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Originalarbeit

Erstnachweis von Passalora capsicicola (Syn. Cladosporium capsici) an Capsicum annuum in Österreich

First report of Passalora capsicicola (syn. Cladosporium capsici) on Capsicum annuum in Austria

Gerhard Bedlan1, Astrid Plenk1 und Anna Ambrosch2
Institut
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Bereich Landwirtschaft, Wien, Österreich1
Bio Ernte Steiermark, Graz, Österreich2

Journal für Kulturpflanzen, 64 (1). S. 29–32, 2012, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2012.01.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Univ.-Doz. Dr. Gerhard Bedlan, Mag. Astrid Plenk, Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Bereich Landwirtschaft, Spargelfeldstraße 191, 1220 Wien, Österreich, E-Mail: gerhard.bedlan@ages.at DI Anna Ambrosch, Bio Ernte Steiermark, Krottendorfer Straße 81, 8052 Graz, Österreich, E-Mail: anna.ambrosch@ernte.at
Zur Veröffentlichung angenommen
17. November 2011

Zusammenfassung

Im August 2011 wurde an Paprikapflanzen der Sorte ´Campari’, die in Gewächshäusern und im Freiland eines Gartenbaubetriebes in der Südoststeiermark kultiviert wurden, erstmals für Österreich der Blattfleckenpilz Passalora capsicicola nachgewiesen.

Stichwörter: Passalora capsicicola, Capsicum annuum, Erstnachweis, Österreich

Abstract

In August 2011 the occurrence of Passalora capsicicola, which causes a foliar disease on sweet pepper variety ´Campari’, cultivated in greenhouses and in the field in south-east Styria, is first reported for Austria.

Key words: Passalora capsicicola, Capsicum annuum, first report, Austria

Einleitung

Als Pilzkrankheiten an oberirdischen Teilen von Paprika­pflanzen sind in unseren Breiten Botrytis cinerea, Sclerotinia sclerotiorum, Verticillium albo-atrum und V. dahliae in den Leitungsbahnen der Pflanzen, manchmal Blatt­flecken verursachende Alternaria-Arten sowie der seit einigen Jahren in Österreich auftretende Echte Mehltau Oidiopsis sicula (Teleomorph Leveillula taurica) bekannt. Mitte August 2011 wurden an Paprika im geschützten Anbau in Folienhäusern in der Südoststeiermark Symptome auf Paprikablättern festgestellt, die jenen der Samtfleckenkrankheit der Tomaten exakt glichen. Es konnte der Pilz Passalora capsicicola, der die Samtfleckenkrankheit, die auch Braunfleckenkrankheit der Paprika genannt wird, nachgewiesen werden. Für Österreich ist dies der erste Nachweis von Passalora capsicicola an Paprika im geschützten Anbau, der auch am selben Standort für das Freiland bestätigt wurde.

Dieser Pilz wurde von Marchal und Steyaert erstmals 1929 aus Belgisch-Kongo, Moma (Province de l’Equateur), an einem vier Jahre alten Herbarbeleg beschrieben. Bensaude beobachtet 1926 auf den Azoren eine Samt­fleckenkrankheit an Paprika, die sie jedoch als eine nicht näher bestimmte Cladosporium sp. angibt. Unamuno (1932) berichtet ebenfalls über eine Cercospora capsici an Paprika aus Burjasot (Valencia), die mit jener von Marchal und Steyaert übereinstimmt. Eine ausführliche Beschreibung über das Auftreten dieser Krankheit in Bulgarien erfolgt von Kovachevsky (1938), der den Pilz als Cladosporium capsici bezeichnet. Über ein weiteres Auftreten von Cladosporium capsici in Marokko berichtet Kovachevsky 1939.

Aus den USA wird 1952 über ein Vorkommen an Paprika berichtet und zwar aus Georgia. In den betroffenen Feldern waren die Pflanzen stark befallen, einzelne Pflanzen waren komplett blattlos, Früchte waren jedoch nicht befallen, obwohl dies bei dem herrschenden enormen Befallsdruck zu erwarten gewesen wäre (Miller und Taylor, 1952).

Castellani (1948) berichtet über ein Vorkommen in Äthiopien, Muntañola (1954) aus Argentinien, Muller und Chupp (1934), Silveira (1943) und Viegas (1945) berichten über ein Vorkommen in Brasilien.

Weitere Fundorte befinden sich laut Deighton (1976) in Rumänien, Sudan, Kenia, Uganda, Tansania, Malawi, Zaire, Zambia, Rhodesien, Nigeria, Ghana, Sierra Leone, Mauritius, Indien, Burma, Nepal, westliches Malaysien, Sabah, Trinidad, Jamaika, El Salvador, Venezuela und in einigen Südstaaten der USA (Florida, Kalifornien, Texas, Georgia). Ob es sich hier überall um Isolate gemäß Marchal und Steyaert (1929) oder Heald und Wolf (1911) handelt, ist unklar (s. unter Synonyme).

Methode

Für die Bestimmungsarbeiten des steirischen Materials wurden die gängigen mykologischen Routinemethoden der Lichtmikroskopie angewandt. Die Pilzstrukturen wurden mit Wittmann’s Blau (Wittmann, 1970) gefärbt.

Symptome

Auf den Blattoberseiten zunächst kleine hell-gelbliche stecknadelkopfgroße Aufhellungen ohne scharfe Abgrenzungen zum gesunden grünen Blattgewebe. Diese Flecken vergrößern sich dann von ca. 3–8 mm zu 1–1,5 cm und färben sich deutlich gelb. Auf den Blattunterseiten gegenüber den gelben Flecken befindet sich ein dunkel-olivbrauner, samtiger Sporenrasen. Die Sporenrasen entsprechen in Umfang den korrespondierenden gelben Flecken blattoberseits. Sie sind rundlich. Fließen meh­rere dieser Flecken zusammen, bis zu 50 Flecken und mehr können oft gezählt werden (Kovachevsky, 1938 und eigene Beobachtungen), bedecken sie größere Flächen und sind in ihrer Gestalt unregelmäßig. Bei fortgeschrittenem Befall wird ein dunkelbrauner Sporenrasen auch auf den Flecken blattoberseits gebildet. Die Flecken zeigen sich zunächst an den älteren, unteren Blättern und breiten sich nach oben auf die jüngeren fort. Stark befallene Blätter vergilben, rollen sich nach oben ein, verdorren und fallen ab (s. Abb. 1 bis 5).

Abb. 1. Beginnender Befall, blassgelbe verwaschene Flecken blattoberseits (Foto: G. Bedlan).

Abb. 1. Beginnender Befall, blassgelbe verwaschene Flecken blattoberseits (Foto: G. Bedlan).

Abb. 5. Stark befallene Blätter vergilben, rollen sich ein und fallen ab (Foto: A. Ambrosch).

Abb. 5. Stark befallene Blätter vergilben, rollen sich ein und fallen ab (Foto: A. Ambrosch).

Nach Beobachtungen von Kovachevsky (1938) werden nur Blätter befallen, die Früchte bleiben aber an den Pflanzen hängen, werden notreif, weich und schrumpfen.

Sorten mit langen Früchten und stumpfen Enden sind besonders anfällig, resistenter sind Sorten mit langen und spitzen Früchten, noch mehr solche mit kurzen und spitzen Früchten sowie solche mit kurzen und stumpfen Früchten (Kovachevsky, 1938).

Kovachevsky (1938): „Außer auf Paprika war die Krankheit auf keiner anderen Pflanzenart zu finden, obwohl die stark befallenen Paprikabestände an Gärten mit Tomaten- und Eierpflanzen stießen. Selbst durch Infektionsversuche im Gewächshaus war ich nicht imstande, die erwähnten Solanaceen mit dem Paprikapilze zu infizieren.“

Das Pathogen

Derzeitiger Name: Passalora capsicicola (Vassiljevsky) U. Braun & F.O. Freire (legit., 2002)

Synonyme: Cercospora capsici Marchal & Steyaert 1929 (illegit., Homonym zu Cercospora capsici Heald & Wolf 1911)

Cercospora capsici Unamuno 1932 (illegit., Homonym zu Cercospora capsici Heald & Wolf 1911)

Cercospora capsicicola Vassiljevsky (legit., nomen novum, 1937)

Cladosporium capsici (Marchal & Steyaert) Kovachevsky (legit., 1938)

Cercospora unamunoi E. Castell. (legit., 1948)

Phaeoramularia unamunoi (E. Castell.) Munt.-Cvetk. (inv., 1960)

Phaeoramularia capsicicola (Vassiljevsky) Deighton (legit., 1976)

Non Cercospora capsici Heald & Wolf (legit., 1911)

Aus der gängigen phytopathologischen Literatur der letzten Jahre ist dieser Pilz als Cladosporium capsici bekannt geworden.

Kovachevsky (1938) beschreibt das Pathogen wie folgt: die Hyphen sind hyalin oder hellgelb, durchschnittlich 2–3 µm dick, spärlich septiert und unverzweigt. Der Pilz entwickelt sich interzellular im Schwamm- und Palisadenparenchym. Die Konidienträger wachsen in dichten Büscheln aus den Stomata und bilden die olivbraunen, samtartigen Rasen auf den Blattspreiten. Die Konidienträger sind im unteren Teil vereinzelt verzweigt, spärlich septiert, gelb- bis dunkelbraun, gerade, oder schwach gewunden und gekrümmt, mit gespitzten Scheitelenden, die nicht selten seitliche zahn- oder knieförmige Anschwellungen besitzen. Die Konidien messen 10,0–85,5 × 3,25–6,25 µ, im Durchschnitt 26,53 × 4,25 µm.

Kovachevsky (1938) zieht Cercospora capsici Marchal & Steyaert als Basionym für seinen Fund heran und führt die Originaldiagnose von Marchal und Steyaert (1929) an: „Caespitulis hypophyllis, maculis 3–5 mm lat., saepe irregulariter confluentibus, supra decoloratis insidentibus; hyphis conidiophoris fasciculatis, simplicibus, brevibus, septatis, fuligineis; conidiis cylindraceis, 3-septatis, 50 = 5 µ, hyalinis.
Hab. In foliis vivis Capsici frutescenti. Moma (Province de l'Equateur).Leg. I. Ghesquiere, VI, 1925.“

Kovachevsky (1938): „Die Konidien werden nämlich als 3-septiert aufgeführt, doch bilden die Autoren auch eine 1-septierte Konidie ab, die sie als „junge Konidie“ bezeichnen. Wahrscheinlich wurden alle vorhandenen 0-2-septierten Konidien als noch im Wachstum begriffen angesprochen. So ist nach meiner Auffassung die vorgelegte Diagnose von Marchal und Steyaert als die erste wissenschaftliche Beschreibung des Braunfleckenkrankheitserregers zu betrachten.“

Eigene Messungen der Konidien siehe Tab. 1.

Tab. 1. Konidienmessungen

Konidien

Länge

Länge Ø

Breite

Breite Ø

1-zellige

8,7   – 23,91

15,15

3,05 – 6,48

4,58

2-zellige

17,74 – 47,43

27,76

2,74 – 6,9

4,16

3-zellige

29,29 – 46,7

40,57

2,53 – 4,95

3,85

4-zellige

34,18 – 49,41

41,74

3,24 – 4,2

3,97

1-4-zellige

8,7   – 49,41

28,30

2,53 – 6,9

4,18

Es handelt sich somit eindeutig um jenen Pilz, den Marchal und Steyaert 1929 erstmals beschrieben hatten, anscheinend ohne deren Kenntnis, dass Heald und Wolf diesen Namen bereits vergeben hatten, jedoch für eine vollständig andere Art. Kovachevsky bezieht sich auf das Isolat von Marchal und Steyaert, stellt ihn jedoch aufgrund seiner Eigenschaften zur Gattung Cladosporium.

Kovachevsky (1938) beschreibt eine Botrytis sp., die an Cladosporium capsici parasitierte, wie auch Muntañola (1954) eine neue Species von Botrytis als Parasit von Cladosporium capsici beschreibt, nämlich Botrytis yuae. Auch an unserem Isolat konnte ein Hyperparasit nach­gewiesen werden. Dies soll jedoch an anderer Stelle abgehandelt werden.

Ergebnisse

Die Fundortdaten des steirischen Beleges sind: Unter­purkla (Bezirk Radkersburg, Steiermark). Passalora capsicicola (Vassiljevsky) U. Braun & F.O. Freire, auf lebenden Blättern von Capsicum annuum der Sorte Campari’, 16. August 2011, leg. Anna Ambrosch, det. Gerhard Bedlan (hinterlegt in W).

Zuerst trat dieser Pilz im Gewächshaus an der Sorte ´Campari’ auf, in der Folge auch auf allen anderen Sorten des Betriebes, nämlich auf ´Xanthi’, ´Oranos’, ´Acrobat’, ´Karpia’, ´Roojita’, ´Ferenc Tender’ sowie auf so genannten Snackpaprikasorten (rote, gelbe, orange) und auf einer selbst nachgebauten schokoladefarbenen Snackpaprikasorte. Bemerkenswert war auch ein Befall auf demselben Betrieb der Sorten ´Campari’ und ´Karpia’ im Freiland.

Danksagung

Wir bedanken uns bei Ing. Wolfgang Fickert (AGES), der die Messung der Sporen durchführte und bei Ing. Elfriede Stopper (Bio Austria) für die Unterstützung bei Recherchen in der Praxis sowie zahlreichen Betriebsleitern. Besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Günther Deml vom Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig für an­regende Diskussionen zum Thema sowie die Hilfe bei der Literaturbeschaffung.

Literatur

Bensaude, M., 1926: Diseases of economic plants in the Azores. Kew Bull. Misc. Inform 9, 381-389.

Braun, U., F.O. Freire, 2002: Some cercosporoid hyphomycetes from Brazil – II. Cryptogamie, Mycologie, 23 (4), 295-328.

Castellani, E., 1948: Osservazioni fitopatologiche sul “Berbere”. I. Cercosporiosi. Riv. Agr. Subtrop. Trop. 42 (1-3), 20-29.

Deighton, F.C., 1976: Brown leaf mould of Capsicum caused by Phaeoramularia capsicicola. Transactions of the British Mycological Society 67 (1), 140-142.

Heald, F.D., F.A. Wolf, 1911: New Species of Texas Fungi – Mycologia 3, No.1 (Jan 1911), pp 5-22.

Kovachevsky, I.C., 1938: Die Braunfleckenkrankheit der Paprika­pflanze Cladosporium capsici (March. und Stey.) n. comb. – Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz 48 (7), 321-336.

Kovachevsky, I.C., 1939: Die Blattfleckenkrankheit der Paprika­pflanze in Franz. Marocco. Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz 49, 567.

Marchal, É.J., R.L.A.G.J. Steyaert, 1929: Contribution à l’etude des champignons parasites des plantes au Congo Belge. Bull. Soc. Roy. Bot. Belge 61 (n.s. 11) 2, 160-169.

Miller, J.H., J. Taylor, 1952: Cladosporium leaf spot of Pepper in Georgia. Plant Disease Reporter 36 (11), 440.

Muller, A.S., C. Chupp, 1934: Cercosporae de Minas Geraes. Arg. Inst. Biol. Veg. Rio Janeiro 1, 213-220.

Muntañola, M., 1954: A study of a newly identified pepper disease in the Americas. Phytopathology 44, 233-239.

Muntañola, M., 1960: Algunos Hyphomycetes criticos. Lilloa 30, 165-232.

Silveira, V.D., 1943: Notas phytopathologicas e micologicas. V. Bol. Soc. Brasiliera Gran. 6, 43-54.

Unamuno, L.M., 1932: Notas Mycologicas. Adiciones a los Hifales de la flora española. Bol. Soc. Española Hist. Nat. 32, 3, 161-169.

Vassiljevsky, N.I., B.P. Karakulin, 1937: Fungi Imperfecti Parasitici (Hyphomycetes) 1, 344.

Viegas, A.P., 1945: Alguns fungus do Brasil. Cercosporae. Bol. Soc. Brasiliera Agron. 8, 1-160.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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