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Originalarbeit

Ein Vorschlag zur methodischen Vorgehensweise und Datenauswertung bei Belagsmessungen zur Untersuchung der Applikationsqualität bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln

A proposal on methodology and data evaluation in the investigation of pesticide spray application

Heribert Koch und Horst Knewitz
Institut
Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Bad Kreuznach

Journal für Kulturpflanzen, 63 (9). S. 299–303, 2011, ISSN 0027-7479, DOI: 10.5073/JfK.2011.09.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Heribert Koch, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Rüdesheimerstr. 60-68, 5545 Bad Kreuznach, E-Mail: heribert.koch@dlr.rlp.de
Zur Veröffentlichung angenommen
29. Juli 2011

Zusammenfassung

Zur Untersuchung der Applikationsqualität bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln in Pflanzenbeständen werden Belagsmessungen durchgeführt. Wegen des hohen Arbeitsaufwandes wird die angelagerte Stoffmenge häufig mit Hilfe von Sammelproben untersucht. Das ist zwar arbeits­sparend, reduziert aber Informationsgehalt und Aussagekraft stark, weil eine Bewertung der Streubreite der Belagsmassen nicht möglich ist. Bei Dokumentation der Entnahmepositionen und Messung des Initialbelags auf jedem einzelnen Zielobjekt kann sowohl die Häufigkeitsverteilung der Belagsmassen als auch deren räumliche Verteilung beschrieben werden. An Stelle der üblicher­weise als Kenngröße von Belagsmessungen herangezo­genen mittleren Belagsmasse wird als Kennwert der Anteil von Zielobjekten vorgeschlagen, der Belagsmassen kleiner als 3% oder 5% vom Nominalaufwand (kg/10 000m2 Behandlungsfläche) aufweist. Unter der Annahme, dass Befall zuerst auf schwach belegten Zielobjekten auftritt, erscheint dieser Parameter aussagekräftiger als der Mittelwert, der insbesondere bei großer Variabilität sehr stark von einzelnen Werten abhängig ist.

Stichwörter: Initialbelag, Belagsmasse, Zielobjekt, Pflanzenschutzmittel-Applikation, Stichprobenverfahren, Applikationsqualität

Abstract

Spray deposits are investigated in order to describe the application quality in canopies. Such measurements are labour and time consuming and researchers often prefer to investigate bulk samples. This reduces workload and costs but leads to a loss of information because it is not possible to describe the variability of deposits. It is recommended to document the sampling position of each individual sampling unit which in addition enables to describe the spatial distribution of the deposits. It is common to calculate the mean deposit as characteristic parameter. Instead of the mean we propose to use the proportion of targets with deposits lower than 3% or 5% of the nominal dose (kg/10 000m2). This value seems to be more appropriate because efficacy occurs on individual targets.

Key words: Initial deposit, spray application, target, application quality, deposit

Einleitung

Belagsuntersuchungen zur Beschreibung der Applika­tionsqualität beim Pflanzenschutz haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Es klingt sicherlich selbstverständlich, dass Pflanzenschutzgeräte entsprechend Anlage 1 der Pflanzenschutzmittel-VO (Anonym, 2007) so beschaffen sein müssen, dass „bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Verwendung das Pflanzenschutzmittel am Zielobjekt ausreichend abgelagert wird.“

Nicht näher erläutert ist, was ein Zielobjekt ist und was mit „ausreichend abgelagert“ gemeint ist. Andererseits kann an einem Zielobjekt nur die Wirkstoffmenge einen Effekt auslösen, die dort angelagert ist.

Vorschläge zur Methodik von Belagsmessungen in Obstanlagen und Rebanlagen haben Koch und Knewitz (2006, 2008) erarbeitet. Dabei geht es im Wesentlichen um die Festlegung der Stichprobeneinheit und der Messeinheit. Grundsätzlich sollte neben der Häufigkeitsverteilung auch die räumliche Verteilung der Belagsmassen durch ein Stichprobenverfahren erfasst und betrachtet werden.

Die vorgeschlagene Methodik für Belagsmessungen legt einen Grundstein für die Vergleichbarkeit von Untersuchungen und Rückschlüsse auf die biologische Wirksamkeit, also auf Dosis-Wirkungsbeziehungen. Im Kern geht es um die Erfassung der Variabilität der Belagsmassen auf den einzelnen für den Behandlungserfolg relevanten Zielobjekten, z.B. Blättern und nicht allein um eine mittlere Belagsmasse im Bestand. Somit scheiden Sammelproben aus, deren Vorteil in der schnelleren Messdurchführung liegt, deren Nachteil aber in einem erheblichen Informationsverlust liegt.

Ziel von Belagsuntersuchungen

Ziel von Belagsmessungen ist die Quantifizierung der angelagerten Belagsmassen auf Pflanzenoberflächen und die Beschreibung der Gleichmäßigkeit der Verteilung sowie ggf. deren räumliche Anordnung im Bestand. Zielobjekt im Sinne der Pflanzenschutzmittel-VO kann bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ganz generell z.B. ein Saatkorn bei der Beizung sein, oder bei Spritzapplikation ein Blatt, eine Blüte, eine Frucht, eine einzelne Schadgraspflanze, wenn man annimmt, dass die auf dieser Einheit angelagerte Wirkstoffmenge die Wirksamkeit bestimmt. Die Variabilität der Belagsmassen auf allen Zielobjekten hat somit Einfluss auf die biologische Wirksamkeit.

Eine Pflanzenschutzmittelapplikation wird als eine Abfolge von überlappenden Zufallsprozessen verstanden (Koch, 1992). Die von den sich vorwärts bewegenden Zerstäubern erzeugten Tropfen werden auf unterschiedlichen Bahnen und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in Richtung Bestand transportiert, dessen morphologische Struktur pflanzen- und entwicklungsstadientypisch ist. Die Anordnung der Zielobjekte (z.B. Blätter) ist primär nicht darauf ausgelegt, möglichst viel Spritztropfen aufzufangen, sondern folgt anderen artspezifischen Wuchsregeln. Belagsmessungen an Fahnenblättern in Weizen zeigten, dass selbst hier enorme Unterschiede in der Belagshöhe auftreten, weil die indi­viduelle Ausrichtung aus Sicht der Düse variiert (Koch und Spieles, 1992) und sich zusätzlich ständig verändert.

Der Pflanzenbestand erlebt die Spritzapplikation und das Auftreffen von Tröpfchen passiv. Zusätzlich wird der Retentionsprozess in hohem Maße von den Eigenschaften der Spritzflüssigkeit und der Pflanzenoberfläche beeinflusst (Koch, 2007; Koch und Strub, 2007). Hier wird die Bedeutung des Pflanzenschutzmittels bzw. der ausgebrachten Mischung in einem bestimmten Pflanzenbestand deutlich. In den angesprochenen Untersuchungen wurde auch gezeigt, dass sich verschiedene Organe von Pflanzen stark unterschiedlich verhalten. D.h., auf der Blattunterseite verläuft die Belagsbildung anders als auf der Blattoberseite oder auf Früchten. Unterschiede können auch durch das verschiedene Alter der Blätter selbst induziert werden. Deshalb sind künstliche Kollektoren zur Belagsbewertung nicht geeignet, insbesondere dann nicht, wenn Belagsmessungen mit dem Ziel der Bewertung der biologischen Wirksamkeit von Pflanzenschutzmitteln gegen einen bestimmten Schadorganismus durchgeführt werden.

Das Ergebnis der Applikation ist schließlich die Belagsmassenverteilung auf den Organen des Bestandes. Werden die Belagsmassen auf einzelnen Zielobjekten ermittelt und oberflächenbezogen ausgedrückt (µg/cm2), so lässt sich anschließend sowohl eine Häufigkeitsverteilung als auch eine räumliche Verteilung darstellen, wenn die Entnahmepositionen dokumentiert wurden und somit eine geometrische Zuordnung der Belagswerte erlauben. Einen etwas anderen Ansatz beschreibt die Norm ISO/22522 (ISO, 2007), deren Ausrichtung eher auf vergleichende Untersuchungen von Pflanzenschutzgeräten ausgerichtet ist.

Messtechnische Besonderheiten bei der Festlegung von Stichprobeneinheit und Messeinheit

Belagsmessungen sollen zeigen, welche Wirkstoffmassen bei einer bestimmten ausgebrachten Aufwandmenge auf den einzelnen Zielobjekten erreicht werden. Sie zeigen damit, inwieweit die verwendete Applikationstechnik effizient ist, aber auch welche Interrelationen zwischen Präparate- bzw. Spritzflüssigkeitseigenschaften und Pflanzenoberflächen bestehen. Damit ist es entsprechend möglich, weitere Effekte zu untersuchen, wie etwa Auswirkungen unterschiedlicher Applikationsverfahren, Düsen, Wasseraufwandmengen. Letztlich soll das „effizienteste“ Verfahren angewendet werden, wie die Richtlinie 2009/128/EG (Anonym, 2009) für die Ausbringung mit Luftfahrzeugen fordert, um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen und um Kosten einzusparen. Anlagerungsuntersuchungen werden üblicherweise mit Hilfe von fluoreszierenden Tracern, wie z.B. Natrium-Fluorescein oder Brilliant-Sulfoflavin durchgeführt. Wenngleich Pflanzenschutzmittel das Retentionsverhalten auf Pflanzen beeinflussen und deshalb bei Belagsmessungen auch der Spritzflüssigkeit zugesetzt sein sollten, vereinfachen fluoreszierende Farbstoffe doch die Messmethodik (Koch und Knewitz, 2006, 2008).

Als Stichprobeneinheit werden verschiedentlich einfach zu untersuchende Pflanzenteile verwendet und an Hand der angelagerten Stoffmenge auf Vor- oder Nachteile einer Behandlungsvariante geschlossen. Oft korrespondiert aber das so gewonnene Ergebnis nicht mit der biologischen Wirkung, selbst wenn die Aufwandmenge drastisch abgesenkt wurde, um eine Differenzierung der technischen Einflussgrößen zu provozieren. Die Ursache hierfür könnte sein, dass nicht die relevanten Pflanzenteile beprobt wurden, an denen die Krankheit auch tatsächlich beginnt bzw. später diagnostiziert wird. So kann z.B. nur sehr bedingt von Belagswerten auf Rebblättern auf die Botrytis-Wirkung an Trauben geschlossen werden. Gleiches gilt auch für Erdbeeren, wenn Beläge auf künstlichen Kollektoren gemessen werden (Knott und Glagau, 1989) und Rückschlüsse auf die Wirksamkeit von Pflanzenschutzmaßnahmen gezogen werden.

An Weinreben infizieren die wichtigsten Blattkrankheiten nach allgemeinem, phytopathologischem Verständnis auf der Blattunterseite, so dass hier die Stoffmenge auf dem ganzen Blatt (Blattober- und -unterseite) keine treffende Aussage liefern kann, erst recht nicht, wenn aus Zeitgründen mehrere Blätter zusammengefasst und als Sammelprobe gemessen werden (Siegfried et al., 2000; Viret et al., 2003; Balsari et al., 2001). Wenn die Blatt­unterseite als phythopathologisch wichtigster Zielort angenommen wird, so kann nur die Belagsmasse auf diesem Pflanzenteil zum Krankheitsbefall in Bezug gesetzt werden.

Ebenso ist es wenig sinnvoll, von Anlagerungsversuchen in Weizen zur Blütezeit auf das Anlagerungsverhalten bei stehenden Getreideblättern im Frühstadium oder gar auf Unkräutern zu schließen. Anders ausgerichtete Zielflächen oder Zielflächen mit anderer Oberflächen­beschaffenheit können total unterschiedliche Ergebnisse liefern. Während im einen Fall grobe Tropfen zu höheren Belägen führen können, weil weniger Verluste auftreten, können im anderen Fall kleinere Tropfen die angelagerte Stoffmenge erhöhen, weil große Tropfen nicht haften bleiben und abrollen. Dieser Effekt konnte beim Vergleich des Prozesses der Belagsbildung von Rapsfungiziden durch Videoaufnahmen visualisiert und durch Belagsmessungen belegt werden (Koch, 2007).

Bei Untersuchungen in Raumkulturen muss das Stichprobenverfahren, d.h. die Probenahme so gestaltet sein, dass die Auswertung die Darstellung eines vertikalen Verteilungsprofils erlaubt (Koch und Knewitz, 2006, 2008; ISO, 2007). Weil die Laubwand bei der heutigen Ausbringungstechnik eher horizontal angeströmt wird, geht es darum das vertikale Verteilungsprofil darzustellen, das sich letztlich aus den überlagernden Spritzbändern der einzelnen Düsen zusammensetzt und damit aus Sicht der phytopathologischen Relevanz optimiert werden kann.

Für jeden Versuchsansteller gilt es daher vor Versuchsbeginn, die für das Bekämpfungsziel biologisch relevante Einheit als Stichprobeneinheit festzulegen. Zielobjekt in diesem Sinne kann z.B. ein Blatt sein, eine Ähre, oder auch ein Segment einer Blattunterseite oder Blattober­seite. Der Stichprobenumfang sollte groß genug sein, um bei der zu erwarteten Variabilität noch aussagekräftige Daten zu erhalten.

Grundsätzlich sollten die Einheiten einzeln gemessen werden und nicht als Sammelprobe. Einzelwerte erlauben die Beschreibung der Variabilität der Belagsmassen und insbesondere eine Abschätzung, welcher Anteil an Zielobjekten nur schwach belegt ist. Diese Betrachtung ist relevant für die biologische Wirksamkeit, jedenfalls mehr als der Mittelwert (Koch et al., 2007; Knewitz et al., 2008; Xu et al., 2006).

Dateninterpretation: Mittelwert oder Anteil Zielobjekte mit geringem Belag

Nach Ermittlung der Belagsmasse am Zielobjekt sowie dessen Oberfläche, was bei flächigen Zielobjekten einfach über einen Scanner möglich ist, kann die Belags­masse für jedes einzelne untersuchte Zielobjekt in µg/cm2 bestimmt werden. Hieraus können dann in weiteren Schritten der Mittelwert, die Standardabweichung und der Variationskoeffizient berechnet werden. Wenngleich die Häufigkeitsverteilung in der Regel schief ist, so ist der Variationskoeffizient doch eine Kennzahl der Häufigkeitsverteilung. Typisch für gleichmäßige Verteilung sind Variationskoeffizienten zwischen 40 und 80%. Bei schwierig zu treffenden Zielflächen, die aber aus Sicht der biologischen Wirksamkeit beprobt werden müssen, treten auch Variationskoeffizienten bis zu 200% auf (Abb. 1). In solchen Fällen ist der Mittelwert sehr stark von einzelnen Belagswerten abhängig.

Abb. 1. Darstellung der einzelnen Belagswerte von Blattunterseiten (n = 60) auf der geräteabgewandten und der gerätezugewandten Laubwandseite einer einseitig behandelten Rebzeile, ausgedrückt in % vom laubwand­bezogenen Nominalaufwand. Die 5%-Linie markiert den angenommenen Schwellenwert und zeigt die unterschiedlichen Anteile schwach belegter Blattunterseiten nach einseitiger Applikation.

Abb. 1. Darstellung der einzelnen Belagswerte von Blattunterseiten (n = 60) auf der geräteabgewandten und der gerätezugewandten Laubwandseite einer einseitig behandelten Rebzeile, ausgedrückt in % vom laubwand­bezogenen Nominalaufwand. Die 5%-Linie markiert den angenommenen Schwellenwert und zeigt die unterschiedlichen Anteile schwach belegter Blattunterseiten nach einseitiger Applikation.

Folglich ist bei solch großer Variabilität die mittlere Belagsmasse nicht sehr aussagekräftig, um den Behandlungserfolg zu beurteilen. Entscheidend für den Krankheitsverlauf ist dann nicht die mittlere Belagsmasse, sondern der Anteil Zielobjekte mit geringen Belagsmassen. Auf Blättern mit geringen Wirkstoffmengen wird ein Schaderreger wahrscheinlich eher infizieren können als bei höheren Wirkstoffdepots. Dieser Schluss ist sicherlich zulässig, wenngleich der absolute Wert der für die biologische Wirksamkeit erforderlichen Wirkstoffmenge i.d.R. nicht bekannt ist. Wir plädieren deshalb dafür, bei Untersuchungen und Systemvergleichen an Stelle der mittleren Belagsmasse den Anteil von Zielobjekten mit einer Belagsmasse von weniger als x% vom behandlungsflächenbezogenen Nominalaufwand zu verwenden. Je nach Zielobjekt muss man dann entscheiden, ob hier z.B. als Grenze 3%, 5% oder ein anderer Wert zweckmäßig ist.

Abb. 1 zeigt beispielhaft die einzelnen Belagswerte auf der Blattunterseite aus zwei Belagsmessungen nach Applikation einer Rebzeile von einer Seite. Die Belagswerte sind in Relation gesetzt zum behandlungsflächenbezogenen, d.h., dem laubwandbezogenen Nominalaufwand, der als kg/10 000 m2 Laubwandfläche angegeben wird (Koch, 2007; Friessleben et al., 2007). Je Laubwandseite wurden 60 Blätter entnommen. Es wird deutlich, dass auf der geräteabgewandten Seite der mittlere Belag bei 8,8% liegt, während auf der gerätezugewandten Laubwandseite 9,8% errechnet wurden. Bei Betrachtung der Einzelwerte zeigt sich allerdings, dass auf der geräteabgewandten Seite 53% der Blattunterseiten weniger als 5% des Nominalaufwands aufwiesen, während dieser Anteil auf der gerätezugewandten Seite 72% betrug. Trotz größeren Mittelwertes zeigt die Stichprobe auf der gefahrenen Laubwandseite den größeren Anteil eher schwach belegter Blattunterseiten. An der direkt angespritzten Laubwandseite ergab sich eine sehr große Variabilität der Belagswerte mit einem Variationskoeffizienten von 204%, d.h., einzelne sehr hohe Werte bestimmen maßgeblich den Mittelwert (9,8%). Die hohen Werte tragen andererseits nicht zur biologischen Wirksamkeit bei. Diese wird eher bestimmt durch den großen Anteil schwach belegter Blattunterseiten. Die „besser“ belegten Blattunterseiten auf der abgewandten Laubwandseite erklären sich dadurch, dass die Tropfen beim Auftreffen der Spritzstrahlen auf die Laubwand primär auf Blatt­oberseiten treffen. In die Laubwand eingedrungene Tropfen treffen dann auf der gegenüberliegenden Laubwandseite eher auf Blattunterseiten. Auch hieraus wird deutlich, dass die Messung ganzer Blätter oder gar zusammengefasster Sammelproben kaum aussagekräftige Ergebnisse liefern kann.

Abb. 2 zeigt Beispiele für zwei Vertikalverteilungen mit einem Sprühgerät und unterschiedlicher Düsenbestückung in einer Rebanlage. Dargestellt sind die einzelnen Werte, die den Höhenpositionen über dem Boden zugeordnet sind, sowie der gleitende Mittelwert. Profil 1 (rot) wurde mit 4 identischen Düsen des Typs AVI 80 015 erreicht. Bei Profil 2 (blau) wurden die unteren beiden Düsenpositionen mit Düsen des Typs AVI 80 025 bestückt, d.h., hier wurde in der Traubenzone eine höhere Ausbringmenge beabsichtigt. Der Gebläseluftstrom des Sprühgerätes dominiert das Profil und verfrachtet die Tropfen nach oben, so dass sich die deutlich größeren Düsen (blaue Variante) nicht auf die Belagsmasse in der Traubenzone auswirken.

Abb. 2. Zwei Beispiele für Vertikalverteilungen in der Laubwand einer Rebanlage, Düsenbestückung rot: 4-mal AVI 80 015. Blau: untere Düsen 2-mal AVI 80 025, obere Düsen 2-mal AVI 80 015. Belagsmassen auf Blattunterseiten in % vom laubwandbezogenen Nominalaufwand (n = 120).

Abb. 2. Zwei Beispiele für Vertikalverteilungen in der Laubwand einer Rebanlage, Düsenbestückung rot: 4-mal AVI 80 015. Blau: untere Düsen 2-mal AVI 80 025, obere Düsen 2-mal AVI 80 015. Belagsmassen auf Blattunterseiten in % vom laubwandbezogenen Nominalaufwand (n = 120).

Diskussion

Die Durchführung von Belagsmessungen zur Bewertung der Applikationsqualität im Pflanzenschutz ist zeitaufwendig und kompliziert. Deshalb sind methodische Vereinbarungen notwendig und eine Voraussetzung zur Vergleichbarkeit von Untersuchungsergebnissen. Entscheidend dabei sind Stichprobenverfahren sowie die Festlegung von Stichprobeneinheit und Messeinheit. Das Stichprobenverfahren sollte sowohl eine statistische Auswertung als auch eine räumliche oder geometrische Auswertung ermöglichen. Um die Variabilität der Belagsmassen auf einzelnen Zielobjekten in die Bewertung einbeziehen zu können, müssen die Zielobjekte einzeln untersucht werden. Sammelproben, wie auch in der ISO 22522 als „zone sampling“ vorgesehen, bedeuten Informationsverlust. Die Belagsmasse am einzelnen Zielobjekt ist sicher wichtig für die biologische Wirksamkeit an diesem Zielobjekt. Deshalb ist als Maßzahl für die Applikationsqualität der Anteil Zielobjekte mit geringem Belag aussagekräftiger als die mittlere Belagsmasse. Allerdings sind Zielobjekte im Pflanzenschutz bisher nicht definiert. Während bei Saatgut sicherlich das einzelne Saatkorn eine phytopathologisch eindeutige Einheit ist, und auch noch eine Keimpflanze als solche Einheit verstanden werden kann, muss man bei größeren Pflanzen Teile davon betrachten. Es erscheint sinnvoll und wird deshalb hier vorgeschlagen, bei Getreide oder Bäumen das einzelne Blatt oder im Obst eine Blüte bzw. eine Frucht als Zielobjekt und im Sinne von Stich­proben- und Messeinheit zu verwenden. Grundsätzlich wird sich diese Entscheidung auch am Schadorganismus und der biologisch relevanten Einheit orientieren.

Mit diesem Beitrag soll auch eine Diskussion initiiert werden darüber, welcher Schwellenwert im Einzelfall angenommen werden sollte. Als Bezugsgröße zur Normierung und damit Vergleichsmöglichkeit wird der behandlungsflächenbezogene Nominalaufwand vorgeschlagen. Behandlungsfläche ist dabei die von den geöffneten Düsen tatsächlich übersprühte Fläche, die bei Flächenbehandlung der Grundfläche entspricht und in Raumkulturen der Laubwandfläche. Gemessene Belagsmassen (µg) je cm2 Pflanzenoberfläche lassen sich so in Relation zur ausgebrachten Stoffmenge (µg) je cm2 Behandlungs­fläche setzen. (1 kg/10 000 m2 = 10 µg/cm2).

Literatur

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