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Originalarbeit

Falscher Mehltau an Salatgurken im ökologischen Anbau unter Glas – Unterschiede in der Widerstandsfähigkeit der Sorten?

Downy mildew of organically grown cucumbers in the greenhouse – differences in susceptibility of varieties?

Peggy Marx1, Ute Gärber1 und Eckard Moll2
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst, Kleinmachnow1
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Zentrale Datenverarbeitung, Kleinmachnow2

Journal für Kulturpflanzen, 63 (9). S. 294–298, 2011, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2011.09.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Ute Gärber, Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, E-Mail: ute.gaerber@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
30. Mai 2011

Zusammenfassung

Der Falsche Mehltau (Pseudoperonospora cubensis) an Gurken stellt einen limitierenden Faktor für den ökolo­gischen Anbau von Schlangengurken unter Glas dar. Auf dem Markt angebotene Sorten weisen unterschiedliche Anfälligkeiten für Echten Mehltau auf. Über die Anfälligkeit für Falschen Mehltau liegen jedoch derzeit keine Informationen vor. Mit dem Ziel, Unterschiede in der Anfälligkeit der Sorten für Falschen Mehltau zu benennen, wurde ein ausgewähltes Sortiment von 20 marktgängigen Schlangengurkensorten im Gewächshaustest vergleichend geprüft. Dabei zeigte sich, dass alle Sorten anfällig für Falschen Mehltau waren; einige Sorten zeigten jedoch einen etwas geringeren Befall als andere. Momentan stellt die Sortenwahl kein geeignetes Instrument dar, um den Befall mit Falschem Mehltau deutlich zu redu­zieren. Um für die Praxis relevante Empfehlungen aussprechen zu können, sind weiterführende Untersuchungen in Zusammenhang mit den Ertragsdaten notwendig.

Stichwörter: Cucumis sativus, Gurken, Falscher Mehltau, Pseudoperonospora cubensis, Sorten

Abstract

Dowy mildew (Pseudoperonospora cubensis) is one of several diminishing factors of organically grown cucumbers in the greenhouse. Varieties available on the market exhibit different degrees of susceptibility to powdery mildew while little is known about susceptibility to downy mildew.

With the objective to find differences in the degree of susceptibility 20 selected varieties disposable on the market were tested and compared.

The results revealed that all varieties were susceptible, but at several varieties showed a lower severity of the disease. Selecting varieties thus does not constitute a suitable instrument to reduce the infestation with downy mildew to a considerable extent as for their yield. To publish recommendations for growers a lot of work is to be done especially disease severity associated with yield.

Key words: Cucumis sativus, cucumber, downy mildew, Pseudoperonospora cubensis, varieties

Einleitung

Gurken gehören neben Tomaten zu den Hauptkulturen im Gewächshaus (Sauer und Teichert, 2004). Im Gurken­anbau ist aufgrund der hohen Kosten eine Verlängerung der Erntezeit um nur wenige Wochen oftmals ausschlaggebend für einen finanziellen Gewinn (pers. Komm. Braun, 2007). Derzeit werden von insgesamt ca. 230 ha Anbaufläche Gurken in Deutschland 5 bis 8% ökologisch bewirtschaftet (Pan Germany, 2006).

Die Nachfrage der verarbeitenden Industrie nach Produkten aus ökologischer Bewirtschaftung bei Gurke ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Aufgrund der Gefahr des Auftretens des Falschen Mehltaus ist die ökologische Bewirtschaftung jedoch mit hohen Risiken verbunden. Die Entwicklung von Strategien zur Eindämmung des Falschen Mehltaus an Gurke im Ökoanbau ist daher eine notwendige Voraussetzung für die Sicherung und Erweiterung ökologischer Anbauflächen. Derzeit fehlen jedoch geeignete und effektive Maßnahmen, um den Befall wirkungsvoll einzudämmen.

Für den Ökoanbau im Gewächshaus steht dem Anbauer ein breites Sortiment an Gurken zur Verfügung. Verschiedene Sorten weisen unter anderem Resistenzen gegenüber dem Echten Mehltau auf. Zur Anfälligkeit für Falschen Mehltau liegen jedoch keine Angaben seitens der Züchter vor.

Daher wurden ertragreiche, gegenüber Echtem Mehltau widerstandsfähige Sorten, die im Ökolandbau große Bedeutung haben, auf ihre Anfälligkeit für Falschen Mehltau geprüft.

Material und Methoden

Sortenwahl

In zwei Versuchen wurden insgesamt 20 praxisrele­vante Gurkensorten auf ihre Widerstandfähigkeit gegen Falschen Mehltau untersucht. Die Auswahl der Sorten erfolgte auf Grundlage des ÖKOmenischen Sortenratgebers (2010/2011) und in Absprache mit Bioland (Tab. 1). Als resistente Vergleichsorten wurden die Einlegegurken­sorten ´Anne F 1’ und ´Ira F 1’ (Fa. Satimex) einbezogen, für die vom Züchter resistente Eigenschaften beschrieben wurden.

Tab. 1. Überblick über die in den Versuchen einbezogenen Sorten

Züchter

Sorten
Versuch 1

Sorten
Versuch 2

Bingenheimer Saatgut AG

Helena

Arola

Bruno Nebelung GmbH

Paramos

 
 

Sudika

 

Enza Zaden

Airbus

Akito

 

Juliandra

Airbus

 

Loustik

Kathrina

  

Picolino

  

Torreon

HILD Samen GmbH

Palladium

 

Rijk Zwaan

Eminentia

Addison

  

Aramon

  

Cumlaude

  

Khassib

  

Quarto

Seminis

Spoetnik

 

Pflanzenanzucht

Die Anzucht der Pflanzen erfolgte im Gewächshaus in Quickpot-Platten (Pikiersubstrat, Fa. Fruhstorf). Mit der Ausbildung des ersten Laubblattes wurden die Jungpflanzen in 13er Vierecktöpfe (Topfsubstrat Fa. Fruhstorf) mit einer Pflanze/Topf getopft.

Die getopften Pflanzen wurden auf 7 Gewächshaus­tischen (30 × 12 m), die mit Vliesmatten ausgelegt waren, aufgestellt (Abb. 1). Die Vliese wurden regelmäßig befeuchtet, um eine hohe Luftfeuchte zu gewährleisten. Die Kultur erfolgte bei 21/21°C Tag/Nachttemperatur und einer Zusatzbelichtung über 12 Stunden. Die Pflanzen wurden während der gesamten Versuchsdauer (ca. 6 Wochen) nicht gedüngt.

Abb. 1. Aufstellung der Pflanzen im Gewächshaus.

Abb. 1. Aufstellung der Pflanzen im Gewächshaus.

Inokulation

Im ersten Versuch wurden die Pflanzen im 3- bis 4-Blattstadium, im zweiten Versuch im 4- bis 5-Blattstadium inokuliert. Dazu wurde eine Sporenlösung mit 1 × 104 Sporen/ml und ca. 20 ml/Pflanze mittels einem Druckpumpzerstäuber blattoberseits und blattunterseits ausgebracht (Abb. 2). Zur Förderung der Infektionsrate wurden die Pflanzen anschließend 24 Stunden mit schwarzer Folie abgedeckt.

Abb. 2. Inokulation der Pflanzen.

Abb. 2. Inokulation der Pflanzen.

Versuchsanlagen und Versuchsauswertung

Für den ersten Versuch war eine Blockbildung aufgrund der Gegebenheiten nicht geeignet, so dass alle Sorten mit ihren Wiederholungen (Pflanzen) in einer vollständig randomisierten Anlage aufgestellt wurden. Der zweite Versuch wurde in einer einfaktoriellen Blockanlage mit sieben Wiederholungen angelegt.

Die Bonitur erfolgte 10 bzw. 21 Tage nach Inokulation durch Schätzung der Befallsstärke als befallene Blatt­fläche in Prozent. Dazu wurde aus mehreren Blättern je Pflanze als mittlere Befallsstärke der Median gebildet. Diese mittleren Werte waren die Ausgangsbasis für die statistischen Analysen. Für den ersten Versuch wurden die Sorteneffekte mit Hilfe des Simulate-Verfahrens zum Signifikanzniveau α = 0,05 mittels SAS 9.2 verglichen. Aufgrund der wesentlich geringeren Befallsstärke wurde der zweite Versuch auf der Grundlage der aus den Befalls­stärken gebildeten relativen Häufigkeiten ausgewertet. Der Sortenvergleich wurde mit Hilfe der SAS-Prozedur Genmod mit der Logit-Transformation als Link-Funktion und der Annahme der Binomialverteilung für dieses Merkmal durchgeführt. Das Signifikanzniveau für diese χ²-Tests war α = 0,05.

Ergebnisse und Diskussion

Die Keimfähigkeit der Sorten variierte zwischen 85 und 100% (Tab. 2).

Tab. 2. Keimraten 19 Tage nach Aussaat

Versuch 1

 

Versuch 2

Sorte

Keimrate [%]

 

Sorte

Keimrate [%]

Eminentia

94

 

Khassib

100

Paramos

85

 

Quarto

98

Sudika

91

 

Addison

98

Airbus

98

 

Cumlaude

92

Juliandra

94

 

Aramon

96

Palladium

96

 

Arola

92

Helena

87

 

Torreon

100

Spoetnik

93

 

Kathrina

100

Loustik

91

 

Picolino

100

   

Akito

100

   

Quarto

98

In Deutschland existieren derzeit keine gesetzlichen Regelungen zur Qualität von Ökosaatgut, die über die Regelungen für konventionelles Saatgut hinausgehen. Als allgemeiner Richtwert für die Keimfähigkeit werden mindestens 80% angesehen. Diese Rate wurde in allen geprüften Sorten erreicht (Abb. 3).

Abb. 3. gekeimte Pflanzen der Sorte ´Sudika’.

Abb. 3. gekeimte Pflanzen der Sorte ´Sudika’.

Im ersten Sortenversuch wurden hohe Infektionsraten erreicht. Bereits zehn Tage nach der Inokulation wiesen alle geprüften Sorten Befallsstärken von 30 bis 38% auf. Dabei waren keine visuellen Unterschiede zwischen den Befallsstärken der Sorten zu erkennen. Das wird auch durch die Boxplots (mit Whisker von 5% bis 95% Quantil, Symbol +: min/max, Abb. 4) bestätigt. Die paar­weisen statistischen Tests (Simulate-Verfahren, α = 0,05) lieferten keine signifikanten Unterschiede der Schlangengurkensorten bezüglich der Widerstandsfähigkeit gegen den Falschen Mehltau.

Abb. 4. Befallsstärken der Sorten (10 Tage nach Inokulation, 30 Pflanzen/Sorte, Median der Pflanze, (S) Standard).

Abb. 4. Befallsstärken der Sorten (10 Tage nach Inokulation, 30 Pflanzen/Sorte, Median der Pflanze, (S) Standard).

Von den beiden mitgeführten resistenten Standardsorten erwies sich lediglich die Einlegegurkensorte ´Ira F 1’ als gering anfällig für Falschen Mehltau und zeigte einen signifikant geringeren Befall als alle anderen Gurken­sorten. Die Einlegegurkensorte ´Anne F 1’, die wie ´Ira F 1’ gleichfalls als gering anfällig für Falschen Mehltau beschrieben wurde, zeigte sich in der vorliegenden Prüfung gegenüber der Erregerpopulation des Falschen Mehltaus als hoch anfällig. Bei einem Vergleich der Sorten ´Anne F 1’ mit ´Eminentia’ und ´Loustik’ erwies sich dieser Unterschied ebenfalls als signifikant (Abb. 4).

Die beiden Einlegegurkensorten wurden im ersten Versuch als Standard aufgrund fehlender resistenter Schlangengurken-Vergleichssorten testweise mitgeführt. Diese erwiesen sich unter den gegebenen Bedingungen bei der Prüfung im Gewächshaus als nur bedingt geeignet und wurden daher im zweiten Versuch nicht mehr einbezogen.

Im zweiten Versuch war der Befall gering. Für die geprüften Sorten traten 21 Tage nach der Inokulation Befallsstärken zwischen 0 und 7% auf (Tab. 3). Unter diesem geringen Befallsdruck wurden visuell Unterschiede in der Widerstandsfähigkeit der Sorten gegen Falschen Mehltau erfasst. Die Sorten ´Arola’, ´Quarto’ und ´Akito’ zeigten den niedrigsten Befall. Dieser Unterschied erwies sich im Vergleich zu den anderen Sorten als signifikant (χ²-Test, α = 0,05). Zwischen den Sorten ´Aramon’, ´Kathrina’, ´Cumlaude’, ´Khassib’, ´Addison’, ´Picolino’ und ´Torreon’ traten keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Widerstandsfähigkeit gegen Falschen Mehltau auf (Tab. 3).

Tab. 3. mittlere Befallsstärken der Sorten (21 Tage nach Inokulation, Blockanlage mit 7 Wiederholungen, ungleiche Buchstaben = signifikant)

Sorte

Befallsstärke
(%, mittlerer Median)

Testentscheidung

Arola

1

a

Quarto

2

ab

Akito

2

b

Aramon

5

c

Kathrina

5

c

Cumlaude

5

c

Khassib

5

c

Addison

6

c

Picolino

6

c

Torreon

7

c

Mit den hier vorgestellten Sortenprüfungen sollte ein erster Hinweis auf mögliche Unterschiede in der Widerstandsfähigkeit gegen Falschen Mehltau von Schlangengurkensorten gegeben werden. Es zeigte sich, dass einige Sorten eine etwas geringere Befallsstärke aufwiesen. Diese Unterschiede konnten zwar statistisch als signifikant gesichert werden, dabei handelt es sich jedoch um einmalige Untersuchungen. Um für die Praxis relevante Empfehlungen aussprechen zu können, sind weiterführende Untersuchungen bei verschiedenen Befallsbedingungen insbesondere im Vergleich mit zu erzielenden Ertragsdaten notwendig. Wie eigene Arbeiten zeigten, konnten Sorten im Anbau unter Glas aufgrund ihres hohen Ertragspotentials teilweise einen stärkeren Befall ausgleichen (Marx, unveröffentlicht). Nach den vorliegenden Untersuchungen stellt die Sortenwahl derzeit kein geeignetes Instrument für die Praxis dar, um den Befall mit Falschem Mehltau deutlich zu reduzieren (Abb. 5, Abb. 6, Abb. 7).

Abb. 5. Symptome Falscher Mehltau 21 Tage nach Inokulation an den Sorten ´Anne’, ´Loustik’, ´Spoetnik’ und ´Helena’ von links nach rechts.

Abb. 5. Symptome Falscher Mehltau 21 Tage nach Inokulation an den Sorten ´Anne’, ´Loustik’, ´Spoetnik’ und ´Helena’ von links nach rechts.

Abb. 6. Symptome Falscher Mehltau 21 Tage nach Inokulation an den Sorten ´Eminentia’ und ´Paramos’ von links nach rechts.

Abb. 6. Symptome Falscher Mehltau 21 Tage nach Inokulation an den Sorten ´Eminentia’ und ´Paramos’ von links nach rechts.

Abb. 7. Symptome Falscher Mehltau 21 Tage nach Inokulation an den Sorten ´Sudika’, ´Airbus’, ´Juliandra’ und ´Palladium’ von links nach rechts.

Abb. 7. Symptome Falscher Mehltau 21 Tage nach Inokulation an den Sorten ´Sudika’, ´Airbus’, ´Juliandra’ und ´Palladium’ von links nach rechts.

Danksagung

Wir danken den Saatgutfirmen für die freundliche Unterstützung durch die Bereitstellung des Saatguts. Dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gilt unser Dank für die Projektfinanzierung.

References

ÖKOmenischer Sortenratgeber 2010/2011.

Braun, M., 2007: Pers. Komm. Mitteilung, Biolandwirtin Baden-Württemberg.

Sauer, H., A. Teichert, 2004: Sorte ´Aramon’ (RZ) am ertragreichsten, Versuche im Deutschen Gartenbau, LVG Heidelberg. http://www.oekolandbau.de/erzeuger/pflanzenbau/grundlagen-des-oekopflanzenbaus/pflanzenzucht/sortenwahl-und-saatgutqualitaet, 2009: „Sortenwahl und Saatgutqualität“.


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ISSN (print): 1867-0911
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