche und Erdbeere begonnen. Weitere Netzwerke zur Erhaltung anderer Obstarten sollen künftig noch aufgebaut werden.

Tab. 1. In Deutschland heimische Obstarten, die im Rahmen des Erfassungsprojektes in relevanten Sammlungen obstgenetischer Ressourcen kartiert werden konnten
(Quelle: Endbericht der „Erfassung und Dokumentation obstgenetischer Ressourcen in Deutschland ex situ und in situ“ Projektnummer 05 BE 005 Los 1 und 2)

Wissenschaftliche Bezeichnung

Deutscher Name

Anzahl Sorten

Cornus mas L.

Kornelkirsche

20

Corylus L.

Haselnuss

40

Cydonia oblonga Mill.

Echte Quitte

66

Fragaria x ananassa (Duchesne) Guedès

Gartenerdbeere, Kulturerdbeere

681

Hippophae rhamnoides L.

Gewöhnlicher Sanddorn

51

Juglans regia L.

Echte Walnuss

36

Malus domestica Borkh.

Kulturapfel

2.050

Mespilus germanica L.

Echte Mispel

9

Prunus armeniaca L.

Aprikose, Marille

135

Prunus avium L.

Süßkirsche, Vogelkirsche

493

Prunus cerasus L.

Sauerkirsche, Weichsel

172

Prunus domestica L.

Pflaume, Zwetschge

359

Prunus dulcis (Mill.) D. A. Webb

Mandel, Mandelbaum

11

Prunus persica var. nucipersica (L.) C. K. Schneid.

Nektarine

128

Prunus persica (L.) Batsch var. persica

Pfirsich

66

Prunus spinosa L.

Gewöhnliche Schlehe, Schwarzdorn

9

Pyrus communis L.

Gartenbirnbaum, Kulturbirne

534

Ribes nigrum L.

Schwarze Johannisbeere

164

Ribes rubrum L.

Rote Johannisbeere

102

Ribes uva-crispa L.

Stachelbeere

103

Rosa L.

Rose (Vitaminrosen zur Fruchtgewinnung)

29

Rubus fruticosus L.

Echte Brombeere, Brombeere

47

Rubus idaeus L.

Himbeere

240

Sambucus nigra L.

Schwarzer Holunder

36

Sorbus L.

Eberesche, Vogelbeere, Speierling, Elsbeere

117

Vaccinium corymbosum L.

Amerikanische Heidelbeere

81

Vaccinium myrtillus L.

Heidelbeere, Blaubeere

6

Vaccinium oxycoccos L.

Gewöhnliche, Kleinfrüchtige, Großfrüchtige Moosbeere, Cranberry

12

Vaccinium vitis-idaea L.

Preiselbeere, Kronsbeere

14

Vitis vinifera L.

Echter Weinstock, Weinrebe

251

Summe

 

6.062

Im Anschluss an die Auswahl der Arten erfolgt die Auswahl der zu erhaltenden Sorten jeder Art nach dem in Abb. 1 abgebildeten Schema. Dabei wird als erstes die Herkunft (Passportdaten) der Sorte geprüft. Sind für diese Sorte Passportdaten vorhanden, wird die Sorte von mindestens drei verschiedenen Gutachtern danach beurteilt, ob es sich um

• deutsche Sorten, einschließlich deutsche Neuzüch­tungen,

• Sorten mit soziokulturellem, lokalem oder historischem Bezug zu Deutschland oder

• Sorten mit wichtigen obstbaulichen Merkmalen für Forschungs- und Züchtungszwecke handelt.

Abb. 1. Entscheidungsprozess für oder gegen die Aufnahme einer Sorte in die Deutsche Genbank Obst (DGO).

Abb. 1. Entscheidungsprozess für oder gegen die Aufnahme einer Sorte in die Deutsche Genbank Obst (DGO).

Die Gutachter entscheiden dabei unabhängig voneinander, ob eine Sorte ein oder mehrere der genannten Kriterien erfüllt. Aufgenommen werden sollen nur solche Sorten, die wenigstens eines der genannten Kriterien erfüllen. Die Gutachterentscheidungen haben empfehlenden Charakter und werden anschließend von der Koordinierungsstelle der DGO ausgewertet. Diese trifft letztendlich die Entscheidung darüber, welche Sorte in die DGO aufgenommen wird oder nicht.

Sind für die Sorte keine Passportdaten vorhanden, erfolgt als erstes eine Sortenidentifikation. Diese kann sowohl pomologisch als auch molekulargenetisch mittels DNA-Fingerprint erfolgen. Kann die Sorte identifiziert werden, erfolgen eine Bewertung durch die Gutachter und eine Entscheidung durch die Koordinierungsstelle. Kann die Sorte nicht identifiziert werden, wird sie provisorisch erhalten bis neue Erkenntnisse verfügbar sind.

Die Struktur der Deutschen Genbank Obst

Die Erhaltung der ausgewählten Sorten erfolgt dann in einem dezentralen Netzwerk, welches unter Berücksichtigung der Ressourcenfrage auf bereits vorhandenen Strukturen aufbaut, um bestehende Ressourcen und Kapazitäten möglichst effizient zu nutzen. Die DGO setzt sich strukturell aus dem IBV der BLE, der Koordinierungsstelle, den sammlungshaltenden Partnern und dem Fachbeirat zusammen. Die sammlungshaltenden Partner sind dabei in obstartenspezifischen Netzwerken (z. B. Apfelnetzwerk, Erdbeernetzwerk) organisiert und werden von der Koordinierungsstelle betreut. Die Struktur der DGO sowie die Aufgaben der einzelnen Akteure sind in Abb. 2 schematisch dargestellt.

Abb. 2. Zentral koordiniertes dezentrales Netzwerk zur Erhaltung obstgenetischer Ressourcen in Deutschland. IBV – Informations- und Koordinationszentrum für Biologische Vielfalt; BLE – Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung; DGO – Deutsche Genbank Obst; JKI – Julius Kühn-Institut; ZGO - Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst; PGR – Pflanzengenetische Ressourcen; MTA – Materialtransfer Agreement; ECP/GR – Europäisches Kooperationsprogramm zur Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen; AG – Arbeitsgruppe.

Abb. 2. Zentral koordiniertes dezentrales Netzwerk zur Erhaltung obstgenetischer Ressourcen in Deutschland. IBV – Informations- und Koordinationszentrum für Biologische Vielfalt; BLE – Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung; DGO – Deutsche Genbank Obst; JKI – Julius Kühn-Institut; ZGO - Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst; PGR – Pflanzengenetische Ressourcen; MTA – Materialtransfer Agreement; ECP/GR – Europäisches Kooperationsprogramm zur Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen; AG – Arbeitsgruppe.

Das Informations- und Koordinationszentrum für Biologische Vielfalt (IBV), welches bei der BLE angesiedelt ist, hat vorwiegend beratende Aufgaben. Es vertritt die DGO bei internationalen Angelegenheiten nach außen und integriert die Daten der DGO in internationalen Datenbanken zu pflanzengenetischen Ressourcen. Eine dieser Datenbanken ist die PGRDEU, welche als Nationales Inventar die zentrale Dokumentation zu pflanzengenetischen Ressourcen landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Arten in Deutschland darstellt (vgl. http://pgrdeu.genres.de/). Neben Informationen über einzelne Arten und deren Nutzung enthält die PGRDEU auch Informationen über die Gefährdung von in Deutschland vorkommenden Pflanzenarten. Darüber hinaus ist sie im Rahmen nationaler und internationaler Verpflichtungen die offizielle Schnittstelle für internationale Informationssysteme, wie dem Bundesinformationssystem Genetische Ressourcen (BIG), dem Europäischen Suchkatalog für pflanzengenetische Ressourcen (EURISCO) des europäischen Kooperationsprogramms für Pflanzengenetische Ressourcen (ECP/GR), dem World Informa­tion und Early Warning System (WIEWS) der FAO und dem Globalen Informationssystem des Internationalen Vertrags für Pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft. Die DGO ist damit nicht nur in das Nationale Fachprogramm zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Kulturpflanzen in Deutschland eingebunden, sondern leistet auch einen wesentlichen Beitrag zu einer international koordinierten Erhaltung obstgenetischer Ressourcen in Europa.

Die Koordinierungsstelle der Deutschen Genbank Obst ist im Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst des Julius Kühn-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Dresden-Pillnitz angesiedelt. In der Anfangsphase (2007 bis 2009) wurde die Koordinierungsstelle der DGO von Anja Behrens betreut, die einen wesentlichen Anteil am Aufbau der ersten drei obstartenspezifischen Netzwerke hat. Seit dem 01.08.2009 wird diese Aufgabe von Henryk Flachowsky durchgeführt. Neben dem Auf- und Ausbau der obstartenspezifischen Netzwerke hat die Koordinierungsstelle die Aufgabe, die gemeinsame Arbeit mit und zwischen den sammlungshaltenden Partnern abzustimmen. Darüber hinaus hat sie die Aufgabe, die vorhandenen Daten der DGO zu aktualisieren und weitere dezentral betriebene Sammlungen von Obstarten/-sorten zu erfassen. Neben der Koordinierung und Kontrolle der laufenden Arbeiten unterstützt die Koordinierungsstelle die sammlungshaltenden Partner bei der Durchführung ihrer Arbeiten.

Die sammlungshaltenden Partner der DGO können sowohl Bundes- und Landeseinrichtungen, Landkreise, Kommunen sowie Vereine und andere nicht staatliche Organisationen sein. Diese Partner verpflichten sich freiwillig, ihre Sammlungen zu erhalten, nach Möglichkeit zu evaluieren und zu dokumentieren. Die Dokumentation erfolgt dabei über die seit Januar 2009 online betriebene, und noch im Ausbau befindliche Webseite der DGO. Diese ist im Moment noch über http://www.deutsche-genbank-obst.de/ zu erreichen. Mit der Freischaltung der neuen, vom JKI programmierten Datenbank der DGO wird sich auch die Internetadresse ändern. Neben diesen Aufgaben haben sich die sammlungshaltenden Partner auch zur Abgabe von Material aus ihren Sammlungen verpflichtet. Die Abgabe von Pflanzenmaterial erfolgt auf der Grundlage einer sogenannten „standardisierten Materialübertragungsvereinbarung“ (sMTA). Dieser Standardvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag zwischen dem Bereitsteller und dem Empfänger des pflanzlichen Vermehrungsmaterials. Er legt die Rechte und Pflichten der beteiligten Vertragspartner fest und stellt zugleich ein wichtiges Instrument zur Umsetzung des durch den Internationalen Vertrag vorgesehenen fairen Ausgleiches der finanziellen Vorteile aus der Vermarktung pflanzengenetischer Ressourcen zugunsten der Erhaltung und Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen in Entwicklungs- und Transformationsländern dar.

Der Fachbeirat der DGO wurde vom Präsidenten des Julius Kühn-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, für die Dauer von fünf Jahren berufen und hat sich am 01.10.2009 in Dresden-Pillnitz konstituiert (Abb. 3). Der Fachbeirat hat die Aufgabe, die Koordinierungsstelle sowohl fachlich-wissenschaftlich als auch zu übergeordneten Fragen der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung obstgenetischer Ressourcen zu beraten. Der Schwerpunkt seiner Beratung liegt dabei auf Fachfragen, wie der Charakterisierung und Evaluierung genetischer Ressourcen, der Inventarisierung und Dokumentation, der Sortimentserhaltung und dem Sammlungsmanagement, dem Aufbau von Kapazitäten und der Öffentlichkeitsarbeit. Zu den berufenen Mitgliedern des am 01.10.2009 konstituierten Fachbeirates gehören Frau von Jagemann (Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Sachsen-Anhalt), Frau Dr. Braun-Lüllemann (Pomologen-Verein e.V.), Herr Dr. Büchele (Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee), Herr Cordes (Bund Deutscher Baumschulen e.V.), Herr Disselborg (Bundesausschuss Obst und Gemüse), Frau Dr. Hanke und Frau Dr. Höfer (beide JKI), Frau Kitzmann (Naturschutzbund Deutschland e.V.), Herr Dr. Schulte (Bundessortenamt), Herr Walther (Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen), Herr Dr. Wackwitz (Sächsisches Landesamt für Umwelt Landwirtschaft und Geologie) sowie Herr Harrer (BLE). Im Rahmen dieser ersten Sitzung des Fachbeirates der DGO wurden Herr Disselborg zum Vorsitzenden und Herr Dr. Schulte zum stellvertretenden Vorsitzenden des Fachbeirates gewählt. Weitere Teilnehmer und Gäste der konstituierenden Sitzung des Fachbeirates waren Herr Wylkop (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz), Herr Dr. Backhaus (Präsident des JKI), Frau Funke und Frau Haverkamp (beide BLE), Herr Dr. Peter sowie Herr Dr. Flachowsky (beide JKI).

Abb. 3. Teilnehmer der konstituierenden Sitzung des Fachbeirates der Deutschen Genbank Obst am 01.10.2009 im ZGO des JKI in Dresden-Pillnitz. Hintere Reihe, v. l.: H. Flachowsky, E. Schulte, C. von Jagemann, M. Höfer, M. Büchele, M. Haverkamp, W.-D. Wackwitz, A. Wylkop. Vordere Reihe, v. l.: H. Cordes, J. Disselborg, B. Kitzmann, M.-V. Hanke, A. Braun-Lüllemann, K. Funke, G. F. Backhaus.

Abb. 3. Teilnehmer der konstituierenden Sitzung des Fachbeirates der Deutschen Genbank Obst am 01.10.2009 im ZGO des JKI in Dresden-Pillnitz. Hintere Reihe, v. l.: H. Flachowsky, E. Schulte, C. von Jagemann, M. Höfer, M. Büchele, M. Haverkamp, W.-D. Wackwitz, A. Wylkop. Vordere Reihe, v. l.: H. Cordes, J. Disselborg, B. Kitzmann, M.-V. Hanke, A. Braun-Lüllemann, K. Funke, G. F. Backhaus.

Der Stand des Aufbaus im Herbst 2009

Bis Anfang Oktober 2009 ist es bereits gelungen, drei obstartenspezifische Netzwerke aufzubauen. Die ersten beiden Netzwerke, das Erdbeernetzwerk und das Kir­schennetzwerk, wurden bereits am 15.01.2009 im Rahmen der Grünen Woche von der Bundeslandwirtschaftsministerin Frau Ilse Aigner offiziell eröffnet. Während es im Kirschennetzwerk sieben sammlungshaltende Partner gibt, sind es im Erdbeernetzwerk bislang lediglich zwei (Abb. 4). Das dritte und bislang größte Netzwerk der DGO, das Apfelnetzwerk, wurde am 02.10.2009 im Rahmen einer Festveranstaltung im JKI in Dresden-Pillnitz eröffnet. In diesem Netzwerk gibt es bislang sechs sammlungshaltende Partner (Abb. 4).

Abb. 4. Stand des Aufbaus der Deutschen Genbank Obst Anfang Oktober 2009. Im Oktober 2009 existieren insgesamt drei obstartenspezifische Netzwerke für Apfel, Erdbeere und Kirsche mit jeweils sechs, zwei bzw. sieben sammlungshaltenden Partnern.

Abb. 4. Stand des Aufbaus der Deutschen Genbank Obst Anfang Oktober 2009. Im Oktober 2009 existieren insgesamt drei obstartenspezifische Netzwerke für Apfel, Erdbeere und Kirsche mit jeweils sechs, zwei bzw. sieben sammlungshaltenden Partnern.

Das Apfelnetzwerk

Bei Apfel sind in Deutschland momentan 2397* verschiedene Sorten bekannt. Diese 2397 Sorten wurden bereits von den Gutachtern wie beschrieben evaluiert. Anschließend wurden 950 als „erhaltenswert“ eingestuft und in die DGO aufgenommen. 1315 der in Deutschland bekannten Apfelsorten wurden vorerst nicht in die DGO aufgenommen. Ein Teil dieser Sorten erfüllt keines der genannten Kriterien. Bei anderen Sorten handelt es sich wahrscheinlich um Synonyme** bereits aufgenommener Sorten. Hier muss erst geprüft werden (pomologisch, molekulargenetisch), ob diese Sorten identisch oder tatsächlich verschieden sind. Insgesamt 132 Sorten können im Moment nicht bewertet werden, da ihre Herkunft aufgrund fehlender Passportdaten nicht zweifelsfrei geklärt werden kann. Die Erhaltung von Apfelsorten soll an mindestens zwei verschiedenen Standorten mit insgesamt mindestens vier Bäumen pro Sorte und einem Reservestandort pro Sorte erfolgen. An einem Standort erfolgt der Anbau als Niederstamm und am anderen Standort wahlweise als Niederstamm oder Hochstamm. Von den 950 zu erhaltenden Sorten stehen bereits 512 Sorten an zwei Standorten innerhalb der DGO. Für 322 Apfelsorten muss noch ein zweiter Standort gefunden werden. Für 94 Sorten gibt es noch keinen Standort innerhalb der DGO. Diese Sorten müssen noch bei zwei der sammlungshaltenden Partner aufgepflanzt werden. 22 Apfelsorten sind bislang nur aus der Literatur bekannt. Ob diese Sorten noch in Deutschland existieren, ist bislang unklar. Sollten diese Sorten noch existent sein, sollen sie ebenfalls in die DGO aufgenommen und erhalten werden. Um eine Sortenechtheit der aufgenommenen Sorten gewährleisten zu können, soll eine Sortenechtheitsbestimmung durchgeführt werden. Diese wird sowohl pomologisch als auch molekulargenetisch erfolgen. Die pomologische Bestimmung der Apfelsorten hat bereits im Herbst 2009 begonnen. Dabei werden alle Sorten bei allen sammlungshaltenden Partnern von mindestens zwei Pomologen unabhängig voneinander bestimmt. Die pomologische Bestimmung wird vom KOB Bavendorf in Zusammenarbeit mit dem Pomologen-Verein e.V. realisiert. Für die Evaluierung des Apfelbestandes sind insgesamt zwei Jahre (2009 und 2010) vorgesehen. Zusätzlich soll noch eine molekulargenetische Bestimmung durchgeführt werden.

Das Erdbeernetzwerk

Bei Erdbeeren sind in Deutschland momentan 7322 verschiedene Sorten bekannt. Diese 732 Sorten wurden bereits von den Gutachtern wie beschrieben evaluiert. Anschließend wurden 389 als „erhaltenswert“ eingestuft und in die DGO aufgenommen. 271 der in Deutschland bekannten Erdbeersorten erfüllen keines der genannten Kriterien. Für diese Sorten erfolgt momentan keine Aufnahme in die DGO. Insgesamt 72 Sorten können im Moment nicht bewertet werden, da ihre Herkunft aufgrund fehlender Passportdaten nicht zweifelsfrei geklärt werden kann. Die Erhaltung von Erdbeersorten soll an mindestens zwei verschiedenen Standorten erfolgen, wobei die In-vitro-Kühllagerung bzw. Kryokonservierung im ZGO des JKI als ein Standort angesehen werden kann. Die Erhaltung der Sorten im Freiland erfolgt mit mindestens drei Pflanzen pro Sorte. In der In-vitro-Kühllagerung bzw. Kryokonservierung richtet sich die Anzahl der Wiederholungen einer Sorte nach der methodischen Sicherheit. Von den 389 zu erhaltenden Sorten stehen bereits 65 Sorten an zwei Standorten innerhalb der DGO. Für 277 Erdbeersorten muss noch ein zweiter Standort gefunden werden. Für 47 Sorten gibt es noch keinen Standort innerhalb der DGO. Diese Sorten müssen noch bei zwei der sammlungshaltenden Partner aufgepflanzt bzw. eingelagert werden. Um eine Sortenechtheit der aufgenommenen Sorten gewährleisten zu können, soll eine Sortenechtheitsbestimmung durchgeführt werden. Diese soll sowohl pomologisch als auch molekulargenetisch erfolgen. Die pomologische Bestimmung der Erdbeersorten gestaltet sich momentan aufgrund fehlender Experten sehr schwierig. Hier werden gemeinsam mit dem Fachbeirat verschiedene Lösungsansätze diskutiert.

Das Kirschennetzwerk

Süßkirsche. Bei Süßkirsche sind in Deutschland momentan 6462 verschiedene Sorten bekannt. Diese 646 Sorten wurden bereits von den Gutachtern wie beschrieben evaluiert. Anschließend wurden 289 Sorten als „erhaltenswert“ eingestuft und in die DGO aufgenommen. 231 der in Deutschland bekannten Süßkirschen wurden vorerst nicht in die DGO aufgenommen, da sie keines der genannten Kriterien erfüllen. Insgesamt 126 Süßkirschsorten können im Moment nicht bewertet werden, da ihre Herkunft aufgrund fehlender Passportdaten nicht zweifelsfrei geklärt werden kann. Die Erhaltung von Süßkirschsorten erfolgt an mindestens zwei verschiedenen Standorten mit insgesamt mindestens vier Bäumen pro Sorte und einem Reservestandort mit mindestens einem Baum pro Sorte. An einem Standort erfolgt der Anbau als Niederstamm und an den anderen Standorten als Niederstamm oder Hochstamm. Von den 289 zu erhaltenden Sorten stehen bereits 116 Sorten an zwei Standorten innerhalb der DGO. Für 93 Süßkirschsorten muss noch ein zweiter Standort in der DGO gefunden werden. Für 46 Sorten gibt es noch keinen Standort innerhalb der DGO. Diese Sorten müssen noch bei zwei der sammlungshaltenden Partner aufgepflanzt werden. 34 Süßkirschsorten sind bislang nur aus der Literatur bekannt. Ob diese Sorten noch in Deutschland existieren, ist bislang unklar. Sollten diese Sorten noch existent sein, sollen sie ebenfalls in die DGO aufgenommen und erhalten werden. Um eine Sortenechtheit der aufgenommenen Sorten gewährleisten zu können, soll eine Sortenechtheitsbestimmung durchgeführt werden. Diese soll sowohl pomologisch als auch molekulargenetisch erfolgen.

Sauerkirsche. Bei Sauerkirsche sind in Deutschland momentan 1742 verschiedene Sorten bekannt. Diese 174 Sorten wurden bereits von den Gutachtern wie beschrieben evaluiert. Anschließend wurden 97 Sorten als „erhaltenswert“ eingestuft und in die DGO aufgenommen. 65 der in Deutschland bekannten Sauerkirschen wurden vorerst nicht in die DGO aufgenommen, da sie keines der genannten Kriterien erfüllen. Insgesamt 12 Sauerkirschsorten können im Moment nicht bewertet werden, da ihre Herkunft aufgrund fehlender Passportdaten nicht zweifelsfrei geklärt werden kann. Die Erhaltung von Sauerkirschsorten erfolgt an mindestens zwei verschiedenen Standorten mit insgesamt mindestens vier Bäumen pro Sorte und einem Reservestandort mit mindestens einem Baum pro Sorte. An einem Standort erfolgt der Anbau als Niederstamm und an den anderen Standorten als Niederstamm oder Hochstamm. Von den 97 zu erhaltenden Sorten stehen bereits 38 Sorten an zwei Standorten innerhalb der DGO. Für 46 Sauerkirschsorten muss noch ein zweiter Standort in der DGO gefunden werden. Für 12 Sorten gibt es noch keinen Standort innerhalb der DGO. Diese Sorten müssen noch bei zwei der sammlungshaltenden Partner aufgepflanzt werden. Eine Sauerkirschsorte ist bislang nur aus der Literatur bekannt. Ob diese Sorte noch in Deutschland existiert, ist bislang unklar. Sollte diese Sorte noch existent sein, soll sie ebenfalls in die DGO aufgenommen und erhalten werden. Um eine Sortenechtheit der aufgenommenen Sorten gewährleisten zu können soll eine Sortenechtheitsbestimmung durchgeführt werden. Diese soll sowohl pomologisch als auch molekulargenetisch erfolgen.

Nach welchen Standards soll eine molekulargenetische Bestimmung erfolgen und was kann sie leisten?

Eine molekulargenetische Identifizierung von Sorten auf der Basis eines genetischen Fingerprints erhöht die Sicherheit der pomologischen Echtheitsprüfung vor allem in kritischen Fällen, in denen keine hundertprozentige pomologische Bestimmung möglich ist. Sie hat darüber hinaus den Vorteil, dass mit ihrer Hilfe eine umweltunabhängige Entscheidung getroffen werden kann. Für die pomologische Bestimmung werden vor allem Früchte benötigt. Viele Fruchteigenschaften (z. B. Deckfarbe und Größe) sind umweltabhängig. Deshalb werden in der Regel mehrere Früchte jeder Sorte bewertet, um die Sicherheit zu erhöhen. Für einen genetischen Fingerprint wird DNS benötigt. Diese kann aus nahezu allen Geweben eines Baumes gewonnen werden und ist in nahezu allen Geweben (Samen sind hier eine Ausnahme) identisch. Die Bestimmung einer Sorte mithilfe eines Fingerprints ist jedoch nur dann möglich, wenn für diese Sorte bereits entsprechende Referenzdaten (Fingerprint von pomologisch einwandfrei bestimmten Pflanzen der gleichen Sorte) verfügbar sind. Da dies nicht für alle Sorten der Fall ist, sollen für Sorten der DGO solche Fingerprints erstellt werden. Damit stellen die Sammlungen der DGO Referenzsammlungen dar, mit deren Hilfe zukünftig Sorten auch molekulargenetisch einwandfrei identifiziert werden können.

Für die Erstellung eines genetischen Fingerprints können verschiedene molekularbiologische Verfahren verwendet werden. Das birgt die Gefahr, dass in unterschiedlichen Sammlungen verschiedene Verfahren zum Einsatz kommen, eine Tatsache, die eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zum Teil unmöglich macht. Aus diesem Grund wurden von den Arbeitsgruppen Malus/Pyrus und Prunus der ECP/GR einheitliche Standards für Europa erarbeitet. Dazu fand 2006 am Institut East Malling Research (EMR), Großbritannien, ein Workshop statt, bei dem Deutschland von H. Flachowsky (JKI) vertreten wurde. Als molekulare Marker wurden Mikrosatellitenmarker ausgewählt, da sie einen hohen Informationsgehalt haben, reproduzierbar und bei den meisten Obstarten verfügbar sind. Für Apfel wurden zwölf und für Kirsche acht Marker bestimmt, die in einer definierten Reihenfolge analysiert werden sollen. Kriterium für die Auswahl einzelner Mikrosatelliten für Apfel und Kirsche waren eine gute Verteilung im Genom, ein hoher Informationsgehalt, die artübergreifende Anwendbarkeit und die Multiplexfähigkeit der Marker (gleichzeitiger Nachweis mehrerer verschiedener Marker). Daneben wurde die Häufigkeit der publizierten Daten der Mikrosatelliten und die Anzahl von Sorten, die bereits mit den Markern getestet wurden, berücksichtigt. Um eine Vergleichbarkeit der genotypischen Daten zu gewährleisten, wurden für Apfel (‘Delicious’, ‘Fiesta’, ‘Michelin’, ‘Prima’, ‘Worcester Parmain’, Malus x floribunda 821, M. x robusta 5 und die Unterlage Malling 9) und Kirsche (F12/1, ‘Goodnestone Black’, ‘Napoleon’, ‘Noble’, ‘Noir de Meched’, Prunus incisa E621, P. mahaleb und P. nipponica) jeweils fünf Sorten und drei Abstammungen bzw. Sorten aus verwandten Arten als Referenzen definiert. Die Referenzsortimente sind für Apfel bei INRA in Angers und für Kirsche am East Malling Research in East Malling aufgepflanzt und können von dort in Form von Reisern bezogen werden. Für Erdbeeren existieren noch keine international abgestimmten Standards. Diese sollen erst im Rahmen des europäischen Großforschungsprojektes GENBERRY erarbeitet, auf internationaler Ebene abgestimmt und festgelegt werden.

Literatur

Vögel, R., M. Zander, B. Feuerhahn, J. Ahrens, J. Gloger, 2007: Erfassung und Dokumentation obstgenetischer Ressourcen in Deutschland ex situ und in situ. Abschlussbericht Projektnummer 05 BE 005 Los 1 und 2, S. 1-129.


Fußnoten:

*  

Die Anzahl der Sorten ergibt sich aus der im Erfassungsprojekt kartierten Anzahl und der Zahl der nachgemeldeten Sorten.

**  

Teilweise haben gleiche Sorten unterschiedliche Namen oder ein Sortenname existiert in unterschiedlichen Schreibweisen.

ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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