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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Implementierung biologischer Pflanzenschutzverfahren: Erfahrungen mit mikrobiologischen Präparaten

Implementation of biological methods of plant protection: Experiences with microbial products

Peter Lüth
Institut
Prophyta Biologischer Pflanzenschutz GmbH, Malchow

Journal für Kulturpflanzen, 62 (3). S. 66–70, 2010, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2010.03.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Peter Lüth, Prophyta Biologischer Pflanzenschutz GmbH, Inselstraße 12, 23999 Malchow
Zur Veröffentlichung angenommen
Februar 2010

Zusammenfassung

Es wird die Entwicklung der Firma „Prophyta Biolo­gischer Pflanzenschutz GmbH“ von ihrer Gründung im Jahr 1992 bis zum heutigen Tag dargestellt. Dabei wird gezeigt, welche Idee und welche Voraussetzungen zur Gründung des Unternehmens führten, die ohne die Wiedervereinigung Deutschlands nicht möglich gewesen wäre. Die Gründung des Unternehmens war notwendig, um die Entwicklung des ersten zugelassenen biologischen Fungizides in Deutschland voranzutreiben. Es wird gezeigt, wie die Idee, ein Fungizid auf Basis des Pilzes Coniothyrium minitans zu entwickeln, im Detail umgesetzt wurde und welche Schwierigkeiten dabei zu überwinden waren. In diesem Zusammenhang wird beschrieben, mit welchen Problemen das Unternehmen bei der Zulassung des neuen Produktes zu kämpfen hatte und wie eine Produktionsanlage finanziert und aufgebaut wurde, mit der es möglich ist, jährlich ca. 700 t eines biologischen Fungizides zu produzieren. Die Anstrengungen, welche zur Vermarktung des neuen Präparates erforderlich waren, werden dargestellt und es wird gezeigt, wie sich das Unter­nehmen langsam auch mit weiteren Produkten am Markt durchsetzen konnte. Schließlich wird der der­zeitige Status des Unternehmens beschrieben, der Ausdruck für die erfolgreiche Entwicklung einer Firma ist, die sich dem biologischen Pflanzenschutz verschrieben hat.

Stichwörter: Coniothyrium minitans, Pilzsporen, biologischer Pflanzenschutz

Abstract

The development of the company “Prophyta Biologischer Pflanzenschutz GmbH” is presented from its foundation in 1992 until the present day. The concept and conditions that led to the founding of the company – which would not have been possible without the reunification of Germany – are revealed. It was necessary to set up the company to expedite the development of the first authorised biological fungicide in Germany. How the idea of developing a fungicide on the basis of the fungus Coniothyrium minitans was implemented in detail and what difficulties needed to be overcome in the process are also revealed. In this regard, the problems the company had to contend with in obtaining approval for the new product and how a production plant was financed and built up, enabling approx. 700 t of a biological fungicide to be produced annually, are described. The efforts that were required to market the new preparation are outlined, and it is shown how the company was slowly able to establish itself through further products on the market. Finally, the current status of the company is described, highlighting the successful development of a firm that has committed itself to biological plant protection.

Key words: Coniothyrium minitans, fungal spores, biological control

Die Idee

Viele Entdeckungen und Erfindungen kommen zufällig zustande. So war es auch mit der Entwicklung des biologischen Fungizides Contans® WG, das auf der Wirkung des Mykoparasiten Coniothyrium minitans basiert. Die Mitarbeiter der Arbeitsgruppe „Resistenzforschung“ im damaligen Institut für Öl- und Futterpflanzenzüchtung in Malchow auf der Insel Poel wurden zufällig auf diesen antagonistischen Pilz aufmerksam, als sie versuchten, die Fruchtkörper (Apothezien) des Pilzes Sclerotinia trifoliorum zu erzeugen. Zu diesem Zweck wurden die Skle­rotien dieses Pflanzenkrankheitserregers in feuchtem Quarzsand inkubiert. Aus einigen Sklerotien, die zuvor im Freiland gesammelt worden waren, wuchsen jedoch keine Fruchtkörper aus. Sie zeigten statt dessen Befall durch den Pilz C. minitans (Abb. 1). Zunächst war diese Entdeckung nur ärgerlich, denn der Mykoparasit ging schnell auf die anderen Sklerotien über, und die Aus­beute an Apothezien, die dann zur Gewinnung der Askosporen genutzt werden sollten, war deutlich reduziert. In der Literatur war C. minitans bereits als Antagonist der Pilzgattung Sclerotinia, zu der viele Pflanzenpathogene gehören, beschrieben worden. Die Aufgabe des Instituts bestand jedoch nicht darin, Verfahren des biologischen Pflanzenschutzes zu entwickeln. Forschung zum biolo­gischen Pflanzenschutz wurde mit Ausnahme einiger erster Arbeiten an der Humboldt Universität Berlin (Prof. Bochow arbeitete mit dem Bakterium Bacillus subtilis) in der damaligen DDR kaum betrieben. Wir schrieben das Jahr 1988 und die Tage der DDR waren gezählt.

Abb. 1. Sklerotium von Sclerotinia trifoliorum, befallen von Coniothyrium minitans (Schleimtropfen bestehend aus den Konidien von C. minitans auf der Oberfläche).

Abb. 1. Sklerotium von Sclerotinia trifoliorum, befallen von Coniothyrium minitans (Schleimtropfen bestehend aus den Konidien von C. minitans auf der Oberfläche).

Mit der friedlichen Revolution 1989 und dem Beitritt der östlichen Bundesländer zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 traten allerdings große Ver­änderungen ein. Die ehemals staatlichen Forschungs­institute wurden vom Wissenschaftsrat evaluiert, und es wurde über ihre weitere Existenz entschieden. Zwar wurde die am Institut für Öl- und Futterpflanzenzüchtung durchgeführte Arbeit für erhaltenswert befunden, die Institute der neu gegründeten Bundesanstalt für Züchtungsforschung (BAZ) wurden jedoch nicht in Malchow auf der Insel Poel sondern in Groß Lüsewitz bei Rostock etabliert. Einige Mitarbeiter wechselten also nach Groß Lüsewitz und der Standort Malchow sollte nach einer Übergangszeit aufgegeben werden. Dabei waren die Voraussetzungen für eine erfolgversprechende wissenschaftliche Tätigkeit in Form gut ausgebildeten Personals sowie einer relativ modernen Laborausstattung in Malchow vorhanden. Um den Standort zu erhalten, entschlossen sich daher drei ehemalige Mitarbeiter des Institutes, ein Unternehmen zu gründen.

Nun ist eine Unternehmensgründung allerdings nicht im Handumdrehen getan. Zunächst einmal benötigten die Gründer eine ausreichende finanzielle Basis. In diesem Zusammenhang kam ihnen ein Programm des damaligen Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) zur Hilfe. Dieses Programm mit dem Namen „Modelversuch zur technologieorientierten Unternehmensgründung im Beitrittsgebiet“, kurz TOU, stellte eine beachtliche, nichtrückzahlbare Förderung für die Entwicklung eines neuen Produktes in Aussicht. Das Produkt sollte so beschaffen sein, dass das Unternehmen seine weitere Existenz darauf aufbauen konnte. In diesem Zusammenhang erinnerten sich die Gründer an ihre Entdeckung aus dem Jahr 1988, und der Antrag an das BMFT zur Förderung eines TOU-Projektes wurde wie folgt betitelt:

„Gründung eines Unternehmens mit dem Ziel der Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Pflanzenschutzmitteln mit mikrobiologischen Wirkstoffen“

Mit der Bewilligung des Projektes wurde die finan­zielle Basis für die Gründung der „PROPHYTA Biolo­gischer Pflanzenschutz GmbH“ geschaffen.

Die Entwicklung

Es galt also ein biologisches Pflanzenschutzmittel auf Grundlage des Pilzes C. minitans zur Bekämpfung von Sclerotinia spp. zu entwickeln. Dies ist schon für ein großes Pflanzenschutzunternehmen mit allen finanziellen Ressourcen, dem nötigen Formulierungs-Know-how, dem Wissen um die Anforderungen der Zulassung und einem ausgedehnten Vertriebsnetz schwierig genug, für ein kleines, neu gegründetes Unternehmen jedoch fast unmöglich. Dennoch machten sich die Gründer mit zunächst 5 Mitarbeiter an die Arbeit. Was war zu bedenken? Es musste zunächst eine Methode zur massenhaften Vermehrung der Pilzsporen entwickelt werden. Gleichzeitig musste eine Methode zur Separation der Pilzsporen vom Substrat, an dem C. minitans kultiviert werden sollte, erarbeitet, und drittens mussten die Sporen durch eine geeignete Formulierung haltbar und anwendbar gemacht werden.

Die Produktion ausreichender Keime von Mikroorganismen wird gewöhnlich mit Hilfe der Flüssigfermenta­tion durchgeführt. Im Falle von C. minitans stand diese Technologie jedoch nicht zur Verfügung, da der Pilz asexuelle Fruchtkörper, die so genannten Pyknidien, bildet, die in flüssigen Substraten nicht entstehen. Es war daher erforderlich C. minitans an festen Substraten zu kultivieren. Leider stand eine solche Technologie zum damaligen Zeitpunk nicht zur Verfügung. Zumindest waren etwaige Produktionsfermenter, mit deren Hilfe der Pilz kontaminationsfrei vermehrt werden konnte, käuflich nicht zu erwerben. C. minitans ist ein langsam wachsender, konkurrenzschwacher Pilz. Die Abwesenheit anderer Pilze oder Bakterien im Kultursubstrat war daher unbedingt erforderlich, da C. minitans ansonsten von diesen Kontaminanten verdrängt worden wäre. Es wurden also Versuche mit dem Ziel durchgeführt, eine neue Technologie der Feststoff-Fermentation zu ent­wickeln, die geeignet sein musste, einen hohen Sporen­ertrag pro Gramm Kultursubstrat zu realisieren. Die Wirtschaftlichkeitsgrenze liegt etwa bei 3 × 109 Sporen pro Gramm. Diese kann allerdings, je nach dem welche Aufwandmenge pro Hektar letztlich erforderlich ist und welche Preise für die Wettbewerbsprodukte pro Hektar erzielt werden, von Produkt zu Produkt schwanken. Es wurde also ein eigener neuer Fermentertyp (Abb. 2) entwickelt und zum Patent angemeldet. Mit diesem können Mikroorganismen auf 150 – 250 kg Substrat unter axenischen Bedingungen (es wächst nur ein Organismus in einem Substrat) kultiviert werden. Das Substrat und die Kulturbedingungen mussten im Hinblick auf eine maximale Sporenausbeute optimiert werden. So wurden verschiedene Getreidearten, Kleiepellets sowie Abfallprodukte aus der Lebensmittelindustrie getestet, bis ein optimales Substrat gefunden war.

Abb. 2. Fermenter zur Kultur des Pilzes Coniothyrium minitans.

Abb. 2. Fermenter zur Kultur des Pilzes Coniothyrium minitans.

Der neue Fermenter und das gefundene Substrat waren nach einer intensiven Optimierung des Verfahrens letztlich die Grundlage für einen hohen Sporenertrag. Der nächste Schritt bestand nun darin, die Sporen vom Substrat zu trennen. Dieser Schritt ist für die Gewähr­leistung einer hohen Produktqualität außerordentlich wichtig. Auch biologische Pflanzenschutzmittel sollten stets unter Verwendung reiner Wirkstoffe, deren Qualität und Quantität exakt bestimmt werden können, hergestellt werden. Das Ziel bestand also darin, eine reine Sporensuspension zu erhalten. Dies stellte sich aus zweierlei Gründen als schwierig heraus. Erstens werden die Sporen von C. minitans in Pyknidien gebildet und zweitens entstehen diese Pyknidien nicht nur an der Substratoberfläche, sondern im gesamten Substratvolumen. Um die Sporen aus dem Substrat freizusetzen, wurde das gesamte Fermentationsprodukt zunächst feucht vermahlen. Das Resultat ist eine mehr oder weniger homogene Suspension, bestehend aus den Substratresten, dem Pilzmyzel, den Pyknidienhüllen und den Sporen. Da die Sporen aber die weitaus kleinsten Partikel in dieser Suspension sind (sie haben eine Länge von ca. 6 µm), sollte es möglich sein, sie mit Hilfe eines Siebverfahrens abzutrennen. Ein großes Problem stellte dabei der sich auf dem Siebgewebe bildende Filterkuchen dar. Dieser bildet letztlich eine so dichte Schicht, dass die Sporen das Siebgewebe nicht mehr passieren können. Es musste also ein Verfahren entwickelt werden, mit dem es möglich ist, den Filterkuchen kontinuierlich vom Siebgewebe abzulösen, ohne den Prozess dabei zu unterbrechen. Nach ausgiebigen Recherchen wurde jedoch festgestellt, dass eine solche Maschine für die großtechnische Anwendung (ca. 8000 Liter pro Tag) nicht existierte. Es wurde also auch für diesen Prozess eine neue Technologie entwickelt.

Die Arbeit mit reinen Sporen hat den Vorteil, dass die Bestimmung der Anzahl und Vitalität dieser Sporen sehr leicht möglich ist. Damit kann ein Produkt mit genau bestimmten Qualitätsparametern im Hinblick auf die Zahl vitaler Sporen pro Masseeinheit hergestellt und die Qualität des Endproduktes jederzeit überprüft werden. Die Frage war nun, wie aus der gewonnenen Suspension ein Endprodukt hergestellt werden kann, ohne dass es zu erheblichen Vitalitätsverlusten kommt. Es war klar, dass die Sporen irgendwie getrocknet werden mussten, um über eine längere Zeit lagerfähig zu sein. Gleichzeitig musste das fertige Produkt aber derart beschaffen sein, dass es mit herkömmlicher Sprühtechnik appliziert werden kann. Nach Testung der verschiedensten Verfahren stellte sich schließlich die Wirbelschicht-Trocknung als eine mögliche Technologie heraus. Um die Löslichkeit des Endproduktes zu garantieren, wurde die Trocknung mit Hilfe eines wasserlöslichen Trägermaterials vorgenommen. Traubenzucker erwies sich in diesem Zusammenhang als sehr gut geeignet. Das Produkt besteht nun also aus kleinen Traubenzuckerkristallen, die von einer dünnen Sporenschicht umgeben sind und die aufgrund der Bedingungen während des Trocknungsprozesses zu größeren Granulaten agglomerieren. Wir haben es demnach mit einem wasserlöslichen Granulat zu tun.

Die Zulassung

Wenn die Gründer der Prophyta GmbH gewusst hätten, was für ein komplizierter Prozess das Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln ist, hätten sie das Projekt nicht begonnen. Sie waren vielmehr davon ausgegangen, dass ein biologisches Pflanzenschutzmittel auf Grund­lage eines natürlich vorkommenden Pilzes wohl einer formellen Genehmigung bedarf, nicht aber ein kompliziertes Verfahren durchlaufen muss, das dereinst aufgrund des Gefährdungspotentials chemisch-synthetischer Produkte entwickelt wurde. Hätte es ein solches System zu Beginn der Entwicklung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel bereits gegeben, hätten die Winzer, Landwirte und Gärtner nicht nur auf die Bordeauxbrühe sondern wohl auch auf alle danach kommenden Pflanzenschutzmittel verzichten müssen. Den Entwicklern mikrobiologischer Pflanzenschutzmittel mutet man dieses Verfahren jedoch zu, obwohl sie größtenteils kleine Unternehmen sind und die von ihnen entwickelten Produkte ein bei weitem geringeres Gefährdungspotential aufweisen als chemisch-synthetische Präparate.

Wir können nur von Glück reden, das die Europäische Pflanzenschutzrichtlinie 91/414 EWG zum Zeitpunkt der Beantragung der Zulassung in Deutschland noch nicht in bundesdeutsches Recht implementiert war. Während die Zulassung in Deutschland nämlich zwei Jahre in Anspruch nahm, dauerte die Zulassung in der EU sechs Jahre. Ein so langes Verfahren gleich zu Beginn der Einführung des ersten Produktes in den Markt hätte dem jungen Unternehmen mit Sicherheit den Hals gebrochen. So war es aber möglich, erste Produktmengen bereits im Jahr 1997 in Deutschland zu verkaufen.

Das Zulassungsverfahren verlangt die Durchführung zahlreicher toxikologischer und ökotoxikologischer Untersuchungen, die, da sie für chemisch-synthetische Produkte entwickelt wurden, für mikrobiologische Produkte aus wissenschaftlicher Sicht keinen Sinn haben. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, hier auf alle Widersprüche in diesem Zusammenhang hinzuweisen. Deshalb soll hier nur auf einen Sachverhalt hingewiesen werden. Das Präparat enthält 56 Gramm pilzliche Biomasse pro Kilogramm Produkt. Nun ist bekannt, dass Pilze toxische Stoffwechselprodukte bilden können. Pilze, die nicht gentechnisch verändert sind oder züchterisch bearbeitet wurden, produzieren diese jedoch allenfalls im ppm-Bereich. In den meisten Fällen liegt die Konzentration weit unter 100 ppm pro Gramm Biomasse. Der entscheidende Unterschied zwischen chemisch-synthetischen und mikrobiologischen Produkten ist, dass der Wirkstoff in den chemischen Produkten gleichzeitig auch das Toxin ist (wenn denn Toxizität vorliegt), während das Toxin eines mikrobiologischen Produktes lediglich in einer ppm-Konzentration im Wirkstoff vorhanden sein kann. Nehmen wir also an, die 56 g pilzliche Bio­masse enthalten 100 ppm eines toxischen Stoffwechselproduktes. Das würde bedeuten, dass 1 Kilogramm des Produktes 5,6 mg eines möglichen toxischen Stoffes enthielte. Dies wäre eine lächerlich geringe Menge, die sogar in Lebensmitteln toleriert wird. Entsprechend wurden in den Studien zur Untersuchung der toxischen Wirkung des Produktes keine Gefährdungen festgestellt, was jedoch erst nach der Tötung dutzender Versuchstiere möglich war.

Im Zulassungsverfahren wird neben der Gefährlichkeit eines Produktes auch die Wirksamkeit untersucht. Leider gibt es einige Präparate auf dem Markt, wie zum Beispiel auch einige Pflanzenstärkungsmittel, die den Wirksamkeitsanforderungen nicht gerecht werden. Sie schaden dem Ansehen der wirklich guten Präparate. Daher ist es wichtig, dass den biologischen Pflanzenschutzmitteln mit ihrer Zulassung eine ausreichende Wirkung zertifiziert wird. Es mussten also amtliche Prüfungen durchgeführt werden, mit deren Hilfe die Eignung des Präparates zur Bekämpfung von S. sclerotiorum eindrucksvoll bestätigt werden konnte.

Die Produktion

Nachdem die Zulassung zur Anwendung des Produktes im Rapsanbau 1998 in Deutschland erteilt worden war, galt es, eine Produktionsanlage zur Herstellung des Produktes zu errichten. Dies war der nächste große Schritt bei der Einführung dieses biologischen Fungizides in die Praxis. Es wurde also ein Business-Plan erarbeitet, der die Entwicklung des Marktes für das Produkt sehr optimistisch darstellte. Mit diesem in der Hand wurden die verschiedenen Banken konsultiert und versucht, die Finanzierung der Produktionsanlage abzusichern. Die gewählte Herangehensweise war sicher der Unerfahrenheit der Gründer geschuldet. Ein Unternehmen ohne nennenswertes Eigenkapital wird bei einem solchen Versuch, zumal wenn es sich um ein so exotisches Projekt handelt, wohl nur belächelt. Die Finanzierung musste daher mittels Beteiligungskapital, das sehr viel teurer ist als ein Bankdarlehen, realisiert werden. Außerdem mussten die Gründer ca. 30% ihrer Geschäftsanteile an die Beteiligungsgesellschaften abgeben. Entscheidend war jedoch letztlich, dass die Produktionsanlage errichtet werden konnte. Der Bau wurde im Frühjahr 1999 in Angriff genommen, und die Anlage wurde im Januar des Folgejahres, nachdem ca. 5 Mio. DM investiert worden waren, in Betrieb genommen. Sie hatte eine Produktionskapazität von 160.000 kg pro Jahr.

Die Vermarktung

Bereits im Jahr 1997 begannen die ersten Bemühungen zur Vermarktung des Produktes. Zu diesem Zweck wurde ein neuer Mitarbeiter eingestellt, dessen Aufgabe es vorrangig war, Vertriebspartner für das neue Fungizid zu finden. Auch auf diesem Gebiet war die Prophyta GmbH völlig unerfahren. Zunächst wurde daher versucht, den Vertrieb unter Einbeziehung des genossenschaftlichen und privaten Landhandels selbst zu realisieren. Das Interesse an dem neu entwickelten Produkt, das sich zudem noch gegen bekannte, hoch wirksame chemisch-synthe­tische Produkte behaupten sollte, war außerordentlich gering. Es wurde daher ein Außendienst organisiert, der das Produkt im Markt bekannt machen sollte. Diese aus fünf Mitarbeitern bestehende „Sales Force“ war eine kostspielige und wenig wirksame Investition, was jedoch nicht an den eingesetzten Mitarbeitern lag. Es ist vielmehr so, dass fünf Leute den Markt in Deutschland lange nicht abdecken können und dass Vertreter, die lediglich ein einzelnes Produkt bewerben, weder beim Landwirt noch beim Vertrieb auf großes Interesse stoßen. Außerdem erfordert ein biologisches Pflanzenschutzmittel einen höheren Erklärungsaufwand als herkömmliche Produkte. Die Geschäftsführung musste bald einsehen, dass der beschrittene Weg, den Vertrieb des Produktes zu organisieren, nicht den erwünschten Erfolg haben würde. Sie war daher froh, als sich mit der Firma Belchim Crop Protection ein Unternehmen fand, das das neue Präparat mit in seine Liste der zu vertreibenden Produkte aufnehmen wollte. Von diesem Zeitpunkt an wurde der Vertrieb ausschließlich unter Nutzung professioneller Vertriebsunternehmen organisiert. In der Zwischenzeit hat die Prophyta GmbH Vertriebsverträge mit ca. 20 internationalen Vertriebsunternehmen abgeschlossen, die ihre Produkte in etwa 30 Ländern mehr oder weniger erfolgreich vertreiben. Es muss dennoch gesagt werden, dass die Markteintrittswiderstände immer wieder sehr hoch sind. Biologische Pflanzenschutzmittel genießen bei weitem noch nicht die Anerkennung auf den internationalen Märkten wie chemisch-synthetische Produkte. Die Vertriebspartner der Prophyta GmbH haben daher bei der Einführung eines neuen Produktes immer wieder große Widerstände zu überwinden. Während sich ein herkömmliches Produkt durch geeignete Maßnahmen der Werbung relativ leicht in den Markt einführen lässt, benötigt ein biologisches Pflanzenschutzmittel mehrere Jahre, in denen es von den Landwirten zunächst getestet wird, bevor es sich am Markt etabliert hat. Das Vertrauen in die biologischen Produkte wird sich erst durch eine langjährige angestrengte Arbeit mit den Kunden ent­wickeln. Dazu ist es auch erforderlich, dass die Kunden nur mit wirklich wirksamen Produkten konfrontiert werden. Eine Reihe von biologischen Pflanzenstärkungsmitteln weist die erforderliche Wirksamkeit nicht auf. Ihr Verkauf und Einsatz als biologische Präparate kann das Ansehen der amtlich geprüften biologischen Pflanzenschutzmittel stark beschädigen. Es sollte daher überlegt werden, ob nicht auch die Pflanzenstärkungsmittel einer amtlichen Überprüfung ihrer Wirkung unterzogen werden sollten.

Stand der Unternehmensentwicklung und Perspektiven

In der Zwischenzeit hat die Prophyta GmbH zwei biolo­gische Pflanzenschutzmittel vollständig entwickelt und zur Zulassung gebracht. Dabei handelt es sich um das biologische Fungizid Contans®WG und das biologische Nematizid BioAct®, das wiederum in zwei verschiedenen Formulierungen, einer WP- und einer WG-Formulierung, vorliegt. Die Produktionsanlage wurde erweitert und hat nun eine Kapazität von ca. 700 Tonnen pro Jahr. Neben den eigenen Produkten werden Pilzsporen im Auftrag anderer Unternehmen produziert. Diese kommen zum Beispiel in biologischen Insektiziden zum Einsatz. Die Prophyta GmbH arbeitet an insgesamt vier weiteren Produkten (zwei Fungizide und zwei Insektizide). Alle Produkte basieren auf der vom Unternehmen entwickelten Technologie. Sie nutzen daher die natürlichen antagonistischen Wechselwirkungen, die Krankheits- oder Schaderreger mit pilzlichen Mikroorganismen im Laufe der Evolution entwickelt haben, und machen diese für den biologischen Pflanzenschutz verfügbar.


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