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Mitteilungen und Nachrichten

Mitteilungen und Nachrichten

  Aus den Arbeitskreisen der Deutschen Phytomedizinischen   Gesellschaft (DPG):

Arbeitskreis Wirbeltiere der DPG – 18. Tagung

Journal für Kulturpflanzen, 64 (xxx). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Der AK Wirbeltiere traf sich zu seiner 18. Tagung vom 15. bis 16. November 2011 bei Lübben im Spreewald. Die Schwerpunkte der Beiträge lagen neben den Feldmäusen und den kommensalen Nagern auch bei den Wirbeltieren im Forst, besonders bei der Frage nach der natürlichen Waldverjüngung im Verhältnis zu Hege und Jagd. Ein besonderes, regional spezifisches Thema wurde in einem Vortrag über die Vorkommen des Wolfs in Brandenburg vorgestellt.

Ein Themenschwerpunkt der Vorträge und Diskussionen war wieder die Entwicklung von Prognosemodellen für die Vorhersage von Gradationen der Feldmaus. Mit der Einbeziehung immer größerer geographischer und bodenkundlicher Datenmengen werden die Modelle verlässlicher. Bei den kommensalen Nagern steht nach wie vor das Thema Resistenz gegen antikoagulante Rodentizide im Vordergrund. Insofern potentielle genetische Marker für Resistenz bekannt sind, geht es nun darum, jene zu finden, die in Verbindung mit erhöhter Toleranz stehen, und diese auch unter dem Aspekt der Konsequenzen für die Praxis zu charakterisieren. Der Themenkreis der diesjährigen Tagung wurde komplettiert durch zwei Vorträge über Hanta-Viren und ein neues Hepatitis E-Virus.

Die anschließende Versammlung der DPG-Mitglieder stimmte dem Vorschlag des Leiters des Arbeitskreises und seines Stellvertreters zu, ihre Positionen für die nächsten vier Jahre zu tauschen. Leiter des AK ist nun Dr. Jens Jacob, Stellvertreter ist Dr. Stefan Endepols.

Herrn Manfred Lehmann und dem LELF Brandenburg, Pflanzenschutzdienst sei nochmals im Namen aller Teilnehmer für die perfekte Vorbereitung und die sehr gastfreundliche Betreuung der Tagung gedankt!

Für den AK Wirbeltiere im November 2011:

Dr. Stefan Endepols (Monheim)


Die eingereichten Zusammenfassungen der Beiträge werden im Folgenden wiedergegeben:

1) Populationsschwankungen und Reproduktion bei Kleinnagern

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Jens Jacob
Institut
Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst – Wirbeltier­forschung, Toppheideweg 88, 48161 Münster E-Mail: jens.jacob@jki.bund.de

Massenvermehrungen von Kleinnagern können zu Problemen im Pflanzen-, Gesundheits- und Naturschutz führen. Es ist seit langem bekannt, dass Massenvermehrungen in bestimmten Gebieten, bei bestimmten Arten aber oft auch über weite Strecken und viele Arten synchron auftreten. Trotzdem fehlt es an geeigneten Vorhersagesystemen, um den o.g. Problemen räumlich, zeitlich und methodisch angemessen zu begegnen. Noch weniger ist über die Mechanismen und Prozesse bekannt, die das Auf und Ab der Kleinnagerpopulationen ursächlich steuern. Während für letzteres umfangreiche empirische Stu­dien erforderlich sind, können Prognosen möglicherweise auf wenigen Parametern mit hoher Vorhersagekraft basieren. Dazu gehören einerseits Wetter- und Geländeparameter, andererseits aber auch intrinsische Faktoren wie Populationsdichte und Reproduktion. Zeitserien des Populationsverlaufes und des Fortpflanzungs­geschehens bergen die Möglichkeit, Muster in der Populations­dynamik und damit verbundene Änderungen in der Reproduktion zu erkennen, innerhalb und zwischen Arten zu vergleichen und eventuelle Zusammenhänge aufzudecken. Deshalb wurden Zeit­serien aus Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hinsichtlich Synchronität in der Dynamik innerhalb und zwischen Arten sowie Dichteeffekten auf Populationsdynamik und Reproduk­tion bei Feldmäusen ausgewertet. Die Zeitserien beruhen auf Erhebungen der Pflanzenschutzdienste, Landwirtschaftskammern und Forstbehörden der o.g. Länder. Die Daten aus Bayern wurden von Walter Bäumler zur Verfügung gestellt. Der s-Index als ein Indiz für die Stärke der Populationsschwankungen zwischen Jahren war 0,41 ± 0,05 bei Feldmäusen, 0,34 ± 0,01 bei Rötelmäusen 0,29 ± 0,02 bei Erdmäusen. Partielle Autokorrelationen zeigten, dass 3–4 jährige Ausbruchsperioden in Sachsen-Anhalt und Nordrhein Westfalen vorherrschen, aber keine klaren Muster in den anderen Bundesländern auftraten. Die Ergebnisse paarweiser Korrelationen legten nahe, dass die Wachstums­raten der Kleinnagerpopulationen v.a. bei benachbarten Bundesländern synchron schwankten. Es gab aber auch einige 100 km voneinander entfernte Erd- und Rötelmauspopulationen, die ähnliche Muster zeigten. Lediglich bei Microtus-Arten in Nordwestdeutschland und Feldmäusen in Mitteldeutschland gab es einen gegenläufigen Trend (negative Korrelation) bei der Wachstumsrate. Auf hohe reproduktive Aktivität von Feldmäusen im Frühjahr folgte niedrige Abundanz und niedrige Reproduktionsleistung im Herbst. Das Gleiche galt für die reproduktive Aktivität im Herbst und die Abundanz im folgenden Herbst. Diese negativen Rückkopplungen deuten auf dichteabhängige Prozesse hin, die auf intraspezifischen Ursachen (z.B. Seneszenz, Konkurrenz) beruhen können. Obwohl unterschiedlich ausgeprägte Fluktuationen/Zyklen auftreten, scheint es eine generelle Übereinstimmung in den allgemeinen Mustern der Populationsdynamik zwischen Arten und Regionen zu geben. Das deutet darauf hin, dass ähnliche ökologische Prozesse eine Rolle spielen, die mit mehreren intrinsischen und extrinsischen Parametern verbunden sein können.

(DPG AK Wirbeltiere)

2) Ergebnisse und Weiterentwicklung eines Prognosemodells zur Vorhersage von Massen­vermehrungen der Feldmaus (Microtus arvalis)

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Christian Imholt1, Benjamin Blank2, Alexandra Esther1, Jörg Perner3, Thomas Volk4 und Jens Jacob1
Institut
1 Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst – Wirbeltier­forschung, Toppheideweg 88, 48161 Münster 2 Nordhornstr. 55, 48161 Münster 3 U.A.S. Umwelt- und Agrarstudien GmbH, Ilmstraße 6, 07743 Jena, 4 proPlant Gesellschaft für Agrar-und Umweltinformatik mbH, Albrecht-Thaer-Straße 34, 48147 Münster E-Mail: c.imholt@posteo.de

Massenvermehrungen von Feldmäusen (Microtus arvalis) sind ein viel beschriebenes Beispiel multiannueller Fluktuationen der Populationsdichte kleiner Nagetiere. Solche Gradationen können erheblichen Schaden in der landwirtschaftlichen Produktion zu Folge haben. Zwar ist die Biologie und Ökologie der Feldmaus gut bekannt, jedoch existieren bisher keine prakti­kablen Prognosemodelle für die Populationsentwicklung wie beispielsweise bei anderen Nagern im Agrarraum (Bsp. Hausmäuse in Australien). Solche Populationsmodelle basieren meist auf Korrelationen zwischen Abundanzen und extrinsischen Faktoren.

In den bisherigen Arbeiten am Julius Kühn-Institut konnte ein Prognosemodell basierend auf historischen Langzeitdatensätzen aus Sachsen-Anhalt und Thüringen erstellt und validiert werden, welches anhand von Wetterparametern das Risiko für das Auftreten von Feldmausmassenvermehrungen prognostiziert. Zusätzlich konnten in einem separaten Projekt wichtige statische Landschaftsfaktoren (Gebietshöhe, Bodentyp) ermittelt werden, die mit dem Auftreten von Massenvermehrungen verbunden sind. Mit der aktuellen Version des Modells lassen sich etwa 70% der Populationsverläufe der vergangenen Jahre korrekt vorhersagen, allerdings konnte mit aktuellen Validierungen auch belegt werden, dass das entwickelte Model nicht auf Gegenden außerhalb des Kalibrierungsgebietes direkt übertragbar ist.

Ziel für die Weiterführung soll es sein, die bisherigen Ergebnisse und Vorarbeiten zur Verbreitung der Feldmausmassenvermehrungen zu vereinen. Hierbei soll speziell die Interaktion von landschaftlichen und klimatischen Faktoren und deren Auswirkung auf die Populationsdynamik der Feldmaus im Fokus stehen. Die Basis bilden hierbei noch nie wissenschaftlich aufgearbeitete lange Zeitserien von Feldmausabundanzen aus über 60 Jahren Erhebungen der Pflanzenschutzdienste. Die Kern­hypothese ist dabei, dass mithilfe von abiotischen Parametern und Classification and Regression Tree (CART)-Analysen die Variationen in der Populationsdynamik der Feldmaus erklärt werden können. Der erweiterte Datensatz ermöglicht zunächst eine detaillierte Auflösung räumlicher und zeitlicher Muster der Populationsdynamik der Feldmaus (Fluktuationsmuster, räumliche Gradienten, etc.) in Deutschland. Dazu werden zusätzlich zu meteorologischen nun auch agrarmeteorologische (Phänologie, Frosteindringtiefe) Daten in unterschiedlichen Landschafts­typen genutzt, um Parameterkonstellationen zu beschreiben, die auf regionaler Ebene zu hohem oder niedrigem Gradationsrisiko führen. Ein weiteres Ziel wird die Nutzung der identifizierten Wetterparameter der einzelnen Landschaftsformen, zur Vorhersage von Frequenz und Amplitude der Gradationsjahre unter zukünftigen, projizierten klimatischen Bedingungen. Die im erweiterten Datensatz erhaltenen Zählungen von Embryonen erlauben zusätzlich einen Abgleich zwischen extrinsischen und intrinsischen Faktoren.

(DPG AK Wirbeltiere)

3) Ausbreitungsdynamik von Feldmäusen – Ergebnisse aus zwei Jahren Feldarbeit

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Angela Leukers und Jens Jacob
Institut
Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst, – Wirbeltier­forschung, Toppheideweg 88, 48161 Münster E-Mail: angela.leukers@jki.bund.de

Feldmäuse (Microtus arvalis) können sich von Refugien (z.B. Ackerrandstreifen) auf Ackerflächen ausbreiten und dadurch vor allem bei Massenvermehrungen signifikante Ernteverluste in Land- und Forstwirtschaft verursachen. Um Schäden an Kulturpflanzen zu minimieren, ist es sinnvoll, die Feldmäuse an der Ausbreitung auf den Acker zu hindern. Fundierte Kenntnisse der dem Dispersionsdruck zugrunde liegenden Prozesse sind eine wichtige Voraussetzung für das Verständnis der Ausbreitungsdynamik und für die Entwicklung räumlich und zeitlich gezielter Gegenmaßnahmen. Das Ziel dieser von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Studie ist die Erforschung der Ausbreitungsmuster von Feldmäusen vom Refugium auf den Acker als Basis für die Entwicklung eines nachhaltigen Feldmausmanagements.

Das Untersuchungsgebiet befindet sich in Sachsen-Anhalt, Grünlandflächen unter Windkraftanlagen dienen als experimentelle Refugien. Um den Dispersionsdruck vom Refugium auf den Acker zu messen, wurde ein Teil der Refugien mit Barrierezäunen ausgestattet, welche Immigration erlauben, aber Emigration verhindern. Seit Oktober 2009 werden monatlich mittels Fang-Wiederfang-Serien Populationsentwicklung und Dispersionsdruck gemessen. Die Wiederfangwahrscheinlichkeit innerhalb einer Fangserie betrug jeweils mindestens 50%. Die durchschnittliche Individuenzahl pro Refugium schwankte hochgerechnet zwischen 150 und 300 Individuen/ha. Mahd im Juni und September 2010 bewirkte eine Verringerung der Feldmausabundanz. Starkes Populationswachstum im August 2010 und August 2011 führte zu hochgerechneten Maximalwerten von 850 bzw. 1300 Individuen/ha. Die Feldmausabundanz in Refugien ohne Barrierezaun stieg dabei stärker an als in eingezäunten Refugien. Radio-Telemetrie und Luftbildüberwachung wurden eingesetzt, um die Ausbreitungsdynamik auf dem Acker für Individuen- und Populationslevel zu untersuchen. Bisher konnte keine Etablierung von aus Refu­gien stammenden Individuen auf dem Acker nachgewiesen werden. Obwohl keine Schäden an der Ackervegetation sichtbar waren, wurden Feldmäuse in geringen Dichten auf dem Acker festgestellt (hochgerechnet 100 Individuen/ha). Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die maximal mögliche Populationsdichte in den Refugien noch nicht erreicht ist. Nach­folgende DNA-Analysen werden Rückschlüsse auf eventuelle Subpopulationen und Wanderungsbewegungen auf dem Acker ermöglichen.

(DPG AK Wirbeltiere)

4) House Mouse Field Trials to Assess Resistance to Warfarin and Difenacoum in Relation to the Occurrence of Variants in the vkorc1-Gene before and after the Treatments

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Stefan Endepols1, Nicole Klemann2 and Michael Hans Kohn3
Institut
1 Bayer CropScience, Alfred-Nobel-Str. 50, 40789 Monheim, Germany 2 48231 Warendorf, Germany 3 Department of Ecology and Evolutionary Biology, Rice University, Houston, TX 77005, USA E-Mail: Stefan.Endepols@bayer.com

In house mice (Mus musculus domesticus) field studies that are guided by genetic monitoring of vkorc1 need to be done to conclusively implicate the gene with any observed resistance, i.e. fitness advantage in field populations. We characterised the degree of resistance in relation to vkorc1 genotypes in local mouse groups on two farms in Germany. We tested whether certain resistance profiles and vkorc1 genotypes displayed dynamics over the course of sequential treatments with warfarin and dife­nacoum that are consistent with vkorc1 variants being the cause for resistance and having higher fitness (frequencies) than others.

Three phenotypic resistance profiles were identified on farm I: A = warfarin-susceptible, B = resistant to warfarin but susceptible to difenacoum, C = resistant to both anticoagulants. On farm II, profiles A and B were identified also. Unexpectedly, a high degree of resistance was observed in vkorc1 wild-type mice. Next to wildtype vkorc1 sequences only the R58G variant was found.

In the mouse infestations studied here practical resistance to anticoagulants was found present. However, it cannot be explained by vkorc1 coding or intronic variants, but must be due to non-coding vkorc1 variants or entirely due to other genetic factors. The R58G variant does not appear to be a resistance marker in house mice.

(DPG AK Wirbeltiere)

5) VKORC1 Polymorphismen bei Wanderratten: Verbreitung in Deutschland und Konsequenzen

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Alexandra Esther1, D. Becker2, Silke Braune3, T. Eiler4, Jona Freise5, M. von Keyserlingk3, Hans-Joachim Pelz1, Anita Plenge-Bönig2, Simone Rost, Clemens Müller-Reible6 und Martin Runge3
Institut
1 Julius Kühn-Institut, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst – Wirbeltierforschung, Münster 2 Institut für Hygiene und Umwelt der Freien und Hansestadt Hamburg 3 Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebens­mittelsicherheit (LAVES) 4 Landwirtschaftskammer, Oldenburg, 5 LAVES, Task Force, Schädlingsbekämpfung, Oldenburg 6 Department of Human Genetics, Universität Würzburg E-Mail: alexandra.esther@jki.bund.de

Derivate von 4-Hydroxycoumarin und 1,3-Indandion als Blutgerinnungshemmer (Antikoagulantien) werden weltweit ab etwa 1950 als Rodentizide eingesetzt. Schon nach wenigen Jahren zeigten Wanderratten Resistenz gegenüber diesen Rodentiziden. Mittlerweile sind diese Resistenzen weltweit zu finden. Verantwortlich dafür sind im Wesentlichen Mutationen im VKORC1-(Vitamin K Epoxid Reduktase Complex Subunit 1) Gen. Die genetisch bedingte Resistenz von Wanderratten gegenüber anti­koagulanten Rodentiziden führt zu Schwierigkeiten bei der Bekämpfung, weshalb in Deutschland verschiedene Studien zur Verbreitung genetisch bedingter Resistenzen und den damit verbunden Konsequenzen durchgeführt werden.

So laufen seit der Entdeckung des VKORC1-Gens Untersuchungen zur Identifikation von Mutationen und speziell zur Verbreitung und Häufigkeit der bekannten resistenzvermittelnden Tyr139Cys Sequenzvariante auf Bundesebene durch das Julius Kühn-Institut und auf Landesebene in Niedersachen durch das LAVES und in Hamburg durch das Institut für Hygiene und Umwelt. Durch die Analyse von mehr als 1000 Proben mittels real-time PCR und ARMS-PCR wurde nun zusammenfassend bestätigt, dass das Verbreitungsgebiet der Tyr139Cys Sequenzvariante im Nord-Westen von Deutschland, in Nordrhein-Westfalen und den benachbarten südwestlichen sowie südlichen Landkreisen Niedersachsens liegt. Zusätzlich konnte ein Vorkommen in Kiel nachgewiesen werden. In Hamburg konnte demgegenüber kein VKORC1-Polymorphismus festgestellt werden. Durch Sequenzierung wurde zudem bestätigt, dass Tyr139Cys die häufigste Sequenzvariante bei Wanderratten in Deutschland ist. Es konnten noch zwei weitere Sequenzvarianten identifiziert werden: in Magdeburg die bislang unbekannte Sequenzvariante Ser79Phe und in Berlin die aus England bekannte Ala26Thr Sequenzvariante. Das Resistenzpotential dieser beiden Sequenzvarianten ist unbekannt.

In Blutgerinnungstests konnte gezeigt werden, dass die ED50 für Bromadiolon bei Tyr139Cys-homozygoten Tieren im Gegensatz zum Wildtyp mehr als 9-fach erhöht ist. Homozygote Weibchen zeigen keine veränderten Blutgerinnungszeiten nach einer Injektion dieser Dosis. Hingegen sind die Zeiten bei homozygoten Männchen nach 24 h leicht erhöht, nach 72 h jedoch wieder auf Normalniveau. Individuelle Unterschiede bei allen Tieren lassen vermuten, dass neben dem VKORC1-Polymorphismus noch andere Faktoren wie schnellere Metabolisierung zur Antikoagulantienverträglichkeit beitragen.

Für eine effektive Bekämpfung sollten daher potentere Antikoagulantien als Bromadiolon im Resistenzgebiet eingesetzt werden. Außerhalb des Resistenzgebietes sollten weiterhin bevorzugt niedrig potente Antikoagulantien zum Einsatz kommen, um das Vergiftungsrisiko von Nicht-Zielarten geringer zu halten.

Durch die Nähe der Wanderratten zu Menschen und Nutz­tieren wird die Übertragung von Infektionserregern erleichtert. Unzureichende Bekämpfung geht daher auch mit einem erhöhten Infektionsrisiko durch epizootische bzw. zoonotische Pathogene einher. Im Rahmen des Rodentizidresistenz-Monitorings wurden daher Wanderratten aus Niedersachsen zusätzlich auf verschiedene bakterielle Krankheitserreger untersucht. Bei mehr als 21% der Ratten konnten pathogene Leptospiren nachgewiesen werden. Die Nachweise waren allerdings nicht gleichmäßig verteilt, sondern beschränkten sich auf die nordöst­lichen, an der Elbe gelegenen Landkreise und auf den Landkreis Vechta. Gerade in diesem Landkreis wurden auch vermehrt homozygote Rodentizidresistenzen nachgewiesen. Salmonellen (3,6%), der Erreger des Q-Fiebers Coxiella burnetii (1,3%) und Yersinien (1,0%) wurden vereinzelt detektiert. Im Gegensatz zu Mäusen wurde der Tularämie-Erreger Francisella tularensis bei den Wanderratten nicht nachgewiesen. Der Nachweis verschiedenster Krankheitserreger von Mensch und Tier bei den Wanderratten unterstreicht die Notwendigkeit einer Bekämpfung.

(DPG AK Wirbeltiere)

6) Characteristics of the local distribution of the Y139C resistance gene in Norway rats (Rattus norvegicus) in a focus of resistance in Westphalia, Germany

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Nicole Klemann1, Alexandra Esther2 and Stefan Endepols3
Institut
1 Consultant, Spillenweg 3, 48231 Warendorf 2 Julius-Kühn-Institut, Toppheideweg 81, 48161 Münster 3 Bayer CropScience AG, Environmental Science, Alfred-Nobel-Straße 50, 40789 Monheim E-Mail: info@nicole-klemann.com

The Westphalian resistant Norway rat strain is characterised by the possession of the Y139C variant of the vkorc1 gene, and practical resistance occurs in rat infestations at different frequencies to the anticoagulants warfarin, coumatetralyl, bromadiolone and difenacoum. Within the present study we investigated whether there was an obvious pattern in the distribution of resistance in relation to the distance to an identified hot spot of resistance from the site of sampling and whether the fre­quency of the resistance gene was connected with local conditions, such as rodent control history.

Rats were trapped at a single infested site in each of 12 1 km × 1 km squares in a line including a resistance hot spot. Tissue samples were taken from all trapped rats, and genotyped for the Y139C variant of the vkorc1 gene. The frequency of the resistance gene was determined for each site sampled. Data were also collected about rodent control measures applied in the past and other relevant local conditions.

The frequency of the resistance gene varied considerably between < 20% and > 80%. There was no obvious correlation of the frequency of the resistance gene and the distance to the hot spot, and there was no increase or decrease of the gene fre­quency in west-east direction. Permanent baiting and poor rodent control practice seemed to increase the incidence of resistance in the respective site. The implementation of good rodent control practice is recommended to prevent an increase in the frequency of resistance.

The study was funded by the Rodenticide Resistance Action Committee (RRAC) of CropLife International.

(DPG AK Wirbeltiere)

7) Zusammenhang von Rötelmauspopulations­dynamik und Hantavirus-Infektion in Deutschland

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Daniela Reil1, Ulrike M. Rosenfeld2, Christian Imholt1, Sabrina Schmidt2, Nastasja Kratzmann2, Jana Eccard3, Rainer G. Ulrich2 und Jens Jacob1
Institut
1 Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst – Wirbeltier­forschung, Toppheideweg 88, 48161 Münster 2 Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Institut für neue und neuartige Tierseuchenerreger, Südufer 10, 17493 Greifswald – Insel Riems 3 Universität Potsdam, Institut für Biochemie und Biologie, Tierökologie, Maulbeerallee 1, 14469 Potsdam E-Mail: daniela.reil@jki.bund.de

Die Rötelmaus (Myodes glareolus) ist die am weitesten verbrei­tete Wühlmausart Deutschlands. Saisonale sowie jahres­zyk­lische Populationsschwankungen der Rötelmaus sind vor allem auf die Nahrungsverfügbarkeit (Mastereignisse von Rotbuchen, Fagus sylvatica) zurückzuführen, welche stark vom Klima beeinflusst wird.

Die Rötelmaus gilt in Deutschland als einziger Überträger des Puumalavirus, einer in Europa weit verbreiteten Hanta­virusspezies. Infektionen mit diesem Hantavirus führen beim Menschen zu einer milden Form des Hämorrhagischen Fiebers mit renalem Syndrom (HFRS), der Nephropathia epidemica (NE).

In Jahren hoher Rötelmauspopulationsdichte treten vermehrt Humaninfektionen mit Hantaviren auf, deshalb ist es unser Ziel mögliche Zusammenhänge zwischen klimatischen Bedingungen, Buchenmast, Rötelmausabundanz und der Häufigkeit von Puumalavirus-Infektionen beim Menschen sowie innerhalb des Nagetierwirtes zu untersuchen.

In Deutschland werden dazu in vier klimatisch unterschiedlichen Regionen (Nordrhein-Westfalen – NRW, Baden-Württemberg – BW, Mecklenburg-Vorpommern – MVP und Thüringen – THR) Nagetierfänge mit Lebendfallen (Fang-Wiederfang-Methode) durchgeführt, um die Populationsdichte und -dynamik von Rötelmäusen zu ermitteln. Die Untersuchungs­gebiete in den jeweiligen Bundesländern sind Waldgebiete, die dreimal im Jahr (April, Juli und Oktober) befangen werden. Von den gefangenen Tieren werden Blutproben genommen, um mittels serologischer Analysen Puumalavirus-Infektionen nachzuweisen und somit die Seroprävalenz in den Wirtspopulationen bestimmen zu können.

Im Jahr 2010 schwankten die Rötelmausabundanzen zwischen 30–180 Individuen/ha mit der höchsten Abundanz in BW (80–180 Individuen/ha). Die Populationsdichten nahmen jeweils vom Frühjahr zum Sommer zu und zum Herbst hin wieder ab. Anfang 2011 brachen die Rötelmauspopulationen zusammen, stiegen zum Juli 2011 wieder an, erreichten jedoch maximal ca. 50 Individuen/ha. Die ermittelten Puumalavirus-Seroprävalenzen in den Rötelmauspopulationen unterlagen ebenso jahreszeitlichen Schwankungen, wobei die Werte im April 2010 am höchsten waren, im Anschluss abnahmen und im Oktober des Jahres ein Minimum erreichten. Die Sero­prävalenzen nahmen Anfang 2011 in BW und MVP weiter ab, in NRW und THR leicht zu. Die ermittelten Rötelmausabundanzen korrelieren positiv sowohl mit den Puumalavirus-Seroprävalenzen der Nagetierwirtspopulationen (R2 = 0,35) als auch mit der Zahl gemeldeter Puumalavirus-Humaninfektionen (R2 = 0,33).

Förderung durch das Umweltbundesamt im Rahmen des Umweltforschungsplanes des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (FKZ 3710 63 401) und das Robert Koch-Institut (FKZ 1362/1-924).

(DPG AK Wirbeltiere)

8) Wanderratten: Überträger eines neuen humanpathogenen Hepatitis E-Virus?

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Rainer G. Ulrich1, Anika Schielke2, Paul Dremsek1, Eveline Kindler3, Jochen Reetz2, Anita Plenge-Bönig4, Ute Wessels1, Martin H. Groschup1, Gerald Heckel5 und Reimar Johne2
Institut
1 Friedrich-Loeffler-Institut, Institut für neue und neuartige Tierseuchenerreger, Greifswald-Insel Riems, Deutschland 2 Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin, Deutschland 3 Institut für Immunbiologie, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen, Schweiz 4 Institut für Hygiene und Umwelt, Hamburg, Deutschland 5 Universität Bern, Institut für Ökologie und Evolution, Bern, Schweiz E-Mail: rainer.ulrich@fli.bund.de

Wanderratten (Rattus norvegicus) sind als Überträger verschiedener Zoonoseerreger wie Leptospiren und Hantaviren bekannt. Das Hepatitis E-Virus verursacht eine akute Leberentzündung und wird bei autochthonen Fällen in Europa von den Reservoirwirten Wildschwein und Hausschwein auf den Menschen übertragen. Ausgangspunkte für unsere Suche nach einem Hepatitis E-Virus bei der Wanderratte waren zwei Befunde: (i) Hepatitis E-Virus-reaktive Antikörper sind zum Teil mit großer Prävalenz bei Wanderratten und anderen Rattenarten in Indien, Japan und den USA nachgewiesen worden, wohingegen kein Virus­genom detektiert werden konnte. (ii) Untersuchungen bei Personen aus industrialisierten Ländern haben Antikörperprävalenzen von bis zu 20% gezeigt, während die Zahl der gemeldeten Hepatitis E-Erkrankungen vergleichsweise sehr niedrig ist. Eine Erklärungsmöglichkeit für die beiden Befunde könnte die Existenz eines bisher unbekannten Hepatitis E-Virus sein, das mit den bekannten nur gering verwandt ist, aber eine kreuz­reaktive Antikörperantwort hervorruft.

Die Entwicklung einer neuen Breitspektrum-PCR-Methode führte zum erstmaligen Nachweis eines neuen Hepatitis E-Virus in Kotproben von Wanderratten aus Hamburg. Anschließende Untersuchungen von Leberproben führten zur Identifikation des kompletten Genoms dieses Virus, das eine Hepatitis E-Virus-typische Organisation aufweist. Ein Vergleich der Genomsequenzen dieses Virus mit denen von humanpathogenen und aviären Hepatitis E-Viren zeigte jedoch große Unterschiede. Deshalb wurde das neue Virus von uns als ein neuer Genotyp klassifiziert. In weiterführenden Untersuchungen wurden jetzt Wanderratten aus anderen Großstädten Deutschlands untersucht; die aktuellen Ergebnisse aus diesen Untersuchungen werden vorgestellt.

Zukünftige Untersuchungen sollen prüfen, inwieweit dieses Virus auch Infektionen und Erkrankungen beim Menschen hervorruft. Die molekularepidemiologischen Untersuchungen sollen in Deutschland fortgesetzt und auf weitere Länder Europas ausgeweitet werden, um einerseits den Übertragungsmecha­nismus des Virus aufzuklären und andererseits dessen geografische Verbreitung und molekulare Evolution zu erfassen.

(DPG AK Wirbeltiere)

  Das Institut „Pflanzengesundheit“ des JKI teilt mit:

Fusarium circinatum (Hauptfruchtform Gibberella circinata): Ergebnisse der Erhebung der Jahre 2009, 2010 und 2011 zum möglichen Auftreten in Deutschland und der EU im Rahmen der Kommissionsentscheidung 2007/433/EG

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


In den Jahren 2009, 2010 und 2011 wurde in Deutschland gemäß der Kommissionsentscheidung 2007/433/EG eine Er­hebung zum möglichen Auftreten von Fusarium circinatum (Hauptfruchtform Gibberella circinata) durchgeführt. Damit erfolgten diese Inspektionen nunmehr bereits im fünften Jahr in Folge. Wie bei den Erhebungen zu anderen forstlich relevanten Quarantäneschadorganismen wurden die Untersuchungen durch die Pflanzenschutzdienste der Bundesländer in Zusammenarbeit mit den Forstbehörden unter der Koordination des Instituts für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzen­gesundheit des Julius Kühn-Instituts (JKI) durchgeführt.

Durchführung und Ergebnisse der Erhebungen

Die Inspektionen erfolgten in Baumschulen, im Öffentlichen Grün und im Wald. Der Schwerpunkt der Erhebungen lag bei den Baumschulen, da die bisherigen Einschleppungen und ersten Nachweise des Pilzes Fusarium circinatum weltweit (z.B. Chile, Südafrika, Portugal, Spanien) immer mit Baumschulen assoziiert waren. Der Grund liegt darin, dass der Pilz samenbürtig ist und die Pflanzenanzucht in Baumschulen erfolgt. In der Risikoabstufung folgen das Öffentliche Grün bzw. Anpflanzungen als Straßenbegleitgrün oder ähnlichem, da diesem Material die Baumschule vorgeschaltet ist und keine Pflanzen für diese Zwecke aus Drittländern importiert werden. Jedoch ist hierbei festzuhalten, dass Pflanzen verwendet werden, die aus Saatgut angezogen wurden, das nicht dem Forstvermehrungsgutgesetz unterliegt. Anforderungen an die Herkunft sind dabei nicht zu beachten, und im Falle von Importen liegen in der Regel deutlich weniger Informationen über die Saatguteigenschaften und Herkünfte vor. Bei Waldflächen besteht das geringste Einschleppungsrisiko, da hier aufgrund der Verordnung über Herkunftsgebiete für forstliches Vermehrungsgut für die potentiellen Wirtsbaumarten im Grundsatz nur heimische Herkünfte zu verwenden sind. Somit könnte erst dann eine Verschleppung in den Wald erfolgen, wenn über importiertes Saatgut eine Infektion mit Fusarium circinatum in der Baumschule erfolgt ist, es dort zu einer Ausbreitung auf heimische Pflanzenherkünfte gekommen ist und diese Pflanzen dann auf Waldflächen verbracht werden.

Gemäß der Waldinventurdaten aus dem Jahre 2002 stockt die potenzielle Wirtsbaumart Pinus sylvestris im Wald (nach der Definition des Bundeswaldgesetzes) auf ca. 2,5 Millionen Hektar (= 23,3% der Waldfläche), die Douglasie Pseudotsuga menziesii auf ca. 180 000 Hektar (= 1,7% der Waldfläche). Hinzu kommen nicht näher bezifferte Flächen der Schwarzkiefer Pinus nigra und der Strobe P. strobus. Zusätzlich sind über das gesamte Land Einzelbäume oder auch kleinere Bestände im Öffentlichen Grün, Parks und Privatgärten verteilt, die nicht Wald im Sinne des Bundeswaldgesetzes sind. Diese sind flächenmäßig nicht erfasst.

Zur Saatgutversorgung für den Forst mit heimischen, standörtlich angepassten Herkünften, spielen Saatguterntebestände eine wichtige Rolle. In Deutschland sind für die Baumart P. sylvestris in der Summe 2695 Erntebestände mit einer Fläche von 18 307 ha für die Kategorien „ausgewähltes“, „qualifiziertes“ und „geprüftes“ Vermehrungsgut ausgewiesen. Bei der Schwarz­kiefer sind es 166 Bestände mit 561 ha. Für die Douglasie existieren 2293 Erntebestände mit einer Fläche von 3271 ha zuzüglich Flächen für qualifiziertes und geprüftes Vermehrungsgut.

Im Jahr 2009 wurden 239 Baumschulen inspiziert, 2010 waren es 291und im Jahr 2011 bereits 317 Baumschulen. Von den genannten Saatguterntebeständen wurden für die Kiefer und die Douglasie im Jahr 2009 ca. 175 ha inspiziert, im Jahre 2010 insgesamt 1439 ha und im Jahr 2011 über 800 ha. Inspektionen im Wald waren im Wesentlichen Bestandteil der routinemäßig in den Forstrevieren durchgeführten Beobachtungen zur allgemeinen Waldschutzsituation. So wurden im Jahr 2009 lediglich 168 ha speziell auf das Vorhandensein von F. circinatum erfasst, im Jahr 2010 waren es knapp 350 000 ha und im Jahr 2011 bereits ca. 420 000 ha.

F. circinatum wurde in den Jahren 2009, 2010 und 2011 in Deutschland weder im Wald, noch im Öffentlichen Grün oder in Baumschulen festgestellt.

Situation in der EU

Im Norden Spaniens hat sich der Befall in den Jahren 2010 und 2011 weiter ausgedehnt. Im Baskenland sind Waldflächen in der Region Guipúzcoa und Álava betroffen. Insgesamt wurden dort im Wald drei Befallsgebiete mit knapp 1000 ha Fläche, der Kommissionsentscheidung 2007/433/EG entsprechend, ausgewiesen. Zudem wurde in 35 Baumschulen in Kantabrien, Galizien, Navarra, Kastilien-Léon und im Baskenland F. circinatum nachgewiesen. Für den Bereich Öffentliches Grün, Parks, Gärten usw. existieren zehn Befallsgebiete mit knapp 65 000 ha.

In Portugal wurden vier Befallsgebiete mit einer Gesamt­fläche von 2926 ha ausgewiesen, die sich auf Wald und Baumschulen beziehen. In Frankreich wurden in den im Jahr 2009 ausgewiesenen Befallsgebieten, basierend auf den Funden der Vorjahre, im Jahr 2010 und 2011 keine positiven Nachweise erbracht.

Ausblick

Die Kommissionsentscheidung 2007/433/EG sieht vor, dass Kiefern- und Douglasiensaatgut nur dann innerhalb der Gemeinschaft verbracht werden darf, wenn es von einem Pflanzen­pass begleitet ist. Das bedeutet, dass alle Saatguterntebestände in Deutschland auf die Befallsfreiheit von F. circinatum hin zu überprüfen sind, soll von dort Saatgut verbracht werden.

Da Deutschland bisher frei von Fusarium circinatum ist, ist es besonders wichtig, dass Saatgutimporte auf Befall mit F. circinatum untersucht werden. Da visuell keine Symptome an befallenem Saatgut erkennbar sind, und es trotz Befall keimfähig sein kann, ist bei der Importkontrolle somit eine Laborunter­suchung unerlässlich.

Auch im laufenden Jahr 2012 ist in Deutschland wieder eine Erhebung zu F. circinatum durchzuführen.

Thomas Schröder, Ernst Pfeilstetter
(JKI Braunschweig)

Bericht über die Sitzung der Studiengruppe Genetik und Züchtung des Internationalen Instituts für Rübenforschung (Valladolid, Spanien)

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Das Internationale Institut für Rübenforschung (IIRB) wird über Mitgliedsbeiträge finanziert und dient als gemeinnützige Organisation dem internationalen Austausch wissenschaftlicher Kenntnisse zu allen Aspekten des Rübenanbaus sowie der Zucker­produktion. Die Arbeitsgruppen des IIRB planen gemeinschaftliche Forschungsvorhaben und führen diese durch. Die jähr­lichen Sitzungen der Arbeitsgruppen finden jeweils in einem anderen Land statt. Im Jahr 2011 organisierte die Asociación para la Investigación de la Mejora del Cultivo de la Remolacha Azucarera (AIMCRA) die Sitzung der Studiengruppe Genetik und Züchtung, die vom 22. bis 23. September 2011 stattfand.

AIMCRA wurde im Jahre 1966 auf Initiative der Zucker­industrie mit dem Ziel der Förderung des Zuckerrübenanbaus in Spanien gegründet. AIMCRA verfolgt keine wirtschaftlichen Gewinnziele, sondern dient den wissenschaftlichen Zielen ihrer Fördermitglieder. Die Institution wird zu je 50% von den Zucker­rübenanbauverbänden und von der Zuckerindustrie finanziert.

Die Mitglieder der Studiengruppe stammen aus öffentlichen Forschungseinrichtungen, wie dem Institut Français de la Bette­rave (ITB) oder dem USDA/ARS, sowie aus Zuchtunternehmen. An der Sitzung nahmen insgesamt 18 Personen aus den folgenden Ländern teil: Belgien, Deutschland, Frankreich, Nieder­lande, Schweden und Spanien. Dr. A. Schechert von der Firma Strube Research führt derzeit den Vorsitz der Studiengruppe.

Am 22.09.2011 fand eine Besichtigung von Feldversuchen der AIMCRA einschließlich eines GVO-Freisetzungsexperimentes statt.

Am 23.09.2011 folgten wissenschaftliche Vorträge und eine Diskussion über geplante und neue Forschungsthemen der Studiengruppe. Die Vortragsreihe eröffnete der Generaldirektor der AIMCRA, Dr. R. Morillo-Velarde, der die Entwicklung des Zuckerrübenanbaus in Spanien im Zeitraum von 1982 bis 2011 erläuterte. Nach der Reform der Europäischen Agrarpolitik nahm die Anbaufläche in Spanien seit dem Jahre 2006 um 57% ab. Von der verbliebenen Fläche entfallen auf die Anbauregion Nord 35 000 ha (Frühjahrsaussaat) und 10 000 ha auf die Region Süd. Da genügend Fläche verfügbar ist, kann eine drei- bis mehrjährige Rotation eingehalten werden. Trotzdem verur­sachen Fruchtfolgeschädlinge in den Anbauregionen Ertragsausfälle, die durch den Anbau resistenter Sorten minimiert werden können. Verwendet werden ausschließlich Sorten mit Rizomaniaresistenz. Auf Befallsflächen erbringen nematodenresistente (Heterodera schachtii) Sorten bis zu 40% Mehrertrag. Diese Resistenz stammt aus der Wildart Patellifolia procumbens.

Durch Verbesserungen der Anbauverfahren wurde der Rüben­ertrag in den vergangenen 20 Jahren von 42 t/ha auf 92 t/ha gesteigert. Ohne Bewässerung während der gesamten Wachstumsperiode, die ca. 25% der direkten Kosten verursacht, wären so hohe Erträge allerdings nicht zu realisieren.

Dr. J. Ayala (AIMCAR) präsentierte eine Übersicht über Pflanzenkrankheiten und Schädlinge, die im spanischen Zucker­rübenanbau auftreten. Er bewertete ihre Bedeutung an Hand der Kriterien „Häufigkeit“ und „Schadenintensität“.

Obwohl in der Anbauregion „Süd“ Cercospora beticola wirtschaftlichen Schaden hervorruft, werden dort keine Sorten mit Blattfleckenresistenz angebaut. Der ebenfalls dort massiv auftretende Schaderreger Heterodera schachtii verursacht größere Schäden. Da es keine doppelt resistenten Sorten gibt, werden ausschließlich nematodenresistente verwendet.

Herr Ayala vertrat die Ansicht, dass bei fortschreitendem Verbot von chemischen Pflanzenbehandlungsmitteln die Bedeutung der Resistenzzüchtung zunehmen wird. Auch gilt es, nachhaltige Anbausysteme zu entwickeln, die neben der Nutzung resistenter Sorten auch die richtige Fruchtfolgegestaltung sowie Pflanzenbaumaßnahmen stärker als in der Vergangenheit ins Kalkül ziehen. Vor allem der Maisanbau verursacht Probleme, da die Bestände nur eine Woche vor der Zuckerrübenaussaat geerntet werden und auf dem Acker verbleibende Ernterückstände Infektionsquellen darstellen, die die Ausbreitung von Rizoctonia stark fördern.

Es schlossen sich Vorträge zur räumlich-zeitlichen Ausbreitung und zur genetischen Diversität von Sclerotinia rolfsii sowie zu Bewässerungsmaßnahmen im spanischen Zuckerrübenanbau an. Der Berichterstatter stellte in seinem Vortrag Ergebnisse des AEGRO-Projektes (An Integrated European In Situ Management Work Plan: Implementing Genetic Reserves and On Farm Concepts) sowie die Zielsetzungen des PGR-Secure-Projektes (Novel characterization of crop wild relative and landrace resources as a basis for improved crop breeding) vor, das vom Julius Kühn-Institut (JKI) koordiniert wurde bzw. an dem das JKI beteiligt ist.

In der abschließenden Beratung gab der Berichterstatter Auskunft über die weltweit verfügbaren Informationssysteme mit Daten zu genetischen Ressourcen der Gattung Beta und Patellifolia. Er erläuterte, wie europäische Genbanken nationale Daten zu Sammlungen genetischer Ressourcen über eine nationale Schnittstelle an den europäischen Suchkatalog EURISCO weiterleiten und wies darauf hin, dass das EURISCO-Team mit dem Ausbau des Informationssystems begonnen hat. Es sollen künftig auch Charakterisierungs- und Evaluierungsdaten über die nationalen Schnittstellen an EURISCO übermittelt werden.

Neben Informationssystemen mit Daten zu vielen Pflanzenarten entstanden unabhängig von EURISCO oder ähnlichen Katalogen teils hochkomplexe, fruchtartspezifische Informa­tionssysteme wie die MaizeGDB (Maize Genetic and Genomics Database) in den USA. Der Berichterstatter schloss seine Ausführungen mit dem Hinweis, dass sich die Rübenforschung und -züchtung zwischen zwei Optionen entscheiden könne. Es besteht die Möglichkeit, Einfluss auf den EURISCO-Prozess mit dem Ziel einer an den Interessen der Züchtungsforschung orien­tierten Speicherung und Bereitstellung von Charakterisierungs- und Evaluierungsdaten zu Beta und Patellifolia zu nehmen. Gleichzeitig sollte der Aufbau eines internationalen, fruchtart­spezifischen Informationssystems für die Rübenforschung analog zur MaizeGDB von der Rübenforschung in Erwägung gezogen werden, da sich die Hochdurchsatzverfahren im Bereich der Phänotypisierungs- und DNA-Sequenzierungstechnologien sehr schnell entwickeln und eine ebenso schnelle und dynamische Entwicklung von IT-Infrastrukturen erforderlich machen, die die rasant ansteigenden Datenmengen speichern, verarbeiten und bereitstellen können.

Lothar Frese (JKI Quedlinburg)

Bericht über den Workshop „International workshop on the consequences of the ECJ ruling on GM pollen in honey for GM crop releases and cultivation in Germany and the EU”

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in der Rs C-442/09 vom 06.09.2011 zu gentechnisch verändertem Pollen in Honig wird in Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Imkereiverbänden, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen über die möglichen Folgen dieses Urteils für die Imkerei und die Agro-Gentechnik diskutiert. Um die Konsequenzen des EuGH-Urteils für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen (GVP) und die Koexistenz in Deutschland und Europa besser abschätzen zu können, veranstaltete das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) einen internationalen Workshop zu den Auswirkungen des EuGH-Urteils mit organisatorischer und wissenschaftlicher Unterstützung des Julius Kühn-Instituts (JKI) und des Bun­desamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Der Workshop fand aufgrund der Aktualität und des dringenden Entscheidungsbedarfes für das BMELV bereits am 13./14. Dezember 2011 in Berlin statt. Das Harnack-Haus (http://www.harnackhaus-berlin.mpg.de/) als Tagungsstätte der Max-Planck-Gesellschaft bot optimale Möglichkeiten für die Teil­nahme von 190 Teilnehmern und die Arbeit in drei Arbeitsgruppen.

Der Workshop bot die Möglichkeit, die Diskussion zu den Konsequenzen des EuGH-Urteils und die Antwort zu diesen Fragen aus verschiedenen Blickwinkeln einschließlich der Überlegungen und Vorgehensweisen in anderen EU-Mitgliedsstaaten und in Übersee kennen zu lernen sowie den Vollzug künftiger Regulierungen (Nachweisverfahren, Nachweisgrenzen, Kennzeichnung etc.) und Auswirkungen auf Honig-Export/Import-Fragen zu diskutieren. Durch die Einbindung von Ver­bänden und anderen Nicht-Regierungsorganisationen wurde ein hohes Maß an Transparenz ermöglicht. Die Konferenz­sprache war Englisch mit Simultanübersetzung Deutsch im Plenum, die vom Sprachendienst des BMELV übernommen wurde.

Trotz der kurzfristigen Bekanntmachung des Workshops war das Interesse an einer Teilnahme sehr groß. Aufgrund der räumlichen Begrenzungen musste die Anmeldung zum Workshop bereits Mitte November geschlossen werden. 194 Teilnehmer aus 16 europäischen und 11 außereuropäischen Staaten hatten sich angemeldet – darunter zahlreiche Honig-exportierende Länder wie Argentinien, Mexiko, Uruguay, Brasilien oder Chile.


In der Sektion 1 „General Issues” wurden Hintergrundinformationen zu folgenden Themen vermittelt:

• Consequences of the ECJ judgement

• European measures on coexistence and experiences with their implementation

• How does pollen end up in honey (especially maize and potato pollen)?

• Detection of GMP pollen in honey

• The German and European honey market – implications of the ECJ judgement

• Freedom of choice, coexistence and zero-tolerance: The application of the core principles of EU GMO legislation to bee products and services


Anschließend wurden folgende Fragestellungen in drei Arbeitsgruppen diskutiert:

• Practical measures (i) for coexistence of beekeeping with commercial cultivation of GM plants and (ii) for experimental field releases

• Detection methods for GMP pollen in honey

• Consequences of the ECJ judgement for the European honey market and honey exporting countries


In der Sektion 2 „Scientific and Economic Issues” wurden Detailinformationen zu folgenden Themen vermittelt:

• Economic consequences for the worldwide trade

• Consequences for the fair trade with honey?

• State of the art in Spain

• Current state of honey analyses in Germany

• Honey analysis in Lower Saxony

• Implementation of the ECJ judgement in the honey market practice: a technical study


Den Berichten aus den Arbeitsgruppen folgte eine generelle Diskussion, und der Workshop wurde mit einer „Summary and take home messages“ beendet. Das Programm, die Abstracts und „power points“ der Vorträge, die Berichte aus den Arbeitsgruppen und die Zusammenfassung sind zu finden unter: http://ocs.jki.bund.de/index.php/GMOhoney/GMOhoney

Die Bedeutung des Workshops wird auch in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Schutz der Imkerei vor gentechnischen Verunreinigungen” (Drucksache 17/8534) deutlich. Auf die Frage 2. „Welche Schlüsse zieht die Bundes­regierung aus dem im Dezember 2011 vom BMELV veranstalteten Workshop zu den Folgen des EuGH-Urteils?” antwortet die Bundesregierung: „Der Workshop bot eine ausgezeichnete Plattform, in einem internationalen Kreis von Wissenschaftlern, Wirtschaftsvertretern, Vertretern der EU Kommission, von Ministerien und anderen Behörden, Botschaften und von Untersuchungslabors sowie zahlreichen Nichtregierungsorganisationen die Probleme zu erörtern, die sich aus dem EuGH-Urteil ergeben. Eine Einigung über Lösungsmöglichkeiten erfolgte nicht und war auch nicht Ziel des Workshops. Die Bundesregierung wird die Erkenntnisse, die sich aus dem Workshop ergeben haben, für ihre weiteren Arbeiten zur Lösung der offenen Fragen nutzen.”

Joachim Schiemann (JKI Quedlinburg)

Bericht über das Fachgespräch „Krankheits­prognose-Obstbau“

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Das Fachgespräch „Krankheitsprognose-Obstbau“ fand am 23. und 24. November 2011 im Julius Kühn-Institut (JKI), Institut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau in Dossenheim statt.

Die Reduzierung des chemischen Pflanzenschutzes auf ein notwendiges Maß und die nachhaltige Anwendung von Pflanzen­schutzmitteln werden von der Politik, den Umweltverbänden, dem Handel und schließlich vom Verbraucher gefordert. Es besteht gesellschaftlicher Konsens dahingehend, dass der Reduktion der Risiken des chemischen Pflanzenschutzes vor dem Hintergrund des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und des Schutzes des Naturhaushaltes eine hohe Priorität eingeräumt wird. Die genannten gesellschaftlichen Belange und wissenschaftlichen Vorgaben machten die Organisation eines Fach­gespräches sinnvoll mit dem Ziel, einen Überblick über die aktuelle Situation und den Stand der Grundlagenforschung zu erhalten. Erfahrungen sollten ausgetauscht und Kooperationen initiiert werden.

Der Obstbau ist auf die Anwendung hinreichend wirksamer Pflanzenschutzmittel im Rahmen entsprechend differenzierter Einsatzstrategien des integrierten Pflanzenschutzes angewiesen, um das hohe Risiko von Ernteverlusten und gravierenden Qualitätseinbußen zu minimieren. Betroffen sind ökologische und alle weiteren Anbauformen, die Tafelobst wirtschaftlich und mit vermarktungsfähiger Fruchtqualität produzieren. Neben der Verfügbarkeit wirksamer Pflanzenschutzmittel sind die Anwendungshäufigkeit, die Dosis, die jeweilige Terminierung und die differenzierte Auswahl der Behandlungsmittel Grundlagen für einen nachhaltigen Pflanzenschutz. Im Obstbau verursachen vor allem Pilzkrankheiten den größten Anteil des Aufwandes an Pflanzenschutzmitteln. Zur Bekämpfung von Krankheiten sind häufige Anwendungen gegen den pilzlichen Haupterreger Apfelschorf und gegen den bakteriellen Erreger des Feuerbrandes erforderlich.

Ein hohes Potenzial, chemische Pflanzenschutzmaßnahmen deutlich reduzieren zu können, sehen Experten in der Entwicklung von Modellen und Entscheidungshilfen für die Prognose von Pflanzenkrankheiten. Wissenschaftliche Grundlage hierfür ist, die meteorologischen Parameter und phänologischen Daten der Wirtspflanze exakt zu erfassen und mit dem Infektionspoten­tial und der Epidemiologie des Erregers zu kombinieren. Die Sensorik zur Erfassung der relevanten Umweltbedingungen hinsichtlich einer erfolgreichen Infektion durch direkte Messdaten und/oder indirekt durch Modellierung verfügbarer meteo­rolo­gischer Daten liefern wichtige Grundlagen für Prognosemodelle. Technische Neuentwicklungen sowie neue Erkenntnisse über die Biologie der Schadorganismen ermöglichen die Weiter­ent­wicklung der Prognosemodelle. Vor Praxiseinführung ist die Validierung der Modelle erforderlich. Wichtig ist auch die Aufarbeitung, Bewertung und Publikation der Daten und Modelle sowie die Beratung der Anbauer vor Ort.

Etwa 50 Personen nahmen an dem Fachgespräch teil. Neben Gästen aus Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und Italien kamen Berater (inklusive des Bereiches ökologischer Obstbau), Mitarbeiter der Pflanzenschutzdienste der Länder, des Deutschen Wetterdienstes (DWD), Wissenschaftler/innen, Projektpartner der Industrie (Meteorologie) und der ZEPP (Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz).

Erkenntnisse zur Prognose und deren Umsetzung in den Nachbarländern wurden von den Kollegen aus Belgien, den Niederlanden und der Schweiz umfassend dargestellt.

Neben dem Feuerbrand war die Prognose zum Apfelschorf das vorherrschende Thema. Das JKI stellte Ergebnisse aus einem Innovationsprojekt zur „Förderung der Elektronik in der Landwirtschaft“ des BMELV (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) vor. Hierbei wurde zum status quo der Neuentwicklungen/Prototypen für Blatt­nässesensoren, Sensoren für kinetische Energie des Regens sowie zu einem mathematischen Modell für Blattnässe berichtet. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) berichtete über ein Modell zur Blattbenetzungssimulation. Eindrucksvoll stellten die Privatberatung, die Pflanzenschutzberatung der Länder sowie die Kollegen aus dem benachbarten Ausland ihre Prognose­strategien zum Feuerbrand und Apfelschorf dar. Thematisiert wurden die verwendete Sensorik, die Spezifikationen der Wetter­stationen sowie deren Messnetz, der hohe anspruchsvolle Organisationsgrad für die Datenauswertung und die Anwendung und Grundlagen der Modelle. Die Umsetzung der meteorologischen Daten bis hin zur Vermittlung von Warnaufrufen an die Obstbauern kamen nicht zu kurz. Eine ebenfalls wichtige Diskussion entspannte sich zur Prognose und Ermittlung des Inokulumpotenziales (Ascosporen) in der Primärsaison des Apfel­schorferregers und zur Verifikation von tatsächlich auftretendem Befall im Vergleich zu den Vorhersagen der Modelle. Vor dem Hintergrund der erfolgten Warnungen stellten die Experten aktuelle Pflanzenschutzstrategien für den integrierten und ökologischen Obstbau vor. Ein Modell des DWD zu Schorfprognose anhand der Wettervorhersage erläuterte ein Beitrag am Beispiel des Landes Sachsen. Die Einbindung der ZEPP für die Prognose und deren Bedeutung für den Pflanzenschutzdienst der Länder wurde vorgestellt.

In den Diskussionen ergaben sich kontroverse Standpunkte bezüglich der Sensorik per se oder Blattnässe-Modellierungen. Letztere können alleine oder im Verbund mit der Nässesensorik eingesetzt werden. Die Teilnehmer stellten fest, dass nur ein geringer Teil der prognostizierten Infektionen tatsächlich im Freiland vorkommt. Die Diskussion führte zu Bewertungen bestimmter Sensorstandards und wies auf den notwendigen weiteren Forschungs- und Handlungsbedarf hin.

In diesem Zusammenhang stellten sich folgende Fragestellungen als bedeutsam für zukünftige Untersuchungen:

• Einfluss der kinetischen Energie des Regens auf die Sporenausschleuderung im Freiland

• Feststellung der Triggerschwelle der Ascosporenausschleuderung bei Tag bzw. Nacht

• Vergleich von Sensoren im Sinne einer Standardisierung, Bewertungen

• Biologische Evaluierung (reale Infektionen) prognostizierter Infektionen

• Weiterentwicklung der Nässesensoren mit variablen Eigenschaften (Abtrockenverhalten, Anpassung an die Saison u.a., technische Modellierungen der Abtrocknung)

• Differenzierungsmöglichkeit nicht infektionsrelevanter Tauperioden

• Feststellung von Wartungsaufwand, Abhängigkeit von Position (Neigung u.a.), Alterungsbeständigkeit (Drift)

• Vergleich der Sensordaten mit mathematischen Modellen der Blattnässe aus Temperatur und Feuchte. Einbezug der Wettervorhersage

• Kommunikation und Bewertung der Ergebnisse, Koopera­tionen an verschiedenen Standorten

Ebenso wurden die Prognosemodelle und Pflanzenschutzstrategien und die möglichen Verbesserungen erörtert. Forschungs- und Handlungsbedarf besteht besonders zu folgenden Themen:

• Entwicklung von verbesserten Modellen zur Pseudothecienreife (Ascosporenpotential) und der Phänologie der Wirtspflanzen

• Entwicklung und Verbesserung der Pflanzenschutzkonzepte

• Validierung der Pflanzenschutzmaßnahmen nach Prognose

• Verbesserung der Feuerbrandprognose

• Weiterentwicklung der Schorfprognose (Einbindung neuer Sensorik, Blatttrockenzeiten u.a.)

• Einbindung der ZEPP als zentrale Plattform für neue Prognosemodelle

Die Vorträge des Fachgesprächs sind auf der Homepage des JKI (http://www.jki.bund.de/no_cache/de/startseite/institute/pflanzenschutz-obst-und-weinbau/fachgespraech-krankheitsprognose-obstbau/vortraege-zum-fg-krankheitsprognose-obstbau.html) eingestellt.

Auf Wunsch der Teilnehmer ist ein 2. Fachgespräch „Krankheitsprognose-Obstbau“ im Jahr 2013 vorgesehen.

Andreas Kollar (JKI Dossenheim)

Literatur

Journal für Kulturpflanzen, 64 (3). S. 95–103, 2012, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Bundesnaturschutzrecht – Kommentar und Entscheidungen. Kommentar zum Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), Vorschriften und Entscheidungen. Prof. Dr. K. Messerschmidt, begr. von Dr. A. Bernatzky † und O. Böhm. Loseblattwerk in 6 Ordnern mit CD-Rom. Heidelberg, C. F. Müller, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm, ISBN 978-3-8114-3870-5.

104. Aktualisierung, Rechtsstand: Juli 2011

Aus dem Vorwort

Mit dieser Aktualisierung erhalten Sie die Neukommentierung zu § 15 und § 16 BNatSchG.

Im Landesrecht Baden-Württemberg wird die Ökokonto-Verordnung neu aufgenommen.


Es werden unter anderem Entscheidungen zu folgenden Themen neu aufgenommen:

• Planfeststellung für den Bau einer Bundesfernstraße; Er­mitt­lungs- und Bewertungsdefizit einer FFH-VP

• Erhaltung der natürlichen Lebensräume; Schutzregelung vor Aufnahme eines Lebensraums in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung; Vorhaben in Bezug auf den Ausbau eines Feldwegs

• Zulässigkeit einer Windenergieanlage; Senkung des Tötungs­risikos für geschützte Arten durch Abschaltzeiten

• Beschlagnahme besonders geschützter Tiere

• Zur Beiladung eines anerkannten Naturschutzvereins in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend eines Planfeststellungsbeschlusses

• Nachbarklage gegen eine Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Tiergeheges für Geparden

• Ausgleich von durch Rabenkrähen verursachte Schäden

• Nachbarklage des Inhabers einer Hühnerfarm gegen eine Erlaubnis zum Aufstieg von Flugmodellen

Bundesnaturschutzrecht – Kommentar und Entscheidungen. Kommentar zum Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), Vorschriften und Entscheidungen. Prof. Dr. K. Messerschmidt, begr. von Dr. A. Bernatzky † und O. Böhm. Loseblattwerk in 6 Ordnern mit CD-Rom. Heidelberg, C. F. Müller, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm, ISBN 978-3-8114-3870-5.

105. Aktualisierung, Rechtsstand: September 2011

Aus dem Vorwort

Diese Aktualisierung enthält die Neukommentierung des § 17 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG).

Es werden unter anderem das Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung, das Naturschutzgesetz für Berlin und die Öko­konto-Verordnung des Landes Sachsen-Anhalt dem aktuellen Rechtsstand angepasst.

Bundesnaturschutzrecht – Kommentar und Entscheidungen. Kommentar zum Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), Vorschriften und Entscheidungen. Prof. Dr. K. Messerschmidt, begr. von Dr. A. Bernatzky † und O. Böhm. Loseblattwerk in 6 Ordnern mit CD-Rom. Heidelberg, C. F. Müller, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm, ISBN 978-3-8114-3870-5.

106. Aktualisierung, Rechtsstand: Oktober 2011

Aus dem Vorwort

Mit dieser Lieferung erhalten Sie die Neukommentierung zu § 18 Verhältnis zum Baurecht und § 19 Schäden an bestimmten Arten und natürlichen Lebensräumen.

Im Entscheidungsteil werden unter anderem Entscheidungen zum Thema Flughafenausbau, Windenergie im Außen­bereich und Ausübung eine naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht neu aufgenommen.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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