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Originalarbeit

Zum Auftreten von Monilia fructicola in Mittelbaden

Occurence of Monilia fructicola in Mittelbaden

Jan Hinrichs-Berger und Gabriele Müller
Institut
Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Außenstelle Stuttgart, Stuttgart

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 249–254, 2011, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2011.08.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Jan Hinrichs-Berger, Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Außenstelle Stuttgart, Reinsburgstraße 107, 70197 Stuttgart, E-Mail: jan.hinrichs-berger@ltz.bwl.de
Zur Veröffentlichung angenommen
10. Mai 2011

Zusammenfassung

Der geregelte Schadpilz Monilinia fructicola (Winter) Honey wurde erstmalig 2009 in Deutschland nachgewiesen. Um einen Überblick über die Verbreitung dieses Schaderregers im Umfeld des Ortes des Erstauftretens zu bekommen, wurde für ein Monitoring ein kostengünstiges Verfahren mit einem hohen Probendurchsatz zum Nachweis dieses Schaderregers entwickelt. Dafür wurden charakteristische Kulturmerkmale des Pilzes mit einer artspezifischen PCR kombiniert. Das Monitoring im Umkreis von 2 km um den Ort des Erstauftretens ergab, dass M. fructicola in etwa 4% der untersuchten und Monilia-Symptome zeigenden 1483 Früchte nachweisbar und in gut 17% der beprobten 121 Obstanlagen zu finden war.

Stichwörter: Monilinia fructicola, Monilia, Quarantäneschaderreger, Monitoring

Abstract

The quarantine pest Monilinia fructicola (Winter) Honey was recorded in Germany in 2009 for the first time. In order to get an overall view of the dissemination of this pathogen a survey was conducted within a radius of 2 kilometers around the black berry orchard, where the pathogen was initially detected. For that, a convenient, inexpensive and reliable method for detection was developed based on a combination of cultural and morphological characteristics and a species specific PCR. By this method, M. fructicola was detected in about 4% of 1483 surveyed fruits with typical Monilia symptoms and in almost 17% of 121 orchards from which samples were taken.

Key words: Monilinia fructicola, Monilia, quarantine pest, survey

Einleitung

Monilinia fructicola (Winter) Honey mit der Nebenfruchtform Monilia fructicola führt wie auch die nahe verwandten und in Europa heimischen Arten M. laxa und M. fructigena vor allem bei Stein- und Kernobst zu Blüten-, Trieb- und Fruchtinfektionen. Aufgrund der damit verbundenen erheblichen Vor- und Nachernteverluste sind oft intensive Pflanzenschutzmaßnahmen zur Gesund­erhaltung der Obstbäume und ihrer Früchte erforderlich.

Eine größere Verbreitung hat M. fructicola vor allem in Nord- und Südamerika sowie Ozeanien. In Europa gilt dieser Pilz als Quarantäneschaderreger nach Anhang I Teil A Kapitel I der Richtlinie 2000/29/EG, und er ist in der EPPO A2 Liste zu finden. Nachdem der Schaderreger 2001 mit einem Auftreten in Frankreich erstmals in Europa nachgewiesen worden war, hat er sich inzwischen in weitere Länder vor allem Süd- und Mitteleuropas ausbreiten können (Anonym, 2010). Während bei einem bundesweiten Monitoring mit mehr als 300 Proben im Jahr 2002 M. fructicola noch nicht in Erscheinung getreten war (Albert et al., 2004), wurde dieser Schaderreger erstmalig im Jahr 2009 in Deutschland an Brombeerfrüchten in Mittelbaden nachgewiesen (Hinrichs-Berger und Müller, 2010). Nach dieser eher zufälligen Ent­deckung wurde in einem kleinen Monitoring im Umkreis von etwa 2 km um die betroffene Brombeeranlage herum systematisch das Auftreten von M. fructicola untersucht. Dafür wurde ein relativ kostengünstiges Verfahren zum Nachweis dieses Schaderregers etabliert, mit dem es möglich war, eine größere Probenanzahl zu untersuchen.

Material und Methoden

Probenherkunft und Probenahme

In einem Umkreis von etwa 2 km um die Brombeer­anlage, in der 2009 erstmalig ein Befall von Früchten mit M. fructicola festgestellt wurde (Hinrichs-Berger und Müller, 2010; Abb. 1), wurden von Dezember 2009 bis August 2010 Obstanlagen zu sechs verschiedenen Terminen beprobt. Die Größe der Anlagen schwankte zwischen weniger als 10 und mehr als 100 Pflanzen. Bei den Begehungen wurden Früchte, die Monilia-Symptome aufwiesen, entnommen. Die Proben umfassten je nach Jahreszeit Früchte in allen Entwicklungsstadien einschließlich mumifizierte Früchte aus folgenden Kulturen: Kirsche, Zwetsche, Pfirsich, Apfel, Brombeere, Himbeere und Rote Johannisbeere (Tab. 1). Je Anlage wurden von verschiedenen Bäumen zwischen fünf und dreißig Früchte in einen Polyethylen-Gefrierbeutel gesammelt und ins Labor transportiert.

Abb. 1. Orte der Probenahme. (B) Brombeer-Anlage mit Erstnachweis von Monilia fructicola; (X) Anlage mit Nachweis von M. fructicola; (o) Anlage ohne Nachweis von M. fructicola.

Abb. 1. Orte der Probenahme. (B) Brombeer-Anlage mit Erstnachweis von Monilia fructicola; (X) Anlage mit Nachweis von M. fructicola; (o) Anlage ohne Nachweis von M. fructicola.

Tab. 1. Auftreten von Monilia fructicola im Rahmen eines Monitorings in der Region Mittelbaden von Dezember 2009 bis August 2010

Kultur

Anzahl
Isolierungen

Anzahl M. fructicola-
Isolierungen

Anzahl beprobter Anlagen

Anzahl Anlagen mit M. fructicola

Kirsche

825

38

53

12

Zwetsche

633

22

55

9

Pfirsich

5

0

1

0

Apfel, Brombeere, Himbeere,
Rote Johannisbeere

20

0

12

0

Summe

1483

60

121

21

M. fructicola-Nachweis

Probenaufarbeitung. Innerhalb von 24 Stunden nach Probenahme erfolgte unter sterilen Bedingungen die Isolierung des auf der Frucht wachsenden Monilia-Pilzes auf Potato Dextrose Agar (PDA; Becton, Dickinson and Company, Franklin Lakes, New Jersey, USA). Dafür wurde mittels einer desinfizierten Präzisionspinzette ein kleines Stückchen sporulierenden Myzels von jeweils einer Frucht entnommen. Fünf Isolate je Petrischale von 9 cm Durchmesser wurden in einem Kühlbrutschrank bei konstant 20°C im Dunkeln inkubiert. Drei bis vier Tage nach Beginn der Inkubation wurden die Isolate in den Petrischalen unter einer Stereolupe bei 15-facher Ver­größerung auf ihre Sporulation untersucht. Von sporu­lierenden Isolaten wurde in Einzelfällen direkt die DNA extrahiert. Ansonsten wurden alle sporulierenden Isolate sofort auf frisches PDA-Medium überimpft und weiter bei 20°C im Dunkeln inkubiert und Reinkulturen hergestellt.

DNA-Extraktion. Von den sporulierenden Monilia-Kul­turen wurden mittels einer sterilen Impfnadel Luftmyzel und Konidienketten entnommen. Daraus wurde mit dem Qiagen (Hilden) Dneasy Plant Mini Kit – nach Anleitung des Herstellers – Gesamt-DNA isoliert. Die DNA wurde entweder sofort in der PCR eingesetzt oder bei –20°C gelagert.

Polymerasekettenreaktion (PCR). Die Bestimmung der vorliegenden Monilia-Art erfolgte in mindestens einem von drei PCR-Verfahren. Dafür wurde die aus den sporulierenden Monilia-Isolaten extrahierte DNA in der PCR nach Côté et al. (2004), Hughes et al. (2000) bzw. Miessner und Stammler (2010) eingesetzt. Die PCR-Bedingungen, die Konzentrationen der Reagenzien und die Primersequenzen wurden von den jeweiligen Autoren übernommen. Die Primer wurden von Eurofins MWG Operon (Ebersberg) synthetisiert. Die Taq DNA Poly­merase (recombinant) wurde mit den entsprechenden Puffern und dem dNTP Set von Fermentas (St. Leon-Rot) bezogen.

Die Amplifikate wurden in 1,5% Agarose-Gelen elek­trophoretisch aufgetrennt und durch Zugabe von SERVA DNA stain G (SERVA Electrophoresis, Heidelberg) auf einem UV-Tisch fotografisch dokumentiert. Als Größenmarker wurde der GeneRulerTM 100 bp Plus DNA Ladder (Fermentas, St. Leon-Rot) eingesetzt.

Ergebnisse

Von den 1483 Pilz-Isolaten, die im Rahmen dieser Untersuchungen von Monilia-Symptome aufweisenden Früchten isoliert wurden, sporulierten nach spätestens vier Tagen Inkubation auf PDA bei 20°C im Dunkeln 68 Iso­late. Alle entwickelten die für die Gattung Monilia charakteristischen, zitronenförmigen Konidien in teils recht langen Ketten. Von den 68 Isolaten wiesen 60 in der PCR die jeweils für M. fructicola spezifische Bande nach gel-elektrophoretischer Auftrennung der Amplifikationsprodukte auf. Diese betrugen für das Verfahren nach Hughes et al. (2000) 280 bp (Abb. 3), für die PCR nach Côté et al. (2004) 535 bp (Abb. 4) und nach Miessner und Stammler (2010) 2577 bp (Abb. 5).

Abb. 3. Identifizierung von M. fructicola (Spuren 1, 2, 3), M. laxa (Spuren 5, 6, 7) und M. fructigena (Spuren 8, 9, 10) in PCRs nach Hughes et al. (2000) und anschließender gelelektrophoretischer Auftrennung der Amplifikate. M. fructicola spezifische PCR (Spuren 1, 5, 8), M. fructigena spezifische PCR (Spuren 2, 6, 9), M. laxa spezifische PCR (Spuren 3, 7, 10), 100 bp Marker (Spur 4).

Abb. 3. Identifizierung von M. fructicola (Spuren 1, 2, 3), M. laxa (Spuren 5, 6, 7) und M. fructigena (Spuren 8, 9, 10) in PCRs nach Hughes et al. (2000) und anschließender gelelektrophoretischer Auftrennung der Amplifikate. M. fructicola spezifische PCR (Spuren 1, 5, 8), M. fructigena spezifische PCR (Spuren 2, 6, 9), M. laxa spezifische PCR (Spuren 3, 7, 10), 100 bp Marker (Spur 4).

Abb. 4. Elektrophoretische Auftrennung von Amplifikaten von M. fructicola von Brombeere (Spur 3) und Zwetsche (Spuren 5, 6, 9, 10), M. fructigena von Zwetsche (Spuren 2, 7) und M. laxa von Zwetsche (Spuren 1, 8) in der PCR nach Côté et al. (2004). 100 bp-Marker (Spur 4).

Abb. 4. Elektrophoretische Auftrennung von Amplifikaten von M. fructicola von Brombeere (Spur 3) und Zwetsche (Spuren 5, 6, 9, 10), M. fructigena von Zwetsche (Spuren 2, 7) und M. laxa von Zwetsche (Spuren 1, 8) in der PCR nach Côté et al. (2004). 100 bp-Marker (Spur 4).

Abb. 5. Elektrophoretische Auftrennung von Amplifikaten von M. fructicola (Spuren 2, 3, 4, 6, 8), M. fructigena (Spuren 1, 10) und M. laxa jeweils von Kirsche (Spur 9) in der PCR nach Miessner und Stammler (2010). 100 bp-Marker (Spur 7) und Wasserkontrolle (Spur 5).

Abb. 5. Elektrophoretische Auftrennung von Amplifikaten von M. fructicola (Spuren 2, 3, 4, 6, 8), M. fructigena (Spuren 1, 10) und M. laxa jeweils von Kirsche (Spur 9) in der PCR nach Miessner und Stammler (2010). 100 bp-Marker (Spur 7) und Wasserkontrolle (Spur 5).

Für M. laxa und M. fructigena waren hingegen in den entsprechenden PCR-Verfahren Amplifikate von 280 bp bzw. 460 bp (jeweils mit artspezifischen Primern; Hughes et al., 2000), 350 bp bzw. 402 bp (Côté et al., 2004) sowie 3649 bp bzw. 1412 bp (Miessner und Stammler, 2010) zu finden (Abb. 3 bis 5). Lediglich acht von den 68 sporulierenden Isolaten (12%) wurden nicht als M. fructicola sondern als M. laxa klassifiziert. Damit war die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei den innerhalb von drei bis vier Tagen Inkubationsdauer sporulierenden Monilia-Isolaten um die Art M. fructicola handelte, relativ hoch.

Bei allen Isolaten, bei denen die Artbestimmung mit zwei bzw. drei PCR-Verfahren erfolgte, wurde jeweils dieselbe Monilia-Art identifiziert. Insofern war schon ein PCR-Verfahren für einen sicheren Nachweis, dass es sich um M. fructicola handelt, ausreichend. Nicht geprüft wurde jedoch mittels der PCR-Methoden, ob unter den nicht-sporulierenden Monilia-Isolaten nicht möglicherweise doch atypische Vertreter von M. fructicola vorhanden waren.

Insgesamt wurden von 1483 Früchten aus 121 Anlagen im Umkreis von etwa 2 km um den Ort des Erstauftretens in Baden-Württemberg Monilia-ähnliche Pilze auf PDA isoliert (Tab. 1). Da in dem betreffenden Gebiet (Abb. 1) Kirschen- und Zwetschen-Anlagen dominierten, wurden vor allem Früchte dieser Kulturen beprobt. Von 825 Kirschenfrüchten aus 53 Anlagen wurde von 38 Früchten aus 12 Anlagen M. fructicola isoliert (Tab. 1). Das entspricht einem Befall von etwa 5% der Früchte bzw. 23% der Anlagen. Bei den Zwetschen war hingegen ein geringerer Befallsgrad zu verzeichnen: Hier trat M. fructicola an ca. 3% der Früchte und in etwa 16% der Anlagen auf. Von Pfirsich und den übrigen Fruchtarten aus insgesamt 13 Anlagen wurden 20 Isolierungen vorgenommen. An diesen Kulturen wurde im Rahmen dieser Erhebung kein M. fructicola-Befall festgestellt (Tab. 1).

Für die Untersuchung einer großen Probenanzahl auf einen Befall mit M. fructicola im Rahmen eines Monitorings war es notwendig, ein kostengünstiges, schnelles und zuverlässiges Nachweisverfahren zu entwickeln (Abb. 2). Das Isolieren von Pilzen auf Früchten, die einen sichtbaren Befall mit Monilia aufwiesen, auf ein Nähr­medium konnte relativ rasch durchgeführt werden. So waren Monilia-Isolierungen von etwa 50 bis 60 Früchten je Stunde vorzunehmen. Nach einer Inkubation von drei bis vier Tagen bei 20°C im Dunkeln waren mit einer Lupe bei etwa 15-facher Vergrößerung sehr leicht die schnell wachsenden und im Luftmyzel mit den für Monilia typischen, zitronenförmigen Konidien sporulierenden Isolate zu erkennen. Sie wurden innerhalb von einer Stunde unter etwa 200 Isolierungen identifiziert. Von einigen der sporulierenden Pilze wurde direkt die DNA extrahiert. Ansonsten erfolgten die DNA-Extraktionen von den Reinkulturen. Insofern war es möglich, innerhalb von vier bis fünf Tagen nach Probeneingang im Labor eine eindeutige Diagnose zu stellen.

Abb. 2. Verfahren zum Nachweis von M. fructicola. Isolierung von Monilia spec. von infizierten Früchten auf PDA. Von den auf PDA sporulierenden Isolaten wird die Nukleinsäure extrahiert und eine Bestimmung der Monilia-Art über eine artspezifische PCR und anschließender elektrophoretischer Auftrennung der PCR-Produkte durchgeführt.

Abb. 2. Verfahren zum Nachweis von M. fructicola. Isolierung von Monilia spec. von infizierten Früchten auf PDA. Von den auf PDA sporulierenden Isolaten wird die Nukleinsäure extrahiert und eine Bestimmung der Monilia-Art über eine artspezifische PCR und anschließender elektrophoretischer Auftrennung der PCR-Produkte durchgeführt.

Diskussion

An den Steinobstarten herrschen weltweit betrachtet die Monilia-Arten M. laxa, M. fructigena und M. fructicola vor. Sie lassen sich anhand ihrer Symptome an den infizierten Blüten und Früchten nicht unterscheiden. Auch Unterschiede in ihren Kulturbedingungen und ihrer Morphologie erlauben keine sichere Artbestimmung (Anonym, 2009). Die Erfassung der jeweiligen Klassifikationsmerkmale ist darüber hinaus sehr mühsam und zeitaufwendig. Außerdem gibt es fließende Übergänge zwischen den Arten, die eine eindeutige Klassifizierung bei atypischen Isolaten unmöglich machen (Lane, 2002; Van Brouwershaven et al., 2010). Das derzeit gültige EPPO Diagnose-Protokoll (Anonym, 2009) empfiehlt daher die Isolierung von Monilia spp. von der Wirtspflanze, gefolgt von einer Spezies spezifischen PCR.

Die meisten M. fructicola-Isolate zeigen im Gegensatz zu den beiden anderen Arten auf PDA ein deutlich schnelleres Wachstum, und sie sporulieren sehr bald und stark nach dem Überimpfen auf dieses Medium (Lane, 2002; Anonym, 2009; Hinrichs-Berger und Müller, 2010). Diese Charakteristika wurden für die Entwicklung des hier vorgestellten Monitoring-Verfahrens (Abb. 2) genutzt, bei dem es darauf ankam, viele Proben in einem angemessenen Zeitraum, möglichst kostengünstig und sicher auf einen Befall mit M. fructicola zu untersuchen. Der Vorteil des Verfahrens ist, dass man mit relativ wenig Aufwand innerhalb weniger Tage über die schnelle Sporulation eine Vorauswahl der Monilia-Isolate treffen konnte, die aufgrund dieses charakteristischen Merkmals mit hoher Wahrscheinlichkeit der Art M. fructicola zuzurechnen waren. Nur mit diesen Isolaten wurde eine Art spezifische PCR durchgeführt. Allerdings besteht das Risiko, dass man atypische M. fructicola-Isolate, die auf PDA deutlich langsamer wachsen und gar nicht oder erst später sporulieren, nicht erfasst. Darüber hinaus wäre dieses Verfahren für eine Bestimmung der Monilia-Art beispielsweise an Grenzeinlassstellen im Rahmen der Pflanzenbeschau zu zeitaufwendig. Hier wären Real-time PCR-Verfahren (Van Brouwershaven et al., 2010) angebracht, bei denen der Befund innerhalb weniger Stunden vorliegt, die aber signifikant höhere Kosten verursachen.

Das Monitoring (Tab. 1) zeigte, dass das Erstauftreten von M. fructicola in Mittelbaden im Jahr 2009 kein Einzelfall war. Im Umfeld der Anlage, in der diese Monilia-Art erstmalig aufgetreten war, wurden bislang 60 weitere Früchte von Kirsche und Zwetsche mit M. fructicola-Befall gefunden, was 4% der Monilia-Symptome zeigenden Früchte entspricht. Eine Konzentration des Auftretens war dabei vor allem im östlichen Umfeld der Brombeeranlage zu verzeichnen. Aber auch in 1 bis 2 km Entfernung war der Schadorganismus noch nachweisbar (Abb. 1). Interessanterweise war trotz mehrfacher, intensiver Beobachtung der Brombeeranlage, in der der erste Befall im Jahr 2009 nachgewiesen wurde, im Jahr 2010 kein Monilia-Befall zu finden. Vermutlich waren im Jahr 2009 der Infektionsdruck aus der Nachbarschaft der Anlage so hoch und/oder die Infektionsbedingungen so günstig, dass die Brombeere, die nicht zu den typischen Wirtspflanzen von M. fructicola gehört, infiziert worden war. Ansonsten konnte sich M. fructicola in der Brombeer-Anlage offensichtlich nicht dauerhaft etablieren.

Nur aufgrund des ungewöhnlichen Auftretens einer Monilia an Brombeerfrüchten ist man in der Region auf das Vorkommen dieser Monilia-Art aufmerksam geworden. Bislang wurden in diesem Befallsgebiet weder ein verstärktes Monilia-Auftreten noch neuartige Symptome oder größere quantitative oder qualitative Verluste beobachtet.

In anderen Regionen Europas (Anonym, 2010) hat man in den meisten Fällen M. fructicola nur durch mehr oder minder intensive Monitorings ermittelt und nicht dadurch, dass sich die Art per se auffällig verhalten hätte. In einem deutschlandweiten Monitoring von Juli bis September 2002, bei dem 383 Proben von Monilia-infizierten Stein- und Kernobstfrüchten untersucht wurden, wurde M. fructicola nicht nachgewiesen (Albert et al., 2004).

Durch die sexuelle Vermehrung, die bei M. fructicola die Regel ist, bei M. laxa und M. fructigena aber gar nicht oder nur sehr sporadisch erfolgt (Batra, 1991), kann sich diese Art vermutlich besser an sich ändernde Umwelt­bedingungen anpassen. Dazu gehört möglicherweise, dass sie etwaige Monilia-Resistenzen in Obstsorten schneller überwindet und deutlich rascher Resistenzen gegenüber Fungiziden entwickelt. In einer Risikoabschätzung für die Staaten der Europäischen Union (Van Leeuwen et al., 2001) wird davon ausgegangen, dass nach einer Etablierung von M. fructicola in Europa nicht mit einem Anstieg von Blüten- und Triebinfektionen zu rechnen ist. Aber die Monilia-bedingten Fruchtinfektionen und Fruchtschäden könnten zunehmen, wobei höhere Vor- und Nachernteverluste vor allem bei Pfirsich und Nektarine zu erwarten wären, weniger bei Zwetschen und Pflaumen.

Da M. fructicola visuell nicht von den anderen an Kern- und Steinobst vorkommenden Monilia-Arten zu unterscheiden ist und diese Art gute Möglichkeiten hat, sich in verschiedenen Regionen Europas zu etablieren (Van Leeuwen et al., 2001; Anonym, 2009), wird die weitere Ausbreitung innerhalb Europas nicht aufzuhalten sein. So wurde der Erreger in den letzten Jahren außerhalb Frankreichs in Italien (Pellegrino et al., 2009), Österreich und der Schweiz (Patocchi et al., 2009) nachge­wiesen. Aufgrund der nicht zu unterbindenden Aus­breitung und weil in Regionen wie Nord- und Süd­amerika sowie Ozeanien, in denen dieser Schaderreger schon seit langer Zeit heimisch ist, nach wie vor erfolgreich Kern- und Steinobst produziert werden, ist zu überlegen, ob der Status von M. fructicola auf der EPPO A2 Liste und im Anhang I A I der Richtlinie 2000/29/EG noch gerechtfertigt ist. In jedem Fall sollte man Unter­suchungen zu Infektionen und Verlusten an Kern- und Steinobst durch diesen Schaderreger im Vergleich zu den anderen beiden Monilia-Arten unter den hiesigen Anbaubedingungen durchführen. Mit einem europaweiten Monitoring sollte man sich darüber hinaus einen Überblick über die aktuelle Verbreitung dieses Schaderregers verschaffen.

Danksagung

Wir bedanken uns sehr herzlich bei Matthias Bernhart, Hans-Dieter Beuschlein und Hubertus Gernoth von der Beratungsstelle für Obst- und Gartenbau des Landrats­amtes Ortenaukreis für die tatkräftige Unterstützung bei den Probenahmen.

Literatur

Albert, G., H.-J. Krauthausen, U. Zollfrank, E. Pfeilstetter, 2004: Bisher kein Nachweis des Quarantäne-Schaderregers Monilinia fructicola (Wint.) Honey in Deutschland. Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes 56 (9), 202-205.

Anonym, 2009: Diagnostics. Monilinia fructicola. EPPO Bulletin 39, 337-343.

Anonym, 2010: Monilinia fructicola. Distribution Maps of Plant Diseases No. 50. Edition 8.

Batra, L.R., 1991: World species of Monilinia (Fungi): their ecology, biosystematics and control. Berlin, Stuttgart, J. Cramer.

Côté, M.-J., M.-C. Tardif, A.J. Meldrum, 2004: Identification of Monilinia fructigena, M. fructicola, M. laxa, and Monilia poly­stroma on inoculated and naturally infected fruit using multiplex PCR. Plant Disease 88, 1219-1225.

Hinrichs-Berger, J., G. Müller, 2010: First record of Monilia fructicola on blackberry fruits. Journal of Plant Disease and Protection 117 (3), 110-111.

Hughes, K.J.D., C.E. Fulton, D. McReynolds, C.R. Lane, 2000: Development of new PCR primers for identification of Monilinia species. EPPO Bulletin 30, 507-511.

Lane, C.R., 2002: A synoptic key for differentiation of Monilinia fructicola, M. fructigena and M. laxa, based on examination of cultural characters. EPPO Bulletin 32, 489-493.

Miessner, S., G. Stammler, 2010: Monilinia laxa, M. fructigena and M. fructicola: Risk estimation of resistance to QoI fungicides and identification of species with cytochrome b gene sequences. Journal of Plant Disease and Protection 117 (4), 162-167.

Patocchi, A., M. Bünter, A. Gerber, M. Hilber-Bodmer, 2009: Erstes Auftreten von Monilinia fructicola in einer Schweizer Steinobstanlage. Schweizerische Zeitschrift für Obst- und Weinbau 145 (9), 8-11.

Pellegrino, C., M.L. Gullino, A. Garibaldi, D. Spadaro, 2009: First report of brown rot of stone fruit caused by Monilinia fructicola in Italy. Plant Disease 93 (6), 668.

Van Brouwershaven, I.R., M.L. Bruil, G.C.M. van Leeuwen, L.F.F. Kox, 2010: A real-time (TaqMan) PCR assay to differntiate Monilinia fructicola from other brown rot fungi of fruit crops. Plant Pathology 59, 548-555.

Van Leeuwen, G.C.M., R.P. Baayen, M.J. Jeger, 2001: Pest risk assessment for the countries of the European Union (as PRA area) on Monilinia fructicola. EPPO Bulletin 31, 481-487.


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