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Originalarbeit

Klimaflexible Bodenbearbeitung durch KlimaBob in Brandenburg – Analyse und Bewertung der Anforderungserfüllung

Climate flexible tillage via KlimaBob in Brandenburg – Compliance Analysis and Evaluation of Conformance to Requirements

Welf Guenther-Lübbers, Carsten H. Emmann, Ludwig Arens, Willi J. G. Groß und Ludwig Theuvsen
Institut
Georg-August-Universität Göttingen, Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung

Journal für Kulturpflanzen, 64 (11). S. 407–415, 2012, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2012.11.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Welf Guenther-Lübbers, Georg-August-Universität Göttingen, Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung, Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen, E-Mail: welf.guenther-luebbers@agr.uni-goettingen.de
Zur Veröffentlichung angenommen
11. Oktober 2012

Zusammenfassung

Entscheidungsunterstützungssysteme werden in der Landwirtschaft im Zuge der globalen Klimaveränderung und deren Auswirkungen auf die lokalen Witterungsverhältnisse immer wichtiger. Sie ermöglichen es landwirtschaftlichen Betrieben, sich auf die vielfältigen Veränderungen einzustellen und entsprechende Anpassungen vornehmen zu können. Produktionsstandorte, die bereits auf oder nahe an Grenzstandorten liegen, werden zukünftig auf die veränderten Klimabedingungen mit Hilfe angepasster Bodenbearbeitungsstrategien reagieren müssen. Informationen zu den richtigen Strategieanpassungen werden oft über die landwirtschaftliche Beratung und Fachzeitschriften vermittelt. Eine neue Informationsquelle soll durch die Internetplattform „Klimaflexible Bodenbearbeitung“ (KlimaBob) im Rahmen des „Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg Berlin“ etabliert werden. Für eine erfolgreiche und dauerhafte Implementierung eines solchen Systems sind Untersuchungen und Nachweise zur individuellen Akzeptanz bei Landwirten erforderlich, fehlen aber derzeit noch. In diese Forschungs­lücke stößt der vorliegende Beitrag unter Rückgriff auf den etablierten Task-Technology Fit Ansatz. Aufbauend auf dieser Theorie wurde eine großzahlige Befragung unter Betriebsleitern in dem Bundesland Brandenburg durchgeführt. Die resultierenden Daten lieferten die Grundlage zur Berechnung eines Strukturgleichungs­modells zur Erklärung des Task-Technology Fit und somit zur Bewertung des KlimaBob. Die Ergebnisse zeigen eine starke Abhängigkeit des Task-Technology Fit von dem Leistungsspektrum des Systems – namentlich die Eigenschaften des KlimaBob und die individuellen Eigenschaften des Nutzers (zum Beispiel Zeitgestaltung, Technik­affinität und Risikoeinstellung).

Stichwörter: Entscheidungsunterstützungssysteme, Task-Technology Fit, Klimawandel, Ackerbau

Abstract

Due to global climate change and its impact on local weather conditions, decision support systems are getting more important in agriculture. They allow farmers to adapt more effectively to the complex changes their farms are subject to. Marginal production sites must apply new tillage strategies adapted to new climatic conditions. Information about proper strategy adjustments are often disseminated through agricultural extension services and journals. A new internet information platform called “Climate flexible tillage” (KlimaBob) was established under the framework of the “Innovation Network of Climate Change Adaptation Brandenburg Berlin”. For a successful and permanent introduction of such a system analysis and verifications of individual acceptance among farmers are necessary, but are currently still missing. This paper addresses this research gap by referring to the established task-technology fit approach. For application a survey among farmers was carried out in the Brandenburg region. The resulting data provided the basis for a structural equation model that explains the task-technology fit of the new internet platform and hence the evaluation of the KlimaBob. The results indicate a strong influence of the performance spectrum of the system, by name characteristics of the KlimaBob and individual characteristics of users (for example time management, technology affinity and risk attitude) on the task-technology fit.

Key words: Decision support systems, task-technology fit, climate change, arable farming

Einleitung

Der an Bedeutung gewinnende Klimawandel fordert zukünftig von Landwirten eine permanente Anpassung an veränderte Umweltbedingungen, damit einerseits die zentralen Herausforderungen, etwa der wachsende globale Nahrungsmittel- und Bioenergiebedarf, bewältigt werden können, andererseits die landwirtschaftlichen Betriebe aber auch langfristig wettbewerbs- und zukunftsfähig bleiben (Murphy und Hommel, 2006; Eitzinger et al., 2009). Speziell im Pflanzenbau müssen etablierte Strategien und Vorgehensweisen überdacht und in vielen Fällen angepasst werden (Smit und Skinner, 2002). Diese Anpassung muss immer unter Berücksichtigung der lokalen Besonderheiten erfolgen, da sich die ändernden Klimabedingungen in den einzelnen Regionen Europas völlig unterschiedlich äußern werden (Kersebaum et al., 2009). Die Folgen reichen von der Erwärmung oder Abkühlung bestimmter Jahreszeiten über die Verschiebung von Niederschlagsmengen innerhalb der Vegetations­periode bis hin zum Auftreten von Dürreperioden und extremen Niederschlagsereignissen (IPCC, 2007). Jene Produktionsstandorte in Deutschland, die bereits jetzt als Grenzstandorte zu kennzeichnen sind, werden zukünftig vielfach verstärkt von Extremereignissen heimgesucht werden (Helmholtz-Gemeinschaft, 2010). Gerade für ertragsschwächere Regionen, wie sie beispielsweise im Bundesland Brandenburg oftmals vorkommen (Gersten­garbe et al., 2003), ist es daher wichtig, auf die verän­derten Umweltbedingungen zu reagieren, indem die betrieblichen Anbaustrategien frühzeitig angepasst werden. Neben der richtigen Wahl der Kultur und Sorte, des Saatzeitpunktes und des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln gewinnt die Auswahl der optimalen Bodenbearbeitungsmaßnahmen an Bedeutung (Eitzinger et al., 2009). Primär in Regionen, in denen den Pflanzen aufgrund der geringen nutzbaren Feldkapazität der Böden und geringer Niederschläge während der Vegetationszeit nur eine begrenzte Menge an pflanzenverfügbarem Wasser zur Verfügung steht (Kersebaum et al., 2009), hat eine standortangepasste und wassersparende Bodenbearbeitung schon heute einen entscheidenden Einfluss auf die Ertragsbildung der Kulturen (Eitzinger et al., 2009; Gerstengarbe et al., 2003).

Um die Betriebsleiter in der Wahl ihrer Bodenbearbeitungsstrategien zu unterstützen, gibt es verschiedene Informationsquellen. Bislang sind landwirtschaftliche Fachzeitschriften (o.V., 2009) und die landwirtschaftliche Beratung bedeutsame Informationsmedien (Thomas, 2007). Eine neue Möglichkeit zur Versorgung der Betriebsleiter mit Informationen zur klimaangepassten Bodenbearbeitung stellt die Internetplattform „Klimaflexible Boden­bearbeitung“ (KlimaBob), die im Rahmen des „Inno­vationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg Berlin“ etabliert wurde, dar. Beim KlimaBob handelt es sich um ein internetbasiertes Entscheidungsunterstützungssystem (EUS), das standort- und situationsspezifisch für Landwirte Entscheidungshilfen zur Bodenbearbeitung auf­zeigen kann. Im Rahmen dieses Beitrages soll analysiert werden, inwiefern der derzeit implementierte KlimaBob die von den Nutzern und Experten an das Programm gestellten Aufgaben und Anforderungen erfüllt und welche Auswirkungen auf die Akzeptanz der Erfüllungsgrad der Anforderungen hat. Die Frage wird im vorliegenden Beitrag mittels des etablierten Task-Technology Fit Modells (TTF-Modell) analysiert. Über einen standardisierten Fragebogen wurden Betriebsleiter im Bundesland Brandenburg zur neuen Internetplattform mit Entscheidungsunterstützungsfunktion befragt.

Der Beitrag unterteilt sich insgesamt in fünf Abschnitte. Im folgenden Kapitel wird der KlimaBob vorgestellt und in die gegenwärtige landwirtschaftliche Beratung eingeordnet. Der sich daran anschließende Abschnitt (Material und Methoden) befasst sich mit dem Studiendesign, also dem aus der Literatur abgeleiteten Grundlagenmodell und der Forschungsmethodik. Im Ergebnisteil liegt der Schwerpunkt auf einem Strukturgleichungsmodell, mit dessen Hilfe Einflussgrößen auf die Bewertung des KlimaBob identifiziert werden. Abschließend werden die Ergebnisse der empirischen Analyse diskutiert und Schlussfolgerungen abgeleitet.

Einordnung des KlimaBob in die landwirtschaftliche Beratung

Der in diesem Beitrag fokussierte KlimaBob ist ein computerunterstütztes und zugleich internetbasiertes EUS für den landwirtschaftlichen Sektor. Als ein solches System ist er der landwirtschaftlichen Betriebsberatung zuzuordnen. Der Begriff Beratung wird in der Literatur unterschiedlich definiert, wie beispielsweise Albrecht (1969), Boland (1991) und Albrecht (1992) zu ent­nehmen ist. In den meisten Definitionen wird deutlich herausgestellt, dass der Beratung nur eine unterstützende Rolle im Entscheidungsfindungsprozess zukommt. Die endgültige Entscheidung über die Handlungsrichtung muss immer der jeweilige Klient – im Bereich der Landwirtschaft also in der Regel der Betriebsleiter – unter Beachtung aller Folgen und Auswirkungen selbst treffen.

Im Agrarbereich sind verschiedene Arten von Beratung vorhanden, wobei sich diese in Deutschland aufgrund der Geschichte in den einzelnen Bundesländern deutlich unterscheiden kann. Grundsätzlich wird nach Thomas (2007) die landwirtschaftliche Beratung in vier organisatorische und finanzierungstechnische Bereiche gegliedert. Unterschieden wird zwischen der staatlichen Offizial­beratung, der Beratung durch Landwirtschaftskammern bzw. Landwirtschaftsämter, Beratungsringe als eingetragene Vereine und der Privatberatung. Eine neuere Form der Beratung sind Online-EUS. Der KlimaBob stellt momentan ein frei zugängliches EUS dar, dessen Erstellung mit öffentlichen Geldern finanziert wurde (ZALF, 2012). Somit kann man es bislang der staatlichen Offizial­beratung zuordnen. Wenn in der weiteren Entwicklung betriebsindividuelle, kostenpflichtige Programmoptionen hinzugefügt werden sollten, wird der KlimaBob als eine Mischform aus Offizial- und einzelbetrieblicher Beratung zu kennzeichnen sein.

EUS wie der KlimaBob sind computergestützte, interaktive Systeme, die anhand von gespeicherten Daten­sätzen und Modellen Handlungsempfehlungen an ihre Nutzer ausgeben sollen (Carlsson und Turban, 2002; Druzdzel und Flynn, 2002). Durch die Unterstützung bei der Suche nach der optimalen Handlungsalternative soll nach McCown (2002) das EUS die Effektivität der Entscheidung steigern, alle nötigen Information zur Entscheidungsfindung schnellstmöglich bereitstellen und diese gleichzeitig verständlich darstellen können. Der KlimaBob basiert auf drei Komponenten: dem Datenbanksystem, dem Modellsystem und der Benutzeroberfläche. Das Modellsystem generiert mit dem vorhandenen Datenbanksystem für den jeweiligen Nutzer die optimale Handlungsalternative und stellt diese auf der Benutzeroberfläche visuell dar. Der detaillierte Aufbau des EUS kann der Internetseite zum KlimaBob entnommen werden (ZALF, 2012).

Im Bereich der Pflanzenproduktion sind bereits einige EUS und Informationssysteme eingeführt worden. Explizit für den Bereich der Bodenbearbeitung wurde bislang jedoch noch kein EUS entwickelt. Ein bereits installiertes EUS mit ähnlichem Aufbau ist gleichwohl das „Informationssystem Integrierte Pflanzenproduktion e.V.“ (ISIP). Nach vollständiger Systemumsetzung und intensiver Testphase soll der KlimaBob ähnlich aufgebaut sein und funktionieren wie das bereits vorhandene ISIP, jedoch speziell auf Bodenbearbeitungsprozesse ausgelegt sein. Eine gewisse Auswahl an allgemeinen Informationen, welche zum jetzigen Zeitpunkt auch schon einsehbar sind, sollen ohne persönlichen Zugang erreichbar sein und einen groben Überblick über die möglichen Handlungsstrategien geben. Eine individuelle Handlungsstrategie oder Problemlösung wird es jedoch nur über den persönlichen Zugang geben. Hierbei werden zahlreiche betriebsspezifische Angaben (unter anderem Strohmanagement, Zwischenfruchtanbau, Humusgehalt) nötig sein, um abschließend eine an die aktuellen Wetterdaten angepasste Bodenbearbeitungsempfehlung für die jeweilige Jahreszeit geben zu können (ZALF, 2012).

Um ein möglichst großes Vertrauen in den KlimaBob zu erlangen und eine weite Verbreitung des EUS unter den Landwirten sicherstellen zu können, ist es wichtig herauszufinden, wie hoch die Landwirte das Potential des Systems einschätzen, da die wahrgenommene Nützlichkeit eines EUS zu einem nicht unerheblichen Teil die Nutzerakzeptanz bestimmt. Verständnisprobleme beim Nutzer im Zusammenhang mit dem jeweiligen Entscheidungsfindungsweg, die sehr große Mengen an zu hinterlegenden betriebsindividuellen Daten und auch die Missachtung bereits gesammelter Erfahrungen können zur Ignorierung des EUS führen (Rosskopf und Wagner, 2003). Inwiefern der KlimaBob die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt bzw. erfüllen kann, wird im Folgenden unter Rückgriff auf das Task-Technology Fit Modell (TTF-Modell) untersucht.

Material und Methoden

Modell

Das TTF-Modell wurde im Jahr 1995 von Goodhue ent­wickelt, um Einflussfaktoren auf Nutzungseinstellungen identifizieren zu können. Die tatsächliche Nutzung von Informationssystemen kann dabei allerdings nicht direkt erklärt werden. In seinem TTF-Modell geht Goodhue (1995) vielmehr davon aus, dass die Nutzungseinstellung von der jeweiligen Einschätzung des Nutzers hinsichtlich der Gesamtsystemleistung beeinflusst wird. Das Modell unterstellt, dass die Einschätzung der Systemleistung von drei generellen Einflussfaktoren beeinflusst wird. Diese drei Einflussfaktoren sind die Aufgabe, die Technologie und das Individuum. Das Modell ist so ausgelegt, dass eine multidimensionale Bewertung möglich ist, wobei jedoch jede einzelne Dimension für sich quantifiziert werden kann. Diese mehrdimensionale Betrachtung ermöglicht es, vertiefte Einblicke in die Wirkungen eines Informationssystems, beispielsweise eines EUS, zu erlangen (Goodhue, 1998). Das TTF-Modell kann dazu genutzt werden, Probleme in bestimmten Systembereichen zu erkennen und den Erfolg der Behebung eines festgestellten Problems darzustellen (Baroudi und Orlikowski, 1988). Wie in der Abb. 1 zu erkennen ist, besteht auch das vorliegende und für die Fragestellung angepasste TTF-Modell aus drei erklärenden Faktoren und einem abhängigen Faktor. Sowohl die drei erklärenden Faktoren als auch der abhängige Faktor sind in der Regel Konstrukte, die aus mehreren Variablen gebildet werden (Fornell und Bookstein, 1982).

Abb. 1. Einflussgrößen zur Bewertung des KlimaBob nach dem TTF-Modell(Quelle: Verändert nach Goodhue, 1995 und 1998).

Abb. 1. Einflussgrößen zur Bewertung des KlimaBob nach dem TTF-Modell
(Quelle: Verändert nach Goodhue, 1995 und 1998).

Determinants for the assessment of the KlimaBob according to the TTF-model.

Generell üben die drei unabhängigen Konstrukte einen direkten Einfluss auf das abhängige Konstrukt „Bewertung des KlimaBob“ aus. Ausgehend vom Originalmodell werden die drei erklärenden Konstrukte als „Entscheidungsgestaltung“ (im Original: Aufgabe), „Individuelle Eigenschaften“ (im Original: Individuum) und „Eigenschaften des KlimaBob“ (im Original: Technologie) bezeichnet. Die drei abgeleiteten Forschungshypothesen (H1 bis H3), die im TTF-Modell (s. Abb. 1) mittels Pfeilen verdeutlicht sind, lauten:

H1:

Das Konstrukt „Entscheidungsgestaltung“ beeinflusst die „Bewertung des KlimaBob“.

H2:

Das Konstrukt „Individuelle Eigenschaften“ hat einen Einfluss auf die „Bewertung des KlimaBob“.

H3:

Das Konstrukt „Eigenschaften des KlimaBob“ beeinflusst die „Bewertung des KlimaBob“.

Des Weiteren haben zwei der drei unabhängigen Konstrukte einen Moderatoreffekt auf die Einflussgestaltung des dritten unabhängigen Konstrukts. Der Moderator­effekt ist dadurch gekennzeichnet, dass der Einfluss eines unabhängigen Konstrukts durch die Ausprägung anderer unabhängiger Konstrukte determiniert wird. Demnach lassen sich im vorliegenden Fall zwei weitere Forschungshypothesen (H4 und H5) aufstellen, die in der Abb. 1 als gestrichelte Pfeile sichtbar sind:

H4:

Die „Entscheidungsgestaltung“ hat einen Mode­ratoreffekt auf den Einfluss „Eigenschaften des KlimaBob“.

H5:

Die „Individuelle Eigenschaften“ hat einen Mode­ratoreffekt auf den Einfluss „Eigenschaften des KlimaBob“.

Studiendesign und Methodik

Zur Erhebung des nötigen Datensatzes ist ein Fragebogen mit 32 Fragen ausgearbeitet und in allen Landkreisen des Bundeslandes Brandenburg entweder in Schriftform verteilt oder digital verschickt worden. Der schriftliche Fragebogen ist in 200 Exemplaren zum einen an die teilnehmenden Betriebsleiter des „Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg Berlin“ (INKA BB) Projekts direkt verschickt und zum anderen über Landhändler und landwirtschaftliche Versicherungsvertreter an Betriebsleiter verteilt worden. Ebenso ist der Fragebogen online auf der Beratungsplattform ISIP mittels eines Links zur Beantwortung bereitgestellt worden. Die digitale Verteilung geschah zudem über öffentlich zugäng­liche E-Mail-Adressen des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft Brandenburg. Die Rücklaufquote der gedruckten Form betrug 34% (n = 68). Über die Onlinebeantwortung konnten weitere 24 Probanden (43%) gewonnen werden. Somit ergibt sich aus beiden Erhebungswegen eine Probandenanzahl von n = 92, wobei relativ viele Probanden aus den westlichen Landkreisen (unter anderem Ostprignitz-Ruppin, Havelland, Potsdam-Mittelmark) an der Befragung teilgenommen haben. Dennoch konnte zumindest jeweils ein Proband aus allen 14 Flächenlandkreisen Brandenburgs in der empirischen Erhebung berücksichtigt werden. Beide Darstellungsformen des Fragebogens waren in Hinblick auf Anzahl der Fragen, Fragestellungen und Antwortmöglichkeiten identisch. Die 32 Fragen waren in vier Bereiche unterteilt: vier Fragen zur Person, 14 Fragen zum landwirtschaftlichen Betrieb, sieben Fragen zur landwirtschaftlichen Beratung und weitere sieben Fragen zur klimaflexiblen Bodenbearbeitung. Um eine möglichst einfache und einheitliche Auswertung des Fragebogens zu garantieren, wurden hauptsächlich geschlossene Fragen gestellt. Die Probanden mussten bei einzelnen Fragen zwischen vorgegebenen möglichen Antworten auswählen. Die Abfrage von Meinungen und Einstellungen erfolgte mit Hilfe fünfstufiger Likert-Skalen. Die Skala reichte dabei von „Lehne voll und ganz ab“ über „Teils/teils“ bis „Stimme voll und ganz zu“. Die Likert-Skalen wurden gewählt, um möglichst vergleichbare Antworten zu erhalten und die Erhebung effizienter auswerten zu können (Schnell et al., 1999).

Nach einer Aufbereitung der erhobenen empirischen Daten erfolgte zunächst eine deskriptive Analyse des Datensatzes mittels der Software „Statistical Product and Service Solutions“ (SPSS) Version 18.0 für Microsoft Windows. Die Beurteilung der Adäquatheit des KlimaBob hinsichtlich seiner zur erfüllenden Aufgabe und damit die Überprüfung der fünf Forschungshypothesen wurde anschließend mit Hilfe des komponentenbasierten Strukturgleichungsverfahrens „Partial Least Squares“ (PLS), das für komplexe Modelle besonders geeignet ist, durchgeführt. In einem zweistufigen Vorgehen wird hierbei zunächst die Güte des Messmodells anhand seiner Reliabilität und Validität bewertet; danach wird das Struk­turmodell untersucht. Als Auswertungssoftware wurde SmartPLS Version 2.0. M3 verwendet.

Ergebnisse

Charakterisierung der Stichprobe

Bezüglich der Sozio-Demographie der Probanden geht aus den deskriptiven Ergebnissen der empirischen Erhebung hervor, dass 92,4% der teilnehmenden Personen männlich sind. Das Durchschnittsalter der Befragten liegt bei 44,3 Jahren; das Alter reicht von 23 bis 69 Jahren. Die Probanden sind zu 59,9% Betriebsinhaber, zu 19,5% Verwalter mit Besitzansprüchen, zu 13,8% Verwalter ohne Besitzansprüche und zu 6,9% anderweitiges Personal auf den landwirtschaftlichen Betrieben. Die Bewirtschaftungsform der befragten Betriebe ist zu 97,7% konventionell; hinsichtlich der Betriebsformen handelt es sich zu 48,3% um Gemischtbetriebe, zu 31,1% um Ackerbaubetriebe, zu 11,5% um Futterbaubetriebe und zu 5,7% um Veredlungsbetriebe. Im Mittel werden von den befragten Betriebsleitern 784,71 ha Ackerland und 209,96 ha Grünland bewirtschaftet. Bei diesen beiden Kennzahlen zeigt sich jedoch eine große Heterogenität bezüglich der Flächenausstattung der einzelnen Betriebe (Ackerland: 3 bis 2600 ha; Grünland: 2 bis 1600 ha). Über die gesamte Ackerfläche aller 92 Betriebe gesehen dominiert bei der Bodenbearbeitung die Mulchsaat („pfluglose Grundbodenbearbeitung“) mit einem Anteil von 49,7%; erst danach folgt die konventionelle Bodenbearbeitung („Pflugwirtschaft“) mit 46,1% und die Direktsaat („no-tillage“) mit 4,2%. Mehr als die Hälfte der Ackerfläche (54,9%) wird dabei in einer dreifeldrigen Fruchtfolge bestellt (Monokultur: 6,9%; zweifeldrige Fruchtfolge: 9,8%; vierfeld­rige Fruchtfolge: 22,0%; fünffeldrige Fruchtfolge: 6,4%). Die Kulturen mit den höchsten Anbauanteilen sind hierbei der Winterroggen, der Winterraps und die Wintergerste.

Die Abb. 2 verdeutlicht, dass mit 91,0% ein Großteil der befragten Probanden die in der Praxis vorhandenen EUS – hier am Beispiel von ISIP – bereits kennt oder diese sogar im Betriebsablauf schon nutzt. Folglich scheint die Mehrzahl der Probanden aus dem Bundesland Brandenburg den Fachbegriff EUS eindeutig zuordnen zu können, was für die nachfolgende Hypothesenüberprüfung und somit für die Analyse der Anforderungserfüllung des KlimaBob von hoher Relevanz ist.

Abb. 2. Nutzen Sie ein EUS wie zum Beispiel das schon vorhandene ISIP für den integrierten Pflanzenschutz in Ihrem Betrieb?(Quelle: Eigene Berechnungen).

Abb. 2. Nutzen Sie ein EUS wie zum Beispiel das schon vorhandene ISIP für den integrierten Pflanzenschutz in Ihrem Betrieb?
(Quelle: Eigene Berechnungen).

Do you use an EUS such as the already installed ISIP for the integrated plant protection of your farm?

Zusammensetzung der Konstrukte und Güte des Messmodells

Das Messmodell besteht aus Konstrukten, welche dem TTF-Modell (s. Abb. 1) zugrunde gelegt werden. Die Konstrukte werden durch zugeordnete beobachtbare Variablen – nachfolgend auch Indikatoren genannt – gemessen. Welcher Anteil der Varianz eines Indikators durch das zugehörige Konstrukt erklärt wird, spiegelt die Indikatorreliabilität wieder. Generell sollten mehr als 50% der Varianz erklärt werden (Hair, 1998); dies ist hier der Fall. Die Konstruktreliabilität bzw. interne Konsistenz gibt an, wie gut das Konstrukt durch die Indikatoren gemessen wird. Sie kann mit Hilfe des Gütemaßes Cronbach’s Alpha (CRA) gemessen werden (Nunnally, 1978), welches bei Werten von 0,6 und höher auf eine gute Reliabilität schließen lässt. Zusätzlich sprechen Fornell und Larcker (1981) bei einer Konstruktreliabilität (KR) von 0,7 oder größer von guten Werten. Beide Gütekriterien werden in der vorliegenden Analyse erfüllt (s. Tab. 1). Die gering­fügigen Unterschreitungen des CRA-Wertes (< 0,6) bei zwei Konstrukten können vor dem Hintergrund der guten Konstruktreliabilitäten und der geringen Anzahl von Indikatoren gerechtfertigt werden (Garson, 2011).

Tab. 1. Gütewerte der Konstrukte und deskriptive Statistik der verwendeten Variablen

Quality criterions of the constructs and descriptive statistics of used variables

Konstrukte (inklusive Gütewerte)

Ablehner1 (%)

Unent­schlossene2 (%)

Befürworter3 (%)

Mittelwert4

Standard­abweichung

Entscheidungsgestaltung (DEV: 0,711; KR: 0,831; CRA: 0,596)

1. Können Sie sich vorstellen, dass sich das Entscheidungsunterstützungssystem für klimaflexible Bodenbearbeitung in der Zukunft etablieren bzw. von Landwirten genutzt werden könnte?

a. Die Informationen werden eher aus anderen Quellen gezogen.

6,8

68,2

25,0

3,23

0,64

b. Viele Landwirte haben ihren festen Prozess im Betriebs­ablauf und werden nichts am System ändern.

30,4

34,8

34,8

3,04

0,93

Individuelle Eigenschaften (DEV: 0,558; KR: 0,787; CRA: 0,592)

1. Können Sie sich vorstellen, dass sich das Entscheidungsunterstützungssystem für klimaflexible Bodenbearbeitung in der Zukunft etablieren bzw. von Landwirten genutzt werden könnte?

a. Es wird sich nicht etablieren, da eine große Anzahl der Landwirte des Internets nicht mächtig sind.

64,8

27,3

7,9

2,34

0,80

2. Würden Sie in Ihrer leitenden Position im landwirtschaftlichen Betrieb auf die Internetplattform zurückgreifen?

a. Mir ist das Risiko zu hoch, Neuerungen im Betrieb einzuführen, die eventuelle Verluste mit sich bringen.

57,3

32,9

9,8

2,40

0,87

b. Aus Zeitmangel werde ich wohl nicht dazu kommen, auf die Internetplattform zurückzugreifen.

54,9

34,3

10,8

2,48

0,89

Eigenschaften des KlimaBob (DEV: 0,593; KR: 0,897; CRA: 0,863)

1. Welche konkreten Entscheidungen sollten aus Ihrer Sicht bei der Bodenbearbeitung im Entscheidungsunterstützungssystem klimaflexible Bodenbearbeitung unterstützt bzw. berücksichtigt werden?

a. Pflug/-los bei bestimmten Kulturen.

5,7

14,9

79,4

3,89

0,82

b. Arbeitstiefe bei bestimmten Arbeitsgängen (Pflug, Grubber).

2,5

17,7

79,8

3,92

0,70

c. Einfluss des Wetters.

1,2

21,4

77,4

3,90

0,69

d. Anforderungen der geplanten Kulturen an die Bodenbearbeitung.

1,2

15,1

83,7

4,00

0,67

e. Geräteauswahl (zum Beispiel Grubber oder Kurzscheibenegge).

2,5

20,0

77,5

3,88

0,70

f. Einfluss der Ernterückstände (zum Beispiel Stroh).

0,0

14,3

85,7

4,04

0,57

Bewertung des KlimaBob (DEV: 0,616; KR: 0,823; CRA: 0,692)

1. Können Sie sich vorstellen, dass sich das Entscheidungsunterstützungssystem für klimaflexible Bodenbearbeitung in der Zukunft etablieren bzw. von Landwirten genutzt werden könnte?

a. Die Vorsommertrockenperioden haben einen erheblichen Einfluss auf den Ertrag und zusätzliche Informationen aus regionalen Versuchen sind für mich von Nutzen.

2,2

17,0

80,8

4,01

0,75

2. Würden Sie in Ihrer leitenden Position im landwirtschaftlichen Betrieb auf die Internetplattform zurückgreifen?

a. Ich würde mir die Internetseite anschauen.

8,1

17,4

74,5

3,78

0,85

b. Wenn es nachvollziehbar dargestellt wird, werde ich versuchen die Lösungsansätze für meinen Betrieb zu übernehmen.

7,1

26,2

66,7

3,64

0,74

DEV: durchschnittlich erfasste Varianz; KR: Konstruktreliabilität; CRA: Cronbach’s Alpha; 1 „Lehne voll und ganz ab“ und „Lehne ab“; 2 „Teils/teils“; 3 „Stimme zu“ und „Stimme voll und ganz zu“; 4 von 1 „Lehne voll und ganz ab“ bis 5 „Stimme voll und ganz zu“
(Quelle: Eigene Berechnungen).

Um die Diskriminanzvalidität beurteilen zu können, müssen die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) und das Fornell-Larcker-Kriterium gemessen werden (Fornell und Larcker, 1981). Die DEV beschreibt die gemeinsam erfasste Varianz zwischen dem Konstrukt und seinen jeweiligen Indikatoren und sollte einen Wert von 0,5 nicht unterschreiten (Chin, 1998). Im Messmodell wurde dieser Wert für alle Konstrukte erreicht (s. Tab. 1). Das Fornell-Larcker-Kriterium ist erfüllt, wenn die durchschnittlich erfasste Varianz der Konstrukte größer ist als die quadrierten Korrelationen zwischen den Konstrukten (Fornell und Larcker, 1981). Auch dieses Gütekriterium wird ausnahmslos erfüllt. Zusätzlich wurden die Ergebnisse auf Kreuzladungen untersucht. Hierbei sollten die Ladungen eines Indikators zu seinem jeweiligen Konstrukt größer sein als seine Ladung auf die übrigen Konstrukte. Es konnten keine Kreuzladungen identifiziert werden. Somit zeigt das Messmodell insgesamt zufriedenstellende Ergebnisse für alle Gütekriterien.

Das Strukturmodell

Das Strukturmodell bildet die zu untersuchenden Verbindungen zwischen den möglichen Einflussfaktoren bzw. unabhängigen Konstrukten und dem zu erklärenden Konstrukt ab. Seine Beurteilung findet mittels des Bestimmtheitsmaßes der endogenen Variablen (R2) und des Ausmaßes sowie der Signifikanz der Pfadkoeffizienten statt. Die aufgestellten Hypothesen werden im folgenden Modell mittels Pfeilen beschrieben, wobei die darauf abgetragenen Pfadkoeffizienten wie die standardisierten Beta-Koeffizienten der Regressionsanalyse interpretiert werden können (Albersmeier und Spiller, 2010). Die jeweiligen t-Werte wurden mittels der Jackknife-Methode gewonnen. Ein gutes Strukturmodell ist durch eine hohe Erklärungskraft und statistisch signifikante t-Werte gekennzeichnet. Letzteres wurde durch das Bootstrapping-Verfahren mit 1000 resamples ermittelt.

Die daraus resultierenden Ergebnisse des Struktur­modells sind in Abb. 3 illustriert. Die Analyse zeigt, dass 56,8% der Varianz des TTF bezüglich des KlimaBob erklärt werden. Das TTF hinsichtlich des EUS wird am stärksten von den Eigenschaften und Fähigkeiten des KlimaBob signifikant beeinflusst. Somit kann die Hypothese (H3) bestätigt werden. Der Einfluss dieses Kon­strukts soll laut Hypothesen durch die Entscheidungs­gestaltung und individuelle Eigenschaften moderiert werden. Im Untersuchungsbeispiel wurde kein signifikanter moderierender Effekt festgestellt. Daher werden Hypothese 4 und 5 abgelehnt. Der zweite signifikante Einfluss geht von den individuellen Eigenschaften (H2), beispielsweise Zeitgestaltung, Technikaffinität und Risikoeinstellung, aus. Die Entscheidungsgestaltung (H1) beeinflusst das abhängige Konstrukt nicht signifikant; ihr Einfluss unterschreitet allerdings das Signifikanzkriterium nur knapp. Insgesamt wurden im Kontext des TTF des EUS KlimaBob immerhin zwei der fünf Hypothesen bestätigt.

Abb. 3. Einflussgrößen innerhalb des TTF-Modells(Quelle: Eigene Berechnungen).

Abb. 3. Einflussgrößen innerhalb des TTF-Modells
(Quelle: Eigene Berechnungen).

Determinants within the TTF-model.

Zur weiteren Beurteilung der Konstrukte kann die Effektgröße (f2) herangezogen werden. Hierbei wird die Veränderung des R2 untersucht, wenn jeweils ein exogenes Konstrukt entfernt wird. Dies lässt Rückschlüsse auf die Wichtigkeit einzelner Konstrukte zu. Die jeweilige Ausprägung des f2-Wertes ist in der Tab. 2 angegeben und bestätigt grundsätzlich die Ergebnisse aus der Abb. 3. Zusätzlich zur Effektgröße kann die Prognoserelevanz des Modells mit Hilfe des Stone-Geissler Krite­riums (Q2) bestimmt werden. Werte oberhalb von 0 deuten auf eine Vorhersagerelevanz hin; sie ist im vorliegenden Modell aufgrund eines deutlich oberhalb von 0 liegenden Wertes anzunehmen (Fornell und Bookstein, 1982).

Tab. 2. Effektgrößen der einzelnen Konstrukte

Effect-dimensions of the individual constructs

Konstrukte

R2

f2

Bewertung

Bewertung des KlimaBob

0,568

  

Entscheidungsgestaltung

0,557

0,025

gering

Individuelle Eigenschaften

0,463

0,243

moderat

Eigenschaften des KlimaBob

0,395

0,400

groß

(Quelle: Eigene Berechnungen).

Diskussion und Schlussfolgerungen

Die Überprüfung der Anforderungserfüllung des neuen EUS KlimaBob erfolgte in dem vorliegenden Beitrag mit Hilfe des TTF-Modells nach Goodhue (1995). Sowohl das für sozio-ökonomische Analysen relativ hohe Bestimmtheitsmaß (R2; vgl. Abb. 3) als auch die Ausprägungen bezüglich der Effektgröße (f2; vgl. Tab. 2) und der Prognoserelevanz (Q2) unterstreichen grundsätzlich die Adäquatheit des gewählten Ansatzes. Die Kausalanalyse hat insgesamt ergeben, dass das Konstrukt „Eigenschaften des KlimaBob“ den größten signifikanten Einfluss auf die Bewertung der Anforderungserfüllung des EUS KlimaBob hat. Dieses Ergebnis wird durch die Resultate des Tests der Effektgrößen f2 unterstützt (s. Tab. 2). Erklärt werden kann dies durch die Tatsache, dass es bei der Bewertung des Nutzens eines EUS generell darauf ankommt, dass die Eigenschaften des EUS gut auf die jeweiligen Anforderungen abgestimmt sind. Die in das Konstrukt einbezogenen Variablen Maschinenauswahl, längerfristige Witterungsverhältnisse und pflanzenspezifische Anforderungen an die Bodenbearbeitung (s. Tab. 1) gehören mit zu den zentralen Ertragsfaktoren in der pflanzlichen Produktion (Diepenbrock et al., 1999). Ebenso ist eine an die jeweiligen Umweltbedingungen optimal angepasste Maschinenauswahl und die entsprechende Einsatzweise der Maschinen unter anderem maßgeblich für die Höhe der Evaporation auf Ackerflächen verantwortlich (Bodner et al., 2010). Da ein mit der Implementierung des KlimaBob verfolgtes Ziel die Reduzierung der Evaporation bedingt durch das wahrscheinlich zukünftig häufigere Auftreten von Frühsommertrockenheiten in Brandenburg ist (Helmholtz-Gemeinschaft, 2010), ist der starke positive Einfluss der „Eigenschaften des KlimaBob“ auf die „Bewertung des KlimaBob“ nicht verwunderlich.

Das zweite signifikant wirkende Konstrukt ist „Individuelle Eigenschaften“. Der negative Einfluss auf das abhängige Konstrukt „Bewertung des KlimaBob“ ist durch die Formulierung der drei Variablen bedingt (s. Tab. 1). Die drei Variablen, die das Konstrukt bilden, beinhalten die (zum Teil fehlende) Umgangskompetenz der Landwirte mit dem Internet sowie einen möglichen Zeitmangel zum Besuch der Plattform. Der Zugang zum Internet ist demnach die Grundvoraussetzung zur Nutzung des KlimaBob. Laut einer repräsentativen Erhebung aus dem Jahr 2009 haben jedoch noch immer lediglich 68% der deutschen Landwirte einen Internetzugang (zum Vergleich 2005: 58%; o.V., 2009). Folglich liegen die Landwirte immer noch – trotz eines weiteren Ausbaus der Breitbandverfügbarkeit in ländlichen Regionen (BMELV, 2011) – unter dem Bundesdurchschnitt, der sich für das Jahr 2009 auf 73% belief (DESTATIS, 2009). Ebenso wichtig wie der technische Zugang zum Internet ist auch das Nutzungsverhalten der Landwirte im Internet. So nutzen Landwirte das Internet in erster Linie zum Abruf von Wetterdaten, zum Online-Banking, zur Gewinnung von Marktinformationen sowie zur Informationsgewinnung über Maschinen- und Produktmärkte. Auch die Häufigkeit der Internetnutzung durch die Landwirte ist für den Erfolg des KlimaBob von Interesse. So nutzen nach vorliegenden Studien etwa die Hälfte der Landwirte das Internet ein bis mehrmals wöchentlich, während die andere Hälfte jeden Tag online ist (Vennemann und Theuvsen, 2004). Folglich wäre ausreichend Online-Zeit gegeben, um sich mit dem internetbasierten EUS KlimaBob zu befassen, zumal das Programm so ausgelegt sein soll, dass der Anwender nicht täglich die Daten abfragen muss, sondern einmal wöchentlich oder auch unmittelbar vor einer Bodenbearbeitungsmaßnahme darauf zurückgreifen kann (ZALF, 2012).

Ebenso steht hinter dem Konstrukt „Individuelle Eigenschaften“ die Bereitschaft der Landwirte, Neuerungen in ihre Betriebsabläufe einzubauen. Mit der Nutzung des KlimaBob müssten die Betriebsleiter grundsätzlich in zweierlei Hinsicht ihre Betriebsabläufe verändern. Zum einen müsste der Betriebsleiter in seinem Entscheidungsfindungsprozess das EUS KlimaBob berücksichtigen und zum anderen müsste er sich – ausgehend von den Empfehlungen des KlimaBob – eventuell auf neue Maßnahmen im Rahmen seiner Bodenbearbeitung einlassen. Die Berufsgruppe der Landwirte ist jedoch dafür bekannt, dass Änderungen gewohnter und bewährte Vorgehensweisen im Bereich der Betriebsführung, speziell aber auch in den pflanzenbaulichen Produktionsprozessen (beispielsweise die konservierende Bodenbearbeitung) oftmals nur sehr langsam umgesetzt werden, auch wenn die Alternativen, rational bewertet, vorteilhafter sind (Musshoff et al., 2009; Baudoux, 2001; Jessel und Jacobs, 2005). Die Umstellung von konventioneller Bodenbearbeitung auf die in der Regel wassersparendere und erosionsverringernde Mulchsaat- oder Direktsaat­technik hat laut der befragten Landwirte mittlerweile auf über der Hälfte der Flächen (53,9%) Einzug gehalten. Wird berücksichtigt, dass durch dieses Verfahren zu­mindest regional der knappe Produktionsfaktor Wasser effizienter genutzt wird, ist an dieser Stelle zu hinterfragen, warum bisher nur die Hälfte der Fläche konservierend bearbeitet wird. Mögliche Gründe hierfür sind, dass sich durch die Mulchsaat erhöhte Schnecken- und Mäuse­populationen etablieren können, die Fusarienübertragung innerhalb von Getreidefruchtfolgen begünstigt werden kann und der Ungrasdruck zunehmen kann (Pekrun und Claupein, 1998; Klingenhagen und Frahm, 2001). Ein weiterer Grund könnte jedoch auch eine geringe Bereitschaft der Betriebsleiter sein, etablierte und über Jahre bewährte Formen der Bodenbearbeitung aufzugeben.

Die Ergebnisse aus der „Bewertung des KlimaBob“ hinsichtlich seiner Aufgabenerfüllung sind wichtig, um eine letztendlich erfolgreiche Implementierung des EUS erreichen zu können. Die Nichtbestätigung der Forschungshypothese H1 deutet zudem darauf hin, dass die befragten Probanden aus Brandenburg dem KlimaBob im Besonderen sowie neuen Informationsquellen und neuen Betriebsabläufen im Allgemeinen tendenziell relativ offen gegenüberstehen. Vor der Entwicklung des KlimaBob wurden jedoch bereits eine größere Zahl von internetbasierten EUS und Informationsunterstützungssystemen in die Agrarbranche eingeführt (unter anderem SkleroPro, ISIP, LandCaRe, ProLand). In diversen Studien wurde jedoch schon auf die teilweise geringe Akzeptanz von EUS in der Landwirtschaft hingewiesen (Carlsson und Turban, 2002; Rosskopf und Wagner, 2006; Bahlmann et al., 2009). Als Ursachen werden technische Gründe, Fehler in der Konzeption sowie Verständnis- und Anwenderprobleme genannt. Ein weiterer Nachteil der EUS läge darin, dass oft ein zu hoher Zeitaufwand nötig sei, um im Vorfeld die nötigen Monitoringdaten einzugeben. Um vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit zum Teil ernüchternden Erfahrungen eine möglichst große Zahl an Nutzern gewinnen zu können, sollte ein gutes Mar­keting-Konzept entwickelt und das Programm auf die Bedürfnisse und Erwartungen der potentiellen späteren Nutzer optimal ausgelegt werden (Arens et al., 2011). Auch deuten bisher gemachte Erfahrungen darauf hin, dass bis zur Etablierung eines EUS ein kontinuierlicher Informations- und Wissensaustausch zwischen Entwicklern und Nutzern unumgänglich ist (McCown, 2002).

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