JfK Kopfgrafik
Home / Archiv / Bd. 62 Nr. 7 (2010) / Originalarbeit
Originalarbeit

Auftreten und Bekämpfung von Krankheiten in Wintergetreide in einem Dauerfeldversuch auf dem Versuchsfeld Dahnsdorf

Occurrence and control of diseases in winter cereals in a long-term trial at the experimental field in Dahnsdorf (Brandenburg)

Marga Jahn1, Christina Wagner1, Eckard Moll2 und Bernhard Pallutt1
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung im Pflanzenschutz, Kleinmachnow1
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Zentrale Datenverarbeitung, Kleinmachnow2

Journal für Kulturpflanzen, 62 (7). S. 248–258, 2010, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2010.07.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Marga Jahn, Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgen­abschätzung im Pflanzenschutz, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, E-Mail: marga.jahn@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Mai 2010

Zusammenfassung

Im Dauerfeldversuch „Strategievergleich – umweltschonender Pflanzenschutz“ erfolgte in zwei Fruchtfolgerotationen die Bekämpfung der Krankheiten mit dem Ziel der Bestimmung des notwendigen Maßes bei der Fungizid­anwendung. Langzeiteffekte treten bei der Bekämpfung der Blattkrankheiten nicht auf; die Beurteilung der Wirkung der Behandlungen muss jahresbezogen nach der Stärke des jeweiligen Krankheitsauftretens erfolgen.

Dominierende Krankheiten waren Braunrost (Puccinia recondita) und Rhynchosporium-Blattflecken (Rhynchosporium secalis) in Winterroggen, Netzflecken (Pyrenophora teres) in Wintergerste sowie Septoria-Blattdürre (Mycosphaerella graminicola) in Winterweizen. Die Stärke des Auftretens dieser und weiterer Krankheiten wurde in erster Linie durch den von der Jahreswitterung abhängigen Infektionsdruck sowie die Anfälligkeit der Sorten bestimmt.

Die Fungizidanwendung erfolgte nach Überschreitung eines erregerspezifischen Schwellenwertes mit einer situationsbezogenen und einer um 50 % reduzierten Aufwandmenge. In beiden Intensitätsstufen wurde eine gute bis sehr gute Wirkung gegen die zu bekämpfenden Krankheiten erreicht, wobei bei hohem Befall die reduzierte Aufwandmenge häufig signifikant geringer wirksam war.

Der Behandlungsindex für die Fungizide betrug bei situations­bezogener Behandlung im Mittel der 11 Jahre 1,4 in Winterroggen, 1,0 in Wintergerste und 0,8 in Winterweizen.

Die Resistenzeigenschaften der Sorten erwiesen sich als entscheidender Faktor für die Notwendigkeit der Bekämpfung. Bei Winterroggen und Wintergerste war auf Grund der wenig ausgeprägten Resistenz gegen die dominierenden Krankheiten in allen Jahren mindestens eine Fungizidanwendung erforderlich. In der Winter­weizensorte ‘Pegassos’, die über sehr gute Resistenz­eigenschaften verfügte, entwickelte sich in nur drei Jahren ein mittlerer bis höherer Befall; in drei Jahren war keine Fungizidanwendung notwendig.

Grundsätzlich war die Fungizidanwendung nur in Jahren mit hohem Befall und für die Ertragsbildung günstigen Witterungsbedingungen wirtschaftlich. In Winterroggen wurde in sieben, in Wintergerste in sechs Versuchsjahren in beiden Intensitätsstufen ein signifikanter Mehrertrag erreicht, jedoch lagen sowohl Mehrertrag als auch Erlös in der 50 %-Variante bei etwa der Hälfte im Vergleich zur situationsbezogenen Aufwandmenge. In Winterweizen wurde in nur drei Jahren ein behandlungskostenfreier Erlös erzielt, wobei die 50 %-Variante wirtschaftlich günstiger war. In Jahren mit über dem Schwellenwert liegenden Befall, aber schwacher bis mittlerer Krankheitsentwicklung, oder in Jahren mit großer, insbesondere Vorsommertrockenheit wurden nur geringe oder keine Mehrerträge durch die Behandlungen und generell keine Wirtschaftlichkeit erzielt.

Stichwörter: Pflanzenschutzstrategien, Blattkrankheiten, Wintergetreide, Fungizidanwendung, notwendiges Maß

Abstract

In a long-term trial entitled “Strategy comparison – environmentally friendly plant protection”, the control of fungal diseases was studied in two crop rotations in order to determine the necessary minimum of pesticide use. Foliar disease control is not subject to long-term effects. Therefore, the effects of treatment must to be assessed for each individual year according to the respective severity of disease occurrence.

Dominant diseases were brown rust (Puccinia recon­dita) and Rhynchosporium leaf spot (Rhynchosporium secalis) in winter rye, net blotch (Pyrenophora teres) in winter barley, and Septoria leaf blotch (Mycosphaerella graminicola) in winter wheat. The severity of these and other diseases was mainly determined by the annual weather-dependent infection pressure and cultivar susceptibility to disease.

Fungicides were dosed at two intensities: 100% (situation-dependent) and 50% (reduced dosage), in each case, after a certain disease threshold was exceeded. Both intensity levels achieved good to very good fungicidal effectiveness, but the effectiveness of the lower dosage level was often significantly lower at high infestation levels.

Overall (11 years), the mean treatment frequency index was 1.4 in winter rye, 1.0 in winter barley, and 0.8 in winter wheat.

Cultivar resistance proved to be the determining factor of the need for fungicide treatment. In winter rye and winter barley, where resistance to the dominant diseases was rather low, at least one fungicide treatment was necessary in all years studied. In the highly resistant winter wheat cultivar Pegassos, on the other hand, moderate to higher infestation occurred in only three years, and no fungicide treatment was required in three years.

Generally, fungicide use was economically beneficial only in years with high infestation levels and weather conditions favourable for yield formation. Significant yield increases were obtained at both fungicide dose levels in 7 years in winter rye and in 6 years in winter barley, but the fungicide-related yield increases and profits achieved in the 50% group were roughly half those achieved in the 100% group. In winter wheat, a distinct benefit was achieved in only 3 years, but it was higher in the 50% group than in the 100 % group. Treatment resulted in little to no yield increase and generally no profitability benefit in years with above-threshold infestation but low-to-moderate disease development or extended dry spells, particularly in the pre-summer period.

Key words: Plant protection strategies, leaf diseases, winter cereals, fungicide use, necessary minimum

1 Einleitung

Aus der Sicht der Fungizidanwendung maßgebende Zielstellung des beschriebenen Versuches (Pallutt et al., 2010, dieses Heft) war die Bestimmung des notwendigen Maßes. Langzeiteffekte sind bei Blattkrankheiten im Ackerbau nicht zu erwarten und damit Dauerfeldver­suche für einen weiterführenden Erkenntnisgewinn für dieses Teilgebiet nicht zwingend erforderlich. Aussagen zur Notwendigkeit der Bekämpfung sowie Bewertung der Wirkung der Behandlungen müssen jeweils jahresbezogen erfolgen. Auf Grund der Versuchsdauer konnten dennoch Erkenntnisse allgemeinen Charakters im Hinblick auf die Bekämpfung der wichtigen Krankheiten gewonnen werden.

Die Bemühungen zur Reduzierung der Fungizid­anwendung im Getreide begannen in den 1980er Jahren mit einer angestrebten gezielten Bekämpfung der Krankheiten auf der Grundlage des Schwellenkonzeptes (Hoffmann et al., 1988; Lutze und Kluge, 1989; Beer, 1991; Tischner und Bauer, 2000). Entsprechend den Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes sind Bekämpfungsmaßnahmen nur dann durchzuführen, wenn der Schad­erreger in einem Maße vorhanden ist, das einen wirtschaftlichen Schaden erwarten lässt. Auch geht es dabei nicht um die völlige Eliminierung des Pathogens, sondern die Senkung der Population in einen Bereich, der wirtschaftliche Verluste weitestgehend ausschließt. In diesem Rahmen ist auch die anzuwendende Aufwandmenge zu sehen, deren Reduzierung nicht pauschal, sondern situationsbezogen erfolgen soll. Um die Gefahr der Minderwirkung auszuschließen und Resistenzentwicklungen der Fungizide zu vermeiden, müssen Kriterien genutzt werden, die die Anpassung von Fungizid und Aufwandmenge an die konkrete Befallssituation im Feld ermög­lichen (Volk und Frahm, 1991).

Wesentliche Kriterien für die Fungizidanwendung waren der von Standort und Jahreswitterung bestimmte Infektionsdruck und die Krankheitsresistenz der angebauten Sorten. Bei der Wahl der Fungizide und Aufwand­mengen wurden insbesondere die voraussichtlich notwendige Wirkungsdauer sowie eine vorhandene bzw. zu erwartende Resistenzentwicklung der zu bekämpfenden Erreger gegen die entsprechenden Fungizide berücksichtigt. Nicht zuletzt war die Ertragserwartung zu bedenken.

2 Material und Methoden

In dem im Herbst 1995 angelegten, zwei sechsgliedrige Fruchtfolgen umfassenden Versuch wurden in zwei Bewirt­schaftungssystemen zum integrierten Pflanzenschutz, dem „Marktfruchtbau“ (BS 1) und dem „Futterbau“ (BS 2), zwei Intensitätsstufen, eine situationsbezogene und eine dazu um 50 % reduzierte Aufwandmenge der Pflanzenschutzmittel, verglichen. Drittes Bewirtschaftungssystem war der „Ökologische Landbau“ (BS 3). Standort und Versuchsdesign sind bei Pallutt et al. (2010, dieses Heft) detailliert beschrieben, so dass hier nur die die Krankheiten betreffenden Spezifika erläu­tert werden. Die angebauten Sorten enthält Tab. 1. Wichtigste Kriterien bei der Sortenwahl waren die Eignung für den Standort sowie eine nach Möglichkeit hohe Resistenz gegen die zu erwartenden Pathogene. Aus Tab. 1 geht hervor, dass in der ersten Rotation im Winterroggen jeweils eine Populations- (50 %-Variante) und eine Hybridroggensorte (100 %-Variante) angebaut wurden. Dies resultierte daraus, dass in diesem Versuchszeitraum neben den Pflanzenschutzmaßnahmen weitere Maßnahmen für einen reduzierten Input in der 50 %-Variante genutzt werden sollten (siehe auch Pallutt et al., 2010, dieses Heft).

Tab. 1. In den Bewirtschaftungssystemen BS 1 und BS 2 angebaute Getreidesorten (rote Linie = Ende der ersten Rotation)

Erntejahr

Winterroggen

 

Winterweizen

Wintergerste

100 %

50 %

 

BS 1 WW 1/BS 1 WW 2/BS 2 WW

 

1997

Marder

Hacada

 

Pegassos

Grete

1998

Esprit

Hacada

 

Pegassos

Theresa

1999

Avanti

Hacada

 

Pegassos

Theresa

2000

Avanti

Hacada

 

Pegassos

Theresa

2001

Avanti

Nikita

 

Pegassos

Candesse

2002

Avanti

 

Pegassos

Candesse

2003

Avanti

 

Pegassos

Candesse

2004

Avanti

 

Pegassos

Candesse

2005

Avanti

 

Pegassos

Naomie

2006

Askari

 

Akratos/Paroli/Pegassos

Naomie

2007

Askari

 

Akratos/Paroli/Pegassos

Naomie

Bewertung des Krankheitsauftretens

Ab Mitte/Ende April erfolgten bis zur Behandlung wöchent­liche Kontrollbonituren. Je Parzelle wurde an 25 Pflanzen (Linienbonitur, 5 × 5 Pflanzen) die Krankheitsentwicklung eingeschätzt. Erfolgsbonituren nach den Behand­lungen wurden in der Regel in zwei- und vier­wöchigen Abständen durchgeführt, indem auf den Blatt­etagen F (Fahnenblatt), F-1, F-2, F-3 jeweils der prozentuale Anteil der mit dem Pathogen befallenen Blattfläche eingeschätzt wurde [EPPO-Richtlinie PP 1/26 (3)]. Die Bewertung des Befalls (schwach, mittel, hoch) erfolgte nach Moll et al. (2009).

Die Halmbruchkrankheit (Oculimacula spp.) wurde nach der BBA Richtlinie 4-5.1.6. beurteilt.

Behandlungsentscheidung und Fungizidanwendung

In der Intensitätsstufe „situationsbezogen“ (100 %-Variante) erfolgte die Fungizidwahl entsprechend der in der Einleitung genannten Kriterien. Die Anwendung der Fungizide erfolgte nach Überschreitung der erregerspezifischen Schwellenwerte (Freier et al., 1997). In der Tab. 2 sind die in den 11 Jahren angewendeten Fungizide und Aufwandmengen dargestellt. Ein unterschiedliches Vorgehen in beiden Bewirtschaftungssystemen ist in den Tabellen dokumentiert. Die Reduktion um 50 % der Aufwandmenge wurde mit einigen Ausnahmen eingehalten. So wurde in der ersten Rotation im Winterroggen 2001 die zweite Behandlung (in BBCH 65) nur situa­tionsbezogen, nicht reduziert durchgeführt. Gleiches trifft für Winterweizen 1 (WW 1) im BS 1 und Winterweizen (WW) im BS 2 im Jahr 1998 zu.

Tab. 2. Angewendete Fungizide

Jahr

Anwendungstermin BBCH

Fungizid

situationsbezogene Aufwandmenge

 

1997

59

Harvesan (BS 1)

1,2 l/ha

Winterroggen

59

Harvesan (BS 2)

0,8 l/ha

 

1998

53

Harvesan

1,2 l/ha

 

65

Alto 100 SL

1,0 l/ha

 

1999

51

Juwel Top

1,0 l/ha

 

2000

57

Juwel Top

1,0 l/ha

 

2001

32

Unix + Alto 100 SL

0,6 kg/ha + 0,6 l/ha

 

65

Alto 100 SL

0,75 l/ha

 

2002

57

Juwel Top

1,0 l/ha

 

65

Folicur

1,0 l/ha

 

2003

59

Amistar

0,8 l/ha

 

2004

59

Amistar

1,0 l/ha

 

2005

59

Gladio

0,8 l/ha

 

2006

59

Fandango (BS 1)

1,2 l/ha

 

59

Opus Top (BS 2)

1,5 l/ha

 

2007

53

Juwel Top

1,0 l/ha

 

59

Folicur

1,0 l/ha

 

1997

41

Juwel (BS 1)

1,0 l/ha

Wintergerste

41

Juwel (BS 2)

0,5 l/ha

 

1998

43

Amistar

1,0 l/ha

 

65

Folicur (nur BS 1)

1,25 l/ha

 

1999

49

Juwel Top

1,0 l/ha

 

2000

57

Gladio

0,8 l/ha

 

2001

57

Amistar (BS 1)

1,0 l/ha

 

57

Amistar (BS 2)

0,7 l/ha

 

2002

57

Amistar

1,0 l/ha

 

65

Opera

1,0 l/ha

 

2003

39

Opera

1,5 l/ha

 

2004

31

Opera

1,0 l/ha

 

61

Gladio

0,8 l/ha

 

2005

61

Opera

1,2 l/ha

 

2006

55

Fandango

1,25 l/ha

 

2007

51

Fandango

1,25 l/ha

 

1997

65

Juwel (BS 1)

1,0 l/ha

Winterweizen

65

Opus Top (BS 2)

1,5 l/ha

 

1998

61

Folicur

0,5 l/ha

 

1999

41

Juwel Top (BS 1)

1,0 l/ha

 

41

Opus Top (BS 2)

1,5 l/ha

 

2000

 

keine Behandlung

  

2001

65

Caramba

1,5 l/ha

 

2002

34

Unix + Alto 100 SL (BS 1)

0,8 kg/ha + 0,8 l/ha

 

37

Juwel Top (BS 2)

1,0 l/ha

 

65

Folicur + Juwel Top (BS 1)

0,5 l/ha + 0,5 l/ha

 

65

Folicur (BS 2)

1,0 l/ha

 

2003

 

keine Behandlung

  

2004

49

Opera

1,2 l/ha

 

2005

39

Impulse + Proline (Input Set)

0,8 l/ha + 0,8 l/ha

 

2006

37

Proline (nur BS 1)

0,8 l/ha

 

2007

47

Input (BS 1)

1,25 l/ha

 

47

Input (BS 2)

1,0 l/ha

 

Abweichend von der prinzipiellen Umsetzung des Schwellenkonzeptes wurde im Winterweizen 2 (WW 2) als weitere Behandlungsstrategie grundsätzlich nur eine stadienbezogene Behandlung im BBCH 37 durchgeführt. So wurden in den Jahren 1997 bis 2007 verschiedene Präparate (Juwel, Juwel Top, Stratego, Opera) in situationsbezogener, in der Regel der zugelassenen, und entsprechend halbierter Aufwandmenge ange­wendet. Lediglich 2002 („Fusarium-Jahr“) erfolgte eine zweite Behandlung mit Folicur auch in diesem Weizen­feld.

Bewertung der Wirtschaftlichkeit und statistische Auswertung

Vergleichsvariante für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Fungizidanwendung war die Variante Herbizid­anwendung. Die unbehandelten Kontrollen kamen auf Grund der starken Verunkrautung dafür nicht in Betracht. Das Merkmal „fungizidbedingter Mehrertrag“ berechnet sich aus der Differenz zwischen den Varianten Herbizid + Fungizid (HF) und Herbizid (H) jedes Blocks der Versuchsanlage.

Für die Kulturen Winterroggen, Wintergerste und Winter­weizen wurden die jeweiligen mittleren Befallswerte der Behandlungsvarianten „situationsbezogen“ und „50 % von situationsbezogen“ mit Hilfe des Welch-Testes (t-Test mit ungleichen Varianzen) zum zweiseitigen Signifikanzniveau α = 0,05 in jedem Jahr verglichen. Dieser Test zum Niveau α = 0,05 wurde auch für das Merkmal „Mehrertrag“ zum Vergleich der beiden Behandlungsvarianten herangezogen.

Bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit wurden die in den jeweiligen Jahren vorhandenen Fungizid- und Erzeuger­preise zugrunde gelegt.

3 Ergebnisse

In die Auswertung wurden 11 der 12 Versuchsjahre einbezogen. Das erste Versuchsjahr (1996) wurde auf Grund von noch erfolgten Korrekturen in der Versuchsanlage (Varianten, Sorten) nicht bewertet. Zwischen den Bewirt­schaftungssystemen „Marktfruchtbau“ und „Futterbau“ wurden keine grundlegenden Unterschiede im Krankheitsauftreten ermittelt, so dass beide Systeme zusammen­gefasst ausgewertet werden.

In den Grafiken zur Krankheitsentwicklung ist stets die Blattetage F-1 zum Zeitpunkt der Bonitur vier Wochen nach der Behandlung dargestellt; diese erwies sich in den meisten Jahren als am repräsentativsten.

Winterroggen

Die dominierende Krankheit am Standort, der Braunrost (Puccinia recondita), trat jährlich auf. Ein hoher Befall (> 40 % Befallsstärke in der unbehandelten Kontrolle auf den oberen drei Blättern) war in sechs der Versuchsjahre (1998, 2000, 2002, 2003, 2005, 2007) vorhanden (Abb. 1). Rhynchosporium-Blattflecken (Rhynchosporium secalis) traten in frühen Entwicklungsstadien der Pflanzen in mehreren Jahren mit über dem Schwellenwert liegenden Befall auf und erreichten in den Jahren 1997, 1999, 2002, 2006 und 2007 die oberen Blattetagen in mittlerer Ausprägung (≥ 20 % Befallsstärke auf F-1). Auf Grund der Schwellenüberschreitung, zunächst überwiegend für Rhynchosporium-Blattflecken, später in der Vegetations­periode für den dominierenden Braunrost ­waren in den Jahren 1998, 2002 und 2007 zwei Behandlungen erforderlich. Im Jahr 2001 erfolgten ebenfalls zwei Behandlungen, von denen die erste nach Prognose durch das Modell SIMCERC gegen Halmbruch gerichtet war.

Abb. 1. Auftreten von Braunrost (Puccinia recondita) und Wirkung der Fungizide im Winterroggen in den Versuchsjahren 1997–2007.

Abb. 1. Auftreten von Braunrost (Puccinia recondita) und Wirkung der Fungizide im Winterroggen in den Versuchsjahren 1997–2007.

In den 11 Versuchsjahren wurde mit den situations­bezogenen Behandlungen eine gute bis sehr gute Wirkung gegen den Braunrost erreicht. In fünf der Jahre mit hohem Befall (> 40 %) war die um 50 % reduzierte Aufwandmenge signifikant geringer wirksam (Abb. 1). Gegen Rhynchosporium-Blattflecken wurde eine gute Wirkung in beiden Intensitätsstufen erzielt (Ergebnisse nicht dargestellt).

Die Halmbruchkrankheit, die im Jahr 2001 einen Befalls­grad von ca. 30 % erreichte, konnte durch die situa­tionsbezogene Behandlung um ca. 50 % reduziert werden. Die reduzierte Aufwandmenge war um ca. 50 % geringer wirksam (Ergebnisse nicht dargestellt). Im Jahr 2002 wurde ein stärkeres Halmbruchauftreten (Befallsgrad im Mittel 65% in BS 1, 50 % in BS 2) ermittelt. Da keine gezielte Bekämpfung durchgeführt wurde, lag der Befall in H und HF gleich hoch.

Der Ertrag lag im Winterroggen ohne Fungizidanwendung im Mittel der 11 Versuchsjahre bei 67 dt/ha. Extreme waren die Jahre 1997 mit 48 dt/ha und 2004 mit 101 dt/ha. Durch die situationsbezogene Anwendung wurden signifikante Mehrerträge von > 15 dt/ha in den Jahren 1998, 1999, 2001, 2002 und 2007, von > 5 dt/ha in den Jahren 2003 und 2004 erreicht (Abb. 2). Mit Ausnahme des Jahres 2003 war in den genannten Jahren auch in der 50 %-Variante der Mehrertrag deutlich geringer, jedoch zur Variante ohne Fungizid ebenfalls signifikant. Im Mittel aller Jahre bestand im Mehrertrag zwischen situationsbezogener (11,4 dt/ha) und der 50 %-Variante (6,5 dt/ha) eine signifikante Differenz.

Abb. 2. Wirkung der Fungizide auf den Ertrag von Winterroggen.

Abb. 2. Wirkung der Fungizide auf den Ertrag von Winterroggen.

In Abb. 3 sind die hinsichtlich der Ertragswirksamkeit vergleichbaren Jahre und die Jahre mit entsprechenden wirtschaftlichen Ergebnissen zusammengefasst. Ein signifikanter Mehrertrag führte nicht zwangsläufig zu einem positiven wirtschaftlichen Ergebnis. Beispiel dafür ist das Jahr 2004. In diesem Höchstertragsjahr war die Krankheitsentwicklung insgesamt schwach; eine Behandlung mit Fungiziden führte zwar zu einem signifikanten Mehrertrag, war aber nicht wirtschaftlich. Im Gegensatz dazu war im Jahr 1997 der Mehrertrag von 7,7 dt/ha nicht signifikant, jedoch die Behandlung mit situa­tionsbezogener Aufwandmenge wirtschaftlich. In den „Trockenjahren“ 1997, 2000, 2003 und 2005 hatte die Fungizidanwendung keine oder nur geringe ökonomisch positive Effekte.

Abb. 3. Fungizidbedingter Mehrertrag und behandlungskostenfreier Erlös in Winter­roggen.

Abb. 3. Fungizidbedingter Mehrertrag und behandlungskostenfreier Erlös in Winter­roggen.

Im Bewirtschaftungssystem Ökologischer Landbau“ (Ergebnisse nicht dargestellt) wurde grundsätzlich eine Populationsroggensorte angebaut. Auch in diesem Bewirt­schaftungssystem entwickelte sich in Jahren mit hohem Krankheitsauftreten ein entsprechender Befall. Im Zeitraum 2000 bis 2004 wurden insgesamt acht ausgewählte Pflanzenstärkungsmittel im Winterroggen angewendet (Jahn und Pallutt, 2004). Im Jahr 2001 konnte nach Anwendung von CEREAVIT F1/F2, 3A86 und ELOPLANT SPRAY Z bei einem insgesamt geringen Befall die Rhynchosporium-Blattfleckenkrankheit reduziert werden; der Braunrost wurde nicht beeinflusst. Nur CEREAVIT F1/F2 und CHITO PLANT (im Jahr 2002) hatten einen tendenziell positiven Effekt auf den Ertrag (Mehrertrag ca. 5 %). Zusammenfassend ist festzu­stellen, dass positive Effekte der Pflanzenstärkungsmittel in geringem Umfang nachgewiesen wurden.

Wintergerste

In Wintergerste dominierende Krankheit waren die Netzflecken (Pyrenophora teres). In Abb. 4 wird dies für die Blattetage F-1 deutlich gemacht. Insbesondere in den Jahren 2002 bis 2004 entwickelte sich auf Grund des Anbaus der anfälligen Sorte ‘Candesse’ ein hoher Befall. Zwergrost (Puccinia hordei) trat nur im „Rostjahr“ 1998 in mittlerer Befallsstärke auf. Die weiteren wichtigen Blattkrankheiten – Echter Mehltau (Blumeria graminis) und Rhynchosporium-Blattflecken (Rhynchosporium secalis) – waren häufig vorhanden, jedoch deutlich unter dem Schwellenwert liegend. Im Jahr 2005 entwickelte sich in der Sorte ‘Naomie’ erstmals am Standort zum Ende der Vegetationsperiode hoher Befall mit der Sprenkelkrankheit (Ramularia collo-cygni). Obwohl das Mittel Opera, in BBCH 61 nach Schwellenüberschreitung durch Netz­flecken appliziert, den Befall sehr gut reduzierte (ca. 50 % Ramularia-Befall in unbehandelt, < 5 % in der Variante „situationsbezogen“), konnte kein wirtschaftlich posi­tiver Effekt nachgewiesen werden.

Abb. 4. Auftreten von Netz­flecken (Pyrenophora teres) und Wirkung der Fungizide in Wintergerste in den Versuchsjahren 1997–2007.

Abb. 4. Auftreten von Netz­flecken (Pyrenophora teres) und Wirkung der Fungizide in Wintergerste in den Versuchsjahren 1997–2007.

Insgesamt wurden in drei der 11 Jahre – 1998, 2002 und 2004 – nach entsprechender Schwellenüberschreitung zwei Behandlungen durchgeführt. Im Jahr 2002 war die Wirkung gegen Netzflecken dennoch, auch auf Grund der spät erfolgten Erstbehandlung, nicht aus­reichend hoch. Die Wirkung der Fungizide auf die Krankheiten war nicht in allen Jahren gut zu bestimmen, vor allem da zum Zeitpunkt der Erfolgsbonitur vier Wochen nach der Behandlung der Blattapparat in den Kontrollen in einigen Jahren bereits nicht mehr vorhanden war (Abb. 4, Jahre 1998 und 2005). Zwischen situations­bezogener und reduzierter Aufwandmenge waren signifikante Unterschiede, in mehreren Jahren jedoch nicht in der erwarteten Richtung (Befall in situationsbezogener > in der 50 %-Variante) vorhanden.

In Wintergerste ohne Fungizidanwendung lag der Ertrag im Mittel der 11 Versuchsjahre bei 61 dt/ha mit Extremen in den Jahren 1997 und 2001/2005 (33  bzw. je 84 dt/ha). Durch die situationsbezogene Fungizid­anwendung wurden in Wintergerste signifikante Mehr­erträge von > 10 dt/ha in den Jahren 1998, 1999, 2002 und 2004, von > 5 dt/ha in den Jahren 2001 und 2006 erreicht (Abb. 5).

Abb. 5. Wirkung der Fungizide auf den Ertrag von Wintergerste.

Abb. 5. Wirkung der Fungizide auf den Ertrag von Wintergerste.

Wie im Winterroggen war der Mehrertrag in der 50 %-Variante wesentlich geringer; im Mittel aller Jahre bestand zwischen situationsbezogener (8,2 dt/ha) und der 50 %-Variante (5,0 dt/ha) eine signifikante Differenz. Die Jahre 2002 bis 2004 sind Beispiel dafür, dass bei starker Krankheitsentwicklung nach der Behandlung sehr unterschiedliche Mehrerträge erreicht werden können. In den Jahren 2002 und 2004 wurde infolge der günstigen Witterungsbedingungen ein hoher Mehrertrag erzielt, dagegen war im „Trockenjahr“ 2003 der Mehr­ertrag so gering, dass die Fungizidanwendung mit wirtschaftlichen Verlusten verbunden war.

In Abb. 6 sind die Ertragswirksamkeit der Behand­lungen und der Erlös für alle Jahre zusammengefasst dargestellt. Signifikante fungizidbedingte Mehrerträge führten zu hohen Erlösen insbesondere in den Jahren 1998 und 2004. Im Vergleich zum Winterroggen wurden deutlich geringere Erlöse erzielt.

Abb. 6. Fungizidbedingter Mehrertrag und behandlungskostenfreier Erlös in Winter­gerste.

Abb. 6. Fungizidbedingter Mehrertrag und behandlungskostenfreier Erlös in Winter­gerste.

Winterweizen

Mit dem fast durchgängigen Anbau der an die Standortbedingungen gut angepassten Winterweizensorte ‘Pegassos’, die über eine ausgeprägte Resistenz gegen die wichtigen Krankheiten verfügte, war die Krankheitsentwicklung im Winterweizen im Vergleich zu den beiden anderen Getreidearten gering. Für die am Standort wichtigste Krankheit, Septoria-Blattdürre (Mycosphaerella graminicola, Syn. Septoria tritici), sind Auftreten und Wirkung der Behandlungen in Abb. 7 dargestellt. Die Bekämpfungs­schwelle war in einigen Jahren, zum Teil relativ frühzeitig überschritten. In acht der 11 Jahre – nicht in den Trockenjahren 2000 und 2003 sowie im Jahr 2006 (Sorte ‘Pegassos’) – wurden Fungi­zide angewendet. Die Wirkung gegen Septoria-Blattdürre war in den Jahren unterschiedlich. 1998 und 2001 war die erst spät erfolgte Behandlung nicht gegen Blattkrankheiten gerichtet, deren Auftreten gering war. Lediglich im Jahr 2002 entwickelte sich ein Befall auch mit Phaeosphaeria nodorum (Syn. Septoria nodorum) an Blatt und Ähre, der auch auf Grund des prognostizierten Fusarium-Auftretens eine zweite Behandlung induzierte. Im Jahr 2002 war die erste Behandlung auch gegen Halmbruch gerichtet, dessen Auftreten mit einem Befallsgrad von > 60 % in allen Varianten als hoch einzuschätzen war. Überraschend führte die Behandlung zu keiner Reduzierung.

Abb. 7. Auftreten von Septoria-Blattdürre (Mycosphaerella graminicola, Syn. Septoria tritici) und Wirkung der Fungizide in Winterweizen in den Versuchsjahren 1997–2007 (Mittel der Weizenfelder WW 1/BS 1 und WW/BS 2, 2007 nur WW/BS 2).

Abb. 7. Auftreten von Septoria-Blattdürre (Mycosphaerella graminicola, Syn. Septoria tritici) und Wirkung der Fungizide in Winterweizen in den Versuchsjahren 1997–2007 (Mittel der Weizenfelder WW 1/BS 1 und WW/BS 2, 2007 nur WW/BS 2).

Im Mittel lag der Ertrag in Winterweizen ohne Fungizid­anwendung über die 11 Versuchsjahre bei 67 dt/ha mit Extremen in den Jahren 1997 und 2004 (38 bzw. 102 dt/ha). In den Jahren 1998, 2004, 2005 und 2007 waren signifikante Mehrerträge im Bereich von 5 bis 7 dt/ha vorhanden (Abb. 8). Lediglich im Jahr 2002 war ein signifikanter Mehrertrag von > 10 dt/ha vor­handen, jedoch wurde durch die zweimalige Fungizidanwendung kein behandlungskostenfreier Erlös erreicht. Obwohl die Unterschiede im Mehrertrag zwischen situa­tionsbezogener und 50 %-Variante deutlich geringer waren als bei Roggen und Gerste, war die Differenz im Mittel aller Jahre signifikant. Nur in drei Jahren wurde ein behandlungs­kostenfreier Erlös erzielt. Bemerkenswert ist der in diesen Jahren höhere Erlös in der 50 %-Variante im Vergleich zur situationsbezogenen Anwendung.

Abb. 8. Fungizidbedingter Mehrertrag und behandlungskostenfreier Erlös in Winter­weizen im Mittel der Weizen­felder WW 1/BS 1 und WW/BS 2.

Abb. 8. Fungizidbedingter Mehrertrag und behandlungskostenfreier Erlös in Winter­weizen im Mittel der Weizen­felder WW 1/BS 1 und WW/BS 2.

Die im WW 2 (Ergebnisse nicht dargestellt) durch­gängig stadienbezogene Behandlung jeweils in BBCH 37 erwies sich in drei Jahren 1999, 2002 und 2005, als sehr ertragswirksam (situationsbezogen 12, 11 und 15 dt/ha, 50 %-Variante 8, 9 und 14 dt/ha). Die Unterschiede zwischen situationsbezogener und 50 %-Variante waren gering, im Mittel aller Versuchsjahre nicht signifikant. 1999 und 2005 wurden deutliche Erlöse (Mehrertrag: situations­bezogen 66 und 55 €/ha, 50 %-Variante 44 und 82 €/ha) erzielt. Im Jahr 2002 lagen diese auf Grund der zweimaligen Behandlung bei 14 €/ha in der situations­bezogenen, in der 50 %-Variante bei 40 €/ha.

Von weiteren Krankheiten im Winterweizen ist Fusa­rium spp. zu betrachten, wenn auch diese Krankheit im Vergleich zu anderen Regionen von eher geringer Bedeutung war. In drei Versuchsjahren (1998, 2001 und 2002) erfolgte eine gezielte Behandlung gegen Fusarium spp. (Tab. 2). In vier Versuchsjahren – 1998, 2001, 2002, 2007 – wurde im Feld ein Fusarium-Befall an der Ähre erfasst (Tab. 3).

Tab. 3. Auftreten von Fusarium spp. an der Ähre im Versuchszeitraum

Variante

Vorfrucht

Ährenbefall [%]*

1998

2001

2002

2007

BS 1 WW 1

Raps

2,9

4,7

3,0

0,6

BS 1 WW 2

Brache/Erbse

0

2,1

3,0

0,6

BS 2 WW

Mais

2,0

5,2

5,0

2,0

BS 3

Luzerne/Klee/Gras

0

4,2

2,5

n.u.

* Mittelwert aus jeweils allen Feldern je Variante (behandelt und unbehandelt)
n.u. = nicht untersucht

Insgesamt war der Befall schwach. Zwischen den unbehandelten Kontrollen und den behandelten Varianten sowie zwischen den Intensitätsstufen waren keine eindeutigen Unterschiede zu ermitteln. Der Befall wurde durch die Vorfrucht beeinflusst. Die Bedeutung der Vorfrucht Mais wurde auch bei diesem insgesamt geringen Befall bestätigt. Der DON-Gehalt im Erntegut widerspiegelte in der Gesamthöhe den Ährenbefall nicht in jedem Falle; er war sowohl nach der Vorfrucht Mais als auch bei höherer Anfälligkeit der Sorte (BS 1 WW 2 ‘Paroli’, nur im Jahr 2007) höher. Der Grenzwert für DON von 1,25 mg/kg wurde in keinem Falle erreicht (Jahn und Ellner, 2008).

4 Diskussion

Das notwendige Maß bei der Fungizidanwendung im Getreide hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Von grundlegender Bedeutung sind die Kulturmaßnahmen wie Fruchtfolge, Düngung, Bodenbearbeitung, Sortenwahl und Saattermin (Heitefuss et al., 1988), der von Standort und Jahreswitterung abhängige Infektionsdruck und die ebenfalls von Standort und Jahr beeinflusste Ertragserwartung.

Die Fungizidanwendung am Versuchsstandort Dahnsdorf wurde in erster Linie vom Infektionsdruck und von der Sortenanfälligkeit bestimmt; die Ertragserwartung wurde nach Möglichkeit in die Entscheidung einbezogen. In mindestens einem Drittel der Jahre führten der sandige Boden und eine häufige, insbesondere Vorsommertrockenheit zu Bedingungen, die keine Fungizidanwendung erforderten oder erfordert hätten. In extremen Trockenjahren, zum Beispiel dem Jahr 2000, traf dies für alle Getreidekulturen zu. In mehreren Jahren waren die Auswirkungen längerer Trocken­perioden auf die Effektivität der Fungizidanwendung in den Kulturen unterschiedlich. Insgesamt war im Winter­roggen der Einfluss der Trockenheit am geringsten.

Als dominierende, in jedem Jahr vorhandene Krankheiten traten Braunrost und Rhynchosporium-Blatt­flecken in Winterroggen, Netzflecken in Wintergerste sowie Septoria-Blattdürre in Winterweizen auf. Wichtigster Einflussfaktor für die Krankheitsentwicklung war die Anfälligkeit der angebauten Sorten. Die am geringsten ausgeprägten Resistenzeigenschaften wies der Winterroggen gegen den Braunrost auf. Diese Krankheit musste im Mittel der Jahre am intensivsten bekämpft werden, so dass der Behandlungsindex von 1,4 für die Fungizide im Winterroggen entsprechend hoch ist. Deutliche Unterschiede zeigten sich im Befall der Wintergerste durch den Anbau unterschiedlich anfälliger Sorten. In zwei von vier Anbaujahren erforderte die zunehmend anfällige Sorte ‘Candesse’ eine Zweifachbehandlung. Der Behandlungsindex von 1,0 in der Wintergerste resultierte aus der überwiegenden Einmal-Behandlung (in acht der 11 Jahre) und einer situationsbezogenen Aufwandmenge.

Bei den Bemühungen um die Einsparung von Pflanzenschutzmitteln gilt eine hohe Krankheitsresistenz der Sorten als entscheidendes Instrument zur Reduzierung von krankheitsbedingten Ertragsverlusten und damit zur Einsparung von Fungiziden (Beer, 1991; Stevens et al., 1997; Jørgensen et al., 2003, Mercer und Ruddock, 2005; Jørgensen et al., 2008). Mit dem Anbau der Winter­weizensorte ‘Pegassos’, die über sehr gute Resistenz­eigenschaften verfügte, wurde dies nachhaltig bestätigt. Der Behandlungsindex über die 11 Versuchsjahre ist mit 0,8 relativ niedrig. Das Einsparpotential war dennoch nicht ausgeschöpft, in einzelnen Versuchsjahren führte die Fungizidanwendung trotz signifikanter Mehrerträge zu keinem positiven behandlungskostenfreien Erlös. In Sorten mit guten Resistenzeigenschaften kann eine Fungizid­anwendung auch nach Überschreitung von Schwellen­werten häufig unwirtschaftlich sein. Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die verwendeten Schwellenwerte die Sortenspezifik nicht hinreichend berücksichtigen. Inwieweit bei Sorten mit hoher Resistenz erhöhte Schwellenwerte anzuwenden sind, ist zu untersuchen.

Ein Einsparpotential liegt in der Regel auch in der Fungizidanwendung. Diese soll nach Überschreitung eines Schwellenwertes mit dem geeignetsten Fungizid in situationsbezogener Aufwandmenge erfolgen. Insbesondere die Anwendung der Fungizide mit geringeren als den zugelassenen Aufwandmengen wird seit den 1990er Jahren europaweit praktiziert, wobei dieses Vorgehen oft nicht auf wissenschaftlichen Grundlagen basiert und damit das Risiko von Minderwirkung und Resistenzentwicklung steigt (Wale, 1994). Gezielte Untersuchungen haben gezeigt, dass in vielen Fällen mit 50 % der zugelassenen Aufwandmenge keine Wirkungsminderung verursacht und oft ein höherer Gewinn erzielt wird (Jørgensen und Nielsen, 1992; Hedke und Verreet, 1999; Mercer und Ruddock, 2005). Die hier beschriebenen Ergebnisse führten im Winterweizen zu vergleichbaren Schlussfolgerungen. Bei mittlerem bis höherem Befall konnten in der Sorte ‘Pegassos’ mit der situationsbezogenen Aufwandmenge geringfügig höhere Mehrerträge erzielt werden, jedoch war die 50 %-Variante wirtschaftlich günstiger. Dieses Ergebnis wurde nur in der Winterweizensorte ‘Pegassos’ erzielt. In den angebauten Winterroggen- und Wintergerstensorten mit höherer Anfälligkeit war die Reduzierung der Aufwandmenge mit einer äquivalenten Reduzierung von Mehrertrag und Erlös verbunden.

Ein Vergleich verschiedener Behandlungsstrategien – Behandlung nach Schwellenwerten (WW 1) und stadienorientiert (WW 2) – erfolgte im Versuch lediglich in der Kultur Winterweizen in der getreidebetonten Fruchtfolge BS 1. Zudem wurde im WW 2 der Schwerpunkt auf die Anwendung strobilurinhaltiger Fungizide gelegt. Die Resistenzproblematik bei dieser Wirkstoffgruppe war zu Versuchsbeginn noch nicht vorhanden; am Standort Dahnsdorf wurde erstmals 2006 Strobilurin-Resistenz von S. tritici nachgewiesen (ca. 40 % Anteil der Mutation G143A an der mitochondrialen Pilz-DNA).

In der Summe der Jahre erwies sich die Überlegenheit der schwellenorientierten Behandlungsstrategie. So war in drei Jahren keine Behandlung erforderlich, in fünf Jahren wurde ein signifikanter Mehrertrag erreicht. In den Jahren 1999 und 2005 wurde jedoch durch die stadienorientierte Behandlung in BBCH 37 ein deutlich besseres Ergebnis erzielt. Insbesondere das Jahr 1999, in dem die schwellenorientierte Behandlung lediglich sieben Tage später als die stadienorientierte Behandlung erfolgte, ist Beispiel dafür, dass diese Strategie in einzelnen Jahren durchaus das Optimum darstellen kann.

Im Versuchszeitraum war in allen Getreidekulturen die Fungizidanwendung nur in Jahren mit starker Krankheitsentwicklung und für die Ertragsbildung günstigen Witterungsbedingungen wirtschaftlich. Unter diesen Bedingungen war bei Reduzierung der Aufwandmenge (50 %-Variante) der fungizidbedingte Mehrertrag signifikant geringer; mit der Anwendung halbierter Fungizidaufwandmengen kann folglich in Jahren mit starkem Befall bei anfälligen Sorten, z. B. im braunrostanfälligen Roggen oder in netzfleckenanfälliger Gerste, das Ertragspotential nicht ausgeschöpft werden.

In Jahren mit über dem Schwellenwert liegenden Befall, aber schwacher bis mittlerer Krankheitsentwicklung, oder in Jahren mit großer, insbesondere Vorsommertrockenheit, wie dies am Versuchsstandort in den „Trockenjahren“ 1997, 2000, 2003 und 2005 der Fall war, wurden nur geringe oder keine Mehrerträge durch die Behandlungen erzielt. Weder die Anwendung einer situationsbezogenen noch einer reduzierten Fungizidaufwandmenge war unter diesen Bedingungen wirtschaftlich.

Dank

Den Kolleginnen Marlies Strumpf und Marion Batschon sowie allen Mitarbeitern des Versuchsfeldes wird für die engagierte Mitwirkung bei der Durchführung, Betreuung und Auswertung der Versuche sehr herzlich gedankt.

Literatur

Beer, E., 1991: Bekämpfungsschwelle für Blatt- und Ährenkrankheiten bei unterschiedlich widerstandsfähigen Sorten als Elemente des Integrierten Pflanzenschutzes in verschiedenen Winterweizenanbausystemen. Gesunde Pflanzen 43, 323-332.

Freier, B., H. Triltsch, U. Pluschkell, M. Jahn, B. Pallutt, K. Lindner, U. Burth, 1997: Integrierter Pflanzenschutz im Ackerbau: ein Leitfaden für Landwirte. Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, 84 S.

Hedke, K., J.A. Verreet, 1999: Efficacy of single fungicide treatments in winter wheat using recommended and reduced dosages. J. Plant Dis. Prot. 106, 98-108.

Heitefuss, R., J. Kuhlmann, B. Springer, 1988: Gezielter Einsatz von Herbiziden und Fungiziden im intensiven Getreidebau. Gesunde Pflanzen 40, 126-132.

Hoffmann, G.M., J.A. Verreet, F.W. Kremer, 1988: Konzeption und Methode für eine zukunftsorientierte, gezielte Bekämpfung von Blatt- und Ährenkrankheiten an Getreide. Gesunde Pflanzen 40, 438-446.

Jahn, M., F. Ellner, 2008: Vorkommen von Fusarium spp. in Winterweizen in einem Dauerfeldversuch sowie Befall und Myko­toxingehalt im Erntegut. 56. Deutsche Pflanzenschutztagung, Kiel. Mitt. Julius Kühn-Institut 417, 331.

Jahn, M., B. Pallutt, 2004: Zur Wirkung ausgewählter Pflanzenstärkungsmittel bei ökologischem Anbau von Kartoffeln und Roggen. 54. Deutsche Pflanzenschutztagung, Hamburg. Mitt. Biol. Bundesanst. Land- Forstwirtsch. Berlin-Dahlem 396, 505-506.

Jørgensen, L.N., L. Hagelskjær, G.C. Nielsen, 2003: Adjusting the fungicide input in winter wheat depending on variety resistance. Proceedings of the BCPC Conference on Crop Science and Technology, Glasgow 1115-1120.

Jørgensen, L.N., B.J. Nielsen, 1992: Reduced dosages of fungicides for controlling wheat diseases in Denmark. Brighton Crop Protection Conference – Pests and Diseases, 2, 609-614.

Jørgensen, L.N., G.C. Nielsen, J.E. Ørum, J.E. Jensen, H.O. Pinnschmidt, 2008: Integrating disease control in winter wheat – optimizing fungicide input. Outlooks on Pest Management 19, 206-213.

Lutze, G., E. Kluge, 1989: Bekämpfungsrichtwerte als Entscheidungshilfen zur gezielten Bekämpfung von Getreidekrankheiten. Nachrichtenbl. Pflanzenschutz DDR 43, 153-156.

Mercer, P.C., A. Ruddock, 2005: Disease management of winter wheat with reduced doses of fungicides in Northern Ireland. Crop Protection 24, 221-228.

Moll, E., K. Flath, J. Sellmann, 2009: Schätzen der Befallsstärke – (k)ein Problem. Journal für Kulturpflanzen 61, 440-442.

Pallutt, B., M. Jahn, B. Freier, E. Moll, 2010: Dauerfeldversuche auf dem Versuchsfeld Dahnsdorf unter besonderer Berücksichtigung der Unkrautbekämpfung. Journal für Kulturpflanzen 62 (7), 238-247.

Stevens, D.B., J.A. Turner, N.D. Paveley, 1997: Exploiting variety resistance to rationalise fungicide inputs – theory and practice. Aspects of Applied Biology 50, 279-284.

Tischner, H., G. Bauer, 2000: Monitoring für Getreidekrankheiten in Bayern- Bewährte Hilfe zum gezielten Fungizideinsatz. Gesunde Pflanzen 52, 254-260.

Volk, T., J. Frahm, 1991: Strategien zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten im Ackerbau. Gesunde Pflanzen 43, 39-44.

Wale, S.J., 1994: Reduced fungicides doses for cereals – a practical perspective on their use. Brighton Crop Protection Conference – Pests and Diseases, 2, 695-702.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
Verlag
Eugen Ulmer KG
Ulmer-Logo
Verantwortlicher Herausgeber
Präsident und Professor
Prof. Dr. Frank Ordon
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Schriftleitung
Dr. Anja Hühnlein
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
E-Mail: journal-kulturpflanzen@julius-kuehn.de
Co-Schriftleitung
Dr. Ulrike Stahl
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Layout/Technische Umsetzung
mediaTEXT Jena GmbH
mediaTEXT-Logo
Julius Kühn-Institut (JKI)
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
 
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Deutschland
Fon: 03946 47-0
Fax: 03946 47-255
Mail: poststelle@julius-kuehn.de
De-Mail: poststelle@julius-kuehn.de-mail.de
Impressum
 
Diese Zeitschrift wird vom Julius Kühn-Institut herausgegeben.
JKI-Logo