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Mitteilungen und Nachrichten

Mitteilungen und Nachrichten

  Aus den Arbeitskreisen der Deutschen Phytomedizinischen   Gesellschaft (DPG):

Bericht zur Tagung des DPG-Arbeitskreises „Nematologie“ und des Arbeitskreises „Freilebende Nematoden“

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


In 2011 tagte der Arbeitskreis „Nematologie“ der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft (DPG) gemeinsam mit dem Arbeitskreis „Freilebende Nematoden“ vom 15. bis 16. März am Plant Protection Service in Wageningen, Niederlande. Ein ganz besonderer Dank gebührt Frau Dr. Loes den Nijs für die her­vorragende Organisation vor Ort. An der Arbeitskreistagung nahmen 75 Teilnehmer aus Deutschland, Niederlande, Österreich und Schweiz teil. In 25 Vorträgen und 11 Postern wurden aktuelle Arbeiten zu pflanzenparasitären und freilebenden Nematoden aus verschiedensten Bereichen, von grundlagen­orientiert bis hin zu angewandt, vorgestellt. Sämtliche Kurz­fassungen der Arbeitskreistagung sind auf der Homepage der DPG (www.phytomedizin.org) einzusehen. Nach 8 Jahren Tätigkeit als Leiter bzw. stellvertretender Leiter des Arbeits­kreises Nematologie haben Dr. Johannes Hallmann und Dr. Peter Knuth ihre Ämter zur Verfügung gestellt. Als neuer Arbeitskreisleiter wurde Dr. Matthias Daub (Julius Kühn-Institut, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Dürener Straße 71, 50189 Elsdorf, matthias.daub@jki.bund.de) gewählt und als stellvertretende Arbeitskreisleiterin Dr. Ulrike Hakl (Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Pflanzenschutzdienst, Siebengebirgsstraße 200, 53229 Bonn, ulrike.hakl@lwk.nrw.de). Die nächste Tagung der beiden Arbeitskreise findet am 13./14. März 2012 an der Humboldt-Universität zu Berlin statt. Die Organisation vor Ort hat dankenswerterweise Prof. Dr. Liliane Ruess übernommen.

Für den AK Nematologie:
Dr. Johannes Hallmann (JKI, Münster), Dr. Peter Knuth (LTZ Augustenberg);für den AK „Freilebende Nematoden“:Prof. Dr. Liliane Ruess (Humboldt Universität zu Berlin)


Die Zusammenfassungen einiger Vorträge werden im Folgenden wiedergegeben.

1) Einfluss tief-liegender Populationen von Heterodera schachtii auf verschiedene Zuckerrübengenotypen

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Andreas Westphal1 und Matthias Daub2
Institut
1 Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kultur­pflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Toppheideweg 88, 48161 Münster 2 JKI, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Dürener Straße 71, 50189 Elsdorf E-Mail: andreas.westphal@jki.bund.de

Heterodera schachtii zählt zu den Hauptschädlingen im Zuckerrübenanbau in Deutschland. Fruchtfolgegestaltung, Anbau resistenter Zwischenfrüchte und resistente oder tolerante Rübengenotypen sind Teil eines integrierten Nematodenmanagements. Die Populationsdichte von Nematoden wird routinemäßig im Oberboden (bis 30 cm Tiefe) bestimmt. In verschiedenen Feldversuchen in Deutschland und Belgien wurden hohe Populationsdichten unterhalb der Ackerkrume festgestellt. In diesem Projekt wurde in zwei Versuchsansätzen die Wirkung von Rübenzystennematoden in verschiedenen Bodentiefen auf das Wachstum von Zuckerrüben untersucht. Im ersten Versuch wurden PVC-Röhren mit einem 30-cm Durchmesser senkrecht auf 60 cm Bodentiefe im Feld eingelassen und mit gedämpfter Erde in Tiefenabschnitten von 0-30 cm und 30-60 cm gefüllt. Ein Teil der Erde wurde mit 550 Eiern/100 g Boden von H. schachtii inokuliert, um vier Behandlungen zu etablieren: (NI) nicht inokuliert; (KI) inokuliert 0–60 cm Tiefe; (FI) inokuliert 0–30 cm Tiefe; und (TI) inokuliert 30–60 cm Tiefe. Jede Behandlung wurde mit Zuckerrübensorten besät: ‘Beretta’ (anfällig), ‘Sanetta’(resistent) oder ‘Pauletta’ (tolerant). Nach drei Wochen waren Rübensämlinge in allen inokulierten Plots infiziert. Fünf Wochen nach Aussaat hatten die Blattapparate in NI den größten und in KI den kleinsten Durchmesser, wohingegen FI und TI einen mittleren Rang einnahmen. Die bereinigten Zuckererträge waren in den nicht-inokulierten Varianten am höchsten, in TI am zweit-höchsten und in KI am geringsten. In zwei weiteren Versuchen in 1 m2 Parzellen mit den gleichen Sorten wurden natürlich-vorkommende Popula­tionen mit Fosthiazate in bestimmten Bodentiefen unterdrückt. In einem dieser Tests, war der Ertrag am höchsten, wenn eine Behandlung mit Nematizid auf voller oder der Ackerkrumen-Tiefe erfolgte und am geringsten in der Kontrolle ohne Nematizid. Zusammenfassend wurde festgehalten, dass tief-vorkommende Populationen Rübensämlinge bereits früh in der Vegetationsperiode erreichen und infizieren konnten. Das prinzipielle Schadpotential von Nematoden aus tieferen Bodenschichten auf das Rübenwachstum wurde festgestellt, weitere Versuche unter Feldbedingungen müssen die Effekte validieren.

(DPG AK Nematologie und freilebende Nematoden)

2) Ein einfacher Bioassay zur Bestimmung von Heterodera schachtii Befall

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Annabell Meinecke1, Andreas Hermann2 und Andreas Westphal1
Institut
1 Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Toppheideweg 88, 48161 Münster 2 Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenschutz, Lange Point 10, 85354 Freising E-Mail: andreas.westphal@jki.bund.de

Heterodera schachtii verursacht große Ertragsverluste im Zuckerrübenanbau. Neuerdings stehen nun tolerante und resistente Sorten zur Verfügung. Da resistente Sorten bei Nichtbefall ein geringeres Ertragspotential als Standardsorten haben, muss der Befall mit H. schachtii auch bei Mischinfektion mit anderen Zystennematoden quantifiziert werden. In einem Bioassay, wurden 50 g Boden (TS) in Glascontainern eingewogen und mit Radieschen besät. Nach Inkubation für vier Tage bei 16/8 h und 28/23°C wurden die Sämlingswurzeln ausgewaschen, mit Säurefuchsin gefärbt, und die eingewanderten Nematoden gezählt. Vorversuche mit verschiedenen pflanzenparasitären Nematoden ergaben, dass nur bei H. schachtii mit einer Ein­wanderung zu rechnen war, Durchdringung mit H. avenae, H. filipjevi, Globodera spp., Meloidogyne hapla und Pratylenchus penetrans war vernachlässigbar gering. Bei Inokulation mit Juvenilen von Mischpopulationen aus H. schachtii und Getreidezystennematoden zeigten sich keine Veränderungen der Durchdringungswerte des Rübenzystennematoden; auch in unterschiedlichen Bodenarten waren diese quantitativ von der Inokulationsdichte abhängig. Der Bioassay wurde mit anderen Methoden an Feldboden von zwölf Standorten in Franken verglichen. Im Vergleich der drei Methoden (BA) Bioassay, (EX) Extraktion von Zysten mit Inhaltsbestimmung und (AC) Acetox-Methode, waren die Populationsdichtebestimmungen von BA und EX mit R2 = 0,6, von EX und AC mit R2 = 0,5, und BA und AC mit R2 = 0,4 korreliert. Der Bioassay war zeitsparend, hatte eine hohe Selektivität, und bildete die Populationsdichten quantitativ ab. Böden mit hohen Tongehalten waren leicht zu verarbeiten. Die Bodenproben mussten bald nach Proben­nahme verarbeitet werden. Schwierigkeiten bei der Einschätzung gesunder und kranker Eier sowie die Unterscheidung von anderen Zystennematoden, wie sie bei der Extraktion typi­scherweise auftreten, entfielen. Auch ist die Aufbereitung der Bodenproben mit der Acetoxmethode ähnlich aufwendig wie im Bioassay. Der Bioassay bot eine schnelle, genaue und ein­fache Methode zur Bestimmung von H. schachtii Befallsdichten, und könnte so einen Platz in Management Systemen ein­nehmen.

(DPG AK Nematologie und freilebende Nematoden)

3) ProGemüse: Reduzierung pflanzenparasitärer Nematoden im Gemüsebau

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Esther Radtke1, Ulrike Hakl1, Johannes Kessler1, Leendert Molendijk2 und Johannes Hallmann3
Institut
1 Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Pflanzenschutzdienst, Siebengebirgsstraße 200, 53229 Bonn-Roleber 2 Applied Plant Research, Wageningen University and Research Centre, Plant Sciences Group, Edelhertweg 1, NL-8219 PH Lelystad, Niederlande 3 Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Epidemiologie und Pathogendiagnostik, Toppheideweg 88, 48161 Münster E-Mail: esther.radtke@lwk.nrw.de

In der euregio rhein-maas-nord (Niederrhein – Limburg) hat die industrielle Verarbeitung von Gemüse, wie z.B. Möhren, Spinat, Sellerie, Zwiebeln, Bohnen und Erbsen, eine große wirtschaftliche Bedeutung. Infolge der intensiven Flächen­nutzung treten zunehmend Schäden durch pflanzenparasitäre Nematoden auf, Ertrags- und Qualitätsverluste sind die Folge. Auf deutscher und niederländischer Seite werden unterschiedliche Strategien zur Erfassung von Nematodenschäden sowie deren Bekämpfung eingesetzt. Dies ist angesichts der grenzüberschreitenden landwirtschaftlichen Aktivitäten und Warenströme wenig effizient und führt im Falle der Nematoden­erfassung und -bekämpfung zu teils gegensätzlichen Vorgehensweisen. In dem grenzüberschreitenden Projekt wird das in Deutschland und den Niederlanden vorhandene Wissen zusammengetragen. Praktiker, Verarbeiter, Berater und Wissenschaftler setzen sich zusammen, tauschen ihre Erfahrungen aus und entwickeln gemeinsam innovative Strategien zur Nematodenbekämpfung. Schwerpunkte des Projektes sind: (1) Standardisierung von Untersuchungsverfahren und Erstellung von Kriterien für die Nematodenerfassung, (2) Laborvergleichsunter­suchungen der Partner zum Abgleich der Ergebnisse, (3) Erfassung der Nematodenschäden in der euregio rhein-maas-nord und Aufbau eines grenzüberschreitenden Netzwerkes „Ne­matodenprobleme im Gemüsebau“, (4) Überarbeitung des „Aaltjesschema“ mit Informationen zum Vermehrungspotential der Nematoden und der durch sie hervorgerufenen Schäden an verschiedenen Gemüsekulturen, (5) Optimierung bestehender Bekämpfungsverfahren und Entwicklung alternativer Gegenmaßnahmen, (6) Aus- und Weiterbildung von Gemüseproduzenten, -verarbeitern und Beratern im Erkennen von Nema­todenschäden und (7) Durchführung von Feldtagen und Fachveranstaltungen.

(DPG AK Nematologie und freilebende Nematoden)

4) Verschiedene Unkrautarten als alternative Wirte für Heterodera schachtii

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Annabell Meinecke1, Klaus Bürcky2, Klaus Ziegler3, Manfred Anselstetter3 und Andreas Westphal1
Institut
1 Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Toppheideweg 88, 48161 Münster 2 Südzucker AG, Marktbreiter Straße 74, 97199 Ochsenfurt 3 Arbeitsgemeinschaft für das Versuchswesen im Zuckerrübenanbau Franken, Würzburger Straße 44, 97246 Eibelstadt E-Mail: andreas.westphal@jki.bund.de

Heterodera schachtii ist einer der wichtigsten Fruchtfolgeschädlinge im Zuckerrübenanbau weltweit. Anbau resistenter Zwischenfrüchte und weitgestellte Fruchtfolge sind die Haupt­bekämpfungsstrategien bis zur Verfügbarkeit resistenter und toleranter Zuckerrübensorten gewesen. Wenn eine Zwischenfrucht nicht möglich ist, dann werden verstärkt Unkräuter während der Sommerbrache bis zum Herbstumbruch beobachtet, die eine potentielle Gefahr der Vermehrung von H. schachtii darstellen könnten. In diesem Projekt sollte bestimmt werden, wie stark sich H. schachtii an ausgewählten Unkrautarten vermehren kann. Für die Versuche wurden 42 verschiedene Unkrautarten vorwiegend aus den Familien Brassicaceae, Amaranthaceae und Caryophyllaceae basierend auf Feld­erhebungen zur Unkrautflora und publizierten Informationen ausgewählt. Resistente und anfällige Zuckerrüben- und Öl­rettichsorten wurden als Kontrollen mitgeführt. Nach Anzucht in Sand und Pikieren der Sämlinge in Faltschachteln wurden diese mit einer Suspension von Juvenilen (500 J2/Faltschachtel) inokuliert. Bei Erreichen der Temperatursumme von ca. 360°C (über 8°C), also etwa sechs Wochen, wurden die Zysten aus dem Boden bzw. von den Wurzeln gewaschen, gezählt und deren Inhalt bestimmt. Weiterhin wurden die Wurzellänge, das Wurzelvolumen, und das Wurzelgewicht bestimmt. In vorläufigen Ergebnissen hatten die Rauke, die Kresse und das Hellerkraut ein hohes Vermehrungspotential. Keine Zysten wurden bei Ampfer, Ackerkohl, Spergel und rauer Wicke gefunden. Kuhnelke und Schotendotter hatten Zystenzahlen ähnlich den anfälligen Standards; alle anderen Unkräuter hatten geringe Zystenzahlen. Zysten von Kornrade waren faktisch leer und die des Hellerkrauts hatten nur wenig Inhalt verglichen zu den anfälligen Kontrollen. Leicht erhöhten Inhalt hatten die Zysten von Kuhnelke und Schotendotter; Zysten von anderen Un­kräuter hatten nur geringen Inhalt. Diese Versuche bilden die Grundlage für die Auswahl eines Unkrautsortiments für Freilandversuche. Aus dem Vergleich der Vermehrungsraten unter den Unkräutern zur Standard-Kontrolle werden sich dann Empfehlungen für die Unkrautkontrolle herleiten lassen. Prinzipiell besteht die Möglichkeit einer Vermehrung von H. schachtii an Unkräutern unter der Sommerbrache.

(DPG AK Nematologie und freilebende Nematoden)

5) Alternative Strategien zur Bekämpfung der Bodenmüdigkeit im Apfelanbau – eine Fallstudie aus den Niederlanden

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Gerard Korthals1, Jonny Visser1, Tim Thoden1 und M. Wenneker2
Institut
1 Applied Plant Research, Wageningen University and Research Centre (WUR), Plant Sciences Group, Edelhertweg 1, NL-8219 PH Lelystad, Niederlande 2 PPO-BBF, Wageningen UR, 6670 AE Zetten, Niederlande E-Mail: tim.thoden@wur.nl

In den Niederlanden stellt der Einsatz chemischer Nematizide noch stets das Standardverfahren zur Bekämpfung der Bodenmüdigkeit in Apfelplantagen (replant disease) dar. Zielorganismus ist dabei neben pilzlichen Pathogenen, wie Verticillium dahliae, meist Pratylenchus penetrans. Da eine solche Maß­nahme eine große Umweltbelastung (Trinkwasser, Nicht-Ziel-Organismen) mit sich bringt, ist die Entwicklung alternativer, umweltfreundlicherer Strategien wünschenswert. Zudem gibt es mehr und mehr Betriebe, die weder auf unbelastete Flächen, noch auf alternative Bekämpfungsstrategien zurückgreifen können. Entsprechend wurde 2007 in der Nähe Eindhovens ein Forschungsprojekt begründet, dessen Ziel die Entwicklung alternativer und nachhaltiger Strategien zur Nematoden­bekämpfung im Apfelanbau ist. Die Versuche wurden in einer schon lange bestehenden Apfelplantage durchgeführt, in der aufgrund sehr hoher Besatzdichte mit P. penetrans alle Bäume entfernt wurden. Anschließend wurden folgende Versuchs­varianten angelegt: (1) Anbau von Tagetes patula, (2) Anbau von Tagetes patula + nachfolgender anaerober Bodenentseuchung (BE), (3) Anbau von Sandhafer (Avena strigosa) + nachfolgender anaerober Bodenentseuchung, (4) Biofumigation mit Brassica juncea, (5) Zugabe von Kompost, (6) Schwarzbrache, und (7) eine chemische Bodenentseuchung (CE, Monam). Nach der Durchführung der Behandlungen wurden die Flächen im folgenden Herbst neu bestockt (Kultivar “Elstar” und “Boskoop”). Die Ergebnisse der Bodenbeprobungen zeigen, dass die chemische Bodenentseuchung, der Anbau von Tagetes und der kombinierte Anbau von Tagetes + anaerober Boden­entseuchung zu einem starken Rückgang von P. penetrans beitrugen. Dies wirkte sich nachfolgend auch deutlich auf verschiedene Wuchsparameter, wie die Zunahme des Stammdurchmessers, die Anzahl an Fruchttrieben, als auch die Anzahl an Blütenständen aus. In den folgenden Jahren werden weitere Messungen Aufschluss darüber geben, inwieweit auch die Apfelproduktion zwischen den verschiedenen Behandlungen variiert.

(DPG AK Nematologie und freilebende Nematoden)

6) Wirksamkeit von Sedimentationsbecken zur Abtrennung pflanzenparasitärer Nematoden

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Johannes Hallmann
Institut
Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Epidemiologie und Pathogendiagnostik, Toppheideweg 88, 48161 Münster E-Mail: johannes.hallmann@jki.bund.de

Spezialisierung und Globalisierung in der landwirtschaftlichen Produktion verbunden mit steigenden Qualitätsanforderungen bedingen einen zunehmenden Bedarf an Boden- und Pflanzenuntersuchungen auf pflanzenparasitäre Nematoden. Insbesondere steigt das Aufkommen von Proben außerhalb der Region und damit auch die Gefahr der Einschleppung bzw. Verbreitung bisher in der Region unbekannter Arten. Dieser Gefahr müssen Diagnoselabore vorbeugen, unter anderem indem sie Abwasser bzw. Resterden so behandeln, dass eine Verschleppung pflanzenparasitärer Nematoden ausgeschlossen wird. In der Literatur werden hierzu verschiedenste Verfahren beschrieben (Kompostierung, Sedimentationsbecken, Erhitzung, etc.), aber nur in den wenigsten Fällen gibt es zuverlässige Daten zur Wirksamkeit dieser Verfahren. Das am JKI in Münster betriebene System, basierend auf drei Sedimentationsbecken, wurde dahingehend geprüft, inwieweit pflanzenparasitäre Nematoden bzw. Zysten sicher abgetrennt werden. In mehreren Versuchs­serien unter Volllastbetrieb (alle Wasserhähne auf maximale Leistung) wurden mehrere Millionen pflanzenparasitärer Nematoden und Zysten mit und ohne Erden über das Abwasser in die Sedimentationsbecken eingeleitet (Worst-Case-Szenario). Nach dem dritten Sedimentationsbecken unmittelbar vor Einleitung des Abwassers in die Kanalisation wurde ein 20 µm-Sieb angebracht. In regelmäßigen Abständen wurde der Sieb­inhalt auf Erdanteil, Nematoden bzw. Zysten ausgewertet. Insgesamt wurden nur sehr vereinzelt pflanzenparasitäre Nematoden gefunden (< 1 pflanzenparasitärer Nematoden nach Zugabe von 1 Million pflanzenparasitärer Nematoden). Zysten wurden in keinem Falle nachgewiesen. Im Routinebetrieb (z.B. Auswertung Resistenzprüfung) wurden keine pflanzenparasitären Nematoden nachgewiesen. Mit der Erde aus dem ersten Sedimentationsbecken wurde zudem ein Biotest mit Tomate angesetzt. Obwohl in den Wochen zuvor sowohl Wurzelgallennematoden als auch Kartoffelzystennematoden eingeleitet wurden, konnten an den Tomatenwurzeln weder Nematodengallen noch neu gebildete Zysten festgestellt werden. Auch konnten in der Erde des Biotests keine pflanzenparasitären Nematoden festgestellt werden. In der Erde wurden jedoch zahlreiche Globodera-Zysten gefunden, die aber keine Infektion an Tomate hervorriefen.

(DPG AK Nematologie und freilebende Nematoden)

7) Wirkung verschiedener Bodenbehandlungen gegen Wurzelgallennematoden im Gewächshaus

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Reinhard Eder1, Werner Heller2, Mauro Jermini3, Irma Roth1, Jürgen Krauss2 und Sebastian Kiewnick1
Institut
1 Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Nematologie, Schloss 8820 Wädenswil, Schweiz 2 Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Extension Gemüsebau, Schloss 8820 Wädenswil, Schweiz 3 Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Responsabile del Centro di Cadenazzo, Centro di ricerca Cadenazzo 6594 Contone, Schweiz E-Mail: reinhard.eder@acw.admin.ch

Wurzelgallennematoden (Meloidogyne spp.) sind in der Schweiz die wichtigste Gruppe pflanzenparasitischer Nematoden. Sie verursachen erhebliche Probleme in den Gemüsebaugebieten. Die häufigste Art ist der nördliche Wurzelgallennematode Meloidogyne hapla. Er kommt sowohl im Freiland als auch in Gewächshäusern vor. Dann folgen die tropischen Arten M. incognita, M. javanica und M. arenaria, welche nur im Gewächshaus vorkommen. Die Bekämpfung von Wurzelgallennematoden im Gewächshaus ist schwierig. Zurzeit ist in der Schweiz noch die chemische Behandlung mit Basamid (Dazomet) bewilligt. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung resistenter Sorten und Unterlagen, wobei die Resistenzen nicht bei allen Meloidogyne-Arten wirksam sind. Die thermische Bekämpfung mit Dampf wird vor allem im ökologischen Anbau angewendet. Sie ist jedoch teuer und nur relativ kurz wirksam. Fruchtfolgemaßnahmen sind in der Praxis schwierig umsetzbar. Aus diesen Gründen wurden verschiedene Bodenbehandlungen auf ihre Wirkung gegen die Korkwurzelkrankheit Pyrenochaeta lycopersici und Wurzelgallennematoden in kommerziellen Gewächshäusern getestet. Frühjahrsbehandlungen des Bodens durch Ammoniak-Fumigation oder das Einarbeiten von Krabben­schalen als Bodenhilfsstoff im Herbst zeigten keine Reduktion der Wurzelvergallung bei Tomaten. Der Einsatz von Biofumigations-Pellets (organischer Dünger), die in Topfversuchen eine deutliche Wirkung gezeigt hatten, konnte nach einer Frühjahrsbehandlung den Befall mit Wurzelgallennematoden ebenfalls nicht reduzieren.

(DPG AK Nematologie und freilebende Nematoden)

8) Einfluss der Temperatur auf die Populations­dynamik von Bursaphelenchus xylophilus in Europäischen Koniferen

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Matthias Daub1, Thomas Schröder2 und Richard Sikora3
Institut
1 Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kultur­pflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Dürener Str. 71, 50189 Elsdorf 2 JKI, Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit, Messeweg 11/12, 38104 Braunschweig 3 Universität Bonn, Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz, Nussallee 9, 53115 Bonn E-Mail: matthias.daub@jki.bund.de

Seit dem Erstnachweis eines Befalls an Kiefern (Pinus pinaster) in Portugal im Jahr 1999 hat sich der Kiefernholznematode (Bursaphelenchus xylophilus) in Portugal trotz zum Teil drastischer Ausrottungsmaßnahmen weiter ausbreiten können. Ein Befallsherd in Spanien aus dem Jahr 2008 konnte eingedämmt werden, ein zweites, davon unabhängiges Vorkommen, das im Jahr 2010 festgestellt wurde, befindet sich in der Ausrottung. Nach wie vor wird B. xylophilus als ernst zu nehmende Bedrohung für zentraleuropäische Naturräume angesehen. Die Kiefernwelke tritt ab einer Juli/August Isotherme von etwa 20°C in Erscheinung und verläuft bei prädisponierten, ausgewachsenen Bäumen und normaler Infektion innerhalb von wenigen Monaten bis zum Absterben. Die Aktivität der Nematoden im Baum beginnt jedoch bereits bei niedrigeren Temperaturen. So konnten z.B. im japanischen Hochland symptomlose Kiefern beobachtet werden, bei denen B. xylophilus weit verbreitet im Baum isoliert werden konnte. Eine Populationsschwelle der Nematoden, ab der die Kiefernwelke eintritt, wurde häufig angenommen, jedoch nie wissenschaftlich belegt. Bei der Beurteilung der Synchronologie der Pathogenese zur Populationsdynamik von B. xylophilus in der Pflanze muss beachtet werden, dass der Kiefernholznematode kein obligat biothropher Parasit ist. Im Rahmen eines durch die EU finanzierten Forschungsprojektes PHRAME wurde in kontrollierten Inokulationsversuchen untersucht, wie sich Temperaturen von 15°C, 20°C und 25°C auf die Pathogenität und Populationsdynamik von Bursaphelenchus xylophilus in 3–4 Jahre alten Koniferen auswirken. Ca. 60 Tage nach der Inokulation eines Portugiesischen B. xylophilus-Isolats in Kiefern (Pinus sylvestris) und Europäische Lärchen (Larix decidua) starben 100% der Testpflanzen sowohl bei 20°C als auch bei 25°C ab. Bei einer Inkubationstemperatur von 15°C starben keine Bäume im untersuchten Zeitraum ab, und auch die Ausprägung von Welkesymptomen unterschied sich nicht von denen der unbehandelten Kontrollpflanzen. Die Tem­peratur wirkte sich sowohl auf die Anzahl der Populations­individuen und den Verlauf der Populationsdynamik der Nematoden, als auch auf den zeitlichen Verlauf der Kiefern­welke aus.

(DPG AK Nematologie und freilebende Nematoden)

9) Einsatz der Schwadbeprobung zur Prognose von Feldbesatzdichten mit Heterodera schachtii im Zuckerrübenanbau – dreizehn Jahre Erfahrung aus der Praxis im Rheinland

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Matthias Daub1 und Christian Heirichs2
Institut
1 Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Dürener Str. 71, 50189 Elsdorf 2 Pflanzenschutzdienst Bonn, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Siebengebirgsstraße 200, 53229 Bonn-Roleber E-Mail: matthias.daub@jki.bund.de

Der Rübenzystennematode Heterodera schachtii zählt zu den relevantesten Schädlingen im Zuckerrübenanbau Europas. Bei starkem Befall kann der Ertragsrückgang je nach Sorte, Anbausystem und Klima zwischen 25% und 50% betragen. Umfangreiche Untersuchungen in den 1950’er bis 1970’er Jahren führten zur Ermittlung von Schadschwellen für H. schachtii. In Deutschland nutzen Beratungseinrichtungen überregional eine Schadschwelle von 500 Eiern und Juvenilen pro 100 ml Boden, um Sortenempfehlungen für die Praxis abzugeben. Die Ermittlung der Feldbesatzdichte erfolgt über eine umfangreiche Feldprobennahme mit ca. 200 Einzelproben pro Hektar, in einer Bodentiefe zwischen 15 cm und 30 cm. Aufgrund der zeitlichen und wirtschaftlichen Probleme, einer exakten Probenahme im Feld, wurden mittlerweile verschiedene Ansätze entwickelt, bei der das Ziel ist, eine möglichst genaue, aber dennoch prakti­kable Aussage zu erhalten. Die Beprobung des Reinigungsschwades in der Rübenmiete wurde als Prognoseinstrument im Rheinland, in Zusammenarbeit zwischen der ehem. BBA (jetzt JKI), dem PSD Bonn, dem landwirtschaftlichen Informationsdienst Zuckerrübe (LIZ) und dem Rheinischen Rübenbauern-Verband (RRV) entwickelt. Im Unterschied zum Prognose­verfahren, bei dem Feldproben unmittelbar vor dem Anbau von Zuckerrüben verwendet werden, basiert die Schwadbeprobung auf Proben, die nach dem Anbau von Zuckerrüben genommen werden und zielt somit auf eine Prognose für den Anbau von Zuckerüben zur nächsten Rotation ab. Neben der arbeitswirtschaftlichen Ersparnis bietet sich dem Landwirt der Vorteil in der laufenden Rotation mit Gegenmaßnahmen, wie z.B. dem Anbau von resistenten Zwischenfrüchten, rechtzeitig zu reagieren. Die Ermittlung des jährlichen Schätzfaktors erfolgt durch Exaktbeprobung von Referenzfeldern und den dazugehörigen Erdschwaden aus der Rübenmiete. Hieraus werden Zysten mit Hilfe der Dichtezentrifugation mehrfach extrahiert und die Populationsdichte (Eier und Juvenile/100 ml) bestimmt. Landwirte können über die Zuckerfabriken und dem Züchter KWS vor Ort Schwadproben beim PSD Bonn einreichen, der die Proben dann auf H. schachtti-Besatz untersucht und dem Landwirt unter zu Hilfenahme des jährlichen Schätzfaktors das Prognose-Ergebnis für das entsprechende Feld berichtet. Seit dreizehn Jahren ist dieses Prognoseverfahren im Einsatz und liefert ein hinlänglich genaues Bild über den Befallsgrad mit H. schachtii im Feld für den Landwirt und über die Befallssituation in der Region für die Beratungsorganisationen.

(DPG AK Nematologie und freilebende Nematoden)

10) NemaDecide 2 Richtung GeoNema

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Thomas Been1, Corrie Schomaker1 und Leendert Molendijk2
Institut
1 Plant Research International, Wageningen University and Research Centre (WUR), Plant Sciences Group, P.O. Box 16, 6700 Wageningen, Niederlande 2 Applied Plant Research, WUR, Plant Sciences Group, Edelhertweg 1, NL-8219 PH Lelystad, Niederlande E-Mail: thomas.been@wur.nl

Mit NemaDecide2 wurde kürzlich ein neues Decision Support System fertiggestellt, das es ermöglicht, neben den Populationsentwicklungen und den damit verbundenen Ertragsverlusten durch Kartoffelzystennematoden auch vergleichbare Simulationen für Pratylenchus penetrans und Meloidogyne chitwoodi zu berechnen. Hierzu wurde NemaDecide2 völlig neu programmiert und erstmalig auch Modelle zur Konkurrenz zwischen den angesprochenen Nematodenarten integriert. Zudem konnte die Benutzerfreundlichkeit des Programms deutlich erhöht werden. Unterdessen wird ein weiterer Schritt in der Entwicklung von NemaDecide vorbereitet: GeoNema – ein internet­basiertes (GoogleMaps) Decision Support System anhand dessen Landwirte Einblick in den Zustand ihrer Flächen erhalten. Hierbei sollen Daten zur geographischen Lage, zur Geschichte (Fruchtfolge) oder auch zum phytosanitären Zustand einer Fläche in Form digitaler Karten Eingang finden, und letztlich auch die Bewertung einer Fläche in Form einer Karte dargestellt werden. Landwirte werden teilweise freien Zugang zu diesem System erhalten. Anhand einiger Musterdatensätze werden die weitläufigen Möglichkeiten von NemaDecide 2 illustriert.

(DPG AK Nematologie und freilebende Nematoden)

  Neues aus der DGO:

Zweite Sitzung des Fachbeirates der Deutschen Genbank Obst

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Am 9. und 10. Mai 2011 fand im Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB) in Bavendorf die zweite Sitzung des Fach­beirates der Deutschen Genbank Obst (DGO) statt. Im Rahmen dieser Fachbeiratssitzung wurden neben einem Bericht der Koordinierungsstelle über die bislang geleistete Arbeit auch die Ergebnisse der pomologischen Bestimmungen bei Apfel durch Dr. U. Mayr (KOB Bavendorf) und Kirsche durch Dr. A. Braun-Lüllemann (Pomologen-Verein e.V.) vorgestellt.

Bei Apfel ist die pomologische Bestimmung bereits weitestgehend abgeschlossen. Eine Zusammenstellung der Ergebnisse erfolgt noch in diesem Sommer. Anschließend wird die Liste der zu erhaltenden Sorten noch einmal evaluiert. Danach werden die Sammlungen des Apfelnetzwerkes vervollständigt, so dass jede Sorte in mindestens zwei Sammlungen zu je zwei Bäumen erhalten wird. Damit ist der Aufbau des Apfelnetz­werkes abgeschlossen.

Bei Kirsche geht die pomologische Bestimmung in die zweite Saison. Ein Großteil der zu erhaltenden Sorten konnte bereits in 2010 bestimmt werden. Dennoch bleibt es fraglich, ob alle Sorten in der vorgegebenen Projektlaufzeit bestimmt werden können. Gerade in diesem Jahr waren die Witterungsbedingungen im Frühjahr eher nachteilig. Es ist damit zu rechnen, dass es bei einem Teil der Sorten zu Frostschäden während der Blüte gekommen ist.

Im Anschluss an den Bericht über die Ergebnisse der pomologischen Bestimmungen kam es zu einer regen Diskussion über den Ausbau der bereits bestehenden Netzwerke bei Apfel, Kirsche und Erdbeere, sowie über den Aufbau weiterer Netzwerke für die Erhaltung von Birnen, Rubus-Arten (Himbeere, Brombeere) und Pflaumen. Während die Arbeiten im Pflaumennetzwerk von Herrn Dr. M. Neumüller (TU München) koordiniert werden sollen, werden die Netzwerke bei den Rubus-Arten und den Birnen von Herrn Dr. E. Schulte, Prüfstelle Wurzen des Bundessortenamtes, koordiniert. Eines der großen Probleme im Pflaumennetzwerk wird die Gewährleistung der Bereitstellung von scharkafreiem Pflanzenmaterial darstellen. Ob es überhaupt gelingt, Sammlungen auf Dauer scharkafrei zu halten, ist eher fraglich. Wünschenswert wäre es, Partner im Norden Deutschlands zu finden, da der Befallsdruck dort wesentlich niedriger ist als im Süden.

Vor dem Hintergrund dieser Problematik soll ein Problem­katalog für Sammlungen der DGO (z. B. Apfeltriebsucht, Feuerbrand, Scharka) erstellt werden.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein gemeinsamer Rundgang durch die Apfelsortenerhaltungsquartiere des KOB (Abb. 1). Bei diesem Rundgang konnten sich die Mitglieder des Fachbeirates von dem hohen Niveau überzeugen, auf welchem die Erhaltung historischer Apfelsorten beim KOB erfolgt.

Abb. 1. Gemeinsamer Rundgang durch die Apfelsortenerhaltungsquartiere des Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee (KOB) in Bavendorf. Dr. Ulrich Mayr informiert die Mitglieder des Fachbeirates über die aktuellen Arbeiten beim KOB.

Abb. 1. Gemeinsamer Rundgang durch die Apfelsortenerhaltungsquartiere des Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee (KOB) in Bavendorf. Dr. Ulrich Mayr informiert die Mitglieder des Fachbeirates über die aktuellen Arbeiten beim KOB.

Henryk Flachowsky (JKI Dresden)

  Das Institut „Pflanzengesundheit“ des JKi teilt mit:

Obstpflanzenzertifizierung in Italien – Reisebericht

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Die Europäische Union erarbeitet gegenwärtig Detailvorschriften zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Vermarktung von Obstpflanzen und -vermehrungsmaterial (RL 2008/90/EG). Diese Bestimmungen sollen sicherstellen, dass die Abnehmer von Obstpflanzen in der Europäischen Union mit gesundem und sortenechtem Material versorgt werden. Vorschriften für die Zertifizierung von Obstpflanzen, die auf Empfehlungen der Europäischen Pflanzenschutzorganisation für Europa und den Mittelmeerraum (EPPO) beruhen, waren seit der Etablierung des Binnenmarktes in 1993 noch national geregelt, sollen aber nun auch EU-weit harmonisiert werden.

Im Zusammenhang mit einer Einladung des Bundes süd­tiroler Baumschuler, einen Vortrag über die geplanten EU-Bestimmungen zu halten, hatte die Verfasserin dieses Berichts Gelegenheit das italienische Zertifizierungssystem für Obstpflanzen, insbesondere die Umsetzung in Südtirol, kennen zu lernen und Erfahrungen zur praktischen Durchführung der Zertifizierung in Deutschland und Italien auszutauschen.

In Südtirol erfolgt auf einer Fläche von 18 000 ha ein sehr intensiver Apfelanbau. Es ist das größte Apfelanbaugebiet Europas. Die Quarantäneschadorganismen Feuerbrand (Erwinia amylovora) und Apfeltriebsucht (Candidatus Phytoplasma mali) haben den Anbau in den letzten Jahren stark gefährdet und besondere Vorsorgemaßnahmen erforderlich gemacht. Der im Jahr 2006 besonders starke Befall mit Apfeltriebsucht konnte inzwischen recht gut zurückgedrängt werden, nachdem infizierte Bäume konsequent gerodet wurden und eine intensive Bekämpfung des Vektors Cacopsylla picta, eines Blattsaugers, auch in Apfelproduktionsanlagen stattfindet.

Die Betriebe der südtiroler Baumschuler befinden sich nicht mehr in Südtirol sondern sind in die benachbarten Regionen Lombardei und Veneto ausgelagert, wo die Schwemmland­böden der Po-Ebene bessere Wachstumsbedingungen bieten und eine räumliche Isolierung der Baumschulen und Muttergärten von den potentiellen Infektionsquellen des südtiroler Apfelanbaugebiets gewährleistet ist.

Südtirol hatte bereits seit 1981 eine von der Landesregierung gesetzlich geregelte Zertifizierung eingeführt, die in den Folgejahren zu einem kontinuierlichen Anstieg der Produktion von zertifiziertem Pflanzgut beitrug. Das südtiroler Landesgesetz wurde 2007 durch ein gesamtstaatliches italienisches Gesetz zur freiwilligen Zertifizierung von Obstbäumen abgelöst. Heute produzieren die Südtiroler Baumschuler ca. 7 Millionen Obstbäume.

Die Erzeugung zertifizierter Obstpflanzen erfolgt allgemein über drei Vermehrungsstufen, für die unterschiedliche phyto­sanitäre Anforderungen und Sortenkontrollen definiert sind. Die Erzeugung von Vorstufenmaterial, in Italien Konservierung genannt und von Basismaterial, in Italien Vorvermehrung genannt, erfolgt in anerkannten Zentren für Konservierung und Vorvermehrung. Das Land- und Forstwirtschaftliche Versuchszentrum Laimburg bei Bozen ist eines von vier dieser Zentren in Italien. Es ist eine Einrichtung der Provinz Südtirol. Das Ausgangsmaterial von Vorstufenmaterial wird dort mit Hilfe von Indikatorpflanzen auf Viren, Viruskrankheiten und virus­artige Krankheitserreger getestet um sicherzustellen, dass nur gesundes Material für die weitere Vermehrung verwendet wird. Die Testung auf Apfeltriebsucht erfolgt anhand von Wurzel­proben. Ferner wird auf latenten Feuerbrandbefall getestet. Zur Sicherstellung der Sortenechtheit werden pomologische Kon­trollen an parallel vermehrten Monitoringbäumen im Freiland durchgeführt. Die Erhaltung der Vorstufenpflanzen erfolgt in Laimburg in einem mit insektensicheren Netzen abgeschirmten Saranhaus. Die Vorstufenpflanzen stehen in Containern, isoliert vom natürlichen Boden um Reinfektionen zu ver­hindern.

In Corzano in der Lombardei konnten Pflanzungen von Basismaterial des Versuchszentrums Laimburg besichtigt werden. Der Standort, inmitten eines intensiv bewirtschafteten Maisanbaugebiets bietet einen guten Schutz vor Feuerbrand­infektionen. Es gibt in Italien vier anerkannte Basismaterialquartiere im Freiland. Im Basisquartier werden einmalig stichprobenartig Testungen mit Indikatoren auf Viren, Viruskrankheiten und virusartige Krankheitserreger sowie regelmäßig Untersuchungen auf latenten Feuerbrandbefall durchgeführt.

Das Versuchszentrum Laimburg führt im Basisquartier auch die jährliche Sortenkontrolle durch. Die Mehrzahl der Sorten gehört instabilen Sorten oder Klonen an, deren Sorteneigenschaften wie z.B. Rotfärbung oder Streifigkeit der Frucht aufgrund von häufigen Mutationen nicht konstant an das vegetativ erzeugte Vermehrungsmaterial weitergegeben wird. Um un­erwünschte Sorteneigenschaften möglichst früh erkennen zu können, wird bei diesen Sorten ein Fruchtansatz im Mutter­garten zugelassen. Weichen einzelne Bäume zu stark vom den erwarteten Sortenmerkmalen ab, werden sie von der weiteren Vermehrung ausgeschlossen. Durch die Blütenbildung besteht in diesen Quartieren allerdings eine höhere Gefahr für Feuer­brandinfektionen. Bei merkmalsstabilen Sorten erfolgt die Sortenkontrolle daher getrennt vom Basismaterial an isoliert aufgepflanzten Monitoringbäumen, die nach endgültiger Feststellung der Sortenzugehörigkeit nicht weiter beobachtet werden müssen.

Am Standort Corzano wurde auch ein 15 ha großes Quartier zertifizierter Mutterpflanzen (Reiserschnittgarten) besichtigt, welches vom Konsortium südtiroler Baumschuler unterhalten wird. Daneben gibt es drei weitere, von südtiroler Baum­schulern betriebene Reiserschnittgärten. Entsprechend den italienischen Bestimmungen für die Zertifizierung stehen die Apfelmutterbäume unter Hagelschutznetzen, um einerseits die Pflanzen vor den direkten Hageleinwirkungen zu schützen aber auch, um die Feuerbrandinfektionsgefahr der Bäume nach Hagelschlag zu reduzieren. Am Standort Corzano werden im Sommer mithilfe der Hagelschutznetzkonstruktionen die An­lagen zusätzlich seitlich mit insektensicheren Netzen geschlossen. Hierdurch wird kein kompletter Schutz aber immerhin eine gewisse Abschirmung gegen Schadtiere bzw. Vektorzuflug erreicht. Im Reiserschnittgarten führt der Pflanzenschutzdienst die phytosanitären Kontrollen durch, während die pomolo­gischen Kontrollen auf Sortenechtheit in der Verantwortung des Schnittgartenbetreibers liegen.

Im Vergleich zum deutschen Obstpflanzenzertifizierungs­system werden in Italien mehr Testungen auf andere Schad­organismen als Viren, Viruskrankheiten und virusartige Schadorganismen, insbesondere ubiquitäre bodenbürtige Schad­organismen sowie Nachtestungen im Basisquartier durch­geführt, deren Testung in Deutschland nicht für notwendig befunden wird. Gründe hierfür dürften in den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen, der Verbreitung und dem Scha­densausmaß der relevanten Schadorganismen in beiden Ländern liegen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Ländern betrifft das erzeugte Sortenspektrum. Während in Deutschland auch eine Vielzahl alter Sorten von den Reiserschnittgärten als zertifiziertes Material angeboten wird, werden in Italien schwerpunktmäßig neue Sorten für den Erwerbsobstbau produziert.

Die noch existierenden Unterschiede hinsichtlich der phyto­sanitären und pomologischen Anforderungen zwischen den nationalen Zertifizierungssystemen der EU-Mitgliedstaaten sollen in Zukunft durch eine harmonisierte EU-Zertifizierung abgelöst werden. Die Europäische Kommission wird bei der Erarbeitung der gemeinsamen Zertifizierungsregelungen von einer Gruppe nationaler Experten aus Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Polen, Spanien, Tschechien und Deutschland unterstützt. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, eine große Übereinstimmung des EU-Zertifizierungssystems mit den derzeit existierenden nationalen Zertifizierungssystemen herzustellen, um den zukünftigen Anpassungsbedarf der nationalen Systeme möglichst gering zu halten. Hierüber wurde im Rahmen eines Vortrags dem Bund südtiroler Baumschuler am 8. März 2011 berichtet. Die Diskussion zeigte, dass die Pläne der Euro­päischen Kommission mit den Interessen und aktuellen Verfahrensweisen der in Italien etablierten Zertifizierungsregelungen verträglich sind. Es bestehen aber auch Befürchtungen, wonach die besondere Wertschätzung für zertifiziertes italienisches Material verloren gehen könnte, wenn harmonisierte Regelungen etabliert sind.

Magdalene Pietsch (JKI Braunschweig)

Wissenschaftliches Kolloquium der EFSA zum Thema „Emerging Risks“ im Bereich Pflanzen­gesundheit

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Vom 9. bis 10. Juni 2011 fand in Parma (Italien) das 16. Wissenschaftliche Kolloquium der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA mit etwa 100 Teilnehmern statt. Das Kolloquium war der Pflanzengesundheit gewidmet und befasste sich mit dem Thema der Identifizierung neuer pflanzengesundheitlicher Risiken und den damit verbundenen zukünftigen Herausforderungen und Lösungsansätzen (“Identification of emerging plant health risks: Future challenges and approaches“). Wissenschaftler aus 20 EU Mitgliedstaaten, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Georgien, Japan, Kanada, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Norwegen, Serbien, der Türkei und den USA nahmen daran teil.

In fünf Plenarvorträgen wurden die folgenden Themen behandelt und anschließend diskutiert:

• Merkmale neu aufkommender invasiver Arten (“What makes for an emerging invasive species?” Marie Laure Desprez Loustau, Institut National de la Recherche Agronomique, Frankreich),

• Kombination von genotypischen und phänotypischen Daten zur Verbesserung unserer Vorhersagen invasiver Pathogene („Emerging plant diseases: combining genotypic and phenotypic data to improve our predictions of invasive pathogens“. Matteo Garbelotto, University of California, Berkeley, USA),

• Auslöser für neu aufkommende pflanzengesundheitliche Risiken: Fallstudie Tomato yellow leaf curl Virus (“Changes in pests, plants and their interactions as drivers of emerging plant health risks: the tomato yellow leaf curl disease epidemics in Spanish protected cultivation, a study case”. Enrique Moriones Alonso, Instituto de Hortofruticultura Subtropical y Mediterránea “La Mayora”, CSIC, Spanien),

• Fallstudie Kiefernprozessionsspinner und Klimawandel (“Global warming and changes in geographic range of plant pests: the case of the pine processionary moth Thaumetopoea pityocampa”. Alain Roques, Institut National de la Recherche Agronomique, Frankreich),

• Modellierung und Vorhersage von Etablierung und Ausbreitung neuer Schadorganismen (“Challenges for modelling and predicting establishment and spread of new plant pests and Pathogens”. Roger Magarey, North Carolina State University und USDA-APHIS-PPQ, USA),

• Beanstandungen von Schadorganismen von Pflanzen in importierten Warensendungen und neu aufkommende pflanzengesundheitliche Risiken (“Interceptions of plant pests in imported commodities and emerging plant health risks”. Alan MacLeod, The Food and Environment Research Agency, Großbritannien),

• Auswirkungen neu aufkommender Schadorganismen von Pflanzen auf den integrierten Pflanzenschutz (“Implications of emerging plant pests for integrated pest management”. Johannette Klapwijk, International Biocontrol Manufacturers Association, Schweiz).

In vier Diskussionsgruppen wurden anschließend die folgenden Auslöser für neu aufkommende pflanzengesundheitliche Risiken eingehend erörtert:

• Veränderungen von Schadorganismen, Pflanzen und ihren Interaktionen,

• Veränderungen von land- und forstwirtschaftlicher Praxis,

• Veränderungen beim Handel, beim Lebensmittelverbrauch und bei der Landnutzung,

• Klimawandel.

Als „roter Faden“ zogen sich folgende Fragen durch alle vier Diskussionsgruppen:

• Wie können wir diese Veränderungen erkennen?

• Wie können wir diese Veränderungen voraussehen? Ist eine Vorhersage möglich?

• Was sind die Konsequenzen dieser Veränderungen für das Risikomanagement?

• Können wir aus der Vergangenheit lernen? Gibt es Fall­studien für retrospektive Analysen?

Die Ergebnisse wurden von den Berichterstattern der jewei­ligen Diskussionsgruppen dem Plenum vorgestellt und dort eingehend diskutiert. Wesentliche Ergebnisse der Diskussionen waren, dass multidisziplinär erfasste und vernetzte Daten sowie ein gezieltes und verbessertes Monitoring notwendig sind, um Veränderungen und ihre Auslöser frühzeitig zu er­kennen und für die Zukunft abschätzen zu können. Eine harmonisierte Datenerfassung mit einem verbesserten, gezielt auf die pflanzengesundheitlichen Risiken ausgerichteten Infor­mationsgehalt der erhobenen Daten kann Vorhersagen in bestimmten Teilbereichen ermöglichen bzw. zuverlässiger machen. In anderen Teilbereichen, zum Beispiel bei der Einfuhr von Pflanzen aus anderen Kontinenten, die zum Anpflanzen bestimmt sind, ist eine Vorhersage künftiger Einfuhren und der damit assoziierten Risiken kaum möglich, weshalb eine neue Einfuhrstrategie (Risikoanalyse vor der Einfuhr neuer Pflanzenarten im Einzelfall) gefordert wurde. Es wurde auch angeregt, für die Datenerfassung vor Ort und das Risikomanagement in den Regionen auf die Hilfe von geschulten Laien („Citizen science“) zurückzugreifen, da über positive Erfahrungen hiermit berichtet wurde. Vorausschauende Planung bei Neupflanzungen und Aufforstungen sowie bei der Resistenzzüchtung können bereits im Vorfeld helfen, Risiken abzuwenden. In allen vier Arbeitsgruppen wurden Beispiele für die je nach Auslöser ganz unterschiedlichen Risiken analysiert, woraus aufschlussreiche Trends für Veränderungen abgeleitet werden konnten.

Die Ergebnisse des Kolloquiums sollen der Weiterent­wicklung des Arbeitsprogramms der EFSA zur Identifizierung neu aufkommender Risiken im Bereich Pflanzen­gesundheit dienen. Dies beinhaltet vor allem die Methodenentwicklung zum Monitoring und zur Filterung von Daten sowie für die Risikobewertung neu aufkommender phyto­sanitärer Risiken.


Der vollständige Bericht wird Ende 2011 auf der Internetseite der EFSA (http://www.efsa.europa.eu) veröffentlicht.

Gritta Schrader, Hella Kehlenbeck, Jens-Georg Unger
(JKI Braunschweig und Kleinmachnow)

Personalien

Herrn Professor Dr. Fred Klingauf, dem ehemaligen Präsidenten der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, zu seinem 75. Geburtstag

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

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Am 24. August 2011 begeht Herr Professor Dr. Fred Klingauf, der 13 Jahre lang als Präsident die Biologische Bundes­anstalt für Land- und Forstwirtschaft leitete, seinen 75. Geburtstag.

Fred Klingauf wurde im Jahre 1936 in Fürstenwalde (Spree) geboren und verbrachte dort auch seine Jugend- und Schulzeit. Auf das Abitur folgte 1954 und 1955 die Ausbildung zum Fachschul­dozenten in der Fachrichtung Landwirtschaft in Semper/Rügen und Seelow/Mark. Von 1955 bis 1956 unterrichtete er als Lehrer an der Fachschule für Landwirtschaft in Fürstenwalde. 1956 begann Fred Klingauf sein Studium der Landwirtschaft an der Hochschule für Ökonomie in Berlin (Ost). 1959 setzte er sein Studium an der Universität Bonn mit den Fächern Philosophie, Zoologie, Botanik, Chemie und Pflanzenkrankheiten fort. Mit der Dissertation zum Thema „Abwehr- und Meidereaktionen von Blattläusen (Aphididae) bei Bedrohung durch Räuber und Parasiten“ wurde er 1966 zum Dr. rer. nat. promoviert. Nach Vor­lage seiner Habilitationsschrift zum Thema „Die Wirtswahl von Blattläusen (Aphididae) und die das Selektionsverhalten steuernden Reize unter besonderer Berücksichtigung der Pflanzenoberfläche und ihres Wachsbelages“ wurde Dr. Fred Klingauf im Juni 1973 die venia legendi für das Lehrgebiet „Phytomedizin unter besonderer Berücksichtigung der Entomologie“ durch die Landwirtschaftliche Fakultät der Universität Bonn verliehen. Nach mehrjähriger Assistenten­tätigkeit am Institut für Pflanzenkrankheiten der Universität Bonn wurde Dr. Fred Klingauf 1976 zum Wissenschaft­lichen Rat und Professor ernannt und mit der Leitung der Abteilung Entomologie und Pflanzenschutz beauftragt. Im Oktober 1979 wurde er zum geschäftsführenden Direktor des Instituts bestellt.

Am 1. August 1980 wurde Professor Dr. F. Klingauf nach einem erfolgreich absolvierten Berufungsverfahren durch den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML) zum Direktor und Professor ernannt und mit der Leitung des Instituts für biologische Schädlingsbekämpfung der ehemaligen Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) in Darmstadt betraut.

Nach einem weiteren Berufungsverfahren für die Leitungsposition der Bio­logischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft wurden Professor Klingauf zum 1. Juli 1988 die Geschäfte eines Präsidenten der BBA übertragen, und am 2. September 1988 erfolgte seine Ernennung zum Präsidenten und Professor.

Bei seinem Eintritt in den Ruhestand im August 2001 konnte Präsident Klingauf auf eine Amtszeit von mehr als 13 Jahren zurückblicken. Einschließlich der acht Jahre, in denen er das Institut für biologische Schädlingsbekämpfung der BBA leitete, ergibt sich eine Gesamtzeit von 21 Jahren, in der sich Präsident Klingauf mit größtem Engagement und Leidenschaft für das Wohl der Biolo­gischen Bundesanstalt eingesetzt hat.

Die Lehrtätigkeit an der Universität Bonn setzte er auch nach dem Wechsel in die BBA fort. Am 30. August 1982 wurde Professor Dr. Klingauf zum Honorar-Professor im Fachbereich Biologie der Technischen Hochschule Darmstadt ernannt. Seine Lehrtätigkeit in diesem Fachbereich hat er während seiner gesamten nachfolgenden Dienstzeit als Präsident der BBA beibehalten.

Professor Klingaufs wissenschaftliche Leistungen fanden sowohl in nationalen als auch in internationalen Fachkreisen große Anerkennung. Von 1987 bis 1990 war er Erster Vorsitzender der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft, noch heute wirkt er als Ehrenvorsitzender im Vorstand dieser größten agrarwissenschaftlichen Vereinigung Deutschlands mit. Von 1986 bis 1989 wurde er zum Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie gewählt. Ferner war er von 1985 bis 1989 Vizepräsident der International Organization for Biological and Integrated Control of Noxious Animals and Plants, West Palaearctic Regional Section (IOBC/WPRS) und von 1991 bis 1999 Mitglied im Ständigen Ausschuss des International Congress of Plant Patho­logy (ICPP). Während seiner Dienstzeit, sowohl in der Universität Bonn als auch in der Biologischen Bundesanstalt, war er über viele Jahre bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft als Fachgutachter im Bereich Phytomedizin sowie in der Pflanzenschutzmittelkommission tätig. Als Experte für Fragen des biologischen und des integrierten Pflanzenschutzes betreute Professor Klingauf Pflanzenschutzprojekte in Tunesien, Syrien, Jemen, Ägypten, Kenia, Vietnam, Philippinen, West-Samoa und in Argentinien.

Eine Aufgabe, die Professor Klingauf besonders am Herzen lag, war die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Mit besonderem Interesse verfolgte er die Entwicklung der Arbeitsmöglichkeiten für Doktorandinnen und Doktoranden in der BBA. Bis zu seinem Ausscheiden hat Professor Klingauf 47 Diplomarbeiten betreut und 44 Doktoranden zur Promotion geführt.

Während seiner 13-jährigen Amtszeit als Präsident der BBA kamen Aufgaben auf ihn zu, die bei seiner Berufung zum Präsidenten noch nicht absehbar waren. Mit der Wiedervereinigung wurde der staatliche Pflanzenschutz aus beiden Teilen Deutschlands wieder zusammengeführt. Beachtliche Teile der Biologischen Zentralanstalt in Kleinmachnow wurden in die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft integriert. Drei neue Institute und Außenstellen anderer BBA-Einrichtungen wurden in Kleinmachnow gegründet. Damit konnten wichtige Forschungsbereiche der ehemaligen DDR erhalten werden, und es gelang, den bestehenden Forschungsbedarf zu Fragen der Ökotoxikologie, des integrierten Pflanzenschutzes und der Folgenabschätzung im Pflanzenschutz abzudecken.

Mit der Novellierung des „Gesetzes zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz)“ im Jahre 1986 wurde die Verantwortung des Pflanzenschutzes für den Schutz des Naturhaushaltes besonders hervorgehoben. Dieser Schwerpunktsetzung schenkte Professor Klingauf sowohl als Leiter des Institutes für biologische Schädlingsbekämpfung in Darmstadt als auch als Präsident der BBA starke Beachtung. Sichtbar wird dies u.a. auch darin, dass das Institut in Darmstadt im Jahr 1990 in „Institut für bio­logischen Pflanzenschutz“ umbenannt wurde. Schon bald nach Übernahme des Präsidentenamtes wurde Professor Klingauf mit seiner BBA in intensive Diskussionen um das neue europäische Pflanzenschutzrecht (Richtlinie 91/414/EWG) einbezogen, und es begannen die Vorbereitungen für die Anpassung des nationalen Rechtes, die im Jahr 1998 in einem novellierten Pflanzenschutzgesetz, insbesondere mit Blick auf die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, mündeten. Dank der aktiven Unterstützung des Präsidenten in den Verhandlungen des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und der Kommission in Brüssel wurde ein Pflanzenschutzgesetz entwickelt, das trotz erheblicher Veränderungen (z. B. Indikationszulassung, europäische Wirkstoffprüfung) in der landwirtschaftlichen, gartenbaulichen und forstwirtschaft­lichen Praxis breite Akzeptanz fand.

In den Jahren 1995 bis 1998 leitete Professor Klingauf als Präsident den Senat der Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des BMVEL. Während seiner Amtszeit wurde die Öffentlichkeitsarbeit des Senates deutlich verstärkt, so erhielt beispielsweise die Zeitschrift des Senates, der „Forschungs­Report“, ein neues, modernes Gesicht. Unter seinem Vorsitz gelang es, den Forschungsbereich des BMVEL stärker an die europäische und internationale Agrarforschung anzubinden.

Ein Ereignis, dem sich Professor Klingauf zurzeit seiner BBA- und zusätzlich seiner Senats-Präsidentschaft zu stellen hatte, war die 1996 von der Bundesregierung verabschiedete „Neuordnung der Ressortforschung im Geschäftsbereich des BML“ (Rahmenkonzept 2005), die tiefgreifende Änderungen in den Strukturen und Aufgaben der Ressortforschung zur Folge haben sollte. In einem Zeitraum von zehn Jahren sollte die Anzahl der BBA-Stand­orte von zehn auf drei, die Anzahl der wissenschaftlichen Einrichtungen von 16 auf 10 und der Personalbestand von 684 auf 560 zurückgeführt werden. Die Biolo­gische Bundesanstalt mit ihren gesetzlich begründeten und ihren Forschungsauf­gaben musste neu konzipiert und dem rapide sinkenden Personalbestand angepasst werden. Präsident Klingauf führte die Verhandlungen zur Umsetzung des Rahmenkonzeptes 2005 stets mit großem Fingerspitzengefühl, doch auch mit der erforderlichen Bestimmtheit.

Große Aufmerksamkeit schenkte Präsident Klingauf auch der Zusammen­arbeit mit den Pflanzenschutzdiensten der Länder. Er unterstützte die rasche Integration der Pflanzenschutzdienste der neuen Länder u.a. dadurch, dass er trotz organisatorischer Schwierigkeiten die traditionsreiche 65. Arbeitssitzung des Deutschen Pflanzenschutzdienstes – die erste gesamtdeutsche Arbeitssitzung nach der Wiedervereinigung – am 11. und 12. März 1992 in Rostock veranstaltete. Auch die nachfolgenden Arbeits­sitzungen unter seiner Leitung fanden in den „Neuen Bundesländern“ statt.

Der Gestaltung der alle zwei Jahre stattfindenden Deutschen Pflanzenschutztagung maß Professor Klingauf große Bedeutung zu. Er trug maßgeblich dazu bei, die Deutsche Pflanzenschutztagung zur größten und zu einer der traditionsreichsten agrarwissenschaftlichen Fachtagungen in Europa zu entwickeln. Dies war nur möglich, indem er seine Kon­takte zu den Pflanzenschutzdiensten der Nachbarländer intensiv pflegte. Im Jahre 1999 wurde Professor Klingauf mit der österreichischen Ferdinand-Beran-Medaille „in Anerkennung überragender Verdienste um den internationalen und österreichischen Pflanzenschutzdienst“ ausgezeichnet. Von der slowakischen Regierung wurde Präsident Klingauf im Jahr 2001 die „Department Distinction Silver Medal“ für die gute fachliche Zusammenarbeit beider Länder auf dem Gebiet des Pflanzenschutzes verliehen.

Professor Klingauf hat sich in den vielen Jahren seines umfangreichen und erfolgreichen Wirkens sehr um die Bio­logische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, für den Pflanzenschutz und für die Agrarwissenschaften im weitesten Sinne verdient gemacht. Für seine organisatorischen und wissenschaftlichen Verdienste um den Pflanzenschutz wurde ihm im Jahr 2004 die Otto-Appel-Denkmünze verliehen, die höchste Ehrung, die der deutsche Pflanzenschutz zu vergeben hat.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Julius Kühn-Instituts und der frü­heren BBA freuen sich, dass Professor Klingauf bei guter Gesundheit seinen 75. Geburtstag begehen kann und gratulieren ihrem ehemaligen Präsidenten sehr herzlich. Wir wünschen ihm für die kommenden Jahre alles erdenklich Gute, Gesundheit und Wohlergehen im Kreise seiner Familie.

Dr. Georg F. Backhaus
Präsident und Professor des Julius Kühn-Instituts,Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

Dr. Klaus Peter in den Ruhestand verabschiedet

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

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Der Wissenschaftler und langjährige Mitarbeiter im Leitungsstab, zunächst der ehemaligen Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen sowie seit Januar 2008 des Julius Kühn-Instituts mit Hauptsitz in Quedlinburg, Dr. Klaus Peter, ist am 30. Juni 2011 in den Ruhestand verabschiedet worden. Dr. Peter blickt auf eine lange und erfolgreiche Zeit zurück, in der er seine volle Arbeitskraft immer in den Dienst der Forschung an und für Kulturpflanzen und in den der Forschungsorganisationen, für die er tätig war, gestellt hat. Dies tat er ungeachtet der wechselnden Namen und Organisationsformen der jeweiligen Einrichtungen.

1946 in Naumburg an der Saale geboren, wuchs Dr. Klaus Peter in Quedlinburg auf und besuchte hier die Grund-, Mittel- und Oberschule. Nach dem Wehrdienst und einer einjährigen Berufs­ausbildung als Anlagenfahrer in den LEUNA-Werken sowie einem Jahr Arbeit im Werk, nahm er 1970 das Studium der Gartenbauwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin auf. Schon vor dem Abschluss des Studiums kam Dr. Peter im Jahr 1974 als Forschungsstudent an das Institut für Phytopatho­logie (IfP) der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften in Aschersleben. Von Beginn an faszinierten ihn dessen Forschungsinhalte und bewogen ihn, seine berufliche Zukunft auf die Fach­gebiete der Phytomedizin und Züchtungsforschung zu konzentrieren. Ab 1977 war er dort als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Ein Jahr später (1978) beendete er seine Promotion.

In der Abteilung Pflanzliche Bakteriosenforschung untersuchte er, betreut von Professor Dr. Klaus Naumann, „die bak­teriellen Erreger der Knollennassfäule in der industriemäßigen Kartoffelproduktion“(so der Titel der Arbeit). Das bearbeitete Forschungsthema war damals vor dem Hintergrund, die Ver­sorgung der Bevölkerung mit dem Grundnahrungsmittel Kartoffel nachhaltig zu sichern, von hoher Relevanz. Da der Befall der Lagerkartoffeln nach der maschinellen Ernte mit verschiedenen bakteriellen Schaderregern zu hohen Verlusten führen konnte, wurden Versorgungsengpässe befürchtet. Neben den bakteriellen Kartoffelfäulen bearbeitete Dr. Peter bis 1980 schwer­punktmäßig auch Mykoplasmosen an Pflanzen. Von 1980 bis 1981 wurde ihm im Rahmen eines Zusatzstudiums „Bakteriologie“ ein Forschungsaufenthalt an der Moskauer Timirjasev-Aka­demie bewilligt, der Landwirtschafts­universität mit der längsten Geschichte in Russland.

Nach dem Auslandsaufenthalt wechselte Dr. Peter als wissenschaftlicher Sekretär des Direktors in die Administration des IfP. Von 1984 bis 1990 leitete er die Abteilung Forschungsplanung und -organisation. Nach der Wende erhielt Dr. Peter eine Stelle als wissenschaft­licher Mitarbeiter in der neu gegründeten Bundesforschungsanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ). 1992 wurde er persönlicher Referent des Anstaltsleiters am Hauptsitz Quedlinburg, seiner Heimatstadt. Zunächst unter der kommissarischen Leitung von Prof. Gerhardt Alleweldt, der als Weinbau­experte und Züchter der Rebsorte Regent damals wie heute hohes Ansehen genießt, später unter der Leitung von Dr. Manfred Neumann setzte sich Dr. Peter in besonderem Maße für die Forschungskoordinierung und die Öffentlichkeitsarbeit ein. Ab Januar 2008 nahm er gleichermaßen wichtige zentrale Aufgaben auch für das Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, wahr und unterstützte den Präsidenten unmittelbar in vielerlei Hinsicht.

In seiner Funktion als Wissenschaftsmanager, Forschungskoordinator und enger Mitarbeiter der jeweiligen Leiter prägte Dr. Klaus Peter das Profil der Forschungseinrichtungen maßgeblich. Insbesondere während der frühen Phasen der Zusammenführung der Vorgänger­einrichtungen des heutigen JKI zum gemeinsamen Bundesforschungsinstitut, aber auch bis heute, hatte Dr. Peter ganz erheblichen Anteil daran, dass bei der Ausrichtung die Gemeinsamkeiten aus den verschiedenen Einrichtungen zum Tragen kamen, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammenarbeiteten und neue gemeinsame Ziele formuliert und umgesetzt werden konnten.

„Sein Haus“ in der Region, in Deutschland und im Ausland bekannt zu machen, das JKI in das kulturelle und gesellschaftliche Leben rund um den Hauptsitz in der Weltkulturerbestadt Quedlinburg und in die regionale und nationale Forschungslandschaft einzubinden, waren ihm wichtige Bedürfnisse, die er unermüdlich und mit ruhiger Beharrlichkeit erfolgreich verfolgte. Die Vernetzung von Forschern untereinander und ganz besonders die Förderung des Forschernachwuchses im JKI waren ihm eine Herzensangelegenheit. So war es beispielsweise seine Idee, jährlich im JKI ein Forum für Nachwuchswissenschaftler zu organisieren. Seit der Gründung des JKI treffen sich nun jedes Jahr im November die Nachwuchsforscher aller JKI-Standorte zu einem zweitägigen Symposium, das sie in Eigenregie organisieren, und in dem sie ihre Forschungsmethoden und -ergebnisse intensiv diskutieren und bewerten.

Dr. Klaus Peter hat mit seiner überlegten, ruhigen und äußerst kompetenten Art sehr zum Wohl und zur Entwicklung des JKI beigetragen, das JKI ist ihm zu großem Dank verpflichtet. Auch nach dem Eintritt in den Ruhestand wird Dr. Peter sicherlich seiner wissenschaft­lichen und wirklichen Heimat verbunden bleiben. So ist er in der Gesellschaft der Förderer und Freunde des JKI aktiv und in der Stadt Quedlinburg gesellschaftlich intensiv eingebunden. Wir, das JKI wünschen Herrn Dr. Peter für die hoffentlich vielen Jahre des Ruhestandes stets beste Gesundheit und alles erdenklich Gute.

Dr. Georg F. Backhaus
Präsident und Professor des Julius Kühn-Instituts,Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

Nachruf auf Ernst Halwaß

Journal für Kulturpflanzen, 63 (8). S. 270–279, 2011, ISSN 0027-7479, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Ernst Halwass taucht in Publikationen immer am Ende auf – in den Danksagungen. Hunderte von Wissenschaftlern aus den Agrarwissenschaften und Medizin sprachen ihm ihren Dank aus für die außergewöhnlichen grafischen Darstellungen in ihren Publikationen, die das Beschriebene durch die wissenschaftliche Illustration besonders verdeutlichten.

Ernst Halwass hatte nie Kunst studiert; er hatte Privatunterricht in Malerei und Grafik und machte 1951 eine Lehre als Gebrauchswerber. Nach seiner Tätigkeit als Leiter der Abteilung Lehrmittel an der landwirtschaftlichen Hochschule in Bernburg (1958 bis 1969) kam er als Grafiker an die Zentralstelle für Sortenwesen nach Nossen (1970 bis 1975).

Doch Ernst Halwass wollte selbstständig werden, und so reichte er 1975 zwei Anträge ein: Einen beim „Ministerium für Kultur“ für freiberufliche Tätigkeit und einen beim „Verband Bildender Künstler der DDR“ in Dresden. Nach einem Gespräch mit dem Minister wurde er zunächst als „Kandidat“ und dann 1978 als Vollmitglied in den Verband aufgenommen. Damit stand der frei­beruflichen Tätigkeit in der DDR nichts mehr im Wege.

Als „Gebrauchsgrafiker“ hat Ernst Halwass 182 Bücher belegbar mit seinen wissenschaftlichen Grafiken illustriert, davon 38 medizinische Werke, die im Thieme-Verlag und im Walter Gruyter-Verlag erschienen. Seine Passion waren jedoch die Pflanzen. Für den Fischer-Verlag illustrierte er Werke von „Philoso­phische Aspekte der Biologie“ bis zu den Ackerunkräutern, von physiologischen und ökologischen Büchern bis zum Standardwerk „Lehrbuch der Botanik“. Ein wichtiger Auftraggeber war der Verlag Eugen Ulmer mit seinem Verlagsprogramm gärtnerischer Lehrbücher und Bücher für Hobbygärtner. Ernst Halwass zeichnete und kolorierte in Büchern aller gärtnerischen Sparten. Nur das beeindruckende „Handbuch Obstsorten“ von Gerhard Friedrich und Herbert Petzold soll hier genannt werden, in dem Ernst Halwass 300 Obstsorten handkoloriert darstellt. Er nannte dieses Buch seine „Obstbibel“.

Ich hatte die Freude viele Jahre mit Ernst Halwass zusammen arbeiten zu dürfen. Unser gemeinsames Projekt war die Beschreibung der Entwicklungssta­dien von Pflanzen – die sogenannten „BBCH-Stadien“. Er zeichnete in seiner spezifischen „Pünktchentechnik“ die entscheidenden Stadien entsprechend der codierten BBCH-Beschreibung. Oft zog er gemeinsam mit seiner Frau die Pflanzen heran, um eine genaue Vorlage zu bekommen. Mit den inzwischen weltweit angewandten BBCH-Stadien ist Herr Halwass auch im internationalen Raum bekannt geworden. Die Zeichnungen zu den BBCH-Entwicklungsstadien des Spargels waren seine letzte Arbeit. Er vollendete sie wenige Monate vor seinem Tod am 25. Februar 2011.

Die Wissenschaft hat Ernst Halwass viel zu verdanken – er hat ein großes Werk hinterlassen. Dieses Lob hätte er, bescheiden wie er war, jedoch sofort zurückgewiesen. Man wird nicht umhinkommen an ihn zu denken, denn über sein reiches Schaffen hat er sich als Künstler selbst ein Denkmal gesetzt.

Uwe Meier (JKI Braunschweig)


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