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Originalarbeit

Schwarzbeinigkeit bei Kartoffeln in Abhängigkeit von Pflanzgutinfektion, Pflanzgutsortierung und Pflanzendichte

Potato black leg as affected by seed tuber contamination, seed tuber size and plant density

Thomas Schön1, Felix Fuchs2 und Hans-Peter Kaul1
Institut
Universität für Bodenkultur, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Abteilung Pflanzenbau, Konrad Lorenz Str. 24, 3430 Tulln a. d. Donau, Österreich1
Niederösterreichische Saatbaugenossenschaft, Meires 25, 3841 Windigsteig, Österreich2

Journal für Kulturpflanzen, 64 (11). S. 401–406, 2012, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2012.11.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Prof. Dr. Hans-Peter Kaul, Universität für Bodenkultur, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Abteilung Pflanzenbau, Konrad Lorenz Str. 24, 3430 Tulln a. d. Donau, Österreich, E-Mail: hans-peter.kaul@boku.ac.at
Zur Veröffentlichung angenommen
12. Oktober 2012

Zusammenfassung

Der Krankheitskomplex Schwarzbeinigkeit und Knollennassfäule stellt eine wichtige bakterielle Erkrankung im Kartoffelbau dar. Eine Bekämpfung ist nur durch vorbeugende Maßnahmen möglich. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, wie sich Standort, Ausgangsbelastung des Pflanzgutes, Pflanzgutsortierung und Pflanzendichte auf die Symptomatik auswirken. Zudem wird untersucht, wie sich die Ausgangsbelastung auf Feldaufgang, Bodendeckung, Sprossachsenausbildung, Knollenansatz, Knollenertrag, Stärkegehalt und Stärkeertrag auswirkt. Der Einsatz von gesundem, klein sortiertem Pflanzgut in geringer Pflanzendichte kann den Befall mit Schwarz­beinigkeit reduzieren. Eine hohe Ausgangsbelastung hatte an einem Standort bereits negative Auswirkungen auf den Feldaufgang und die Bodendeckung kurz nach dem Auflaufen. Generell wurden bei hoher Ausgangsbelastung weniger Sprossachsen und Knollen pro Pflanze sowie ein verringerter Knollen-Frischmasseertrag, Stärkegehalt und Stärkeertrag festgestellt. Die Befallsschwere hatte negative Auswirkungen auf den Einzelpflanzenertrag, da weniger Knollen angelegt wurden und diese kleiner blieben.

Stichwörter: Kartoffel, Solanum tuberosum, Schwarzbeinigkeit, Pflanzgutinfektion, Pflanzgutsortierung, Pflanzendichte

Abstract

Black leg and tuber soft rot are important bacterial diseases in potato production. A reduction is possible only through preventive measures. The present study examines how location, initial contamination of seed tubers, seed tuber size and plant density affect symptom development in the field. The study also assesses how the initial contamination affects emergence, ground cover, stem and tuber development, tuber yield, starch content and starch yield. The results show that the use of healthy and small seed tubers planted in low density can reduce the infection with blackleg. A high initial contamination had on one location negative effects already on emergence and ground cover shortly after emergence. In general, strongly contaminated seed tubers produced less stems and tubers per plant, and lower tuber yield, starch content and starch yield. The disease severity had negative effects on the yield per plant, because less tubers were formed and they stayed smaller.

Key words: Solanum tuberosum, Potato black leg, seed tuber infection, seed tuber size, plant density

Einleitung

Schwarzbeinigkeit und Knollennassfäule ist eine bakterielle Erkrankung der Kartoffel (Simon, 1982), die durch Pectobacterium carotovorum ssp. carotovorum (Pc), ssp. atrosepticum (Pa) und Dickeya sp. verursacht wird (Stachewicz, 2008; Müller, 2010). Die bakteriellen Erreger gehören zur Familie der Enterobacteriaceen und sind auch unter dem Synonym pektolytische Erwinias bekannt. Kartoffel-Pflanzknollen sind häufig mit Pathogenen der Mutterpflanze kontaminiert (De Boer, 2004). Erwinia, die wichtigste bakterielle Erkrankung bei der Kartoffel in Mitteleuropa, wird hauptsächlich über das Pflanzgut übertragen. Bei der Krankheitskontrolle muss man sich mit Kultur- und Hygienemaßnahmen begnügen, weil keine wirksamen Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen (Elphinstone, 1987).

Auf dem Feld werden die Bakterien ausgehend von nassfaulen Mutterknollen und faulenden Stängeln durch Faulsaft, Wasser, Wind sowie Insekten weiträumig verbreitet. Durch eine frühzeitige Zersetzung der Mutterknolle kommt es zu Fehlstellen oder zur Entwicklung schwacher, triebarmer Pflanzen (Schiessendoppler und Cate, 1976). Schwarzbeinige Pflanzen sind an der Stängelbasis schwarzbraun bis schwarz verfärbt. Die ersten Symptome können teilweise schon im Frühjahr während des Auflaufens beobachtet werden (Heitefuss et al., 2000). Der Habitus der Pflanzen erscheint meist zwerghaft und gedrungen. Die Zweige und Blätter wachsen aufwärts, wodurch der Gipfel ein zusammengedrängtes Aussehen bekommen kann. Das Laub erscheint hellgrün bis gelb und besitzt einen metallischen Schimmer (Köhler et al., 1954). Bei noch nicht so starkem Befall können die Fiederblätter infizierter Triebe zur Mittelrippe hin ein­gerollt sein. Sie besitzen aber nicht die feste Konsistenz, wie im Falle einer Blattrollvirus-Infektion (Radtke et al., 2000). Eine Kontamination der Kartoffelknollen mit den Bakterien herrscht praktisch immer vor, und gesunde Knollen sind meist latent mit den Bakterien besiedelt. Die Bakterien befinden sich in der Regel auf der Schale sowie den Lentizellen. Sind die Kartoffeln keinem außergewöhnlichen Stress ausgesetzt, können diese unabhängig von der Erregerdichte frei von Symptomen bleiben (Wegener, 2010).

Das Auftreten von Schwarzbeinigkeit ist von Jahr zu Jahr je nach Region sehr unterschiedlich. Insbesondere bei Importpflanzgut aus verseuchten Regionen treten häufig Schäden auf. Je nach Sorte liegen die durchschnittlichen Verluste bei 2–10% (ETH Zürich, 2010). In feuchten Anbaujahren sind Ernteausfälle bis zu 50% oder auch ein vollständiger Verlust ganzer Partien keine Seltenheit (Wegener, 2010). Pérombelon (1992) beziffert die weltweit jährlich durch Nassfäule entstehenden Schäden mit 50 bis 100 Mio. US-$.

Ob die Krankheit ausbricht oder nicht, hängt primär von der Höhe des latenten Befalls ab. Umwelteinflüsse können den Krankheitsverlauf fördern oder hemmen (Pérombelon, 2002). Aus Pflanzknollen ein- und derselben Herkunft kann unter verschiedenen Anbaubedingungen ein unterschiedlich hoher Anteil an Fehlstellen und schwarzbeinigen Pflanzen entstehen (Simon et al., 1984). Unter ungünstigen Bedingungen, z.B. bei Staunässe, anaerobem Milieu und Begleitinfektionen durch pathogene Pilze, kann im Boden eine Fäule der Mutterknollen ausgelöst werden. Diese bildet später den Ausgangspunkt für die Entwicklung der Schwarzbeinigkeit im Feldbestand (Radtke et al., 2000). Schwarzbeinigkeit kommt auf Sandböden häufiger vor als auf Lehmböden. Mit zunehmendem Tongehalt nimmt der Schwarzbei­nigkeitsbefall ab, aber der Nassfäulebefall der Knollen nimmt tendenziell auf schwereren Böden zu (Radtke et al., 2000).

Nach Elphinstone (1987) sollen Pflanzen, die sich aus klein sortiertem Pflanzgut entwickelt haben, einen geringeren Schwarzbeinigkeitsbefall aufweisen als Pflanzen, die sich aus großknolligem Pflanzgut entwickelt haben. Die Auflaufraten sind jedoch bei groß sortiertem Pflanzgut besser. Die Ausbreitung der Bakterien zwischen den Pflanzen erfolgt primär über das Bodenwasser, wozu feuchte Bedingungen notwendig sind (Elphinstone und Pérombelon, 1958). Bewässerung wirkt deshalb tendenziell befallsfördernd. Ob der Abstand zwischen den Pflanzen bei variierter Pflanzdichte die Ausbreitung beeinflusst, wurde noch nicht untersucht.


Die Forschungsfragen lauten:

• Wie wirkt sich die Vorbelastung des Pflanzgutes auf die Jugendentwicklung des Bestandes, den Krankheits­befall und die Ertragsmerkmale aus?

• Wie groß ist der Einfluss des Standortes auf den Befall?

• Kann mit einfachen pflanzenbaulichen Maßnahmen (Variation der Pflanzgutsortierung und des Pflanz­abstandes) der Befall mit Schwarzbeinigkeit reduziert werden?

• Gibt es eine enge Korrelation zwischen der Befallsschwere der Einzelpflanzen und dem Knollenansatz sowie dem Einzelpflanzenertrag?

Material und Methoden

Ein Feldversuch wurde im Jahr 2010 auf drei Standorten in Niederösterreich parallel durchgeführt. Der Versuch wurde als randomisierte Blockanlage mit vier Wieder­holungen angelegt und umfasste die vier Faktoren Standort, Pflanzgutinfektion, Pflanzgutsortierung und Pflanzendichte. Die Standorte unterschieden sich deutlich hinsichtlich der klimatischen Bedingungen und der Böden (Tab. 1). Das Jahr 2010 war während der Vegetations­periode der Kartoffeln, von April bis September, deutlich feuchter und wärmer als im langjährigen Mittel.

Tab. 1. Charakterisierung der Versuchsstandorte 2010

Characters of experimental sites in 2010

 

Breitstetten

Naglern

Windigsteig

Koordinaten

48°11’ N, 16°42’ O

48°30’ N, 16°21’ O

48°46’ N, 15°17’ O

Seehöhe

151 m NN

293 m NN

498 m NN

Mittleres Jahresklima

9,5°C
550 mm

8,3°C
520 mm

7,0°C
616 mm

Abweichung vom mittleren Klima April-Sept. 2010

+2,0 K
+310 mm

+2,3 K
+216 mm

+1,8 K
+140 mm

Boden

Tschernosem
lehmiger Schluff
mittel gründig
mittel humos
pH > 7

Tschernosem
schluffiger Lehm
tiefgründig
schwach humos
pH 7

Felsbraunerde
lehmiger Sand
flachgründig
mittel humos
pH < 6

Die Versuchsdurchführung erfolgte mit dem noch nicht in das Sortenregister eingetragenen Stamm „NÖS 3676/01“. Anhand von Feldbonituren im Jahr 2009 wurde bei diesem Stamm in mehreren Parzellen eine Infektion mit Schwarzbeinigkeit festgestellt, wobei der Prozentsatz infizierter Pflanzen von Parzelle zu Parzelle schwankte. Für den Versuch wurde Pflanzgut aus zwei Parzellen ausgewählt. Bei der ersten Parzelle waren 5% der Pflanzen mit Schwarzbeinigkeit befallen (geringe Ausgangsbelastung), bei der zweiten Parzelle betrug der Befall 50% (hohe Ausgangsbelastung). Von diesem Pflanzgut wurden nach Sortierung zum einen Untergrößen von 30–35 mm ausgepflanzt, zum anderen Übergrößen mit 50–55 mm. Um unterschiedliche Pflanzdichten zu erreichen, wurde bei konstantem Reihenabstand der Abstand in der Reihe variiert. Bei hoher Pflanzendichte (40 404 Knollen ha–1) betrug der Abstand in der Reihe 0,33 m, bei niedriger Dichte (13 468 Knollen ha–1) wurden die Pflanzknollen mit 0,99 m Abstand gelegt. Die Pflanzung erfolgte von Hand zu den regional typischen Pflanzterminen zwischen 19.04. und 03.05.2010 mit vorgekeimtem Pflanzgut. Vorfrucht war jeweils Getreide. Düngung und Pflanzenschutz konnten zwischen den Versuchsstandorten nicht harmoniert werden, da die Versuchsflächen von den Eigentümern betriebsüblich bewirtschaftet wurden. Es wurden pro Hektar 100–170 kg N, 40–70 kg P und 60–110 kg K mineralisch gedüngt, und an allen Standorten erfolgten 9 bis 10 Fungizidapplikationen gegen Phytophthora und Alternaria. Nur am Standort Breitstetten wurde einmal Anfang Juli mit 30 mm bewässert.

Die Ermittlung der Auflaufquote erfolgte 4 bis 5 Wochen nach der Pflanzung durch Zählung der Pflanzen pro Parzelle. Die Bodendeckung wurde am Standort Breitstetten zu BBCH 21 (39 Tage nach Pflanzung), auf dem Versuchsfeld in Naglern zu BBCH 17 (35 Tage nach Pflanzung) und in Windigsteig zu BBCH 15 (31 Tage nach Pflanzung) mittels digitaler Bildanalyse festgestellt. Hierzu wurde ein Rahmen (1,98 × 1,5 m) in die Parzellen gelegt und Fotografien aus einer Höhe von ca. 2,5 m möglichst senkrecht aufgenommen. Für die Auswertung mit dem Programm SigmaScan Pro5 wurde der Inhalt des Rahmens ausgewählt. Diese Bilder wurden mit einer Auf­lösung von 3072 × 2304 Pixel gespeichert und die grünen Pixel der Kartoffelpflanzen relativ zur Gesamtpixelzahl ermittelt. Die Hauptsprosse wurde 41 bis 46 Tage nach Pflanzung an allen Einzelpflanzen gezählt.

Die Erhebung der Schwarzbeinigkeits-Symptome erfolgte an fünf Terminen, jeweils zu BBCH 31, 60, 75, 81 und 88. Die Klassifikation der Symptome an jeweils 20 Einzelpflanzen erfolgte in sieben Stufen (0–6) der Befallsintensität nach Hélias et al. (2000), wobei auch die Anzahl der befallenen Sprossachsen Berücksichtigung fand. Diese Boniturwerte wurden durch Multiplikation der Befallsintensität mit der -häufigkeit zu einem Befallschwereindex (0–120) verrechnet, wobei ein Wert von 120 angibt, dass keine der 20 Pflanzen aufgelaufen ist (20 Pflanzen × Befallsintensität 6).

Geerntet wurden die Parzellen per Hand zwischen dem 16.09. und 01.10.2010, wobei jeweils 10 Stauden einer Parzelle separat für genauere Auswertungen ge­erntet wurden. Die Knollen der Einzelpflanzen wurden auf dem Feld sortiert (< 35 mm, 35–55 mm, > 55 mm), um anschließend die Knollenanzahl und das Knollen­gewicht der jeweiligen Fraktion zu ermitteln. Faule Kartoffelknollen wurden bei der Datenerfassung nicht berücksichtigt. Schließlich wurde der Stärkegehalt mit Hilfe einer Stärkewaage gemessen.

Die erhobenen Daten wurden einer mehrfaktoriellen Varianzanalyse (SAS PROC GLM) unterworfen. Bei signifikanten Faktorwirkungen wurden multiple Mittelwertvergleiche mit dem Scheffé-Test durchgeführt.

Ergebnisse

Bereits die Jugendentwicklung der Bestände war durch die 50%ige Pflanzgutinfektion verglichen mit der geringen Pflanzgutbelastung von 5% negativ beeinträchtigt. Dieser Effekt war aber nur am Standort Breitstetten anhand einer geringeren Auflaufquote und Bodenbedeckung nachweisbar (Tab. 2).

Tab. 2. Auflaufquote (%) und Bodenbedeckung (%) der Kartoffelbestände in Abhängigkeit von Ort und Pflanzgutinfektion (Mittel über Pflanzgutsortierung und Abstand in der Reihe). Unterschiedliche Groß- bzw. Kleinbuchstaben kennzeichnen Mittelwertunterschiede bei p < 0,05 bzw. < 0,1

Emergence (%) and soil cover (%) of potato crops as affected by site and seed tuber infection (means across seed tuber size and plant density). Means marked with different capitals or lower case letters are different at p < 0.05 or < 0.1, respectively

Merkmal

Breitstetten

 

Naglern

 

Windigsteig

 

5% Inf.

50% Inf.

 

5% Inf.

50% Inf.

 

5% Inf.

50% Inf.

Auflaufquote

98,8 ab

95,8 c

 

97,9 abc

100 a

 

99,2 ab

97,1 bc

Bodenbedeckung

26,8 A

21,5 B

 

22,4 B

21,8 B

 

7,3 C

6,0 C

Hinsichtlich der Ausbreitungsdynamik der Schwarzbeinigkeit in den Beständen zeigte sich in der Folge eine klare Differenzierung zwischen den beiden Stufen der Pflanzgutinfektion, die über die drei Standorte verallgemeinert werden kann und bereits zum zweiten Boniturtermin nachweisbar ist (Abb. 1). Mit abnehmender Deutlichkeit waren zu späteren Boniturterminen auch die befallsfördernden Effekte der größeren Pflanzgutfraktion (50–55 mm) sowie der höheren Pflanzendichte (33 cm i. d. Reihe) festzustellen. In den vorliegenden Versuchen war der Einfluss des Standortes auf die Schwarzbeinigkeit sehr gering. Lediglich zum 5. Boniturtermin war die Befallsschwere in den Beständen mit hoher Pflanzgut­belastung am Standort Naglern mit 38,8 nachweisbar höher als in Breitstetten (28,6) und Windigsteig (22,0).

Abb. 1. Befallsschwere im Vegetationsverlauf in Abhängigkeit von Pflanzgutinfektion (oben), Pflanzgutsortierung (Mitte) und Abstand in der Reihe (unten) (Mittel über Orte und die jeweils anderen Faktoren). Mittelwerte gekennzeichnet mit * bzw. ** sind unterschiedlich bei p < 0,05 bzw. < 0,01.

Abb. 1. Befallsschwere im Vegetationsverlauf in Abhängigkeit von Pflanzgutinfektion (oben), Pflanzgutsortierung (Mitte) und Abstand in der Reihe (unten) (Mittel über Orte und die jeweils anderen Faktoren). Mittelwerte gekennzeichnet mit * bzw. ** sind unterschiedlich bei p < 0,05 bzw. < 0,01.

Disease severity during the vegetation period as affected by seed tuber infection (top), seed tuber size (centre) and plant density (bottom) (means across sites and each other factors). Means marked with * or ** are different at p < 0.05 or < 0.01, respectively.

Hieraus ergaben sich negative Auswirkungen auf das Wachstum der Bestände sowie die Qualität des Ernte­gutes (Tab. 3). Kartoffelbestände aus Pflanzknollen mit 50% Infektionsniveau produzierten weniger Sprosse und Knollen pro Pflanze und erzielten einen geringeren Knollenertrag, Stärkegehalt und Stärkeertrag. Die Reduktion der Sprosszahl pro Pflanze infolge erhöhter Pflanzgut­belastung war allerdings nur bei der großen Pflanzgut­sortierung nachweisbar. Das groß sortierte Pflanzgut führte bei beiden Stufen der Pflanzgutinfektion zu einer Knollenertragssteigerung gegenüber der kleinen Pflanzgut­sortierung. Diese Steigerung fiel auf niedrigem Infek­tionsniveau des Pflanzgutes allerdings wesentlich deut­licher aus.

Tab. 3. Spross- und Knollenzahl pro Pflanze, Knollenertrag (t ha–1), Stärkegehalt (%) und Stärkeertrag (t ha–1) der Kartoffelbestände in Abhängigkeit von Pflanzgutinfektion und -sortierung (Mittel über Orte und Abstand in der Reihe bzw. über Orte, Pflanzgutsortierung und Abstand in der Reihe). Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen Mittelwertunterschiede bei p < 0,05

Number of shoots and tubers per plant, tuber yield (t ha–1), starch content (%) and starch yield (t ha–1) of potato crops as affected by seed tuber infection and size (means across sites, seed tuber size and plant density). Means marked with different letters are different at p < 0.05

 

5% Infektion

 

50% Infektion

Merkmal

30–35 mm

50–55 mm

 

30–35 mm

50–55 mm

Sprosse pro Pflanze

2,29 C

4,86 A

 

2,01 C

4,22 B

Knollen pro Pflanze

20,5 A

 

15,6 B

Knollenertrag

46,2 B

59,2 A

 

36,9 C

43,9 B

Stärkegehalt

9,14 A

 

8,71 B

Stärkeertrag

3,95 A

 

2,78 B

Der enge negative Zusammenhang zwischen dem Endbefall der Bestände zum fünften Boniturtermin und der Ertragsbildung zeigt sich auch anhand von Korrelationsanalysen auf der Einzelpflanzenebene (Tab. 4). Sowohl die Knollenzahl pro Pflanze als auch der Einzelpflan­zenertrag ging mit steigendem Befallsniveau zurück. Betrachtet man das Erntegut getrennt nach drei Sortierungsklassen, so zeigen sich die negativen Auswirkungen des Befalls vor allem auf die größte Knollenfraktion (> 55 mm).

Tab. 4. Korrelationen zwischen der Befallsschwere zum 5. Untersuchungstermin und der Knollenzahl pro Pflanze bzw. dem Einzelpflanzenertrag insgesamt sowie getrennt nach Erntegutfraktionen (Datenausschnitt begrenzt auf 50–55 mm Pflanzgut und 99 cm Abstand in der Reihe). Korrelationskoeffizienten gekennzeichnet mit *** sind signifikant mit p < 0,001

Correlations between disease severity at last sampling date and number of tubers per plant or yield per plant in total and separately for individual tuber size fractions (dataset limited to 50–55 mm seed tubers and 99 cm plant distance in rows). Correlation coefficients marked with *** are significant at p < 0.001

 

Erntegutfraktion

 

insgesamt

< 35 mm

35–55 mm

> 55 mm

Knollen pro Pflanze

–0,61***

–0,01

–0,44***

–0,69***

Einzelpflanzenertrag

–0,72***

–0,06

–0,41***

–0,69***

Diskussion

Das Jahr 2010 war auf den drei Versuchsstandorten in Niederösterreich durch eine feuchte und warme Vegetationsperiode für die Kartoffeln gekennzeichnet, so dass grundsätzlich von einer befallsfördernden Witterungs­situation für Schwarzbeinigkeit auszugehen ist. Die Auflaufquoten waren mit > 95% sehr hoch. Die relativ ge­ringen Effekte der unterschiedlichen Pflanzgutinfektion auf die Jugendentwicklung (Auflaufquote und Bodenbedeckung) weisen darauf hin, dass das Infektionsniveau von 50% befallenen Pflanzknollen in diesem Zeitraum noch keine drastischen Auswirkungen haben muss. Bdliya (1995) konnte zwischen zwei Inokulumdichten (2,3 × 105 bzw. 2,3 × 109 Zellen Pa/ml) keine Unterschiede im Auflaufverhalten feststellen. Nach Aleck and Harrison (1978) wird die Auflaufquote erst bei einer sehr hohen Bakterienkontamination negativ beeinflusst, indem die Mutterknollen vor dem Auflaufen verfaulen.

Dennoch differenzierte sich die Befallsdynamik in der Folge sehr deutlich und bestätigt die große Bedeutung der Pflanzgutkontamination (Pérombelon, 2002; Laurila et al., 2010). Aber auch die Pflanzgutsortierung und die Pflanzendichte trugen – in geringerem Umfang – zum Befallsgeschehen bei. Aus Abb. 1 geht hervor, dass die Befallsschwere im Laufe der Vegetation stetig zunahm. Hélias et al. (2000) und Laurila et al. (2010) machten die gleiche Beobachtung. Faulende Mutterknollen sind dabei nicht nur Ausgangspunkt für die Infektion der eigenen Tochterknollen, sondern auch für benachbarte Pflanzen. Ob die Ausbreitung durch größere Pflanzenabstände reduzierbar ist, wurde zuvor noch nicht explizit untersucht. Unsere Ergebnisse zeigen, dass bei größerem Abstand der Pflanzen in der Reihe der Befall geringfügig zurückging. Ein Transport der Bakterien ist allerdings nur bei freiem Bodenwasser möglich (Langerfeld und Simon, 1981; Simon, 1982), und durch nasse und anaerobe Verhältnisse werden die Lentizellen der Knollen zur Öffnung veranlasst, sodass die Bakterien eindringen können (Pérombelon und Lowe, 1975). Die hohen Niederschläge des Versuchsjahres dürften solche Bedingungen gefördert haben.

Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen die Aussage von Elphinstone (1987), dass Schwarzbeinigkeit bei Pflanzen aus großen Pflanzknollen häufiger auftritt als bei Pflanzen aus kleinem Pflanzgut. Nach Struik (1999) entstehen die größten Knollen meist an den Stolonen erster Ordnung, nicht weit von der Mutterknolle entfernt. Weber (1986) stellte fest, dass die Bakteriendichte bei Knollen im Nahbereich der Mutterknolle höher ist als bei Knollen, die in der Dammperipherie liegen.

Grundsätzlich war in unseren Versuchen der Stand­orteinfluss auf den Befall gering. Die Tendenz zu einem höheren Befall in Naglern (auf schluffigem Lehm) und dem niedrigsten in Windigsteig (auf lehmigem Sand) widerspricht allerdings den Angaben von van den Boom (1967) und Radtke et al. (2000), dass mit steigendem Tongehalt der Befall durch Schwarzbeinigkeit abnehme. Vermutlich spielten andere Standorteigenschaften eine wichtigere Rolle.

Laurila et al. (2010) und Wegener (2010) berichten über Ertragseinbußen infolge Schwarzbeinigkeit von bis zu 50%. In der vorliegenden Studie lag der Ertrag bei 50% Pflanzgutinfektion immerhin 23% unter dem Ertrag bei 5% Infektion. Nach Bain et al. (1990) verursacht jedes zusätzliche Prozent schwarzbeiniger Pflanzen eine Ertragseinbuße von 0,8%, nach unseren Ergebnissen bedingt ein zusätzliches Prozent Pflanzknollenbefall einen Minder­ertrag von 0,5%. Nach Hélias et al. (2000) entstehen die Ertragsverluste bei schwerem Befall vor allem durch einen verminderten Knollenansatz. Die eigenen Ergebnisse bestätigen diesen Befund, wobei die Knollenreduktion vor allem die große Knollenfraktion > 55 mm betraf. Generell waren die beobachteten Stärkegehalte mit 8–10% sehr gering. Dennoch zeigte sich auch im Stärkegehalt und in der Folge im Stärkeertrag ein negativer Einfluss der Schwarzbeinigkeit.

Das größer sortierte Pflanzgut wies zwar unabhängig vom Infektionsniveau im Vegetationsverlauf mehr Schwarzbeinigkeitssymptome auf als die kleine Sortierung (Abb. 1), aber die großen Pflanzknollen brachten in beiden Infektionsstufen die höheren Erträge. In der Regel steigt mit zunehmender Pflanzknollenmasse die Zahl der Tochterknollen pro Pflanze an (Schuhmann, 1997). Die Ertragssteigerung durch größeres Pflanzgut fiel allerdings bei hoher Pflanzgutbelastung geringer aus als bei dem Pflanzgut mit nur 5% Infektionsniveau.

Der Knollenertrag war unabhängig von der Pflanzgutinfektion bei einem Pflanzabstand von 0,99 m in der Reihe um 42% geringer als bei den Varianten mit 0,33 m Pflanzabstand (= 100%, Daten nicht gezeigt). Offenbar konnte die geringe Pflanzendichte nicht durch höhere Einzelpflanzenerträge kompensiert werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Pflanzgutvorbelastung mit Erregern der Schwarzbeinigkeit einen sehr großen Einfluss auf den Krankheitsbefall im Bestand sowie die Ertragsbildung ausübt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz von gesundem und klein sortiertem Pflanzgut den Befall mit Schwarzbeinigkeit reduzieren kann. Eine Verringerung der Pflanzendichte hat nur geringen Einfluss auf die Schwarzbeinigkeit und ist wegen der gleichzeitigen Ertragsminderung nicht empfehlenswert.

Literatur

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ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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