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Originalarbeit

Dauerfeldversuche auf dem Versuchsfeld Dahnsdorf unter besonderer Berücksichtigung der Unkrautbekämpfung

Long-term trials on the experimental station Dahnsdorf in special consideration of weed control

Bernhard Pallutt1, Marga Jahn1, Bernd Freier1 und Eckard Moll2
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung im Pflanzenschutz, Kleinmachnow1
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Zentrale Datenverarbeitung, Kleinmachnow2

Journal für Kulturpflanzen, 62 (7). S. 238–247, 2010, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2010.07.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Bernhard Pallutt, Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenab­schätzung im Pflanzenschutz, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, Germany, E-Mail: bernhard.pallutt@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Mai 2010

Zusammenfassung

Im Herbst 1995 wurde der Dauerfeldversuch „Strategievergleich – umweltschonender Pflanzenschutz“ angelegt, der zwei Fruchtfolgerotationen (12 Jahre) umfasste. Am Beispiel einer getreidebetonten Fruchtfolge und 3 Stufen der Herbizidanwendung wurde der Einfluss der Herbizid­intensität auf die Entwicklung der Verunkrautung und die Getreideerträge untersucht.

Der ständige Einsatz halbierter Herbizidaufwandmengen führte allmählich zu einer Zunahme der Verunkrautung im Vergleich zur situationsbezogenen Dosierung. Hierbei nahmen in den ersten sechs Jahren vor allem Apera spica-venti, Viola arvensis und Matricaria spp. zu. Am Ende der 2. Rotation der 6-feldrigen Fruchtfolge wurde insbesondere bei Centaurea cyanus und Matricaria spp. ein Anstieg des Auflaufs festgestellt.

Beim herbizidbedingten Mehrertrag waren die Differenzen zwischen den Herbizidaufwandmengen in der 1. Rotation meist gering. In der 2. Rotation konnte mit der Anwendung der halbierten Herbizidaufwandmenge der unkrautbedingte Ertragsverlust nur noch teilweise unterbunden werden. Die Anwendung der situationsbezogenen Aufwandmenge führte in Weizen und Gerste zu wesentlich höheren Mehrerträgen.

Der Einsatz reduzierter Herbizidaufwandmengen ist nur mit Hilfe von situationsbezogenen Dosierungen, deren Höhe meist 50 bis 100% der zugelassenen Herbizidaufwandmengen beträgt, dauerhaft möglich. Sichere Aussagen zur Nachhaltigkeit der Anwendung reduzierter Herbizidaufwandmengen sind nur in Dauerfeldversuchen zu erzielen. Der Untersuchungszeitraum sollte in Abhängigkeit von den Standortbedingungen, der Ausgangsverunkrautung, der Bodenbearbeitung und der Fruchtfolge mindestens 10, besser ca. 20 Jahre betragen.

Stichwörter: Erträge, Getreide, Herbizidaufwandmengen, Langzeiteffekte, Populationsdynamik

Abstract

The long-term trial “Comparing strategies for environmentally sound plant protection” was established in autumn 1995. The period of investigation covered 12 years. The influence of the herbicide intensity was investigated. The development of weed infestation and cereal yields was examined for a crop rotation with two-third cereals and three different herbicide applications. The permanent application of half of the situation-related herbicide dose caused a step by step increase in weed infestation compared to the situation-related dose. In the first six years the occurrence of Apera spica-venti, Viola arvensis and Matricaria spp. increased particularly. At the end of the second crop rotation after 12 years, an increase in the density of Centaurea cyanus and Matricaria spp. was found. The differences of yield increase caused by herbicide application were mostly low during the first crop rotation for both herbicide doses. For the second crop rotation, the application of half of the situation-related herbicide dose did only partially prevent yield losses. The application of situation-related herbicide doses in contrast led to significant higher yield increases in wheat and barley.

In the long run the permanent application of reduced herbicide doses can only be successful if the herbicide dose is situation-related and between 50 to 100% of the authorised dose. Reliable assessments of the sustainability of reduced herbicide doses are attainable in long-term trials only.

The period of investigation should be at least ten better twenty years. This depends on the local conditions, the weed infestation at the beginning, soil tillage and crop rotation.

Key words: Cereals, herbicide dose, long-term effects, population dynamics, yields

1 Einleitung

Forderungen zur deutlichen Senkung des Pflanzenschutzmittelverbrauchs gibt es seit den 1980er Jahren. So wurde in Dänemark im Jahr 1986 ein Reduktionsprogramm mit dem Ziel, den Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln innerhalb von 10 Jahren zu halbieren, beschlossen (Kudsk, 1989).

Politische Vorgaben zur Reduzierung der Intensität der Pflanzenschutzmittel-Anwendungen, aber auch die Notwendigkeit der Kostensenkung verstärkten national und international Untersuchungen zur Anwendung von reduzierten Herbizidaufwandmengen (Kudsk, 1989; Davis und Whiting, 1990; Gummesson und Fogelfors, 1990; Pallutt und Hofmann, 1990; Salonen, 1990; Christensen, 1993).

In diesen Versuchen mit jährlichem Ortswechsel der Varianten verursachten die reduzierten Herbizidaufwandmengen nur geringe Wirkungs- und Ertragsverluste, so dass daraus die Möglichkeit der Nutzung reduzierter Herbiziddosierungen abgeleitet wurde. Mit einer solchen experimentellen Vorgehensweise können Erkenntnisse zu populationsdynamischen Effekten bei der Verunkrautung nicht gewonnen werden.

Kudsk (1989) regte deshalb an, neben der aktuellen Wirkung auf den Bekämpfungserfolg und den Ertrag auch die Langzeiteffekte zu ermitteln. Die dazu nur vereinzelt durchgeführten Dauerfeldversuche (Wright et al., 1993; Pallutt und Grübner, 2004) belegen, dass der ständige Einsatz stark reduzierter Herbizidaufwandmengen längerfristig zu einer Zunahme der Verunkrautung und durch Selektion schwer bekämpfbarer Arten zu einer unerwünschten Veränderung in der Zusammensetzung der Verunkrautung führen kann.

In Deutschland haben die Bestrebungen zu einer deutlichen Senkung des Pflanzenschutzmittelverbrauchs ihren Niederschlag im Reduktionsprogramm chemischer Pflanzenschutz (BMVEL, 2004), welches die Begrenzung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß zum Ziel hatte, gefunden.

Aus diesen Gründen erfolgte – ausgehend von den an den Standorten Kötschau und Glaubitz gewonnenen Erfahrungen zur Unkrautbekämpfung, die die Bedeutung von Dauerfeldversuchen zur Ableitung von Aussagen zur Nachhaltigkeit der verschiedenen Maßnahmen zur Unkrautbekämpfung aufzeigten, –im Herbst 1995 an dem Standort Dahnsdorf die Anlage eines Dauerfeldversuches, der einen Strategievergleich zu umweltverträglichen Methoden des Pflanzenschutzes ermöglicht.

Er umfasste den Vergleich zwischen dem integrierten und dem ökologischen Pflanzenbau mit den dazugehörigen Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutzes und den Pflanzenschutzmaßnahmen des Ökologischen Landbaues. Hierbei wurden beim integrierten Anbau Herbizide und Fungizide im Getreide und Herbizide und Insektizide im Raps als Prüffaktoren einbezogen.

Darüber hinaus wurden in den darauf folgenden Jahren weitere den Pflanzenschutz betreffende Dauerfeldversuche angelegt:

• Gentechnikversuch zur Abschätzung des Risikos des Anbaus von Glufosinat-resistentem Raps und Mais (1998-2000)

• Wirkung von Fruchtfolge, Düngung und Pflanzenschutzmittelanwendung (Anlagejahr 1998)

• Strategien zur Minderung der Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel (Anlagejahr 2003).

2 Material und Methoden

2.1 Standortbeschreibung

Das 38 ha große Versuchsfeld (Abb. 1) befindet sich im Landkreis Potsdam-Mittelmark im Bundesland Brandenburg.

Abb. 1. Luftbild vom Versuchsfeld Dahnsdorf (2009).

Abb. 1. Luftbild vom Versuchsfeld Dahnsdorf (2009).

Der im Fläming liegende Standort mit 88 m über NN weist eine der Landschaft entsprechende starke Heterogenität auf, die typisch für durch die Eiszeit geprägte Gebiete ist. Der Fläming entstand aus einer Endmoräne der Saale-Eiszeit, die nach deren Ende durch Sandlöss unterschiedlicher Korngrößenzusammensetzung und unterschiedlicher Höhe überlagert wurde.

Daraus resultiert ein Boden, der im Mittel:

57,9 %

Sand

37,5 %

Schluff

4,6 %

Ton

1,4 %

organische Substanz

und einen pH-Wert von 5,8 aufweist.

Das Flurstück wurde bei der Reichsbodenschätzung mit einer Bodenzahl von 48 bewertet, wobei die Bodenzahl etwa zwischen 30 und 55 schwankt.

Klima:

Als Referenzstation für die durchschnittliche Jahrestemperatur wurde die meteorologische Station Potsdam genutzt, die für den Zeitraum 1971-2000 ein Jahresmittel der Lufttemperatur von 9,0 °C aufweist.

Als Referenzstation für die durchschnittliche Jahresniederschlagssumme boten sich die Messstellen

Treuenbrietzen

mit 506 mm (Ø 1971-2000)

Niemegk

mit 536 mm (Ø 1971-2000)

Belzig

mit 556 mm (Ø 1971-2000)

an. Erstaunlicherweise schwanken die mittleren Niederschlagssummen dieser drei Stationen, die sich etwa 5 bis 15 km entfernt vom Versuchsfeld befinden, beträchtlich.

Die eigenen Messungen auf dem Versuchsfeld weisen im Mittel von 1997-2009 für die Jahresdurchschnittstemperatur 9,5 °C und für die Jahresniederschlagssumme 587 mm aus.

Die Witterungsschwankungen zwischen den einzelnen Jahren sind beträchtlich. So differierte die mittlere Jahrestemperatur zwischen 8,6 °C (1997) und 10,2 °C (2008). Die Differenzen im mittleren Jahresniederschlag fielen mit 392 mm (2003) und 787 mm (2007) noch höher aus. Die Abweichungen von den langjährigen monatlichen Mittelwerten erwiesen sich als wesentlich stärker. So lag z. B. die monatliche Niederschlagssumme im April 2007 bei 0,6 mm (2 % zum Mittel) und im Juli 2007 bei 133 mm (222 % zum Mittel). Diese Witterungsschwankungen beeinflussten erwartungsgemäß das Pflanzenwachstum, das Schaderregerauftreten und daraus folgend die Erträge in einem erheblichen Ausmaß.

Insgesamt betrachtet kann der Standort für etwa ein Drittel der Ackerfläche der neuen Bundesländer als repräsentativ gelten.

2.2 Beschreibung des Versuches „Strategievergleich – umweltschonender Pflanzenschutz“


Der integrierte Pflanzenbau wurde im Rahmen

• einer getreidebetonten Fruchtfolge bestehend aus Winterraps – Winterweizen 1 – Winterroggen – Brache (1996-2001)/Erbsen (2002-2007) – Winterweizen 2 – Wintergerste

• einer futterbaubetonten Fruchtfolge bestehend aus Winterraps – Wintergerste – Luzerne/Klee/Gras – Winterroggen – Mais – Winterweizen

untersucht.

Der im Vergleich dazu angelegte Ökologische Landbau bestand aus den Fruchtfolgefeldern Luzerne/Klee/Gras – Luzerne/Klee/Gras (ab 2004 Winterraps) – Winterweizen – Kartoffeln – Winterroggen – Wintergerste (ab 2002 Sommergerste).

Jedes Fruchtfolgefeld wurde jedes Jahr angelegt und in den einzelnen Wiederholungen randomisiert, um systematische Überlagerungen mit dem Boden und der Witterung zu vermeiden.

Als Prüffaktoren und Prüfglieder kamen im integrierten Anbau zur Anwendung:

Faktor A:

 

Pflanzenschutzstrategie

a1

 

situationsbezogene Dosierung und Mittelwahl

a2

 

50 % von situationsbezogen

Faktor B:

 

Pflanzenschutzmittel

b1

 

unbehandelte Kontrolle

b2

 

Herbizid (s. Tab. 1)

Tab. 1. Im Getreide eingesetzte Herbizide und situationsbezogene Aufwandmengen im Zeitraum 1996-2007

Getreideart

Jahr

Herbizid

Situationsbezogene Herbizidaufwandmenge

Winterweizen

1996

TOLKAN FOX1)

3,5 l/ha

1997

TOLKAN FOX

4,0 l/ha

1998

AZUR2)

2,5 l/ha

1999

LEXUS CLASS3)

60 g/ha

2000

LEXUS CLASS + Husar4)

30 g/ha + 100 g/ha

2001*

Bacara5)

0,4 l/ha

2002

LEXUS6) + Herold7)

10 g/ha + 150 g/ha

2003

Husar + LOREDO8)

140 g/ha + 1,0 l/ha

2004

LEXUS + Herold

10 g/ha + 150 g/ha

2005

LEXUS + Herold

10 g/ha + 150 g/ha

2006

LEXUS + Herold

10 g/ha + 150 g/ha

2007

LEXUS + Herold (WW 1)

10 g/ha + 150 g/ha

ABSOLUTE M9) (WW 2)

180 g/ha

Wintergerste

1996**

Duplosan DP10)

2,0 l/ha

1997

FENIKAN11)

1,4 l/ha

1998

FENIKAN

1,4 l/ha

1999

FENIKAN

1,5 l/ha

2000

FENIKAN

1,5 l/ha

2001

FENIKAN

1,5 l/ha

2002

FENIKAN

0,85 l/ha

2003

FENIKAN / U 46 D-Fluid12)

1,0 l/ha / 1,0 l/ha

2004

FENIKAN

1,0 l/ha

2005

FENIKAN + POINTER13)

1,0 l/ha + 10 g/ha

2006

FENIKAN

1,0 l/ha

2007

FENIKAN + Arelon flüssig14)

1,0 l/ha + 1,0 l/ha

Winterroggen

1996

TOLKAN FOX

1,5 l/ha***

1997

TOLKAN FOX

2,0 l/ha***

1998

AZUR

2,0 l/ha

1999

FENIKAN

1,5 l/ha

2000

LEXUS CLASS

50 g/ha

2001

LEXUS + STOMP SC15)

15 g/ha + 1,5 l/ha

2002

Bacara

0,7 l/ha

2003

Bacara

0,7 l/ha

2004

Bacara

0,7 l/ha

2005

Bacara

0,7 l/ha

2006

Bacara + POINTER

0,7 l/ha + 8 g/ha

2007

ABSOLUTE M

180 g/ha

* Nachbehandlung im Frühjahr mit 100 g/ha Husar bei WW 1 und 67 g/ha Husar bei WW 2
** Sommergerste
*** keine Behandlung bei 50% von situationsbezogen

1) Bifenox + Isoproturon
2) Diflufenican + Ioxynil + Isoproturon
3) Carfentrazone + Flupyrsulfuron
4) Iodosulfuron + Mefenpyr
5) Diflufenican + Flurtamone
6) Flupyrsulfuron
7) Diflufenican + Flufenacet
8) Diflufenican + Mecoprop-P

9) Diflufenican + Flupyrsulfuron
10) Dichlorprop
11) Diflufenican + Isoproturon
12) 2,4-D
13) Tribenuron
14) Isoproturon
15) Pendimethalin

b3

 

Fungizid (Getreide); Insektizid (Raps)

b4

 

Herbizid + Fungizid bzw. Insektizid

Die Faktorstufe von 50 % von „situationsbezogen“ wurde gewählt, um einerseits die langfristigen Auswirkungen der häufig gestellten Forderung nach Halbierung des Herbizidverbrauchs zu ermitteln und andererseits Effekte reduzierter Aufwandmengen von Pflanzenschutzmitteln statistisch gesichert quantifizieren zu können. So können im Feldversuch infolge vielfältiger Ursachen der Streuung meist nur Differenzen zwischen den Prüffaktoren gesichert werden, wenn eine größere Abstufung besteht.

Ein Fruchtfolgefeld hatte folgende Abmessungen:

25 m breit x 34 m lang = 850 m2

Daraus ergaben sich für die Großteilstücke (Faktor A) 425 m2 (12,5 m x 34 m) und für die Kleinteilstücke 80 m2 (5 m x 16 m). Die Prüfmerkmale wurden im Kernbereich der Varianten (44 m2) ermittelt (Abb. 2).

Abb. 2. Schema eines Fruchtfolgefeldes.

Abb. 2. Schema eines Fruchtfolgefeldes.

Als Versuchsanlage diente eine zweifaktorielle randomisierte Spaltanlage mit vier Wiederholungen, wobei in der getreidebetonten Fruchtfolge infolge der vorhandenen höheren Bodenheterogenität ab 1998 zwei weitere Wiederholungen hinzukamen.

In der ersten Rotation wurden Getreide und Raps in der Stufe situationsbezogener Anwendung der Pflanzenschutzmittel mit 120-180 kg mineralischem Stickstoff und in der Stufe 50 % von situationsbezogen mit der Hälfte gedüngt.

Da die gemessenen Effekte damit nicht eindeutig den Pflanzenschutzmaßnahmen zugeordnet werden konnten, wurde mit Beginn der 2. Rotation (2002) eine einheitliche aber um 20 % geringere N-Düngung vorgenommen.

2.3 Methoden der Unkraut- und Ertragserhebung

Die Stichproben von 4 x 0,25 m2 je Parzelle zur Erfassung der Unkrautanzahl, die vor der Herbizidanwendung erfolgte, sowie der Rispen von Apera spica-venti und der Ährenzahl des Getreides wurden systematisch über die Parzellenlänge von 16 m verteilt (erste und letzte Stichprobe ca. 1 m vor dem Parzellenende). Die Ertragsermittlungen und die Bonituren des Deckungsgrades der Unkräuter wurden in allen Jahren auf der gleichen Position (Kernparzelle mit 44 m2) vorgenommen. Die Anordnung der Kulturen innerhalb der Wiederholungen wurde ebenfalls randomisiert.

Da sich der Unkrautauflauf und das Unkrautwachstum zwischen den Varianten „unbehandelte Kontrolle“ und „Fungizidanwendung“ sowie den Prüfgliedern „Herbizid­anwendung“ und der Kombination „Herbizid- und Fungizidanwendung“ nur marginal unterschieden, wurden Mittelwerte aus den im Sinne der Herbizidanwendung jeweils unbehandelten und behandelten Varianten gebildet.

Die biometrische Auswertung erfolgte wegen der unterschiedlichen N-Düngung in den zwei Fruchtfolgerotationen für jede Rotation getrennt.

Hierbei wurden beim Unkrautwachstum und den Erträgen die Zeiträume 1997-2001 und 2002-2007 und beim Unkrautauflauf infolge der bewirtschaftungsbedingten Nachwirkungen die Zeiträume 1997-2002 und 2003-2008 verglichen.

Als biometrisches Verfahren diente für den Unkrautauf­lauf der Vergleich der Dichte bedeutsamer Unkrautarten innerhalb der Fruchtfolgerotation mit Hilfe von paarweisen t-Tests zum Signifikanzniveau α = 0,05 einseitig (d. h. α = 0,1 zweiseitig). Der herbizidbedingte Mehrertrag wurde je Stufe der Herbizidintensität mit Hilfe von Welch-Tests innerhalb jeder Fruchtfolgerotation zum einseitigen Signifikanzniveau α = 0,05 verglichen und ebenso zwischen den Fruchtfolgerotationen.

Die Methodik zur Erfassung und statistischen Auswertung sowie die Darstellung und Interpretation der Ergebnisse von Krankheiten und tierischen Schaderregern werden in den Beiträgen von Jahn, Freier und Kühne dargelegt (Journal für Kulturpflanzen 62 (7 und 9), 2010).

3 Ergebnisse zu den Langzeitwirkungen auf Verunkrautung und Ertrag von Getreide im Zeitraum 1997-2007

Beispielhaft werden Ergebnisse aus der getreidebetonten Fruchtfolge, die einen für den Standort typischen Marktfruchtanbau nachbildet, dargestellt (siehe auch Pallutt, 2002; Pallutt und Moll, 2008). Die Langzeiteffekte der Fruchtfolge (Vergleich von Marktfrucht und Futterbau) auf die Verunkrautung untersucht Schwarz (s. Heft 9/2010 dieser Zeitschrift).

Die herbizidbedingten Langzeitwirkungen auf den Unkrautauflauf resultierten mit fortschreitender Versuchsdauer immer weniger aus der herbiziden Wirkung in der Vorfrucht sondern aus kumulativen Effekten im gesamten Fruchtfolgeablauf, so dass zur Ableitung genereller Aussagen zum Einfluss halbierter Herbizidaufwandmengen auf die Entwicklung der Verunkrautung die Mittelwerte aus allen Getreidearten gebildet wurden.

Die geringeren Bekämpfungserfolge der halben Herbizidaufwandmenge hatten allmählich einen im Vergleich zur situationsbezogenen Herbiziddosierung höheren Unkrautauflauf zur Folge. In der 1. Rotation wurde dieser Effekt von der Wirkung der unterschiedlichen N-Düngung auf das Unkrautwachstum überlagert. Deutliche Differenzen beim Auflauf dikotyler Unkräuter (Summe aller Arten) traten erst im 6. Versuchsjahr auf. Diese Unterschiede blieben in den folgenden sechs Jahren annähernd stabil. Ähnlich verhielt sich der Auflauf von Viola arvensis. Die Anwendung der halben Aufwandmenge förderte allerdings Matricaria spp. und Centaurea cyanus wesentlich stärker (Abb. 3 und Abb. 4). Der drastische Anstieg von Centaurea cyanus, welche zu Versuchsbeginn nur vereinzelt vorkam, wurde erst im 12. Versuchsjahr (2007) beobachtet. Nach der Neuausrichtung des Versuches am Ende der zweiten Rotation erfolgte die Herbizidanwendung mit Intensitätsstufen, die sich nur noch um ca. 25 % unterschieden. Unter diesen Bedingungen blieben die im Verlauf der ersten 12 Jahre aufgebauten Langzeiteffekte bezogen auf den Auflauf von Matricaria spp. und Centaurea cyanus in den folgenden zwei Jahren erhalten.

Abb. 3. Einfluss der Herbizidaufwandmenge auf den Auflauf von Matricaria-Arten in Wintergetreide (Mittel von Weizen, Gerste und Roggen).

Abb. 3. Einfluss der Herbizidaufwandmenge auf den Auflauf von Matricaria-Arten in Wintergetreide (Mittel von Weizen, Gerste und Roggen).

Abb. 4. Einfluss der Herbizidaufwandmenge auf den Auflauf von Centaurea cyanus in Wintergetreide (Mittel von Weizen, Gerste und Roggen).

Abb. 4. Einfluss der Herbizidaufwandmenge auf den Auflauf von Centaurea cyanus in Wintergetreide (Mittel von Weizen, Gerste und Roggen).

Apera spica-venti reagierte bereits seit dem 4. Versuchsjahr mit deutlichen Unterschieden im Auflauf auf die beiden Herbiziddosierungen. Die Differenzen waren vom 6. bis 9. Versuchsjahr am ausgeprägtesten und gingen anschließend wieder zurück. Die Halbierung der Herbizidaufwandmenge führte in allen Getreidearten zu einem Anstieg der Verunkrautung im Vergleich zur situationsbezogenen Dosierung (Tab. 2). Infolge der hohen räumlichen Variabilität der Verunkrautung ließen sich in der 1. Rotation meist nur die Differenzen im Mittel der Getreidearten sichern. Die Signifikanz der Unkrautzunahme fiel in der 2. Rotation infolge der stabilisierten Differenzen und den einsetzenden Langzeitwirkungen stärker aus.

Tab. 2. Erhöhung des Unkrautauflaufs (Pfl./m2) durch die Halbierung der Herbizidaufwandmenge im Vergleich zur situationsbezogenen Dosierung

Getreideart

Unkräuter

Mittel 1. Zeitraum
(1997-2002)

 

Mittel 2. Zeitraum
(2003-2007)

    

Differenz Unkrautauflauf

P2)

 

Differenz Unkrautauflauf

P2)

Winterweizen1)

Dikotyle

39

0,07*

 

37

0,0001*

 

VIOAR

10

0,34

 

15

0,009*

 

MATspp.

6

0,06*

 

4

0,19

 

CENCY

0,007

0,59

 

2,6

0,14

APESV

28

0,003*

 

23

0,06*

Wintergerste

Dikotyle

33

0,32

 

24

0,11

 

VIOAR

19

0,44

 

11

0,12

 

MATspp.

1

0,78

 

12

0,14

 

CENCY

0

 

0,3

0,32

APESV

19

0,24

 

20

0,19

Winterroggen

Dikotyle

25

0,30

 

55

0,04*

 

VIOAR

12

0,14

 

19

0,18

 

MATspp.

2

0,18

 

9

0,12

 

CENCY

0,2

0,48

 

6

0,31

APESV

7

0,18

 

20

0,10*

Mittel von Winterweizen
Wintergerste
Winterroggen

Dikotyle

34

0,015*

 

38

<0,0001*

 

VIOAR

13

0,10*

 

15

0,0007*

 

MATspp.

4

0,04*

 

7

0,0078*

 

CENCY

0,06

0,41

 

3

0,0697*

APESV

21

0,001*

 

22

0,0032*

1) Mittel aus Winterweizen 1 und Winterweizen 2
2) P = Überschreitungswahrscheinlichkeit
* signifikant (α = 0,1; zweiseitig)
APESV = Apera spica-venti
CENCY = Centaurea cyanus
Dikotyle = zweikeimblättrige Unkräuter
MATspp. = Matrcaria spp.
VIOAR = Viola arvesis

Die herbizidbedingten Mehrerträge nahmen in allen Getreidearten mit der Versuchsdauer zu (Tab. 3 und Tab. 4). Dies betraf insbesondere den signifikanten Anstieg der Mehrerträge durch die Anwendung der situationsbezogenen Herbizidaufwandmenge von der 1. zur 2. Fruchtfolgerotation bei Weizen und Gerste.

Tab. 3. Einfluss der Herbizidaufwandmenge auf die herbizidbedingten Mehrerträge (dt/ha) des Wintergetreides

  

Mittel 1. Rotation (1997-2001)

 

Mittel 2. Rotation (2002-2007)

  

Herbiziddosis

  

Herbizidosis

 

Wintergetreideart

Fungizid

situations­bezogen

50% von situations­bezogen

P1)

 

situations­bezogen

50% von situations­bezogen

P

Weizen 1

ohne

7,1

7,0

0,97

 

20,3

13,3

0,077*

mit

8,3

8,5

0,94

 

26,9

13,0

0,013*

Weizen 2

ohne

6,1

7,7

0,40

 

21,1

11,1

0,040*

mit

7,7

6,9

0,78

 

25,2

12,4

0,046*

Gerste

ohne

0,4

7,6

0,038*

 

16,5

7,1

0,027*

mit

3,3

8,5

0,11

 

13,4

9,1

0,11

Roggen

ohne

0,5

5,1

0,16

 

8,4

5,5

0,48

mit

2,3

4,6

0,51

 

8,3

7,7

0,66

1) P = Überschreitungswahrscheinlichkeit
* signifikant (α = 0,1; zweiseitig)
Winterweizen 1 – Vorfrucht Winterraps
Winterweizen 2 – Vorfrucht Brache (1997-2001), Erbse (2002-2007)

Tab. 4. Einfluss der Herbizidaufwandmenge auf die herbizidbedingten Mehrerträge (dt/ha) von Wintergetreide in Abhängigkeit von der Fruchtfolgedauer

Wintergetreideart

Aufwandmenge

Fungizidanwendung

Mittel 1. Rotation

Mittel 2. Rotation

P1)

Weizen 1

situationsbezogen

ohne

7,1

20,3

0,06*

mit

8,3

26,9

0,023*

50 % von situationsbezogen

ohne

7,0

13,3

0,08*

mit

8,5

13,0

0,27

Weizen 2

situationsbezogen

ohne

6,1

21,1

0,06*

mit

7,7

25,2

0,022*

50 % von situationsbezogen

ohne

7,7

11,1

0,45

mit

6,9

12,4

0,14

Gerste

situationsbezogen

ohne

0,4

16,5

0,009*

mit

3,3

13,4

0,03*

50 % von situationsbezogen

ohne

7,6

7,1

0,98

mit

8,5

9,1

0,87

Roggen

situationsbezogen

ohne

0,5

8,4

0,046*

mit

2,3

8,3

0,086*

50 % von situationsbezogen

ohne

5,1

5,5

0,9

mit

4,6

7,7

0,25

1) P = Überschreitungswahrscheinlichkeit
* signifikant (α = 0,1; zweiseitig)

In der 1. Rotation reagierten Gerste und Roggen auf die Anwendung der halben Herbizidaufwandmenge mit tendenziell höheren Mehrerträgen im Vergleich zur Anwendung der situationsbezogenen Aufwandmenge. Geringere Mehrerträge im Vergleich zur situationsbezogenen Dosierung verursachte die halbe Herbizidaufwandmenge erst in der 2. Rotation. Diese waren aber nur in Weizen und Gerste signifikant.

4 Diskussion

Der Zeitraum und die Art der populationsdynamischen Veränderungen sind standortabhängig. Sie werden von der Stärke der Ausgangsverunkrautung, dem Artenspektrum, den natürlichen Standortbedingungen und der jeweiligen Bewirtschaftung beeinflusst. Ein erhöhter Eintrag von Unkrautsamen schlägt sich erst nach mehreren Jahren in einem verstärkten Unkrautauflauf und veränderten Dominanzverhältnissen nieder, da der Unkrautsamenvorrat im Boden diesen Vorgang längere Zeit überdeckt. Während die Förderung dominanter Arten infolge des Wirkungsverlustes nach Anwendung reduzierter Aufwandmengen nach drei bis sechs Jahren sichtbar wird, nimmt die Selektion von anfangs nur sporadisch vorkommenden Arten teilweise erst nach 15 bis 20 Jahren ein bedeutsames Ausmaß ein (Pallutt und Grübner, 2004). Die Förderung der mit halbierten Aufwandmengen weniger gut bekämpfbaren Arten Matricaria spp. und Centaurea cyanus fand über den gesamten Untersuchungszeitraum statt. Dies traf nicht für Apera spica-venti zu. Als Erklärung kann die im Vergleich zu den meisten dikotylen Arten erheblich geringere Lebensdauer der Samen von Apera spica-venti genannt werden (Koch, 1970). Darüber hinaus können auch interspezifische Konkurrenzwirkungen zu diesen Effekten führen.

Die durch die Anwendung reduzierter Herbizidaufwandmengen verursachte Selektion einzelner Unkrautarten hängt im Wesentlichen vom vorhandenen Unkrautartenspektrum, den Wachstumsbedingungen des jewei­ligen Standortes, der Fruchtfolge, der Grundbodenbearbeitung, dem Niveau der N-Düngung und dem Wirkungsspektrum der Herbizide ab. Während auf dem Standort Dahnsdorf Matricaria spp. und Centaurea cyanus durch ständige Anwendung halbierter Herbizidaufwandmengen gefördert wurden, betraf es auf dem Standort Glaubitz unabhängig von der Fruchtfolge Galium aparine und bei nichtwendender Bodenbearbeitung Matricaria inodorum sowie Galium aparine (Pallutt und Grübner, 2004). Eine sichere Abschätzung dieser Selektionsprozesse erfordert Versuchszeiträume von 15 bis 20 Jahren. In solche Untersuchungen ist auch die Erfassung einer aufwandmengenbedingten Herbizidresistenz einzuschließen, die bei dauerhafter Anwendung reduzierter Aufwandmengen entstehen kann (Gressel, 1995; Neve und Powles, 2005). Prädisponiert dafür sind insbesondere getreide­betonte Fruchtfolgen mit einer einseitigen Her­bizid­anwendung (Drobny et al., 2006). Für die Herausbildung von herbizidresistenten Unkräutern scheint jedoch die Herbizidaufwandmenge einen wesentlich geringeren Einfluss zu haben als eine Herbizidanwendung mit Wirkstoffen, die den gleichen Wirkungsmechanismus besitzen. So wurde nach 12jähriger Anwendung stark reduzierter Aufwandmengen bei Resistenztests mit Fenoxaprop-P, Isoproturon, Iodosulfuron + Mesosul­furon, Flupyrsulfuron, Sulfosulfuron, Propoxycarbozone, Diflufenican + Flurtamone, Pendimethalin und Flufenacet gegen Apera spica-venti meist ein hoher Wirkungsgrad ermittelt (Menne, 2007). Nur vereinzelt wurde eine verringerte Sensitivität gegenüber Sulfosulfuron, eine leicht verringerte gegenüber Isoproturon in einem spe­ziellen Test bei Bayer CropScience festgestellt.

Der Mehrertrag stieg infolge der stetig zunehmenden Verunkrautung auf den dazugehörigen unbehandelten Kontrollen nur in den Varianten mit situationsbezogener Herbiziddosierung deutlich an. Somit können halbierte Herbizidaufwandmengen nicht dauerhaft die Konkurrenzwirkung der Unkräuter ausreichend eindämmen. In einer dreijährigen Versuchsserie unter ähnlichen Standortbedingungen führte die Anwendung stark reduzierter Herbizidaufwandmengen in allen Wintergetreidearten nur zu unbedeutenden Ertragsverlusten (Pallutt, 1994), da in Versuchen mit Ortswechsel der Varianten die kumulativ entstehenden Langzeitwirkungen nicht gemessen werden können.

Über fünf Jahre laufende Dauerversuche in England mit einer kommerziell empfohlenen und einer dazu um 50% reduzierten Herbizidaufwandmenge zeigten auf einem Standort mit starker Verunkrautung erst im 5. Jahr einen Ertragsabfall nach Anwendung der halben Aufwandmenge (Wright et al., 1993).

Kurzfristig, d. h. in Zeiträumen bis zu ca. sechs Jahren, besteht häufig die Möglichkeit halbierte Herbizidaufwandmengen zur Unkrautbekämpfung in Getreide zu nutzen. Längerfristig können reduzierte Aufwand­mengen aber nur im Rahmen von situationsbezogenen Herbiziddosierungen, deren Aufwandmenge im Einzelfall 50 bis 100 % der zugelassenen Dosis beträgt, erfolgreich angewandt werden. Eine solche Vorgehensweise gewährleistet eine meist hinreichende herbizide Wirkung und Ertragssicherung. Sie ist aus ökologischen und ökonomischen Gründen geboten. Routinemäßige Senkungen der Herbizidaufwandmenge stellen aufgrund der großen Schwankungen im Wirkungsgrad ein wirtschaftliches Risiko dar. Langfristig führen sie zu einer stärkeren Verunkrautung mit vor allem schwerer bekämpf­baren sowie teilweise resistenten Unkräutern und daraus resultierend zu Mindererträgen sowie wirtschaftlichen Verlusten.

Unkrautbedingte Ertragsverluste verursachen ferner Stickstoffüberhänge und dadurch beträchtliche Verminderungen der Effizienz der N-Düngung (Deike et al., 2006). Darüber hinaus bedingt die Nichtausschöpfung des Ertragspotenzials eine Verringerung der Energieeffizienz und eine Erhöhung des CO2-Ausstoßes je Dezi­tonne Getreide (Deike et al., 2008).

5 Gesamtbetrachtung

Aus den Dauerfeldversuchen zu Strategien der Unkrautbekämpfung und einem zu Strategien des Pflanzen­schutzes kann abgeleitet werden, dass Dauerversuche für die Erzielung von Aussagen zur Gestaltung von dauerhaft erfolgreichen, d. h. ökologisch und ökonomisch gerechtfertigten Bewirtschaftungssystemen unverzichtbar sind.

Infolge der Laufzeiten von teilweise deutlich unter 20 Jahren erfüllten die Versuche auf dem Gebiet des Pflanzenschutzes bezüglich der Versuchsdauer die allgemein für Dauerfeldversuche gestellten Anforderungen bisher nur teilweise. Dabei ist aber anzumerken, dass für die Erarbeitung von Erkenntnissen zur bewirtschaftungs­bedingten Veränderung bei der Verunkrautung Zeiträume von 30 bis 70 Jahren, wie sie zur Ermittlung bewirtschaftungsbedingter Veränderungen im Humusgehalt nach Einstellung von Fließgleichgewichten benötigt werden, hier nicht notwendig erscheinen. So können erste populationsdynamische Veränderungen bei der Verunkrautung hinsichtlich der Unkrautdichte und Zusammen­setzung der Unkrautflora bereits nach 3 bis 5 Jahren nachgewiesen werden. Allerdings erlaubten Versuche zur Wirkung reduzierter Herbizidaufwandmengen auf dem Standort Glaubitz selbst nach 17 Jahren noch keine abschließende Bewertung populations­dynamischer Zusammenhänge. Als Ursache ist hierfür zu nennen, dass neben der Wirkung der Bewirtschaftungs- und Bekämpfungsstrategien interspezifische Wirkungen zwischen den Unkrautarten zu Wechselwirkungen führen, die selbst nach einem langen Zeitraum noch nicht vollständig erkannt wurden. Erschwerend kommt hierbei noch die Überlagerung mit den Standortbedingungen hinzu. Damit erscheinen Übertragungen der Ergebnisse auf Standorte mit anderen Boden- und Klimabedingungen sehr fragwürdig. Dies trifft auch auf Prognosen zur Unkrautentwicklung über den untersuchten Zeitraum hinaus zu.

Möglich sind aber allgemeine Aussagen zur Unkrautentwicklung bei ständiger Nutzung reduzierter Herbizidmengen. Infolge der Wirkungsverluste bei Anwendung reduzierter Herbizidaufwandmengen kommt es im Laufe der Zeit zu Selektionseffekten, indem die weniger gut bekämpfbaren Arten allmählich einen immer größeren Anteil innerhalb der Unkrautflora einnehmen. Dies kann selbst mit einem systematischen Wirkstoffwechsel nur teilweise unterbunden werden.

Solche Wirkungen können in Versuchen mit Orts­wechsel der Versuche bzw. der Varianten und selbst bei Versuchsserien, die über sehr lange Zeiträume angelegt werden, nicht ermittelt werden. Mit einer solchen Vorgehensweise stellen sich keine kumulativen Effekte ein, die aber zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Unkrautbekämpfungsstrategien zu berücksichtigen sind. Das Ausmaß, die Geschwindigkeit und die Art und Weise der kumu­lativen Effekte hängen vor allem von der Ausgangsverunkrautung, der Fruchtfolge, der Bodenbearbeitung und den Standortbedingungen ab.

Dauerfeldversuche können aber auch zur Ermittlung des langfristigen Einflusses des Pflanzenschutzes bzw. differenzierter Pflanzenschutzstrategien auf die Ressourceneffizienz, d. h. die Flächenproduktivität und daraus ableitend die Stickstoff- und Energieeffizienz, genutzt werden. Infolge der dafür betrachteten erst 12jährigen Zeitspanne des Dauerfeldversuches an dem Standort Dahnsdorf lassen sich bisher nur vorläufige Aussagen treffen, da anzunehmen ist, dass bisher keine neuen variantenbedingten Fließgleichgewichte im Humusgehalt entstanden sind. Andererseits kann aber vermutet werden, dass sich differenzierte Pflanzenschutzstrategien weniger auf die Veränderung des Humusgehaltes im Boden auswirken als differenzierte Fruchtfolgen, Düngungsregime und Bodenbearbeitungssysteme. So wurden bis zum 12. Versuchsjahr keine Differenzen im Humus­gehalt zwischen den Varianten „unbehandelte Kontrolle“ und „Herbizid + Fungizid bzw. Insektizid“ ermittelt.

Im langjährigen Durchschnitt führte die gezielte Anwendung von Herbiziden und Fungiziden bzw. Insekti­ziden zu einem Mehrertrag von ca. 5 dt/ha Raps und ca. 18 dt/ha Getreide. Hieraus ergibt sich eine mittlere jährliche Differenz im N-Saldo von ca. 25 kg N/ha und, bezogen auf den ganzen Zeitraum, von ca. 300 kg N/ha. Damit trägt eine gezielte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu einer deutlichen Verbesserung der Stickstoffbilanz bei, wodurch Stickstoffverluste und damit Austräge des Stickstoffes in andere Ökosysteme vermindert werden. Die auf die gezielte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zurückzuführenden Ertragssteigerungen sind auch mit einer Erhöhung der Energieeffizienz verbunden (detaillierte Ausführungen zur Stickstoff- und Energieeffizienz siehe Deike in diesem Heft).

Hier ist in weiteren Untersuchungen zu prüfen, inwieweit die pflanzenschutzmittelbedingten Effizienzsteigerungen den Humusgehalt im Boden beanspruchen oder ob die Verbesserung der Ressourceneffizienz vorrangig auf die Verringerung von Stickstoffverlusten in Form vermin­derter Auswaschungen in das Grundwasser bzw. verminderter gasförmiger Stickstoffverluste zurückzuführen ist.

Danksagung

Unser Dank gilt Herrn Gohlke, Herrn Wiggers, Frau Schnabel und Frau König für die engagierte und gewissenhafte Durchführung und Auswertung der Versuche.

Literatur

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Deike, S., B. Pallutt, E. Moll, O. Christen, 2006: Effect of different weed control strategies on the nitrogen efficiency in cereal cropping systems. J. Plant Dis. Protect., Special Issue XX, 809-816.

Deike, S., B. Pallutt, B. Küstermann, O. Christen, 2008: Effects of herbicide application on the energy use efficiency and the carbon dioxide emissions of cereal cropping systems. J. Plant Dis. Protect., Special Issue XXI.

Drobny, H.G., M. Salas, J.-P. Claude, 2006: Management of metabolic resistant black-grass (Alopecurus myosuroides Huds.) populations in Germany – challenges and opportunities. J. Plant Dis. Protect., Special Issue XX, 65-72.

Gummesson, G., H. Fogelfors, 1990: Possibilities to reduce chemical control of weeds in cereals. Proc. 31st Swedish Crop. Protection Conf.; Uppsala, pp. 1-10.

Gressel, J., 1995: Creeping resistance: the outcome of using marginally-effective or reduced rates of herbicides. Brighton Crop Protection Conference – Weeds, pp. 587-590.

Koch, W., 1970: Unkrautbekämpfung. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer.

Kudsk, P., 1989: Experiences with reduced herbicide doses in Denmark and the development of the concept of factor-adjusted doses. Proc. Brighton Crop Protection Conf. – Weeds, pp. 545-554.

Menne, H., 2007: Unveröffentlichter Versuchsbericht 2007.

Neve, P., S. Powles, 2005: Recurrent selection with reduced herbicide rates results in the rapid evolution of herbicide resistance in Lolium rigidum. Theor. Appl. Genet. 110, 1154-1166.

Pallutt, B., B. Hofmann, 1990: Flexibler Herbizideinsatz im Getreide – ein wesentlicher Bestandteil einer integrierten Unkrautbekämpfung. Tag.-Ber. Akad. Landwirtsch.-Wiss. 286, 7-20.

Pallutt, B., 1994: Einfluss von Aussaatmenge, Stickstoffdüngung und Intensität des Herbizideinsatzes auf Wachstum und Konkurrenz von Viola arvensis MURRAY und Apera spica-venti (L.) P.B. in Wintergetreide. J. Plant Dis. Protect., Special Issue XIV, 353-362.

Pallutt, B., 2002: Langzeitwirkungen reduzierter Herbizidanwendung und Stickstoffdüngung auf Populationsdynamik und Konkurrenz von Unkräutern im Getreide. J. Plant Dis. Protect., Special Issue XVIII, 293-304.

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Pallutt, B., E. Moll, 2008: Langzeitwirkungen reduzierter Herbizidaufwandmengen auf Verunkrautung und Kornertrag von Wintergetreide in einem 12jährigen Dauerversuch. J. Plant Dis. Protect., Special Issue XXI, 501-508.

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Wright, G. McN., H.M. Lawson, 1993: Longer-term effects of reduced herbicide strategies on weed populations and crop yields in cereal rotations in England. Proc. Brighton Crop Protection Conf. – Weeds, pp. 1229-1234.


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