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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Zur Verabschiedung von Prof. Dr. Christoph Reichmuth, dem ehemaligen Leiter des Instituts für Vorratsschutz der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft und späteren Leiter des Instituts für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz des Julius Kühn-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

Journal für Kulturpflanzen, 65 (3). S. 73–74, 2013, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Inhaltsverzeichnis

Editorial

Mit Ablauf des Monats Oktober 2010 ging Prof. Dr. Christoph Reichmuth in den wohlverdienten Ruhestand. Anlässlich eines Sommerfestes auf dem Gelände der ehemaligen Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, dem heutigen Berliner Sitz des Julius Kühn-Instituts (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, in Berlin Dahlem trafen sich Ende Juni 2010 Berufskollegen und Freunde zu diesem Abschied. Der Präsident des Julius Kühn-Instituts, Herr Dr. Georg F. Backhaus, hielt die würdigende Abschiedsrede.

Christoph Reichmuth wurde am 22. Oktober 1945 in Celle geboren. Schon dies war eine Besonderheit, denn sein Geburtsort hätte eigentlich Berlin sein sollen. Grund dafür war, dass das Zoologische Institut der damaligen Biologischen Reichsanstalt, der Vorgängereinrichtung der Biologischen Bundsanstalt für Land und Forstwirtschaft (BBA), an dem sein Vater damals tätig war, kurz vor Kriegsende aus Berlin nach Celle verlagert worden war. 1947 wurde sein Vater in die Biologische Zentral­anstalt, die spätere Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, berufen. Er wurde dort Direktor des Instituts für Angewandte Zoologie, das 1955 von Celle nach Berlin zurückgeführt wurde.

Christoph Reichmuth besuchte in Celle die Volksschule. Als seine Familie am 22. Oktober 1955 nach Berlin umsiedelte, war er gerade 10 Jahre alt geworden und besuchte nun das Canisius-Kolleg Gymnasium in Berlin.

Nach dem Abitur studierte er von 1966 bis 1971 Allgemeine Ingenieurwissenschaften mit der Ausrichtung Chemie an der Technischen Universität Berlin. Der Titel seiner Diplomarbeit lautete „Zur präparativen Trennung der Lan­thaniden und Actiniden durch Gegenstromelektrolyse“.

Dem Studium an der Technischen Universität Berlin schloss sich nach dem erfolgreichen Studienabschluss zum Diplom-Ingenieur die Doktorarbeit zum Thema „Entwicklung der präparativen Querstromionenwanderung im gekammerten Trog zur kontinuierlichen Trennung von Ionengemischen einschließlich Uran, Curium, Americium und Plutonium“ im Hahn-Meitner-Institut für Kernforschung in Berlin bei Professor Zimen, einem Schüler von Otto Hahn, an. Am 21. Juni 1974 wurde er zum Dr. rer. nat. promoviert.

Nach der Doktorarbeit bewarb er sich 1974 bei der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin-Dahlem um eine Anstellung im Institut für Vorratsschutz. Zu diesem Zeitpunkt war sein Vater bereits pensio­niert. Als er am 1. Januar 1975 in die Dienste der dama­ligen BBA trat, wurde ihm tatsächlich dasselbe Dienstzimmer und derselbe Telefonapparat zugewiesen, in dem bzw. mit dem sein Vater – unter derselben Telefonnummer erreichbar – früher gewirkt hatte und das ihm von zahlreichen früheren Besuchen sehr vertraut war. Dieser Raum war vom Institut für Zoologie zwischenzeitlich zum Institut für Vorratsschutz übergegangen.

Im geteilten Berlin hatte der Vorratsschutz eine ganz besondere Bedeutung, denn es galt, die nach der Blockade Berlins in zahlreichen Vorratslägern eingelagerte, strategische Senatsreserve vor Schädlingsfraß und -verderb zu schützen. Für einen Vorratsschützer und Forscher geradezu paradiesische Zustände: Forschungsobjekte mit unterschiedlichsten Lagerprodukten in großer Anzahl auf kleinstem Raum! In den für die Senatsreserve von Getreide umgewandelten Maschinenfabriken, z.B. auf der Insel Eiswerder in Berlin-Tegel, lagen in mehreren Stockwerken jeweils Getreidepartien von mehreren 100 t Getreide. Diese wurden genutzt, um die gerade nach 1970 identifizierten und synthetisierten Sexualpheromone der vorratsschädlichen Kleinschmetterlinge in Klebefallen zur massenhaften Anlockung der männlichen Mottenfalter einzusetzen. Für natürlichen Befall war reichlich gesorgt.

Gemäß der Beschreibung der „Forschungen und Auf­gaben des Wissenschaftlichen Personals der BBA“ aus dem Jahre 1989 umfassten seine Forschungsschwerpunkte:

Hochgiftige Gase. Durchführung von Begasungsversuchen und Entwicklung und Patentierung neuer Begasungsverfahren in der Begasungsstation, Untersuchung der Resistenz vorratsschädlicher Insekten gegen die eingesetzten Gase.

• Untersuchungen über die Rückstandsbildung von Vorratsschutzgasen in entwesten Pflanzenerzeugnissen.

Inerte Gase. Einsatz von Kohlendioxid (CO2) und Stickstoff (N2) zur Bekämpfung von Vorratsschädlingen, diese Arbeiten mündeten in mehreren Patenten.

Pheromone. Zum Einsatz von Pheromonen wurde im Institut für Vorratsschutz bereits seit 1975 gearbeitet; auch diese Forschungen mündeten in Patenten. Die erste deutsche Pheromon-Mottenfalle wurde im Institut für Vorratsschutz entwickelt. Bis heute hat sich der Einsatz solcher Fallen zur Früherkennung in geschlossenen Vorratslägern bis zum Einsatz in Privathaushalten bewährt.

Hitze/Kälte. Praktische Bedeutung erlangte auch die Beschreibung von Extremtemperaturen (Hitze/Kälte) als Letalfaktoren für vorratschädliche Insekten und Milben.

Am 25. Mai 1992 wurde Christoph Reichmuth nach dem Ausscheiden des Leiters des Instituts, Herrn Dr. Richard Wohlgemuth, zum Nachfolger im Amt des Leiters des Institutes für Vorratsschutz bestellt, wonach ihm am 1. August 1992 das Amt eines Direktors und Professors (mit Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe B 1) übertragen wurde.

Mit Wirkung vom 1. Januar 2000 bestellte ihn das damalige Bundesministerium für Landwirtschaft (BML) zum „Vertreter des Präsidenten für den Berliner Anstaltsteil der BBA“.

Mit der Gründung des Julius Kühn-Instituts, eines der vier Bundesforschungsinstitute im Ressortbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), das zum 1. Januar 2008 aus der ehemaligen Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, der ehemaligen Bundesforschungsanstalt für Züchtungsforschung (BAZ) und zwei Instituten der ehemaligen Forschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) gebildet wurde, wurde Christoph Reichmuth – gemeinsam mit Herrn Dr. Hartwig Schulz, dem vormaligen Leiter des Instituts für Pflanzenanalytik der BAZ – in sogenannter Doppelspitze mit gegenseitiger Vertretung – zum Leiter des Instituts für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz des Julius Kühn-Instituts am Standort Berlin-Dahlem und am Standort Quedlinburg bestellt.

Mehr als 350 Publikationen, Fachartikel, Patente, Buchkapitel und Bücher sowie sehr viele einschlägige Fachvorträge auf nationaler und internationaler Bühne kennzeichnen sein wissenschaftliches Wirken. Neben seinen vielfältigen Aufgaben in der ehemaligen BBA und dem heutigen JKI sind besonders auch seine Hochschulaktivitäten hervorzuheben:

– Habilitation an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin mit dem Thema: „Inerte Gase zur Schädlingsbekämpfung“.

– Seit 2001 lehrt er in der Eigenschaft als Privatdozent an der Humboldt-Universität zu Berlin. Mit Wirkung vom 8. März 2001 wurde ihm die Lehrbefugnis für das Fach „Vorratsschutz“ erteilt, und er wurde Privat­dozent. Am 8. September 2004 wurde er von der Humboldt-Universität zum Honorarprofessor bestellt.

– Darüber hinaus hatte er seit 1980 einen Lehrauftrag im Fachbereich Getreidetechnologie der Technischen Universität Berlin.

– Er ist Gastprofessor an der Landwirtschaftlichen Fakultät der argentinischen Universität in Rosario.

Christoph Reichmuth hat engagiert in verschiedenen Gremien mitgewirkt und sich nie gescheut, zusätzliche Ämter zu übernehmen. Einige Beispiele seien genannt:

– Mitglied des Örtlichen Personalrats der BBA und des Hauptpersonalrats des BML,

– Sicherheitsbeauftragter der BBA am Standort Berlin-Dahlem,

– Gewähltes Mitglied des Anstaltskollegiums der BBA,

– Mitglied von Personalausschüssen der BBA,

– Mitglied des Methyl Bromid Technical Options Committee (MBTOC) des United Nations Environment Programme (UNEP), Ozone Secretariat,

– Leiter einer von ihm ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe Vorratsschutz beim Europarat,

– Mitglied im DIN-Ausschuss Getreide und Getreide­erzeugnisse,

– Mitherausgeber der weltweit führenden Zeitschrift für den Vorratsschutz, des Journal of Stored Products Research,

– Mitglied des permanenten Committees der Internationalen Fachtagung über Inerte Gase und Begasung (CAF).

Nicht verschwiegen werden sollte sein großes Engagement, die BBA und das heutige JKI in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, so z.B. bei den Langen Nächten der Wissenschaften, bei der Internationalen Grünen Woche, bei vielen anderen Messen, Veranstaltungen und nationalen und internationalen Tagungen – Christoph Reichmuth und sein Institut waren immer hoch motiviert dabei. Die Zuschauer auch im Fernsehen waren begeistert, wenn mittels Mikrofon und Verstärker die Schmatzgeräusche der fressenden Kornkäfer-Larven hörbar gemacht wurden. Diese Larven, die sich von außen unsichtbar im Getreidekorn entwickeln und dieses ausfressen, können mit diesem akustischen Hilfsmittel zerstörungsfrei nachgewiesen werden.

Der Präsident des JKI, Dr. Georg F. Backhaus und seine engen Mitarbeiter Cordula Gattermann und Dr. Holger Beer wünschen Christoph Reichmuth zum offiziellen Ruhe­stand ab November 2010 herzlich alles Gute, vor allem Gesundheit und Wohlergehen im Kreise der Familie und mehr Zeit für andere schöne Dinge des Lebens, wie insbesondere Musik und Literatur, aber auch für Reisen mit der Ehefrau.

Dr. Georg F. Backhaus
Präsident und Professor des Julius Kühn-Instituts – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen


Zur Verabschiedung von Herrn Prof. Dr. Christoph Reichmuth organisierte die Deutsche Phytomedizinische Gesellschaft im Rahmen der 57. Deutschen Pflanzenschutztagung 2010 in Berlin an der Humboldt-Universität ein wissenschaftliches Symposium. Sieben Beiträge dieses Symposiums sind in den folgenden Artikeln des Themenheftes Vorratsschutz schriftlich niedergelegt.


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