Erhebung von Kupfergesamtgehalten in ökologisch und konventionell bewirtschafteten Böden. Teil 4: – Gesamtgehalte in Böden deutscher Baumobstbaugebiete
Monitoring of total copper contents in organically and conventionally managed soils. Part 4: – Total contents in German pomiculture soils
Journal für Kulturpflanzen, 64 (12). S. 439–451, 2012, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2012.12.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart
Die Auswirkungen dauerhafter Anwendung kupferhaltiger Fungizide auf die Nachhaltigkeit der Bodengüte sind im Rahmen der Europäischen Wirkstoffzulassung Gegenstand eines EU-weiten Programms zur Erfassung der Kupfergehalte im Boden geworden.
1613 Einzelproben wurden aus den Bodenhorizonten 0–5 und 5–20 cm von Baumobstlagen an 40 ökologisch und 12 konventionell bewirtschafteten Standorten unter den Aspekten einer möglichst repräsentativen Erfassung der Belastungsverteilung entnommen. Das Erhebungsergebnis soll als Grundlage für die Auswahl gebietstypischer Anbausituationen dienen, die in Verbindung mit einer spezifischen Expositionsermittlung die Erfassung der Wirkungsausprägung an empfindlichen Indikatorarten der jeweiligen Regenwurmzönosen ermöglicht.
Auf der Basis von Gesamtgehalten wird die Belastungssituation und -verteilung auf Prüfflächen und Referenzflächen in deutschen Baumobstbaugebieten als Minimal-, Mittel- und Maximalwert sowie für verschiedene Perzentile dargestellt. Darüber hinaus werden aus der Bewirtschaftungshistorie resultierende Schwermetalleinträge quantifiziert und Belastungsunterschiede zwischen Obstbaumreihen und Fahrgassen diskutiert.
Bei der Belastungserhebung konnte durch Verknüpfung von Daten zur Bewirtschaftungsgeschichte mit vorhandenen Flächenbelastungen in Verbindung mit beispielhaft für das Anbaugebiet Niederelbe ermittelten Kupferaufwandmengen im Zeitraum 1960 bis 2010 nachgewiesen werden, dass diese Belastungen aus den Jahren 1960 bis etwa 1995 resultieren, wo noch zwischen 10 und 13 kg Reinkupfer pro Jahr und Hektar zur Schaderregerbekämpfung im Baumobstbau angewandt wurden. Welche Anteile von diesen gealterten Kupfergesamtgehalten bioverfügbar sind und damit auf die Bodenzönose wirken, wird derzeit untersucht.
Anhand der in der Vorbeprobung erhobenen Daten zur Belastungssituation, Standortbeschreibung und Bewirtschaftungsdauer werden 2 bis 3 Baumobstlagen vorgeschlagen, die sich für eine biologische Statuserhebung zu Auswirkungen auf die Regenwurmzönose eignen.
Stichwörter: Kupfergesamtgehalte, Bekämpfung von Pilzkrankheiten, Schorf, Venturia ssp., Obstbaumkrebs, Nectria galligena, ökologisch oder konventionell bewirtschaftete Baumobstböden, Belastungsverteilung, Risikoabschätzung, Vorauswahl geeigneter Erhebungs flächen
Implications of long-term usage of copper fungicides on sustainable soil quality have been described for a long time, and according to the regulation of active substances, are objective of a survey on copper contents in agricultural soils in several EU member countries.
1613 single samples from the soil horizon 0–5 and 5–20 cm were taken from 40 organically and 12 conventionally managed pomiculture sites trying to make reference to all aspects relevant for a representative assessment of copper loads. The result of that survey is intended to enable the selection of site-typical types of cultivation being the prerequisite of an assessment of effects to the earthworm coenosis in combination with a refined exposure analysis.
On the basis of total contents, the copper load and their distribution on test and reference fields of German pomiculture cultivation sites is presented including the minimum, maximum and mean value as well as percentiles. Additionally, the heavy metal content in general was determined and differences in copper contents between tree row and driving lines were identified.
Comparing managing history and current management, it is obvious that load peaks result from copper applications between 1960 to 1995, when between 10 to 13 kg copper per ha and year were applied to control plant diseases. The evaluation of bio available copper, resulting from aged total copper contents, is not yet completely finished.
By means of data, generated in preliminary samplings concerning load situation, site description and duration of management, 2–3 pomiculture sites are suggested being appropriate to assess the recent situation of soil quality in terms of responses on a population level.
Key words: Total contents of copper, control of fungi, Venturia ssp., Nectria galligena, organically and conventionally managed pomiculture soils, load situation in pomiculture, risk potential, exposure assessment, preselection of adequate monitoring areas
Kupferhaltige Präparate werden seit langem in Deutschland gegen Pilzkrankheiten wie den Falschen Mehltau an Weinrebe (Plasmopara viticola), Hopfen (Pseudoperonospora humuli) oder die Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans) an der Kartoffel sowie gegen Schorf (Venturia ssp.), Obstbaumkrebs (Nectria galligena) und weitere Phytopathogene im Baumobstbau (Kern- und Steinobst) eingesetzt. Sie gehören damit zu den ältesten Pflanzenschutzmitteln.
Seit längerem stehen kupferhaltige Pflanzenschutzmittel im Zentrum von Diskussionen um eine nachhaltige Landbewirtschaftung. Vor dem Hintergrund der kritischen Bewertung der Auswirkungen von Kupfer auf wichtige Glieder der Bodenzönose einschließlich Wirbeltiere im Zulassungsverfahren und gegensätzlichen Beobachtungen bei Feldbegehungen wurde ein Bedarf an aktuellen Daten zur Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft und zur fachlich fundierten Erfassung biologischer Parameter in wichtigen Anwendungsbereichen hervorgehoben.
Da bereits aus früheren Untersuchungen in Sonderkulturen bekannt ist (Bauchhenss und Rossbauer, 1988), dass eine Vielzahl von Faktoren auf Regenwurmzönosen einwirken, sind bei einer Risikobetrachtung neben der Erfassung der Pflanzenschutzintensität auch weitere Einflussgrößen wie z.B. Standortbedingungen und Bewirtschaftungsweise (Begrünung, Mulchen) zu berücksichtigen. Es gilt mit Hilfe einer geeigneten Auswahl von Vergleichsflächen zu klären, welchen Einfluss der Kupfergehalt im Boden unter realistischen Bedingungen auf die Regenwurmzönose hat und ob die vorliegenden Ableitungen kritischer Bodenkonzentrationen von Kupfer (Belotti, 1997; Belotti, 1998; Jänsch et al., 2007) allgemeingültigen Charakter haben oder abhängig von der Bewirtschaftungsweise zu betrachten sind.
Die Datenübersicht zur Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft bildet zugleich die Grundlage für die Erarbeitung einer differenzierten Übersicht über die Höhe der Kupfergesamtgehalte anhand von Felderhebungen in Dauerkulturen wie dem Baumobstbau. Zur Darstellung längerfristiger Wirkungen und Ableitung kritischer Bodengehalte wird an Standorten unterschiedlich langer Nutzung unter den Aspekten einer repräsentativen Erfassung der Belastungsverteilung eine Erhebung konzipiert, die mit der Expositionsermittlung die spätere Erfassung der Wirkungsausprägung an empfindlichen Indikatorarten der jeweiligen Regenwurmzönosen verbindet. Das Erhebungsergebnis der Beprobung bildet die Grundlage für die Auswahl gebietstypischer Anbausituationen, die in Verbindung mit einer spezifischen Expositionsermittlung die Erfassung der Wirkungsausprägung an empfindlichen Indikatorarten der jeweiligen Regenwurmzönosen ermöglicht.
Die Untersuchungsschritte sind Grundlage zur Auswahl geeigneter Monitoringflächen gemäß der EU-Richtlinie 2009/37/EG vom 23. April 2009 (Auflage von Programmen zur Überwachung gefährdeter Gebiete durch Zulassungsinhaber) und zugleich Voraussetzung für eine Langzeiterhebung zur Erarbeitung von Daten zu Kupfergehalten in Böden im ökologischen Baumobstbau und ihren Auswirkungen auf das Bodenleben im Sinne des Strategiepapiers zum Einsatz von Kupfer als Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung des ökologischen Landbaus. Die aus den Erhebungsdaten abgeleitete Belastungssituation soll den am Zulassungsverfahren beteiligten Behörden zur Verfügung gestellt werden.
Ziel der Belastungsuntersuchungen ist es, in breit angelegten Felderhebungen eine differenzierte Übersicht über die vorhandene Kupferbelastungssituation in den Hauptsonderkulturen des Ökologischen Landbaus (Wein, Hopfen und Baumobst) zu erstellen, die zugleich gebietstypische Anbausituationen berücksichtigt.
Die Auswahl der Beprobungsbetriebe erfolgte in Zusammenarbeit mit der Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V. (FÖKO), den Landwirtschaftskammern und Obstbauberatungsdiensten der Bundesländer. Nach der Kontaktierung ökologisch wirtschaftender Betriebe wurden durch diese konventionelle Bewirtschafter in direkter Nachbarschaft angesprochen, so dass oft konventionell bewirtschaftete Prüf- und/oder Referenzflächen in direkter Nachbarschaft in die Belastungserhebung einbezogen werden konnten. Dies ist insoweit wichtig, da ähnliche klimatische Bedingungen und physiko-chemische Bodeneigenschaften zu erwarten sind.
Durch Felderhebungen erfolgte in den Bundesländern Baden-Württemberg (Bereiche Bodensee, Neckartal Rheinebene), Bayern (Bereich Franken/Forchheim), Niedersachsen und Hamburg (Bereich Niederelbe), Nordrhein-Westfalen (Bereiche Niederrhein, Westfalen-Lippe, Rheinland) und Rheinland-Pfalz (Bereiche Ahrweiler/Ahrtal, Pfalz, Rheinhessen, Trier) eine repräsentative Erfassung der Belastungsverteilung der Höhe der Gesamtgehalte von Böden im Kern- und Steinobstbau (Tab. 1).
Tab. 1. Anzahl Einzelproben von Prüf-, Referenz- und Kontrollflächen von in die Belastungserhebung einbezogenen Baumobstbaugebieten
Summe Flächen | Summe Proben | |
Insgesamt | 175 | 1613 |
davon Prüfflächen | 87 | 846 |
davon Referenzflächen | 39 | 348 |
davon Kontrollflächen | 49 | 97 |
davon Zusatzproben | 322* | |
* Unter Zusatzproben sind zusätzliche Probenahmen mittig |
Die Auswahl ökologisch wirtschaftender Betriebe in Süddeutschland resultierte auch aus der Überlegung, solche Betriebe in die Belastungserhebung einzubinden, in deren Nähe bereits beprobte Standorte des Wein- und Hopfenbaus (Strumpf et al., 2011a, 2011b) liegen, um möglichst zahlreiche Erhebungen mit vertretbarem Aufwand in langjährig bewirtschafteten Dauerkultur-Anbaugebieten durchzuführen (Tab. 2, Abb. 1).
Tab. 2. Anzahl beprobter ökologisch oder konventionell bewirtschafteter Baumobstbaubetriebe in deutschen Obstanbaugebieten
Bundesland | Anbaugebiet | Baumobstbaubetriebe | |
ökologisch | konventionell | ||
Baden- | Bodensee | 11 | – |
Neckartal* | 8 | – | |
Rheinebene* | 2 | – | |
Bayern | Forchheim* | 2 | – |
Niedersachsen + Hamburg | Niederelbe (1. Meile) | 2 | – |
Niederelbe (2. Meile) | 2 | – | |
Niederelbe (3. Meile) | 3 | – | |
Niederelbe | 3 | – | |
Nordrhein- | Niederrhein | – | 2 |
Rheinland | 1 | 1 | |
Westfalen-Lippe | 2 | 6 | |
Rheinland- | Ahrweiler (Ahrtal) | 2 | – |
Pfalz | 1 | – | |
Rheinhessen | 1 | 1 | |
Trier | – | 2 | |
* Bei einigen der ausgewählten Standorte handelt es sich um komplexe Lagen: An diesen Standorten erfolgten bereits Beprobungen im Rahmen der durchgeführten Belastungserhebungen im Wein- oder Hopfenbau (siehe Abb. 1). |
Abb. 1. Darstellung einer komplexen Lage im Anbaubereich Bodensee mit Beprobungen in Obstanlagen und auf Rebflächen.
Insgesamt wurden 40 ökologisch bewirtschaftete und 12 konventionell bewirtschaftete Baumobstbaubetriebe (bestehend jeweils aus Prüffläche + passender Referenzfläche + Kontrollfläche zur Erfassung der Hintergrundbelastung von Kupfer je Standort) in die Belastungserhebung einbezogen und somit eine umfassende Abbildung der Belastungsverteilung erhalten (Tab. 2). Es wurde die Belastungsverteilung von 52 Baumobstlagen erhoben.
Der Einfluss von Kupferspritzungen bei Schorf- und/oder Obstbaumkrebs-Behandlungen auf die Cu-Bodengehalte am Obstbaumstreifen und mittig in der Fahrgasse wird bei den Beprobungen von Prüfflächen berücksichtigt. Die Probenzahl richtet sich nach der Verfügbarkeit von Untersuchungsflächen (Abb. 2).
Abb. 2. Beprobte Betriebe in deutschen Baumobstbaugebieten je Betrieb jeweils mindestens eine Prüffläche + aus der Nutzung genommene Referenzfläche + (naturbelassene) Kontrollfläche zur Erfassung der Hintergrundbelastung von Kupfer je Standort.
Es wurden ausschließlich Praxisbetriebe beprobt, um den realen Gegebenheiten in den Obstbaubetrieben zu entsprechen.
Die Probennahmen auf den Prüf-, Referenz- und Kontrollflächen und die Bestimmung der bodenkundlichen Parameter der gewonnenen Einzelproben erfolgten mit dem gleichen Methodeninstrumentarium, welches bereits in den Veröffentlichungen der Belastungserhebungen im Wein- und Hopfenbau beschrieben wurde (Strumpf et al., 2011a, 2011b).
Damit ist ein Vergleich der Höhe der Belastungen und ihrer Verteilung bei den einzelnen Dauerkulturen möglich und zugleich wird den Vorgaben des Leitfadens zur Koordinierung der Monitoringaktivitäten der Untersuchungen zum Belastungszustand von landwirtschaftlich genutzten Flächen infolge von Anwendungen mit kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln (Stand 26.04.2010) des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) entsprochen.
Neben den Angaben der beteiligten Betriebe zur Bewirtschaftungsgeschichte der Flächen wurden auch die Pflanzenschutzmaßnahmen geschuldeten Kupfer- und Schwefeleinträge im Mittel der letzten zehn Jahre in den Identdatenblättern festgehalten.
Die Auswertung der vorliegenden Daten führt zu einer aktuellen Zustandserhebung für die deutschen Baumobstbaugebiete auf der Basis des Verbleibs von Kupfer (Gesamtgehalte) im Boden. Auf der Grundlage der bestimmten Gesamtgehalte können folgende Fragen beantwortet werden:
a) Belastungssituation in den einzelnen deutschen Baumobstbaugebieten |
b) Vergleich Belastungssituation ökologisch/konventionell bewirtschaftete Baumobstflächen |
c) Einfluss von Kupferanwendungen auf die Bodengesamtgehalte bei Baumzeilen und Fahrgassen |
Eine andere Frage ist, welche Anteile der Gesamtgehalte bioverfügbar sind.
Von Prüf- und Referenzflächen wurden die Kupfer-Gesamtgehalte getrennt für die Bodenhorizonte 0–5 und 5–20 cm analysiert.
Grundsätzlich gilt, dass beim Baumobstbau in Abhängigkeit der Bewirtschaftungsweise nur Unterschiede in der Freihaltung der Baumreihen bestehen (Abb. 3). Bei den ökologisch bewirtschafteten Flächen wird der Baumstreifen durch oberflächennahe (0–5 cm) Bodenbearbeitung (Bodenwendung) mehrmals im Jahr bearbeitet, während bei konventionell bewirtschafteten Flächen die Baumreihe durch Herbizidanwendungen freigehalten wird. Eine Ausnahme bildet die Anlage von Pflanzbetten in Vorbereitung von Neupflanzungen, wo einmalig eine tiefgründige (30–60 cm) Bodenbearbeitung erfolgt. Bei den dauerbegrünten Fahrgassen findet keine Bodenbearbeitung statt.
Abb. 3. Beispiele für freigehaltene Baumreihen von ökologisch und konventionell bewirtschafteten Prüfflächen.
Oft wird der Baumstreifen zur Niederhaltung unerwünschter Begleitvegetation in der Vegetationsperiode auch gemulcht. Dies führt zu einer Reduzierung des Bearbeitungsaufwandes und bewirkt zugleich eine gewünschte Anreicherung organischer Substanz im Bereich der Baumstreifen. Baumschnitt, Laub und Mahd bleiben auf der Fläche, weshalb ein Entzug des applizierten Kupfers ausgeschlossen werden kann.
Die gezogenen Bodenproben wurden sowohl den Flächen auf dem Baumstreifen – welche an die dauerbegrünten Fahrgassen angrenzen, als auch mittig auf der Fahrgasse entnommen. In beiden Fällen findet nur oberflächennahe oder keine Bodenbearbeitung statt. Aus diesem Grund kann angenommen werden, dass die aus Kupferanwendungen resultierenden Gehalte in den oberen 0–5 cm höher sind als in darunter liegenden Bodenschichten, da bis 20 cm Tiefe keine Verjüngung (Homogenisierung) stattfindet und Kupfer in den oberen Schichten akkumuliert.
Die erhobenen Daten bestätigen im Trend diese Annahme. Ein Vergleich der Kupfer-Gesamtgehalte in Proben von Prüfflächen zeigt in allen Baumobstanbaugebieten erhöhte Kupfer-Gesamtgehalte im Bodenhorizont 0–5 cm gegenüber dem Bodenhorizont 5–20 cm. In der Summe entsprechen diese beiden Horizonte (0–20 cm) dem Lebensraum der epi- und endogäischen Regenwurmarten (DIN ISO 23611-1). Die beobachteten Unterschiede sind jedoch nur in den Regionen Niederelbe (NL), Rheinland-Pfalz (RP) und Westfalen-Lippe (WL) signifikant wenn man die Mittelwerte der Prüfflächen betrachtet. Betrachtet man die Einzelproben, dann sind die Unterschiede zwischen den Bodenhorizonten in allen Regionen signifikant (Tab. 3). In den Anbaugebieten Bodensee (BO), Neckartal (NE) und Rheinebene (RE) wurden Flächen in die Belastungserhebung einbezogen, die in der Vornutzung wein- und/oder hopfenbaulich bewirtschaftet wurden, was sich tendenziell in den geringeren Gehaltsunterschieden zwischen beiden Bodenhorizonten zeigt.
Tab. 3. Mittelwerte der Anbaugebiete (Baumstreifen) deutscher Baumobstbaugebiete für die Bodenhorizonte 0–5 cm und 5–20 cm (Ahrweiler (AW,), Bodensee (BO), Forchheim (FK), Neckartal (NE,), Niederelbe (NL), Rheinebene (RE), Rheinland (RL), Rheinland-Pfalz (RP) und Westfalen-Lippe (WL) in mg Cu/kg Boden (TM). n = Flächenanzahl
Anbaugebiet | n | Mittelwert | Std. Abw. | Perzentile | Vergleich zwischen Regionen | Vergleich zwischen Horizonten | ||||||
Min | 10% | 25% | 50% | 75% | 90% | Max | ||||||
0–5 cm | ||||||||||||
AW | 3 | 56,0 | 16,0 | 42,5 | 42,5 | 42,5 | 51,8 | 73,7 | 73,7 | 73,7 | A | |
BO | 22 | 50,6 | 20,3 | 24,0 | 29,3 | 33,6 | 50,3 | 59,4 | 88,9 | 101,1 | A | |
FK | 3 | 63,0 | 20,2 | 40,5 | 40,5 | 40,5 | 68,8 | 79,6 | 79,6 | 79,6 | A | |
NE | 11 | 42,2 | 20,8 | 21,7 | 22,4 | 29,2 | 33,8 | 52,2 | 87,9 | 96,2 | A | |
NL | 16 | 73,5 | 30,3 | 23,9 | 39,3 | 52,2 | 61,9 | 99,0 | 120,7 | 141,0 | A | |
RE | 2 | 38,1 | 3,0 | 36,0 | 36,0 | 36,0 | 38,1 | 40,2 | 40,2 | 40,2 | A | |
RL | 7 | 55,7 | 50,2 | 14,0 | 14,0 | 26,9 | 48,2 | 53,8 | 164,8 | 164,8 | A | |
RP | 7 | 39,3 | 11,2 | 24,3 | 24,3 | 26,0 | 39,8 | 51,4 | 53,7 | 53,7 | A | |
WL | 16 | 56,8 | 37,2 | 9,4 | 11,0 | 28,1 | 47,1 | 77,1 | 120,2 | 136,4 | A | |
5–20 cm | ||||||||||||
AW | 3 | 31,3 | 14,0 | 20,9 | 20,9 | 20,9 | 25,8 | 47,2 | 47,2 | 47,2 | A B | . o |
BO | 22 | 39,6 | 21,6 | 16,6 | 19,6 | 26,6 | 34,4 | 44,8 | 84,5 | 97,3 | A B | . o |
FK | 3 | 38,7 | 18,6 | 22,6 | 22,6 | 22,6 | 34,6 | 59,1 | 59,1 | 59,1 | A B | . o |
NE | 11 | 32,5 | 20,2 | 14,2 | 14,6 | 18,9 | 27,1 | 39,3 | 77,9 | 85,9 | A B | . o |
NL | 16 | 49,5 | 19,9 | 16,3 | 19,4 | 33,4 | 48,0 | 68,4 | 76,2 | 81,6 | A | . o |
RE | 2 | 30,0 | 4,5 | 26,8 | 26,8 | 26,8 | 30,0 | 33,2 | 33,2 | 33,2 | A B | * o |
RL | 7 | 33,3 | 20,9 | 10,2 | 10,2 | 17,3 | 35,0 | 42,5 | 72,4 | 72,4 | A B | . o |
RP | 7 | 24,6 | 5,6 | 18,0 | 18,0 | 18,8 | 25,1 | 30,0 | 32,3 | 32,3 | A B | * o |
WL | 16 | 25,0 | 13,5 | 6,6 | 8,5 | 10,6 | 24,2 | 37,4 | 45,1 | 45,3 | B | * o |
* Flächentypen mit unterschiedlichen Buchstaben sind signifikant verschieden |
Aus Abb. 4 und Tab. 3 ist ersichtlich, dass die Kupfer-Belastung in den einzelnen Anbaugebieten unterschiedlich hoch ist. Verantwortlich dafür sind Unterschiede in der Bewirtschaftungsdauer. Die höchsten Kupfergehalte weisen obstbaulich genutzte Böden im Anbaugebiet Niederelbe auf. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Anbauregionen sind mit Ausnahme der Paarung Niederelbe und Westfalen-Lippe im unteren Bodenhorizont jedoch nicht signifikant.
Abb. 4. Mittelwerte der Einzelflächen und Boxplots der Kupfer-Gesamtgehalte in Prüfflächen (nur Baumstreifen) deutscher Baumobstbaugebiete für die Bodenhorizonte 0–5 cm (a) und 5–20 cm (b) (Ahrweiler (AW,), Bodensee (BO), Forchheim (FK), Neckartal (NE,), Niederelbe (NL), Rheinebene (RE), Rheinland (RL), Rheinland-Pfalz (RP) und Westfalen-Lippe (WL); (Mittelwerte der Anbaugebiete mit blauer Line verbunden).
In die horizontabhängigen Gehaltsdaten fließen aus der Flächenhistorie resultierende Bodenbearbeitungen, wie Vornutzungen (Wein- und/oder Hopfenbau), das Pflanzjahr der Bäume (Vorbereitung von Neupflanzungen mit tiefgründiger Bodenbearbeitung) und oft den Bewirtschaftern nicht bekannte Bodenverschiebungen, ein. Die Aufwandmengen an kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln haben sich in den letzten Jahren zudem deutlich verringert, weshalb auch die jährlichen Cu-Einträge auf den Prüfflächen deutlich niedriger sind und damit keine messbare Erhöhung der Kupfermengen im Boden nachweisbar ist.
Die in Nutzung stehenden Baumobstflächen sind ein echter Gradmesser für die Belastungsverteilung. In die Cu-Bodengesamtgehalte gehen der Zeitraum des Cu-Eintrags durch Schorf- und Baumkrebs-Behandlungen (Teil der Flächenhistorie), die aktuelle Bewirtschaftungsweise und Kulturführung sowie Bodenverschiebungen (Flurbereinigungen und Flurneuordnungen) ein. Die aus der Bewirtschaftung genommenen Baumobstbrachen (Referenzflächen) liefern einen Überblick über die Gesamtbelastungssituation und bilden ein Zeitfenster aus der Vergangenheit ab.
Die Säulenhöhe in Abb. 5 steht für die Häufigkeit, mit der Cu-Gehalte einer bestimmten Klassenzugehörigkeit in Bodenproben gemessen wurden. 70,7% bzw. 88,9% aller analysierten Proben der Bodenhorizonte 0–5 cm bzw. 5–20 cm von Prüfflächen liegen im Bereich bis 60 mg Cu/kg TM Boden. 96,4% bzw. 96,0% aller analysierten Proben der Bodenhorizonte 0–5 cm bzw. 5–20 cm von Referenzflächen liegen im Bereich bis 60 mg Cu/kg TM Boden.
Abb. 5. Häufigkeitsverteilung gemessener Cu-Gesamtgehalte (mg Cu/kg TM Boden) in den Proben der Prüfflächen (oben) und Referenzflächen (unten) bei einer Klassenbreite von 10 mg/kg.
Für die Bewertung der Belastungssituation im Baumobstbau wurde der Bereich bis 60 mg Cu/kg TM Boden zu Grunde gelegt, weil der für den vorsorgenden Schutz der Bodenfunktionen bei empfindlichen Nutzungen vorgesehene strenge Vorsorgewert nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchG (Anonym, 1998) für Kupfer diesem Wert bei der Bodenart Ton entspricht. Unabhängig davon gilt für die landwirtschaftliche Bodennutzung § 17 Abs. 1 BBodSchG.
Die Auswertung der ermittelten Belastungsverteilung führt in Verbindung mit den vorliegenden Identdatenblättern zur 100jährigen Bewirtschaftungsgeschichte der einzelnen Flächen zu folgendem Erkenntnisgewinn:
Jeweils nur Einzelproben des Oberbodens von Prüfflächen lagen im Belastungsbereich 151–230 mg Cu/kg TM Boden. Auf diesen Flächen wurden starke Gehaltsschwankungen nachgewiesen, was auf Bodenverschiebungen in den letzten Jahrzehnten und vorherige langjährige wein- oder hopfenbauliche Nutzung dieser Flächen hindeutet. Stillgelegte Baumobstbrachen sind in diesem Belastungsbereich nicht vertreten, da es sich oft um für den Baumobstbau unwirtschaftliche Flächen handelt. Eine ähnliche Situation zeigt sich beim Bodenhorizont 0–5 cm für den Belastungsbereich 101–150 mg Cu/kg TM Boden, wobei hier zusätzlich von langjährig nicht bewirtschafteten alten Streuobstwiesen stammende Einzelproben herrühren.
Belastungen des Oberbodens im Bereich 61–100 mg Cu/kg TM Boden resultieren aus Bodenproben von überwiegend dauerbewirtschafteten Baumobstflächen (≥ 100 Jahre), welche eine reine baumobstbauliche Nutzung widerspiegeln.
Im Bodenhorizont 5–20 cm wurde jeweils nur eine Probe bei Prüf- und Referenzflächen mit Gesamtgehalten von > 181 mg Cu/kg TM Boden nachgewiesen. Die Gesamtgehalte bei Prüf- und Referenzflächen in Abb. 5 können mit einer Log-Normalverteilung abgebildet werden.
Die im Ergebnis der durchgeführten Kupferbelastungserhebungen im Königswasserextrakt ermittelten Gesamtgehalte auf ökologisch oder konventionell bewirtschafteten Prüfflächen des Wein- bzw. Hopfenbaus lagen im Mittel aller beprobten Flächen bei 102 mg Cu/kg Boden TM bzw. 81 mg Cu/kg Boden TM (Strumpf, 2010b). Im Baumobstbau sind die bestimmten Gesamtgehalte im Mittel aller beprobten Flächen deutlich niedriger. Bei vielen der beprobten Baumobstflächen liegen die im Königswasserextrakt gemessenen Gesamtgehalte in der Größenordnung der Hintergrundbelastung von Kupfer der jeweiligen Standorte (Tab. 4 in Verbindung mit Abb. 6), unabhängig davon, ob diese zurzeit ökologisch oder konventionell bewirtschaftet werden.
Tab. 4. Kupfer-Gesamtgehalt als Minimal-, Maximal-, Mittelwert und Perzentile bei Kontroll- (KO), Prüf- (PF) und Referenzflächen (RF) in deutschen Baumobstanbaugebieten für die Bodenhorizonte 0–5 cm und 5–20 cm
Horizont/Flächentyp | n | Mittelwert | Std. Abw. | Perzentile | Vergleich zwischen | |||||||
Min | 10% | 25% | 50% | 75% | 90% | Max | ||||||
0–5 cm | ||||||||||||
PF | 87 | 54,7 | 29,5 | 9,4 | 25,1 | 33,7 | 50,6 | 65,1 | 101,4 | 164,8 | A | |
RE | 37 | 31,6 | 15,9 | 10,1 | 16,4 | 18,7 | 26,8 | 40,1 | 58,1 | 71,0 | B | |
KO | 48 | 24,2 | 11,4 | 8,5 | 10,6 | 15,6 | 23,1 | 29,7 | 43,1 | 55,5 | B | |
5–20 cm | ||||||||||||
PF | 87 | 35,6 | 19,5 | 6,6 | 16,3 | 20,9 | 32,1 | 42,5 | 66,7 | 97,32 | A | |
RE | 39 | 27,9 | 15,0 | 9,6 | 14,7 | 17,7 | 23,7 | 33,2 | 46,1 | 76,2 | B | |
KO | 49 | 24,2 | 12,6 | 6,2 | 10,8 | 14,3 | 21,7 | 33,4 | 43,5 | 51,6 | B | |
* Tukey-Kramer: Flächentypen mit unterschiedlichen Buchstaben sind signifikant verschieden |
Abb. 6. Mittelwerte der Einzelflächen und Boxplots der Kupfer-Gesamtgehalte in Kontroll- (KO), Prüf-(PF) und Referenzflächen (RF) in deutschen Baumobstanbaugebieten für die Bodenhorizonte 0–5 cm und 5–20 cm.
Wie sich aus den Befragungen der Bewirtschafter und in Auswertung der gewonnenen Daten ergab, sind die nachgewiesenen hohen Kupfer-Bodengehalte (siehe Maximalwerte) in der Regel nicht dem Baumobstbau geschuldet, sondern beruhen auf einer vorherigen langjährigen wein- oder hopfenbaulichen Nutzung dieser Flächen. Dies dokumentiert sich auch darin, dass bei Referenzflächen die Gehaltsdaten im Unterboden höher sind, obwohl diese Flächen seit Jahrzehnten einer wein- oder hopfenbaulichen Nutzung entzogen sind (früher: hohe Kupferaufwandmengen, tiefgründige Bodenbearbeitung, Flurbereinigungen etc.).
Dies bedeutet, dass hohe Kupfergaben aus der Vergangenheit resultieren und hauptverantwortlich für die Höhe der jetzt vorhandenen Belastungsspitzen (ermittelte Gesamtgehalte ≥ 100 mg Cu/kg Boden TM) eindeutig aus der wein- und/oder der hopfenbaulichen Vorgeschichte der Zielflächen resultieren.
Der Vergleich zwischen Prüf-, Referenz und Kontrollflächen zeigt, dass die gemessenen Kupferkonzentrationen im Mittel deutlich über denen der Referenz- und Kontrollflächen liegen. Diese Unterschiede sind im oberen Bodenhorizont (0–5 cm) signifikant, im unteren dagegen nur für die Kontrollflächen signifikant (Tab. 4). Zwischen Referenz- und Kontrollflächen bestehen für beide Bodenhorizonte keine signifikanten Unterschiede, wobei die Referenzflächen tendenziell höhere Cu-Gehalte aufweisen.
Die signifikant erhöhten Werte im Oberboden der Prüfflächen, lassen darauf schließen, dass die andauernde Applikation von kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln auf diesen Flächen zu einer Anreicherung im oberen Bodenhorizont geführt hat. Da in den betrachteten Flächen keine Bodenbearbeitung praktiziert wurde, sind die Kupfer-Applikationen im unteren Bodenhorizont (5–20 cm) nicht so stark bemerkbar. Die beobachteten Unterschiede sind trotzdem signifikant.
Kupfer kann im Boden nicht abgebaut werden und reichert sich an, wenn die jährlich aufgebrachte Kupfermenge den jahresdurchschnittlichen Entzug über Erntegut übersteigt. Diese Tatsache wird auch mit den durchgeführten Belastungserhebungen durch die in Abb. 6 dargestellte tendenzielle Anreicherung von Kupfer in Böden von Prüfflächen für den Bodenhorizont 5–20 cm in Abhängigkeit der Nutzungsdauer bestätigt.
In dem vorliegenden Stichprobenumfang von 87 Prüfflächen fließen aus der Flächenhistorie resultierende Bodenbearbeitungen, wie Vornutzungen (Wein- und/oder Hopfenbau), das Pflanzjahr der Bäume (Vorbereitung von Neupflanzungen mit tiefgründiger Bodenbearbeitung) und oft den Bewirtschaftern nicht bekannte Bodenverschiebungen, ein. Die Nutzungsdauer der Baumobstflächen resultiert aus den Angaben der jeweiligen Bewirtschafter. Die Einbeziehung anderer Obstbaubetriebe bzw. ein größerer Erhebungsumfang würden sicher eine differenziertere Aussage zur Kupferanreicherung im Zeitverlauf erlauben; im Ergebnis aber zu tendenziell vergleichbaren Aussagen führen.
Der in Abb. 7 gezeigte Anstieg der Kupfer-Gesamtgehalte lässt darauf schließen, dass kontinuierliche Kupferapplikationen mit ansteigender Bewirtschaftungsdauer zu einer Bodenanreicherung geführt haben. Die gezeigten Abhängigkeiten sind für beide Bodenhorizonte signifikant (p > 0.05). Bei Prüfflächen, die erst seit 40 Jahren in obstbaulicher Nutzung sind, wurden Gesamtgehalte analysiert, die unter 40 mg Cu kg TM Boden liegen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Aufwandmengen an Cu-Präparaten in den letzten Dekaden deutlich zurückgegangen sind.
Abb. 7. Abhängigkeit des Kupfergehalts in Böden von Prüfflächen von der Nutzungsdauer auf der Grundlage der Cu-Gesamtgehalte für den Bodenhorizont 0–5 cm und 5–20 cm als Mittelwerte jeder Prüffläche
Es bleibt somit noch der Frage nachzugehen, über welchen Zeitraum wie viel Kupfer auf den Prüfflächen appliziert wurde. Bei langjähriger obstbaulicher Nutzung (insbesondere ≥ 100 Jahre) liegen dazu keine Angaben vor. Aus aktuellen Informationen geht hervor (Palm, 2011), dass von 1960 bis 1980 bis zu 12 kg Kupfer pro Hektar und Jahr im Baumobstbau zur Bekämpfung von Schaderregern eingesetzt wurden. Für das Anbaugebiet Niederelbe sind die von Palm und Mitarbeitern für den Zeitraum 1960 bis 2010 ermittelten Kupferaufwandmengen in Tab. 5 zusammengefasst. Diese im Vergleich zum Weinbau (bis zu 50 kg Cu pro Jahr und Hektar von 1890 bis etwa 1940) und Hopfenbau (bis zu 60 kg Cu pro Jahr und Hektar von 1924 bis etwa 1965) relativ niedrigen Aufwandmengen spiegeln sich auch in unseren Analysenbefunden wider. In den klassischen Obstanbaugebieten weisen die beprobten Prüfflächen deutlich geringere Cu-Bodengesamtgehalte im Vergleich zu denen des Wein- und Hopfenbaus auf.
Tab. 5. Einsatz von Kupfer im Kernobst im Alten Land/Niederelbe von 1960–2010 (nach G. Palm, Esteburg Obstbauzentrum Jork 2011)
Jahr | Anzahl Spritzungen mit Kupfer pro Jahr | Produkt | Kupfer | Produkte für Kernobst* |
1960 | 3,2 | 28,8 | 12,96 | ca. 286 (9938 ha) |
1970 | 3,2 | 28,8 | 12,96 | ca. 310 (10809 ha) |
1980 | 3,0 | 27,0 | 12,15 | ca. 265 (9873 ha) |
1990 | 2,8 | 25,2 | 11,34 | ca. 235 (9317 ha) |
2000 | 2,5 | 18,8 | 8,44 | ca. 160 (8680 ha) |
2010 | 2,0 | 6,0 | 2,70 | ca. 52 (8680 ha) |
* Apfel und Birne |
Im Gegensatz zu den bereits durchgeführten Belastungserhebungen im Wein- und Hopfenbau (Strumpf et al., 2011a, 2011b), wo für anthropogen eingetragene Schwermetalle bei Prüf- und Referenzflächen Belastungsspitzen unterschiedlicher Höhe nachgewiesen wurden, die auf Bodenbearbeitung und/oder -verschiebung im Rahmen von Flurbereinigungen zurückzuführen sind, unterscheiden sich die Gesamtbodengehalte von analysierten Schwermetallen zwischen beprobten Prüf-, Referenz- und Kontrollflächen nicht (Abb. 8). Dies zeigt, dass Flurbereinigungen/-neuordnungen im Baumobstbau von untergeordneter Bedeutung sind (nicht so hohe Gesamtgehalte wie im Wein- und Hopfenbau).
Abb. 8. Mittelwerte der Einzelflächen und Boxlots von analysierten Schwermetallgehalten auf allen beprobten Flächen für den Bodenhorizont 5–20 cm (Mittelwerte der Fächentypen mit blauer Line verbunden).
Neben Kupfer wurden in die Böden der Baumobstlagen weitere Schwermetalle (As, Cr, Pb, Zn und V) eingetragen. Über die aus der früheren Anwendung schwermetallhaltiger Pflanzen- und Holzschutzmittel resultierenden Einträge auf Sonderkulturflächen wurde bereits berichtet (Strumpf et al., 2011b).
Früher und auch teilweise heute erfolgt(e) die Kultur der Obstbäume mit Holzpfählen. Sehr oft waren die Hölzer bis in die 70er Jahre zum Schutz gegen zerstörende Pilze und Insekten mit Kupfer-Chrom-Arsenaten (Cu-Cr-As) oder Kupfer-Zink-Arsenaten (Cu-Zn-As) imprägniert, während heute Teeröle bei der Fußimprägnierung der Holzpfähle dominieren.
Heute tragen verzinkte Stahlkonstruktionen Netze zur Abhaltung der Kirschfruchtfliege oder dienen als Hagelschutz. Vanadium wird oft in Legierungen in Verbindung mit Eisen eingesetzt.
In welcher Form die komplexen Metallverbindungen mit den Bodenbestandteilen vergesellschaftet sind, wie hoch ihre Bioverfügbarkeit ist und ob additive, synergistische oder antagonistische Effekte auf die Regenwurmzönose einwirken, bedarf weiterführender Untersuchungen und kann nicht im Rahmen dieser Studie geklärt werden.
Auffallend sind die höheren Zinkgehalte auf allen Flächentypen, welche im Mittel für Prüf- 68 mg Zn/kg Boden TM, Referenz- 77 mg Zn/kg Boden TM und Kontrollflächen 76 mg Zn/kg Boden TM betragen. Auch bei Blei wurden im Mittel aller beprobten Flächen Gehalte nachgewiesen (Prüf- 38 mg Pb/kg Boden TM, Referenz- 41 mg Pb/kg Boden TM und Kontrollflächen 43 mg Pb/kg Boden TM), die über den Erwartungswerten liegen.
Im Ergebnis der Auswertung zeigte sich, dass die höheren Mittelwerte für Zn und Pb in Abb. 8 auf sehr hohe Gehalte an einem einzigen Standort zurückzuführen sind. Nach der Bewirtschaftungshistorie der Lage sind landwirtschaftlich bedingte Einträge – zumal in dieser Größenordnung – unwahrscheinlich. In dieser Region wurden im Mittelalter u.a. Zinkblende (ZnS), Bleiglanz (PbS) und Weißbleierz (PbCO3) abgebaut und wahrscheinlich der über den Erzgängen liegende Oberboden großflächig abgetragen, womit die hohen Zink- und Bleibelastungen in beiden Bodenhorizonten erklärbar wären. Die für den Bodenhorizont 5–20 cm bei der Prüf- und Referenzfläche bestimmten prozentualen Zink- und Bleiverfügbarkeiten betragen im NH4NO3-Extrakt nur 0,01% (bei Boden pH-Werten von 6,9 bzw. 7,1). Dies liegt in der Größenordnung bestimmter prozentualer Elementverfügbarkeiten bei einem historisch definierten Kupferschieferhaldenboden aus der Gemarkung Hettstedt (Strumpf et al., 2010a) und spricht für das Vorliegen geogen bedingter hoher Hintergrundgehalte.
Neben der Fragestellung, ob die Verteilung der Kupfergehalte auf der Prüffläche homogen oder inhomogen ist und was mögliche Ursache bei nachgewiesenen Inhomogenitäten sein kann, ist zu prüfen, ob signifikante Unterschiede bei den Cu-Bodengehalten aus Proben, die auf dem Baumstreifen entlang den Pflanzreihen gezogen wurden und solchen, die aus dem mittleren Bereich der Fahrgassen neben dem dritten und fünften Beprobungspunkt der Baumobstreihen entnommen wurden, nachgewiesen werden können.
In das in Abb. 9 dargestellte Ergebnis fließen ökologisch und konventionell bewirtschaftete Prüfflächen ein. In den Anbaugebieten Bodensee (BO) und Niederelbe (NL) dominierten bei der Flächenauswahl ökologisch bewirtschaftete; im Anbaugebiet Westfalen-Lippe (WL) wurden vorrangig konventionell bewirtschaftete Prüfflächen in die Belastungserhebung einbezogen, während in den übrigen Anbaugebieten beide Bewirtschaftungsweisen gleichermaßen berücksichtigt wurden.
Abb. 9. Vergleich der Mittelwerte von Cu-Bodengehalten auf Baumstreifen und Fahrgassen für die Bodenhorizonte 0–5 cm und 5–20 cm. n = Anzahl Probenpaare.
Die Gesamtkupfergehalte in der Fahrgasse unterscheiden sich nicht von den Gehalten auf dem Baumstreifen. Statistisch konnten keine signifikanten Unterschiede gesichert werden. Kupferapplikationen erfolgen zielgerichtet auf die Blätter. Nach Regenereignissen und Laubfall können Kupferanteile zwischen die Bäume und auf die Fahrgassen gelangen. Dies führt bei fehlender Bodenbearbeitung ebenfalls zu einer Nivellierung der Kupfer-Bodengesamtgehalte auf der Fläche.
Die hohe Streuung bei dem Fahrgassenwert 0–5 cm im Anbaugebiet Bodensee resultiert aus einem Einzelwert in Höhe von 551 mg Cu/kg Boden TM, welcher nicht mit in der Vergangenheit applizierten Cu-Aufwandmengen oder erfolgten Bodenverschiebungen innerhalb der Fläche erklärbar ist. Aus der Vogelperspektive von Abb. 1 erkennt man, dass dieser Standort von später angelegten Straßen und Wirtschaftswegen durchzogen ist und neben der Baumobstbauprüffläche ein asphaltierter Wirtschaftsweg angelegt wurde. Nach Angaben des Bewirtschafters wird die gewählte Prüffläche seit 1960 obstbaulich genutzt und seit 1990 ökologisch bewirtschaftet. Bis zum 2. Weltkrieg stand auf dieser Fläche Hopfen.
Es ist anzunehmen, dass die oben genannte Fahrgassenprobe ein echter Vorort hot spot ist, welcher in der Vergangenheit entstanden sein muss (z.B. langjährige Aufbringung von Kupferrestbrühen). Bei Vorliegen tiefgründiger Bodenverschiebungen wären in etwa gleiche Kupfergesamtgehalte bei beiden Bodenhorizonten zu erwarten gewesen. Die prozentualen Kupferverfügbarkeiten im NH4NO3-Extrakt liegen in der für bewirtschaftete Flächen typischen Größenordnung; erwartungsgemäß sind bei hohen Belastungen höhere bioverfügbare Gehalte nachweisbar.
Im Ergebnis der Erhebung des Ist-Zustandes der kulturabhängigen Kupferbelastungen beim Baumobstbau können die Hinweise zur Umsetzung der Monitoringaktivitäten zum Belastungszustand von landwirtschaftlich genutzten Flächen infolge von Anwendungen mit kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln wie folgt präzisiert werden: Es empfiehlt sich getrennte Beprobungen für 0–5 cm und 5–20 cm Bodentiefe zur Ermittlung der Kupfergehalte vorzunehmen.
Die gewonnene Datenbasis zur Auswahl geeigneter Erhebungsflächen beruht auf einer repräsentativen Erfassung der Belastungsverteilung und der Expositionsabschätzung an 52 ausgewählten Standorten unterschiedlich langer Nutzung und unterschiedlicher Belastungshöhe.
Die Häufigkeitsverteilung gemessener Cu-Gesamtgehalte (mg Cu/kg Boden TM) in den Proben der Prüf- und Referenzflächen deutscher Baumobstbaugebiete wurde für die Bodenhorizonte 0–5 cm und 5–20 cm bei einer Klassenbreite von 10 mg/kg bestimmt. |
Ein Vergleich der prozentualen Häufigkeitsverteilung analysierter Gesamtgehalte bei Prüf- und Referenzflächen zeigt, dass im Gehaltsbereich 10–100 mg Cu/kg TM Boden vergleichbare Häufigkeitsverteilungen nachgewiesen wurden. Während bei Prüfflächen 70,7% bzw. 88,9% aller analysierten Proben der Bodenhorizonte 0–5 cm bzw. 5–20 cm im Bereich bis 60 mg Cu/kg TM Boden liegen, sind dies bei Referenzflächen 96,4% bzw. 96,0%. |
Wie sich aus den Befragungen der Bewirtschafter und in Auswertung der gewonnenen Daten ergab, sind nachgewiesene hohe Kupfer-Bodengehalte nicht dem Baumobstbau geschuldet, sondern beruhen auf einer vorherigen langjährigen wein- oder hopfenbaulichen Nutzung auf diesen Flächen. Dies dokumentiert sich auch darin, dass bei Referenzflächen die Gehalte im Unterboden höher sind, obwohl diese Flächen seit Jahrzehnten einer wein- oder hopfenbaulichen Nutzung entzogen sind (früher: hohe Kupferaufwandmengen, tiefgründige Bodenbearbeitung, Flurbereinigungen etc.). |
Aus den Analysedaten ergibt ein Vergleich der Mittelwerte der Kupfer-Gesamtgehalte in Proben von Prüfflächen, dass in den Baumobstanbaugebieten erhöhte Kupfer-Gesamtgehalte in dem Bodenhorizont 0–5 cm gegenüber dem Bodenhorizont 5–20 cm vorliegen. Aufgrund der Streuung sind die Unterschiede unter statistischen Gesichtspunkten jedoch nicht immer signifikant. |
Neben Kupfer wurde auf Prüf- und Referenzflächen As, Cr, Pb, Zn, und V eingetragen. Die Gehalte an diesen Schwermetallen in den beprobten Böden resultieren aus der Bewirtschaftungshistorie der Baumobstlagen. Die mittleren Gesamtbodengehalte von analysierten Schwermetallen bei beprobten Prüf-, Referenz- und Kontrollflächen unterscheiden sich nicht. Bei Kupfer liegen die Mittelwerte für Prüfflächen bei 35 mg Cu/kg Boden TM, Referenzflächen bei 27 mg Cu/kg Boden TM und Kontrollflächen bei 24 mg Cu/kg Boden TM im Bodenhorizont 5–20 cm. Dies zeigt, dass Flurbereinigungen/-neuordnungen im Baumobstbau von untergeordneter Bedeutung sind. |
Sowohl bei ökologischen als auch bei konventionellen Bewirtschaftungsweisen werden heute die eingesetzten Kupfermengen auf das absolute Minimum beschränkt, das notwendig ist, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Auf die Bewirtschaftungsweisen zurückzuführende Belastungsunterschiede sind nicht nachweisbar. Der Stichprobenumfang der Proben aus konventionellem Anbau ist für einen aussagefähigen Vergleich in dieser Studie auch zu gering. |
Nach Vorliegen der Ergebnisse zu der Erfassung der Belastungsverteilung und der Expositionsabschätzung aller beprobten Baumobstlagen werden zwei bis drei geeignete Lagen vorgeschlagen, wo ein biologisches und chemisches Monitoring durchgeführt wird. Je Standort sollen ökologisch und/oder konventionell bewirtschaftete Prüfflächen, eine seit längerem aus der Nutzung genommene Baumobstfläche mit Kupferaltlast (Referenz, positive Kontrolle) und eine Fläche ohne anthropogene Kupferbelastung (negative Kontrolle) untersucht werden. Im Rahmen dieses Monitorings soll das Artenvorkommen von Lumbriciden an den verschiedenen Standorten per Austreibung und Handsammlung erfasst werden.
Auf der Grundlage einer ganzheitlichen Bewertungsmatrix werden den Zulassungsbehörden auf Basis identifizierter Kriterien wie Jahr der Flurgestaltung, Nutzung seit Jahren, Kupfergesamtgehalte und mobile Gehalte in NH4NO3- und CaCl2-Extrakten, mg Cu/kg Boden (TM), inklusive jährlicher Cu-Einträge durch Pflanzenschutzmittel, Bewirtschaftung/Begrünung, Bodenart, organische Substanz (%) und unter Berücksichtigung der geographische Lage (Klima) Vorschläge zur Auswahl von geeigneten Monitoringflächen unterbreitet.
Dabei sollten Baumobstbaustandorte präferiert werden, bei denen auch geeignete Referenz- und Kontrollflächen vorhanden sind. Auf letzteren sollte möglichst keine Bodenbearbeitung stattfinden, z.B. Streuobstwiesen, Grünland, um einen störenden Einfluss von Bearbeitungsmaßnahmen auf Abundanzen und Biodiversität der Regenwurmzönose ausschließen zu können.
Die entwickelte Methodik zur Auswahl von Beprobungsflächen auf Grundlage der vorgelegten Bewertungsmatrix ist zugleich ein wichtiger Baustein in Realisierung der Richtlinie der Kommission 2009/37/EG vom 23. April 2009 (Auflage von Programmen zur Überwachung gefährdeter Gebiete durch Zulassungsinhaber) in Deutschland und kommt der Forderung der Kommission nach einem zulassungsbegleitenden Monitoring nach, damit auf der Grundlage aktueller Daten zu nicht erwünschten Auswirkungen eine abschließende Entscheidung zum Verbleib (ggf. mit Auflagen) oder zur Streichung kupferhaltiger Verbindungen im Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG erfolgen kann.
Die Autoren danken Frau Ursula Stendel und Frau Catrin Vetter für ihre technische Assistenz bei den durchgeführten Laboruntersuchungen mit den gesammelten Baumobstbodenproben.
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