Bewertung von Energiepflanzen in der Humusbilanz – Status quo und Perspektiven
Estimating humus reproduction of bioenergy crops
Journal für Kulturpflanzen, 65 (6). S. 227–235, 2013, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2013.06.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart
Der landwirtschaftliche Anbau von Energiepflanzen in Deutschland nimmt heute bereits einen relevanten Anteil des Ackerlandes in Anspruch und ist weiter im Wachsen begriffen. Für die ökologische Nachhaltigkeitsbewertung ist in diesem Zusammenhang u.a. zu prüfen, welchen Einfluss Energiepflanzenproduktionssysteme auf die Humusbilanzen der Anbauflächen ausüben. Validierte Koeffizienten für die Bewertung von Energiepflanzenproduktionssystemen in der Humusbilanz stehen allerdings heute noch nicht zur Verfügung. Problematisch ist hier, dass bei der Methode des VDLUFA als aktueller Standardmethode für die Humusbilanzierung in Deutschland die Festlegung neuer Koeffizienten nur über Analogieschluss von bereits bewerteten Kulturen möglich, eine reproduzierbare Parametrisierung jedoch methodenbedingt ausgeschlossen ist. Im vorliegenden Artikel werden daher reproduzierbare Humusbilanzkoeffizienten für Produktionssysteme verschiedener Energiepflanzen mit dem Modellansatz HU-MOD berechnet. Mit dem Modell berechnete Humusreproduktionskoeffizienten für Fruchtarten können prinzipiell auch für die Humusbilanzierung nach VDLUFA verwendet werden. Eine Modellevaluation zur Prüfung der Anwendbarkeit bei Energiepflanzenproduktionssystemen wurde anhand von Daten aus der Literatur für Zea mais und Miscanthus × giganteus erfolgreich vorgenommen. Mit dem Modell wurden mäßig bis stark negative Humusbilanzkoeffizienten für alle bewerteten Energiepflanzenproduktionssysteme, mit Ausnahme von Miscanthus × giganteus, berechnet. Die ermittelten Koeffizienten liegen dabei insgesamt in einem plausiblen Bereich, der durch Kalibrierung des Modells für die Bewertung von Zea mais und Miscanthus × giganteus bestätigt wurde. Dennoch muss festgestellt werden, dass die aktuelle Datenlage zur ober- und unterirdischen Biomasseproduktion in Energiepflanzen-Produktionssystemen sowie zu Anfall und Umsatz von Ernte- und Wurzelrückständen noch sehr schwach und für die Kalibrierung von Modellen zur Bewertung von Einflüssen auf die organische Bodensubstanz insgesamt unzureichend ist. Weiterhin liegen nur für wenige Kulturen Ergebnisse vor, die eine Validierung entsprechender Modellergebnisse zulassen. Für die Nachhaltigkeitsanalyse des Energiepflanzenanbaus und die Umsetzung von § 17 BBodSchG besteht daher dringender Forschungsbedarf.
Stichwörter: Humusreproduktion, Energiepflanzen, Humusbilanz
The production of bioenergy crops is increasing in Germany, and today these crops already occupy a relevant share of the total arable land. For environmental impact assessment, the humus balance of bioenergy crop production systems is one important figure. However, the necessary humus balance coefficients are not available for these crops until now. One problem in generating these coefficients for the actual German standard method for humus balancing (VDLUFA, 2004) is that the included coefficients have been derived from long-term field experiments, but a reproducible procedure for the calculation of new coefficients has not been specified. Therefore, we present results from modeling humus reproduction of different bioenergy crops with the HU-MOD approach. The model in principal allows for the calculation of balance coefficients for the VDLUFA (2004) method. Model performance in the assessment of bioenergy crops is tested based on literature data on Zea mais and Miscanthus × giganteus. According to the HU-MOD model, all bioenergy crops under assessment exhibit considerably negative humus reproduction, with Miscanthus × giganteus as an exception. Calculated humus reproduction is in a plausible magnitude, as supported by the calibrated model application with Zea mais and Miscanthus × giganteus. However, the parametrization of the humus balance model is hindered by a very limited availability of data, especially with regard to below ground biomass. Further, the data base for validations of the new coefficients is extremely insufficient, indicating the strong demand for more efforts in data supply.
Key words: Bioenergy crops, humus balance, modeling, soil organic matter
Der landwirtschaftliche Anbau von Pflanzen für die energetische Verwertung nimmt heute bereits mit > 2 Mio. ha Anbaufläche einen relevanten Anteil des Ackerlandes in Deutschland in Anspruch und ist weiter im Wachsen begriffen (FNR, 2011). Bei der Nachhaltigkeitsbewertung des Energiepflanzenanbaus ist aus ökologischer Sicht u.a. zu prüfen, welche Implikationen diese Entwicklung für die Humusbilanzen der Ackerflächen hat und ob bzw. welche Maßnahmen notwendig sind, um einen Erhalt der Humusvorräte im Sinne von § 17 BBodSchG zu gewährleisten. Hier stellt sich allerdings das Problem, dass in der deutschen Standardmethode zur Humusbilanzierung nach VDLUFA (2004) bislang keine bestätigten Kennziffern für die Bewertung von Energiepflanzen und Energiepflanzenanbausystemen enthalten sind. Die Kennziffern der VDLUFA-Humusbilanzmethode wurden von Experten aus langjährigen Feldversuchen abgeleitet, die teilweise zu Beginn des vorigen Jahrhunderts angelegt und in den 1970er und 1980er Jahren ausgewertet wurden (VDLUFA, 2004). Solche Kennzahlen fehlen für Pflanzenarten, wie z.B. die Durchwachsene Silphie und Anbauverfahren, wie z.B. Getreide mit Ganzpflanzennutzung in der Teigreife, Mischfrüchte aus verschiedenen Kulturarten oder Zweikulturnutzungssysteme, die erst in jüngerer Zeit im Zusammenhang mit der Energiegewinnung aus pflanzlicher Biomasse eine Bedeutung erlangt haben (Nehring und Vetter, 2009).
Hier stellt sich das Problem dar, dass die Generierung von Humusbilanzkoeffizienten für Fruchtarten/Anbausysteme bisher im Wesentlichen von der Ergebnisfindung in Langzeit-Feldversuchen abhängig ist (Reinhold et al., 2010). Die Festlegung neuer Koeffizienten, z.B. für Energiepflanzen, ist nur über Analogieschluss von bereits bewerteten Kulturen möglich, eine reproduzierbare Parametrisierung jedoch methodenbedingt ausgeschlossen.
Allerdings liegen inzwischen mehrere Ansätze vor, mit denen eine reproduzierbare Nachberechnung der auch in der VDLUFA-Methode verwendeten Humusbilanzkoeffizienten auf Grundlage von Modellen zur C- und N-Dynamik im System Boden-Pflanze erreicht wurde (Leithold, 1983; Asmus, 1985; Leithold, 1991; Hülsbergen, 2003; Brock et al., 2012a).
Vor diesem Hintergrund werden in der vorliegenden Arbeit Probleme und Perspektiven der Bewertung von Energiepflanzenanbausystemen in der Humusbilanz auf Grundlage von Modellierungsergebnissen diskutiert.
Es wurde eine Bewertung der Humusreproduktionsleistung von Grünschnittroggen (Secale cereale), Energiemais (Zea mais), Sudangrashybriden (Sorghum bicolor × Sorghum sudanense), Sorghum-Hirse, auch Futterhirse genannt (Sorghum bicolor), Durchwachsener Silphie (Silphium perfoliatum), Topinambur (Helianthus tuberosus) und Miscanthus (Miscanthus × giganteus) vorgenommen. Hierfür wurde das Humusbilanzmodell HU-MOD (Brock et al., 2012a) verwendet. Da das Modell in der Lage ist, die in der Humusbilanzmethode des VDLUFA (2004) ausgewiesenen Koeffizienten nachzuvollziehen, wird umgekehrt eine Anwendbarkeit der mit HU-MOD berechneten Bilanzkoeffizienten für Energiepflanzen in der Bilanzierung nach VDLUFA grundsätzlich erwartet.
Das Modell HU-MOD (Brock et al., 2012a) berechnet die Inanspruchnahme von organischer Bodensubstanz (OBS) in Anbausystemen auf Grundlage der Abschöpfung von mineralisiertem Stickstoff aus der OBS, unter Berücksichtigung der N-Versorgung der Kulturpflanzen aus anderen Quellen (insbes. Düngung) sowie weiterer, nicht direkt ertragswirksamer Mineralisierung z.B. infolge einer hohen mechanischen Eingriffsintensität in den Boden. Der berechneten Inanspruchnahme von OBS wird die Humusersatzleistung von Ernte- und Wurzelrückständen sowie organischen Düngern im Anbausystem gegenübergestellt.
Das Modell wurde in Dauerfeldversuchen validiert, eine spezifische Überprüfung der Humusreproduktionsbewertung für einzelne Kulturen/Anbausysteme war dabei aber nicht möglich. In den für die Validierung herangezogenen Fruchtfolgen waren zudem keine Energiepflanzen vertreten.
Der verwendete Algorithmus lautet:
Humusreproduktion = Humusersatz – Inanspruchnahme
von Humus
mit
Humusersatz = CH
CH = CR × hR + CRT × hRT + CEX × hEX + CRE × hRE + CS × hS
CH = Humusersatzleistung von Pflanzenbiomasse (kg Humus-C ha–1)
CR/RT/EX/RE/S = C-Eintrag mit Wurzeln zur Ernte (R), Wurzelumsatz während Standzeit (RT), Exudaten (EX), Ernterückständen (RE), Nebenernteprodukten (S) (kg ha–1)
hR/RT/EX/RE/S = spezifische Humifizierungsrate von CR, CRT, CEX, CRE, CS
und
Inanspruchnahme von Humus = NH
NH = (NPB – Ndfa – NDep × NURNDep – NFert × NURNFert)/
NURNH + ΔNmin
NPB = N in der gesamten Pflanzenbiomasse (kg N ha–1)
Ndfa = N aus symbiontischer Fixierung (kg N ha–1)
NDep = N aus atmosphärischer Deposition (kg N ha–1)
NFert = der Pflanzenernährung kurzfristig zur Verfügung stehender N aus Düngern jeglicher Art (kg N ha–1)
NH = N aus der Mineralisierung von Humus (kg N ha–1)
NUR[NDEP, NFERT, NH] = Verwerteter Anteil der N-Mengen in den verschiedenen Pools (NDep, NFert, NH) in der Biomassebildung der Gesamtpflanze inkl. Wurzeln (Faktor)
ΔNmin = Zu- bzw. Abnahme des Boden-Nmin-Gehaltes im Zuge des jeweiligen Fruchtarten-Anbausystems (kg N ha–1)
Als variable Input-Daten werden im Modell i) Fruchtart, ii) Ertrag (Haupt- und Nebenprodukt) und iii) Art und Menge der Düngung berücksichtigt. Auf dieser Grundlage werden C- und N-Flüsse im System Boden-Pflanze geschätzt.
Tab. 1 zeigt die Parametrisierung des Modells für die Bewertung der Ziel-Fruchtarten und -Produktionssysteme. Für Mais wurden die Daten in Clapp et al. (2000) und für Miscanthus die Angaben aus Kahle et al. (2001) verwendet, da diese Publikationen neben Angaben zu Biomasse und Düngung der Kulturen auch Daten zur Entwicklung der OBS-Mengen unter den Produktionssystemen enthalten und so eine Validierung der Modellergebnisse erlauben. Für Miscanthus wurde weiterhin eine Fixierung von atmosphärischem N durch Bodenbakterien unter Bezug auf Davis et al. (2012) angenommen.
Tab. 1. Parametrisierung des Humusbilanzmodells HU-MOD (Brock et al., 2012a) für die Bewertung von Energiepflanzen-Produktionssystemen. Erläuterung der Parameter und der Datenbasis für die Parametrisierung im Text (Kap. Material und Methoden). Variantenbezeichnungen bei Zea mais und Miscanthus × giganteus beziehen sich auf die verwendete Literatur (Clapp et al., 2000; Kahle et al., 2001)
Parametrization of the HU-MOD model (Brock et al., 2012a) for the evaluation of bioenergy crop production systems. Explanations of the parameters and the data base for the parameterization are given in the text (chapter Material und Methoden). Treatment IDs with Miscanthus × giganteus and Zea mais refer to the literature used for the model evaluation (Clapp et al., 2000; Kahle et al., 2001)
Fruchtart | Variante | Ertrag | Düngung** | Spross: Wurzel- | NPB | Ndfa | NDep | NFert | NH | CH | HRC |
dt TM ha–1 | kg N ha–1 | kg N ha–1 | kg N ha–1 | kg N ha–1 | kg N ha–1 | kg N ha–1 | kg C ha–1 | kg C ha–1 | |||
Sorghum bicolor | 120 | 120 | 1,43 | 423,73 | 0 | 20 | 72 | 377,47 | 3046,63 | –931,93 | |
150 | 120 | 1,43 | 529,66 | 0 | 20 | 72 | 495,17 | 3808,29 | –1410,84 | ||
Sorghum bicolor × sudanense | 120 | 120 | 3,86 | 332,22 | 0 | 20 | 72 | 275,79 | 1753,20 | –1153,69 | |
150 | 120 | 3,86 | 415,27 | 0 | 20 | 72 | 368,07 | 2191,49 | –1688,05 | ||
Secale cereale (BBCH 75) | 80 | 120 | 2,68 | 336,34 | 0 | 20 | 72 | 280,38 | 1746,99 | –1208,24 | |
100 | 120 | 2,68 | 420,43 | 0 | 20 | 72 | 373,81 | 2183,73 | –1756,24 | ||
Silphium perfoliatum | 150 | 220 | 2,98 | 369,18 | 0 | 20 | 132 | 250,19 | 2255,65 | –381,44 | |
180 | 220 | 2,98 | 443,01 | 0 | 20 | 132 | 332,23 | 2706,78 | –795,01 | ||
Helianthus tuberosus | 60 | 60 | 5,60 | 92,75 | 0 | 20 | 36 | 59,724 | 328,39 | –195,70 | |
80 | 60 | 5,60 | 123,67 | 0 | 20 | 36 | 84,077 | 437,86 | –448,32 | ||
Zea mais | NT_H_Dg0 | 118,81 | 0 | 4,45 | 175,82 | 0 | 20 | 0 | 182,02 | 225,13 | –1693,4 |
NT_R_Dg0 | 118,81 | 0 | 4,45 | 175,82 | 0 | 20 | 0 | 135,04 | 1056,22 | –367,1 | |
MB_H_Dg0 | 130,83 | 0 | 4,45 | 193,60 | 0 | 20 | 0 | 201,77 | 247,90 | –1878,8 | |
MB_R_Dg0 | 130,83 | 0 | 4,45 | 193,60 | 0 | 20 | 0 | 148,51 | 1176,13 | –389,3 | |
CH_H_Dg0 | 156,19 | 0 | 4,45 | 231,13 | 0 | 20 | 0 | 243,48 | 295,96 | –2270,3 | |
CH_R_Dg0 | 156,19 | 0 | 4,45 | 231,13 | 0 | 20 | 0 | 194,27 | 1280,72 | –766,9 | |
NT_H_DG200 | 142,84 | 200 | 4,45 | 211,38 | 0 | 20 | 120 | 88,19 | 784,85 | –144,8 | |
NT_R_Dg200 | 142,84 | 200 | 4,45 | 211,38 | 0 | 20 | 120 | 23,60 | 1339,52 | 1090,8 | |
MB_H_Dg200 | 145,51 | 200 | 4,45 | 215,33 | 0 | 20 | 120 | 92,58 | 799,52 | –176,4 | |
MB_R_Dg200 | 145,51 | 200 | 4,45 | 215,33 | 0 | 20 | 120 | 24,54 | 1383,75 | 1125,0 | |
CH_H_Dg200 | 166,87 | 200 | 4,45 | 246,94 | 0 | 20 | 120 | 127,70 | 916,88 | –429,2 | |
CH_R_Dg200 | 166,87 | 200 | 4,45 | 246,94 | 0 | 20 | 120 | 61,69 | 1483,72 | 833,5 | |
Miscanthus × | Standort 1 (Luvisol) | 208,67 | 100 | 1,20 | 716,3 | 225 | 20 | 89,0* | 433,66 | 7447,05 | 2876,2 |
Standort 2 (Cambisol) | 218,00 | 100 | 1,20 | 748,3 | 250 | 20 | 91,6* | 438,56 | 7792,90 | 3170,4 | |
Standort 3 (Phaeozem) | 299,67 | 100 | 1,20 | 1028,6 | 0 | 20 | 87,7* | 1032,08 | 10562,64 | –315,6 | |
* berücksichtigt N-Input durch abgestorbene Pflanzenrückstände ** mineralische N-Düngung |
Die Werte zu Erträgen und N-Düngung der anderen bewerteten Kulturen basieren auf Fachinformationen der landwirtschaftlichen Ressortforschung und Offizialberatung mehrerer Bundesländer (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft) für die Praxis. Wissenschaftlich publizierte Literatur stand nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung, allerdings konnten z.T. Ergebnisse aus dem EVA-Projekt (Projekt Entwicklung und Vergleich von optimierten Anbausystemen für die landwirtschaftliche Produktion von Energiepflanzen unter den verschiedenen Standortbedingungen Deutschlands, Laufzeit 2005–2012, gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) sowie von Vetter (2009) herangezogen werden. Bei den N-Gehalten im Ernteprodukt wurde auf Primärdaten aus Versuchsanlagen des EVA-Projektes (Willms et al., 2012) und der Arbeitsgruppe Grünlandwissenschaft und Nachwachsende Rohstoffe an der Universität Kassel (Grass, 2012) zurückgegriffen. N-Gehalte der Wurzeln konnten in Ermangelung von Daten nicht kalibriert werden und müssen so in Anlehnung an im Modell bereits bewertete Kulturen geschätzt werden. Notwendige Daten zur Kalibrierung des Humusersatz-Subalgorithmus im Modell HU-MOD sind in der Literatur bislang nicht verfügbar. Daher wurden Wurzelmengen (Parameter CR) auf Grundlage des MONICA-Modells (Nendel et al., 2011) geschätzt. Die hier angenommenen Spross: Wurzel-Verhältnisse für die Kulturen sind in Tab. 1 ausgewiesen. Zur Schätzung des Parameters CRE wurden in Anlehnung an Nendel et al. (2011) pauschal Ernterückstände in Höhe von 10% der geernteten Pflanzenbiomasse angenommen. Ausgewiesene C-Gehalte für Wurzelmaterial unterschiedlicher Pflanzen variieren im Modell unwesentlich. Für die hier durchgeführten Berechnungen wurde ein mittlerer Wert von 45% C in der Trockensubstanz angenommen.
Bei den Modellierungen ohne Kalibrierung (betrifft alle Kulturen außer Zea mais und Miscanthus × giganteus] wurde grundsätzlich von einer vollständigen Abfuhr der erntebaren Biomasse ausgegangen.
Eine Evaluation der Modellperformance konnte für Mais (Zea mais) und Miscanthus (Miscanthus × giganteus) durchgeführt werden. Hierzu wurde die Übereinstimmung der Modellierungsergebnisse mit den Angaben bei Clapp et al. (2000) zur Entwicklung der OBS-Vorräte unter Mais in einem 13-jährigen Anbauversuch, bzw. bei Kahle et al. (2001) zur Entwicklung der OBS-Vorräte unter drei 2- bis 5-jährigen Feldversuchen, geprüft. Die Prüfung erfolgt mittels linearer Regression sowie Berechnung des mittleren quadratischen Fehlers (RMSE) gemäß:
mit p = predicted value (vorhergesagter Wert) und o = observed value (gemessener Wert).
Die Abb. 1 und 2 zeigen die Ergebnisse der Modellevaluation hinsichtlich der Bewertung der Humusreproduktionsleistung von Miscanthus und Energiemais nach den Ergebnissen von Kahle et al. (2001) sowie Clapp et al. (2000).
Abb. 1. Übereinstimmung zwischen Messdaten und Modellergebnissen zur Veränderung der Humusvorräte unter Miscanthus × giganteus nach Kalibrierung des Humusbilanzmodells HU-MOD. Datenbasis bei Kahle et al. (2001). Parametrisierung des Modells lt. Tab. 1.
Correlation between observed and predicted change of soil organic matter stocks under Miscanthus × giganteus after calibration of the HU-MOD model. Data base in Kahle et al. (2001). Parameterization of the model as shown in Table 1.
Abb. 2. Übereinstimmung zwischen Messdaten und Modellergebnissen zur Veränderung der Humusvorräte unter Zea mais nach Kalibrierung des Humusbilanzmodells HU-MOD. Datenbasis bei Clapp et al. (2000). Parametrisierung des Modells lt. Tab. 1. 2A: Alle Bodenbearbeitungsvarianten (n = 12), 2B: Minimalbodenbearbeitung (NT, n = 4), 2C: Pflug (MB, n = 4), 2D: Grubber (CH, n = 4).
Correlation between observed and predicted change of soil organic matter stocks under Zea mais after calibration of the HU-MOD model. Data base in Clapp et al. (2000). Parameterization of the model as shown in Table 1. Fig. 2A: all tillage treatments (n = 12), 2B: No-till (NT, n = 4), 2C: Mouldboard plow (MB, n = 4), 2D: Chisel plow (CH, n = 4).
Aufgrund der hohen, durch die Düngung im Experiment von Kahle et al. nicht kompensierten N-Entzüge mit der geernteten Miscanthus-Biomasse. muss in Übereinstimmung mit Davis et al. (2012) eine weitere N-Quelle angenommen werden, um die positive Entwicklung der Humusvorräte für die Standorte 1 (Luvisol) und 2 (Cambisol) bei Kahle et al. (2001) nachvollziehen zu können (Abb. 1). In der Modellierung wurde dafür eine Fixierung von 225 kg N ha–1a–1 in dem Luvisol und von 250 kg N ha–1a–1 im Cambisol angenommen. Beide Werte liegen in der von Davis et al. (2012) angegebenen Größenordnung, wobei die Autoren keine standortdifferenzierten Angaben vorlegen. Die Abnahme der OBS-Vorräte unter dem Phaeozem (Standort 3 bei Kahle et al., 2001) kann in der angegebenen Höhe nicht nachvollzogen werden. Selbst unter der Annahme, dass an dem Standort keine Fixierung von atmosphärischem N2 stattfindet, wird vom Modell lediglich eine Abnahme der OBS-Vorräte in der Größenordnung von 315 kg SOC ha–1a–1 vorausgesagt. Die stark negative Entwicklung der OBS-Vorräte bei Standort 4 (Rendzic Leptosol) der Auswertung von Kahle et al. konnte mit dem Modell nicht nachvollzogen werden. Da jedoch auch Kahle et al. die Daten zu Standort 4 für nicht interpretierbar halten, wurde dieser Datensatz aus der vorliegenden Auswertung entfernt. Ohne Berücksichtigung von Standort 4 zeigt sich insgesamt eine zufriedenstellende Modell-Performance (Abb. 1, RMSE = 154,37). Die Implikationen der hier vorgenommenen Kalibrierung für die Modellanwendung ohne Kalibrierungs-Datensatz sind jedoch kritisch zu diskutieren.
Bei der Bewertung der OBS-Mengenänderungen unter Maisproduktionssystemen nach den Daten von Clapp et al. (2000) zeigt das Modell insgesamt eine unbefriedigende Performance (Abb. 2A, RMSE = 958,29). Eine getrennte Auswertung der drei bei Clapp et al. angegebenen Bodenbearbeitungssysteme ergibt jedoch ein differenzierteres Bild (Abb. 2B-D): Unter Minimalbodenbearbeitung (NT) ist der Zusammenhang zwischen Modellergebnissen und Messdaten sehr groß (Abb. 2B), wobei die absolute Abweichung der Werte voneinander immer noch erheblich ist (RMSE = 613,72). Die Abweichung liegt allerdings wahrscheinlich noch im Fehlerbereich der Messwerte (Fehler ist in der Quelle nicht quantifiziert, vgl. Körschens, 2010). Auch im Pflug-System (Abb. 2C, RMSE = 906,74) ist die Modellperformance noch als zufriedenstellend zu bewerten. Eine sehr geringe Übereinstimmung zwischen modellierten und gemessenen Werten zeigt sich nur bei der Grubber-Variante (Abb. 2D, RMSE = 1247,45). Die schlechte Modellperformance bei der letzteren Variante ist ausschlaggebend für die unbefriedigende Modellperformance bei Berücksichtigung des gesamten Datensatzes. Es ist zu diskutieren, wie die Modellperformance bei der Bewertung von Maisproduktionssystemen vor diesem Hintergrund zu bewerten ist. Zu beachten ist allerdings, dass bei Mais keine mit Blick auf die Datenverfügbarkeit in der Praxisanwendung problematische Kalibrierung des Modells wie bei Miscanthus vorgenommen wurde.
Die Spannweiten der berechneten Humusbilanzkoeffizienten für die o.g. Fruchtarten sind in Abb. 3 wiedergegeben, zusammen mit den Spannweiten der berechneten Humusbilanzkoeffizienten für die Mais- und Miscanthus-Produktionssysteme nach Clapp et al. (2000) bzw. Kahle et al. (2001). Die Spannweite ergibt sich jeweils aus der Parametrisierung gemäß Tab. 1: Minimum und Maximum werden durch die Modellierung mit den beiden für jede Fruchtart angegeben Ertrags- und Düngungsniveaus bestimmt. Bei niedrigem Ertragsniveau weist das Modell bei gleicher Düngung jeweils einen geringeren Humusersatzbedarf aus, als bei höherem Ertragsniveau und damit höherer Abschöpfung von N aus der Humusmineralisierung.
Abb. 3. Mit HU-MOD modellierte Humusreproduktionsleistung in Energiepflanzen-Produktionssystemen. Zur Parametrisierung vgl. Tab. 1. Bei Miscanthus × giganteus und Zea mais zeigen die Boxen den Interquartilsbereich 25–75 an, die hinterlegten Balken bezeichnen die gesamte Spannweite zwischen Minimum und Maximum der berechneten Humusreproduktionsleistungen gemäß Tab. 1.
Humus reproduction in the production of selected bioenergy crops according to the HU-MOD model. For parameterization cf. Table 1. With Miscanthus × giganteus and Zea mais, boxes refer to the interquartil range 25–75, whiskers denote the whole min-max range according to Table 1.
Aufgrund der hohen Erntemengen ergeben sich insgesamt mäßig bis stark negative Werte, d.h. ein hoher Humusersatzbedarf der Systeme auch bei Düngung gemäß den Empfehlungen zu den jeweiligen Kulturen (Tab. 1, Abb. 3). Aus der Parametrisierung ergeben sich die folgenden mittleren Humusbilanzkoeffizienten (gerundet, Angabe in kg Humus-C ha–1a–1): Sorghum bicolor = –1171, Sorghum bicolor × sudanense = –1421, Silphium perfoliatum = –588, Helianthus tuberosus = –322, Secale cereale (BBCH 75) = –1482. Die Plausibilität der Ergebnisse ist natürlich kritisch zu hinterfragen. Dies gilt insbesondere für die Bewertung der mehrjährigen Kulturen (Silphium perfoliatum, Helianthus tuberosus). Zu beachten ist weiterhin die sehr starke modellierte Humuszehrung durch Secale cereale (BBCH 75). Diese ergibt sich aus der vergleichsweise niedrigen N-Düngungsempfehlung zu der Kultur gemäß Vetter (2009), die den mit dem hohen Ertragsniveau verbundenen N-Entzug bei weitem nicht kompensiert.
Im vorliegenden Artikel wurde die Bewertung der Humusreproduktionsleistung verschiedener Energiepflanzen-Anbausysteme mit einem Modellansatz vorgenommen. Die Modellierung bietet den Vorteil, dass Ergebnisse bei Anwendung eines validierten Modells und hinreichender Kalibrierung allgemein eine hohe Plausibilität besitzen. Falls neuere Erkenntnisse dies notwendig machen, kann überdies eine reproduzierbare Anpassung der Koeffizienten vorgenommen werden. Natürlich birgt eine Modellierung grundsätzlich die Gefahr einer unbemerkten Fehleinschätzung von Faktoren und Prozessen durch falsche oder unzureichende Parametrisierung, auch wenn das Modell für andere Situationen (hier: für die Bewertung bestimmter anderer Fruchtarten in Ackerbausystemen) bereits validiert wurde. Dennoch sind kurzfristig Alternativen zur modellbasierten Berechnung von Humusbilanzkoeffizienten nicht verfügbar, da hier nur eine langfristige empirische Ableitung aus Dauerfeldversuchen in Frage kommt. Die Anlage entsprechender Versuche ist für die Validierung von Modellierungsergebnissen zwar unbedingt zu fordern, kann aber nicht zur Erarbeitung kurzfristig benötigter Aussagen zur Humusreproduktionsleistung von Produktionssystemen einzelner Nutzpflanzen beitragen.
Für Mais spiegelt die hier für die Modellüberprüfung verwendete Quelle (Clapp et al., 2000) die Ergebnisse zur Humusreproduktion in der Literatur gut wieder. Die o.g. Autoren beobachteten in der Mehrzahl der Varianten eine Abnahme der OBS-Mengen in dem 13-jährigen Versuch, z.T. wurde bei Verbleib der Stoppel jedoch auch eine Zunahme der Humusvorräte erreicht (abgesehen vom Verbleib der Stoppel in der entsprechenden Variante wurde keine organische Düngung durchgeführt). Auch Sparling et al. (1992), Riffaldi et al. (1994) und Verma et al. (2005) stellten einen Abbau der OBS-Vorräte unter Mais-Produktionssystemen fest, während u.a. Follett et al. (2012) sowie Kristiansen et al. (2005) eine OBS-Anreicherung fanden. Eine eindeutige Zuordnung zu Bewirtschaftungsfaktoren ist anhand der der genannten Literaturstellen nicht möglich. Allerdings ist grundsätzlich die Abhängigkeit des Umsatzes und damit der Entwicklung der OBS-Vorräte von der jeweiligen Vorbewirtschaftung zu berücksichtigen. Mann et al. (2002) diskutieren diesen Sachverhalt im Zusammenhang mit der Analyse des Einflusses der Ganzpflanzenernte bei Mais auf die Humusvorräte und führen aus, dass eine gegenüber der vorherigen Situation veränderte Biomasseabfuhr mit der Entwicklung der OBS-Vorräte korreliert ist. Eine Verminderung der Biomassezufuhr und überdies gleichzeitig erhöhte Biomasseabfuhr führt an einem Standort zu einer Störung des Fließgleichgewichtes der Umsatzprozesse und damit in diesem Falle zu einer Abnahme der OBS-Vorräte. Umgekehrt führt eine Erhöhung der Biomassezufuhr und/oder Verminderung der Abfuhr zu einer Zunahme der Humusvorräte. Der Zusammenhang ist dabei allerdings nicht zwangsläufig linear, da hier noch weitere Standortfaktoren (Boden, Klima, Niveau der OBS-Mengen) einen Einfluss ausüben. Eine Intensivierung der Biomasseabfuhr, z.B. bei der Umstellung von Körnermais- auf Silo-/Energiemaisproduktion, führt daher auch nach Wilhelm et al. (2004) oder Kochsiek und Knops (2012) zu einer negativen Beeinflussung der Entwicklung der OBS-Vorräte.
Der Zusammenhang zwischen Biomasseabfuhr und Humusreproduktion liegt auch dem hier verwendeten Modell HU-MOD (Brock et al., 2012a) zugrunde. Durch die hohe Biomasseproduktion und -abfuhr in Energiepflanzenanbausystemen werden daher vergleichsweise hohe Humusbedarfskoeffizienten (vgl. VDLUFA, 2004) ermittelt, und zwar sowohl für einjährige, als auch für mehrjährige Kulturen. Da der errechnete Humusersatzbedarf im Modell letztendlich von der Inanspruchnahme von N aus der Humusmineralisierung abhängt, hat die Einschätzung und Anrechnung anderer N-Quellen großen Einfluss auf das Modellergebnis. So können die bei Kahle et al. (2001) aufgeführten OBS-Zunahmen unter Miscanthus bei zwei der vier in der Quelle ausgewerteten Standorte mit dem Modell erst bei Annahme einer erheblichen Fixierung von atmosphärischem N durch Bodenbakterien unter Bezug auf Davis et al. (2012) nachvollzogen werden (auch in diesem Versuch wurde keine organische Düngung gegeben, allerdings verblieben größere Mengen an Pflanzenrückständen nach allen Ernten). Wird diese Kalibrierung nicht durchgeführt, ergibt sich aufgrund der hohen Biomasse eine stark negative Wirkung auf die OBS-Vorräte, wie z.B. bei Qin et al. (2012) angenommen. Diese Einschätzung widerspricht allerdings den gemessenen Ergebnissen zu Miscanthus in verschiedenen Studien (vgl. Diskussion bei Kahle et al., 2001). Für die Modellanwendung unter Praxisbedingungen ist dieser Kalibrierungsbedarf natürlich problematisch, vor allem, falls eine standortdifferenzierte Bewertung notwendig ist. Unsere Ergebnisse deuten auf diese Notwendigkeit hin.
Für Mais und die anderen von uns bewerteten einjährigen Kulturen liegen keine Ergebnisse vor, die auf die Notwendigkeit einer Annahme der Fixierung erheblicher Mengen an atmosphärischem N unter den Kulturen hinweisen. Für die anderen mehrjährigen Kulturen (Silphium perfoliatum, Helianthus tuberosus) ist der Sachverhalt allerdings zu prüfen, da von verschiedenen Autoren zunehmende OBS-Vorräte unter mehrjährigen Kulturen berichtet wurden (Bolinder et al., 2007; Su, 2007; Liebig et al., 2008), und zwar auch bei hohem Biomasse- und damit N-Entzug. Mineralische N-Düngung allein führt dabei, wie bereits im Zusammenhang mit der Bewertung von Miscanthus ausgeführt, im Modell nicht zu positiven Humusreproduktionskoeffizienten für entsprechende Systeme. Hier besteht Forschungsbedarf.
Grundsätzlich mindert mineralische N-Düngung im Modell den Bedarf an N aus der Humusmineralisierung. Dabei wird eine Verwertungsrate des Mineraldünger-N durch die Pflanzenbestände von lediglich 60% angenommen. Dies entspricht allerdings Ergebnissen von Cassman et al. (2002) oder Nissen und Wander (2003), wonach landwirtschaftliche Kulturpflanzen selbst bei optimaler Düngung noch einen erheblichen Anteil von N aus der OBS-Mineralisierung aufnehmen. Auch in hoch gedüngten Kulturen wird so ein Bedarf an N aus der Humusmineralisierung ausgewiesen, der zunächst zu einer negativen Einschätzung der Humusreproduktion führt. Allerdings kann nicht von den Pflanzen aufgenommener Mineraldünger-N bei Verfügbarkeit ausreichender Mengen an C-reichen Substraten über den mikrobiellen Umsatz durchaus zu einer Erhöhung des Humusersatzes im entsprechenden Produktionssystem beitragen (van Groenigen et al., 2006). Mit Blick auf die Ergebnisse in der Literatur – z.B. zu Mais bei Clapp et al. (2000) – ist zu vermuten, dass der Humusabbau unter einjährigen nicht-legumen Ackerkulturen zumindest bei Ganzpflanzenernte in Produktionssystemen ohne organische Düngung durch den gesteigerten Humusersatz nicht kompensiert wird und so eine negative Netto-Humusreproduktion erwartet werden muss. Mit Blick auf die hier vorgenommenen Modellierungen ist aber zu beachten, dass für die Parametrisierung z.T. Daten verwendet wurden, die selbst bereits aus der Modellierung (hier nach Nendel et al., 2011) stammen. Durch die Hintereinanderschaltung zweier Modelle können sich Methodenfehler ggf. potenzieren (Timlin et al., 2002). So geben Meki et al. (2013) für Sorghum bicolor ein Spross: Wurzel-Verhältnis von ca. 3,5:1 an. Dieses liegt ungefähr in der von uns für Sudangrashybride (Sorghum bicolor × sudanense) angenommenen Größenordnung, während das Modell von Nendel et al. (2011) für Sorghum bicolor eine wesentlich höhere Wurzelmasse annimmt (Spross: Wurzel-Verhältnis 1,43:1). Zu beachten ist, dass die ebenfalls auf Modellierung beruhenden Angaben bei Meki et al. (2013) die subtropischen Klimabedingungen am Golf von Mexiko annehmen, während das Modell von Nendel et al. (2011) für die Klimabedingungen in Deutschland parametrisiert wurde.
Mit Blick auf die Verwertbarkeit von mit dem hier verwendeten Ansatz modellierten Koeffizienten in der Humusbilanzierung nach VDLUFA (2004) sind abschließend noch einige methodische Anmerkungen zu machen: Die in VDLUFA (2004) angegebenen Humusbedarfskoeffizienten beziehen sich auf den mit organischer Düngung zu deckenden Bedarf ackerbaulicher Kulturen zur dauerhaften Realisierung eines hohen Ertragsniveaus bei hoher N-Effizienz und ohne negative Beeinflussung der Bodenfunktionen. Ein quantitativer Bezug zur Entwicklung der Humusvorräte wird nicht hergestellt und kann ohne Berücksichtigung sonstiger Standortbedingungen in der Humusbilanzmethode in der Tat auch nicht unterstellt werden (vgl. Brock et al., 2012b). Auch das im vorliegenden Beitrag verwendete Humusbilanzmodell HU-MOD wurde zunächst nicht für die Quantifizierung von Mengenänderungen der organischen Bodensubstanz validiert, sondern nur für eine relative Bewertung des Einflusses unterschiedlicher Bewirtschaftungsszenarien an einem Standort auf die Entwicklung der Humusvorräte (Brock et al., 2012a). Dennoch ist festzustellen, dass beide Humusbilanzmethoden (VDLUFA, 2004; Brock et al., 2012a) konzeptionell durchaus eine Beziehung zwischen Humusreproduktionskoeffizienten und Mengenänderungen der organischen Bodensubstanz annehmen, hier aber auf eine quantitative Bewertung aufgrund der Nicht-Berücksichtigung des Einflusses wichtiger Standortfaktoren sinnvollerweise verzichten. Bei entsprechender Kalibrierung zur Berücksichtigung der tatsächlichen ökologischen Rahmenbedingungen des Humusumsatzes an einem Standort ist das von uns verwendete Modell HU-MOD daher in der Lage, die reale Humusreproduktion näherungsweise zu quantifizieren und kann deswegen auch an diesem Parameter überprüft werden. Da (optimale) mineralische Düngung und (hohe) Erträge im Modell als Input-Parameter berücksichtigt werden, ist der Bezug der Modellergebnisse zu Änderungen der Humusvorräte das sinnvollste Prüfkriterium. In der Tat wird auch von der Humusbilanzierung nach VDLUFA (2004) erwartet, dass zumindest theoretisch (d.h. bei entsprechenden Rahmenbedingungen) ausgeglichene Bilanzsalden einen Erhalt der Humusvorräte implizieren. Hier sei auch erwähnt, dass im Auswertungszeitraum gleichbleibende Humusvorräte durchaus ein Kriterium bei der Ableitung der Humusreproduktionskoeffizienten durch Asmus und Herrmann (1977) waren, die der Bilanzmethode von VDLUFA (2004) zugrunde liegen.
Die Modellierung der Humusreproduktion von Kulturpflanzenbeständen bietet einen vielversprechenden Ansatz zur reproduzierbaren Bewertung der Anbausysteme in der Humusbilanz. Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit ermittelten Koeffizienten für Energiepflanzenanbausysteme liegen dabei insgesamt in einem plausiblen Bereich, der durch Evaluationen des Modells hinsichtlich der Bewertung von Mais und Miscanthus bestätigt wurde. Dennoch muss festgestellt werden, dass die aktuelle Datenlage zur ober- und unterirdischen Biomasseproduktion in Energiepflanzen-Produktionssystemen sowie zu Anfall und Umsatz von Ernte- und Wurzelrückständen noch sehr schwach und für die Kalibrierung von Modellen zur Bewertung von Einflüssen auf die organische Bodensubstanz insgesamt unzureichend ist. Weiterhin liegen nur für wenige Kulturen Ergebnisse vor, die eine Validierung entsprechender Modellergebnisse zulassen. Für die Nachhaltigkeitsanalyse des Energiepflanzenanbaus und die Umsetzung von § 17 BBodSchG besteht daher dringender Forschungsbedarf, der in einem aktuellen Projekt (Verbundvorhaben Ermittlung von Humusbedarfskoeffizienten für Energiepflanzenarten und Energiepflanzenanbausysteme, Laufzeit 2012–2015, gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) unter Beteiligung von Mitgliedern der Autorengruppe angegangen wird, um zu anwendbaren Humusbilanzkoeffizienten für Energiepflanzen und Energiepflanzenproduktionssysteme zu kommen.
Die Autoren bedanken sich bei den verantwortlichen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen im EVA-Projekt (Leitung Dr. habil. Armin Vetter, Christoph Strauss) sowie bei Dr. Rüdiger Grass (Universität Kassel), für die Bereitstellung von Daten.
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