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Originalarbeit

Erfassung von Herbizidresistenzen bei Ungräsern im Biotest

Estimation of herbicide resistance in grass weeds with a bioassay

Henning Nordmeyer und Peter Zwerger
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 62 (10). S. 376–382, 2010, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2010.10.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Henning Nordmeyer, Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Messeweg 11-12, 38104 Braunschweig, Germany, E-Mail: henning.nordmeyer@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
Juni 2010

Zusammenfassung

Ein Biotestverfahren zum Nachweis von Herbizidresistenzen bei Alopecurus myosuroides Huds. und Apera spica-venti (L.) P.B. wird beschrieben. Getestet wurden Verdachtsherkünfte im Vergleich zu sensitiven und resistenten Referenzherkünften mit verschiedenen Herbiziden und Aufwandmengen. Geprüft wurden 1/2N, 1N und 2N der zugelassenen Aufwandmenge. Darüberhinaus wurden für ausgewählte Herkünfte und Herbizide Dosiswirkungskurven mit zusätzlichen Aufwandmengen erstellt und Resistenzfaktoren berechnet. Bei einigen Herkünften konnte für einzelne Wirkstoffe eine Herbizidresistenz nachgewiesen werden. Die Biotestmethode hat sich als geeignetes Verfahren zur Erkennung von Herbizidresistenzen bei Ungräsern erwiesen.

Stichwörter: ALOMY, APESV, Unkraut, Biotypen, Resistenz, Herbizide, Biotest

Abstract

A bioassay method for the detection of herbicide resistance for Alopecurus myosuroides Huds. and Apera spica-venti (L.) P.B. is described. Different suspicion provenances were analysed in comparison to sensitive and resistant reference provenances with different herbicides and dosages. Tested were 1/2N, 1N and 2N of the registered application rate. Furthermore dose response relationships with additional dosages were estimated for selected populations and herbicides and resistance factors were calculated. For some populations herbicide resistance could be estimated for single herbicides. The bioassay method has shown itself to be an appropriate procedure for the identification of herbicide resistance.

Key words: ALOMY, APESV, weed, biotypes, resistance, herbicides, bioassay

Einleitung

Die Pflanzenproduktion hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Vielseitige Fruchtfolgen wurden zum Teil bis hin zu Monokulturen eingeengt, der Anbau von Winterungen nahm einen immer größeren Anteil ein, Saattermine wurden weiter nach vorne gezogen und die Grundbodenbearbeitung zeichnet sich inzwischen zunehmend durch reduzierte Formen aus. Die gesamte Veränderung der Produktionstechnik hat auch das Unkrautvorkommen auf den Ackerflächen stark beeinflusst. Gut angepasste Arten, insbesondere die beiden Ungräser Acker-Fuchsschwanz (Alopecurus myosuroides Huds., ALOMY) und Gemeiner Windhalm (Apera spica-venti (L.) P.B., APESV) wurden dadurch gefördert und müssen inzwischen intensiv mit entsprechenden Herbiziden bekämpft werden. Die heutigen Anbauverfahren und die damit einhergehende einseitige Anwendung von Herbiziden begünstigen die Selektion von herbizidresistenten Unkrautpopulationen.

Nach dem Herbicide Resistance Action Committee (HRAC) ist Herbizidresistenz definiert als die innerhalb einer bestimmten Unkrautpopulation natürlich vorkommende, vererbbare Fähigkeit von Biotypen, Herbizidbehandlungen zu überleben, die unter normalen Umständen diese Population wirksam bekämpfen würden (HRAC, 2010). Das Auftreten von resistenten Pflanzen ist ein natürlicher Prozess. Pflanzen sind in der Lage aufgrund ihrer genetischen Vielfalt auf Veränderungen zu reagieren und damit ihr Überleben zu sichern. Dabei führt die Anwendung von Herbiziden zur Selektion überlebensfähiger Biotypen. Eine einseitige Herbizidanwendung und andere Maßnahmen der Landwirte fördern diese Selektion von natürlich vorkommenden widerstandsfähigen Biotypen.

Herbizidresistenzen bei Unkräutern sind schon sehr lange bekannt. Sie haben sich in den vergangenen Jahren weltweit weiter ausgebreitet. Trotzdem wird die Bedeutung der Unkrautresistenz global noch als gering eingestuft. Bis jetzt sind 347 resistente Biotypen von insgesamt 195 Unkrautarten, davon 80 monokotyle und 115 dikotyle Arten bekannt (Heap, 2010). Resistenzen werden in Europa und Deutschland insbesondere bei Ungräsern zunehmend zu einem Problem. Die Entwicklung begann in den achtziger Jahren bei Alopecurus myosuroides und weitete sich später auch auf Apera spica-venti aus. In Deutschland sind Resistenzen bei ALOMY und APESV regional bereits stark ausgeprägt, so dass teilweise erhebliche Bekämpfungsprobleme auftreten. Betroffen sind in erster Linie Herbizide aus der Gruppe der ALS- und ACCase-Hemmer. Aufgrund der derzeitigen Entwicklung ist zu erwarten, dass die Resistenzen bei beiden Arten weiter voranschreiten werden. Resistenzmanagementmaßnahmen sind zwar möglich, werden aber in der landwirtschaftlichen Praxis aus verschiedenen Gründen häufig nicht in ausreichendem Maße durchgeführt. Weltweit betrachtet gehören ALOMY und APESV derzeit noch nicht zu den 10 wichtigsten resistenten Unkrautarten (Heap, 2010). Neben den monokotylen Arten werden zukünftig auch dikotyle Unkrautarten in Deutschland von Resistenz betroffen sein. Dies zeigen europäische Untersuchungen und Resistenzfunde bei Chenopodium album L. in Belgien (Mechant et al., 2008), Stellaria media und Papaver rhoeas im Vereinigten Königreich (Tatnell et al., 2008) sowie bei Matricaria recutita L. in Schleswig-Holstein (Drobny et al., 2008).

Die zunehmende Herbizidresistenz bei Unkräutern erfordert eine stärkere und konsequentere Berücksichtigung der Resistenz bei der Prüfung und Bewertung von Herbiziden im Rahmen des Zulassungsverfahrens. Im Prüfbereich Wirksamkeit wird das jeweilige Resistenzrisiko vom Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) auf Grundlage des EPPO-Standards PP 1/213(2) bewertet. Die Resistenzbeurteilung beinhaltet die Analyse des inhärenten Risikos der Unkrautarten und des Herbizides sowie die Analyse des agronomischen Risikos (EPPO, 2002). Entsprechend der Bewertung und der Resistenzeinstufung werden dann gegebenenfalls Kennzeichnungsauflagen vorgeschlagen.

Vor dem Hintergrund des nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und der Begrenzung auf das notwendige Maß, muss festgestellt werden, dass bei Anwendung reduzierter Aufwandmengen immer auch das Risiko der Resistenzbildung mit zu berücksichtigen ist. So ist für resistenzgefährdete Standorte als notwendiges Maß die volle zugelassene Aufwandmenge anzusehen. Daher ist ein Resistenzmanagement von großer Bedeutung. Ein konsequentes Resistenzmanagement kann auch zu einer Reduzierung des Herbizideinsatzes führen, wenn der Sensitivitätszustand einer Fläche bekannt ist.

Biotestverfahren eigenen sich grundsätzlich als Methode zum Nachweis und zur Quantifizierung von herbiziden Wirkungen auf Testpflanzen und werden seit vielen Jahren eingesetzt (Pestemer, 1976; Streibig, 1988). Eine Anleitung zur Anlage und Auswertung quantitativer Dosis-Wirkungsbeziehungen ist bei Michel et al. (1999) beschrieben. Auch zum Nachweis von Resistenzen werden häufig Biotestmethoden eingesetzt (z. B. Petersen et al., 2008). Dazu werden sensitive und resistente Herkünfte mit verschiedenen, festgelegten Herbizidmengen behandelt, nach drei Wochen bonitiert und die Frischmasse der Pflanzen bestimmt. Im Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland des JKI werden Resistenzuntersuchungen mit ALOMY und APESV durchgeführt, wobei insbesondere Resistenzverdachtsherkünfte aus verschiedenen Teilen Deutschlands geprüft werden. Ferner beteiligte sich das Institut an einem Biotest-Ringversuch zur Aussagekraft verschiedener Biotestmethoden. Dabei zeigte sich, dass unterschiedliche Versuchsbedingungen (Gewächshaus/Klimakammer, Aussaat/Pikieren, Herbizidapplikation, Beleuchtung, Bewässerung, Temperatur und relative Luftfeuchte) die Ergebnisse beeinflussen können. Solche Vergleiche zeigen immer wieder den Einfluss der Methodik auf das Ergebnis.

Material und Methoden

Zur Prüfung von Herbizidresistenzen bei ALOMY und APESV wurden über mehrere Jahre Biotests in Klimaschränken und -kammern unter definierten Temperatur-, Licht- und Feuchtigkeitsverhältnissen durchgeführt. Dazu wurden zur Brechung der Dormanz zunächst ent­spelzte Samen der zu prüfenden Herkünfte auf mit 1 ml 0,002 m Ca(NO3)2-Lösung getränktem Filterpapier in eine Petrischale gelegt, mit Deckeln verschlossen und einen Tag bei Licht und 20˚C aufstellt. Am zweiten Tag wurden die Keimschalen bei 4˚C in Dunkelheit aufstellt und am achten Tag in Klimaschränke mit Tag-Nacht-Rhythmus gestellt (Tagphase: 10˚C + 16 h Beleuchtung mit max. 4000 Lux; Nachtphase: 20˚C). Die Keimpflanzen (5 Pflanzen/Topf) wurden im 1-Blattstadium in Biotesttöpfe (Größe 0,3 l) in vier Wiederholungen pikiert. Diese Vorgehensweise gewährleistet eine hohe Homogenität des Bestandes. Es wurde ein JKI-Standardboden verwendet (gesiebt auf 2,5 mm, sterilisiert, ca. 60% WKmax). Bei dem Standardboden handelt es sich um einen lehmigen Sand (49,7% Sand; 38,1% Schluff, 12,2% Ton; pH-Wert 6,4; Corg. 0,9%). Nach dem Pikieren wurden die Versuchsgefäße für sieben Tage im Gewächshaus aufgestellt. Danach erfolgte das weitere Wachstum in Klimaschränken oder -kammern (Tagphase: 20˚C + 16 h Beleuchtung mit 14 000 Lux, Nachtphase: 10˚C). Die Bewässerung erfolgte durch bedarfsgerechtes Gießen mit Leitungswasser von oben. Darüber hinaus wurde ein Methodenvergleich bei unterschiedlicher Bewässerung durchgeführt. Geprüft wurden die Varianten Gießen und Anstau.

Die Herbizidapplikation wurde 32 Tage nach der Aussaat im 2- bis 3-Blattstadium (BBCH 12-13) in einem Laborapplikationsstand durchgeführt. Nach der Appli­kation wurden die Biotestgefäße als randomisierte Blockanlage für 21 Tage im Klimalichtschrank aufgestellt und zweimal täglich bedarfsgerecht gewässert. Getestet wurden im Allgemeinen eine praxisübliche Aufwandmenge und die halbe Aufwandmenge. Für einige Herkünfte wurden sechs Aufwandmengen (0, 25, 50, 75, 100, 200%) zur Ermittlung einer Dosis-Wirkungsbeziehung getestet. Als Kontrollen wurden je eine sensitive und eine resistente Referenzherkunft (JKI-Herkunft) mit geprüft.

Die Herbizidapplikation erfolgte als on-Top-Applikation mit einer stationären Applikationsanlage der Firma Schachtner. Verwendet wurde eine Flachstrahldüse (Teejet 8003 EVS) mit einem Systemdruck von 7-8 bar und einem Düsendruck von 2,1 bar. Die Spritzgeschwindigkeit betrug 2,0 km/h und die Spritzhöhe 45 cm (Düse bis Gefäßoberfläche).

Zur Versuchsauswertung wurden Wirkungsbonituren (Wirkungsgrad im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle) durchgeführt und die oberiridische Pflanzenfrischmasse pro Gefäß jeweils 21 Tage nach Versuchsansatz ermittelt. Dabei wurden folgende Wirkungsgrad-Grenzwerte für eine Bewertung verwendet: 0 bis 50% resistent, 51 bis 85% tendenziell resistent, 85 bis 94% bedingt sensitiv, 95 bis 100% sensitiv. Die Erstellung von Dosis-Wirkungskurven und die Berechnung von ED50-Werten (Herbizidmenge die zu einer 50%igen Reduzierung der Frischmasse führt) erfolgte mit dem Modul DRC des Statistikprogramms R (Ritz und Streibig, 2007). Dieses Modul wurde speziell für die Auswertung von Biotests mit Pflanzen entwickelt. Zur Berechnung der Resistenz­faktoren (RF) wurden die ED50-Werte der resistenten und der sensitiven Herkunft ins Verhältnis gesetzt: RF = ED50-Wert der resistenten Herkunft/ED50-Wert der sensitiven Herkunft. RF beschreibt die Sensitivitätsunterschiede zwischen zwei Populationen. Im Biotest werden Herbizide verschiedener Wirkungsmechanismen geprüft (Tab. 1). Die Herbizide wurden aufgrund von Resistenzverdachtsfällen nach deren Anwendung in der Praxis ausgewählt.

Tab. 1. Auswahl der im Biotest geprüften Herbizide bei ALOMY- und APESV-Verdachtsherkünften

Herbizid

Wirkstoff

HRAC-Gruppe

Aufwandmenge (100%)

Alopecurus myosuroides Huds. (ALOMY)

 

Arelon TOP

Isoproturon

C2

3 l/ha

 

Atlantis WG

Mesosulfuron

B

500 g/ha

 

Lexus

Flupyrsulfuron

B

20 g/ha

 

Axial

Pinoxaden

A

0,6 l/ha

 

Topik 100

Clodinafop

A

0,5 l/ha

 

Select 240 EC

Clethodim

A

0,75 l/ha

 

Apera spica-venti (L.) P.B. (APESV)

 

Arelon Top

Isoproturon

C2

3 l/ha

 

Atlantis WG

Mesosulfuron

B

500 g/ha

 

Axial

Pinoxaden

A

0,6 l/ha

 

Attribut

Propoxycarbazone

B

60 g/ha

 

Husar

Iodosulfuron

B

200 g/ha

 

Monitor

Sulfosulfuron

B

12,5 g/ha

 

Ergebnisse

Die verschiedenen ALOMY- und APESV-Herkünfte reagierten erwartungsgemäß unterschiedlich auf steigende Herbizidaufwandmengen. Abb. 1 zeigt das Pflanzenwachstum einer ALOMY-Resistenz-Verdachts­herkunft 21 Tage nach der Behandlung mit Axial für verschiedene Aufwandmengen. 100% Aufwandmenge Axial (0,6 l/ha) entsprachen der zugelassenen Aufwandmenge im Getreide im Frühjahr. Deutlich wird, dass bei 25 und 50% Aufwandmenge nur geringe Veränderungen im Vergleich zur Kontrolle zu erkennen sind. Auch bei 100 und 200% Aufwandmenge überleben die Pflanzen. Diese ALOMY-Herkunft ist mit zugelassenen Aufwandmengen nicht mehr bekämpfbar. Im Gegensatz dazu reagiert die sensitive Referenzherkunft deutlich anders (Abb. 2). Bereits bei einer Aufwandmenge von 50% sind die Pflanzen vollständig abgestorben.

Abb. 1. Pflanzenwachstum von ALOMY 21 Tage nach der Behandlung mit Axial (Verdachtsherkunft).

Abb. 1. Pflanzenwachstum von ALOMY 21 Tage nach der Behandlung mit Axial (Verdachtsherkunft).

Abb. 2. Pflanzenwachstum von ALOMY 21 Tage nach der Behandlung mit Axial (Sensitive Referenzherkunft).

Abb. 2. Pflanzenwachstum von ALOMY 21 Tage nach der Behandlung mit Axial (Sensitive Referenzherkunft).

Die Abb. 3 zeigt Dosis-Wirkungskurven von Axial und Husar für sensitive (A, B, C) und resistente (B, D, F) ALOMY- und APESV-Herkünfte. Die Kurvenverläufe geben die Ergebnisse der Bioteste wieder. Die Frischmasse wird in Abhängigkeit von der Aufwandmenge bei der sensitiven Referenzherkunft und der resistenten Verdachtsherkunft unterschiedlich reduziert. Bei den resistenten Verdachtsherkünften sind erhöhte Aufwandmengen für eine Bekämpfung notwendig.

Abb. 3. Dosis-Wirkungskurven sensitiver Referenzherkünfte (A, C, E) und resistenter Verdachtsherkünfte (B, D, F) von ALOMY und APESV.

Abb. 3. Dosis-Wirkungskurven sensitiver Referenzherkünfte (A, C, E) und resistenter Verdachtsherkünfte (B, D, F) von ALOMY und APESV.

Auf der Grundlage der Dosis-Wirkungsbeziehungen wurden ED50-Werte berechnet und Resistenzfaktoren berechnet. Die Ergebnisse sind in Tab. 2 zusammen­gefasst. Der Resistenzfaktor (RF) der Herkunft ALOMY14-801 liegt bei 2,8. Die Herkünfte ALOMY9-701 und APESV9-702 zeigen mit Werten von 14,1 und 14,0 eine stärkere Resistenz bei den geprüften Herbiziden.

Tab. 2. Resistenzfaktoren

Herkunft

Unkrautart

Herbizid

ED50 resistent

ED50 sensitiv

Resistenzfaktor (RF)

ALOMY9-701

ALOMY

Axial

62,27

4,41

14,1

APESV9-702

APESV

Husar

153,35

10,98

14,0

ALOMY14-801

ALOMY

Axial

72,46

25,71

2,8

Die Abb. 4 und 5 zeigen den Einfluss verschiedener Bewässerungsverfahren (Methodenvergleich) auf das Wirkungsergebnis von Arelon Top im Biotest. Bei der Gießvariante tritt die Wirkung des Herbizids früher ein und ist insgesamt stärker ausgeprägt. Bereits Aufwandmengen von 25% führen zu einem hohen Wirkungsgrad. Bei der Anstauvariante (Bewässerung von unten) ist auch bei der höchsten getesteten Aufwandmenge kein vollständiges Absterben der ALOMY-Pflanzen festzustellen.

Abb. 4. Pflanzenwachstum von ALOMY nach Applikation von Arelon Top bei Bewässerung durch Gießen (Bewässerung von oben).

Abb. 4. Pflanzenwachstum von ALOMY nach Applikation von Arelon Top bei Bewässerung durch Gießen (Bewässerung von oben).

Abb. 5. Pflanzenwachstum von ALOMY nach Applikation von Arelon Top bei Bewässerung durch Anstau (Bewässerung von unten).

Abb. 5. Pflanzenwachstum von ALOMY nach Applikation von Arelon Top bei Bewässerung durch Anstau (Bewässerung von unten).

Bei verschiedenen Verdachtsproben wurde eine Resistenzeinstufung anhand der bonitierten Schadsymptome vorgenommen. Tab. 3 zeigt eine Einstufung für fünf Herbizide und fünf APESV-Herkünfte. Die Bewertung der Herkünfte schwankt zwischen sensitiv (Arelon Top) und resistent (Husar bei vier Herkünften).

Tab. 3. Resistenzeinstufung von Verdachtsproben

Herbizid

Resistenzeinstufung

 

APESV42

APESV43

APESV45

APESV46

APESV47

Arelon Top

S

S

S

S

S

Axial 50

S

S

S

S

S

Husar + FHS

R

R

R

R

S

Broadway + FHS

TR

R

TR

S

S

Ralon Super

S

S

S

BS

S

S = sensitiv; R = resistent; BS = bedingt sensitiv; TR = tendenziell resistent

Diskussion

Anhand der vorgestellten Beispiele konnte gezeigt werden, dass die Ergebnisse der standardisierten Biotests die oftmals im Feld gemachten Beobachtungen bestätigen, dass keine ausreichende Wirkung gegenüber ALOMY und APESV nach Anwendung von Herbiziden vorhanden ist. Das vorgestellte Biotestverfahren ist ein geeignetes Testverfahren zum Nachweis von resistenten Unkrautbio­typen. Zum Teil lagen die berechneten Resistenzfaktoren bei < 3. Niedrige Resistenzfaktoren werden im Allgemeinen als Zeichen für eine metabolische Resistenz gewertet. Bei niedrigen Resistenzfaktoren stellt sich aber auch die Frage, ob es sich tatsächlich um Resistenzen handelt oder ob es lediglich Unterschiede in der Sensitivität einer Unkrautart sind. Wagner, (2004) gibt an, dass Resistenzfaktoren bis zu drei mit Vorsicht zu interpretieren sind. Hier zeigt sich die Notwendigkeit von Untersuchungen zur Baseline-Sensitivität, um die Wirkungs­breite der Herbizide zu erfassen und klare Aussagen zu eventuell vorliegenden Resistenzen machen zu können.

Methodische Veränderungen von standardisierten Verfahren, wie am Beispiel der Bewässerung gezeigt, können zu abweichenden Ergebnissen führen. Daher sind spe­zifische Wirkstoffeigenschaften bei der Versuchsdurchführung und bei der Interpretation der Ergebnisse zu beachten. So ist bei Wirkstoffen mit geringer Sorption, wie dem Isoproturon, die neben einer Blattwirkung auch eine Bodenwirkung aufweisen, das Bewässerungs­verfahren von großer Bedeutung, da dadurch der Wirkstoff unterschiedlich tief in den Boden eindringen und die Pflanzenwurzeln erreichen kann. Das Gießverfahren entspricht eher der natürlichen Feldsituation. Auch andere Parameter (Testsubstrat, Lichtintensität, Düngung, Applikationsbedingungen usw.) können die Biotestergebnisse nachhaltig beeinflussen. Methodische Besonderheiten einzelner Verfahren sind bei der Auswertung von Biotestverfahren zu beachten. Ringtests mit unterschiedlichen Testmethoden zeigen häufig abweichende Ergebnisse der Testlabore. Eine gewisse Vereinheitlichung der Methoden wäre in einem solchen Fall anzustreben.

Es ist zu erwarten, dass Herbizidresistenzen bei Unkräutern zukünftig zu nehmen. Daher ist zur Vermeidung von Herbizidresistenzen in der landwirtschaftlichen Praxis ein geeignetes Resistenzmanagement von besonderer Bedeutung. Bereits vor dem Auftreten von Herbizidresistenzen bei Unkräutern ist ein vorbeugendes Handeln notwendig (Julius Kühn-Institut, 2008 und 2009). Es sollte ein strenges Wirkstoffmanagement durchgeführt werden, um so der Praxis die Wirkstoffe längerfristig zu erhalten. Daneben muss eine Basisstrategie mit Fruchtwechsel, wendender Grundbodenbearbeitung und der Etablierung konkurrenzkräftiger Bestände durch angepasste Saattermine sowie eine entsprechende Sortenwahl verfolgt werden. Die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes sind zu beachten. Dabei muss zukünftig die Langfristökonomie stärker beachtet werden als kurzfristige Problemlösungen.

Danksagung

Die Autoren danken Frau Carmen Wziontek für die sehr gewissenhafte Durchführung der Versuche.

Literatur

Drobny, H.G., J. Perez, M. Feierler, F.G. Felsenstein, J.-R. Gertz, C. Schleich-Saidfar, N. Balgheim, 2008: Auftreten und Charakterisierung von einzelnen Kamille-Populationen (Matricaria recutita L.) mit Resistenz gegen ALS-Hemmer in Schleswig-Holstein. Journal of Plant Diseases and Protection, Special Issue XXI, 11-20.

EPPO, 2002: Efficacy evaluation of plant protection products. Resistance risk analysis. EPPO Standard PP 1/213 (2).

Heap, I., 2010: International Survey of Herbicide Resistant Weeds. Online: www.weedscience.com.

HRAC, 2010: Herbicide Resistance Action Committee. Online: www.plantprotection.org/hrac.

Julius Kühn-Institut, 2008: Acker-Fuchsschwanz. Herbizidresistenzen vermeiden – Wirkstoffe erhalten. Informationsblatt, Fachausschuss Herbizidresistenz am Julius Kühn-Institut (Hrsg).

Julius Kühn-Institut, 2009: Herbizidresistenz – unvermeidbar? Informationen zur Entstehung und Vermeidung von Herbizidresistenz im Ackerbau. Informationsblatt, Fachausschuss Herbizidresistenz am Julius Kühn-Institut (Hrsg).

Knezevic, S., J. Streibig, C. Ritz, 2007: Utilizing R software package for dose-response studies: The concept and data analysis. Weed Technology 21, 840-848.

Mechant, E., T. De Marez, O. Hermann, R. Olsson, R. Bulcke, 2008: Target site resistance to metamitron in Chenopodium album L. Journal of Plant Diseases and Protection, Special Issue XXI, 37-40.

Michel, A., J. Petersen, M.N. Dogan, V. Ernst, 1999: Anleitung zur Anlage und Auswertung von Versuchen zur Erstellung quantitativer Dosis-Wirkungsbeziehungen am Beispiel der Wirksamkeit von Herbiziden. Gesunde Pflanzen 51, 10-19.

Pestemer, W., 1976: Quantitativer Biotest zur Bestimmung von Photosynthesehemmern im Boden. Weed Research 16, 357-363.

Petersen, J., J.-M. Neser, M. Dresbach-Runkel, 2008: Resistant factors of target-site and metabolic resistant black-grass (Alopecurus myosuroides Huds.) biotypes against different ACC-ase inhibitors. Journal of Plant Diseases and Protection, Special Issue XXI, 25-30.

Ritz, C., J. Streibig, 2005: Bioassay Analysis Using R. Jounal of Statistical Software 12, 1-22.

Tatnell, L.V., D. Ginsburg, S.R. Moss, R. Marshall, J.H. Clarke, 2008: A review of broad-leaved weed resistance 2006-2007. Defra-PSD project PS2709. Online: www.pesticides.gov.uk.

Wagner, J.E., 2004: Wirkortspezifische ALS-Inhibitor-Resistenz bei Amaranthus spp. Dissertation Universität Hohenheim. Beuren, Stuttgart, Verlag Grauer.


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