JfK Kopfgrafik
Home / Archiv / Bd. 65 Nr. 5 (2013) / Originalarbeit – Kurzmitteilung
Originalarbeit – Kurzmitteilung

Vorratsschutz im Kontext der Bewertung von Pflanzenschutzmitteln und Biozidprodukten

Stored product protection with regard to the assessment of products for plant protection and biocidal products

Garnet Marlen Kroos, Matthias Schöller und Christoph Reichmuth
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Berlin

Journal für Kulturpflanzen, 65 (5). S. 184–191, 2013, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2013.05.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Garnet Marlen Kroos, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Königin-Luise-Straße 19, 14195 Berlin, E-Mail: garnet-marlen.kroos@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
3. Januar 2013

Zusammenfassung

Eine der wichtigsten Maßnahmen zum Schutz von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen vor Schadorganismen und somit zur Verbesserung der geernteten Produkte ist die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Die Zulassung und Verwendung dieser Mittel gegen Schadorganismen im Vorratsschutz wird durch das Pflanzenschutzgesetz und die entsprechenden europäischen Verordnungen geregelt. Für verarbeitete Erzeugnisse pflanzlichen Ursprungs gelten des Weiteren die Regelungen der Biozidgesetzgebung, soweit es sich um die Schädlingsbekämpfung handelt. Beide Regelungsbereiche berühren sich bei der gemeinsamen Lagerung von Erzeugnissen aus beiden Kategorien und zudem häufig auch im Laufe eines Ver­arbeitungsprozesses.

Ein weiterer Abschnitt widmet sich der zonalen Auf­teilung Europas in drei Klimazonen in Hinblick auf die Wirksamkeitsversuche im Rahmen der Zulassung von Vorratsschutzmitteln. Zur Verwendung in Gewächshäusern, der Behandlung nach der Ernte, der Behandlung leerer Lagerhäuser und der Behandlung von Saatgut bezeichnet der Ausdruck „Zone“ sämtliche in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegten Zonen zusammen. Für den Vorratsschutz gilt die eigentliche zonale Aufteilung somit quasi zonenübergreifend europaweit; dennoch prüfen und bewerten die nationalen Zulassungsstellen selbstverständlich die Eignung der vorgelegten Wirksamkeitsunterlagen für die vorgeschlagenen Anwendungen in Abhängigkeit von den am Lagerungsort herrschenden agroklimatischen Bedingungen. (Redaktionsschluss: Dezember 2010)

Stichwörter: Gesetzlicher Rahmen, Vorratsschutz, Bewertung, Pflanzenschutzmittel, Biozidprodukte

Abstract

Protection of stored plant products (products of plant origin in an unprocessed state or having undergone only simple preparation, such as milling, drying or pressing, but excluding plants) tries to avoid losses in mass and quality. One of the most important ways of protecting plants and plant products against harmful organisms is the use of plant protection products. To a significant part, the Plant Protection Act and the corresponding European Regulation determine the rules for authorisation and use of plant protection products against harmful organisms in stored plant products. The biocidal law covers pest control in those areas, where products from the field have been processed with complicated steps prior to storage. While products of both categories are stored together and also often during their manufacturing process both scopes will touch.

The number and type of products for stored product protection are described in figures and tables. Another paragraph contains the consequences of the zonal division of Europe in three climatic zones for the assessment of efficacy trials for the authorisation. Stored product protection trials do not fall under this zonal division. For the purpose of use in greenhouses, as post-harvest treatment, for treatment of empty storage rooms and for seed treatment the zone means all zones defined in Annex I. Nevertheless, the national assessors judge the suitability of reports for the envisaged fields of application. (editorial deadline: December 2010)

Key words: Legal aspects, stored product protection, plant protection products, biocidal products, assessment

Einleitung

Schadorganismen können die Qualität von verarbeiteten und unverarbeiteten Vorratsgütern nachhaltig negativ beeinflussen und auch zu großen Masseverlusten führen. Der Schutz von Vorratsgütern ist demzufolge nicht nur Teil des Pflanzenschutzes und Vorratsschutzes, sondern auch Teil eines präventiven gesundheitlichen Verbraucherschutzes, der die Gesamtheit der Lebens- und Futtermittelherstellungskette von der Primärproduktion auf dem Feld bis zum Verzehr durch den Endverbraucher betrachtet (Abb. 1).

Abb. 1. Gesetzliche Regelungen und Zuständigkeitsbe­reiche für den Vorrats­schutz (Kroos und Herrera-Pérez, 2008, aktualisiert).

Abb. 1. Gesetzliche Regelungen und Zuständigkeitsbe­reiche für den Vorrats­schutz (Kroos und Herrera-Pérez, 2008, aktualisiert).

Dieser Schutz von Pflanzenerzeugnissen sowie von Lebens- und Futtermitteln vor Schaderregern erfordert u.a. den Einsatz chemischer Mittel (Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte). Deren Anwendung wird durch nationale und europäische Bestimmungen geregelt, um eine größtmögliche Sicherheit für Mensch (Verbraucher, Anwender) als auch für Tier und Umwelt gewährleisten zu können.

Pflanzenschutzmittel – gesetzliche Regelungen und Aspekte der Zulassung, insbesondere der Wirksamkeit

Am 24.11.2009 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (EU) die Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 (Anonymus, 2009a) bekannt gemacht. Sie regelt das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln neu.


Für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und die Genehmigung von Wirkstoffen gelten zusammengefasst u.a. folgende Prinzipien:

• Mitgliedstaaten erteilen weiterhin die Zulassungen für Pflanzenschutzmittel

• Zulassungsdauer ist gekoppelt an die europäische Genehmigung der Wirkstoffe

• Festlegung von Höchstmengen (MRL) vor der Zulassung

• Genehmigung des Wirkstoffes, Mittelzulassung und Festlegen von MRLs (Maximum Residue Limits) in einen Zeitraum von 2,5 Jahren

• Vereinfachte Verfahren für low-risk-Produkte und Grundstoffe

• Gegenseitige Anerkennung vereinfacht und verbessert (in 120 Tagen)

• Antragstellung beim zRMS (zonaler Rapporteur Member State) gleich für mehrere Mitgliedstaaten einer Zone möglich, innerhalb von 12 Monaten Erteilung der Zulassung, durch andere Mitgliedstaaten derselben Zone innerhalb von 120 Tagen (zonales Verfahren)

Die Verordnung gilt seit dem 14. Juni 2011 und setzt die europaweite Harmonisierung der Datenanforderungen für Pflanzenschutzmittel und ihre Wirkstoffe fort, für die sie einheitliche Bewertungskriterien festlegt.

Aus Sicht des Vorratsschutzes ist es danach Ziel des Pflanzenschutzes, „Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen oder deren Einwirkung vorzubeugen, soweit es nicht als Hauptzweck dieser Produkte erachtet wird, eher hygienischen Zwecken als dem Schutz von Pflanzen oder Pflanzenerzeugnissen zu dienen“. Dabei sind Pflanzenerzeugnisse aus Pflanzen gewonnene Erzeugnisse, unverarbeitet oder durch ein­fache Verfahren wie Mahlen, Trocknen oder Pressen bearbeitet, ausgenommen Pflanzen selbst (= lebende Pflanzen oder lebende Teile von Pflanzen, einschließlich Frisch­obst, Gemüse und Samen). Während sich diesbezüglich der klassische Vorratsschutz mit trockenen pflanzlichen Erzeugnissen wie Getreide, Trockenobst und -gemüse sowie Schalenobst, Rohkaffee und -kakao beschäftigt, versteht man unter dem Begriff „Nacherntebehandlung“ in der Regel Maßnahmen zur Behandlung von frischem Obst und Gemüse nach der Ernte.


Pflanzenschutzmittel im Vorratsschutz und deren Einsatzbereiche lassen sich danach im Unterschied zu Biozidprodukten wie folgt beschreiben:

• Produkte, die ausschließlich dem Schutz von Pflan­zenerzeugnissen dienen und die entweder direkt oder im Wege einer Vorbehandlung leerer Lagerräume für Pflanzenerzeugnisse eingesetzt werden

• Mittel zur Entwesung leerer Lager- und Produktionsräume oder anderen Vorrichtungen und Gegenständen wie Speichern, Containern, Schiffsladeräumen, Eisenbahnwaggons, Kisten, Säcken, Fässern (auch unter Plane) usw., unter der Bedingung, dass sie der Abwehr schädlicher Organismen an Pflanzenerzeugnissen dienen und dass nach der Behandlung in diesen Vorrichtungen und Gegenständen ausschließlich Pflanzen­erzeugnisse gelagert werden

Nach der EU-Verordnung sind Pflanzenschutzmittel zulassungspflichtig und werden in nationalen Verfahren bewertet und zugelassen. Antragsteller können – neben der weiterhin möglichen gegenseitigen Anerkennung – nun aber gleichzeitig für mehrere Mitgliedstaaten einer Zone Zulassungen beantragen. Einer der Mitgliedstaaten in der Zone nimmt federführend die Bewertung vor, die anderen erteilen dann in der Regel basierend auf dieser Bewertung die nationale Zulassung. Das grundsätzlich auf einer Zoneneinteilung beruhende Verfahren gilt bei Mitteln für Gewächshäuser, für Lagerräume, zur Saatgutbehandlung und zur Nacherntebehandlung, und somit auch für den Vorratsschutz, zonenübergreifend für alle Regionen der EU. 

Wichtiger Aspekt der nationalen Bewertung ist die Wirksamkeit der Mittel. Grundlage für die Bewertung im Prüfbereich Wirksamkeit ist derzeit ein Wirksamkeitsdossier (Biologisches Dossier), das die speziellen Gegebenheiten der beantragten Anwendungsgebiete berücksichtigt. Für die Versuche zur Wirksamkeit von Pflanzenschutzmitteln sind die Grundsätze der Guten Experimentellen Praxis (GEP) zu beachten sowie die entsprechenden Richtlinien der European and Mediterranean Plant Protection Organisation (EPPO) zugrunde zu legen; für den Vorratsschutz sind dies insbesondere die EPPO-Richtlinien PP1/201 bis 204 und für die Wirksamkeit im zonalen Verfahren der Entwurf‚ Draft Standard: Principles of zonal data production and evaluation, No. 11/16945* (unter http://pp1.eppo.org); (EPPO PP1/278).

In der EU wurde mit Einführung der neuen Verordnung außerdem ein neues Format für Zulassungsanträge von Pflanzenschutzmitteln gemäß Leitlinie SANCO/6895/2009 (Anonymus, 2009b) definiert, das sogenannte dRR-Format (draft Registration Report). In diesem Format wird die Information, die im bisherigen Summary-Dossier enthalten war, neu aufbereitet. Bei den eigentlichen Studien (Dokument K) ergeben sich allerdings keine Änderungen. Seit dem 2. Oktober 2010 akzeptiert das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) das neue dRR-Format auch für Zulassungsanträge in Deutschland.

Der dRR enthält eine neue Form des Summary-Dossiers (bisher A-J, L-III, M-III und N):

• Teil A – Risikomanagement

• Teil B – Daten- und Risikobewertung (B7 ‚Wirksamkeit‘)

• Teil C – vertrauliche Informationen

• Dokument K mit den Studien bleibt unverändert

Grundsätzlich wird mit dem neuen Verfahren u.a. eine Harmonisierung der zonalen und zonenübergreifenden Wirksamkeitsbewertung z.B. hinsichtlich der Beschreibung der Anwendungen, der Anzahl vorzulegender Studien, des „core-data-set“, des „risk envelope approach“ und von Grenzwerten unter der Federführung der EPPO angestrebt (Entwurf 11/16945: Efficacy evaluation of plant protection products; DRAFT STANDARD**).

Im Rahmen des Pflanzenschutzgesetzes und der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 werden Mittel zur Schädlingsbekämpfung in Gewächshäusern, Lagerräumen, zur Saatgutbehandlung und zur Nacherntebehandlung, also auch Vorratsschutzmittel, zonenübergreifend für die gesamte EU bewertet und zugelassen. Da die lokalen Ge­gebenheiten bezüglich bestimmter Anwendungen (Anwendungsgebiet und Beschreibung der sachgerechten Anwendung) spezifisch sind und die klimatischen Bedingungen als auch die landwirtschaftlichen, ökologischen und pflanzengesundheitlichen Verhältnisse über die europäischen Zonen (Tab. 2 und Abb. 2) hinweg gänzlich verschieden sein können, müssen diese für ein geographisch großes Gebiet berücksichtigt werden. Wirksamkeitsstudien sind daher umso mehr unter solchen Gegebenheiten durchzuführen, die die vor Ort in den drei Zonen der EU und den von der EPPO festgelegten vier Zonen vergleichbaren Klimas herrschenden Bedingungen repräsentieren (z.B. vorgesehener Gültigkeitsbereich für die Temperatur und relative Luftfeuchte bei der Anwendung, Vorkommen bestimmter Schadorganismen, Einsatz bestimmter Anwendungstechniken). Anmerkungen dazu geben der EPPO-Standard PP1/241(1) „Guidance on comparable climates“ (Tab. 1, Tab. 2, Abb. 2, Anonymus, 2011) sowie der EPPO-Standard „Harmonised basic information for databases on plant protection products (PP1/240 (1))“.

Tab. 2. Zonale Aufteilung Europas für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nach der Verordnung (EG) 1107/2009

Region

Länder

Norden

• skandinavische und baltische Mitgliedstaa­ten
DK, EE, FIN, LT, LIT, SE

Mitte

• alle anderen Mitgliedstaaten
BE, DE, IRL, LUX, NL, AT, PL, SLO,
SK, CZ, HU, UK, RO

Süden

• Mittelmeeranrainer außer Slowenien, sowie Bulgarien
FR, GR, IT, MT, PT, ES, CY, BG

Abb. 2. Zonale Aufteilung für Zulassungen nach Richtlinie 1107/2009 (EPPO Guidance on comparable climates PP 1/241(1)).

Abb. 2. Zonale Aufteilung für Zulassungen nach Richtlinie 1107/2009 (EPPO Guidance on comparable climates PP 1/241(1)).

Tab. 1. Übersicht über die den Vorratsschutz betreffenden EPPO Richtlinien

Name, EPPO-Kürzel

Titel

PP 1/201(1)

Fumigants to control insect and mite pests of stored plant products

PP 1/202(1)

Space and structural treatments of store rooms

PP 1/203(1)

Admixture of plant protection products to stored plant products to control insects and mites

PP 1/204(1)

Laboratory testing of plant protection products against insect and mite pests of stored plant products

Aufgrund unterschiedlicher agroklimatischer Bedingungen können die Anwendungen auch innerhalb der Zonen, wie sie nach der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegt worden sind, durchaus verschiedene Inhalte haben. Nationale Prüfgegenstände bleiben in diesem Zusammenhang:

• Anwendungsmodalitäten (z.B. Mittelaufwand, Applikationstechnik, Anwendungszeitpunkt)

• Anwendungsgebiete (z.B. Pflanzenerzeugnis, Objekt, Schadorganismenspektrum/Zielorganismus)

• Vergleichbarkeit der Bedingungen und regionale Besonderheiten

Zulassungen desselben Pflanzenschutzmittels in verschiedenen Mitgliedstaaten werden somit möglich, ggf. mit moderaten Änderungen in der Anwendungsbeschreibung (z.B. hinsichtlich Aufwandmenge oder Zeitpunkt der Applikation) oder mit unterschiedlichen Anwendungs­bestimmungen, Auflagen und Hinweisen.

Aufgrund der Neuordnung des Inverkehrbringens von Pflanzenschutzmitteln sind europaweit neue Kriterien und Festlegungen für Zulassungsverfahren und der damit verbundenen Wirksamkeitsbewertung zu etablieren. Über den aktuellen Stand der Entwicklungen können sich Antragsteller und Anwender daher bei den zuständigen Zulassungsbehörden der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission nach Redaktionsschluss für diesen Beitrag informieren. 

Abb. 3. In Deutschland zugelas­sene Insektizide/Akari­zide im Vorratsschutz, Quelle: BVL; Stand: 2000 bis 2009 jeweils Januar; 2010 Juli; An­zahl Mittel: nur Refe­renzmittel (keine Übertragungen, keine Vertriebserweiterungen).

Abb. 3. In Deutschland zugelas­sene Insektizide/Akari­zide im Vorratsschutz, Quelle: BVL; Stand: 2000 bis 2009 jeweils Januar; 2010 Juli; An­zahl Mittel: nur Refe­renzmittel (keine Übertragungen, keine Vertriebserweiterungen).

Zugelassene Pflanzenschutzmittel im Vorratsschutz – Stand und Ausblick

Mit Stand vom Juni 2010 waren in Deutschland ohne Vertriebserweiterungen zum Einsatz im Vorratsschutz 16 Insektizide/Akarizide mit insgesamt 8 verschiedenen Wirkstoffen und 6 Rodentizide mit insgesamt 4 ver­schiedenen Wirkstoffen zugelassen (Abb. 3, siehe auch Tab. 3, 4 und 5). Auffällig ist die Dominanz von Begasungsmitteln gegenüber Kontaktmitteln.

Tab. 3. In Deutschland zugelassene Vorratsschutzmittel (Stand: August 2010) (www.bvl.bund.de)

Mittel

Hinweise zum Anwendungsgebiet

Phosphorwasserstoff

Vorratslagerndes Getreide, Trockenobst, Kaffee, Kakao, fetthaltige Samen

Aluminiumphosphid

Räume (leer), vorratslagerndes Getreide, Trockenobst/-gemüse, Kaffee, Kakao, Tee, Getreideerzeugnisse, Gewürze; Hülsenfrüchte

Magnesiumphosphid

wie bei Aluminumphosphid, Ölsaat, Arzneipflanzen, Tabak, Heu, Schalenobst

Sulfurylfluorid

Räume (leer, keine Mitbehandlung von Mahlerzeugnissen und Getreide), Trockenobst, Schalenobst, Walnuss, Laub- und Nadelholz

Kohlendioxid

vorratslagerndes Getreide, fetthaltige Samen, Arzneipflanzen, Tabak, Getreideerzeugnisse, Trockenobst, Tee, Gewürze

Pyrethrine

Räume, auch im ökologischen Anbau

Pirimiphos-methyl

Vorratslagerndes Getreide, nicht für Mais

Kieselgur

Räume, vorratslagerndes Getreide

Lambda-Cyhalothrin

Verpackungsholz

Inzwischen wurden am 28.03.2011 die beiden Mittel „K-Obiol EC25“ und „K-Obiol ULV6“ mit dem Wirkstoff Deltamethrin bis zum 31.12.2021 für Anwendungen im Vorratsschutz zugelassen.

Tab. 4. Produktarten (Product Type, PT) nach Anhang V der Biozid-RL 98/8/EG*

Produktart

Erklärung

PT 8

Holzschutzmittel, Produkte zum Schutz von Holz, ab dem Einschnitt im Sägewerk, oder Holzerzeugnissen gegen Befall durch Holz zerstörende oder die Holzqualität beeinträchtigende Organismen. Diese Produktart umfasst sowohl Präventivprodukte als auch Kurativprodukte.

PT 14

Rodentizide, Bekämpfungsmittel gegen Mäuse, Ratten und andere Nagetiere

PT 18

Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere Arthropoden
Bekämpfungsmittel gegen Arthropoden (z.B. Insekten, Spinnentiere und Schalentiere

PT 19

Repellentien und Lockmittel, Produkte zur Fernhaltung oder Köderung von Schadorganismen (wirbellose Tiere wie z.B. Flöhe, Wirbeltiere wie z.B. Vögel): hierzu gehören Produkte, die entweder unmittelbar oder mittelbar für die menschliche Hygiene oder die Hygiene im Veterinärbereich verwendet werden. (Beispiel für Repellentien = vertreibende Duftstoffe, für Lockmittel = Pheromonfallen)

PT 20

Schutzmittel für Lebens- und Futtermittel
Produkte zum Schutz von Lebens- und Futtermitteln gegen Schadorganismen

* Die 98/8 Richtlinie ist inzwischen überarbeitet, es gibt nun die EU-Verordnung 528/2012.
In diesem Zuge ist auch die PT 20 ge­strichen worden (s. Tab. 4).
Quelle für die Verordnung:
Regulation (EU) No 528/2012 of the European Parliament and of the Council concerning the making available on the
market and use of biocidal products, Official Journal of the EU, ISSN 1977-0677, L 167, Volume 55, 27 June 2012.

Tab. 5. Für die Schädlingsbekämpfung notifizierte biozide Wirkstoffe (Altstoffprogramm); Wirkstoffe (ge­mäß EU-VO 1451/2007); Vorratsschutz nach Pfl­SchG (Stand: Sept 2010)

Wirkstoffe (Stand: August 2010)

Produktart

Aluminiumphosphid*

141, 181, 20

Kohlendioxid*

141, 18, 19, 202

Dichlorvos

182

Stickstoff*

181

Phoxim

182

Pirimiphos-methyl

182

Pyrethrine

18, 19

Kieselgur

18

Sulfurylfluorid*

81, 181

Magnesiumphosphid*

181, 20

Blausäure/Cyanwasserstoff

8, 14, 18

Erläuterung:
1 Aufnahme in Anhang I, IA zu 98/8/EG
2 Nicht-Aufnahme/Rücknahme/kein Dossier
* gelistete Wirkstoffe mit Stand April 2012

Um aufgrund dieser geringen Auswahlmöglichkeiten bei Vorratsschutzmitteln Entwicklungen von Resistenzen vorzubeugen und Vorratsgüter befallsfrei in den Lebensmittelbereich und letztlich an den Verbraucher liefern zu können, sind erfolgreiche Entwesungen dringend erforderlich. Dies gilt auch im Hinblick auf den gesundheit­lichen Verbraucherschutz, der Bestimmungen für einen präventiven Verbraucherschutz und für gesundheitlich unbedenkliche, sichere, genusstaugliche Lebens- und Futtermittel umfasst, die weder verdorben noch ekeler­regend sind (z.B. Auftreten von Schadorganismen und Kontaminanten).

Bei der Bekämpfung müssen somit verstärkt insbe­sondere die Kriterien der guten fachlichen Praxis und die Lebensmittelhygienebestimmungen (Verordnung (EG) 852/2004, Anhang I, Teil A) sowie die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit (Verordnung (EG) 178/2002, Anonymus, 2002a) und das Pflanzenschutzgesetz berücksichtigt werden.

Entwesungsmaßnahmen mit dem Ziel der Tilgung (100% Mortalität von Ei bis Imago) von Schaderregern in Vorratsgütern aber bedingen eine genaue Beschreibung der Anwendung, einschließlich der letalen Dosierung.

Schwierigkeiten bei der Beschreibung einer spezifischen Anwendung im Vorratsschutz und bei der Festlegung eines geeigneten Resistenzmanagements bestehen hier u.a. in der Artenvielfalt der vorratsschädlichen Insekten und deren sehr unterschiedlichen Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Pflanzenschutzmitteln. In Deutschland sind nach Literaturauswertungen beispielsweise ca. 210 Arten vorratsschädlicher Insekten nachgewiesen:

• Käfer 146 Arten

• Schmetterlinge   37 Arten

• Staubläuse   27 Arten

Nur wenige der Arten kommen in allen Bundesländern vor, wobei die Ursachen für die Verbreitungslücken nicht bekannt sind. Zudem liegen kaum Daten für die Häufigkeit des Auftretens der Arten innerhalb eines Mitgliedstaates vor. So kommt beispielsweise der Amerikanische Reismehlkäfer Tribolium confusum in Deutschland nur in Mühlen vor und ansonsten in anderen Fabriken und Vorratslagern überwiegend der Rotbraune Reismehlkäfer Tribolium castaneum. Beide Arten sind morphologisch sehr ähnlich, unterscheiden sich aber in ihrem Verhalten und sind auch unterschiedlich empfindlich gegenüber chemischen Pflanzenschutzmitteln und physikalischen Verfahren der Bekämpfung.

Dem Anspruch des Minderungsgebotes folgend und ein sorgfältiges Resistenzmanagement beachtend müsste im Vorfeld einer Bekämpfungsmaßnahme die Art der Schädlinge geklärt werden, um erfolgreich dosieren und bekämpfen zu können. Empfohlen werden könnte hier der Gebrauch von Resistenzschnelltests, um geeignete Mittel und Dosierungen für eine tatsächliche Tilgung unter den Praxisbedingungen vor Ort festlegen zu können. Auch eine vergleichende Bewertung im Falle eines Substitutionskandidaten kann in diesem Falle u.a. nur auf Basis der Art durchgeführt werden.

Der Kenntnisstand über die Verbreitung der Schad­organismen im Vorratsschutz in Europa – in Abhängigkeit vom Vorkommen der Vorratsgüter, vom Klima und von der wirtschaftlichen Bedeutung in einzelnen Mitgliedstaaten – muss als sehr unterschiedlich und heterogen angesehen werden. Insgesamt besteht hier Forschungsbedarf, damit eine zonale bzw. zonenübergreifende Zulassung sachgerecht und in der Praxis zielführend ausgesprochen werden kann.

Fazit

Zusammenfassend können für den Vorratsschutz folgende Aspekte festgehalten werden:

• Unter Vorratsschutz versteht man den Schutz der Vorräte als Teil des Pflanzenschutzes und der Lebensmittelsicherheit

– Unverarbeitete und mit einfachen Verfahren bearbeitete Pflanzenerzeugnisse werden mit Pflanzenschutzmitteln behandelt

– Lebensmittel werden mit Biozidprodukten geschützt

• Wichtige Verbraucherschutzaspekte sind

– Systeme zur Rückverfolgbarkeit und Kontrolle der Hygiene sowie europaweite Festlegungen der Rück­standshöchstgehalte

– Entwicklung neuer Wirkstoffe/Mittel und Bekämpfungsstrategien

– Festlegung spezifischer Anwendungsbereiche und harmonisierter Standards für eine zonenübergreifende Wirksamkeitsbewertung nach der EU-Verordnung (EG) Nr. 1107/2009

Die insgesamt für den Einsatz im Vorratsschutz geringe Anzahl zugelassener chemischer Mittel erhöht die Gefahr einer Resistenzbildung bei den Schadorganismen, der durch eine sachgerechte, zielorientierte und wirksame Vorratsschutzpraxis entgegengewirkt werden muss. Neben den chemischen Bekämpfungsmaßnahmen müssen deshalb Verfahren wie der Einsatz von Kohlendioxid (CO2) und physikalische Methoden – wie die Anwendung von Wärme und Hitze sowie Kälte – verstärkt in Betracht gezogen werden, um einen wirkungsvollen, nachhaltigen und zugleich schonenden Schutz von Vorratsgütern, insbesondere vor dem Hintergrund der Welternährungs­situation, zu gewährleisten.

Danksagung

Herrn Dr. Achim Holzmann (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) danken wir in besonderer Weise für die inhaltlichen Beiträge bei der Erstellung des Artikels.

Unserem Mitautor, Prof. Dr. Christoph Reichmuth, sind die Autoren wegen seiner zahlreichen persönlichen Bemühungen und Anregungen um den Fortschritt des Vorratsschutzes zu besonderem Dank verpflichtet.

Literatur

Anonymus, 2002a: Verordnung EG Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebens­mittelsicherheit; Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, L 31/1, vom 1. Februar 2002.

Anonymus, 2002b: Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten – Biozidgesetz – vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2076), http://www.bmu.de/chemikalien/biozide/biozidgesetz/doc/6904.php.

Anonymus, 2009a: Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates http://eur-lex.europa.eu/Notice.do?mode=dbl&lang=en&lng1=en,de&lng2=bg,cs,da,de,el,en,es,et,fi,fr,ga,hu,it,lt,lv,mt,nl,pl,pt,ro,sk,sl,sv,&val=504604:cs&page=1&hwords=.

Anonymus, 2009b: Guidance document on the presentation and evaluation of dossiers according to annex III of Directive 91/414/EEC in the format of a (draft) Registration Report. EUROPEAN COMMISSION, HEALTH & CONSUMER PROTECTION DIRECTORATE-GENERAL, Directorate E – Safety of the food chain, E3 – Chemicals, contaminants, pesticides, SANCO/6895/2009 rev 1, 2 October 2009, http://ec.europa.eu/food/plant/protection/resources/drr_guidance_doc_as_noted_on_2_10_2009.pdf.

Anonymus, 2011: Efficacy evaluation of plant protection products. http://archives.eppo.org/EPPOStandards/efficacy.htm.

Anonymus, 2012a: Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz – PflSchG), das „Gesetz zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechts“ vom 6. Februar 2012 enthält in Artikel 1 die Neufassung des Gesetzes zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz). Im Artikel 2 wird das Pflanzenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1998 (BGBl. I S. 971, 1527, 3512), zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 2. November 2011 (BGBl. I S. 2162) aufgehoben. Das Pflanzenschutzgesetz vom 6. Februar 2012 (BGBl. I S. 148) ist am 13. Februar 2012 verkündet worden und gilt seit dem 14. Februar 2012, http://www.bmelv.de/SharedDocs/Rechtsgrundlagen/P/Pflanzenschutzgesetz.html.

Anonymus, 2012b: http://www.baua.de/de/Chemikaliengesetz-Biozidverfahren/Biozide/Wirkstoff/Kohlendioxid.html.

Kroos, G. M., G. Herrera-Pérez, 2008: Appendix 1 – European Legislation concerning food safety. In: Reichmuth, C., L. Stengård Hansen, T. Camon, G. Herrera-Pérez, D. Hamel, G.-M. Kroos, H.-J. Pelz, K. Wildey, T. Betsche, P.J. Ducom, R. Davis (Eds.): Health Risks and Safety Hazards Related to Pest Organisms in Stored Products – Guidelines for Risk Assessment, Prevention and Control. Council of Europe Publishing, Palais de l'Europe, 67075 Strasbourg Cedex, France, 190 pp., 163-188.


Fußnoten:

*  

* Following the input collected at the EPPO Workshop on Zonal Efficacy Assessments (Berlin, 2011-04-05/06), EPPO has worked with its technical experts to develop this draft Standard. It was agreed at the meeting of the Working Party on Plant Protection Products (Dublin, 2011-05-24/26) that the draft would be hosted on the EPPO website for information. This draft has ‘working document’ status, which means that it can be modified and new comments can also be proposed. Meanwhile, the draft will be reviewed by EPPO technical Panels and subject to country consultation. It is expected that the draft will be proposed as a new EPPO Standard in September 2012.

ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
Verlag
Eugen Ulmer KG
Ulmer-Logo
Verantwortlicher Herausgeber
Präsident und Professor
Prof. Dr. Frank Ordon
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Schriftleitung
Dr. Anja Hühnlein
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
E-Mail: journal-kulturpflanzen@julius-kuehn.de
Co-Schriftleitung
Dr. Ulrike Stahl
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Layout/Technische Umsetzung
mediaTEXT Jena GmbH
mediaTEXT-Logo
Julius Kühn-Institut (JKI)
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
 
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Deutschland
Fon: 03946 47-0
Fax: 03946 47-255
Mail: poststelle@julius-kuehn.de
De-Mail: poststelle@julius-kuehn.de-mail.de
Impressum
 
Diese Zeitschrift wird vom Julius Kühn-Institut herausgegeben.
JKI-Logo