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Mitteilungen und Nachrichten

Mitteilungen und Nachrichten

Aus den Arbeitskreisen der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft (DPG):

Arbeitskreis Phytomedizin in Ackerbau und Grünland – Projektgruppe Krankheiten im Getreide – 2011

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Die 24. Tagung der Projektgruppe (PG) Krankheiten im Getreide des Arbeitskreises (AK) Phytomedizin in Ackerbau und Grünland fand am 31. Januar und 1. Februar 2011 im Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Braunschweig statt. Schwerpunktthemen waren: Ährenfusariosen und Mykotoxine in Getreide, Krankheitsbekämpfung in Weizen und Gerste.

Die nächste Tagung ist für den 30. und 31. Januar 2012 in Braunschweig geplant.

PG-Leiter: Dr. Helmut Tischner, Freising


Die Zusammenfassungen der Vorträge werden – soweit von den Vortragenden eingereicht – im Folgenden wiedergegeben.

1) Neue Ergebnisse zum Auftreten des Schad­erregers Ramularia collo-cygni in der Gerste und seine Bedeutung für die integrierte Bekämpfung

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Michael Hess1, Marika Nyman1, Hans Hausladen1 und Stephan Weigand2
Institut
1 TU München, Lehrstuhl für Phytopathologie, Emil-Ramann-Straße 2, 85350 Freising, Deutschland 2 LfL Bayern, Institut für Pflanzenschutz, Lange Point 10, 85354 Freising, Deutschland E-Mail: m.hess@lrz.tu-muenchen.de

Grundlage des Projektes sind die gemeinsam mit den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten durchgeführten Monitoring- und Fungizidversuche. Trotz des im Jahr 2010 im Vergleich zu den Vorjahren regional sehr unterschiedlichen Witterungsverlaufs konnten die zentralen Ergebnisse der Vorjahre bestätigt werden. In der Gerste gilt es ein breites Krankheitsauftreten zu kontrollieren. Ramularia collo-cygni als pilz­liche Ursache des Blattfleckenkomplexes kann oftmals schon im Frühjahr auf seneszenten Blättern nachgewiesen werden. Die Epidemie tritt aber immer erst spät zum Zeitpunkt der Abreife hin auf. Ein Nachweis des Erregers ist im Labor über PCR oder im Feld über den Schnelltest immer schon vor der Epidemie möglich.

Auf dieser epidemiologischen Grundlage kann ein einfaches Schadschwellenkonzept nicht greifen, vielmehr muss ein an die jeweilige Situation angepasstes Risikomanagement die hohe Schadrelevanz des Blattfleckenkomplexes berücksichtigen.

Die Ergebnisse des in diesem Jahr erstmals durchgeführten Vergleichs des Gerstenmodells mit einem auf den Ergebnissen langjähriger Fungizidversuche aufbauenden Modell, welches den Blattfleckenkomplex optimal miterfasst, waren an den 7 Standorten überwiegend positiv. Trotz der höheren Behandlungs­intensität gab es auch bei den kostenbereinigten Erträgen im Durchschnitt keine Nachteile.

Das Auftreten des Blattfleckenkomplexes zeigt auch eine hohe Abhängigkeit von der Witterung, doch war es bisher nicht möglich die spezifischen Parameter zu identifizieren, die eine sichere Prognose zulassen. Beschattung ist einer der Versuchsansätze, welche einen großen Effekt auf das Auftreten zeigen, doch werden dabei über die Lichteinstrahlung hinaus eine Vielzahl von Parametern verändert. Die Erfassung mit Sensoren im Bestand konnte zeigen, dass besonders der Verlauf der Blattnässe stark verändert wird, was zu neuen Ansätzen in der Untersuchung der Erregerbiologie führt.

Mikroskopische Untersuchungen haben soweit gezeigt, dass Sporenproduktion von dem Pilz in vitro möglich, aber schwer reproduzierbar ist. Die Induktion von Sporen stellt einen wich­tigen Baustein dar, um die Infektion und den Lebenszyklus von Ramu­laria collo-cygni besser zu verstehen. Einen neuen Ansatz zum besseren Verständnis der Erregerbiologie bieten GFP-trans­formierte Pilzisolate. Erste Untersuchungen wurden präsentiert.

Verschiedene Untersuchungen weisen darauf hin, dass bei Ramularia collo-cygni eine samenbürtige Verbreitung eine Rolle spielt. Daher kann die Untersuchung von Ernteproben Rückschlüsse auf das Auftreten und die Verbreitung geben. Erste qualitative, molekularbiologische Untersuchungen von Archivproben der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft haben gezeigt, dass Ramularia collo-cygni schon seit langem in Bayern auf Gerste nachweisbar ist, obwohl sie als Schaderreger erst in den letzten 10 Jahren bedeutend geworden ist. Eine quantitative Untersuchung der Kontaminierung des Saatguts soll hier weitere Erkenntnisse bringen.

(DPG PG Krankheiten im Getreide)

2) Mehrjährige Erfahrungen mit produktions­technischen Sortenversuchen – Sortenleistung vs. Pflanzenschutz

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Andreas Jacobi
Institut
Strube Research GmbH & Co. KG, Hauptstraße 1, 38387 Söllingen, Deutschland E-Mail: a.jacobi@strube.net

Initiiert durch Dr. Spanakakis wurden bei der Saatzucht Strube bereits vor 25 Jahren produktionstechnische Versuche angelegt, um die Sortenreaktion auf unterschiedliche Fungizidstrategien zu prüfen. Dieser Versuch steht seit 1985 und wurde in seinem Grundkonzept seitdem nur wenig verändert. Die Firmen BASF, Bayer und Syngenta beteiligen sich jeweils mit einer eigenen, jedes Jahr neu bestimmten Mittelvariante, Strube stellt insgesamt 18 aktuelle Sorten in jeweils 4 Wiederholungen in jeder Variante zur Verfügung. Abgeprüft wird gegen eine unbehandelte Variante, die bei Wachstumsregler und N-Niveau den sonstigen, behandelten Varianten gleicht. Über nunmehr 19 Jahren wurde eine Erhöhung des Mittels der behandelten Intensitätsstufen um 55 kg/ha und Jahr bedingt durch Pflanzenschutz und Sortenleistung erreicht. Dagegen wies die fungizidlose Variante eine jährliche Steigerung von nur 15 kg/ha und Jahr auf. Dies bestätigt die klare Aussage der Züchter des Hauses Strube, dass der Ertrag beim Landwirt von der Sortenleistung und der Behandlungsleistung als Summe abhängt.

Die Ergebnisse der von den jeweiligen Firmen vorgeschla­genen Varianten unterschieden sich im Mittel der Jahre nur gering­fügig voneinander. Im Mittel der Jahre waren alle vorgeschlagenen Varianten der jeweiligen Firmen bezüglich erreichter Ertragsleistung und Fungizidkosten gleich anzusehen. Allerdings gibt es sehr große Unterschiede, wenn man sich die Ergebnisse der einzelnen Jahre betrachtet.

Während die Pflanzenschutzindustrie bezüglich der Leistungsfähigkeit der verwendeten Mittel ausschließlich mit dem Mittel der geprüften Sorten arbeitet, interessiert den Züchter, ob es Inte­raktionen zwischen Sorten und Behandlungen gibt. Diese wurden in allen Versuchsjahren festgestellt, wobei der Effekt deutlich geringer ausfiel als der Effekt durch die Behandlung alleine (hochsignifikant Rang 1) und die Sorte (hochsignifikant Rang 2). Diese Interaktionen zwischen Sorte und Behandlung sind sehr komplex und lassen sich nicht immer auf die fungizide Wirkung gegen die in den jeweiligen Einzeljahren dominierenden Erreger ableiten.

(DPG PG Krankheiten im Getreide)

3) Strategien der Krankheitsbekämpfung in einem Langzeitversuch – erste Ergebnisse nach drei Versuchsjahren

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Marga Jahn und Christina Wagner
Institut
Julius Kühn-Institut, Institut für Strategien und Folgenabschätzung im Pflanzenschutz, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, Deutschland E-Mail: marga.jahnqjki.bund.de

Im Jahr 1995 wurde auf dem Versuchsfeld Dahnsdorf ein Dauer­feldversuch unter dem Leitmotiv „Strategievergleich – umweltschonender Pflanzenschutz“ angelegt. Dieser Versuch wurde im Herbst 2007 unter Berücksichtigung der veränderten ökonomischen und ökologischen Gegebenheiten neu ausgerichtet. Das Jahr 2008 ist damit als Übergangsjahr zu betrachten.

Die Untersuchungen dienen der Ermittlung des langfristig notwendigen Maßes bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Schwerpunkt des Versuches ist der Vergleich der Pflanzenschutzstrategien „gute fachliche Praxis“ (GfP) und „inte­grierter Pflanzenschutz“ (IPS). In GfP werden Pflanzenschutzmittel gemäß der regionalen Praxis unter Einbeziehung des Warndienstes und von Beraterempfehlungen, im IPS unter Nutzung von Bekämpfungsschwellen, Prognosemodellen und Expertensystemen sowie situationsbezogen hinsichtlich Fungizidwahl und Aufwandmenge angewendet.

In der sechsfeldrigen Fruchtfolge sind aus Sicht der Krankheitsbekämpfung die Getreidekulturen sowie der Winterraps relevant.

Im Winterroggen (Sorte ‘Visello’) entwickelte sich der Braunrost (Puccinia recondita) in jedem Jahr. Im Jahr 2008 wurde ein hoher Befall (> 50% in der unbehandelten Kontrolle auf dem F-1), in den Jahren 2009 und 2010 ein mittlerer Befall von ca. 30% bzw. 20% in beiden Strategien sehr gut reduziert. Die Behandlungsindices lagen in den Jahren 2008 bis 2010 bei 1,5, 1,4 und 1,2 (GfP) sowie 1,8, 1,1 und 0,8 (IPS). Die Fungizid-bedingte Ertragssteigerung war jahresabhängig, weitgehend unab­hängig von der Strategie. 2009 wurde bei einem bereits hohen Ertrag ohne Fungizid (> 90 dt/ha) ein hoher Mehrertrag erzielt (16 dt/ha in beiden Strategien), dagegen waren 2010 Ertrag (70 dt/ha) und Mehrertrag (5,8 und 3,4 dt/ha in GfP bzw. IPS) witterungsbedingt relativ niedrig.

Im Winterweizen (Sorte ‘Brilliant’) erfolgten in allen Jahren Behandlungen gegen die wichtigste Krankheit am Standort, Septoria-Blattdürre (Mycosphaerella graminicola Syn. Septoria tritici), die sich jedoch nur 2010 zu hohem Befall entwickelte. Die Behandlungsindices lagen in der Jahresfolge bei 2,1, 2,4 und 1,0 (GfP) sowie 1,1, 2,4 und 0,8 (IPS); sie erwiesen sich vor allem 2009 als zu hoch. Die Krankheiten wurden durch die Behand­lungen zwar reduziert, die Ertragswirksamkeit war jedoch gering (höchster Mehrertrag im Jahr 2008 5,9 dt/ha in GfP). Insbesondere 2009 wurde ein hoher Ertrag (87 dt/ha) bereits ohne Fungizidanwendung erreicht, während 2010 der Ertrag witterungsbedingt niedrig war (< 70 dt/ha, Mehrertrag ca. 5 dt/ha). Zwischen GfP und IPS waren keine signifikanten Unterschiede vorhanden.

In Wintertriticale (Sorte ‘Grenado’) entwickelte sich Gelbrost (Puccinia striiformis), auf wenige Wiederholungen begrenzt, erstmals 2009, im Jahr 2010 zu hohem Befall. Die gute Wirkung der Behandlungen (Behandlungsindex in beiden Jahren und Strategien 0,8) spiegelte sich im Mehrertrag, zwischen 6 und 11 dt/ha, wider.

Im Winterraps erfolgte in GfP in allen Jahren eine Behandlung (Behandlungsindex 1,0) gegen Weißstängeligkeit (Sclerotinia sclerotiorum). Im IPS wurde nur 2010 auf Grund der Empfehlung durch das Modell SkleroPro eine Behandlung (Index 1,0) durchgeführt. Der Unterschied im Ertrag zwischen GfP und IPS war 2008 signifikant. Da im Raps keine Kontrolle ohne Fungizid vorhanden ist, kann angenommen, aber nicht belegt werden, dass diese Differenz der Fungizidanwendung zuzuordnen ist.

Die Behandlungsindices zeigen, dass die Unterschiede zwischen GfP und IPS bisher gering sind. Nächstliegendes Ziel ist die weitere Reduzierung der Behandlungsindices im IPS, um die Grenzen für das notwendige Maß der Fungizidanwendung ausloten zu können.

(DPG PG Krankheiten im Getreide)

4) Welche Auswirkungen könnte der prognostizierte Klimawandel auf Weizenkrankheiten haben?

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Peter Juroszek und Andreas von Tiedemann
Institut
Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzen­wissenschaften, Abteilung Allgemeine Pflanzenpathologie und Pflanzen­schutz, Grisebachstr. 6, 37077 Göttingen, Deutschland E-Mail: pjurosz@uni-goettingen.de

Eine Erderwärmung könnte zumindest mittelfristig in derzeit zu kühlen Gebieten Deutschlands positive Auswirkungen auf das Wachstum des Weizens und seine Erträge haben. In jetzt schon sehr trockenen und warmen Gebieten könnte dagegen der Stress auf den Weizen verstärkt werden, so dass dort zukünftig der Anbau von besser angepassten Kulturpflanzen­arten erfolgen müsste, obwohl die projizierte CO2-Erhöhung der Atmosphäre vermutlich einige negative Effekte auf die Pflanzenproduktivität kompensieren wird. Problematisch könnte es werden, wenn Virosen (Vektoren) im Getreideanbau erheblich zunehmen würden, wie dies bereits in Jahren mit milden Wintern als Folge erhöhter Vektorenaktivität beobachtet werden konnte. Außerdem könnten abiotische Schadfak­toren (z.B. Ozon, Hitze, Trockenheit) bedeutsamer werden. Langfristige Klimaänderungen sind dynamische Prozesse. Einige Wissenschaftler vermuten daher, dass es bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts zu einer Zunahme der meisten pilzlichen Pathogene bei mäßiger Erwärmung und häufig noch ausreichender Feuchtigkeit kommen könnte, während bei fortschreitender Erwärmung und dann häufig nicht mehr ausreichender Feuchtigkeit eine Abnahme der meisten pilzlichen Pathogene möglich wäre. Mycosphaerella graminicola (anamorph: Septoria tritici) könnte somit langfristig an Bedeutung in Deutschland verlieren, während Puccinia triticina (Braunrost) an Bedeutung zunehmen könnte, weil Braunrost besser an warme und trockene Umweltbedingungen angepasst ist (derzeit das wichtigste Pathogen im Weizenanbau in Südwest-Frankreich). Da in jüngster Vergangenheit thermophile Pathotypen von Puccinia striiformis (Gelbrost) in den USA gefunden wurden, kann man nicht automatisch davon ausgehen, dass Pathogene, die bisher an kühle Bedingungen angepasst sind, in Zukunft unbedeutend sein werden. Ein weiteres zukünftiges Risiko könnten Patho­gene sein, die von wärmeren Gebieten ausgehen könnten (z.B. Magnaporthe grisea, ‚wheat blast´ in Südamerika), obwohl dieses Pathogen lang anhaltende Feuchteperioden benötigt, um sich etablieren zu können. Andererseits stehen dem Landwirt zur Kontrolle pilzlicher Pathogene vielfältige Instrumente zur Verfügung, wie weite Fruchtfolge und standortangepasste Anbautechnik (z.B. Bodenbearbeitung, Saattermin, Sortenwahl, Düngung, zielgerichteter Pflanzenschutzmitteleinsatz), um potenziellen negativen Auswirkungen von veränderten Klimabedingungen zu begegnen.

(DPG PG Krankheiten im Getreide)

5) Untersuchungen zur Pathogenese der Kolben­fusariose beim Mais

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Elisabeth Oldenburg1 und Frank Ellner2
Institut
1 Julius Kühn-Institut, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Messeweg 11/12, 38104 Braunschweig, Deutschland 2 Julius Kühn-Institut, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Königin-Luise-Str. 19, 14195 Berlin-Dahlem, Deutschland E-Mail: elisabeth.oldenburg@jki.bund.de

Mais wird häufig von Pilzen der Gattung Fusarium befallen und kann in der Folge mit Fusariumtoxinen belastet sein. Bei der Körnermais-Produktion sind direkte Infektionen der weiblichen Blüte und des Kolbens die Ursache für unerwünschte Toxin­gehalte im Ernteprodukt. Um den Infektionsweg der Schaderreger zu verfolgen und den Verlauf der Mykotoxinbildung aufzuklären, wurden im Jahr 2009 zwei Maissorten auf je 100 m2 Freiland-Parzellen nahe Braunschweig kultiviert. Zur Vollblüte Ende Juli wurden die Kolben mit Fusarium culmorum-Sporen infiziert und anschließend in 14-tägigem Rhythmus bis Mitte Oktober geerntet (2 × 10 Kolben pro Sorte), entliescht und einer optischen Schadbild-Bonitur unterzogen. Danach wurden die Kolben in jeweils vier Teile segmentiert und gefriergetrocknet. Nach der Trennung der Körner von den Spindelsegmenten erfolg­ten die Vermahlung sowie die HPLC-Analyse der Fusarium­toxine in den einzelnen Fraktionen.

Erste Fusariose-Symptome zeigten sich 4 Wochen nach der Inoku­lation an der Kolbenspitze durch eingetrocknete und hellbraun verfärbte Blütchen, die im Verlauf von weiteren 2 Wochen verbräunten. In den nachfolgenden 4 Wochen hellten sich an der Kolbenspitze befindliche kleine Körner auf oder zeigten bräunlich marmorierte Flecken. Fallweise waren weißliche Beläge oder weißes Mycel an der Kolbenspitze sichtbar. Bei der letzten Probenahme Mitte Oktober zeigten die infizierten Körner an der Basis dunkelbraune und die darunterliegenden Spindelteile rötliche oder grau-bräunliche Verfärbungen. Diese Infektionssymptome entwickelten sich bei beiden Maissorten in ähnlicher Weise.

Zeitgleich mit dem Sichtbarwerden der Schadsymptome wurden zunächst geringe Mengen an Deoxynivalenol (DON) und Acetyl-DON in der Spindelspitze festgestellt.

Danach stiegen die Toxinkonzentrationen in der Spindel deutlich an und erreichten bei der letzten Ernte in der Spindelspitze beider Sorten die höchsten Werte (67 bzw. 109 mg DON/kg; 75 bzw. 39 mg Acetyl-DON/kg; 3,4 bzw. 24 mg Zearalenon/kg). Demgegenüber waren die an den kontaminierten Spindelteilen anhaftenden Körner an der Kolbenspitze deutlich geringer mit Fusariumtoxinen belastet (3,1 bzw. 4,9 mg DON/kg; 1,4 bzw. 0,4 mg Acetyl-DON/kg; 0,03 bzw. 0,08 mg Zearalenon/kg). Bei einer Sorte waren die Segmente unterhalb der Kolbenspitze nur gering oder gar nicht mit Fusarientoxinen kontaminiert. Dagegen enthielten bei der anderen Sorte alle unterhalb der Kolbenspitze liegenden Spindelteile sowie Körner Fusariumtoxine, jedoch mit deutlich abnehmenden Konzentrationen in Richtung auf die Kolben­basis. Dies zeigt an, dass die Ausbreitung der Infektion bei den Sorten im Verlauf der Abreife unterschiedlich schnell erfolgte.

Diese Ergebnisse belegen, dass Kolbeninfektionen mit Fusarium culmorum von der Spitze ausgehend zunächst basipetal durch die Spindel verlaufen und nachfolgend in die an den infizierten Spindelteilen anhaftenden Körner übergehen. Da das Spindelgewebe deutlich sichtbare Schadsymptome aufzeigt und wesentlich höher mit Fusariumtoxinen kontaminiert sein kann als die Maiskörner, sollte die Spindel in die Evaluierung der Kolbenfusariose, z.B. im Rahmen einer Sorten-Resistenz­bewertung, einbezogen werden.

(DPG PG Krankheiten im Getreide)

6) Fusarium-Artenspektren an Halmbasis und Ähre von Weizen in unterschiedlichen Weizenfruchtfolgen

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Marcel Tillmann und Andreas von Tiedemann
Institut
Georg-August-Universität Göttingen, Department für Nutzpflanzen­wissenschaften, Abteilung Allgemeine Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz, Grisebachstraße 6, 37077 Göttingen, Deutschland E-Mail: mtillma@gwdg.de

Im Jahre 2010 wurde das Fusarium-Artenspektrum an Weizen in einem Fruchtfolgeversuch nördlich von Göttingen untersucht. Ziel war es, den Einfluss der Vorfrüchte Winterweizen, Mais, Zucker­rübe und Ölrettich sowie der Weizensorte (Ritmo, hochanfällig; Centrum, resistent) und den Effekt einer Blattfungizidbe­hand­lung auf die Fusarium-Artenzusammensetzung an der Halmbasis zu BBCH 37–39, 61–65 und 71–75 und an der Ähre zu BBCH 91–92 zu ermitteln. Die Identifikation der Arten erfolgte sowohl morphologisch als auch molekular mittels TEF1alpha-PCR und anschließender RFLP sowie mittels spezies-spezifischer PCR. Insgesamt wurden sieben Fusarium-Arten identifiziert: F. avenaceum, F. culmorum, F. equiseti, F. graminearum, F. oxysporum, F. poae und F. tricinctum. Bei den von der Halmbasis isolierten Arten dominierten insgesamt F. tricinctum (34,1%), F. culmorum (32,1%) und F. equiseti (21,2%). F. avenaceum (5,0%), F. oxysporum (3,8%) und F. graminearum (3,8%) kamen dagegen selten vor, F. poae wurde nicht gefunden. Zu BBCH 71–75 konnte nach Vorfrucht Zuckerrübe mit 66,7% Befallshäufigkeit im Vergleich zu den anderen Vorfrüchten Weizen (43,3%), Mais (41,7%) und Ölret­tich (28,3%) eine signifikant höhere Befallshäufigkeit mit Fusarium spp. gezeigt werden. An der Ähre zeigten sich F. tricinctum und F. poae als vorherrschende Arten. Während insgesamt F. tricinctum mit 40,4% der Gesamtzahl an Isolaten nach allen Vorfrüchten stark vertreten war, konnte F. poae (34,5%) beson­ders häufig nach Mais und Zuckerrübe isoliert werden. F. graminearum (16,3%) trat nur nach Mais häufig auf. F. culmorum (7,4%) wurde allgemein selten isoliert. F. equiseti (1,3%), F. avenaceum (0,2%), und F. oxysporum (0,0%) spielten keine Rolle an der Ähre. In Bezug auf den Einfluss der Versuchsfaktoren auf die Artenspektren konnte an der Ähre für die anfällige Sorte Ritmo eine signifikant höhere Befallshäufigkeit mit Fusarium spp. im Vergleich zur resistenten Sorte Centrum in den drei Vorfrüchten Mais (Centrum 15,8%, Ritmo 38%), Zuckerrübe (Centrum 9%, Ritmo 31,5%) und Ölrettich (Centrum 11,2%, Ritmo 30,5%) gezeigt werden. Die Blattfungizidbehandlung zeigte keinen signifikanten Einfluss auf die Artenspektren.

(DPG PG Krankheiten im Getreide)

7) Krankheitsbekämpfung im Weizen – Versuchs­ergebnisse aus Bayern

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Stephan Weigand
Institut
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenschutz, Lange Point 10, 85354 Freising, Deutschland E-Mail: stephan.weigand@lfl.bayern.de

Nach 2008 und 2009 war auch im Jahr 2010 die Septoria-Blattdürre die dominierende Krankheit im Winterweizen in Bayern. Allein an 45 der 72 Monitoringstandorte des amtlichen Pflanzen­schutzdienstes verursachte Septoria tritici die erste Über­schreitung der Bekämpfungsschwellen. Auch Mehltau und DTR traten regional etwas häufiger bekämpfungsrelevant auf als im Vorjahr, Braunrost und Septoria nodorum dagegen nur ver­einzelt, meist erst zum Ährenschieben. Halmbruch und Gelbrost überschritten im Jahr 2010 an keinem der Standorte die Bekämpfungsschwellen.

Aufgrund eines frühen Epidemiebeginns Mitte April und eines anhaltend hohen Infektionsdruckes im sehr feuchten Mai, erlangte Septoria tritici in Bayern eine hohe Ertragsbedeutung. Im Mittel aller 8 Standorte eines Fungizidversuches erreichte der Ertragsunterschied zwischen der unbehandelten Kontrolle und der Gesundvariante 25,8 dt/ha und damit die größte Differenz seit Beginn dieser Versuchsserie im Jahr 1994. Neben der Witterung war dafür auch der häufige Anbau von überdurchschnittlich Septoria-anfälligen Sorten mitverantwortlich. So standen an 7 der 8 Versuchsstandorte die Sorten JB Asano, Akteur oder Cubus. Dies deckt sich jedoch mit den Verhält­nissen in der Praxis, wo diese Sorten in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben und im Erntejahr 2010 bereits 41% der bayerischen Weizenvermehrungsflächen einnahmen. Unter den bisher schon am Markt befindlichen Produkten waren die Varianten mit Champion + Diamant, bei der Doppelbehandlung mit Capalo-Vorlage, nach Abzug der Mittel- und Überfahrtskosten, am wirtschaftlichsten. Mischungen mit den neuen SDHI-Wirkstoffen Bixafen (im Aviator Duo, Input Xpro oder BAY18570F) und Xemium (im zukünftigen Adexar) zeigten dagegen die beste Ertragsleistung.

Häufige Regenfälle in den ersten beiden Junidekaden erschwerten im Jahr 2010 auch die Bekämpfung von Ährenfusariosen. In einem mit Maisstoppeln natürlich inokuliertem Exakt­versuch wurden dazu die Terminierung und die Fungizidwirkung geprüft. Die beste Variante erzielte eine Toxinminderung um 76% und einen Ertragszuwachs von 17,5dt/ha. Im drei­jährigen Mittel dieser Versuchsserie verminderte Prosaro die DON-Gehalte am wirksamsten, gefolgt von Input und Osiris.

(DPG PG Krankheiten im Getreide)

8) Abbau von Fusarium-Biomasse in Weizenrückständen durch Regenwürmer – ein Beitrag zur biologischen Kontrolle eines phytopathogenen Schaderregers

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Friederike Wolfarth1, Stefan Schrader1, Elisabeth Oldenburg2, Joachim Weinert3 und Joachim Brunotte4
Institut
1 Johann Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Biodiversität, Bundesallee 50, 38116 Braunschweig, Deutschland 2 Julius Kühn-Institut, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Messeweg 11/12, 38104 Braunschweig, Deutschland 3 Landwirschaftskammer Niedersachsen, Pflanzenschutzamt, Wunstorfer Landstraße 9, 30453 Hannover, Deutschland 4 Johann Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Agrartechnologie und Biosystemtechnik, Bundesallee 50, 38116 Braunschweig, Deutschland E-Mail: friederike.wolfarth@vti.bund.de

Durch die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft waren in der Vergangenheit negative Auswirkungen auf Bodenstruktur, Bodenqualität, Bodenfauna und Umwelt zu beobachten. Ein alternatives Bodenbearbeitungsverfahren zum konventionellen Pflug bietet die konservierende Bodenbearbeitung, wodurch ein aktiver Beitrag zum vorsorgenden Umweltschutz in der Landwirtschaft geleistet wird. Diese Bearbeitungsmethode gewähr­leistet Schutz gegen Erosion und Verschlämmung, außerdem werden die biologische Aktivität und die biologische Vielfalt gefördert. Ein erheblicher Nachteil konservierender Boden­bearbeitung ist allerdings das erhöhte Risiko eines Schaderregerbefalls nachfolgender Kulturpflanzen mit pilzlichen Pflanzenpathogenen der Gattung Fusarium. Aufgrund ihrer saprotrophen Eigenschaften können Fusariumpilze auf Ernterückständen überleben und somit das Risiko einer Infektion des Getreides im Folgejahr deutlich erhöhen. Ein zentrales Element zur Minderung des Infektionsdrucks ist daher eine intensive Förderung der Strohrotte. Beim Abbauprozess von Pflanzenrückständen spielen vor allem Regenwürmer eine bedeutende Rolle. Außerdem erfolgt deren Nahrungsaufnahme selektiv, so dass eindeutige Nahrungspräferenzen für pflanzenpathogene Pilze wie Fusarium vorliegen. In einem achtwöchigen Frei­landexperiment auf einer Ackerfläche in Adenstedt (Landkreis Hildesheim), die seit über 20 Jahren mit Methoden konser­vierender Bodenbearbeitung bewirtschaftet wird, kamen zwei Regen­wurmarten mit unterschiedlicher ökologischer Funktion zum Einsatz: Lumbricus terrestris als deritivorer Primärzersetzer sowie Aporrectodea caliginosa als geophager Sekundär­zersetzer. In Mesokosmen wurden die Regenwürmer in verschiedener Kombination (Reinkultur und Mix) künstlich mit Fusarium-infiziertem Weizenstroh ausgesetzt. In einem zweiten Ansatz wurde den Regenwürmern Weizenstroh angeboten, welches nicht künstlich infiziert war. Außerdem existierte jeweils eine Kontrollvariante ohne Versuchstiere. Nach Versuchsende wurden in Stroh, Boden und Losung der Tiere die Fusarium-Biomasse in Form von Fusarium-Protein-Äquivalenten (FPE) und die Konzentrationen des Mykotoxins Deoxynivalenol (DON) mittels der ELISA (Enzyme-linked immunosorbent assay)-Methodik quantitativ bestimmt. In den Varianten mit L. terrestris konnte eine signifikante Reduzierung der Fusarium-Biomasse und DON-Konzentration nachgewiesen werden. Der Einfluss von A. caliginosa auf den Abbau von Fusarium und DON in Weizenrückständen ist dagegen von untergeordneter Bedeutung. Ebenfalls wurde das mit Fusarium angereicherte Weizenstroh vor allem von L. terrestris dem nicht infizierten Stroh vorgezogen und folglich vermehrt in den Boden eingearbeitet. Auf diese Weise sind vor allem detritivore, anektische Regenwürmer an der Minderung von Pflanzenrückständen auf dem Ackerboden aktiv beteiligt. In Agrarökosystemen, in denen durch reduzierte Bodenbearbeitung günstige Bedingungen für Regenwürmer geschaffen werden, können diese einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Kontrolle pflanzenpathogener Pilze leisten.

(DPG PG Krankheiten im Getreide)

9) Screening for Ramularia leaf spot resistance in spring barley cultivars

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Nazanin Zamani-Noor und Andreas von Tiedemann
Institut
University of Göttingen, Department of Crop Sciences, Division of Plant Pathology and Crop Protection, Grisebachstr. 6, 37077 Göttingen, Germany E-Mail-Adresse: nzamani1@gwdg.de

Ramularia collo-cygni (Rcc) has gained increasing importance as the causal agent of a novel leaf spot disease on barley, Ramularia leaf spot (RLS). Thirty-four different spring barley genotypes were evaluated for resistance to RLS. Evaluations were conducted in replicated experiments in growth chambers (with leaf segments) and under greenhouse and field conditions (with whole plants). In the field experiments and whole plant inoculation trials in controlled conditions, plants were evaluated at late growth stage (65–70) for percentage of necrotic leaf area due to RLS on leaf F-1. In growth chamber experiments, after inoculating leaf segments with 1*105 spores/ml, the number of necrotic spots on individual leaflets was counted after 15 days post inocula­tion. There were significant differences among genotypes in their response to Rcc infection in the field, greenhouse and growth chamber experiments. Upon natural infection in the field, the severity of Rcc symptoms depended strongly on local weather conditions. While the cultivar IPZ 24727 showed a moderate resistance to Rcc, the other cultivars were more or less susceptible. The strongest correlations were found between leaf segment assays and greenhouse experiments (P < 0.0001, Rs = 0.68). A significant correlation has been also observed between field experiments in two different years (p < 0.0419, Rs = 0.42). The results demonstrate the potential of screening barley cultivars for Rcc resistance in controlled conditions.

(DPG PG Krankheiten im Getreide)

Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Ambrosia – Ergebnisse des 6. Treffens im Julius Kühn-Institut Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Das Treffen fand am 7. und 8. Dezember 2010 im Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) in Braunschweig statt. Das Programm wurde in die Sektionen „Erfahrungen in Nachbarländern“, „Monitoring und Maßnahmen“, „Biologisch-ökologische Grundlagen“, „Pollenflug und Medizinisches“ eingeteilt. Es wurden insgesamt 15 Vorträge gehalten, die z.T. als pdf-Dateien auf der JKI-Website nachzu­lesen sind
(http://pflanzengesundheit.jki.bund.de/index.php?menuid=60&reporeid=271).
38 Personen nahmen teil, darunter auch Kollegen aus der Schweiz, Österreich, den Niederlanden und Polen.

Erfahrungen in Nachbarländern

Wie schon bei den früheren Treffen der IAG berichteten Schweizer Experten von den Erfolgen der Maßnahmen, die in der Schweiz seit mehreren Jahren konsequent durchgeführt werden. In der Schweiz scheint das Ambrosiaproblem weitgehend gelöst: Insbesondere ist das Neuauftreten von Ambrosiabeständen deutlich zurückgegangen, was vor allem mit der gesetzlichen Regelung der Verunreinigung von Vogelfutter mit Ambrosiasamen erklärt wird. Auch die bekannten größeren Bestände gehen unter der Bekämpfung erkennbar zurück. Hierfür waren die Einführung einer Bekämpfungspflicht und ihre konsequente Umsetzung maßgeblich. Das Schweizer Beispiel zeigt, dass energisches Handeln zu Beginn der Ausbreitung erfolgreich sein kann.

In den Niederlanden wurde die Öffentlichkeitsarbeit zu Problemen durch Ambrosia und zu Möglichkeiten der Gegensteuerung verstärkt. Dadurch sind Hunderte neue Funde bekannt geworden und viele Bekämpfungsaktionen durch Privatleute und Kommunen ausgelöst worden. In den Niederlanden kommt Ambrosia bisher vereinzelt und überwiegend in kleinen, nicht etablierten Beständen vor. Im Zuge der Aktivitäten wurde jedoch auch ein großer Bestand auf einem Acker gefunden, der seit mehreren Jahren etabliert ist. Dies zeigt, dass in den Nieder­landen heute schon klimatische Verhältnisse herrschen, die eine Etablierung möglich machen und dass ein Risiko für landwirtschaftliche Flächen auch hier besteht. Der Bestand ist einer Bekämpfung unterzogen worden; wegen der Samenbank im Boden ist er jedoch noch nicht vernichtet. Für die Prävention der weiteren Ausbreitung wird hier die Reduktion der Verun­reinigung von Vogelfutter mit Ambrosia-Samen für wesentlich gehalten.

In Österreich dringt die Ambrosie von Osten her vor. Es liegen zahlreiche Daten über Fundorte seit 1883 vor. Die Ausbreitung hat in den letzten Jahren besonders entlang von Fernstraßen zugenommen. In Österreich werden Straßenpflegemaschinen und landwirtschaftliche Erntegeräte für die wesentlichsten Ausbreitungsvektoren gehalten. Es wurde geschätzt, dass Ambrosia jährliche Kosten von 88 Mio € für das Gesundheitswesen verursacht. Ein landesweites Projekt analysiert Einschleppung und Ausbreitung, untersucht die Wirksamkeit von Bekämpfungsmaßnahmen und entwickelt einen Maßnahmenkatalog und eine Kommunikationsstrategie zu dessen Umsetzung.

Die Erweiterung des Teilnehmerkreises durch Kollegen aus Nachbarländern und die Intensivierung des grenzüberschreitenden Kontakts wurden durch die interdisziplinäre Arbeitsgruppe insgesamt begrüßt und sollen fortgesetzt werden.

Biologisch-ökologische Grundlagen und Ausbreitung

Untersuchungen in Berlin und in der Niederlausitz (vom JKI ini­tiiert und finanziert) haben ergeben, dass die Ambrosiapopulationen sich in ihrer Blüte- und Fruchtreifezeit unterscheiden. Pflanzen mit früherer Blüte- und Fruchtreife haben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, reife Samen zu produzieren. Diese Ergebnisse beeinflussen die Bekämpfungsplanung, etwa bei der Wahl des Mahdzeitpunktes, sind aber auch für die Bestimmung des potentiellen Verbreitungsareals bedeutend, da die früh blühenden Pflanzen sich auch in höheren Breiten etablieren können.

Nachdem die Bedeutung von Straßen und Autoverkehr bei der Fernausbreitung schon in vergangenen Jahren diskutiert worden ist, wurde dies durch eine systematische Untersuchung von Fernstraßen in Bayern auf Ambrosia-Vorkommen bestätigt. Insbesondere wurde ein Zusammenhang zwischen per Last­wagen transportierten Warenströmen und der Häufigkeit von Ambrosia an Straßen gezeigt.

Monitoring und Maßnahmen

An Beispielen in Bayern wurde gezeigt, dass jede Verstärkung von Monitoringaktivitäten zu vermehrten Funden von Ambrosia führt. Deshalb muss beim Vorkommen mit einer großen Dunkel­ziffer in Deutschland gerechnet werden. Insgesamt wird das Monitoring in Deutschland als noch nicht ausreichend eingeschätzt.

In einigen Bundesländern werden Maßnahmen gezielt und systematisch durchgeführt, in anderen Ländern gibt es noch keine amtlichen Gegenmaßnahmen. Das Problem liegt einerseits an mangelnder Einsicht in die Notwendigkeit; in manchen Fällen können Maßnahmen gegenüber bekannten und als problematisch eingestuften Beständen wegen nicht ausreichender gesetzlicher Grundlage und unklarer Verantwortungszuordnung nicht bekämpft werden. Auch wenn Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden, ergibt das aber nicht immer ausreichende Resultate. Dies liegt z.B. an den Besitzverhältnissen betroffener Flächen, an unzureichenden gesetzlichen Eingriffsmöglichkeiten von amtlicher Seite oder auch an nicht aus­reichender Sorgfalt bzw. der Anwendung von nicht geeigneten Methoden.

Pollenflug und Medizinisches

Im Jahr 2010 wurde wieder Ambrosiapollenflug gemessen, die Konzentrationen waren relative gering. Dies lässt sich vor allem mit dem Witterungsverlauf erklären, vor allem der nasse August 2010 war für geringen Pollenflug verantwortlich. Aus den Pollen­daten lässt sich somit nicht direkt auf die Häufigkeit von Ambrosia in Deutschland schließen. Die Ambrosiapollen­konzentrationen sind im Osten Deutschlands besonders hoch, auch im Südwesten sind sie höher als im Rest des Landes. In der Umgebung großer Bestände wie in der Niederlausitz wurden auch 2010 wieder starke Belastungen erreicht. Für den genauen Zusammenhang zwischen lokalen Vorkommen und Pollen­konzentrationen besteht noch Forschungsbedarf.

Umsetzungsmöglichkeiten

Mit der Problematik der Verunreinigung von Futtermitteln mit Ambrosiasamen hatte sich der Ständige Ausschuss Lebensmittelkette und Tiergesundheit, Sektion Tierernährung, seit Jahren befasst. Nach der Einbeziehung der EFSA und deren im letzten Juni dazu veröffentlichter Stellungnahme ist nun zu erwarten, dass im Rahmen der Richtlinie 2002/32/EC zulässige Höchstmengen festgesetzt werden. Damit wird die Einschleppung von Ambrosia mit Vogelfutter schon bald zurückgehen.

Ausblick

Die Teilnehmer waren sich einig, dass die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe weiterhin ein sehr wichtiges Forum ist, um Entwicklungen bei den Kenntnissen über Ambrosia, bei den Auswirkungen und den Maßnahmen zu besprechen. Die Teilnehmerzahl und die weiter bestehende breite interdisziplinäre Mischung zeigen diese Bedeutung.

Die Prävention der weiteren Einschleppung durch Vogel­futter wird mit der erwarteten Regelung durch die EU-Kommission voraussichtlich deutlich verbessert.

Im Bereich Bekämpfung und Monitoring halten die Teilnehmer der Arbeitsgruppe jedoch eine deutliche Verbesserung der Maßnahmen für notwendig. Nach nun fünf Jahren Arbeit der Interdisziplinären AG wird es für erforderlich gehalten, dass die vielen guten bisher entwickelten Ansätze dort, wo es notwendig ist, weiter intensiviert werden, vor allem aber, dass sie übertragen werden auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Gefordert wird, dass Planung und Durchführung von Maßnahmen auf einer einheitlichen Grundlage stehen. Dafür fehlen weiterhin spezialgesetzliche Regelungen, die eine klare Verantwortungszuweisung beinhalten und eine Grundlage für eine ausreichende Umsetzung der Gegenmaßnahmen vor Ort bieten.

Deshalb wird eine Intensivierung der Zusammenarbeit der AG und vor allem eine weiter verstärkte Information für die betroffene Verwaltung und die Öffentlichkeit über die Gefahren durch Ambrosia und die notwendigen Maßnahmen gefordert. Dazu soll sich demnächst eine kleine Gruppe bilden, die sich mehrmals zwischen den Sitzungen der IAG trifft und über weitere Aktivitäten berät. Ein von dieser Gruppe vorzubereitendes Projekt ist die Planung einer nationalen Tagung mit Vertretern aus Politik und Wissenschaft, von der ein starkes politisches Signal über die Gefahr und die Notwendigkeit von Maßnahmen ausgehen soll.

Uwe Starfinger (JKI Braunschweig)

AVEQ-Projekttreffen und 6. Treffen der ECPGR- Arbeitsgruppe 'Avena' in Bukarest, Rumänien

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Das Treffen im Oktober 2010 vereinte ein Projekttreffen des EU-Projekts AVEQ (Avena Genetic Resources for Quality in Human Consumption) mit einem Treffen der ECPGR-Arbeitsgruppe 'Avena'. Im Mittelpunkt standen folgende Themen:

• AVEQ: Ziele, Projektpartner, Arbeitssammlung

Fusarium-Mykotoxine – Diskussionsstand in Europa und Projektergebnisse

• Ernährungsphysiologische Qualität von Hafer

• Frosttoleranz

• Perspektiven für pflanzengentische Ressourcen im Kontext der EU-Politik

• Prospektion, Erhaltung und Nutzung von Wildarten

• ECPGR-Projekt zur Genbankintegration (AEGIS), Dokumentation

• Ausblick

Präsentationen sind verfügbar auf
http://eadb.bafz.de/aveq/index.php?id=66 bzw. auf http://www.ecpgr.cgiar.org/Workgroups/avena/Presentations_2010.htm.

AVEQ: Ziele, Projektpartner, Arbeitssammlung

Ziele des Projekts, Arbeitssammlung, Projektpartner und Feld­experimente wurden von C. Germeier (JKI), Z. Bulinska-Radomska (IHAR, Polen) und D. Murariu (Suceava Genbank, Rumänien) vorgestellt. Das Projekt will die Expertise spezialisierter Analyselabore in die Arbeit an pflanzengenetischen Ressourcen einbringen, um Merkmale von hoher Relevanz für die menschliche Gesundheit zu untersuchen. Hafer hat im Vergleich zu anderen Getreidearten eine einzigartige Ernährungsqualität. Es wurden 567 Akzessionen von Saathafer (hexaploid), 46 von Sandhafer (A. strigosa, diploid), 5 von abessinischem Hafer (A. abyssinica, tetraploid) und 34 Akzessionen von Wildarten verschiedener Ploidiestufen vorvermehrt, in sieben europäischen Ländern evaluiert und für Qualitätsanalysen beprobt. In drei weiteren Versuchen wurden die Parzellen zusätzlich mit Fusarium inokuliert und auf Mykotoxine analysiert.

Fusarium-Mykotoxine – Diskussionsstand in Europa und Projektergebnisse

Einleitend beleuchtete O. Winkelmann (Eurofins WEJ Conta­minants GmbH, Deutschland) die Diskussion der Mykotoxinproblematik, wie sie sich auf den jährlich von der EU veranstalteten Fusarium-Toxin-Foren darstellt. Verschiedene Toxinklassen werden von verschiedenen Arten auf verschiedenen Wirten gebildet. Gut untersucht und weit verbreitet sind Trichothecene vom Typ B (Deoxynivalenol, Zearalenon), gebildet von F. graminearum und F. culmorum. Fumonisine B1 and B2 werden durch F. verticilloides und F. proliferatum gebildet. Beim Hafer stehen TypA-Trichothecene (T-2, HT-2), von F. langsethiae und F. sporotrichioides vorwiegend auf Hafer und Gerste gebildet, im Zentrum der Aufmerksamkeit. Ihre Toxizität übertrifft jene des Typs B. Sehr geringe Grenzwerte (0,06 µg je kg Körper­gewicht und Tag) sind in der Diskussion. Die aktuell gültige Verordnung (EC) No. 1881/2006 setzt noch keine Grenzwerte, da mehr Information und eine Referenzmethode benötigt werden. ELISA-Schnelltests bestimmen nur T-2. Eine Bestimmung der Summe ist gefordert. Verarbeitungseffekte sind bedeutsam. Mycotoxine finden sich vorwiegend in der Spelze. Durch Ent­spelzen wird die Kontamination um 90% reduziert. Allerdings werden Beiprodukte oft als Tierfutter verwendet. Deshalb werden Grenzwerte für das gehandelte Rohmaterial festgesetzt.

Inokulumanzucht, Inokulation im Feld und Bonituren wurden von M. Herrmann (JKI) vorgestellt. Reinkulturen von F. culmorum, F. sporotrichioides, F. avenaceum, F. langsethiae, und F. graminearum wurden an autoklaviertem Hafer oder Weizen angezogen. An den Reinkulturen wurden hohe Gehalte an Zearalenon, T-2- und HT-2-Toxin gemessen. Zum Nachweis der Infek­tion wurden artspezifische qPCR-Tests entwickelt. Sie basieren auf genomischen Informationen, die für Fusarium-Arten bereits existieren und wurden für die verwendeten Isolate optimiert. Die Inokulation erfolgte an drei aufeinander folgenden Tagen zur Blüte mit einer Sporensuspension. Sichtbare Symptome waren im Feld i.d.R. nicht zu beobachten, außer 2008 in Rumänien nach extrem feuchter Witterung. Auch die visuelle Bonitur der Körner war wenig aussagekräftig. Bessere Ergebnisse konnten nach Auslegen auf Petriplatten und Frosteinwirkung (freezing blotter test) erzielt werden. Korrelationen mit agronomischen Merkmalen waren gering. Wegen der geringen Aussagekraft von Symptombeobachtungen im Feld oder am Saatgut sind für eine sichere Bestimmung der Fusarium-Resistenz beim Hafer Laboranalysen erforderlich. Resultate der Mykotoxin- und qPCR-Analysen wurden von I. Polisenska (Agrotest Fyto, Tschechien) und V. Terzi (CRA-GPG, Italien) präsentiert. Je Jahr werden 100 inokulierte Proben von vier Standorten mit ELISA auf Deoxynivalenol und T-2 Toxin untersucht. Zusätzlich werden inokulierte und nicht inokulierte Standardsorten von allen Standorten durch die Eurofins WEJ Contaminants GmbH mit HPLC-MS/MS auf T-2, HT-2, DON, ZON, NIV, 3-ADON, 15-ADON und DAS analysiert. In 2008 wurden mit einem aggressiven tschechischen Isolat DON-Werte bis 4000 µg kg–1 erreicht, T-2 lag zwischen 200 und 400 µg kg–1. Einige Geno­typen (Rauhhafer aus Neustadt, Samuel, Atego, Miku, Typhon, Joanette und Garton Supreme) zeigten geringe Kontamination an allen Standorten. PCR-Tests bestätigten die Korrelationen für DON mit F. culmorum und F. graminearum und für T-2 mit F. langsethiae, F. avenaceum und F. sporotrichioides. Im Nackt­hafer war weniger Fusarium nachweisbar, Argentina and Evora zeigten unter den Spelzhafersorten stärkeren Befall. Während in Haferproben alle Fusarium-Arten gleichermaßen vertreten waren, zeigte sich im Weizen Aranka ein Vorherrschen von F. culmorum und F. graminearum, resultierend in geringer T-2-, aber hoher DON-Kontamination. Die PCR wies auch F. poae mit höherer Häufigkeit in inokulierten Proben nach.

Ernährungsphysiologische Qualität von Hafer

Lena Dimberg (SLU, Schweden) leitete die Sektion mit einer Darstellung des Gesundheitswertes von Hafer ein. Dieser steht in Beziehung zu einem in den westlichen Gesellschaften verbreiteten metabolischen Syndrom aus oxidativem Stress, hohen Triglycerid- und Cholesterin-Werten, Fettleibigkeit, Insulin-Resistenz und Glucose/Insulin-Ungleichgewichten, das zu chronischen Entzündungen, Bluthochdruck, Diabetes Typ II und Erkran­kungen der Herzkranzgefäße führt. Hafer hat neben Stärke und Energie hohe Gehalte an Vitaminen (B und E), Mineralien und löslicher Rohfaser. Das Protein vom Globulintyp hat eine ausgeglichene Aminosäurezusammensetzung mit ausreichend Lysin und enthält kein Gluten. Das Fett enthält zu 80% ungesättigte Fettsäuren. Charakteristisch für Hafer und Gerste ist ein hoher Gehalt an β-Glucan in der löslichen Rohfaser. Dessen vielbeachtete gesundheitliche Effekte hängen mit seiner Viskosität zusammen: durch Einkapseln von Fett und Zucker wird die Energie­zufuhr reduziert, ein Sättigungsgefühl erzeugt, der glykämische Index vermindert, Fettleibigkeit und Verstopfung vorgebeugt. Andererseits kann es, vor allem in der Tiermast, Energie- und Nährstoffmangel bewirken. Oxidativer Stress wird durch freie Radikale erzeugt, die die Arterienwände angreifen. Reparaturmechanismen führen zu Zellakkumulation, Plaque-Bildung und Infarkt. Antioxidantien schützen vor freien Radikalen. Avenan­thramide kommen ausschließlich im Hafer vor. Sie fungieren als Protonenquellen, Radikalfänger, Chelatoren und Lipogenasehemmer. Sie hemmen die Oxidation von Lipoproteinen und damit die Bildung entzündungsfördernder Substanzen. Bemerkenswert ist ihre Ähnlichkeit mit Metaboliten von Tranilast, einem antiallergenen, die Zellvermehrung hemmenden Medikament. Wegen seiner entzündungshemmenden Wirkungen wird Hafer traditionell bei Hautreizungen und für Anti-Aging-Produkte verwendet. Komplexe des löslichen Glucans mit bioaktiven Verbindungen wie Antioxidantien können so die Risikofaktoren des meta­bolischen Syndroms mindern.

J. Koenig (INRA, Frankreich) eröffnete die Präsentation der Projektergebnisse mit Arbeiten zur Protein- und Fettanalyse. Alle Proben werden einer NIRS-Analyse unterzogen, die für Protein und Fett kalibriert wird. Ein weiterer Schwerpunkt im Arbeitspaket sind Avenin-Untersuchungen. Avenine sind Speicherproteine, deren Polymorphismus zur Untersuchung genetischer Distanzen verwendet werden kann. Nasschemische Analysen für Gesamt-β-Glucan werden am Erntematerial von jeweils drei kontrastierenden Standorten vollständig durchgeführt, aufwändigere Analysen (lösliches β-Glucan, Stärke, Rohfaser, Antioxidantien) nur an ausgewählten Proben. R. Redaelli (CRA MAC, Italien) und D. Boros (IHAR, Polen) präsentierten Ergebnisse der Kohlenhydrat, β-Glucan und Rohfaser-Analysen. Neben Stärkegehalten von 49–65% wurde verdauliche Roh­faser zu 9–18% bestimmt, größtenteils Nicht-Stärke-Poly­saccharide, deren Hemizellulose-Fraktion zu 50% aus β-Glucan besteht. Verschiedene alte Sorten und Wildmaterial, insbesondere A. wiestii und A. damascena, aber auch eine moderne Sorte aus Litauen (Jaugila), zeigten hohe Werte für lösliche Rohfaser. β-Glucangehalte wurden im Bereich 2,4–5,4% gefunden. Der Genotyp, in geringerem Maße der Standort und die Wechselwirkung wirken signifikant auf den Glucangehalt. Sehr hohe Gehalte (6,8%) fanden sich bei A. wiestii und A. damascena. Die Standardsorten rangierten zwischen 2,9% (Ivory) und 4,4% (Auteuil). Relativ glucanreich sind Belinda (4,1%) und der bulgarische Nackthafer Mina (4,4%). R. Redaelli und L. Dimberg komplettierten mit den Ergebnissen zu Antioxidantien. Tocole (Vitamin E) werden mit einer am CRA MAC entwickelten HPLC-Methode bestimmt. Die Gehalte waren vor allem in bulgarischen Proben höher als erwartet. In Proben aus Estland waren die Gehalte geringer. An beiden Standorten erreichten die Standardsorten nur halb so hohe Gehalte wie der Durchschnitt der Akzessionen. Hohe Mengen waren in A. barbata und A. strigosa nachzuweisen. Avenanthramide waren in allen Proben nachzuweisen und ebenfalls höher in Bulgarien. Vier A. strigosa-Proben hatten dort mit bis zu 3870 mg kg–1 die höchsten bisher beobachteten Gehalte. In Estland bestätigte sich deren hohes Potential auf niedrigerem Niveau. Auch Wildarten zeigten vergleichsweise hohe Werte. Zwischen alten und modernen Sorten waren keine deutlichen Unterschiede erkennbar. Da Avenanthramide als Phytoalexine gelten, wurden sie auch in mit Fusarium inokulierten Standards untersucht. Inoku­lation führte im Durchschnitt zu höheren Avenanthramidgehalten. Argentina and Evora, für die mit PCR-Methoden ein generell hoher Fusarium-Befall nachgewiesen wurde, zeigten hohe Gehalte. Die stärkste Avenanthramidantwort auf Inokulation zeigte Saul, ein Nackthafer mit geringer Fusarium-Präsenz. Eine konsistente, signifikante Beziehung zur Mykotoxinkontamination konnte indessen nicht nachgewiesen werden.

Frosttoleranz

In einem einleitenden Referat unterstrich M. Stanca (CRA GPG, Italien) die Bedeutung dieses Merkmals im Hinblick auf eine zu erwartende Ertragssteigerung um ca. 30% durch Winterformen. Er ging auf physiologische Aspekte des Merkmalskomplexes ein und zeigte neue methodische Möglichkeiten wie Schnelltests, Assoziationsanalysen, und EST-Bibliotheken auf. Chloroplasten sind empfindliche Rezeptoren in Pflanzen. Die meisten der während einer Kälte-Akklimatisation aktivierten 1500 Gene sind im Chloroplasten lokalisiert. Auf dieser Grundlage konnte ein schneller, verlässlicher, sensitiver und nicht-destruktiver Fluoreszenztest in der Abhärtungsphase und nach Frosteinwirkung etabliert werden.

Nadeshda Antonova (IPGR K.Malkov, Bulgarien) präsentierte Feldergebnisse zur Frosttoleranz aus Bulgarien, Italien und Rumä­nien. Suceava, Rumänien, ist dabei am stärksten frost­gefährdet. Im Winter 2009/10 wurden Minimum-Temperaturen unter –30 °C erreicht. Es überlebten nur wenige Genotypen, die als frosttolerant betrachtet werden können. Sie wurden auch mit Bonituren in Bulgarien unter leichteren Frostbedingungen und mit dem Labortest bestätigt. Entsprechend der Komplexität des Merkmals waren Ergebnisse verschiedener Boniturmethoden nicht immer übereinstimmend. Es bestehen negative Korrelationen zwischen Kältetoleranz, Rispenzahl und später Entwicklung. Fulvia Rizza (CRA GPG) schloss die Sektion mit Ergeb­nissen des Fluoreszenztests zur Frosttoleranz ab. Der Test simuliert eine Abhärtungsphase bei 1–3 °C über drei Wochen. Daraufhin werden die Pflanzen Temperaturen von –10 bis –13 °C ausgesetzt und die Auswirkung auf die Chlorophyll-Fluoreszenz gemessen. Die Ergebnisse korrelierten hochsignifikant mit den Feldergebnissen unter strengen Frostbedingungen.

Im Rahmen des sich anschließenden ECPGR-Treffens standen Themen zu Wildarten und zum Aufbau eines integrierten Europäischen Genbanksystems (AEGIS) im Vordergrund.

Perspektiven für pflanzengentische Ressourcen im Kontext der EU-Politik

O. Diana (EU DG-AGRI) verwies in seiner Präsentation darauf, dass nach dem Scheitern des Biodiversitätsziels 2010 jetzt eine neue Biodiversitätsstrategie für die Gemeinschaft erarbeitet wird. Genetische Ressourcen berühren verschiedene Politik­felder wie Landwirtschaft, Umwelt, Regionalpolitik, Forschung, Technologie und Pflanzenschutz. Entsprechend können verschiedene Förderinstrumente genutzt werden. Für die EU ist die Integration der verschiedenen Politikbereiche von Bedeutung; parallel laufende Programme sollen vermieden werden. Im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik ist die Säule II (ländliche Entwicklung) von Bedeutung, da sie Umweltleistungen gezielt fördert. Die Vermarktungsdirektiven für Erhaltungs­sorten 2008/62/EC, 2009/145/EC und 2010/60/EC ermög­lichen den Handel mit pflanzengenetischen Ressourcen. O. Diana empfiehlt eine intensivere Nutzung der Verordnungen zur Regio­nalförderung. Sie erlauben Maßnahmen auf nationaler und regio­naler Ebene und wurden erfolgreich in Sizilien, Ungarn und Portugal eingesetzt. Artikel 27(4) und 28 (3) der Verordnung 1974/2006 beziehen sich direkt auf genetische Ressourcen. Auch im 7. Forschungsrahmenprogramm konnten Projekte zu genetischen Ressourcen und Züchtung erfolgreich etabliert werden (Solibam, PGRSecure, Fruit Breedomics). Dokumentationsprojekte können im Programm für Infrastrukturkapazi­täten gefördert werden. Life+ kommt für naturschützerisch ausgelegte Maßnahmen in Frage. Das GENRES-Programm erfasste in zwei Aufrufen mit jeweils etwa 10 Mio. € Fördervolumen 29 Projekte zu pflanzen- und 9 zu tiergenetischen Ressourcen. Eine Evaluierung steht nach Ende der aktuellen Projektphase an. Eine Wiederauflage des Programms wird von politischen Entscheidungen abhängen.

Prospektion, Erhaltung und Nutzung von Wildarten

Andreas Katsiotis (AUA, Griechenland) berichtete von der Avena-Fallstudie im Projekt AEGRO, das ebenfalls in der Richtlinie 870/2004 gefördert wird. Hier besteht die Aufgabe in einer Priorisierung zu schützender verwandter Wildarten bzw. Populationen, der Identifizierung von Schutzgebieten und der Entwicklung von Richtlinien für das Management und Monitoring genetischer Reservate. Die Priorisierung von Arten orientiert sich an der vom Genpool-Konzept abgeleiteten potentiellen Nutzung sowie an Verbreitung und Bedrohung. Im primären Genpool befinden sich verbreitete Unkräuter (A. sterilis, A. fatua), für die keine Bedrohung existiert. Hingegen wurden Arten aus dem sekundären (A. murphyi, A. insularis) and tertiären (A. hirtula, A. longiglumis, A. prostrata, A. ventricosa) Genpool ausgewählt. Genetische Distanzen der Arten zueinander wurden mit molekularen Markern untersucht. Die Arten sind in Südeuropa und Nordafrika verbreitet. Erkundungen wurden auf Zypern, Kreta, Sizilien und in Südspanien durchgeführt. A. ventricosa und A. hirtula wurden zusammen mit A. eriantha in Schutz­gebieten auf Zypern und Kreta aufgefunden. Das Gebiet des Lago Columelli (Sizilien), in dem A. insularis entdeckt wurde, steht ebenfalls unter nationalem Schutz. A. longiglumis und A. hirtula wurden im Doñana Nationalpark gefunden. A. murphyi war nur noch selten in Weiden anzutreffen – in einem Feld war jedoch ein großer Bestand. Beim Gespräch mit dem Landwirt stellte sich heraus, dass er durch späten Viehauftrieb bewusst die Art, die er für wertvoll in der Tierernährung erachtet, fördert. Eine derartige Bewirtschaftung sollte über die natio­nalen Behörden mit EU-Mitteln zur Regionalförderung gefördert werden. G. Ladizinsky (Hebräische Universität, Israel) stellte seine nun über 20 Jahre laufenden Domestikationsver­suche mit A. magna vor. Die tetraploide, in Marokko endemische Wildart zeichnet sich durch hohes TKG, hohen Proteingehalt und Trockentoleranz aus. Da die Introgression der quantitativen Merkmale in den Kulturhafer schwierig erschien, wurde erfolgreich das Domestikationssyndrom in die Wildart eingekreuzt. Ein tetraploider Kulturhafer könnte eine dem Durum-Weizen vergleichbare Stellung einnehmen. Nach Hybridisierungs- und Rückkreuzungszyklen steht nun ein domestizierter Typ zur Verfügung, der allerdings gegenüber der Wildform im Proteingehalt eingebüßt hat. Durch Rückkreuzung mit der Wildart soll dieser wieder angehoben werden. Etwa 1000 F2-Nachkommen müssen auf Protein analysiert werden. G. Ladizinsky sucht einen jüngeren Wissenschaftler, der die Arbeiten fortführt. Zur Ex-situ-Erhaltung von Avena folgten Kurzpräsentationen von Tim Langdon (IBERS, UK), A. Diederichsen (PGRC, Kanada, jetzt Nordgen, Schweden) und Z. Bulinska (IHAR, Polen). Die Sammlung von Wildarten am IBERS geht auf die Explorationen von M. Leggett in Marokko, Spanien und auf den Kanarischen Inseln zurück. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zu seltenen Arten wie A. agadiriana, A. atlantica, A. canariensis, A. hirtula, A. longiglumis, A. magna, A. murphyi und A. prostrata. Heute wird die Sammlung hauptsächlich zur genomischen Evolutionsforschung genutzt. Die umfassendste Sammlung von Avena-Wildarten hält PGRC, Kanada. Sie wurde durch Sammlungen in den 1960–70er Jahren durch B. Baum im Mittelmeergebiet und im Nahen Osten begründet. Die damals vorherrschende Strategie der vertikalen Resistenz erforderte umfangreichen Rückgriff auf diese Ressourcen. Sie wurde schließlich vom IBPGR zu einer Weltbasissammlung erklärt und mit Duplikaten aus zahl­reichen Genbanken komplettiert. Sie hat heute nahezu 16 000 Akzessionen wilder Avena-Arten, 11 500 davon A. sterilis. A. Diederichsen sprach offene Probleme in der Taxonomie und Methoden zur Bewältigung der umfangreichen Vermehrungsarbeiten an diesem Material an. Wichtige Prozesse in der Vermehrung sind Keimstimulierung, Vernalisation, Eintüten der Rispen und Herbariumreferenzen zur Überprüfung der Typechtheit des Vermehrungsguts. Es wurde die Frage diskutiert, inwieweit Einzelpflanzen-Nachkommenschaften bei Wildarten getrennt gehalten werden sollten. Weitere Berichte von Länderrepräsentanten befassten sich vorwiegend mit Charakterisierungs- und Evaluierungsarbeiten an Kulturhafer.

ECPGR-Projekt zur Genbankintegration (AEGIS), Dokumentation

L. Maggioni (ECPGR) präsentierte den Stand des ECPGR-Programms mit gegenwärtig 43 Mitgliedsstaaten und des Projekts AEGIS (A European Genebank Integration System). Letzteres soll eine effiziente Arbeitsteilung und ein einheitliches Qualitätsmanagement (AQUAS) mit EURISCO als Informations­system für die europäischen Genbanken schaffen. Ein Rahmendokument wurde von 26 Ländern auf ministerieller Ebene unter­zeichnet. Die Ausweisung von Mustern für die europäische Sammlung soll anhand fruchtartspezifischer Kriterien durch die jeweiligen Arbeitsgruppen erfolgen. Sie müssen frei zugänglich, genetisch einzigartig und von Bedeutung für Europa sein. Die Vorschläge werden über die Nationalen Koordinatoren an die haltenden Institute herangetragen. Das ECPGR-Programm wurde 2010 einer Evaluierung durch unabhängige Experten unter­zogen. Es werden besser quantifizierbare Ziele angemahnt; das Programm sollte einen legalen Status bekommen und durch ein Exekutivkomitee mit Präsident, zwei Vizepräsidenten und exekutivem Direktor aufgewertet werden. Im Bereich Dokumentation sollte die Konkurrenz zwischen EURISCO und den zentralen Fruchtartendatenbanken aufgelöst werden. Charakterisierungs- und Evaluierungsdaten sollen in EURISCO ver­fügbar sein. In-situ- und On-farm-Aktivitäten sollten in AEGIS integriert werden.

C. Germeier (JKI) informierte über gegenwärtige Aktivitäten an der Europäischen Avena Datenbank (EADB), die wesentlich durch die beiden GENRES-Projekte bestimmt sind. Während AEGRO vornehmlich auf die Aufbereitung historischer Verbreitungsdaten aus GBIF und auf In-situ-Monitoring fokussiert, werden in AVEQ Evaluierungsdaten dokumentiert und geographisch verteilte Feldexperimente koordiniert. Für die nächsten beiden Jahre stehen die Integration der Projektdatenbanken und eine dringend notwendige Aktualisierung der zugrundeliegenden Hard- und Software an. Allerdings mahnte C. Germeier auch an, mittelfristig über Perspektiven der zentralen Frucht­artendatenbanken nachzudenken. Die Dokumentationslandschaft im Bereich genetischer Ressourcen tendiert derzeit zu einer Zentralisierung fruchtartübergreifender Informationssysteme, die in CGIAR-Zentren betrieben werden. Dies zeigte sich auch in den Vorträgen von L. Maggioni, wo in der Übersicht über die Dokumentationslandschaft die CCDBs keine Erwähnung mehr fanden und für AEGIS EURISCO als Informationssystem definiert wurde. Je mehr bisher den CCDBs vorbehaltene Funktionalität in andere zentrale Informationssysteme integriert wird, umso schwieriger wird es, bei den Leitungen der Institute, welche bis jetzt die CCDBs betreiben, die Sinnhaftigkeit dieser Aktivität zu begründen und die erforderlichen Ressourcen zu akquirieren. In dieser Situation ist es an den Fruchtarten­arbeitsgruppen, zu überdenken, ob und in welcher Form die CCDBs für sie weiterhin von Bedeutung sind, etwa für einen direkten und einfachen Zugriff auf fruchtartspezifische Daten innerhalb der Arbeitsgruppe, und inwieweit sie in der Lage sein werden, über Drittmittel die für ihre Erhaltung erforderlichen Ressourcen zu akquirieren. Ein Weg könnte die Weiterentwicklung zu wissenschaftlichen Informationssystemen wie MaizeGBD (www.maizegdb.org), SoyBase (http://soybase.org/) etc. in IT-Arbeitspaketen größerer Drittmittelprojekte sein. Wenn die CCDBs so in der Lage wären, Drittmittel anzuziehen, wäre ihre Weiterführung auch für die jeweiligen Institute attraktiver. C. Germeier betonte die Wichtigkeit von Open-Source-Entwicklungsansätzen für die Zusammenarbeit von zentralen Informationssystemen wie GENESYS und EURISCO mit Dokumenta­tionsaktivitäten beim Management größerer Projekte, wobei aller­dings technologische Grenzen (.NET- vs. JEE-Technologien) zu berücksichtigen sind. In der Diskussion stellte L. Maggioni klar, dass auf ECPGR-Leitungsebene das Interesse für die CCDBs keineswegs erloschen ist. Erst kürzlich wurden im Obstbereich Aktivitäten an den CCDBs vom ECPGR gefördert. In der Antwort auf die Evaluierung soll die Komplementarität von EURISCO und den CCDBs herausgestellt werden.

Ausblick

In einer letzten Sektion wurden Ideen für neue Projekte diskutiert. Phänotypisierungsdaten, die jetzt im AVEQ-Projekt erhoben werden, sollten durch Genotypisierungsdaten ergänzt werden. In einer COST-Aktion könnte eine weitere Verbreitung der Ergebnisse aus den GENRES-Projekten sowie eine Ausarbeitung weiterer Projektanträge vorgenommen werden. A. strigosa könnte eine wichtige Rolle spielen, da sie als diploide Art für die Genom­forschung einfacher handhabbar ist, Kartierungspopulationen bereits vorliegen, sie für den ökologischen Landbau interessant ist und in AVEQ interessante Ergebnisse zeitigt. Auch tetraploide Arten könnten bearbeitet werden, insbesondere die Fortführung der Domestikation von A. magna im Hinblick auf Qualitätseigenschaften und Trockentoleranz, sowie die Nutzung der perennierenden A. macrostachya zur Introgression von Frosttoleranz.

Das Julius Kühn-Institut hat als Halter der European Avena Database (EADB) und Koordinator von AVEQ und AEGRO großen Anteil daran, dass die Avena-Arbeitsgruppe heute eine der aktivsten und erfolgreichsten in der Einwerbung von EU-Mitteln innerhalb des ECPGR-Programms ist. Da der Anbau von Hafer trotz der einzigartigen Qualitätseigenschaften dieser Getreide­art im Rückgang begriffen ist, kein CGIAR-Zentrum ein Mandat für diese Fruchtart hat und sie damit auch auf der GENESYS-Plattform (http://www.genesys-pgr.org/) nicht verzeichnet ist, kommt dieser Arbeit im internationalen Maßstab nach wie vor eine grundlegende Bedeutung zu.

Christoph Germeier, Matthias Herrmann
(JKI Quedlinburg und Groß Lüsewitz)

Das Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz des Julius Kühn-Instituts (JKI) gibt bekannt:

Fachbeirat Geräte-Anerkennungsverfahren

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Als stellvertretendes Mitglied wurde vom Präsidenten des Julius Kühn-Instituts – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in den Fachbeirat Geräte-Anerkennungsverfahren berufen:

• Herr Martin Strauss, Prüfstelle LVWO (Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau) Weinsberg

Heinz Ganzelmeier (JKI Braunschweig)

Personalien

Heinrich Kohsiek zum 75. Geburtstag

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

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Der frühere Leiter der Abteilung für Pflanzenschutzmittel und Anwendungstechnik der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Dr.-Ing. Heinrich Kohsiek, hat am 31. März 2011 seinen 75. Geburtstag gefeiert.

Dr. Kohsiek hat vom 1. Juni 1987 bis zu seinem Ausscheiden aus der Biologischen Bundesanstalt am 31. März 2001 diese Abtei­lung geleitet. In diese Zeit fiel die Einführung des Europäischen Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel auf der Grundlage der Richtlinie 91/414/EWG vom 15. Juli 1991. Hier war es gelungen, einen Großteil der deutschen Erfahrungen und Regelungen aus dem nationalen Zulas­sungsverfahren einzubringen und unser hohes Schutzniveau zu erhalten.

Vor seiner Zeit als Abteilungsleiter hat Dr. Kohsiek die Fachgruppe Anwendungstechnik, die Teil dieser Abteilung war, gelei­tet. In dieser Zeit hat er die damals groß­zügige und hochwertig ausgestattete Prüfhalle mit Büro- und Laborgebäude der Fachgruppe Anwendungstechnik geplant und aufgebaut. Heute bereits sind diese Gebäude und Einrichtungen zum Teil den derzei­tigen Ansprüchen der Pflanzenschutzge­rätetechnik nicht mehr gewachsen, weil Prüfungen von großen Anhängegeräten und Selbstfahrern wiederum im Freien durchgeführt werden müssen.

Zunächst absolvierte Dr. Kohsiek eine landwirtschaftliche Lehre, um später den elterlichen Hof in Griebnitz (Kreis Rostock) übernehmen zu können. Durch den Zweiten Weltkrieg bedingt kam jedoch alles ganz anders. Er besuchte die höhere Landbauschule in Osnabrück, erarbeitete sich Vieles als Autodidakt und erwarb im Frühjahr 1959 an der Michelsenschule in Hildesheim die Hochschulreife. Offensichtlich hatten sich zwischenzeitlich seine Interessensgebiete geändert, weil Dr. Kohsiek danach das Studium an der Fakultät für Maschinenwesen und Elek­trotechnik der TH München aufgenommen hat, um Landmaschineningenieur zu werden. Er wechselte nach seiner Diplomhauptprüfung an den Lehrstuhl und Institut für Landmaschinen der TU Berlin zu Prof. Dr.-Ing. H. Göhlich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter auf dem Gebiet Pflanzenschutztechnik. Dr. Kohsiek nutzte seine Assistentenzeit um sich weiter wissenschaftlich zu qualifizieren. Mit seiner Dissertation „Untersuchungen über das Ausfliesen von feinkörnigen Stoffen aus Behältern für Dünge- und Pflanzenschutzgeräte“ beendete er seine Berliner Institutstätigkeit.

Dr. Kohsiek ist am 1. Oktober 1969 in den Dienst der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft – Abteilung für Pflanzenschutzmittel und Pflanzenschutzgeräte eingetreten. Er hatte die Aufgabe, die Prüfung der Pflanzenschutz- und Vorratsschutzgeräte aufzubauen, eine Prüfungsordnung zu erarbeiten und auch erste Planungen für die Errichtung eines Neubaus für das zukünftige Institut für Anwendungstechnik vorzunehmen. Es hatte dann aber bis zum Herbst 1988 gedauert, bis dies realisiert wurde und die Fachgruppe Anwendungstechnik in eine neue Prüfhalle mit eigenem Büro- und Labortrakt einziehen konnte.

Dr. Kohsieks eigentliches Berufsleben begann 1969 bei der damaligen Biolo­gischen Bundesanstalt als Leiter der Fachgruppe Anwendungstechnik und endete 2001 als Leiter der Abteilung für Pflanzenschutzmittel und Anwendungstechnik.

Dr. Kohsiek hat nach der Wende in Mecklenburg-Vorpommern seinen elterlichen Hof und damit auch ein Stück alte Heimat zurück erhalten. Er ist darüber sehr glücklich, andererseits jedoch auch ständig gefordert durch Instandhaltung und Pflege.

Dr. Kohsiek erfreut sich nach wie vor bester Gesundheit, ist nunmehr ganz für seine Familie da, freut sich über seine vier Enkelkinder und hält Kontakt zu seinen Anwendungstechnikern.

Wir gratulieren Herrn Dr. Kohsiek zu seinem Ehrentag ganz herzlich und wünschen ihm weiterhin alles Gute.

Heinz Ganzelmeier
(JKI Braunschweig)

Dr. Jürg Huber erhält inter­nationale Auszeichnung für sein Lebenswerk

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Der ehemalige Leiter des Instituts für Biologischen Pflanzenschutz (Darmstadt) des Julius Kühn-Instituts – Bundes­forschungsinstitut für Kulturpflanzen – Dr. Jürg Huber, wurde für seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet des biologischen Pflanzenschutzes von der International Association for the Plant Protection Sciences (IAPPS) mit dem International Plant Protection Award of Distinction (IPPAD) ausgezeichnet.

Jürg Huber widmete sich in seiner wissenschaftlich aktiven Zeit der Entwicklung und Anwendung von Baculo­viren zur Bekämpfung von Schadinsekten in land- und forstwirtschaftlichen sowie gartenbaulichen Kulturen. Seine Arbeiten verhalfen dem Apfelwickler­granulovirus zum Durchbruch, heute das wichtige biologische Pflanzschutzmittel bei der Apfelwicklerbekämpfung in Deutschland. Er war in zahlreichen führenden Positionen vieler internationaler Organisationen tätig und brachte durch seine Arbeit den biologischen Pflanzenschutz in vielfältiger Weise voran.

Jürg Huber trat 1972 in den Dienst der damaligen Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft und leitete das Institut für Biologischen Pflanzenschutz in Darmstadt von 1989 bis 2009.

Die Auszeichnung, die 2011 von der IAPPS erstmals ausgelobt wurde, ging an neun international führende Wissenschaftler und Organisationen aus dem Pflanzenschutz. Das Julius Kühn-Institut gratuliert Kollegen Huber sehr herzlich.

Newsletter der IAPPS mit allen neun Preisträgern:

http://www.plantprotection.org/news/NewsJune11.pdf

(Julius Kühn-Institut im April 2011)

Nachruf für Herrn Prof. Dr. Gerhard Schuhmann

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

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Der ehemalige Präsident der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Herr Professor Dr. Gerhard Schuhmann, ist am 30. März 2011 im Alter von 87 Jahren verstorben. In seiner 18 Jahre währenden Präsidentschaft hat Herr Professor Schuhmann die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) ganz entscheidend geprägt und zu der führenden Forschungsinstitution und Bundesoberbehörde im Bereich der Phytomedizin und des Pflanzenschutzes in Deutschland weiter entwickelt. Er war Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse, des Verdienst­ordens der Bundesrepublik Deutschland sowie des Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich, der Ehrenmedaille der Universität Loewen, der Otto-Appel-Denkmünze und der Ferdinand-Beran-Medaille.

Gerhard Schuhmann wurde am 7. Juni 1923 in Schriesheim an der Bergstraße geboren, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Die Schule besuchte er in Heidelberg. Während seiner Militärzeit im 2. Weltkrieg kam er in Nordafrika zum Einsatz. Darauf folgten Kriegsgefangenschaft und Arbeit in der Landwirtschaft in Colorado und Wyoming, USA, in den Jahren von 1943 bis 1946.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland absolvierte Herr Schuhmann zunächst eine landwirtschaftliche Lehre in einem mittelbäuerlichen Betrieb, an die er ein Studium der Landwirtschaft an der Universität Stuttgart-Hohenheim anschloss. Im Jahr 1951 begann er im Institut für Obstbau der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, damals noch in Heidelberg ansässig, seine Doktorarbeit zum Thema „Untersuchungen über die Einwirkungen von Phosphorsäureestern auf Schädlinge im Obstbau“ und wurde 1953 nach nur vier Semestern zum Dr. agr. promoviert.

Nach der Promotion wechselte Professor Schuhmann an den Gründungsstandort der Biologischen Bundesanstalt nach Berlin-Dahlem, wo er im Institut für Pflanzenschutzmittelforschung mit einem Forschungsvorhaben über Brandkrankheiten betraut wurde. Die Arbeiten zu Getreidekrankheiten und zur Saatgutbeizung setzte er in seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Angestellter von 1955 bis 1968 fort. Darüber hinaus oblag ihm die wissenschaftliche Versuchsfeldleitung der BBA in Dahlem. Von 1968 bis Mitte 1969 leitete Professor Schuhmann das Institut für Pflanzenschutzmittelforschung.

1965 habilitierte sich Professor Schuhmann an der Technischen Universität Berlin zum Thema „Untersuchungen über die physiologische Spezialisierung von Tilletia caries (DC.) Tul. und Tilletia controversa Kühn in Deutschland und das Resistenzverhalten von Weizensorten“. 1969 wurde er zum Außerplanmäßigen Professor ernannt, und viele Jahre vertrat er das Lehrgebiet „Phytopathologie und Pflanzenschutz“ an der Technischen Universität Berlin.

Im Jahre 1969 wurde Professor Schuhmann die Leitung der damaligen Abteilung für Pflanzenschutzmittel und -geräte der BBA übertragen. Damit war er für die Prüfung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in der Bundesrepublik Deutschland zuständig, die seit 1968 gesetzlich vorgeschrieben war. Die neue Aufgabe war mit einem Umzug nach Braunschweig verbunden.

Zum 1. Januar 1970 wurde er in das Amt des Präsidenten und Professors der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Berlin und Braunschweig berufen. Dieses Amt hatte er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1988 inne.

Präsident Schuhmann initiierte wich­tige organisatorische Änderungen in der BBA. Dies war notwendig, weil die mehrfach veränderte Pflanzenschutzgesetz­gebung eine Fülle neuer Ziele setzte. Wesentliche Veränderungen, wie die mit dem Pflanzenschutzgesetz von 1968 eingeführte Zulassungspflicht für Pflanzenschutzmittel und die 1986 mit dem „Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen“ geforderten Maßnahmen zum Schutz des Naturhaushaltes, verlangten von ihm eine besondere ordnende und gestaltende Kraft. Auf der Basis neuer Aufgaben und Ziele gelang Herrn Professor Schuhmann mit viel Geschick und politischem Gespür ein erheblicher institutioneller und personeller Ausbau der Biologischen Bundes­anstalt. Die Mitarbeiterzahl wuchs in seiner Amtszeit von etwa 500 auf mehr als 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Unter Präsident Schuhmann erfolgte eine Konzentration der Biologischen Bundesanstalt am Standort Braunschweig, die mit der Verlagerung von Außen­instituten nach Braunschweig verbunden war. Die unter seiner Amtsführung erstell­ten und im Jahr 1986 eingeweihten Neubauten in Braunschweig bieten den Instituten noch heute eine hervorragende technische Ausstattung und ausgezeichnete Arbeitsmöglichkeiten.

Seine Aktivitäten zur Gestaltung des Pflanzenschutzes in der Bundesrepublik Deutschland haben national und international höchste Anerkennung gefunden. Im Jahre 1992 wurde ihm dafür die Otto-Appel-Denkmünze, die höchste Auszeichnung auf dem Gebiet des Pflanzenschutzes in Deutschland, verliehen und anlässlich der 48. Deutschen Pflanzenschutztagung in Göttingen überreicht.

Professor Schuhmann hat das Amt des Präsidenten der Biologischen Bundesanstalt stets pflichtbewusst und mit der ihm eigenen Dynamik, aber auch mit großer innerer Freude an der bedeutungsvollen Arbeit und einem ihm eigenen Humor ausgefüllt. Sein Ziel war die Klärung der anstehenden Fragen auf der Grundlage fachlicher Erkenntnisse und wissenschaft­licher Untersuchungen. Dabei kamen ihm sein weit gespanntes Wissen und auch sein Mut zu Ungewöhnlichem zu Gute. Scheu vor Kritik hatte er nie, und er vertrat die von ihm als richtig ange­sehenen Positionen mit großer Entschiedenheit. Wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis nutzbar zu machen, war ein besonderes Anliegen Herrn Professor Schuhmanns.

Auch nach seiner Pensionierung blieb Professor Schuhmann der BBA eng verbunden. Er verfolgte die Entwicklungen im Pflanzenschutz mit großem Interesse und stand mit seinem Rat gern zur Ver­fügung. Viele Jahre engagierte er sich im Vorstand der Gesellschaft der Förderer und Freunde der BBA.

Herr Professor Schuhmann hat sich um die Biologische Bundesanstalt, um den Pflanzenschutz und um die Landwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland sehr verdient gemacht. Wir trauern um einen tatkräftigen und zielorientierten Präsidenten, um einen renommierten Wissenschaftler, einen erfolgreichen Orga­nisatoren und einen liebenswerten und immer hilfsbereiten Menschen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Julius Kühn-Instituts werden Herrn Präsident Schuhmann ein ehrendes Andenken bewahren.

Dr. Georg F. Backhaus,

Präsident und Professor des
Julius Kühn-Instituts

Nachruf für Prof. Dr. Karlheinz Richter

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

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Am 25. März 2011 ist das langjährige Mitglied der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften (GPW), Prof. Dr. Karlheinz Richter nach langer schwerer Krankheit verstorben.

Am 26. Oktober 1938 in Berlin geboren, absolvierte Karlheinz Richter von 1958 bis 1964 das Studium der Landwirtschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. In seiner Aspirantur am Lehrstuhl bei Prof. Willi Breunig wandte er sich der Grünland- und Futterbauforschung zu. Mit dem Thema „Stickstoffdüngung und Beregnung von Intensivweiden“ wurde er 1971 zum Dr. agr. promoviert.

Für seine Lehrtätigkeit wurde er im Jahre 1976 zum Hochschuldozenten beru­fen. Er leitete in dieser Zeit mehrere Forschungsprojekte und war zuständig für die Kooperation mit den Akademie-Instituten in Paulinenaue und in Müncheberg.

Prägend war für ihn der Aufenthalt in Algerien, wo er von 1974 bis 1976 als Mitarbeiter und dann Direktor des Nationalen Forschungsinstituts für Düngung tätig war und ebenso Vorlesungen an der Hochschule in Algier hielt.

1984 habilitierte sich K. Richter an der Humboldt-Universität mit der Arbeit „Wirkung der Beregnung mit Klarwasser auf Ertrag, Ertragsstabilität und Qualität von Ackerfutter bei unterschiedlichen Standortbedingungen“. Im selben Jahr wurde er zum Professor für Grünland und Futterbau in Berlin berufen. Die Vorlesungen von Professor Richter wurden von den Studenten sehr gerne besucht. Nach 1990 engagierte sich Professor Richter für die Umstrukturierung und Neuausrichtung von Lehre und Forschung an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität. Als Mitglied im Gründungs­komitee der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät (1992 bis 1994), als erster Geschäftsführender Direktor des Instituts für Pflanzenbauwissenschaften sowie Mitglied des Fakultätsrates arbeitete er mit Gleichgesinnten an tragfähigen Zukunftskonzepten. Zeitgleich war er von 1992 bis 1998 Sprecher einer interdisziplinären DFG-Forschergruppe, die das Thema „Grundlagen umweltschonender Bodennutzungsstrategien im norddeutschen Tiefland“ bearbeitete und im Jahr 1999 erfolgreich abschloss. Als Mitglied von Fachverbänden und -gesellschaften war Prof. Richters Rat stets gefragt. Sein Anliegen war es, die landbauliche Lehre und Forschung als Einheit zu betrachten und immer den Bezug zur Praxis der Landbewirtschaftung herzustellen. So konnten von 1995 bis 2005 unter seiner Obhut gemeinsam mit dem Deutschen Grünlandverband e.V. Bei­träge zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Mähstandweide-Systemen im Land Brandenburg erarbeitet werden.

Unter Professor Richters Anleitung wurden zehn Dissertationen und eine Habilitation erstellt. Er ist Verfasser mehrerer Forschungsberichte sowie 100 weiterer Veröffentlichungen einschließlich von Beiträgen in Lehrbüchern zur Grünlandbewirtschaftung und Optimierung von Feldfutterbausystemen.

Professor Richters Fachkompetenz, seine pädagogischen Fähigkeiten und Bescheidenheit zeichneten ihn als Hochschullehrer und Agrarforscher der Ber­liner Schule aus. Er verstand es sehr gut, viele seiner Studenten, Schüler und Mitarbeiter sowie Landwirte für die Belange des Grünlandes und des Futterbaues zu begeistern.

Auch nach Eintritt in seinen Ruhestand im Jahre 2004 vertrat Professor Richter noch weitere zwei Jahre die Lehre im Pflichtfach „Grünland und Futterbau“ an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät in Berlin und betreute Bachelor-, Master- und Promotionsarbeiten.

Professor Karlheinz Richter hat seine Fachkompetenz seit der deutschen Wiedervereinigung in hohem Maße in die Arbeiten der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften eingebracht unter anderem als Gastgeber der Jahrestagung der GPW 2002 in Berlin. Schon von Krankheit gezeichnet hat er mit den positivsten Attributen preußischer Tugenden die Geschicke insbesondere in der AG Grünland und Futterbau in der GPW über mehr als ein Jahrzehnt konstruktiv und eloquent mitbestimmt und mitgestaltet. Er war ein exzellenter Sachwalter des Zusammenwachsens der Grünlandforschung in Ost und West sowohl in fach­licher wie in kollegialer Hinsicht. Die GPW wird ihn als ein großes Vorbild gleichermaßen wegen seiner wissenschaft­lichen Integrität, seiner Fachkompetenz und insbesondere seines sachorientierten, kollegialen und verbindlichen Auftretens in Erinnerung behalten.

Hermann Giebelhausen,
Katrin Schmaler, Friedhelm Taube

In memoriam Prof. Dr. Richard A. Marquard

Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Am 16. Dezember 2010 verstarb im Alter von 72 Jahren der ehemalige Geschäftsführer der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften, der Hochschullehrer und Agrarwissenschaftler, Prof. Dr. Richard Marquard.

Richard Marquard wurde am 19. Mai 1938 in Kolmbach im Odenwald geboren. Nach dem Besuch der Volksschule (1945 bis 1953) und des Gymnasiums (1953 bis 1960) absolvierte Prof. Marquard eine Landwirtschaftslehre, die er im Jahr 1961 mit der Gehilfenprüfung abschloss. Unmit­telbar danach begann er an der Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen das Studium der Landwirtschaft, das er im Jahr 1964 mit dem Diplom erfolgreich beendete.

Richard Marquard nahm im Jahr 1964 seine wissenschaftliche Tätigkeit an der JLU Gießen auf, in dem er bei Prof. Dr. Dr. h.c. H. Linser eine Stelle als Doktorand im Institut für Pflanzenernährung antrat. Dort führte er vor allem Gefäß- und Freilandversuche zur Schwefel-Ernährung von Kulturpflanzen durch. Bereits drei Jahre später reichte er seine Disserta­tionsschrift ein mit dem Thema: „Der Einfluss der Schwefel-Ernährung auf den Senf- und Lauchölgehalt sowie die Ertrags­bildung bei einigen Pflanzen aus den Fami­lien der Kruziferen, Tropaeolaceen und Liliaceen“, die er im Juni 1967 erfolgreich verteidigte.

Im Jahr 1968 wechselte Richard Marquard an das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, wo ihm die Leitung des Labors übertragen wurde. Unter seiner Verantwortung wurden neue Methoden der Fett- und Proteinanalytik sowie der Bestimmung von sekundären Pflanzenstoffen und der Analyse von Schwermetallen in Boden und Pflanze eingeführt. Bedeutender Schwerpunkt der Forschungsarbeiten von Richard Marquard waren in den 1970er Jahren die Untersuchungen zur Qualität von Ölpflanzen. Die experimentellen Ergeb­nisse dieser Forschungsarbeiten flossen in die Habilitationsschrift ein, die er im Jahr 1981 mit dem Thema „Der Einfluss von Standortfaktoren und spezifischen Klimakonstellationen auf Fettgehalt, Fettsäurenzusammensetzung und Tokopherolgehalt von Raps, Sonnenblumen, Soja und Lein“ erfolgreich verteidigte. Den Ölpflanzen widmete sich Richard Marquard auch in den folgenden Jahren, als er sich weiterhin mit wirtschaftlich bedeutsamen Ölpflanzen wie dem Raps aber auch mit alternativen Ölpflanzen wie Lein, Sonnenblume, Nachtkerze und Borretsch beschäftigte.

Richard Marquard war in der Forschung sehr innovativ und verfolgte sehr aktuelle und interessante Projekte. Von diesen Vorhaben sollen an dieser Stelle folgende Arbeiten hervorgehoben werden:

• Untersuchungen zur Klärung der Ursachen für das Wildsterben (BML-Projekt 1986 ff.)

• Dekontamination von Schwermetallen in Böden durch Anbau von Repositionspflanzen

• Sanierbarkeit von HCH-verunreinigten Ackerböden

• Inkulturnahme und Qualitätsverbesserung von Färberkrapp (DFG-Projekt, Kooperation mit der Ege-Universität Izmir)

• Untersuchungen zur Qualität von Kamille

• Arbeiten zum Wirkstoffgehalt und zur Rotwelkeanfälligkeit von Johanniskraut

Aus diesen Forschungsprojekten gingen insgesamt 20 Doktorarbeiten und eine hohe Zahl an wissenschaftlichen Publikationen hervor.

Richard Marquard war nicht nur ein erfolgreicher Forscher, sondern hat sich auch als Hochschullehrer von Studenten und als Ausbilder von Landwirtschaftlich-Technischen Assistenten verdient gemacht. So war Herr Marquard von 1982 bis 2002 Leiter der „Staatlich aner­kannten Ausbildungsstätte für Landwirtschaftlich-Technische Assistenten“ an unserem Institut. Im Rahmen dieser Tätig­keit hat er auch selbst als Ausbilder für das Laborpraktikum und für das Fach Boden­kunde mitgewirkt und zu einer qualifizierten Ausbildung der LTA-Schüler beigetragen. Während dieser Zeit erfolgte unter seiner Leitung die Ausbildung von insgesamt 330 Schülerinnen und Schülern, von denen viele heute an der Universität Gießen und in anderen Institutionen tätig sind.

Als Hochschullehrer hat Herr Marquard vor allem durch seine umfang­reichen Kenntnisse agrikulturchemischer Untersuchungsmethoden zu einer qualitativ hochwertigen Lehre beigetragen. So zeichnete er sich mitverantwortlich für die Durchführung von Übungen und Praktika zur Wirkstoffuntersuchung von Arzneipflanzen oder zur Qualitätsbewertung von pflanzlichen Nahrungsroh­stoffen. Die von Herrn Marquard durchgeführten Lehrveranstaltungen waren bei den Studierenden sehr beliebt. Ausdruck dafür ist auch die hohe Zahl an Diplomarbeiten, die Herr Marquard betreute.

Richard Marquard hat die wichtigsten Etappen seines umfangreichen beruf­lichen Schaffens während seiner insgesamt 34jährigen Mitarbeit im Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I der Justus-Liebig-Universität Gießen absolviert. Der Höhepunkt seiner akademischen Laufbahn war im Jahr 1989 als er zum Akademischen Direktor und zum außerplanmäßigen Professor ernannt wurde. Ausdruck des vielseitigen Interesses und seines hohen Engagements war seine Mitgliedschaft in insgesamt 11 Fachgesellschaften bzw. Fachverbänden. Hervorzuheben ist hierbei das Amt des Geschäftsführers der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften, das er von 1990 bis 1993 unter dem damaligen Vorsitzenden Prof. Zoschke bekleidete.

Große Verdienste hat Richard Marquard auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit mit ausländischen Universitäten sowie mit internationalen Forschungs- und Beratungsorganisa­tionen erworben. So war er von 1981 bis 1982 im Auftrag der FAO als Berater für Ölpflanzen im damaligen Jugoslawien (Bosnien) und im Jahr 1989 für die Gesell­schaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in mehreren Ländern Afrikas als Gutachter tätig. Eine besonders enge Zusammenarbeit pflegte Herr Marquard mit Universitäten in der Türkei, so vor allem mit den Universitäten in Bornova-Izmir, in Manisa und in Antalya. Besonders herausragend war dabei sein Engagement für die Ege-Universität Izmir, mit der er eine langjährige und sehr enge Zusammenarbeit in Forschung und Lehre pflegte. So nahm er seit dem Jahr 1977 mehrere Forschungsaufenthalte und Kurzzeitdozenturen in Izmir wahr, um Forschungsprojekte zu betreuen und neue Analysenmethoden an der dortigen Universität zu etablieren. Auf Grund seiner umfangreichen Akti­vitäten war es folgerichtig, dass Herr Marquard von 1992 bis 1998 als Beauftragter der JLU Gießen für die Universitätspartnerschaft mit der Ege-Univer­sität Izmir fungierte. Für seine großen Verdienste für diese Partnerschaft wurde er im Jahr 2002 mit der Ehrenmedaille der Landwirtschaftlichen Fakultät der Ege-Universität ausgezeichnet. Wir können mit Dankbarkeit feststellen, dass Richard Marquard durch seine interna­tionale Tätigkeit sehr wesentlich dazu beigetragen hat, das Ansehen der JLU Gießen und unseres Institutes zu mehren.

Professor Richard Marquard hat als Agrarwissenschaftler auf dem Gebiet der Pflanzenbauwissenschaften herausragende Leistungen erbracht. Als akademischen Lehrer und engagierter Forscher hat er der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften hervorragende Dienste geleistet. Die Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften und das In­stitut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I der JLU Gießen werden Richard Marquard in ehrendem Andenken bewahren.

Bernd Honermeier (Gießen)

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Journal für Kulturpflanzen, 63 (6). S. 186–198, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

In Absprache und Zusammenarbeit mit der Schriftleitung stellt der Ulmer Verlag das Journal für Kulturpflanzen auf das Open Journal System (OJS) um.


Die Fachartikel können im OJS bequem von den Abonnenten gelesen werden. Im Menü finden sich zahlreiche Lesewerkzeuge wie Markieren, Drucken oder die Übernahme von Referenzen in Literaturverwaltungsprogramme. Zudem ermöglichen die Kommentar-Funktion und die Möglichkeit der direkten Kontaktaufnahme zum Autor eine intensive Diskussion der Fachbeiträge.


Das Journal für Kulturpflanzen ist zukünftig auf der OJS-Plattform unter der URL http://www.ulmer-journals.de erreichbar. Artikel, die älter als 1 Jahr sind, werden frei verfügbar sein. Aber alle aktuellen Beiträge werden nach wie vor nur für die regulären Bezieher des Journals für Kulturpflanzen zugänglich sein. Daher ist die Registrierung auch für die Mitarbeiter des Julius Kühn-Instituts zwingend erforderlich. (Mitglieder der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften können hier leider nicht berücksichtigt werden, da hier nur die Schwerpunktausgaben 6 und 11 im Rahmen der Mitgliedschaft geliefert werden).


Zur Registrierung: Um die Umstellung zügig und problemlos abschließen zu können, bitten wir nochmals alle Abonnenten, sich mit ihrer Kundennummer, Name und Mail­adresse beim Verlag Eugen Ulmer per E-Mail an Friedrich Springob (fspringob@ulmer.de) zu melden. Wir richten dann für Sie ein Leserkonto auf OJS ein. Sobald die neue Webseite aktiviert ist werden Sie automatisch über Ihre neuen Zugangsdaten informiert!


Der offizielle Start und die Ablösung der bisherigen Website erfolgt im September 2011. Weitere Informationen folgen im kommenden Heft und online auf der Website www.journal-kulturpflanzen.de.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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