JfK Kopfgrafik
Home / Archiv / Bd. 62 Nr. 3 (2010) / Originalarbeit – Kurzmitteilung
Originalarbeit – Kurzmitteilung

Erfahrungen mit biologischen Pflanzenschutzmaßnahmen im Gartenbau

Experiences with biological control in horticulture

Reinhard Albert
Institut
Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) – Außenstelle Stuttgart

Journal für Kulturpflanzen, 62 (3). S. 84–88, 2010, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2010.03.06, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Reinhard Albert, Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) – Außenstelle Stuttgart, Reinsburgstr. 107, 70197 Stuttgart, E-Mail: reinhard.albert@ltz.bwl.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Februar 2010

Zusammenfassung

Seit 1979 werden in Baden-Württemberg Nützlinge wie Encarsia formosa und Phytoseiulus persimilis in Gartenbaubetrieben eingesetzt. Die erfolgreiche Demonstration des Nützlingseinsatzes in Pilotbetrieben sorgte für die Akzeptanz des Verfahrens in vielen Betrieben. Die Verbreitung des biologischen Pflanzenschutzes konnte durch die Einrichtung von Beratungs- und Betreuungsdiensten weiter gefördert werden. Für einzelne Kulturen wurden von der ehemaligen Landesanstalt für Pflanzenschutz Gesamtkonzepte zum Nützlingseinsatz entwickelt und der Praxis empfohlen. Durch mittlerweile mehr als 50 Nützlingsarten konnten zusätzliche Anwendungs­gebiete im Zierpflanzenanbau und im Innengrünbereich erschlossen werden. Problematisch war das Auftreten neuer z.T. hochgradig gegen Pflanzenschutzmittel resistenter Adventivarten (invasive Arten). Hier konnte der Nützlingseinsatz viele Probleme lösen. Der Nützlings­einsatz ist in vielen Gemüsekulturen unter Glas in Baden-Württemberg mittlerweile Standard und wird auf annähernd 100 % der Fläche in Tomaten, Gurken, Auberginen etc. durchgeführt. In Zierpflanzenkulturen steigt die Akzeptanz. Wichtig ist es, den Nützlingseinsatz durch Innovationen stetig zu vereinfachen und zu verbessern.

Stichwörter: Nützlingseinsatz, Weiße Fliege, Encarsia formosa, Einsatzflächen, Flächenausweitung

Abstract

Beneficial insects like Encarsia formosa and Phytoseiulus persimilis have been introduced into greenhouses in Baden-Wuerttemberg since 1979. The demonstration of the successful use of biological pest control in pilot greenhouses helped growers to accept the new plant protection method. The acceptance of the method was further promoted by newly established consulting and advisory services. For a number of cultures the former State Institute for Plant Protection in Stuttgart developed concepts for the use of beneficials that include all aspects of plant protection. These concepts were recommended to the growers. In the meantime, more than 50 species of beneficials are available in Germany. Thus, additional areas of application like ornamentals and interior plantscapes were opened for biocontrol. An important problem has always been the unintentional importation of pest species (invasive species) like Frankliniella occidentalis, Bemisia tabaci or Liriomyza huidobrensis, which are often highly resistant against many insecticides. Here the use of biocontrol solved many problems. Meanwhile, the use of beneficials is the standard procedure in protected vege­table cultures (cucumbers, eggplants, tomatoes etc.) in Baden-Wuerttemberg, being applied on nearly 100 per cent of the glasshouse area cultivated with these crops. In ornamental plant production the acceptance of biocontrol is still increasing. It is important to constantly simplify and improve the use of beneficials by innovations.

Key words: Biological pest control, whitefly, Encarsia formosa, area with biological pest control, increase of area

Geschichtlicher Rückblick

Versuche zum Einsatz von Nützlingen im Unterglasanbau in Baden-Württemberg waren Ende der 60er Jahre wegen fehlender integrierbarer Pflanzenschutzmittel fehlgeschlagen. Die Versuchstiere wurden damals von der Firma Maag AG in der Schweiz bezogen.

Seit 1979 werden in Baden-Württemberg Nützlinge im Gartenbau unter Glas auf steigender Fläche angewandt (Albert und Meinert, 1991). Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre wurden im Gartenbau in Deutschland nur zwei Nützlingsarten eingesetzt: Phytoseiulus persimilis gegen Spinnmilben an Gurke und Encarsia formosa gegen die Gemeine Gewächshaus Weiße Fliege an Tomate und Gurke (Albert und Burghause, 1988). Bezogen wurden die Nützlinge ausschließlich von der Firma Koppert BV in den Niederlanden.


Damals gab es häufiger Probleme mit:

• der Verfügbarkeit der Nützlinge,

• Zollformalitäten; der Zoll kontrollierte die Sendungen und häufiger blieben die Tiere dann auf dem Schreibtisch eines Mitarbeiters (z.B. Tierarzt) längere Zeit bis zu ihrem Dahinsiechen liegen,

• der Quantität und Qualität der Nützlinge aufgrund des langen Transportwegs.

Anfänge der Integrierten Produktion im Unterglas­anbau

Zur Bekämpfung weiterer Schädlinge wurden damals integrierbare Mittel wie Pirimor Granulat zum Auflösen in Wasser (Pirimicarb) gegen Blattläuse und Torque (Fenbutinoxid) zur Regulierung der Spinnmilben angewandt.

Förderung des Nützlingseinsatzes

Um die Bezugssituation und die Anwendung der Nütz­linge zu verbessern, musste ab Mitte der 80er Jahre mehrgleisig gefahren werden. Der Nützlingsbezug wurde durch Aufbau und Unterstützung einer oder mehrerer deutscher bzw. baden-württembergischer Nützlings­produktionen verbessert. Das Verfahren konnte durch Beispiele bekannt gemacht werden. Hierzu wurden mehrere Vorzeige- bzw. Pilotbetriebe in Nordbaden, Nordwürttemberg sowie auf der Insel Reichenau gefunden, in denen durch intensive Betreuung des Nützlingseinsatzes das Verfahren der Praxis demonstriert wurde. Wichtig war auch die Untersuchung von Pflanzenschutzmitteln auf ihre Nebenwirkung auf die beiden Nützlingsarten Encarsia formosa und Phytoseiulus persimilis in Praxis­betrieben. Nach guten Erfahrungen mit dem biologischen Pflanzenschutz an Tomaten und Gurken wurde das Verfahren dann in gärtnerischen Fachzeitschriften, besonders auch bei Vorträgen und in Broschüren zum Beispiel des aid propagiert (Albert et al., 2007). Insgesamt steckte um 1985 der Nützlingseinsatz im Unterglasanbau in Deutschland aber noch in den Kinderschuhen. Um den biologischen Pflanzenschutz breiter in der Praxis zu verankern, wurde mit der Entwicklung von Bekämpfungsstrategien für viele Kulturen des Unterglasanbaus von Gemüse, Zierpflanzen (Albert und Schneller, 1989), Kräutern (Ruisinger und Backhaus, 1994) sowie an der Innenraumbegrünung an verschiedenen Institutionen in Deutschland (darunter die ehemalige Landesanstalt für Pflanzenschutz in Stuttgart) begonnen.

Strategie eines Gesamtkonzeptes

Dafür war bei unseren Versuchen eine Gesamtstrategie notwendig. Jede Kultur musste ganzheitlich betrachtet werden. Bei den Labor- und Praxisversuchen mussten alle Haupt- und Nebenschädlinge und teilweise auch pilzliche Schaderreger bekämpft werden. Ziel war es stets, ein Gesamtkonzept, das den Nützlingseinsatz sowie den Einsatz nützlingsverträglicher Pflanzenschutzmittel beinhaltete, für die jeweilige Kultur zu entwickeln. Hierbei lag, wie es später auch das Pflanzenschutzgesetz forderte, das Schwergewicht stets auf dem biologischen Pflanzenschutz, in diesem Fall dem Nützlingseinsatz. Hilfreich war der stetige Anstieg der in Deutschland angebotenen Nützlingsarten (Tab. 1) (Albert und Schneller, 1993 und 1995).

Tab. 1. Entwicklung des Angebotes tierischer Nützlingsarten für den Gartenbau mit Innenraumbegrünung, die Landwirtschaft und den Vorratsschutz in Deutschland

Jahr

1980

1988

1991

1992

1993

1995

1996

1997

2005

2008

Angebotene Nützlingsarten

3

9

14

34

32

48

53

57

55

56

Vom Markt genommene Nützlingsarten

   

–5

–3

–1

  

–2

 

Neue Aufgaben

Durch die neu auf den Markt gekommenen Nützlings­arten ergaben sich bis dahin ungeahnte Bekämpfungsmöglichkeiten z.B. im Gemüsebau, aber besonders bei Zierpflanzenkulturen und an der Innenraumbegrünung. Durch die Ausweitung des Nützlingseinsatzes auf Kulturen des Zierpflanzenbaus und die Innenraumbegrünung mussten neue Aufgaben bewältigt werden.

• Eine exakte Schädlingsbestimmung wurde besonders bei Blatt- und Schildläusen für die entsprechende Nützlingsauswahl notwendig.

• Regelmäßig mussten neue Nützlinge in Hinblick auf ihre Wirkung auf der jeweiligen Pflanzenart, das wirksame Stadium auf der Pflanze, die notwendige Einsatzmenge, die Kosten und die Insektizidempfindlichkeit untersucht werden.

• Die Integration neuer Nützlinge zur Einsparung von Pflanzenschutzmitteleinsätzen in bestehende Kon­zepte wurde vorangetrieben.

• Hierbei mussten auch die Bekämpfung von Schad­pilzen sowie klimatische Bedingungen im Gewächshaus berücksichtigt werden. Die finanzielle Förderung besonders durch das Ministerium Ländlicher Raum Baden-Württemberg (MLR) machte viele Unter­suchungen erst möglich (Albert et al., 1990).

Resistente Adventivarten (invasive Arten)

Der Nützlingseinsatz wurde zudem zunehmend wichtiger (Albert, 2000), weil neue z.T. gegen Pflanzenschutzmittel hochgradig resistente Schädlinge im Unterglas­anbau auftraten (Tab. 2) (Albert und Schneller, 1995), gegen die Nützlinge als geeignetste Bekämpfungsmethode erprobt werden mussten.

Tab. 2. Problemschädlinge im Unterglasanbau und ihre Bekämpfung

Jahr

1986

1987

1989

1991

1996

1997

1998

2002

Schädling

Frankliniella occidentalis

Bemisia tabaci

Aphis gossypii an Gurken

Liriomyza huidobrensis

Aulacorthum solani, Macrosiphum euphorbiae

Empoasca decipiens

Aculops lycopersici

Pentaleus major

Nach dem Auftreten oder später erprobte Nützlinge

Amblyseius cucumeris, A. barkeri, A. swirskii

Encarsia formosa, Eretmocerus mundus, E. eremicus

Aphidius matricariae, Orius spec., Aphelinus abdominalis, Lysiphlebus testaceipes, Praon volucre, Episyrphus balteatus

Dacnusa sibirica, Diglyphus isaea

Aphidius ervi, Aphelinus abdominalis

Anagrus atomus

  

Momentan eingesetzte Nützlinge

Amblyseius cucumeris

E. formosa, E. mundus, E. eremicus

Aphidius colemani, Aphidoletes aphidimyza, Lysiphlebus testaceipes = Offene Zucht, integrierbare Mittel

D. sibirica, D. isaea

A. ervi

(Integrierbare Mittel)

(Integrierbare Mittel und A. cucumeris)

(Klima im Gewächshaus)

Resistenzen sind in Baden-Württemberg schon länger manifest, z.B. die Resistenzen gegen einige Pyrethroide von Populationen der in Tab. 3 genannten Schädlinge, andere wurden erst in jüngerer Zeit erkannt.

Tab. 3. Vermutete und bekannte Resistenzen verschiedener Schädlingsarten des Unterglasanbaus

 

Pyrethroide

Confidor (Imidacloprid)

Conserve (Spinosad)

Pirimor (Pirimicarb)

Aphis gossypii

X

  

X

Aulacorthum solani

   

X

Bemisia tabaci

X

X

  

Frankliniella occidentalis

X

 

X

 

Trialeurodes vaporariorum

X

   

Aktuelle Situation

Schon länger vorhandene, aber eher seltenere Schädlingsarten wie Schmierläuse (Pseudococcus viburni), Weichhautmilben (Polyphagotarsonemus latus) und Schildläuse sind in letzter Zeit wesentlich häufiger auf Pflanzen zu finden und verursachen zunehmende Schäden an Zierpflanzen und an der Innenraumbegrünung. Im Gewächshausboden von Gemüsebeständen (Tomate) treten die Larven des Schnellkäfers Agriotes ustulatus auf. Diese Schädlinge lassen sich ebenso wie Ohrwürmer (Dermaptera), Schadwanzen (Heteroptera), manche Raupen (Lepidoptera) und kleine Gehäuseschnecken (Gastropoda) biologisch nur unzureichend oder gar nicht bekämpfen. Weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sind hier dringend erforderlich.

Beratung beim Nützlingseinsatz

Der Nützlingseinsatz ist nicht immer erfolgreich. Besonders wenn Gärtner oder Privatpersonen die Nützlinge ohne entsprechende Beratung einsetzen, gelingt er nicht immer. Einige Gründe für ein Misslingen sind in Tab. 4 aufgeführt.

Tab. 4. Mögliche Gründe für Misserfolge beim biologischen Pflanzenschutz:

– unzureichende Kontrollen der Bestände,

– Rückstände von nützlingsunverträglichen Pflanzenschutzmitteln auf und in den Pflanzen oder im Gewächshaus (Boden, Energieschirm, Gewächshauskonstruktion),

– zu geringe Nützlingsmengen,

– falsche Nützlingsart, schlechte Nützlingsqualität, verspätete Lieferung und/oder zu später Nützlingseinsatz oder falsche Ausbringung,

– falsche Mittelanwendung oder Anwendung nicht integrierbarer Mittel,

– fehlende Beratung,

– notwendige Bekämpfung von Schadorganismen und Schädlingen mit unverträglichen Mitteln.

Um solche Fehler so gut wie möglich zu vermeiden, wurden schon 1989 und 1990 Beratungsdienste in Baden-Württemberg eingerichtet, die Gärtner beim Nützlingseinsatz tatkräftig unterstützen. Nach mehreren Erweiterungen gibt es jetzt 5 Beratungsdienste mit 13 Mitarbeitern. Andere staatliche und halbstaatliche Berater – wie z.B. die Baumschulberater – sind ebenfalls zeitweilig mit dem Nützlingseinsatz befasst. Jeder Berater ist für ca. 50 Betriebe zuständig, die sehr unterschiedliche Größe haben können. Die Vorteile, die regelmäßige Besuche eines Beraters einem Gartenbaubetrieb bringen, sind in Tab. 5 aufgetragen.

Tab. 5. Regelmäßige Besuche eines Nützlingsberaters sorgen für:

– gute und regelmäßige Überwachung der Pflanzen/Bestände,

– sichere Nützlingsbestellung,

– prophylaktische oder befallsorientierte Nützlings­ausbringung,

– Vermeidung von Anwendungsfehlern,

– deutliche Verringerung der Zahl der Anwendungen und Einsparung von Pflanzenschutzmitteln (Insektizide und Fungizide),

– schnelles Eingreifen bei Fehlentwicklungen,

– ein Durchhalten der Betriebsleiter und Mitarbeiter beim Nützlingseinsatz,

– Reduzierung der Schädlingsprobleme.

Umfang des Nützlingseinsatzes in Baden-Württemberg

Der Einsatz von Nützlingen zur biologischen Schädlingsbekämpfung wird nach intensiven Versuchen der ehemaligen Landesanstalt für Pflanzenschutz und aufgrund der guten Beratung durch die Beratungsdienste und die noch vorhandene staatliche Beratung mittlerweile in vielen Kulturen des Gemüse- und Zierpflanzenbaus in Baden-Württemberg durchgeführt. In den folgenden Sätzen sind hinter der jeweiligen Kultur die Flächen mit Nützlingseinsatz im Jahre 2007 (letzte landesweite Erhebung) aufgetragen. Dies sind Aubergine (2,4 ha), Bohne (3,1 ha), Erdbeere (10,4 ha), Gemüse- und Kräuterjungpflanzen (4,5 ha), Gurke (45 ha), Kräuter (5,7 ha), Melone (0,4 ha), Paprika (5,8 ha), Salate unter Glas (1,3 ha) Tomate (62,6 ha), Zucchini (0,5 ha) sowie weitere Kulturen (2,3 ha). Auch bei vielen Zierpflanzen werden Nützlinge angewandt: Beet- und Balkonware (16,8 ha), Grünpflanzen/Innengrün und anderes (4,2 ha), Schnittblumen wie Chrysantheme, Gerbera und Rose (14,0 ha) und Topfpflanzen (22,4 ha).

Nach der letzten Erhebung wird der Nützlingseinsatz in Gemüse unter Glas in vielen Gebieten Baden-Württembergs auf 100% der möglichen Fläche durchgeführt. Bei Zierpflanzen unter Glas ist die Anwendungshäufigkeit recht unterschiedlich, bei Schnittblumen wird ca. 20% der möglichen Fläche erreicht, bei Topfpflanzen dagegen ca. 70%. Sehr erfreulich sieht es in Unterglaslandschaften in Schwimmbädern, Botanischen und Zoologischen Gärten sowie Verkaufsgewächshäusern aus; hier erfolgt der Nützlingseinsatz auf ca. 70% bis 100% der möglichen Fläche.

Probleme mit dem Nützlingseinsatz

Es gibt verschiedene Gründe, warum Gärtner den biologischen Pflanzenschutz ablehnen (Tab. 6). Vielen ist der Nützlingseinsatz einfach ein zu „kompliziertes Verfahren“. Andere meinen, dass sie keine Nützlinge benötigen, weil es ja so gut wirksame Pflanzenschutzmittel wie Vertimec (Abamectin) gegen Spinnmilben, Conserve (Spinosad) gegen Thripse und Confidor (Imidacloprid) gegen Blattläuse und Weiße Fliegen gibt. Häufig wird dann das jeweilige Mittel bei Fungizidanwendungen gleich „in einem Aufwasch“ mit angewandt oder umgekehrt. Solche Tank­mischungen sind bei einigen Anwendern sehr beliebt. Insgesamt ist das aber wegen der mitunter nach erfolgter Zulassung schnell auftretenden Resistenzen viel zu kurz gedacht. Manche Betriebe meinen, ganz ohne Pflanzenschutzmaßnahmen auskommen zu können. Kein Pflanzenschutz ist aber nur dann die beste und billigste Methode, wenn die Qualität der Pflanzen anschließend stimmt.

Tab. 6. Gründe, warum nicht alle Betriebe Nützlinge an­wenden:

– solange es wirksame Insektizide/Akarizide gibt, versuchen viele Betriebe damit zurechtzukommen,

– ohne sinnvolle und zielgerichtete Beratung funktioniert der Nützlingseinsatz häufig nicht,

– Misserfolge bei eigenständigem Einsatz wirken lange nach,

– geringer Schädlingsbefall (z.B. bei der Beet- und Balkonware, Topfpflanzen u.a.),

– die Beratungsmöglichkeit zum Nützlingseinsatz ist nicht überall im Land vorhanden.

Vereinfachung des Nützlingseinsatzes und Innovationen

Innovationen beim Nützlingseinsatz sind dringend erforderlich: gute Beispiele dafür sind Produkte wie Amblyseius cucumeris und A. swirskii in Tüten, das Applikations­system ‘Amblyline’ (A. cucumeris in langen Bändern) der Firma Syngenta oder die Ausbringung von insektenparasitischen Nematoden mittels AquaNemix-Gerät. Weitere Methoden zur Vereinfachung des Nützlingseinsatzes sollten entwickelt werden. Auch die Müllreduktion bei den Nützlingsverpackungen ist notwendig. Die Reduktion oder die Vermeidung von Kunststoffrückständen in deren Resten sowie der Einsatz abbaubarer Kunststoffe führt zu biologisch abbaubaren Verpackungen. Firmen wie die Nützlingsproduzenten Sautter & Stepper GmbH und Katz Biotech AG kümmern sich intensiv darum.

Soll der „Biologische Pflanzenschutz“ nicht nach der Einführung neuer, sehr gut wirksamer Insektizide sterben, müssen weitere biologische Bekämpfungsmöglichkeiten für schwer bekämpfbare Schädlinge wie Schmierläuse, Schildläuse und Thripse gefunden werden. Auch die biologische Bekämpfung von Schadpilzen sollte in Zukunft in größerem Umfang möglich sein.

Literatur

Albert, R., F. Burghause, 1988: Entwicklung der biologischen Schädlingsbekämpfung im Unterglasanbau von Gemüse in Südwestdeutschland. Mitt. dtsch. Ges. allg. angew. Ent. 6, 226-232.

Albert, R., H. Schneller, 1989: Biologische Schädlingsbekämpfung im Zierpflanzenbau. Med. Fac. Landbouww. Rijksuniv. Gent 54/3a, 873-882.

Albert, R., G. Neuffer, H. Schneller, 1990: Erfahrungsbericht über das Projekt „Förderung des Nützlingseinsatzes im Gemüsebau in Baden-Württemberg“ in den Jahren 1987 und 1988. Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd. 42, 17-21.

Albert, R., G. Meinert, 1991: Entwicklung der biologischen Schädlingsbekämpfung in Baden-Württemberg seit 1987. Gesunde Pflanzen 43 (4), 107-113.

Albert, R., H. Schneller, 1993: Die Nützlingspalette wird breiter. DeGa 47 (17), 1102-1105.

Albert, R., H. Schneller, 1995a: Neue Nützlinge im Objektbereich. gestalten und verkaufen (8), 47-51.

Albert, R., H. Schneller, 1995b: Resistenzen und Präparatemangel verteuern die Bekämpfung der Blattläuse. TASPO Magazin 23 (8), 36-38.

Albert, R., 2000: Entwicklung des Nützlingseinsatzes im Unterglasanbau in Baden-Württemberg. Mitt. Biol. Bundesanst. Land- Forstwirtsch. Berlin-Dahlem Heft 376, 583-584.

Albert, R., S.A. Hassan, G.-A. Langenbruch, 2007: Biologischer Pflanzenschutz. aid H. 1030/2007, Bonn 105 S.

Ruisinger, M., G.F. Backhaus, 1994: Nützlinge gegen Minierfliegen an Topfkräutern. DeGa 48 (2), 94-98.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
Verlag
Eugen Ulmer KG
Ulmer-Logo
Verantwortlicher Herausgeber
Präsident und Professor
Prof. Dr. Frank Ordon
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Schriftleitung
Dr. Anja Hühnlein
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
E-Mail: journal-kulturpflanzen@julius-kuehn.de
Co-Schriftleitung
Dr. Ulrike Stahl
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Layout/Technische Umsetzung
mediaTEXT Jena GmbH
mediaTEXT-Logo
Julius Kühn-Institut (JKI)
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
 
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Deutschland
Fon: 03946 47-0
Fax: 03946 47-255
Mail: poststelle@julius-kuehn.de
De-Mail: poststelle@julius-kuehn.de-mail.de
Impressum
 
Diese Zeitschrift wird vom Julius Kühn-Institut herausgegeben.
JKI-Logo