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Übersichtsarbeit

Die Waldschutzsituation 2011 in der Bundesrepublik Deutschland

Forest health and forest protection 2011 in the Federal Republic of Germany

Nadine Bräsicke und Martin Hommes
Institut
Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst, Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 77–85, 2012, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2012.03.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Nadine Bräsicke, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst, Messeweg 11/12, 38104 Braunschweig, E-Mail: nadine.braesicke@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
3. Februar 2012

Zusammenfassung

Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick zur Waldschutzsituation in 2011 für die Bundesrepublik Deutschland. Zu Beginn des Jahres verursachten extreme Schneefälle erhebliche Schäden durch Schneebruch und Schneedruck, die eine schnelle Aufarbeitung der Schadhölzer erforderten. Die anschließend trocken-warme Witterung im zeitigen Frühjahr ließ die Schwärmaktivität der Fichtenborkenkäfer bereits sehr zeitig im Jahr einsetzen. Diese zeigten im weiteren Verlauf zunächst einen Populationsanstieg. Das wechselhaft-feuchte Wetter im Sommer in Verbindung mit den Maßnahmen der „sauberen Waldwirtschaft“, verhinderte jedoch eine Massenvermehrung. Im weiteren Jahresverlauf verursachten Spätfrost und ergiebige Regenfälle, die in Waldbeständen zu langanhaltender Staunässe führten, starke Schäden bis Absterbe­erscheinungen an Laub- und Nadelhölzern. Insgesamt war im Waldschutzjahr 2011 eine angespannte Lage in einigen Bundesländern zu verzeichnen. Besonders die Situation bei den Kieferngroßschädlingen und der Nonne sowie der Eichenfraßgesellschaft erforderten Insektizid­anwendungen aus der Luft. Auch die Massenvermehrung des Eichenprozessionsspinners hielt in mehreren Ländern weiterhin an, so dass es auch hier zu lokalen Bekämpfungsaktionen gekommen ist. Der schlechte Vitalitäts­zustand der Eiche gibt weiterhin Anlass zur Besorgnis. Im Interesse des Waldschutzes werden Präventionsmaßnahmen immer notwendiger, die nur über die Regulation der blattfressenden Schadinsekten erfolgen können, um weitere starke Vitalitätsverluste zu vermeiden.

Begünstigende Wetterbedingungen führten auch wieder zu pilzbedingten Pflanzenkrankheiten vor allem an Douglasie (Phaeocryptopus gaeumannii) und Kiefer (Lophodermium seditiosum). Das Eschentriebsterben verursacht weiterhin zunehmende Probleme. Diesbezüglich erfolgte in vielen Bundesländern eine Erhebung zu Verbreitung und Schadintensität der Krankheit. Als weitere invasive Art ist die Ulmenblattwespe (Aproceros leuco­poda) in Deutschland angekommen, die erstmals in Bayern Schäden verursachte.

Stichwörter: Waldzustandsbericht 2011, Waldschutz, abiotische Schäden, biotische Schadorganismen, Komplexkrankheiten

Abstract

The report gives an overview of the situation on forest health and forest protection during the year 2011 in the Federal Republic of Germany. The heavy snowfall at the beginning of this year led to large losses caused by snow fraction and snow pressure. Immediate the effective monitoring measures and harvesting of damaged wood limited outbreaks of spruce bark beetles (Ips typographus, Pityogenes chalcographus). The variable humid climate in summer defused this situation. Later in the year there were more extensive damages, because of late frost and torrential rain with flooding of entire forest stands. Overall, the situation of forest health in 2011 was tense and it revealed a disturbing trend in the forests pests. Against pine forest pests (Panolis flammea, Diprion spp.) and nun moth (Lymantria monacha) as well as oak feeding society (Tortrix viridana, Erannis defoliaria, Operophtera brumata, Orthosia spp.) some aerial treatments were necessary. Furthermore the outbreak of oak processionary moth (Thaumetopoea processionea) continues and regional treatments were performed. The vitality of oak trees and oak stands is also continuing concern. In the interest of forest protection, prevention measures are necessary, which can only be realised via the regulation of leaf-eating insect pests in order to avoid further loss. Favorable weather conditions during the vegetation period resulted in tree diseases on douglas-fir (Phaeocryptopus gaeumannii) and pine (Lophodermium seditiosum). The new ash decline remains at a high level and the East Asian pest of elms (Aproceros leucopoda) has arrived in Germany.

Key words: Forest health and forest protection 2011, insect pests, forest diseases, abiotic damage

Einleitung

Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen die Forstwirtschaft in besonderer Weise. Waldstandorte sind stärker trockenen Bedingungen ausgesetzt, die zusammen mit höheren Vegetationszeittemperaturen eine erhöhte Stressanfälligkeit der Bäume verursachen. Bei den Insekten beeinflusst eine erhöhte Temperatur u.a. die Ent­wicklungsdauer, die Populationsdichte und die Verwertbarkeit der Wirtspflanzen als Nahrung (BMLFUW, 2003; Petercord et al., 2008). Es ist zu erwarten, dass die Wachstumsrate und die Entwicklung der Insektenarten beeinflusst wird, die aufgrund eines relativ hohen Populationswachstums und hoher Mobilität durch Migration oder Adaption auf veränderte Klimabedingungen rascher reagieren (Harrington et al., 2001). Bei einigen Schädlingen und Krankheitserregern zeichnet sich eine solche Entwicklung bereits ab (Möller, 2009). Unter ihnen befinden sich auch Hygieneschädlinge, die zunehmend auch zum Forstschädling werden und die Waldbestände existenziell gefährden. Die Überwachung der Forstschadorganismen sowie die Planung und Durchführung notwendiger Schutzmaßnahmen sind Aufgaben des Waldschutzes, um die vielfältigen Waldfunktionen zu sichern und die Leistungsfähigkeit der Wälder in Zeiten des Klimawandels zu stärken. Hierbei wird auf Grundlage einer fachkundigen Begutachtung der Landes- und kommunalen Forstverwaltungen, die ein regelmäßiges und flächendeckendes Monitoring mit bewährten Verfahren nutzen, das jährliche Schadgeschehen unter Beachtung von Witterungsverhältnissen sowie der Präsenz von Schädlingsantagonisten durch den Waldschutz beurteilt.

Mit der vorliegenden Arbeit wird ein Überblick zur aktuellen Waldschutzsituation und ein Ausblick auf das kommende Jahr für die Bundesrepublik Deutschland gegeben. Grundlage dieser zusammenfassenden Veröffentlichung bilden größtenteils die Informationen der Waldschutz-Dienststellen der Länder.

Abiotische Einflüsse

Das Wetter im Winter 2010/2011 war zu Beginn ungewöhnlich schneereich und frostig, später jedoch überwiegend mild und mit Tauwetter verbunden. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) herrschte Anfang Dezember 2010 verbreitet Dauerfrost, während im Januar 2011 bereits vereinzelt Werte um 15°C gemessen werden konnten (DWD, 2011). Die teilweise extremen Schnee­fälle führten zu erheblichem Schneebruch und Schneedruck, der in Form zufälliger Nutzungen anfiel (z.B. Thüringen ca. 523 600 m3, Sachsen (Vogtlandkreis) ca. 180 000 m3, Brandenburg ca. 177 600 m3) (Abb. 1).

Abb. 1. Schäden durch Schneebruch in Ostthüringen (Foto: J. Thiel, Thüringenforst).

Abb. 1. Schäden durch Schneebruch in Ostthüringen (Foto: J. Thiel, Thüringenforst).

Die milden Temperaturbedingungen in der zweiten Winterhälfte setzten sich auch im Frühling fort, der sich als sonnenscheinreich, warm und sehr trocken präsentierte. Die bundesweite Durchschnittstemperatur lag mit 10,1 Grad Celsius (°C) um 2,4 Grad über dem klimatologischen Mittel von 7,7°C. Auch die Sonnenscheindauer von 699 Stunden lag deutlich über dem Soll von 459 Stunden. Die Niederschlagsmenge war im Mittel mit 88 Litern pro Quadratmeter (l/m2) sehr gering – im Durchschnitt fallen 186 l/m2 (DWD, 2011). Diese trocken-warme Witterung im Frühling führte zu einem außergewöhnlich frühzeitigen Laubaustrieb (erste Aprilwoche) bei den Wald­bäumen und verursachte vor allem in Neuanpflanzungen Trockenschäden. Arktische Kaltluft aus Skandinavien führte dann in der ersten Maiwoche zu Boden- und Luftfrost. In der Folge wurden massive Frostschäden am Neuaustrieb von Laub- und Nadelbäumen beobachtet. Besonders betroffen waren die Baumarten Rotbuche, Eiche und Esche bzw. unter den Nadelhölzern Tanne, Fichte und Douglasie (vgl. Strasser, 2011). In einigen Bundesländern entstanden starke Spätfrostschäden (z.B. in Thüringen 3600 ha und in Mecklenburg-Vorpommern 1300 ha).

Der insgesamt warme und sehr nasse Sommer beendete die lange Trockenperiode und verhinderte größere Dürre­schäden in den Wäldern. Mit 304 l/m2 fielen bundesweit ca. 127% des Solls von 239 l/m2 (DWD, 2011). Besonders der Norden und Osten der Bundesrepublik wurde von sintflutartigen Regenfällen getroffen. In Folge wurden größere Waldflächen u.a. in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg überflutet, die bereits Absterbeerscheinungen zeigen. Hierbei sind Anpflanzungen aller Baum­arten sowie Bestände mit Rotbuche, Fichte, Esche oder Erle betroffen (Abb. 2). Die langanhaltende Vernässung bewirkt ein Absterben der Wurzeln unter Sauerstoff­mangel und verringert die Standfestigkeit der Bäume, die zunehmend windwurfgefährdet sind.

Abb. 2. Absterbende Erlenbestände durch Staunässe im Spreewald (Foto: A. Engelmann, LFE Eberswalde).

Abb. 2. Absterbende Erlenbestände durch Staunässe im Spreewald (Foto: A. Engelmann, LFE Eberswalde).

Der Herbst präsentierte sich dagegen wieder ungewöhnlich warm, sehr trocken und sonnenscheinreich. Im September und Oktober meldete der Deutsche Wetterdienst mehrere Sommertage mit einem Temperaturmaximum von mindestens 25°C bis 30°C. Teilweise entluden sich auch heftige Gewitter mit Hagel und Sturm über Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen und Sachsen-Anhalt (DWD, 2011). Neben Kronen- und Astbrüchen wurden auch erhebliche Blatt- und Nadelverluste registriert. Der November wurde von Wetterlagen mit Nebel und Hochnebel beherrscht. Insgesamt zeigte sich auch im Herbst ein Niederschlagsdefizit (Ist: 111 l/m2, Soll: 183 l/m2) (DWD, 2011).

Die überwiegend milde Witterung in der zweiten Winter­hälfte und die trocken-warmen Klimabedingungen im Frühjahr führten im Waldschutzjahr 2011 zu einer bedenklichen Entwicklung der Forstschadorganismen. Auch der niederschlagsreiche Sommer konnte die Waldschutz­situa­tion nur bedingt entspannen. Wie bereits im ver­gangenen Waldschutzjahr beschrieben, geben besonders Komplexkrankheiten, die durch das Zusammenwirken verschiedener biotisch und abiotisch bedingter Belastungen zustande kommen, Anlass zur Besorgnis.

Biotische Schäden an Nadelbäumen

Rindenbrütende Borkenkäfer

Der außergewöhnlich trocken-warme Witterungsverlauf im Frühling 2011 deutete zunächst auf einen Popula­tions­anstieg von Buchdrucker (Ips typographus) und Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) hin. Ausgehend von den optimalen Witterungsbedingungen und den noch nicht vollständig geräumten Wurf- und Bruchholzschäden des Winters bestand gebietsweise eine erhöhte Gefährdung. Auch die Schwärmaktivität setzte bereits sehr zeitig, etwa 10 bis 14 Tage früher im Jahr ein. Erst die wechselhaft-feuchten Witterungsbedingungen im Sommer und die effektiven Gegenmaßnahmen, basierend auf Überwachungsverfahren und den Maßnahmen der „sauberen Waldwirtschaft“, haben zu einer gewissen Entspannung der Lage beigetragen. Eine vollständige Entwarnung kann jedoch nicht gegeben werden, denn die Popula­tionen sind in einigen Bundesländern immer noch sehr hoch. Auch der warm-trockene Herbst hat die Entwicklung von Jungkäfern der Folgegeneration und Geschwisterbruten begünstigt, die zudem eine erhöhte Frosttoleranz aufweisen. Folglich bleibt die Gefährdungssituation bestehen, da besonders langanhaltende trocken-warme Witterungsperioden der Frühjahrs- und Sommermonate bedrohlich werden können.

Mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz hat sich somit die Situation in den Bundesländern stabilisiert und auch die durch Borkenkäferbefall anfallende Schadholzmenge hat sich im Vergleich zum Vorjahr verringert. Aufgrund der schweren Sturmschäden des Orkans „Xynthia“ im März 2010, war in den rheinland-pfälzischen Wäldern besondere Aufmerksamkeit geboten. Trotz effektiver Gegenmaßnahmen stieg dort die Schadholzmenge bis einschließlich September 2011 auf 120 000 m3 (2010: 62 000 m3).

Holzbrütende Borkenkäfer

Der Befall von holzbrütenden Borkenkäfern an im Wald lagerndem Nadel- und Laubholz blieb 2011 auf einem niedrigen Niveau. Auch für die Nutzholzborkenkäfer Xyleborus germanus (Schwarzer Nutzholzborkenkäfer) und Gnathotrichus materiarius (Amerikanischer Nadelnutzholzborkenkäfer) wurden keine Auffälligkeiten gemeldet.

Andere Käferarten

Die Kiefernprachtkäfer (Phaenops cyanea, P. formaneki) verursachten auch 2011 einen leichten Anstieg der Schadholzmenge in Brandenburg und Berlin. Insgesamt blieb der Befall auf einem mittleren Niveau.

Schmetterlinge an Kiefer

Die Situation bei den Kieferngroßschädlingen und der Nonne war in einigen Bundesländern angespannt. Während sich der Kiefernspanner (Bupalus piniaria) ferner bundesweit in der Latenz befindet, zeigte die Forleule (Panolis flammea) hauptsächlich in Sachsen-Anhalt eine erneute Zunahme der Populationsdichte. Auch der Kiefernspinner (Dendrolimus pini) befindet sich in der Progradationsphase. In Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Brandenburg wurden diesbezüglich die Monitoringmaßnahmen intensiviert. Das Schadgeschehen bei den europäischen Arten der Diprionidae (Buschhornblattwespen) war durch ansteigende Belagsdichten im Freistaat Sachsen geprägt, wo hauptsächlich die weniger gefährliche Art Gilpinia frutetorum auftrat. In Niedersachsen (Lüneburger Heide) wurde im Frühjahr 2011 auf ca. 900 ha intensiver Fraß der Rotgelben Kiefernbuschhornblattwespe (Neodiprion sertifer) registriert. Hierbei handelte es sich um ein einmaliges Fraßgeschehen, ohne Beteiligung weiterer Schadinsekten, so dass auf Bekämpfungsmaßnahmen verzichtet werden konnte. Mögliche Folgeschäden werden durch die endophytische Beteiligung des Diplodia-Triebsterbens (Erreger: Sphaeropsis sapinea) der Kiefer befürchtet.

Abgeleitet von den Resultaten der laufenden Über­wachung mit Pheromonfallen und Zählstammgruppen kann seit 2010 von einer beginnenden Massenvermehrung der Nonne (Lymantria monacha) in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen ausgegangen werden. Auf Grund der Bestandesgefährdung mussten in Brandenburg 2011 bereits Insektizide gegen diese Art auf ca. 1200 ha eingesetzt werden. In Sachsen-Anhalt wurden in einem durch die Kiefernbuschhornblattwespe vorge­schädigten Waldgebiet hohe Populationsdichten von Nonne und Forleule registriert. Um eine weitere Schädigung der betroffenen Kiefernbestände zu verhindern, erfolgte ebenfalls die Ausbringung von Insektiziden per Hubschrauber auf ca. 2400 ha.

Schadinsekten anderer Nadelbäume

In Südostbayern verursachte die Kleine Fichtenblattwespe (Pristiphora abietina) wieder teilweise massive Fraßschäden. Betroffen waren Fichtenbestände, die bereits auch in 2010 geschädigt wurden. Ursache sind die optimalen Lebensbedingungen in den Fichtenmonokulturen, in denen bis zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Wald­umbaumaßnahmen stattfanden.

Die Fichtengespinstblattwespe (Cephalcia abietis) führte in der Vergangenheit immer wieder zu starken Fraßschäden in Fichtenbeständen der Mittelgebirge. In den Bundesländern Bayern und Sachsen befindet sich der Forstschädling weiter in der Latenz. In Anlehnung an den artspezifischen Gradationszyklus wird für 2012 wieder ein Anstieg, jedoch auf einem geringen Niveau, im Freistaat Sachsen erwartet.

Auffällig in Erscheinung traten die Fraßschäden der Lärchenminiermotte (Coleophora laricella). Besonders in Rheinland-Pfalz, Thüringen und Sachsen erreichte der Befall ein hohes Niveau. In Thüringen hat sich die Fläche mit schädigendem Nadelfraß auf ca. 380 ha ausgeweitet. Erfahrungsgemäß erleiden die betroffenen Lärchen einen Zuwachs- und Vitalitätsverlust, der in der Regel ohne Gegenmaßnahmen vertretbar ist.

Nadel- und Trieberkrankungen

Das Diplodia-Triebsterben (Erreger: Sphaeropsis sapinea) entwickelt sich angesichts der zunehmenden Fraßgefährdung durch Kiefernschadinsekten zu einem größeren Problem. Nach Untersuchungen der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) lebt der Pilz latent in Nadeln und Trieben der Kiefer. Nach einer Schwächung der Bäume infolge biotischer Stressfaktoren (z.B. Insektenfraß) geht Sphaeropsis sapinea in eine parasitische bzw. saprobe Phase über und führt zum Absterben der Kiefern (Langer et al., 2011). Auch an Douglasie wurde die Erkrankung bereits nachgewiesen. Unter Berücksichtigung der aktuellen Waldschutzsituation wird eine Neubewertung der Fraßtoleranz von Kiefernbeständen angestrebt.

In einigen Bundesländern entstanden auch 2011 Nadel­verluste durch wirtsspezifische Schütten, hauptsächlich durch den Erreger der Rußigen Douglasien-Schütte (Phaeocryptopus gaeumannii) und der Kiefern-Schütte (Lophodermium seditiosum).

Komplexkrankheit der Tanne

Die trocken-warmen Witterungsverhältnisse in 2007 und 2009 begünstigten eine Massenvermehrung der Weißtannenstammlaus (Adelges piceae), die in 2010 in Kombination mit Sekundärschädlingen zu beträchtlichen Ausfällen in 40- bis 80-jährigen Beständen führte. Nach zweijähriger Untersuchung der Forstlichen Versuchsanstalt Baden-Württemberg wurde eine Befallskette als Ursache der sogenannten Tannen-Rindennekrose beschrieben (John, 2011). Hierbei verursacht ein Vitalitätsverlust nach mehrjährigem Befall der betroffenen Weißtannen mit Stammläusen eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Sekundärschädlingen. Neben dem Rindenpilz Neonectria fuckeliana folgen auch Weißtannenrüsselkäfer (Pissodes piceae) oder Tannenborkenkäfer (Pityokteines spp.), die ein Absterben der Bäume zur Folge haben können. In 2011 hat sich die Situation erstmals wieder stabilisiert.

Andere Pilzkrankheiten

Der Wurzelschwamm (Heterobasidion annosum) ist in Brandenburg und Niedersachsen weit verbreitet. Hohe Verluste traten in jüngeren Kiefernbeständen auf Rekultivierungsflächen (Bergbau) und Ackeraufforstungen in Brandenburg auf.

Der Befall mit Kiefernrinden-Blasenrost (Erreger: Cronartium flaccidum, Endocronartium pini), der zu den bedeutendsten pilzlichen Schadfaktoren in Kiefernbeständen zählt, hat sich in Brandenburg intensiviert. Die Infektion erfolgt über die jungen Triebe des oberen Kronenbereiches auf den Stamm. Über der Befallsstelle sterben die Kronenteile ab und führen zu einer Zopftrocknis verbunden mit intensivem Harzfluss, dem Kienzopf (Altenkirch et al., 2002).

Weitere Schaderreger

Seit einigen Jahren nimmt der Befall mit Viscum album (Mistel) an der Kiefer wieder deutlich zu. Hierbei stellt sich die Befallssituation in einigen Bundesländern bereits angespannt dar. Die Ausbreitung des Halbparasiten ist im Wesentlichen von dem Vorhandensein der Wirtspflanze (Viscum album ssp. abietis an Weißtanne, Viscum album ssp. austriacum an Gemeiner Kiefer, Schwarz-Kiefer und Berg-Kiefer) sowie günstiger Wärme- und Lichtverhältnisse abhängig (Nierhaus-Wunderwald und Lawrenz, 1997). Trockenstress, häufiger Insektenbefall und die Belastung mit Schadstoffemissionen schwächen die Vitalität der Kiefern, die einen Befall mit der Mistel begünstigen und zusätzlich auch Sekundärschädlinge fördern können. Besonders in Zeiten der Klimaerwärmung ist der Mistel besondere Aufmerksamkeit zu widmen, da sie die Widerstandskraft der Kiefern zusätzlich schwächt und somit ein erhöhtes Absterben bewirken kann (Hilker et al., 2005).

Biotische Schäden an Laubbäumen

Schmetterlinge an Eiche

Die Situation bei der Frühjahrsfraßgesellschaft der Eiche, vertreten durch Eichenwickler (Tortrix viridana), Großen und Kleinen Frostspanner (Erannis defoliaria, Operophtera brumata), Laubholzeulen (Orthosia spp.) und Eichen­prozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) blieb auch 2011 weiter kritisch. Bundesweit wurden lokal merkliche bis starke Fraßschäden registriert. Auch der Schwammspinner (Lymantria dispar) war in einigen Bundesländern maßgeblich am Fraßgeschehen beteiligt. Ausgehend von den Resultaten der laufenden Über­wachung mit Pheromonfallen, befindet sich der Schädling in Bayern und Sachsen in einer Progradation.

Die gegenwertige Entwicklung beim Eichenprozes­sionsspinner (Thaumetopoea processionea), kurz EPS, stellt sich im Bundesgebiet konträr dar. Während in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz der Schädling 2011 nur geringe Fraßschäden in Wäldern verursachte, wurde eine Zunahme von Befallsfläche und -intensität in Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt beobachtet. In Mecklenburg-Vorpommern hat die Befallsintensität zuge­nommen. Der Nachweis zum Vorkommen des Schädlings konnte mittels Pheromonfallen in Sachsen und Thüringen belegt werden. Informationen über Fraßschäden oder vorhandene Raupennester liegen dort bisher aber nicht vor. Vitalitätsverluste, massive Absterbeerscheinungen und eine erneute Bestandesgefährdung durch wiederholten Kahlfraß im zweiten oder sogar dritten Jahr in Folge (Abb. 3), erforderten aviochemische Bekämpfungsaktionen gegen die Eichenfraßgesellschaft und den Eichenprozessionsspinner (z.B. Brandenburg: ca. 339 ha, Sachsen-Anhalt: ca. 1200 ha, Niedersachsen: ca. 290 ha, Hessen: ca. 270 ha und Bayern: ca. 2200 ha) (Möller, 2010).

Abb. 3. Bestandesschäden nach wiederholtem Fraß des Eichen­prozessionsspinners (Foto: K. Möller, LFE Eberswalde).

Abb. 3. Bestandesschäden nach wiederholtem Fraß des Eichen­prozessionsspinners (Foto: K. Möller, LFE Eberswalde).

Die eingeschränkte Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln für die luftgestützte Ausbringung im Forst und neu festgesetzte Anwendungsbestimmungen können immer häufiger eine nachhaltige Anwendung zugelassener Insektizide nicht sicherstellen. Infolgedessen war eine Behandlung von massiv befallenden Flächen nicht möglich (u.a. in Bayern von ca. 300 ha und in Brandenburg von ca. 200 ha). Dort verursachten die Raupen starke Fraßschäden und Kahlfraß. Auch massive gesundheit­liche Beeinträchtigungen bei der Bevölkerung und dem Forstpersonal waren die Konsequenz.

Um die Gesundheitsgefährdung einzudämmen, wurden bundesweit konzentrierte Bekämpfungsaktionen auch im Öffentlichen Grün, in enger Zusammenarbeit der Waldschutzdienste mit Gemeinden und Straßenverwaltungen, durchgeführt. Neben Dimilin wurde u.a. auch der Wirkstoff Azadirachtin lokal eingesetzt, der jedoch nicht den gewünschten Erfolg erzielte und zu einer regio­nalen Verstärkung des Problems führte (z.B. in Mecklenburg-Vorpommern). Auch in 2012 muss wieder mit dem Auftreten der Eichenprozessionsspinner-Raupen gerechnet werden (Abb. 4). In einigen Ländern laufen die Vorbereitungen für Bekämpfungsmaßnahmen.

Abb. 4. Massiver Befall durch Raupen des Eichenprozessionsspinners – ein Problem für Eichen und Menschen (Foto: K. Möller, LFE Ebers­walde).

Abb. 4. Massiver Befall durch Raupen des Eichenprozessionsspinners – ein Problem für Eichen und Menschen (Foto: K. Möller, LFE Ebers­walde).

Maikäfer

Besorgniserregende Vegetationsschäden und -ausfälle an Naturverjüngungen sowie Stangenhölzern der Baumarten Buche und Eiche sind in Schadgebieten von Hessen (Hessisches Ried), Baden-Württemberg (Hardtwälder Nordbadens) und Rheinland-Pfalz (Bienwald) zu beobachten. Dort verursacht hauptsächlich das dritte Engerlings­stadium des Waldmaikäfers große Schäden an Wurzeln der Waldvegetation. Im Frühjahr 2011 fand im Bienwald der Käferflug des Südstammes statt. Die außergewöhnlich trocken-warmen Bedingungen der ersten Jahres­hälfte ließen einige Individuen bereits Anfang April aktiv werden. Im östlichen Gebiet des Bienwaldes hat sich Melolontha hippocastani nun auf 4000 ha ausgebreitet und nimmt damit die gesamte als Habitat geeignete Waldfläche ein. In 2012 wird der nächste Hauptflug der Waldmaikäfer für den Bereich Hanau-Wolfgang (Hessen), Germersheim-Bellheim (Rheinland-Pfalz) und Stutensee-Schwetzingen (Baden-Württemberg) erwartet. Ebenfalls in Vorbereitung auf das kommende Flugjahr wurde im Bereich der Bayerisch-Hessischen Grenze ein Flächenmonitoring der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF Bayern) gemeinsam mit der NW-FVA durchgeführt. Besonders in dem Gebiet um Alzenau ist mit Bestandesschäden durch Engerlingsfraß zu rechnen. Auch in anderen traditionellen Befallsgebieten wie z.B. der Lausitz (Freistaat Sachsen) zeichnet sich ein Popula­tionsanstieg, z. Zt. noch auf einem niedrigen Niveau ab.

Aufgrund der Aktualität und der stetig wachsenden Existenzgefährdung u.a. von Waldbeständen durch den Waldmaikäfer (Abb. 5), veranstalteten die Abteilung Waldschutz der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchs­anstalt und das Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst des Julius Kühn-Institutes Anfang April 2011 ein Fachgespräch zum Thema „Maikäfer“ in Pfung­stadt/Hessen. Dort trafen sich u.a. Vertreter forstlicher Versuchsanstalten, amtlicher Pflanzenschutzdienste, Uni­versitäten, Weinbauinstitute und Baumschulverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, um den aktuellen Stand, die Perspektiven sowie praxisrelevante Fragen im Maikäfer-Management zu diskutieren (vgl. Kronauer, 2011). Resümee der Veranstaltung war, dass sich auf Grund zunehmender Umwelt- und Klimaveränderungen, beschränkter Handlungsoptionen für Wald­eigentümer und zunehmender Auflagen durch Umwelt- und Zulassungsbehörden die Waldmaikäfer-Probleme zukünftig noch verstärken werden. Daher sind Wissenschaft und Forschung aufgefordert, langfristig nachhal­tige Strategien, die vor allem natur- und umweltschonend sind, zu entwickeln. Dabei gilt es vor allem nach neuen, innovativen Ideen der biologischen Bekämpfung zu suchen und nicht wie bisher die Forschung allein auf Beauveria brongniartii zu konzentrieren. In Deutschland sind derzeit keine Pflanzenschutzmittel mit Beauveria-Arten zugelassen. Auch im Rahmen der Bewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen auf EU-Ebene gilt der Wirkstoff für die Anwendung in Pflanzenschutzmitteln als nicht geeignet.

Abb. 5. Bestandesschäden durch Waldmaikäfer in einem Buchenbestand im Stadtwald Pfungstadt (Foto: N. Bräsicke, JKI Braunschweig).

Abb. 5. Bestandesschäden durch Waldmaikäfer in einem Buchenbestand im Stadtwald Pfungstadt (Foto: N. Bräsicke, JKI Braunschweig).

Die Forstpraxis benötigt sofort effektive Verfahren und Mittel im Pflanzenschutz zur Regulierung der Maikäferpopulationen. Um dies momentan zu gewährleisten, bleibt nur der Einsatz von chemischen Insektiziden, die einer Ausnahmegenehmigung bedürfen. Nach Über­prüfung der aktuellen Situation kann bei „Gefahr im Verzug“ (nach §11 (2) Nr. 2. Pflanzenschutzgesetz bzw. seit 14.06.2011 auch nach VO (EG) Nr. 1107/209 Artikel 53) das BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) eine Genehmigung im Einzelfall zur Anwendung von Insektiziden für die luftgestützte Bekämp­fung erteilen.

Schadinsekten anderer Laubbäume

Vielerorts traten im letzten Jahr vermehrt die Vertreter der Gespinstmotten (Yponomeutidae) in Erscheinung, die ihre Wirtspflanzen mit weißen Gespinsten überziehen (Abb. 6). Die Larven dieser Kleinschmetterlinge haben sich bestimmten Nahrungspflanzen angepasst (vgl. Alford, 1997). So waren in 2011 u.a. Yponomeuta evonymella an Traubenkirsche und Y. cognatellus an Pfaffen­hütchen u.a. in Sachsen und Nordrhein-Westfalen auf­fällig. Da die Raupen in der ersten Hälfte der Vegeta­tionsperiode fressen und die befallenden Bäume oder Sträucher ein hohes Regenerationsvermögen besitzen, wird lediglich der Zuwachs beeinträchtigt (Nierhaus-Wunderwald, 1999).

Abb. 6a, b.    Gespinst von Yponomeuta spp. (Gespinstmotten), (Foto: M. Hommes, JKI Braunschweig).

Abb. 6a, b.    Gespinst von Yponomeuta spp. (Gespinstmotten), (Foto: M. Hommes, JKI Braunschweig).

In Bayern wurde 2011 erstmals die Ulmenblattwespe (Aproceros leucopoda) beobachtet. Diese invasive Art stammt ursprünglich aus Ostasien und kann Kahlfraß an Ulmen verursachen, die u.U. in der Folge absterben können (vgl. Blank et al., 2010).

Blatt-, Trieb- und Rindenerkrankungen

Das neuartige Eschentriebsterben (Erreger: Hymenos­cyphus pseudoalbidus) bleibt auf einem hohen Schadniveau. Betroffen sind Eschen aller Altersklassen, hauptsächlich aber Jungpflanzen und zunehmend auch Alt­bestände. In vielen Zuständigkeitsbereichen der Waldschutzdienste erfolgte eine Erhebung zu Verbreitung und Schadintensität der Krankheit in Eschenbeständen. Das Resultat bestätigte eine landesweite Verbreitung, zum Beispiel in Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Bayern, mit einer divergenten Schadintensität der betroffenen Bestände. Beobachtungen über Eschen, die oft unter gleichen Bedingungen unterschiedlich stark von der Krankheit betroffen sind bzw. gesund erscheinen, geben Hoffnung auf Resistenzen.

Der Kronen- und Vitalitätszustand der Eiche wurde – wie in vergangenen Jahren – auch 2011 durch Befall mit Eichenmehltau (Erysiphe alphitoides), insbesondere an den Regenerations- und Johannistrieben nach Fraß des Eichenprozessionsspinners, beeinträchtigt. Jedoch haben die Befallsfläche und das Schadniveau regional abgenommen.

Der Esskastanien-Rindenkrebs ist als Quarantäne-Schadorganismus u.a. eine große Gefahr für die Ess­kastanienwälder der Pfälzer Haardt. Erstmals 1992 in Deutschland nachgewiesen, konnte ein Vorkommen in Rheinland-Pfalz (1993) mittels konsequenter Sanierungs­maßnahmen ausgerottet werden. Erst in 2004 wurden wieder neue Herde beobachtet. Ursache der Krankheit ist der phytopathogene Erreger Cryphonectria parasitica, der u.a. Absterbeerscheinungen in der Krone, Rinden­nekrosen und eine starke Wasserreiserbildung verursacht. Hauptsächlich Rindenverletzungen, die durch biotische und abiotische Faktoren ausgelöst werden, bieten Eintrittspforten für diesen Wundparasit (Metzler, 2004). Die Lösung des Problems könnten hypovirulente Pilzstämme sein, die durch spezifische Viren, die Aggressivität des Pilzes herabsetzen und den Schaden eindämmen.

Komplexkrankheit der Eiche und Buche

Schadensauslösende Einflüsse, wie jährlich wiederholter Kahlfraß durch die Eichenschadgesellschaft in Kombination mit Witterungsextremen (z.B. Trockenheit, Spät­winter­fröste) und der nachfolgend starke Befall mit Eichenmehltau, führten zu auffälligen Absterbeerscheinungen in Altbeständen der Eiche. Gebietsweise befinden sich Stiel- und Traubeneiche in einem schlechten Vitalitäts­zustand, weil angesichts der genannten Schadereignisse nicht genügend Reservestoffe eingelagert werden konnten und die belastungsfreien Erholungsphasen fehlen (Abb. 7). Schadensverstärkend treten zusätzlich Eichenprachtkäfer (u.a. Agrilus biguttatus, A. sulcicollis) und Hallimasch (Armillaria mellea) als Sekundärschädlinge auf, die letztendlich den Tod vieler Bäume herbeiführen. In vielen Bundesländern zeigen die Eichen lokal starke Vitalitätsverluste, die sich zukünftig in Folge jeder zusätzlichen Belastung in gravierenden Absterbeerscheinungen zeigen werden. Im Interesse des Waldschutzes wird daher eine Bekämpfung der Eichenfraßgesellschaft immer notwendiger, weil eine Lösung des Problems nur über eine Bekämpfung der blattfressenden Schadinsekten erfolgen kann.

Abb. 7. Starke Verlichtung der Baumkrone als Folge des Blatt- und Feinreisigverlustes an Eiche (Foto: M. Niesar, Landesbetrieb Wald und Holz, Nordrhein-Westfalen).

Abb. 7. Starke Verlichtung der Baumkrone als Folge des Blatt- und Feinreisigverlustes an Eiche (Foto: M. Niesar, Landesbetrieb Wald und Holz, Nordrhein-Westfalen).

Die Vitalitätsschwäche der Rotbuche ist weiterhin durch Kleinblättrigkeit, Kronenverlichtungen und Trockenastbildung der Lichtkrone gekennzeichnet. Neben den Witterungsextremen (Trockenheit, Spätwinterfröste) verursachten auch starker Fruchtanhang sowie der Befall mit Buchenspringrüssler (Rhynchaenus fagi) und Buchenblatt-Baumlaus (Phyllaphis fagi) zusätzlichen Stress. Deutlich höhere Kronenverlichtungen bei Altbuchen wurden im Vergleich zum Vorjahr gebietsweise festgestellt (z.B. in Hessen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern).

Mäuse

Im vergangenen, schneereichen Winter 2010/2011 wurden teilweise erhebliche Schäden in Laubholzkulturen durch Kurzschwanzmäuse verursacht. Eingeschränkte Möglichkeiten im Rodentizideinsatz sind eine Ursache für weiterhin hohe Schäden von Erdmaus (Microtus agrestis), Feldmaus (Microtus arvalis) und Rötelmaus (Clethrionomys glareolus) in Laub- und Nadelbaumverjüngungen sowie in Kurzumtriebsplantagen. Daher ist für die Wintermonate in 2011/2012 lokal eine erhöhte Gefährdung durch forstschädliche Mäuse gegeben.

Ausblick

Die Gefährdungssituation durch rindenbrütende Borkenkäfer bleibt angesichts der milden Winterwitterung und der seit Jahresbeginn gehäuft auftretenden Extremwetter­ereignisse (Sturm) auch in 2012 bestehen. Eine „saubere Waldwirtschaft“, die Verfügbarkeit wirksamer Pheromone und geeigneter Insektizide sowie ausreichend fachkun­diges Personal bilden weiterhin eine wichtige Voraussetzung für eine effektive Überwachung und Eindämmung von Kalamitätssituationen.

Die Lage bei den Kieferngroßschädlingen und der Nonne erfordern 2012 größte Aufmerksamkeit. Neben der Progradation von Forleule und Kiefernspinner wird der Höhe­punkt der Nonnen-Massenvermehrung in Teilen des norddeutschen Tieflandes für 2012–2013 erwartet. In den betroffenen Ländern werden bereits Vorbereitungen für aviochemische Bekämpfungsmaßnahmen getroffen. Mit der aktuellen Fraßgefährdung der Kiefernbestände durch Schadinsekten steht auch das Diplodia-Trieb­sterben weiterhin im Mittelpunkt der Waldschutzüberwachung. Regional wurde bereits eine Neukonzeption des Monitorings angestrebt, dass sich an geänderten Schadschwellen für Fraßereignisse in der Kiefer orientiert.

Das Jahr 2012 wird auch ein Hauptflugjahr des Waldmaikäfers sein. In den Befallsgebieten entlang der Rhein­ebene sind zahlreiche Waldbestände auf Sandstandorten von einer Gradation des Waldmaikäfers betroffen. Sowohl die Ausbreitung der Flugstämme als auch die Schäden haben in den letzten Jahren stetig zugenommen. Eine Regulierung der Populationen ist mit chemischen Insekti­ziden möglich, die einer Ausnahmegenehmigung mit neu festgesetzten Anwendungsbestimmungen bedürfen.

Optimale Entwicklungsbedingungen, z.T. hohe Ausgangspopulationen von Eichenfraßgesellschaft und Eichen­prozessionsspinner sowie die beschränkte Verfüg- und Anwendbarkeit von Pflanzenschutzmitteln in 2011 deuten auch im kommenden Jahr auf eine angespannte Lage hin. Eine erneute Schädigung der Eiche, die aktuell einen schlechten Vitalitätszustand besitzt, ist daher beson­ders problematisch. Auf Grund der Existenzgefährdung von Eichenbeständen können im Frühjahr 2012 wieder Bekämpfungsmaßnahmen notwendig werden. Vom Eichenprozessionsspinner betroffene Areale, insbesondere Orte an denen im vergangenen Jahr keine Gegenmaßnahmen durchgeführt oder mit Insektiziden kein Erfolg erzielt werden konnte, ist mit einem Anstieg der Populationsdichte sowie mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen.

Danksagung

Den Kolleginnen und Kollegen aus den Forstlichen Versuchsanstalten der Länder, Sachgebiet Waldschutz (Baye­rische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-West­falen, Landesforst Mecklenburg-Vorpommern, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde, Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Staatsbetrieb Sachsenforst, Thüringenforst) wird für die umfangreichen Informationen, die kritische Durchsicht des Berichtes und die Bereitstellung von Bildmaterial gedankt.

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