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Originalarbeit

Blatterträge und Polyphenolgehalte der Artischocke (Cynara cardunculus L.) unter dem Einfluss unterschiedlicher Reihenweiten und Pflanzendichten

Leaf yields and concentrations of polyphenolic compounds in artichoke (Cynara cardunculus L.) affected by different row spacing and plant densities

Bernd Honermeier und Silke Göttmann
Institut
Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I, Professur für Pflanzenbau

Journal für Kulturpflanzen, 62 (11). S. 393–401, 2010, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2010.11.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Prof. Dr. Bernd Honermeier, Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I, Professur für Pflanzenbau, Ludwigstr. 23, 35390 Gießen, E-Mail: bernd.honermeier@agrar.uni-giessen.de
Zur Veröffentlichung angenommen
September 2010

Zusammenfassung

Die Artischocke (Cynara carduncuclus L., Familie Asteraceae) wird in Deutschland als Blattdrogenpflanze kultiviert, die zur Herstellung von Extrakten und Phytopharmaka verwendet wird. Für die Qualität der aus Artischockenblättern hergestellten Produkte sind vor allem die durch Derivatisierung aus Kaffee- und Chinasäure gebildeten Caffeoylchinasäuren (CCS) von Bedeutung, die eine Konzentration von mind. 2% der Blatt-TM aufweisen sollten. Die Blatterträge und die Gehalte der in den Blättern konzentrierten CCS-Verbindungen können durch die Wachstumsbedingungen des Pflanzenbestandes beeinflusst werden. Aus diesem Grund wurden mit der Artischocke (cv. Green Globe) in den Jahren 2001 bis 2003 auf einem Sandboden zweifaktorielle Feldversuche durchgeführt, in denen der Einfluss unterschiedlicher Reihenabstände und Pflanzendichten auf den Blattertrag und auf die Konzentration an CCS-Verbindungen und Flavonoiden geklärt werden sollte. Die Blätter der Artischockenpflanzen wurden dreimal pro Jahr geerntet, wobei mit dem ersten Schnitt (2001) bzw. mit dem zweiten Schnitt (2002, 2003) die höchsten Blatterträge erzielt wurden. Hohe Pflanzendichten von 8 – 12 Pflanzen m-2 bewirkten gegenüber 2 – 4 Pflanzen m-2 in allen Jahren eine signifikante Zunahme der Blatterträge. Die Veränderung der Reihenweite führte während der Versuchsdurchführung dagegen zu indifferenten Effekten. Die Gehalte an Polyphenolen (CCS-Verbindungen, Flavonoide) in den Blättern sind sehr stark durch den Erntetermin, dagegen kaum durch die Veränderung der Reihenweite und Pflanzendichte beeinflussbar. Während des ersten Aufwuchses wurden in allen Versuchsjahren die höchsten Polyphenolgehalte gemessen, was auf die längere Entwicklungsphase der Pflanzen und auf die höhere UV-Lichtaufnahme der Blätter zurückgeführt wird.

Stichwörter: Artischocke, Reihenweite, Aussaatdichte, Polyphenole, Flavonoide

Abstract

In Germany the artichoke (Cynara carduncuclus L., family Asteraceae) is used as leaf plant to produce extracts for dietary and medicinal applications. The quality of the leaves is characterized by caffeoylquinic acids (CQA) derived from derivatization of caffeoyl acid and quinic acid which should reach at least 2% of leaf DM. The leaf yields as well as the CQA compounds accumulated in the leaves can be affected by the growing conditions of the crop. For that reason two factorial field experiments with artichoke (cv. Green Globe) were carried out in 2001 to 2003 on sandy soils to study the effect of different row spacing and plant densities on leaf yield and polyphenolic compounds in the leaves. The leaves were harvested three times per year. Maximal leaf yields were observed with first harvest (in 2001) or with second harvest (in 2002 and 2003). In comparison with low plant densities (2 – 4 plants m-2) the elevated plant densities of 8 to 12 plants m-2 led to highest leaf yields. Contrary to that no clear effect on leaf yield were obtained by changing the row spacing. The concentration of polyphenolic compounds (CQA, flavonoids) in the leaves are significantly influenced by harvest time but hardly by changing the row spacing and plant density. In all three experiments maximal content of polyphenolic compounds were found in leaves harvested after the first growing phase of the plants which can be due to the later plant development and higher UV light uptake by the leaves.

Key words: Artichoke, row spacing, sowing density, polyphenolics, flavonoides

Einleitung

Die zur Familie der Asteraceae zählende Artischocke (Cynara cardunculus L.) wird weltweit vor allem als Gemüsepflanze genutzt. Bei einer Weltanbaufläche von etwa 170 000 ha konzentriert sich ihr Anbau vor allem auf die mediterranen Regionen Südeuropas und Vorderasiens sowie auf Nordamerika und China (FAOSTAT, 2010). Verwendet werden insbesondere die unreifen Blütenköpfe, deren Blütenboden mit den fleischigen Hüllblättern ein wertvolles Delikatessgemüse darstellen. Daneben finden auch andere Pflanzenteile in frischem oder verarbeitetem Zustand Verwendung als Lebensmittel, als Futtermittel, als Phytopharmakon oder in der Kosmetikindustrie (Schilcher und Heil, 1992; Schilcher und Hagels, 1999; Bianco, 2007).

In Deutschland ist die Produktion von qualitativ hochwertigen Gemüse-Artischocken (Blütenköpfe) auf Grund der vorhandenen klimatischen Bedingungen kaum möglich. Wesentlich einfacher ist dagegen die Blattnutzung der Artischocke, die auch in Deutschland auf geringen Flächen (vor allem in Thüringen, Bayern und Hessen) praktiziert wird. Da in den Rosettenblättern dieser Pflanze gegenüber den Blütenköpfen höhere Wirkstoffgehalte vorhanden sind, ist die Artischocke recht gut als Blattdrogenpflanze zur Herstellung von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln geeignet (Schilcher und Heil, 1992; Schilcher und Hagels, 1999). Für die pharmazeutische Wirksamkeit der Artischocke als Blattdroge sind phenolische Verbindungen wie Caffeoylchinasäuren (Mono- und Di-Caffeoylchinasäuren) und Flavonoide (vor allem: Luteolin-7-O-glucosid und Luteolin-7-O-rutinosid) sowie terpenoide Verbindungen (Sesquiterpenlactone, vor allem Cynaropikrin) verantwortlich (Schilcher, 1971; Fintelmann, 1999). Diesen Komponenten werden choleretische und hepatoprotektive Effekte sowie eine Wirksamkeit bei dyspeptischen Beschwerden zugesprochen (Schilcher und Heil, 1992; Gebhardt, 2002).

Beim feldmäßigen Anbau von Artischocken als Gemüse (Blütenköpfe) werden verzweigte Blütenstände mit einer hohen Anzahl an Blütenköpfen angestrebt. Aus diesem Grund werden bei dieser Nutzungsrichtung dünne Bestände etabliert, die eine geringe Pflanzendichte von nur 1 – 2 Pflanzen m-2 aufweisen (Damato et al., 2007). Bei einem Anbau als Blattdrogenpflanze stehen dagegen die Maximierung der Blatterträge und der Wirkstoffgehalte (Caffeoylchinasäuren und Flavonoide) im Vordergrund. Angestrebt werden homogene Pflanzenbestände mit hoher Blattzahl pro Pflanze, aufrechter Blattstellung, geringer Schossneigung, niedrigem Vegetationskegel und guter Regenerationsfähigkeit nach der Ernte (Schneider et al., 2001). Um diese Ziele zu erreichen, wurden in den vergangenen Jahren Sorten selektiert, die eine gute Eignung für eine Blattnutzung zur Produktion von „Arznei-Artischocken“ aufweisen (Schneider et al., 2001; Hannig und Eich, 2001). Auch innerhalb der Sortimente, die für die Gemüsenutzung zugelassen sind, konnten Sorten mit guter Eignung für die Blattnutzung identifiziert werden (Honermeier et al., 2008). Neben der Sortenwahl können jedoch auch die Maßnahmen der Bestandsetablierung, wie die Pflanzendichte (Pflanzen m-2) und die Standraumverteilung der Pflanzen deren Blattentwicklung beeinflussen. Exakte Untersuchungen wurden dazu bislang kaum durchgeführt. Nach Angaben von Hannig und Eich (2001) sollten bei einer Blattnutzung der Artischocke Pflanzenbestände mit einer Pflanzenverteilung von 75 cm x 20 cm angestrebt werden, was einer Dichte von 6,7 Pflanzen m-2 entspricht. Im praktischen Anbau werden dagegen zum Teil dichtere Bestände von etwa 8 – 12 Pflanzen m-2 etabliert. Versuchsdaten liegen dazu jedoch nicht vor. Das Ziel der durchgeführten Versuche bestand deshalb darin, den Einfluss unterschiedlicher Pflanzendichten und Reihenabstände auf den Blatt­ertrag sowie auf den Gehalt an phenolischen Verbindungen (Caffeoylchinasäuren und Flavonoide) in den Blättern der Artischocke beim Anbau als Arzneipflanze mit Blattnutzung zu klären.

Material und Methoden

Die Feldversuche wurden in den Jahren 2001 bis 2003 in der Versuchsstation Groß-Gerau, südwestlich von Frankfurt/Main gelegen, auf einem anlehmigen Sandboden (Ackerzahl 25) durchgeführt. Der Bodentyp entspricht einer Parabraunerde sandiger Textur. Die Nährstoffversorgung des Bodens (P, K, Mg) entsprach der Versorgungsstufe C. Im Herbst des Vorjahres erfolgte jeweils eine PK-Düngung. Der pH-Wert des Bodens lag zwischen 6,0 und 6,5.

Der Standort ist im langjährigen Mittel durch eine mittlere jährliche Lufttemperatur von 9,4˚C und eine Niederschlagssumme von 590 mm a-1 gekennzeichnet. Während der Versuchsdurchführung lagen die Lufttemperaturen in der Vegetationszeit der Artischocke (April bis Oktober) bei 15,6˚C (2001), 16,2˚C (2002) und 16,5˚C (2003) (s. Tab. 1). Sie waren damit generell etwas höher als das langjährige Mittel (14,4˚C). Die Niederschlagssummen während der Vegetationszeit betrugen 369 mm (2001), 381 mm (2002) und 233 mm (2003). Im Vergleich zum langjährigen Mittel (390 mm) wiesen die Versuchsjahre 2001 und 2002 eine normale Niederschlagssumme auf. Demgegenüber war das Versuchsjahr 2003 durch deutlich verringerte Niederschlagsmengen gekennzeichnet (s. Tab. 1).

Tab. 1. Witterungsdaten während der Vegetationsperioden der Artischocke am Standort Groß-Gerau in den Jahren 2001-2003

Weather conditions during the vegetation periods of artichoke at Groß-Gerau in 2001-2003

Monat

Langjähriges Mittel

2001

2002

2003

 

NS1)

LT2)

NS1)

LT2)

NS1)

LT2)

NS1)

LT2)

April

41

9,2

58

8,9

48

11,0

11

10,9

Mai

56

13,8

24

16,8

63

15,5

76

15,7

Juni

65

16,9

39

16,5

15

21,0

21

21,9

Juli

68

18,8

45

20,4

92

19,6

38

21,0

August

63

18,0

61

20,1

48

20,4

20

23,1

September

48

14,3

93

13,0

30

14,8

28

15,2

Oktober

50

9,4

48

13,4

85

11,0

40

7,9

1)NS = Niederschlagssumme (mm), 2) LT = mittlere Lufttemperatur (˚C)

Versuchsanlage und Versuchsdurchführung

Die Feldversuche wurden als 2-faktorielle Blockanlagen (A*B-Bl) mit den Prüffaktoren Reihenweite (Faktorstufen: 50, 75 und 100 cm) und Pflanzendichte (Faktorstufen 2, 4 und 8 Pflanzen m-2 in den Jahren 2001 und 2002 bzw. 4, 8 und 12 Pflanzen m-2 im Jahr 2003) mit 3 Wiederholungen angelegt. Der Prüffaktor Reihenweite wurde als Großteilstück (A), die Pflanzendichte als Kleinteilstück (B) berücksichtigt. Die Parzellengröße betrug je nach Reihenweite 14, 21 und 28 m2. Die Aussaat erfolgte am 20. April 2001, 25. März 2002 und am 10. April 2003 durch manuelle Ablage der Samenkörner (3 Samen pro Pflanzloch). Nach dem Feldaufgang erfolgte durch Vereinzelung eine Korrektur der Bestände auf die Soll-Pflanzendichte. Die Versuche wurden mit der Sorte „Green Globe“, die nach der Klassifikation von Hanelt (2001) der „Globe artichoke group“ (syn. Artischocke) zugeordnet wird, durchgeführt. Die Sorte „Green Globe“ ist im Gegensatz zu Sorten der „Cardoon group“ (syn. Gemüseartischocke, Kardone oder Cardy) durch gefiederte Blätter sowie durch einen großen und geschlossenen Blütenkopf gekennzeichnet. Die Unkrautbekämpfung erfolgte manuell (Handhacke). Während der Versuchsdurchführung wurden keine Herbizide oder Fungizide appliziert. In den Jahren 2001 und 2002 erfolgte eine Behandlung mit Insektiziden (1,0 l ha-1 Perfektion bzw. 0,8 l ha-1 Metasystox R) gegen Erdraupen. Die N-Düngung (Kalkammonsalpeter) betrug in allen Versuchsjahren einheitlich insgesamt 120 kg N ha-1 und wurde in 3 Teilgaben von je 40 kg N ha-1 nach dem Feldaufgang sowie nach dem ersten und zweiten Schnitt verabreicht. Zur Sicherung der Versuchsdurchführung wurde in allen Versuchsjahren eine Zusatzberegnung in Höhe von 84 mm (1. Aufwuchs) bzw. 35 mm (2. Aufwuchs) im Jahr 2001, 56 mm (1. Aufwuchs), je 20 mm (2. und 3. Aufwuchs) im Jahr 2002 sowie 80 mm (1. Aufwuchs), 60 mm (2. Aufwuchs) und 20 mm (3. Aufwuchs) im Jahr 2003 durchgeführt.

Als Erntetermin wurde der Zeitpunkt gegen Ende der Blattneubildung (kurz vor Schossbeginn) gewählt. Die Erntetermine fielen auf den 7. August, 4. September und 9. Oktober 2001, auf den 30. Juli, 12. September und 23. Oktober 2002 sowie auf den 4. August, 10. September und 23. Oktober 2003. Aus allen Parzellen wurden Blattproben von 4 repräsentativen Einzelpflanzen entnommen, anschließend gewogen, bei max. 40˚C im Trockenschrank getrocknet, mit einer Hammermühle gemahlen und für die Laboranalyse verwendet. Unmittelbar nach Entnahme der Einzelpflanzen erfolgte die Ernte des gesamten Pflanzenbestandes (manueller Schnitt in 10 cm Höhe). Nach der Ernte wurden Blattproben entnommen, zerkleinert und zur TS-Bestimmung bei 105˚C getrocknet. Neben dem Blattertrag wurden unmittelbar vor der Ernte die Anzahl der Schosser m-2, die Blattzahl pro Pflanze und die Wuchshöhe (Scheitelhöhe des Bestandes einer Parzelle) der Pflanzen erfasst.

Als Polyphenole wurden die Caffeoylchinasäuren gesamt (CCS) und die Flavonoide (gesamt) mit einer HPLC (Fa. Knauer, Pumpe K-1001) mittels UV-Detektion nach Brand und Weschta (1991) bestimmt. Die Vorbereitung und Durchführung der HPLC–Analysen war durch folgende Bedingungen gekennzeichnet: Extraktion mit Methanol, stationäre Phase: Supelcosil LC-18; 150x4,6 mm; 5 µm, mobile Phase: 0,5% H3PO4, Säulentemperatur 29,5 – 30,5˚C, Anfangsdruck ca. 67 bar, detektierte Wellenlänge (DAD) 230 – 400 nm, Injektionsvolumen 20 µl, Analysenzeit 51 min.

Die statistische Verrechnung der Ergebnisse erfolgte mit Hilfe des Programms PIAFStat (PIAF = Planung, Information und Auswertung von Feldversuchen, PIAFStat = Programm zur Datenanalyse und statistischen Auswertung von Einzelversuchen und Versuchsserien mittels SAS) (Zink und Schlüter, 1999). Die Daten wurden auf Normalverteilung (Kolmogorov-Smirnow-Test) und auf Homogenität der Varianzen innerhalb der Gruppen (Levene-Test) überprüft. Anschließend folgte eine zweifaktorielle Varianzanalyse (zweifaktorielle Blockanlage A*B-Bl). Signifikante Effekte (Haupt- bzw. Wechselwirkungen) sowie die Unterschiede zwischen den Mittelwerten werden bei einem p-Wert von 0,05 bzw. bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% ausgewiesen. Die Berechnung der Grenzdifferenz stellt die Grundlage für die Bewertung der Effekte dar.

Ergebnisse

Blattzahl und Wuchshöhe

Die Zahl der Blätter pro Pflanze variierte in den durchgeführten Feldversuchen von minimal 4,3 bis maximal 16,0 Blätter pro Pflanze (Tab. 2). Diese hohe Variation in der Ausprägung dieses Merkmals wurde vor allem durch die Faktoren Erntetermin (Dauer der Blattbildungsphase) und Aussaatmenge (Pflanzendichte) beeinflusst. Im Jahr 2001 bildeten die Artischockenpflanzen während des ersten Aufwuchses deutlich höhere Blattzahlen als während des zweiten und dritten Aufwuchses (Tab. 2). Im Gegensatz dazu wurden in den Jahren 2002 und 2003 zum zweiten Erntetermin (2. Aufwuchs) die höchsten Blattzahlen pro Pflanze festgestellt. Etwas geringer waren die Werte in diesen Jahren dagegen zum dritten Erntetermin und deutlich geringer zum ersten Erntetermin. Die Zunahme der Pflanzendichte von 2 auf 8 Pflanzen m-2 bewirkte in den Jahren 2001 und 2002 während des zweiten und dritten Aufwuchses eine signifikante Abnahme der Blattzahlen pro Pflanze. Im dritten Versuchsjahr wurde dieser Effekt ebenfalls beobachtet, wobei sich hier zum zweiten Schnitttermin nur die Mittelwerte zwischen den Stufen 4 Pflanzen m-2 (13,9 Blätter pro Pflanze) und 12 Pflanzen m-2 (9,3 Blätter pro Pflanze) signifikant unterschieden (Tab. 2).

Tab. 2. Blattzahl (Blätter pro Pflanze) und Wuchshöhe (cm) der Artischocke in Abhängigkeit von Reihenweite und Pflanzendichte, Feldversuche Groß-Gerau 2001-2003. Signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten der jeweiligen Hauptwirkungen sind durch unterschiedliche Buchstaben gekennzeichnet

Leaf number (leaves per plant) and canopy height (cm) of artichoke as affected by row spacing and plant density, field experiments Groß-Gerau 2001-2003. Significant differences between means of main effects are indicated by different letters

Prüffaktoren/-stufen

Blätter pro Pflanze

Wuchshöhe (cm)

RW1)

PD2)

13)

23)

33)

13)

23)

33)

Versuchsjahr 2001

50

13,1 NS

8,5 NS

5,6 NS

43 NS

66 a

42 a

75

12,9 NS

9,0 NS

5,1 NS

47 NS

72 b

43 a

100

12,2 NS

9,0 NS

5,2 NS

48 NS

71 b

47 b

2

13,6 NS

12,3 a

7,0 a

43 NS

66 a

44 NS

4

13,0 NS

8,2 b

4,6 b

45 NS

70 b

43 NS

8

11,5 NS

6,0 c

4,3 b

51 NS

72 b

45 NS

Versuchsjahr 2002

50

9,0 NS

10,9 NS

10,0 NS

45 a

39 NS

37 a

75

10,4 NS

14,3 NS

12,6 NS

49 a

45 NS

41 b

100

8,9 NS

10,7 NS

8,3 NS

44 a

42 NS

41 b

2

9,5 NS

16,0 a

14,6 a

41 ab

42 NS

35 a

4

9,9 NS

11,4 b

9,2 b

46 ac

47 NS

41 b

8

8,9 NS

8,6 b

7,1 b

50 c

49 NS

44 c

Versuchsjahr 2003

50

8,7 NS

12,6 NS

11,0 NS

31 NS

22 NS

28 NS

75

9,4 NS

12,8 NS

11,5 NS

32 NS

24 NS

30 NS

100

8,6 NS

10,2 NS

9,5 NS

30 NS

21 NS

26 NS

4

9,9 NS

13,9 ab

12,5 NS

29 NS

25 NS

27 NS

8

9,0 NS

12,5 a

11,0 NS

34 NS

22 NS

29 NS

12

7,9 NS

9,3 c

8,5 NS

30 NS

20 NS

28 NS

1) RW = Reihenweite (cm),
2) PD = Pflanzendichte (Pflanzen m-2),
3) Ernte: 1 = erste, 2 = zweite, 3 = dritte Ernte,
NS = nicht signifikant

Die Wuchshöhe der Artischockenpflanzen, die als maximale Scheitelhöhe des Pflanzenbestandes gemessen wurde, lag im Jahr 2001 in der Spanne von 42 – 71 cm (Tab. 2). Etwas geringer waren die Wuchshöhen der Bestände dagegen im Jahr 2002 (35 – 50 cm) und deutlich geringer im Jahr 2003 (21 – 34 cm). Die Vergrößerung der Reihenabstände von 50 auf 100 cm bewirkte im Jahr 2001 tendenziell eine Erhöhung der Pflanzenbestände. In den Folgejahren war dagegen keine gerichtete Veränderung der Bestandshöhe zu beobachten. Die Erhöhung der Pflanzendichte von 2 auf 8 Pflanzen m-2 bewirkte in den ersten beiden Versuchsjahren eine tendenzielle Erhöhung der Artischockenbestände. Dieser Effekt konnte im dritten Versuchsjahr jedoch nicht beobachtet werden.

Blatterträge

Im Versuchsjahr 2001 wurden zum ersten Erntetermin deutlich höhere Blatterträge ermittelt als zum zweiten und dritten Erntetermin (Tab. 3). Die beiden Prüffaktoren Reihenweite und Pflanzendichte hatten einen signifikanten Einfluss auf die Blatterträge der Artischocke. Die Vergrößerung der Reihenabstände von 50 auf 75 bzw. 100 cm bewirkte im ersten Aufwuchs und in der Summe aller drei Aufwüchse eine Zunahme der Blatterträge. Bei Betrachtung der Pflanzendichten war eine Überlegenheit der höchsten Pflanzenzahl (8 Pflanzen m-2) gegenüber 2 und 4 Pflanzen m-2 festzustellen (Tab. 3). Zur zweiten Teilernte bestand im Jahr 2001 eine signifikante Wechselwirkung zwischen der Reihenweite und der Pflanzendichte.

Tab. 3. Blatterträge (dt TM ha-1) der Artischocke in Abhängigkeit von Reihenweite und Pflanzendichte, Feldversuch Groß-Gerau 2001, Signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten der Wechselwirkung bzw. der jeweiligen Hauptwirkungen sind durch unterschiedliche Buchstaben gekennzeichnet

Leaf yield (dt DM ha-1) of artichoke as affected by row spacing and plant density, field experiment Groß-Gerau 2001. Significant differences between means of interactions or main effects are indicated by different letters

Prüffaktoren/-stufen

Teilernten

  

Σ

RW1)

PD2)

13)

23)

33)

 
  

Blatterträge in dt TM ha-1

Wechselwirkung Reihenweite (RW) x Pflanzendichte (PD)

50

2

11,0 NS

8,1 a

2,8 NS

21,9 NS

50

4

21,4 NS

13,7 b

5,1 NS

40,2 NS

50

8

27,1 NS

17,7 cd

7,2 NS

52,0 NS

75

2

21,6 NS

15,8 bd

7,2 NS

44,6 NS

75

4

37,4 NS

20,1 ce

8,1 NS

65,6 NS

75

8

42,7 NS

22,3 e

10,2 NS

75,2 NS

100

2

28,0 NS

19,6 e

8,4 NS

56,0 NS

100

4

34,1 NS

24,6 f

10,4 NS

69,1 NS

100

8

53,8 NS

27,9 f

12,0 NS

93,7 NS

Hauptwirkung Reihenweite

50

19,8 a

13,1 a

7,6 NS

40,5 a

75

33,9 b

19,4 b

8,1 NS

61,4 b

100

38,7 c

24,1 c

7,7 NS

70,4 c

Hauptwirkung Pflanzendichte

2

20,2 a

14,5 a

6,1 NS

40,8 a

4

31,0 b

19,5 a

7,9 NS

58,2 a

8

41,2 b

22,6 b

9,8 NS

73,6 b

1) RW = Reihenweite (cm),
2) PD = Pflanzendichte (Pflanzen m-2),
3) Ernte: 1 = erste, 2 = zweite, 3 = dritte Ernte,
Σ: Summe der drei Teilernten, NS = nicht signifikant

Im Versuchsjahr 2002 hatte die Veränderung der Reihenweite keinen Einfluss auf die Blatterträge der Artischocke (Tab. 4). Demgegenüber bewirkte die Erhöhung der Pflanzendichte von 2 auf 4 und 8 Pflanzen m-2 bei allen 3 Teilernten (1., 2. und 3. Schnitt) sowie in der Summe der Teilernten eine signifikante Zunahme der Blatterträge (Tab. 4). Die Gesamtblatterträge nahmen von 34,7 (2 Pflanzen m-2) auf 46,8 (4 Pflanzen m-2) und 61,6 dt TM ha-1 (8 Pflanzen m-2) sehr deutlich zu.

Tab. 4. Blatterträge (dt TM ha-1) der Artischocke in Abhängigkeit von Reihenweite und Pflanzendichte, Feldversuche Groß-Gerau 2002-2003. Signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten der jeweiligen Hauptwirkungen sind durch unterschiedliche Buchstaben gekennzeichnet

Leaf yield (dt DM ha-1) of artichoke as affected by row spacing and plant density, field experiments Groß-Gerau 2002-2003. Significant differences between means of main effects are indicated by different letters

Prüffaktor, Faktorstufe

Feldversuch 2002

Feldversuch 2003

RW1)

PD2)

13)

23)

33)

Σ

13)

23)

33)

Σ

  

Blatterträge in dt TM ha-1

Hauptwirkung Reihenweite

50

16,9 a

20,1 a

11,6 a

48,6 a

22,0 a

26,1 a

21,9 a

69,9 a

75

16,6 a

20,7 a

11,8 a

49,1 a

21,7 a

24,7 a

20,3 a

66,7 a

100

14,5 a

20,8 a

10,5 a

45,8 a

20,4 a

22,5 a

17,0 b

59,9 b

Hauptwirkung Pflanzendichte

2

(4)

10,7 a

15,5 a

8,5 a

34,7 a

14,1 a

20,5 a

16,1 a

50,8 a

4

(8)

15,1 b

20,7 b

11,0 b

46,8 b

22,2 b

25,1 b

19,9 b

67,2 b

8

(12)

21,9 c

25,3 c

14,4 c

61,6 c

27,8 c

27,7 b

23,2 c

78,6 c

1) RW = Reihenweite (cm),
2) PD = Pflanzendichte (Pflanzen m-2),
3) Ernte: 1 = erste, 2 = zweite, 3 = dritte Ernte,
Σ: Summe der drei Teilernten

Im Versuchsjahr 2003 konnte zum dritten Schnitttermin sowie in der Summe der Teilernten im Gegensatz zum Vorjahr ein gesicherter Effekt der Reihenweite (RW) beobachtet werden (Tab. 4). Dieser Effekt kommt in einer Verminderung der Blatterträge von 69,9 dt (50 cm) bzw. 66,7 dt ha-1 (75 cm) auf 59,9 dt ha-1 (bei 100 cm) zum Ausdruck (GD 5% = 3,6 dt ha-1). Das Niveau der Pflanzendichten wurde im Versuchsjahr 2003 im Vergleich zu den Vorjahren (2001 und 2002: 2, 4, 8 Pflanzen m-2) auf allen 3 Faktorstufen (2003: 4, 8, 12 Pflanzen m-2) erhöht. Trotz dieser Veränderung traten auch im Jahr 2003 durch die Erhöhung der Pflanzendichte signifikante Effekte auf den Blattertrag auf. So nahmen die Blatterträge zu allen 3 Teilernten sowie in der Summe der Teilernten deutlich zu.

Caffeoylchinasäuren (CCS) gesamt

Das Niveau der Konzentration an CCS-Verbindungen in den Artischockenblättern, die als Summe aller Einzelverbindungen detektiert wurden, unterlag deutlichen aufwuchs- und jahresabhängigen Schwankungen (Tab. 5). Die höchsten Gehalte an Caffeoylchinasäuren in den Artischockenblättern wurden mit 2,91 – 3,51% der Blatt-TM im ersten Aufwuchs des Versuchsjahres 2002 gemessen. Im zweiten und dritten Aufwuchs des gleichen Versuchsjahres sanken die CCS-Gehalte auf 2,10 – 2,59% (zweiter Aufwuchs) bzw. 0,13 – 0,21% TM (dritter Aufwuchs) (Tab. 5). Im ersten Versuchsjahr 2001 und im dritten Versuchsjahr 2003 waren die CCS-Gehalte insgesamt geringer als im Jahr 2002. In allen drei Versuchsjahren konnte eine deutliche Abnahme der CCS-Gehalte vom ersten zum zweiten und dritten Erntetermin beobachtet werden (Tab. 5). Vergleicht man zwischen den Versuchsjahren nur die Werte der dritten Blatternte, dann sind die CCS-Gehalte im dritten Aufwuchs des Jahres 2003 deutlich höher als im gleichen Aufwuchs der Vorjahre. In den Jahren 2001 und 2002 hatten die Prüffaktoren Reihenweite und Pflanzendichte keinen Einfluss auf die Konzentration an CCS-Verbindungen (Tab. 5). Im dritten Versuchsjahr bewirkte die Vergrößerung der Reihenweite von 50 auf 75 cm eine signifikante Verminderung der CCS-Konzentration, bei 100 cm war jedoch wieder eine Erhöhung der CCS-Konzentration festzustellen.

Tab. 5. Konzentration an Caffeoylchinasäuren gesamt (CCS, % TM) und Flavonoiden gesamt (% TM) in der Blättern der Artischocke, Feldversuche Groß-Gerau 2001-2003. Signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten sind durch unterschiedliche Buchstaben gekennzeichnet

Concentration of total caffeoylquinic acids (CCS, % DM) and total flavonoids (% DM)in artichoke leaves, field experiments Groß-Gerau 2001-2003. Significant differences between means are indicated by different letters

Prüffaktoren/-stufen

CCS-Verbindungen (% TM)

Flavonoide (% TM)

RW1)

PD2)

13)

23)

33)

13)

23)

33)

Versuchsjahr 2001

50

1,82 a

1,58 a

0,38 a

0,35 a

0,21 a

0,11 a

75

1,85 a

1,46 a

0,53 a

0,34 a

0,18 a

0,12 a

100

1,60 a

1,38 a

0,49 a

0,33 a

0,18 a

0,10 a

2

1,88 a

1,49 a

0,52 a

0,32 a

0,18 a

0,14 a

4

1,73 a

1,50 a

0,36 a

0,34 a

0,19 a

0,09 b

8

1,66 a

1,43 a

0,51 a

0,37 a

0,20 a

0,10 b

Versuchsjahr 2002

50

2,91 a

2,59 a

0,21 a

0,54 a

0,43 a

0,05 a

75

3,29 a

2,10 a

0,14 a

0,54 a

0,42 a

0,04 a

100

3,45 a

2,21 a

0,13 a

0,62 a

0,44 a

0,04 a

2

3,09 a

2,21 a

0,20 a

0,53 a

0,40 a

0,06 a

4

3,51 a

2,46 a

0,14 a

0,66 a

0,47 a

0,04 a

8

3,04 a

2,23 a

0,14 a

0,52 a

0,41 a

0,04 a

Versuchsjahr 2003

50

2,81 a

1,93 a

1,04 a

0,43 a

0,35 a

0,33 a

75

2,80 a

1,36 bc

0,80 a

0,43 a

0,28 a

0,30 a

100

2,50 a

1,74 ac

0,83 a

0,42 a

0,31 a

0,30 a

4

2,77 a

1,73 b

1,05 a

0,45 a

0,32 a

0,32 a

8

2,63 a

1,65 b

0,86 a

0,42 a

0,31 a

0,33 a

12

2,71 a

1,65 b

0,77 a

0,42 a

0,31 a

0,28 a

1) RW = Reihenweite (cm),
2) PD = Pflanzendichte (Pflanzen m-2),
3) Ernte: 1 = erste, 2 = zweite, 3 = dritte Ernte

Flavonoide (gesamt)

Die Gehalte an Flavonoiden (gesamt) variierten von < 0,10% TM im dritten Aufwuchs 2002 bis zu einer maximalen Spanne von 0,52 – 0,66% TM im ersten Aufwuchs des gleichen Versuchsjahres (2002) (Tab. 5). Am geringsten waren die Flavonoidgehalte in den Artischockenblättern im ersten Versuchsjahr 2001 (0,32 – 0,37% TM) mit einer deutlichen Abstufung zum zweiten (0,18 – 0,21% TM) und dritten Aufwuchs (0,09 – 0,14% TM). In allen drei Versuchsjahren wurden im ersten Aufwuchs im Vergleich mit dem zweiten und dritten Aufwuchs die höchsten Flavonoidgehalte gemessen. Die Flavonoidgehalte veränderten sich in Abhängigkeit vom Versuchsjahr und Aufwuchs in gleicher Weise wie die CCS-Gehalte. Beide Wirkstoffgruppen korrelierten somit sehr eng miteinander. Die Prüffaktoren Reihenweite und Pflanzendichte hatten keinen wesentlichen Einfluss auf die Flavonoidgehalte der Blätter. Lediglich zum dritten Erntetermin des ersten Versuchsjahres 2001 wurde durch die Erhöhung der Pflanzendichte von 2 auf 4 bzw. 8 Pflanzen m-2 eine Verminderung der Flavonoidgehalte beobachtet (Tab. 5).

Diskussion

Beim Anbau der Artischocke als Blattdrogenpflanze wird die Nutzung juveniler Blätter angestrebt, da diese höhere Wirkstoffgehalte als adulte Blätter und als die Blütenköpfe der Pflanzen aufweisen (Chinou und Harvala, 1997; Hannig und Eich, 2001). Die Blatternte sollte daher frühzeitig und vor Beginn der Schossphase der Pflanzen erfolgen. Diese Forderung wurde auch in den durchgeführten Feldversuchen mit der Sorte „Green Globe“ berücksichtigt. Dennoch war zum Zeitpunkt der Blatternte ein gewisser Anteil an Schosserpflanzen zu beobachten. In den einzelnen Versuchen lagen die relativen Anteile der Pflanzen, die sich zur Blatternte bereits im Schossstadium befanden, im Jahr 2001 bei 0% (erster Aufwuchs), 5,8% (zweiter Aufwuchs) und 0% (dritter Aufwuchs), im Jahr 2002 bei 7,9% (erster Aufwuchs), 12,1% (zweiter Aufwuchs) und 0% (dritter Aufwuchs) und im Jahr 2003 bei 9,3% (erster Aufwuchs), 4,3% (zweiter Aufwuchs) und 1,5% (dritter Aufwuchs). In früheren Feldversuchen, die in den 1990er Jahren in Hohenfinow von Wagenbreth et al. (1996) mit zwei Artischockensorten durchgeführt worden waren, lagen die relativen Anteile an Blütenständen dagegen bei 24 bzw. 72% (Aussaat am 13. April) und bei 27 bzw. 8% (Aussaat am 28. April). Die Tendenz zur Bildung von Blütenständen war damit in den eigenen Versuchen trotz früher Aussaattermine deutlich geringer als von Wagenbreth et al. (1996) festgestellt. Die hier verwendete Sorte „Green Globe“ wies unter den gegebenen Bedingungen somit nur eine relativ geringe Schossneigung auf, die einer Blattnutzung nicht entgegensteht.

Das Prüfmerkmal Blattzahl pro Pflanze wurde in den durchgeführten Feldversuchen nicht durch die Veränderung der Reihenweite beeinflusst. Die durch die Erhöhung der Reihenabstände von 50 auf 75 bzw. 100 cm veränderten Wachstumsbedingungen (Lichtverhältnisse, Konkurrenzbeziehungen) waren somit für die Ausbildung der Blattzahl der Artischocke von untergeordneter Bedeutung. Demgegenüber reagiert die Artischocke bei einer Erhöhung der Pflanzendichte recht deutlich mit der Verminderung der Blattzahl pro Pflanze, was mit der Veränderung der Konkurrenzbeziehungen im Pflanzenbestand und mit der verminderten Verfügbarkeit der Wachstumsfaktoren Licht, Wasser und Nährstoffe erklärt wird. Der Erntetermin (erster, zweiter oder dritter Schnitt) und die Länge der Vegetationsdauer für die jeweiligen Aufwüchse hatten offenbar keinen gesicherten Einfluss auf die Blattzahl der Pflanzen. Nach dem Schnitt der Blätter sind die Pflanzen sowohl bei hoher Lufttemperatur im August als auch unter kühleren Bedingungen im September und Oktober in der Lage, die Rosettenblätter wieder vollständig auszubilden. Voraussetzung dafür ist, dass der Schnitt der Blätter oberhalb des Vegetationspunktes bei einer Schnitthöhe von etwa 10 – 15 cm erfolgt.

Nach Angaben von Hannig und Eich (2001) sollte die Ernte der Artischocke bei einer Bestandeshöhe von 60 cm erfolgen. Dieser Wert konnte in den eigenen Versuchen nur im Jahr 2001 (zweiter Aufwuchs) erreicht bzw. überschritten werden. In allen anderen Aufwüchsen erreichten die Artischocken deutlich geringere Bestandeshöhen. Die Ursachen dafür sind auf die hier verwendete Gemüsesorte (Green Globe) zurückzuführen, die als Sorte der „Globe artichoke group“ (Hanelt, 2001) insgesamt eine vergleichsweise geringere Blattmasse als Sorten des „Cardoon-Typs“ ausbildet. Zum anderen dürften auch die Bodenbedingungen (geringe Wasserkapazität sowie geringe Sorptionsfähigkeit und N-Nachlieferung) des Versuchsbodens die Blattbildung begrenzt haben. Große Reihenabstände und hohe Pflanzendichten führten in den durchgeführten Versuchen bei einigen Aufwüchsen zu größeren Bestandeshöhen, was zum Teil auch als Ausdruck höherer Biomasse zu werten ist. Betrachtet man die Erntefähigkeit der Bestände, dann könnten größere Reihenweiten und höhere Pflanzendichten die Durchführbarkeit der Mahd begünstigen.

Bei der Qualitätsbewertung von Blattextrakten aus Artischocken werden vor allem die Gehalte an Caffeoylchinasäuren (CCS) und deren Derivate sowie die Gehalte an Flavonoiden berücksichtigt (Schilcher, 1971; Fintelmann, 1999; Hannig und Eich, 2001). Mit Artischocken, die zur Verwendung als Arzneipflanze selektiert wurden, können CCS-Gehalte in den Blättern von > 3% TM erreicht werden (Schneider et al., 2001). In den eigenen Versuchen wurde dieses Niveau mit der Gemüsesorte „Green Globe“ nur im Jahr 2002 mit Werten von 2,91 – 3,51% im ersten Aufwuchs erreicht. In späteren Aufwüchsen und in anderen Versuchsjahren waren die CCS-Gehalte in den Blättern geringer. Als Ursache für die hohen CCS-Gehalte im ersten Aufwuchs des Jahres 2002 wird die längere Blattbildungsphase vermutet (127 Tage im Jahr 2002 versus 109 Tage im Jahr 2001 und 120 Tage im Jahr 2003), die auch die Biosynthese und Akkumulation von CCS-Verbindungen in den Blättern auf Grund ihrer längeren Lichtexposition begünstigt haben könnte. Dieser Zusammenhang kann auch bei der Beurteilung der geringeren CCS-Gehalte im zweiten und dritten Aufwuchs berücksichtigt werden. Die Länge der Vegetationszeit des zweiten Aufwuchses betrug nur 28 Tage (2001), 44 Tage (2002) und 37 Tage (2003), und die des dritten Aufwuchses betrug 35 Tage (2001), 41 Tage (2002) bzw. 43 Tage (2003), woraus sich deutlich kürzere Phasen der Blattentwicklung für die Bildung von Phenolsäuren und CCS-Verbindungen ergeben. Einen weiteren Aspekt stellt die abnehmende Tageslänge während des zweiten und insbesondere während des dritten Aufwuchses (September bis Oktober) der Artischockenpflanzen dar, wodurch sich das UV-B-Lichtangebot, im Vergleich zum ersten Aufwuchs, zusätzlich verminderte.

Die Ursachen für diese Zusammenhänge sind im Stoffwechselweg der Phenolsäuren zu suchen, deren Synthese in hohem Maße vom UV-B-Lichtangebot abhängig ist. Eine längere UV-B-Lichtexposition der Pflanzen kann zu einer höheren Aktivität der Phenylalanin-Ammonium-Lyase (PAL) führen, die als Schlüsselenzym des Phenylpropanstoffwechsels angesehen wird (Heldt, 1996; Davies und Schwinn, 2006). Die lichtabhängige PAL katalysiert den ersten Schritt zur Bildung der Hydroxyzimtsäure, die als biochemische Vorstufe zur Bildung von Phenolsäuren (wie z.B. 5-O-Caffeoylchinasäure) und Flavonoiden gilt (Heldt, 1996; Haslam, 1998). Die lichtinduzierte Veränderung der Konzentration an Phenolsäuren wurde bereits bei verschiedenen Kulturpflanzen nachgewiesen. So wurde dieser Zusammenhang erstmals in Petersilie-Zellkulturen beobachtet (Lois et al., 1989; Logemann et al., 2000). Daneben stellten auch Huyskens-Keil et al. (2007) bei Ribes nigrum eine UV-B-lichtinduzierte Zunahme der Gehalte an phenolischen Verbindungen fest, die zugleich zu einer Erhöhung der antioxidativen Kapazität der untersuchten Früchte führte.

Es wird vermutet, dass der Zusammenhang zwischen der Lichtexposition und der Bildung von Phenolsäuren auch bei der Artischocke besteht, wo die längere Lichteinwirkung im ersten Aufwuchs zu höheren Gehalten an CCS-Verbindungen geführt haben könnte. Umgekehrt dürfte ein verringertes UV-Lichtangebot in den Herbstmonaten die Bedingungen für die Bildung der Phenolsäuren weiter verschlechtert haben.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass auch unter den klimatischen Bedingungen in Deutschland eine feldmäßige Erzeugung qualitativ hochwertiger Blattdrogen mit der Artischocke möglich ist. Die Konzentration an Polyphenolen in den Blättern ist sehr stark vom Erntetermin abhängig, dagegen kaum durch die Veränderung der Reihenweite und Pflanzendichte beeinflussbar. Zur Erzielung hoher Blatterträge sollten höhere Pflanzendichten von 8 – 12 Pflanzen m-2 angestrebt werden. Zur Unterstützung der schnelleren Bodenbeschattung und Konkurrenzfähigkeit des Pflanzenbestandes erscheinen bei einer Blattnutzung der Artischocke Reihenweiten von 50 cm ausreichend.

Danksagung

Die Durchführung der Untersuchungen erfolgte mit Unterstützung der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FKZ 00NR241) und der Lichtwer Pharma AG.

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