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Originalarbeit

Zur Ökostabilität von Winterroggensorten unter Standortbedingungen Brandenburgs

Eco-stability of winter rye varieties under site conditions of Brandenburg

Janna Macholdt1, Frank Ellmer1, Gert Barthelmes2 und Michael Baumecker3
Institut
Humboldt-Universität zu Berlin, Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät, Fachgebiet Acker- und Pflanzenbau, Berlin1
Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg, Güterfelde2
Humboldt-Universität zu Berlin, Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät, Lehr- und Forschungsstation Bereich Freiland, Thyrow3

Journal für Kulturpflanzen, 65 (6). S. 217–226, 2013, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2013.06.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Janna Macholdt, An der Enckekaserne 122, 39110 Magdeburg, E-Mail: jsayer@gmx.net
Zur Veröffentlichung angenommen
5. März 2013

Zusammenfassung

Im Mittelpunkt der Untersuchung von Winterroggensorten unter Standortbedingungen Brandenburgs standen die folgenden Fragestellungen: Bieten Hybridroggensorten im Vergleich der Sortentypen neben einer höheren Ertragsfähigkeit auch eine bessere Ökostabilität, vor allem auch unter trockenen Witterungsbedingungen? Welche Unterschiede auf Sortenebene bestehen hinsichtlich der Ökostabilität?

Dazu wurden auf Basis von mehrortigen und mehrjährigen Ergebnissen aus Sortenversuchen in Brandenburg und unter Nutzung biostatistischer Parameter verschiedene Roggensorten analysiert. Die Sortenbewertung zur Ökostabilität und Ertragsleistung umfasste neben der deskriptiven Statistik und Varianzanalyse folgende Parameter: Ökovalenz, Ökoregression und Floating Checks. Zusätzlich wurden verschiedene Einflussgrößen auf die Ertragsvariabilität geschätzt und die Sortenreaktion auf unterschiedliche Witterungsbedingungen anhand der klimatischen Wasserbilanz geprüft. Abschließend erfolgte eine kurze Bewertung der verwendeten Parameter und Methoden.

Die Ergebnisse der Sortenversuche zeigten, dass die Umwelt (Ort × Jahr) den stärksten Einfluss auf die Ertragsvariabilität hatte. Gegenüber der Umweltwirkung war der Sorteneinfluss geringer. Trotzdem bestanden zwischen den Sorten deutliche Unterschiede hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, Ökostabilität und der Reaktion auf differenzierte Umweltbedingungen. Die Hybridroggensorten erwiesen sich im Vergleich der Sortentypen als deutlich ertragsfähiger und tendenziell ökostabiler, vor allem auch unter trockenen Witterungsbedingungen.

Die Ergebnisse sind für die Sortenprüfung und -bewertung, die Züchtung und die landwirtschaftliche Praxis gleichermaßen bedeutsam. Sie liefern Informationen zu den umweltabhängig variierenden Eigenschaften der Sorten und bieten Unterstützung für die standortgerechte Sortenempfehlung sowie bestmögliche Sortenwahl durch Entwicklung eines Bewertungsschemas.

Stichwörter: Ökostabilität, Ökovalenz, Floating Checks, Ökoregression, klimatische Wasserbilanz

Abstract

The main questions addressed by the present study were: Provide hybrid varieties as compared to other variety types in addition to a higher yield also an improved eco-stability, especially under dry weather conditions? Which differences in eco-stability between varieties of winter rye can be found?

To answer the question results from variety trials at multiple environments of Federal State Brandenburg were used and different varieties of winter rye were analyzed according to several bio-statistical parameters. The evaluation of eco-stability and yield capacity included following parameters: Eco-valence, eco-regression and floating checks. Additionally, different impact factors on variability of yield were estimated and the reaction of varieties to different weather conditions was analyzed based on the climatic water balance. Finally a brief review of the used methods and parameters is given.

The results of the different tests showed that the yield performance is determined by different environmental factors and by variety. The factor environment (site × year), which includes soil and weather throughout the course of the year, had the strongest influence on the variability of yield. The factor variety was comparatively less influential, but in special environments it can have an important influence on grain yield. There are also considerable differences between varieties with regard to the criteria eco-stability, yield capacity and their response to differentiated environmental conditions. The hybrid varieties compared to other variety types were considerably higher in yield and in tendency more stable in yield, especially also under dry weather conditions.

The evaluation results are important for plant breeding as well as for the choice of site-adapted varieties in agricultural practice. They offer information to environment dependent properties of varieties and can support variety selection in breeding and official variety recommendation by using an optimized evaluation scheme.

Key words: Eco-stability, eco-valence, floating checks, eco-regression, climatic water balance

Einleitung

In der Region Brandenburg dominiert der Boden-Klima-Raum „Trocken-warme diluviale Böden des nordostdeutschen Tieflandes“ (Rossberg et al., 2007). Dabei überwiegen Standorte mit geringen Ackerzahlen (AZ < 35); nur wenige Gebiete besitzen eine bessere Bodengüte (Oderbruch, Uckermark, Nauener Platte, Prignitz). Mit einer durchschnittlichen Jahresniederschlagshöhe von 450–650 mm ist die Region Brandenburg als wasserarm einzustufen (Gerstengarbe et al., 2003).

Winterroggen ist in Brandenburg aufgrund der vor­wiegend leichten Böden, häufiger Wasserknappheit in den Frühjahrs- und Sommermonaten sowie Kahlfrost­gefahr pflanzenbaulich unverzichtbar und ist daher mit 210 000 ha die flächenmäßig bedeutendste Nutzpflan­zenart (Barthelmes, 2012).

Bereits heute ist das Ertragspotential von Winterroggen vor allem durch die regelmäßigen Trockenperioden in der Region limitiert, im Hinblick auf den Klimawandel wird diese Variabilität der Erträge zwischen den Jahren deutlich zunehmen (Eitzinger et al., 2009). Die Frage nach einer stabilen Ertragsleistung unter den Standortbedingungen in Brandenburg rückt somit in den Vordergrund. Die Risikoverminderung ist dabei ein zentraler Aspekt für die Sortenwahl, und neben der absoluten Ertragsfähigkeit gewinnt die Ökostabilität einer Sorte an Bedeutung.

Unsere Untersuchungen sollen zeigen, ob unter Brandenburger Standortbedingungen Hybridroggensorten im Vergleich der Sortentypen neben einer höheren Ertragsfähigkeit auch eine bessere Ökostabilität, vor allem auch unter trockenen Witterungsbedingungen, aufweisen. Weiterhin sollen die Unterschiede auf Sortenebene aufgezeigt und anhand verschiedener methodischer Ansätze die geprüften Sorten hinsichtlich ihrer Ökostabilität und Leistungsfähigkeit analysiert werden. Die Auswertung bezieht sich zum einen auf experimentelle Daten der Landessortenversuche in Brandenburg vom Zeitraum 2003–2011 sowie auf Daten aus Sortenversuchen der Jahre 2003–2011 am Versuchsstandort Thyrow der Humboldt-Universität zu Berlin. Durch die übergreifende retrospektive Auswertung wird neues Wissen zur Ökosta­bilität und Leistungsfähigkeit von Winterroggensorten generiert. Die Ergebnisse bieten eine Ergänzung zur bestehenden Sortenbewertung und können die praktische Sortenwahl in der Region Brandenburg unterstützen.

Material und Methoden

Als Datengrundlage dienten die Landessortenversuche Brandenburg (LSV), welche vom Landesamt für Länd­liche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg jährlich angelegt und durchgeführt wurden. Auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung innerhalb des Forschungsverbundes Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg-Berlin (Teilprojekt 8) wurden die LSV-Ergebnisse von Winterroggen (Zeitraum 2003–2011) und die Wetterdaten der Prüfstandorte Güterfelde und Nuhnen (2003–2009) für die Auswertung im Rahmen dieser Arbeit bereitgestellt. Eine Kurzcharakteristik der in die Auswertung einbezogenen Prüfstationen ist in Tab. 1 aufgeführt. Die LSV wurden als zweifaktorielle Spaltanlagen (Haupteinheit: Sorte, Untereinheit: Pflanzenschutzintensität) mit zweifacher Wiederholung je Prüfglied angelegt. Die Auswertung für Winterroggen umfasste sieben Populationssorten, vier synthetische Sorten und 18 Hybridsorten (Tab. 2). Die Auswertung berücksichtigte folgende Prüfmerkmale: Bestandesdichte (Ährentragende Halme m–2), Kornzahl je Ähre, Tausendkornmasse (86% TS), Kornertrag (86% TS).

Tab. 1. Kurzcharakteristik der in die Auswertung einbezogenen LSV-Prüfstationen (Landessortenversuche Brandenburg, 2003 bis 2011)

Standorte

mittlere Ackerzahl

Bodenart

Niederschlagshöhe [mm]
langjähriges Mit­tel
(1971 bis 2000)

Lufttemperatur [°C]
lang­jähriges Mittel
(1971 bis 2000)

Badingen

40

lS

517

8,3

Baruth

32

lS

626

8,6

Berge

40

Sl

553

10,0

Dürrenhofe

30

Sl

541

8,5

Güterfelde

35

lS

545

8,9

Kliestow

33

lS

546

8,4

Krugau

25

Sl

541

8,5

Nuhnen

34

lS

535

8,6

Paulinenaue

31

hS

514

9,0

Pessin

45

lS

521

9,8

Petkus

31

lS

531

8,2

Prenzlau

40

lS

453

8,9

Sonnewalde

35

lS

429

9,1

Thyrow

25

Su

495

8,9

Zehdenick

30

lS

517

8,3

Quelle: LVLF (2007)

Tab. 2. Datengrundlage für das Merkmal Kornertrag von Winterroggen (Landessortenversuche Brandenburg, 2003 bis 2011)

Sortentyp

Sortenname

Anzahl Umwelten
[Ort × Jahr]

Sorten­­mittelwert
[dt ha–1]

Kornertrag relativ
[%]

Floating Checks
[%]

Ökovalenz
[%]

Reaktions­­parameter b

H

Askari

73

74,7

102,3

92,0

5,3

0,98

H

Amato

22

73,2

106,0

95,1

5,8

1,11

H

Avanti

36

72,5

104,6

93,7

6,1

1,08

H

Bellami

29

81,5

104,3

92,0

9,1

0,98

H

Balistic

11

76,2

110,2

96,0

6,2

1,32

H

Brasetto

31

81,0

109,0

96,9

5,9

0,93

H

Evolo

11

74,2

107,3

93,5

6,7

0,90

H

Fernando

36

72,9

105,2

94,2

6,1

0,93

H

Fugato

25

72,0

101,8

91,1

5,4

0,93

H

Guttino

35

79,7

123,7

94,1

5,8

0,91

H

Helltop

34

76,6

120,8

91,0

7,3

0,87

H

Hellvus

40

78,4

119,1

90,7

9,2

0,93

H

Minello

42

78,0

104,5

92,5

4,6

0,98

H

Palazzo

35

81,3

107,6

96,0

7,0

0,85

H

Picasso

37

72,3

104,5

93,5

5,9

0,88

H

Pollino

23

71,7

101,1

90,6

5,4

0,84

H

Rasant

34

74,8

104,3

93,1

6,6

0,88

H

Visello

63

77,7

106,1

93,7

6,1

0,93

P

Amilo

10

58,9

86,8

75,8

9,0

0,92

P

Boresto

33

63,2

91,4

82,0

7,4

1,08

P

Conduct

64

66,3

90,6

80,0

8,1

0,90

P

Dankowskie Diament

28

68,7

90,0

79,3

8,3

0,92

P

Dukato

44

68,0

91,2

80,5

7,5

0,99

P

Matador

34

64,6

92,7

83,0

6,3

0,96

P

Recrut

38

63,4

91,4

81,4

7,4

0,92

S

Cantor

33

71,5

93,0

81,9

9,0

0,91

S

Caroass

35

66,4

95,5

85,7

7,3

0,95

S

Carotrumpf

16

64,3

93,7

83,1

7,5

0,93

S

Kapitän

42

72,1

95,7

85,1

6,9

0,97

Die Sortenversuche am Standort Thyrow wurden vom Bereich Freiland der Lehr- und Forschungsstation an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin angelegt und durchgeführt. Der Standort liegt südlich von Berlin (Teltow-Fläming-Kreis) auf ca. 44 m Höhe über NN. Bei Ackerzahlen zwischen 23 und 28 wurden die Versuche auf einem für die Region typischen schwach schluffigen Sandboden durchgeführt. Die Versuche waren als zweifaktorielle Spaltanlage (Haupteinheit: Sorte, Untereinheit: Pflanzenschutzintensität) mit zweifacher Wiederholung je Prüfglied angelegt. Erfasst wurde der Kornertrag in dt ha–1 bei 86% TS der Stufe II mit Fungizid- und Wachstumsreglereinsatz sowie optimaler Stickstoffdüngung. Die Sekundärauswertung basiert auf den Ertragsergebnissen aus den Jahren 2003–2011. Die Datenbasis bestand aus sieben Popula­tionssorten, einer synthetischen Sorte und sieben Hybridsorten (Tab. 3).

Tab. 3. Datengrundlage für das Merkmal Kornertrag von Winterroggen (Sortenversuche Thyrow, 2003 bis 2011)

Sortentyp

Sortenname

Anzahl Umwelten
[Ort × Jahr]

Sorten­­mittelwert
[dt ha–1]

relativer Kornertrag
[%]

Floating Checks
[%]

Ökovalenz
[%]

Reaktions­­parameter b

H

Askari

8

67,9

107,0

93,1

6,4

1,01

H

Avanti

8

68,7

107,1

93,5

4,5

1,16

H

Fernando

8

70,2

109,4

95,5

2,9

0,88

H

Picasso

8

67,8

105,7

92,3

4,7

0,93

H

Rasant

5

67,9

106,1

91,1

9,5

0,85

H

Treviso

4

70,6

102,8

91,8

1,8

0,93

H

Visello

5

66,1

108,2

91,8

10,5

1,10

P

Amilo

4

59,3

87,2

76,6

4,6

0,92

P

Boresto

6

55,7

91,7

80,6

6,7

0,93

P

Born

4

64,2

94,5

83,0

4,1

1,07

P

Conduct

5

51,0

83,5

70,9

6,0

0,92

P

Matador

6

61,7

95,1

83,8

4,4

1,08

P

Nikita

6

62,5

94,2

82,6

4,0

1,14

P

Recrut

6

56,4

91,9

78,3

6,4

1,08

S

Caroass

6

58,7

95,8

81,6

6,2

0,84

Die Auswertung erfolgte mittels deskriptiver Statistik und Varianzanalyse entsprechend der Versuchsanlage mit anschließendem Mittelwertvergleich nach Tukey-B (p ≤ 0,05). Die Sekundärauswertung wurde mit den Programmen SPSS Statistics 17.0, SAS 9.2 und Microsoft Office Excel 2007 durchgeführt.

Die Einschätzungen zur Sorte-Umwelt-Wechselwirkung beruhen auf dem dynamischen Konzept der Stabilitätsanalyse. Nach diesem Konzept ist eine Sorte stabil, wenn ihre Leistung dem Ertragspotential der Umweltbedingungen entspricht bzw. wenn sie unter allen Anbaubedingungen eine möglichst gleiche Abweichung zu den jeweiligen Umweltmittelwerten zeigt (Becker, 1981). Die Umweltmittelwerte wurden jeweils als Durchschnitt aller Sortenleistungen in einer bestimmten Umwelt errechnet und als Maß für die Produktivität dieser Umwelt angesehen. In der vorliegenden Arbeit wurden dazu folgende biometrische Methoden zur Sortenbewertung verwendet: Ökovalenz, Ökoregression, Floating Checks, Varianzkomponentenanalyse sowie Korrelation und Regression.

Ein zentraler Punkt der Auswertung war die Berechnung der Ökovalenzwerte nach Wricke (1962) für aus­gewählte Sorten. In mehrjährigen Sortenversuchsserien wurden dafür die Varianzen der Wechselwirkungseffekte Sorte × Umwelt ermittelt und zur besseren Interpretation anschließend in einen Variationskoeffizient der Ökovalenz umgerechnet (Thomas, 2006). Je kleiner die Ökovalenz eines Prüfgliedes ist, desto größer ist seine Ökostabilität. Je größer die Ökovalenz ist, desto stärker ist der Umwelteinfluss auf die Prüfgliedeffekte (Skalierung nach Bätz, 1984).

Des Weiteren wurde mit der Ökoregressionsrechnung nach Eberhart und Russel (1966) die Abhängigkeit der Prüfgliedmittelwerte von den Umweltmittelwerten analysiert. Die lineare Regressionsanalyse ermöglichte es, die sortenspezifische Reaktion auf variable Umweltbedingungen zu erfassen. Im Durchschnitt aller Sorten ist der Anstieg der Regressionsgeraden per definitionem b = 1. Für die fachliche Interpretation waren der Regressionskoeffizient b (Reaktionsparameter), die Lage der Regressionsgeraden und das Stabilitätsmaß s2 (Abweichungsquadratsumme) von Interesse.

Neben den klassischen Stabilitätsparametern wurde zudem die Floating-Checks-Methode von Jensen (1976) verwendet. Diese Methode bewertet die potentielle Leistungsfähigkeit einer Sorte in einem Merkmal, bestimmt in allen Umwelten die Sorten mit der höchsten Leistung und berechnet anschließend einen Mittelwert der Höchst­erträge. Dieser Mittelwert entspricht 100%. Die Sortenmittelwerte über alle Umwelten werden ins prozentuale Verhältnis zum durchschnittlichen Höchstertrag gesetzt. Je mehr sich eine Sorte dem Wert 100% nähert, desto höher ist ihre Leistung über alle Umwelten und im Vergleich zum geprüften Sortiment.

Zur weiteren Beurteilung der Ökovariabilität der Prüfmerkmale (Kornertrag und Ertragsstrukturmerkmale) wurden die Anteile der Prüffaktoren (Jahr, Standort, Sorte) an der Merkmalsvariabilität bestimmt. Für jedes Merkmal wurde die Summe der Abweichungsquadrate (SQ) der einzelnen Prüffaktoren und deren Kombination zur Gesamtsumme der Abweichungsquadrate SQtotal ins Verhältnis gesetzt (Thomas, 2006). Die getesteten Varianzen der SQ-Anteile wurden abschließend mittels F-Test (p ≤ 0,05) auf Signifikanz überprüft.

Die bisher genannten Parameter geben keinen direkten Aufschluss darüber, wie bestimmte Sorten auf witterungsbedingte Einflüsse reagieren. Aus diesem Grund wurde zusätzlich der Witterungseinfluss auf den Kornertrag bestimmt. Hierbei wurde der Kornertrag im Mittel des geprüften Sortiments in Abhängigkeit von der klima­tischen Wasserbilanz für den Zeitraum April bis Juni an der LSV-Prüfstation Nuhnen (2003–2009) und am Versuchsstandort Thyrow (2003–2011) angegeben. Die Ertragsbildung von Winterroggen wird in diesem Zeitraum signifikant von der Evapotranspiration (Chmielewski und Köhn, 2000), dem Niederschlag und der Temperatur beeinflusst (Chmielewski, 1992). Die klimatische Wasserbilanz berechnet sich aus der Differenz zwischen Niederschlagshöhe und Höhe der potentiellen Verdunstung an einem bestimmten Ort und während einer bestimmten Zeitspanne. Zur Berechnung der potentiellen Evapotranspiration wurde das Verfahren nach Haude (1955) verwendet. Die Einbeziehung des Haude-Faktors (Löpmeier, 1994) ermöglichte die Anpassung der Gleichung an unterschiedliche Zeiträume und Fruchtarten.

Ergebnisse

Landessortenversuche Brandenburg

Die jährlichen Ertragsleistungen der Sortentypen von Winterroggen sind in Abb. 1 dargestellt. Die Hybridsorten erzielten in allen Prüfjahren ein überdurchschnittliches Leistungsniveau. Die Populationssorten zeigten im Vergleich zu den beiden anderen Sortentypen die niedrigste Ertragsleistung. Nur in den Jahren 2003 und 2005 erzielten sie etwas höhere Kornerträge als die synthetischen Sorten. Von 2003 bis 2011 war im Mittel aller geprüften Sorten und Umwelten keine signifikante Veränderung im Ertragsniveau (Trend) zu verzeichnen.

Abb. 1. Jährliche Ertragslei­stung des ausgewählten Sortiments von Winter­roggen (Landessorten­versuche Brandenburg, 2003 bis 2011).

Abb. 1. Jährliche Ertragslei­stung des ausgewählten Sortiments von Winter­roggen (Landessorten­versuche Brandenburg, 2003 bis 2011).

Die Variationsursachen für den Kornertrag und die Ertragsstrukturmerkmale von Winterroggen auf Sortenbasis sind in Tab. 4 aufgeführt. Der Faktor Sorte erreichte einen signifikanten Einfluss auf die Ertragsvariabilität von 7,4%. Im Ergebnis einer separaten Varianzanalyse war der Einfluss des Faktors Sortentyp auf den Korn­ertrag mit 4,1% gering, aber ebenfalls signifikant (Tab. 5).

Tab. 4. Variationsursachen des Kornertrags und der Ertragsstruktur von Winterroggen (Faktor: Sorte), (Landes­sortenversuche Brandenburg, 2003 bis 2011)

Variationsursachen

Kornertrag

Bestandesdichte

Kornzahl je Ähre

Tausendkornmasse

Angaben in %

Jahr

16,7*

27*

52*

20*

Ort

38,6*

2*

15*

46*

Sorte

7,4*

3*

4*

1*

Wechselwirkung Ort × Jahr

29,5*

51*

12*

29*

Wechselwirkung Sorte × Jahr

1,8*

4*

5*

3*

Wechselwirkung Ort × Sorte

2,9

2*

2

0

Wechselwirkung Ort × Sorte × Jahr

3,2*

12

10

0

* = signifikant für p &lt; 0,05

Tab. 5. Variationsursachen des Kornertrags und der Ertragsstruktur von Winterroggen (Faktor: Sortentyp), (Landessorten­versuche Brandenburg, 2003 bis 2011)

Variationsursachen

Kornertrag

Bestandesdichte

Kornzahl je Ähre

Tausendkornmasse

Angaben in %

Jahr

16,8*

19,6*

13,9*

20,3

Ort

42,8*

20,8

39,0*

45,7*

Sortentyp

4,1*

1,1*

3,9*

1,4*

Wechselwirkung Ort × Jahr

34,2*

44,3*

24,3*

28,7*

Wechselwirkung Sortentyp × Jahr

0,4*

2,3

3,0

2,2*

Wechselwirkung Ort × Sortentyp

0,5

4,3

4,8

0,8

Wechselwirkung Ort × Sortentyp × Jahr

1,4

7,6

11,1

0,9

* = signifikant für p &lt; 0,05

Die Abb. 2 stellt die Parameter Ökovalenz und Floating Checks für den Kornertrag der ausgewählten Sorten je Sortentyp dar. Das Niveau der Ökovalenz für das Merkmal Kornertrag lag mit durchschnittlich 6,9% auf einem mittleren Niveau. Die Heterogenität auf der Sortenebene ließ keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Ökostabilität zwischen den Sortentypen erkennen, allerdings zeigten die Hybridsorten tendenziell geringere Ökovalenzwerte in Kombination mit überdurchschnittlichen Ertragsleistungen.

Abb. 2. Ökovalenz und Floating Checks für das Merkmal Korn­ertrag von Winter­roggen (Landessorten­versuche Brandenburg, 2003 bis 2011).

Abb. 2. Ökovalenz und Floating Checks für das Merkmal Korn­ertrag von Winter­roggen (Landessorten­versuche Brandenburg, 2003 bis 2011).

In Tab. 2 sind die Ergebnisse auf Sortenbasis detailliert aufgeführt. Die vier Hybridsorten Askari, Fugato, Minello und Pollino wiesen die geringsten Ökovalenzwerte auf. Sie erbrachten im Vergleich zum gesamten Hybridsortiment zwar geringere Ertragsleistungen, lagen aber trotzdem deutlich über dem mittleren Ertragsniveau der anderen beiden Sortentypen. Nur zwei Hybridsorten, Hellvus und Bellami, kombinierten ein signifikant höheres Ertragsniveau mit geringerer Ökostabilität. Als beste Hybrid­sorten fielen Minello sowie Brasetto auf. Bei den Populationssorten hob sich Matador ab, die sich durch eine mittlere Ökovalenz und eine für den Sortentyp gute Ertragsleistung auszeichnete. Von den synthetischen Sorten konnte Caroass positiv bewertet werden, die ebenfalls eine mittlere Ertragsstabilität und eine gute Ertragsfähigkeit zeigte. Im Ergebnis der Ökoregression lag der Regressionsparameter der Sorten, unabhängig vom Sortentyp, zwischen b = 0,8 und 1,2. Die einzige Ausnahme stellte die Hybridsorte Balistic dar, die einen Reaktionspara­meter von b = 1,3 aufwies. Diese Sorte kann somit dem Intensivtyp zugeordnet werden, d.h. sie setzt bessere Umweltbedingungen überdurchschnittlich gut in Mehr­ertrag um. Mit einer Ökovalenz von 6,2% wies sie da­rüber hinaus keine erhöhte Ertragsvariabilität auf und besaß mit 96% Floating Checks ein gutes Leistungsvermögen.

In Tab. 6 sind die Ökovalenzwerte der Ertragsstrukturparameter für die Sortentypen von Winterroggen zusammengefasst. Die Ökovalenzwerte für die Ertragsstrukturmerkmale Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre lagen im Mittel des Sortiments auf einem sehr hohen Niveau und zeigten eine deutliche Variationsbreite auf Sorten­ebene. Für das Merkmal Tausendkornmasse lagen die Ökovalenzwerte im Mittel des geprüften Sortiments dagegen auf einem geringen Niveau. Im Vergleich der Ertragsstrukturmerkmale fielen die Variationsbreite auf Sortenebene und die Unterschiede zwischen den Sortentypen beim Merkmal Tausendkornmasse gering aus. Im Vergleich der Sortentypen zeigten die Hybridsorten tendenziell stabilere Merkmalsausprägungen. Eine signifikante Differenzierung zwischen den Sortentypen war allerdings bei keinem Ertragsstrukturmerkmal aufgrund der Variationsbreite der Ökovalenzwerte auf Sortenebene möglich.

Tab. 6. Ökovalenz der Ertragsstrukturmerkmale von Winterroggen (Landessortenversuche Brandenburg, 2003 bis 2011)

Ertragsstrukturmerkmal

Ökovalenz [%]

Populationssorten

Synthetische Sorten

Hybridsorten

Bestandesdichte

10,97 (9,08 – 14,45)

9,86 (7,44 – 11,54)

10,72 (7,34 – 14,56)

Kornzahl je Ähre

12,33 (9,09 – 16,96)

12,89 (8,81 – 16,76)

11,88 (6,60 – 15,96)

Tausendkornmasse

4,32 (2,97 –   5,34)

4,93 (3,95 –   5,74)

4,01 (2,18 –   5,88)

Angabe der Minimal- und Maximalwerte in Klammern

In Abb. 3 ist der Kornertrag in Abhängigkeit von der klimatischen Wasserbilanz im Mittel aller geprüften Roggensorten an den Standorten Nuhnen und Thyrow dar­gestellt. Je weiter die Werte der klimatischen Wasser­bilanz im negativen Bereich lagen, umso geringer war das Ertragsniveau des geprüften Sortiments. An beiden Standorten war für den Prüfzeitraum der Zusammenhang zwischen Kornertrag und der klimatischen Wasserbilanz für die Monate April bis Juni signifikant. Eine zusätzliche Bewertung anhand der Sortentypen zeigte, dass die Hybridsorten mit zunehmender Trockenheit (KWB <–200 mm) tendenziell höhere Erträge als die Populationssorten erzielten (Tab. 7). Eine statistisch gesicherte Auswertung auf Ebene der Sortentypen und Sorten im Einzelnen war aufgrund der mangelnden Orthogonalität der Datenbasis nicht möglich.

Abb. 3. Kornertrag von Winter­roggen in Abhängigkeit von der klimatischen Wasserbilanz an den Standorten Nuhnen und Thyrow (Landessorten­versuche Brandenburg und Sortenversuche Thyrow, 2003 bis 2011).

Abb. 3. Kornertrag von Winter­roggen in Abhängigkeit von der klimatischen Wasserbilanz an den Standorten Nuhnen und Thyrow (Landessorten­versuche Brandenburg und Sortenversuche Thyrow, 2003 bis 2011).

Tab. 7. Vergleich von Ertragsleistungen verschiedener Sortentypen von Winterroggen bei &lt;–200 mm Kli­matischer Wasserbilanz (Landessortenversuche und Sortenversuche Thyrow, 2003 bis 2011)

Sortentyp

Kornertrag [dt ha–1]

Nuhnen

Thyrow

Hybridsorten

69,24

55,26

Populationssorten

57,43

45,41

Sortenversuche auf Sandboden

Für den Standort Thyrow sind die Variationsanteile der Einflussfaktoren Jahreswitterung, Sorte bzw. Sortentyp in Tab. 8 aufgeführt. Die Höhe des Kornertrages von Winterroggen wurde in den Sortenversuchen auf Sandboden zu 17,8% durch den Faktor Sorte und zu 14,2% durch den Faktor Sortentyp geprägt.

Tab. 8. Variationsursachen des Kornertrags von Winter­roggen (Faktoren: Jahreswitterung, Sortentyp und Sorte) (Sortenversuche Thyrow, 2003 bis 2011)

Variationsursachen

Anteile [%]

Faktor: Sortentyp

Faktor: Sorte

Jahreswitterung

83,7*

73,3*

Sortentyp bzw. Sorte

14,2*

17,8*

Wechselwirkung Jahreswitterung × Sortentyp/Sorte

2,1n.s.

8,9n.s.

* signifikant für p &lt; 0,05, n.s. = nicht signifikant

Die jährliche Ertragsleistung von Winterroggen am Versuchsstandort Thyrow (2003 bis 2011) ließ eine klare Differenzierung der Sortentypen hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit erkennen. Die Hybridsorten waren mit einem mittleren Kornertrag von 66 dt ha–1 signifikant (p < 0,05) ertragsstärker als die Populationssorten mit 61 dt ha–1 bzw. die synthetischen Sorten mit 57 dt ha–1.

Die Kombination von Ertragsleistung und Ertragsstabilität wurde ebenfalls zur Sortenbewertung herangezogen. In Abb. 4 ist die Ertragsleistung mittels Floating Checks und die Ökostabilität anhand der Ökovalenz auf Sortenebene dargestellt. Die Werte für die Ökovalenz des Sortiments erreichten mit durchschnittlich 5,5% ein mittleres Niveau. Die Hybridsorten erzielten mit Werten von über 90% Floating Checks zwar alle überdurchschnittlich hohe Erträge, jedoch bei sehr unterschiedlicher Ökostabilität. Eine Differenzierung im Hinblick auf die Ökostabilität war unabhängig von der Einteilung nach Sortentypen aufgrund der Heterogenität ausschließlich auf Sortenebene zu finden.

Abb. 4. Ökovalenz und Floating Checks für das Merkmal Korn­ertrag auf Sortene­bene (Sortenversuche Thyrow, 2003 bis 2011).

Abb. 4. Ökovalenz und Floating Checks für das Merkmal Korn­ertrag auf Sortene­bene (Sortenversuche Thyrow, 2003 bis 2011).

In Tab. 3 sind die Ergebnisse auf Sortenbasis aufgeführt. Die Hybridsorte Fernando wies dabei die beste Kombination von Ertragsleistung und Ökostabilität auf. Die Werte der Reaktionsparameter, welche anhand der Ökoregression berechnet wurden, lagen für alle Sorten zwischen b = 0,8 bis 1,2. Eine Einteilung der Sorten nach Intensiv- bzw. Extensivtyp erfolgt erst außerhalb dieses Bereichs. Demnach waren nur tendenzielle Unterschiede zwischen den einzelnen Sorten erkennbar.

Die Ergebnisse zum Kornertrag in Abhängigkeit von der klimatischen Wasserbilanz am Standort Thyrow wurden im vorigen Ergebnisteil im Vergleich zum Standort Nuhnen aufgeführt (vgl. Abb. 3).

Diskussion

Die Frage, ob Hybridsorten innerhalb der Sortentypen eine höhere Ertragsfähigkeit und eine bessere Ökostabilität bieten, konnte wie folgt beantwortet werden: Hybridsorten erreichten im Prüfungszeitraum die höchsten Ertragsleistungen, synthetische Sorten lagen im Durchschnitt um 10 bis 15% darunter, aber noch etwa 5% über Populationssorten. Der Mehrertrag von Hybrid- im Vergleich zu Populationssorten betrug im Mittel 17%. Eine Ursache könnte die höhere Chlorophylldichte der Hybridsorten sein, die zu einer verstärkten Assimilationsleistung und zu höheren Kornerträgen führt (Arncken und Dierauer, 2005). Ein weiterer Vorteil der Hybridsorten ist ihre häufig höhere Ökostabilität. Sie zeigen oft geringere Genotyp-Umwelt-Interaktionen als ihre homozygoten Eltern (Schnell und Becker, 1985; Becker und Leon, 1988), weil die Heterosis unter ungünstigen Umweltverhältnissen relativ größer ist als unter optimalen Wachstumsbedingungen. Dies wurde anhand experimenteller Untersuchungen bei Winterroggen von Miedaner und Geiger (1997) gezeigt. Die Ergebnisse der Sortenversuche belegten teilweise ebenfalls die erhöhte Ökostabilität der Hybridsorten. Dennoch gab es aufgrund der großen Streuung auch Hybridsorten mit einer instabilen Merkmalsausprägung.

Weiterhin ergaben die Ergebnisse für alle drei Sortentypen die gleiche Rangordnung der Variationsanteile von Ertragskomponenten an der Ertragsvariabilität: Bestandesdichte > Kornzahl je Ähre > Tausendkornmasse. Die Merkmale Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre sind im Vergleich zur Tausendkornmasse wichtiger für den Korn­ertrag und stärker umweltvariabel. Auf Sortenebene ergaben sich für die Bestandesdichte und die Kornzahl je Ähre sehr hohe Variationsbreiten der Ökovalenzwerte, bei der Tausendkornmasse schwankten die Ökovalenz­werte des Sortiments dagegen nur geringfügig (vgl. Tab. 6). Sorten mit geringen und instabilen Merkmals­ausprägungen der Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre können daher als wesentliche Ursachen für verminderte und instabilere Ertragsleistungen auf Sandböden ange­sehen werden.

Im Anbau sind Sorten gefragt, die sich durch eine gute Ertragsbildung auch unter Hitze- und Trockenbedingungen auszeichnen. Den Sortenertrag in Abhängigkeit von der klimatischen Wasserbilanz (Zeitraum April bis Juni) zu setzen, ermöglicht die Ertragsrelationen innerhalb des geprüften Sortiments unter wasserlimitierten Standortbedingungen zu bewerten und die Sortenbewertung zu ergänzen. Dieser Zusammenhang konnte anhand der positiven Korrelationen zwischen der klimatischen Wasserbilanz und dem Kornertrag für die Standorte Nuhnen und Thyrow belegt werden. Als Ergebnis der geprüften Umweltbedingungen bzw. Sortimente wurden ca. 20 dt ha–1 Mehrertrag bei 150 mm geringerem Defizit in der klimatischen Wasserbilanz für den Zeitraum April bis Juni erreicht. Stark negative Einflüsse auf die Ertrags­leistung von Winterroggen gehen von überdurchschnittlich hohen Temperaturen in den Monaten April bis Juni aus (Chmielewski, 1992). Hier werden die wichtigen Entwicklungsstadien Schossen, Ährenschieben und Blüte durchlaufen, daher ist eine ausreichende Wasserversorgung in diesem Zeitraum hinsichtlich der Ertragsbildung entscheidend (Gupta et al., 2001). Die Frage, ob Hybridsorten auch unter trockenen Witterungsbedin­gungen eine höhere Ertragsfähigkeit bieten, konnte wie folgt beantwortet werden: Durch die effiziente Nutzung vor allem des auf grundwasserfernen Sandstandorten limitierten Wassers schienen einzelne Sorten auch in trockenen Jahren besser angepasst zu sein und waren zu überdurchschnittlichen Ertragsleistungen fähig. Allerdings sind diese Ergebnisse aufgrund der fehlenden Orthogonalität und des zu geringem Umfanges der Datengrundlagen nicht statistisch abgesichert. Die tendenziell höhere Ertragsleistung von Hybridsorten gegenüber Populationssorten, insbesondere unter trockener Witterung, kann durch eine erhöhte Wüchsigkeit bedingt sein, welche sich in einer höheren Wurzelleistung, verbessertem Wasseraneignungsvermögen und größerer Regenerationsfähigkeit zeigen kann (Miedaner und Geiger, 1997). Auch eine intensivere und tiefere Bodendurchwurzelung, welche die Saugspannung und damit auch die Wasserversorgung verbessern kann, könnte dazu beitragen (Zachow und Miegel, 2001; Möller, 2002).

Eine weitere Fragestellung bezog sich auf die Öko­stabilität auf Sortenebene. Im Ergebnis der Sortenver­suche war eine große Heterogenität festzustellen. Sorten mit hervorragender Ökostabilität und Sorten mit äußerst instabilem Ertragsverhalten konnten ausgewiesen werden. Die Hybridsorten zeigten dabei die geringsten und höchsten Werte für die Ökovalenz, wie z.B. Treviso mit 1,8% und Visello mit 10,5% (vgl. Tab. 3). Die Ökovalenz­werte der Populationssorten und Synthetischen Sorten wiesen dagegen geringere Variationsbreiten auf, lagen aber im Vergleich zu den Hybridsorten im Mittel des geprüften Sortiments auf einem etwas höheren Niveau (vgl. Abb. 4). Anhand der Ökoregression zeigte nur die Hybridsorte Balistic mit b = 1,32 eine markante Abweichung (b ≥ 1,2) vom mittleren Ertragsverhalten. Diese Sorte kann daher zu den Intensivsorten gezählt werden, was die hohe Ertragsfähigkeit mit 96% Floating Checks zusätzlich belegt (vgl. Tab. 2). Die Ertragsrelationen innerhalb des geprüften Sortiments unter wasserlimitierten Standortbedingungen konnte durch die Abhängigkeit des Kornertrags von der klimatischen Wasserbilanz (Zeitraum April bis Juni) ergänzt werden. Aufgrund der nicht orthogonalen Datenlage war allerdings keine statistisch abgesicherte Aussage auf Sortenebene möglich. Für weitergehende Aussagen bezüglich einzelner Sorten wären eine mehrjährige orthogonale Sortenprüfung und vor allem detaillierte langjährige Witterungsdaten von jedem Prüfstandort essentiell.

Abschließend muss für die verwendete Datengrund­lage und Methodik folgendes angemerkt werden: Für die verwendete nicht-orthogonale Datengrundlage gilt, dass die Schätzwerte für die Sorten aufgrund der hohen Genotyp-Umwelt-Interaktion einen relativ großen Fehler besitzen, da die Schätzung auf nur wenigen Versuchsstandorten einer Anbauregion bzw. auf Versuchsergebnissen aus wenigen Jahren beruhten (Piepho und Michel, 2001). Diesbezüglich sind aus den Ergebnissen keine allgemein gültigen Aussagen abzuleiten, sondern sie sind nur im Verhältnis zueinander gültig. Ein Vergleich mit anderen Sorten und anderen Prüfumwelten kann zu einer abweichenden Bewertung führen. Weiterhin zeigten Sorten mit erhöhten Schwankungen nicht schlechthin eine größere Varianz, sondern wiesen zum Teil gehäuft Ausreißer (z.B. Auswinterungsprobleme) auf. Daher ist eine Einzeljahresanalyse der Sortenleistungen ebenfalls sehr wichtig.

Durch eine erweiterte Auswertung bestehender experimentell gewonnener Daten kann die Sortenbewertung verfeinert werden. Die geprüften Sortimente bieten ein breites Spektrum an Sorten, welches zum Teil erhebliche Unterschiede hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Öko­stabilität aufweist. Allerdings liefern nur mehrjährige und mehrortige Sortenversuche die solide Basis für eine gezielte Sortenwahl. Die Implementierung einer Datenbank wäre wünschenswert, welche Wetterdaten, Standortangaben und Sortenergebnisse von Seiten der Züchter, der offiziellen Wertprüfungen sowie den Landessortenprüfungen zusammenfasst. Unter einheitlicher Verwendung des vorgestellten Bewertungsschemas könnte das eine umfassende und regionalisierte Auswertung zur Ökostabilität auf Sortenebene ermöglichen und die Sortenwahl in der landwirtschaftlichen Praxis unterstützen. Landwirte könnten bei der Sortenwahl nicht nur auf die Leistungsfähigkeit, sondern auch auf die Ökostabilität einer Sorte achten. Im Hinblick auf die klimatischen Veränderungen könnte dies dazu beitragen, die Anbaurisiken von Winterroggen und anderen Pflanzenarten auf den Diluvialstandorten in Brandenburg zu verringern.

Literatur

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