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Mitteilungen und Nachrichten

Mitteilungen und Nachrichten

Teilnahme an “9th International Conference on Controlled Atmosphere and Fumigation in Stored Products” in Antalya, Türkei

Journal für Kulturpflanzen, 65 (2). S. 68–72, 2013, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Die internationale Konferenz zum Thema CA-Lagerung (con­trolled atmospheres, auch modified atmospheres, MA) und Begasung im Vorratsschutz wurde zur Förderung des Informationsaustausches unter Wissenschaftlern und Technologen erstmals 1980 in Rom veranstaltet. Seither findet sie in vierjährigem Turnus an verschiedenen Orten weltweit statt und bringt traditionell Wissenschaftler, Berater, Anwender und die In­dustrie zusammen. Gastgeber der Veranstaltung vom 15. bis 19. Oktober 2012 war die Türkei. In Antalya trafen sich 400 Teilnehmern aus insgesamt 45 Ländern. Es wurde in neun, teilweise parallel stattfindenden Sektionen sowohl über neueste wissenschaftliche Erkenntnisse als auch zu aktuellen Themen aus der Sicht der praktischen Anwendung konferiert.

Mitglieder des permanenten Komitees sind: S. Navarro, Israel; J.H. Banks, Australien; D.S. Jayas, Kanada; K. Alagusundaram, Indien; P. Asher, Indien; C.H. Bell, Großbritannien; B. Bridgeman, Australien; G. Daolin, VR China; P. Ducom, Frankreich; M. Emekci, Türkei; J. Leesch, USA; R.T. Noyes, USA; T.W. Phillips, USA; C. Reichmuth, Deutschland; J. Riudavets, Spanien; Y. Ren, Australien und Y. Wang, China.


Die einzelnen Sektionen gliederten sich in die Themen:

• Biological Responses of Organisms to MA and Fumigants

• Quality Preservation, Safety and Protection of the Environment

• Methyl Bromide Alternatives

• Novel Fumigants and Application Technologies

• MA and Hermetic Storage Application Technologies

• Sealing Techniques and MA/Fumigation Engineering

• Resistance to Fumigants and Pest Management Strategies

• Quarantine and Regulatory Issues

• Integrated Commodity Management

Im Folgenden sei ein Überblick zu den Schwerpunkten gegeben und besondere Beiträge im Einzelnen geschildert.

CA-Lagerung

Zahlreiche Beiträge widmeten sich dem Thema CA-Lagerung. Mit der Erniedrigung der Sauerstoff- und/oder der Erhöhung der Kohlendioxidkonzentration als wirksame Maßnahmen wird hier die Reduktion eines Schädlingsbesatzes erreicht. Die verschiedenen technischen Realisierungen, beispielsweise hermetische Abdichtung oder Stickstoffbegasung, deren weitere Anwendungsgebiete, Optimierung aber auch Grenzen war allein Thema von 28 Vorträgen. Als besonderes Highlight wurde der Beitrag von Kim Yonggyun aufgenommen. Er präsentierte eine Studie zur Bekämpfung von Carposina sasakii Matsumura mit CATTS, einer Kombination aus CA-Lagerung und kurzzeitiger Temperaturerhöhung. Die Wirkungskette der Steuerung der Hitzestresshormone im Insekt, welche zu einer erfolgreichen Bekämpfung führt, wurde ausführlich geschildert.

Methyl Bromid Alternativen

Anlass zu Beiträgen gab die fortdauernde Suche nach Alterna­tiven zum Wirkstoff Brommethan (Methylbromid). In diversen Ländern (USA, Japan...) kann die nach dem sogenannten Montrealprotokoll festgelegte Abkehr vom Einsatz dieses für die Ozonschicht schädlichen halogenierten Kohlenwasserstoffes noch nicht umgesetzt werden. Für bestimmte Bereiche, die Quarantäne, die Entwesung von Mühlen, oder Stau- und Ver­packungsholz im internationalen Warenverkehr nach ISPM 15 Standard wird weiterhin um Alternativen diskutiert. Dennoch ist in bestimmten Ländern der vollständige Ausstieg aus der Methylbromidverwendung bereits vollzogen, so zum Beispiel in Deutschland seit 2005.

Diagnose von Vorratsschädlingen, allem voran des Kapprakäfers

Die Diagnose von Schädlingen nimmt insbesondere für die Umsetzung eines integrierten Vorratsschutzes im integrierten Pflanzenschutz, IPM, einen besonderen Stellenwert ein. Als ernstzunehmender Schädling gilt der Kapprakäfer, Trogoderma granarium, er wird daher weltweit als Quarantäneschädling eingestuft. Mit einem praktischen Workshop wurde dem inte­ressierten Publikum eine neue, einfache Bestimmungsmethode anhand von phänotypischen Merkmalen vorgeführt. – Als beachtenswerte Neuerung wurde ein Bestimmungsschlüssel für Vorratsschädlinge auf bildbasierten Entscheidungshilfen durch B.G. Elliot vorgestellt. Inhalt sind eine ausführliche Datenbank an aussagekräftigen Bildern sowie zielgerichtete Entscheidungshilfen für die Diagnose. Das Computerprogramm richtet sich sowohl an den beruflichen Anwender als auch – in wissenschaftlicher Form – an Entomologen als Zielgruppe. Es wird ab etwa Januar 2013 als Download auf der Website der Candian Grain Commission oder im Canadian Journal of Arthropod Identification zugänglich sein. Eine spätere Einführung als smart phone Anwendung ist geplant.

Phosphorwasserstoffresistenz

Die Resistenz gegen den wohl weltweit am meisten im Vorratsschutz eingesetzten insektiziden Wirkstoff Phosphorwasserstoff nahm sowohl in einer Sektion als auch in einem zusätz­lichen Workshop Raum ein. Dies rührt von der Dringlichkeit her, ein wirksames Mittel zu verlieren. Es wurden verschiedene, z.T. kontroverse Meinungen diskutiert. Es bestand darüber weitgehend Einigkeit, dass, wenn schwerpunktmäßig auch nur auf Australien, USA und Brasilien lokalisiert, die Resistenz mitunter in starker, mittlerweile im Genotyp vorratsschädlicher Insekten nachweisbarer Ausprägung auftritt; Weiterhin, dass auf den Wirkstoff aufgrund verschiedener anderer günstiger Eigenschaften kaum verzichtet werden kann und, dass insgesamt nur wenige Alternativen bestehen. Verschiedenen Beiträgen war zu entnehmen, dass eine auftretende Resistenz nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit von Phosphorwasserstoffbegasungen führen muss. Mit dem mittlerweile erprobten Einsatz von Formulierungen im Gaszylinder wurde eine mögliche Richtung für die Zukunft aufgezeigt. Der Workshop befasste sich unter anderem mit Diagnosemethoden von resistenten Stämmen. Dies ist einerseits für die Bewertung der Ausbreitung der Resistenz und andererseits für die Wahl geeigneter Bekämpfungsmaßnahmen bedeutsam. Hier wurde ein Management-Konzept, wie es in Australien praktiziert wird, von M. Nayak vorgestellt.

Neue Pflanzenschutzmittel und Naturstoff basierte insektizide Wirkstoffe

Eine Reihe von Vorträgen und Postern befasste sich mit weiteren Wirkstoffen. Es wurden Daten zur Wirksamkeit von Ozon, Carbonyldisulfid, Ethandinitril, Propylenoxid, Clordioxid, sowie einer Reihe von Naturstoffen, wie zum Beispiel Monoterpenoide (E-Anethol, L-Fenchon, Geraniol, Allylisothiocyanat, Cuminaldehyd...) als auch Heilpflanzenextrakte (Rosmarinum officinalis, Ocimum basilicum L., …) präsentiert.

Für Ethylformiat liegt bereits eine Reihe an Wirksamkeits­daten vor, es wird als Gas bereits erfolgreich zur Entwesung an bestimmten Gütern wie zum Beispiel Trockenfrüchten dargestellt. Die Beiträge befassten sich vor allem mit der Erweiterung in der Anwendung. So schilderte z.B. V. Weis die für eine erfolgreiche Bekämpfung wichtige gute Durchdringung von Kartonverpackungen mit dem Präparat Vapourmate™.

Qualitätssicherung und Lebensmittelsicherheit

Als besonders hervorzuhebender Beitrag zum Thema Qualitätssicherung und Lebensmittelsicherheit sei auf Y. Ren verwiesen. Er zeigte mit seinen Untersuchungen anhand von 32P markiertem Phosphorwasserstoff auf, dass in unterschiedlichem Maße und bei Abhängigkeit vom Begasungsgut und -Bedingungen permanente Rückstände im begasten Gut verbleiben, und die bisherige Annahme der nahezu vollständigen Rückstandsfreiheit durch die gute Ablüftbarkeit des Gases neu beleuchtet werden muss. Es wurde experimentell nachgewiesen, dass 59 bis 93% des absorbierten Phosphorwasserstoffes in nicht flüchtige, dauerhaft verbleibende phosphorhaltige Verbindungen im Begasungsgut umgesetzt wurden. Die differenzierte Betrachtung der chemischen Zusammensetzung der Begasungsgüter ergab, dass 32P sich zu einem großen Anteil in der Fraktion „organische Säuren“ fand. Hafer stellte mit etwa 60 mg/kg 32PH3 nach einer 14-tägigen Exposition gegen 400 ppm bei 25°C und anschließender 7-tägiger Lüftung die am stärksten rückstand­bildende Getreidesorte dar. Die Bedeutung für die mögliche Auswirkung auf Nährwert und Aroma-Eigenschaften insbesondere für die Brauerei wurde andiskutiert.

G. Flingelli berichtete über Untersuchungen zu möglichen Szenarien, die zu ungewollten, aber nicht auszuschließenden Fluoridrückständen in Müllereiprodukten nach Begasung von Mühlen mit Sulfurylfluorid führen können. In Deutschland ist die Begasung von Vorratsgütern nur auf Nüsse beschränkt. Dennoch besteht in einigen Staaten (USA, Australien…) eine Zulassung für Sulfurylfluorid für weitaus mehr Vorratsgüter, wie zum Beispiel Getreide. Dies wird aktuell durch die Aktivi­täten der US Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Agency) stark in Frage gestellt. In diesem Zusammenhang und aufgrund bestimmter Wirksamkeitslücken wurde die Frage zu Grenzen des Einsatzes von Sulfurylfluorid auch im Publikum mit großer Aufmerksamkeit aufgenommen.

Weitere neue Erkenntnisse und Trends

Neue Erkenntnisse zum Verständnis der Insektenbiologie brachte A.F. Ndomo mit ihren Ergebnissen, die durch die Analyse von volatilen Stoffen aus Vorratssgütern mithilfe der Insektenantennographie erzielt wurden. Die Autorin konnte an getrockneten Aprikosen etwa 10 Komponenten mit elektrophysiologischer Wirkung bei der Dörrobstmotte Plodia interpunctella bestimmen. In einem weiteren Vortrag von Y. Niu wurde die HS-SPME basierte Gewinnung von volatilen Stoffen aus befallenen und reinen Vorratsgütern vorgestellt. Beide Beiträge könnten für die Entwicklung von Lockstofffallen von Bedeutung sein.

Exkursion

Die rege Konferenzteilnahme aus dem Gastland spiegelte einerseits die große Bedeutung der Landwirtschaft in der Türkei und der Getreideproduktion im Besonderen wider. Hier war mit­unter zentrales Thema, wie einer potentiell drohenden Resistenz gegen den Wirkstoff Phosphorwasserstoff begegnet werden kann. Die Türkei verfügt über 24 Mio. ha Kulturfläche, 11,9 Mio. ha entfallen davon allein auf Flächen für den Getreideanbau. Für 2012 wird der landesweite Ertrag an Getreide mit 33,4 Mio. t angegeben und liegt damit über dem inländischen Bedarf. In Lagern der TMO – der türkischen Getreidevermarktungsorganisation – werden Getreide, allem voran Weizen und Roggen sowie Reis, Mohn und Haselnüsse sowohl für den Export und die inländische Vermarktung als auch als Interven­tionsgetreide bevorratet. Eines dieser Lager wurde im Rahmen einer Exkursion besucht und besichtigt (Abb. 2). Es wurden verschiedene praktizierte Maßnahmen im Vorratsschutz vorgeführt.

Abb. 2. Exkursion zu einem Getreidelager der TMO, der türkischen Vermarktungsorganisation für Getreide im Hafen von Antalya.

Abb. 2. Exkursion zu einem Getreidelager der TMO, der türkischen Vermarktungsorganisation für Getreide im Hafen von Antalya.

Handlungsbedarf

Aufgrund der Risikobewertung für Fluorid-Aufnahmewege hat die US Umweltbehörde EPA bereits 2011 die Rücknahme der Zulassung von Sulfurylfluorid im Vorratsschutz für Nahrungsmittel in Erwägung gezogen. Diese Aktivitäten und die zugrundeliegenden Daten könnten für die Risikobewertung einer potentiellen Ausweitung der Zulassung für weitere vorratslagernde Güter in Deutschland bedeutsam sein.


Das Julius Kühn-Institut war mit vier Vorträgen vertreten:

G. Flingelli: Susceptibility of stored product moth eggs of different age towards fumigation with sulfuryl fluoride – a review.

G. Flingelli: Laboratory fumigation of wheat flour with sulfuryl fluoride – Penetration and fluoride residues.

C. Adler: Taking the tropics home: Controlled Atmospheres for the control of tobacco beetles in large-scale testing (s. Abb. 1).

Abb. 1. Beitrag von Dr. C. Adler zum Thema Wirksamkeit von CA-Lagerung bei Rohtabak zur Bekämpfung der Tabakkäfers Lasioderma serricorne im Feld­versuch.

Abb. 1. Beitrag von Dr. C. Adler zum Thema Wirksamkeit von CA-Lagerung bei Rohtabak zur Bekämpfung der Tabakkäfers Lasioderma serricorne im Feld­versuch.

A.F. Ndomo: Olfactory response of Plodia interpunctella (Hübner, 1813) (Lepidoptera: Pyralidae) to dried apricot volatiles.


Es existiert ein Tagungsband: S. Navarro, H.J. Banks, D.S. Jayas, C.H. Bell, R.T. Noyes, A.G. Ferizli, M. Emekci, A.A. Isikber, K. Alagusundaram (Hrsg.) (2012) Proceedings of the 9th International Conference on Controlled Atmosphere and Fumigation in Stored Products. 15–19 Okt. 2012, Antalya, Türkei.

Die Tagung war geprägt von der türkischen Gastfreundschaft und der äußert gelungenen Organisation durch A. Guray Ferizli von der Ankara University, welchem hiermit herzlich gedankt sei. Des Weiteren gilt der Dank dem Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, für die Finanzierung der Dienstreise, welche viele neue Impulse für die Forschung im Vorratsschutz gebracht hat.

Gabriele Flingelli (JKI Berlin)

  Neues aus der DGO:

Dritte Sitzung des Fachbeirates der Deutschen Genbank Obst

Journal für Kulturpflanzen, 65 (2). S. 68–72, 2013, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Am 8. und 9. Mai 2012 fand in der Geschäftsstelle des Bundes deutscher Baumschulen (BdB) e.V. in Pinneberg die dritte Sitzung des Fachbeirates der Deutschen Genbank Obst (DGO) statt. Im Rahmen dieser Fachbeiratssitzung wurden neben einem Bericht der Koordinierungsstelle über die bislang geleistete Arbeit auch die Ergebnisse der pomologischen Bestimmungen bei Kirsche durch Frau Dr. Braun-Lüllemann vorgestellt. Damit ist das Kirschnetzwerk das zweite Netzwerk der DGO bei dem die pomologische Bestimmung vorerst abgeschlossen ist. In beiden Netzwerken wurde bereits mit der molekulargenetischen Überprüfung der zu erhaltenden Sorten begonnen. Anschließend wurde über den Aufbau des Netzwerkes zur Erhaltung histo­rischer Pflaumensorten diskutiert. Die Mitglieder des Fach­beirates stimmten nach wie vor darin überein, dass ein Standort im Norden Deutschlands aufgrund des geringeren Risikos eines Befalls mit dem Scharka-Virus wünschenswert ist. Erste Ge­spräche mit dem Leiter des ESTEBURG-Obstbauzentrums Jork, Dr. Karsten Klopp, verliefen laut dem Bericht der Koordinierungsstelle vielversprechend. Eine mögliche Zusammenarbeit wird zurzeit zwischen der Koordinierungsstelle der DGO und dem Obstbauzentrum Jork diskutiert. Positiven Anklang fanden auch die Bestrebungen der Koordinierungsstelle, eine langfristige Zusammenarbeit der DGO mit der Stadt Mössingen aufzubauen. Die Stadt Mössingen besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen historischer Kirschsorten und ist im Moment dabei, ein Konzept zur langfristigen Erhaltung zu erarbeiten. Im kommenden Jahr (2013) soll versucht werden, die Stadt Mössingen in die DGO zu integrieren. Neben Mössingen gibt es weitere sehr bedeutende Kirschsammlungen in Deutschland. Auch diese sollen kontaktiert und nach Möglichkeit in die DGO integriert werden.

Am Abend des ersten Tages besichtigten die Fachbeiratsmitglieder gemeinsam die Hermann Cordes Baumschule in Holm/Holstein. Die Hermann Cordes Baumschule ist Sammlungs­haltender Partner im Apfelnetzwerk der DGO. Bei dieser Besichtigung konnten sich die Mitglieder des Fachbeirates davon überzeugen, dass die Erhaltung historischer Apfelsorten hier auf einem qualitativ hohen Niveau erfolgt. 

Abb. 3. Mitglieder des Fachbeirates der Deutschen Gen­bank Obst. (Von links: H. Cordes, Prof. Dr. M.-V. Hanke, J. Schuboth, Dr. A. Braun-Lüllemann, Dr. M. Hobert, M. Ziegler, Dr. H. Flachowsky, A. Wylkop, Dr. E. Schulte, J. Disselborg, Dr. M. Bü­chele, Dr. M. Höfer).

Abb. 3. Mitglieder des Fachbeirates der Deutschen Gen­bank Obst. (Von links: H. Cordes, Prof. Dr. M.-V. Hanke, J. Schuboth, Dr. A. Braun-Lüllemann, Dr. M. Hobert, M. Ziegler, Dr. H. Flachowsky, A. Wylkop, Dr. E. Schulte, J. Disselborg, Dr. M. Bü­chele, Dr. M. Höfer).

Henryk Flachowsky (JKI Dresden)

Personalien

Nachruf für Dr. Erich Dickler

Journal für Kulturpflanzen, 65 (2). S. 68–72, 2013, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Abb. 4.

Abb. 4.


Am 16. November 2012 verstarb im Alter von 75 Jahren Dr. Erich Dickler, der ehemalige Leiter des Instituts für Pflanzenschutz im Obstbau der früheren Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA). Erich Dickler wurde am 14. September 1937 in Darmstadt geboren. Er wuchs auf einem Bauernhof mit Obstbau an der Bergstraße im süd­lichen Hessen auf. Nach dem Abitur 1957 führte ihn eine zweijährige landwirtschaftliche Lehre zum Studium der Agrarwissenschaften in Gießen ab 1960. Vor Studienbeginn leistete er noch seinen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr ab. Im Studium begeisterte ihn der Pflanzenschutz und hier insbesondere die angewandte Entomologie. Nach seinem Diplom in Agrarwissenschaften im Jahr 1964 folgte eine Forschungstätigkeit zum Wanderverhalten von Rüssel­käfern in wiesennahen Leguminosenkulturen, welche er 1967 mit der Promotion zum Dr. agr. abschloss. Sehr gerne erinnerte sich Erich Dickler in späteren Jahren im Kollegenkreis an seine 18-mona­tige „Post-Doc-Zeit“ von 1967 bis 1968 an der Michigan State University in den Vereinigten Staaten. Dort konnte er seine entomologischen Kenntnisse durch Forschungsarbeiten über Getreidehähnchen anwenden und erweitern. Im unmittelbaren Anschluss erhielt er eine Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Pflanzenschutz im Obstbau der BBA in Dossenheim. Ab 1986 leitete er das Institut als Direktor und Professor bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst im Jahr 2002.

Erich Dickler widmete sich in seiner langjährigen wissenschaftlichen Karriere intensiv der Erforschung des Apfelwickler-Granulosevirus und damit der umweltschonenden Bekämpfung von Schad­insekten. Das entomopathogene Virus war Anfang der 1960er Jahre von Wissenschaftlern aus Kalifornien in toten Apfelwicklerlarven mit Herkunft aus Mexiko entdeckt worden. Einige Jahre später gelangte eine Probe des Virus aus den USA an die ETH Zürich. In der Schweiz bezog Dr. Jürg Huber das Ap­felwickler-Granulosevirus in seine Forschungsarbeiten ein und setzte dies nach Einstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der BBA Darmstadt fort. Schon im Folgejahr testeten beide Kollegen das Virus an Apfelwicklern in den Versuchsfeldern der BBA Dossenheim. Aus diesem Forschungsobjekt entstand eine lang­jährige intensive Zusammenarbeit zwischen beiden nahe beieinander liegenden Fachinstituten der BBA. Neben der Weiterentwicklung der Anzucht und Anwendungsfragen wurden auch Kooperationen mit der Industrie zum Zwecke der Einführung des biologischen Präparates in den Markt aufgenommen. Die heute selbstverständliche Anwendung von Granulosevirus-Präparaten in Bekämpfungsstrategien gegen den Apfelwickler zeigt den großen Erfolg dieses biologischen Präparates. Da eine nachhaltige Wirkung umweltschonender Verfahren nur durch die Verfügbarkeit und Anwendung mehrerer selektiver Methoden zu sichern war, legte Erich Dickler die Apfelwicklerbekämpfung breit an. Er berücksichtigte bei den erforderlichen Antiresistenzstrate­gien, dass biologische Verfahren, wie das Granulosevirus und Pheromone, bei der Paarungsstörung in ihrer biologischen Wirksamkeit oft nicht ausreichten. Ins­besondere bei hohen Populationen erforderte eine ausreichende Bekämpfung die Kombination mit chemischen Insektiziden mit möglichst selektiver Wirkung. Die erfolgreichen Arbeiten in der Apfelwicklerbekämpfung wurden von Erich Dickler auch auf andere Wicklerarten übertragen. So erwiesen sich beispielsweise beim Schalenwickler Maßnahmen mit Inhaltsstoffen des Niem-Baumes Azadirachta indica als wirksam in der Störung der Larvalentwicklung. Gleichzeitig waren die Nebenwirkungen gegen Nützlinge gering. Auf Basis dieser Forschungsarbeiten erwarb sich Erich Dickler bleibende Verdienste bei der Fortentwicklung des Integrierten Pflanzenschutzes. So leitete er von 1985 bis 1994 die in­ternationale Arbeitsgruppe „Integrierter Pflanzenschutz im Obstbau“ der IOBC/WPRS. In diese Zeit fiel die Entwicklung einer europäischen Richtlinie für inte­grierte Kernobstproduktion der IOBC. Sie wurde zu einer wichtigen Grundlage für regionale und nationale Richtlinien. Der leitenden Funktion in der IOBC folgte eine fünfjährige ehrenamtliche Tätigkeit von Erich Dickler als Präsident der Deutschen Gesellschaft für allge­meine und angewandte Entomologie (DGaaE) von 1994 bis 1999. In dieser Funktion unterstützte Herr Dickler intensiv alle Bemühungen, den Erhalt des renommierten Deutschen Entomologischen Instituts zu gewährleisten. In Würdigung der geleisteten Arbeiten zur Fortentwicklung des Integrierten Pflanzenschutzes und insbesondere der Erforschung des Apfelwickler-Granulosevirus wurde Dr. Erich Dickler gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Jürg Huber im Jahr 2005 die Karl-Escherich-Medaille der DGaaE auf der Jahrestagung in Dresden verliehen.

In die Zeit der Institutsleitung von Dr. Dickler fiel eine Neuausrichtung der Ressortforschung im damaligen Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML). Hierbei war es auch Ziel, über eine Verringerung der Zahl der Standorte und Institute leistungsfähigere Einheiten zu schaffen und dadurch Synergieeffekte und Effizienzsteigerungen zu ermöglichen. Durch unermüdlichen Einsatz gelang es Erich Dickler, dass bei den Konkretisierungen des Rahmenkonzeptes für die Bundes­forschungsanstalten im Geschäftsbereich des BML der Standort Dossenheim erhalten blieb.

Nach Eintritt in den Ruhestand widmete sich Erich Dickler weiter dem Obstbau. Er war Vorsitzender des Kreisverbandes für Obstbau, Garten und Landschaft Heidelberg e.V. und vertrat die Region Unterer Neckar als Mitglied im erweiterten Vorstand des Landesverbandes für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg e.V. (LOGL). An seinem Wohnort in Heidelberg-Rohrbach setzte er sich mit großem Engagement über seinen Verein für die Planungen und Einrichtung eines Erlebniswanderweges Wein und Kultur ein. Hier soll nach Vollendung der vorgesehenen insgesamt 25 Stationen auf einer Strecke von etwa acht Kilometern Wissenswertes zu den Themen Wein, Rebsorten, Geologie, Klima, Geschichte und Lebenskultur sowie Flora und Fauna der Region präsentiert werden. Es war ihm nicht vergönnt, die für den Sommer 2013 im Rahmen der Europäischen Geoparkwoche vorgesehene Eröffnung selbst mitzuer­leben.

Herr Dr. Dickler hat sich über seine langjährige Tätigkeit in der früheren Biologischen Bundesanstalt sehr um den Pflanzenschutz im Obstbau verdient gemacht. Über seine wissenschaftlichen Arbeiten und seine damit verbundenen Initiativen zur Entwicklung europäischer Richtlinien für eine integrierte Kernobstproduktion hat er die Fortentwicklung moderner Pflanzenschutzkonzepte konstruktiv und nachhaltig mitgestaltet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Julius Kühn-Instituts werden Herrn Erich Dickler in ehrendem Andenken bewahren.

Wilhelm Jelkmann (Dossenheim)
Georg F. Backhaus (Quedlinburg)

Literatur

Journal für Kulturpflanzen, 65 (2). S. 68–72, 2013, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Reinhard Lieberei, Christoph Reisdorff: Nutzpflanzen, 8., überarb. Aufl.; begründet von Wolfgang Franke. Stuttgart, Georg Thieme Verlag, 2012, 478 S., 405 farbige Abb., 118 Tab., kartoniert, EUR 49,99, ISBN 978-3-13-530408-3.

Wenn ein Buch seit 1975 in der nunmehr 8. Auflage erscheint, so spricht das eindringlich für dessen Qualität und den Bedarf an der gebotenen Information. Begründet von W. Franke, der bis 1997 allein 6 Auflagen bearbeitete, wird das Buch seit 2007 von R. Lieberei und C. Reisdorff weitergeführt, die einige wesentliche Ergänzungen vorgenommen und den Inhalt auf den neuesten Stand gebracht haben. Eine Fülle von Informationen wird in anschaulicher Weise dargeboten.

Neu gegenüber dem alten „Franke“ sind die einführenden Kapitel 1 und 3. Im 1. werden grundlegende Fragen zur Entstehung, Nutzung und Züchtung von Kulturpflanzen beantwortet.

Das 2. Kapitel behandelt ausführlich „Gestalt und Aufbau des Pflanzenkörpers und seiner nutzbaren Teile“, vom Samen bis zur Blüte und zu den Früchten, mit zahlreichen Beispielen.

Kapitel 3 „Qualitätsbestimmende Inhaltsstoffe“ von Nutzpflanzen beschreibt deren primäre Speicherstoffe (Kohlenhydrate, Proteine, Fette und Öle), die sekundären Inhaltsstoffe (phenolische Substanzen, Terpenoide u.a.) sowie die Vitamine in Pflanzen mit einem kurzen Hinweis auf die gesundheitliche Relevanz pflanzlicher Nahrungsbestandteile.

Im speziellen, ausführlichen Teil 4 des Buches werden die Nutzpflanzen im Einzelnen vorgestellt: Unter Nahrungspflanzen zunächst kohlenhydrat-, eiweiß-, fett- und ölliefernde Pflanzen, dann Obst-, Gemüse-, Salat- und Genußmittelpflanzen, kurz pflanzliche psychoaktive Drogen und süßstoffliefernde Pflanzen, ausführlich Gewürzpflanzen und Futterpflanzen.

Teil 5 umfasst unter „Technisch genutzte Pflanzen“ faserliefernde, holzliefernde, gerbstoffliefernde, kautschukliefernde, bis hin zu harz-, wachs-, und farbstoffliefernden Pflanzen. Auch insektizidliefernde, energie- und kraftstoffliefernde Pflanzen werden behandelt. Für jedes Beispiel werden Herkunft, Biologie, Anbau, Standortansprüche, Ernte, Verarbeitung und Produkte besprochen.

Alle Kapitel sind mit farbigen Zeichnungen und photographischen Aufnahmen hervorragender Qualität versehen, die eine gute Anschauung der behandelten Pflanzen, ihrer Teile und Früchte vermitteln. Für die wichtigsten Inhaltsstoffe und deren Synthesewege sind Formelzeichnungen eingefügt. Ergänzend vermitteln spezielle Boxen zusätzliche Informationen zu Fragen der Geschichte, der Nutzung, der Wirkung der Inhaltsstoffe etc.

Der abschließende Teil enthält zahlreiche Tabellen zur Produktion, zum Anbau und Export der wichtigsten Nutzpflanzen, basierend auf aktuellen Daten der FAO von 2011.

Ein umfassendes Literaturverzeichnis weist auch auf weiterführende Publikationen hin.

Das Buch gehört als umfangreiches Nachschlagewerk in jede einschlägige Bibliothek botanischer und agrarwissenschaftlicher Institute. Sowohl Fortgeschrittene als auch Studierende werden es immer wieder zur Hand nehmen und Nutzen daraus ziehen können.

Rudolf Heitefuss (Göttingen)


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
Verlag
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