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Mitteilungen und Nachrichten

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Reisebericht – „VI. International Conference on Legume Genetics and Genomics“ Hyderabad, Indien

Journal für Kulturpflanzen, 65 (6). S. 248–250, 2013, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Die internationale Tagung wird im zweijährigen Turnus veranstaltet und fand im Jahr 2012 (2. bis 7. Oktober) erstmals auf asiatischem Boden statt. Hyderabad ist die fünftgrößte Stadt Indiens und liegt im Bundesstaat Andra Pradesh, im Süden Indiens.

An der Tagung nahmen 520 Teilnehmer aus 44 Ländern teil, davon insgesamt fünf Teilnehmer aus Deutschland. Neben dem Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) mit den beiden Berichterstatterinnen war mit zwei Mitarbeitern die Firma GenXPro aus Deutschland vertreten, mit welcher eine Kooperation zur Entwicklung merkmalsrelevanter molekularer Marker u.a. in Lupinen besteht.

Neben Teilnehmern aus dem indischen Raum waren auch Vertreter aus verschiedenen afrikanischen Staaten, Südamerika, den USA, Kanada, Australien, Japan, Korea, Russland, Polen, Großbritannien, Spanien, Frankreich, Portugal und Ungarn präsent.

In Deutschland werden Lupinen, Ackerbohne, Erbse und in jüngerer Zeit auch die Sojabohne als Körnerleguminosen angebaut, jedoch bislang mit geringer Bedeutung für die mensch­liche Ernährung. Auf dem asiatischen und afrikanischen Kontinent spielen hingegen Leguminosen wie Gartenbohne (Phaseolus vulgaris), Ackerbohne (Vicia faba), Kichererbse (Cicer arietinum), Erdnuss (Arachis hypogaea) und die Sojabohne (Glycine max), aber auch Kulturen wie die Linse (Lens culinaris) eine wichtige Rolle in der Ernährung.

Somit spielen diese Kulturarten im Hinblick auf die internationale Grundlagen- und Züchtungsforschung eine bedeutende Rolle.

Im Rahmen der knapp einwöchigen Veranstaltung wurden insgesamt 63 Vorträge aus zehn verschiedenen Themengebieten präsentiert. Zusätzlich wurden an zwei Nachmittagen insgesamt 293 Poster vorgestellt. Die Poster konnten vom jeweiligen Erstautor in einem ‚One minute talk‘ dem Auditorium präsentiert werden. Die Poster wurden von einer Jury begutachtet und die besten prämiert. Das JKI-Poster zum Thema „Anthracnose Resistance in Lupins – Increasing Yield Stability and Promoting Growth of Homegrown Legumes“ gehörte zu den ausgezeichneten Postern.


Über sechs der zehn Themengebiete wird im Folgenden berichtet:

1 Next Generation Genomics

2 Symbiosis and Development

3 Abiotic Stress

4 Pathogenesis and Disease Resistance

5 Genomic Ressources and Trait Mapping

6 Genomics-Assisted Breeding


1 Next Generation Genomics

Als überragende Technik auf diesem Themengebiet wurden die ‚Next Generation Sequencing‘-Verfahren behandelt. Mit der 454-Technologie lassen sich schneller und kostengünstiger als noch vor einigen Jahren genomweit Sequenzdaten erfassen. Diese Sequenziertechnik besticht zwar nicht durch eine hohe Sequenziertiefe bzw. -genauigkeit, ist jedoch für die Identifi­zierung von Polymorphismen im Rahmen der Entwicklung molekularer Marker hervorragend geeignet.

Zum Beispiel wurden 9000 SNPs, die mit dieser Methode in der Gartenbohne (Vicia faba) detektiert wurden, für die Bestimmung der genetischen Variabilität von 167 Linien eingesetzt, um Aufschluss über die Domestikation zu erhalten.

In der Sojabohne setzt man auf die Technik, um genomweite strukturelle Variationen wie Deletionen und Duplikationen zu detektieren, die mit phänotypischer Variabilität in Beziehung gesetzt werden können.


2 Symbiosis and Development

Rhizobien sind häufige und verbreitete Bodenbakterien. Ihre besondere Bedeutung liegt in ihrer Fähigkeit, mit Pflanzen aus der Familie der Hülsenfrüchtler eine Symbiose einzugehen. Die Effizienz dieser Symbiose bestimmt das N2-Fixierungsvermögen. Die Erforschung des Erkennungsmechanismus zwischen Pflanzenwurzel und Rhizobien war ein weiteres wichtiges Themengebiet der Konferenz. So wurde von der Identifizierung zweier Serine/Threonin-Rezeptorkinasen in Lotus japonicus berichtet, die direkt in die Signalerkennung zwischen Wurzel und Bakterium involviert sind. Die Gensequenzen sind bekannt und auf der Grundlage von 29 verschiedenen Linien von L. japonicus und einer TILLING-Population konnten verschiedene Allele an den betreffenden Genorten detektiert und in ihrer jeweiligen Funktion für den Signalerkennungsmechanismus untersucht werden.


3 Abiotic Stress

Erdnuss, Schwarzaugenbohne und Kichererbse spielen besonders in Afrika als Nahrungsmittel eine wichtige Rolle. Wegen der hohen Trockenheit in manchen Regionen wird ein Teil der Kulturen aktiv bewässert. Da dies kostenintensiv ist und überdies die Bodenversalzung fördert, wird nach trocken- und salztoleranten Formen gesucht. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Wurzelarchitektur, die zurzeit in ihren genetischen Grundlagen international intensiv erforscht wird. Gleichzeitig werden auf Transkriptebene molekulare Marker entwickelt, um Werkzeuge zur züchterischen Selektion auf Wurzelwuchstypen zur Verfügung stellen zu können.


4 Pathogenesis and Disease Resistance

Häufige Probleme im weltweiten Anbau von Leguminosen sind Krankheiten, die zum einen von pilzlichen Pathogenen und zum anderen von blattlausübertragbaren Viren hervorgerufen werden.

Wissenschaftler am CSIRO in Perth, Australien, konnten ein Gen mit Resistenz vermittelnden Eigenschaften gegen die Blattlaus Acyrthosiphon kondoi (bluegreen aphid, BGA) in der Modellpflanze Medicago truncatula feinkartieren. Transkriptomic- und Metabolomic-Ansätze sollen dazu beitragen, den Resistenzmechanismus des Gens AKR (Acyrthosiphon kondoi resistance) aufzuklären. Weitere Aktivitäten der Arbeitsgruppe richten sich auf eine Resistenz gegen Therioaphis maculata (spotted alfalfa aphid, SAA). Beide Lausarten, BGA wie auch SAA, bedrohen maßgeblich die Bestände der Blauen Süßlupine in Westaus­tralien. Das sequenzierte Genom von Medicago truncatula dient als Modell zur Identifizierung und Isolierung von Genen mit Schlüsselfunktionen für Läuseresistenzen; diese Informationen sollen für andere Leguminosen genutzt werden.

Der Kichererbsenanbau in Indien leidet an hohen Ertrags­verlusten durch Befall mit dem Pilz Fusarium oxysporum f. sp. ciceris. Durch Kolonisation im vaskulären Pflanzengewebe wird ein optimaler Nährstofftransport verhindert und die Pflanze beginnt zu welken. Eine Arbeitsgruppe in Kalkutta, Indien, versucht ebenfalls mit einem Transcriptomics-Ansatz, Resistenzmechanismen aufzuklären. Sie berichtet, dass der Pathogen­befall zu veränderter Expression von Transkripten führt, die mit sekundären Metaboliten in Zusammenhang stehen, als auch von Kinasen, Proteaseinhibitoren, Lipasen und Peptidhormonen. Eine funktionelle Charakterisierung der Kandidatengene soll im Weiteren zu einem besseren Verständnis der Kichererbsen-Fusarium-Interaktion führen.

5 Genomic Ressources and Trait Mapping

Genomische Ressourcen, d.h., Sequenzinformation über legume Genome, sind innerhalb der Leguminosen bisher begrenzt verfügbar gewesen. Durch neue Sequenziertechniken konnte diese Lücke weitgehend geschlossen werden.

Im Zuge des Projekts zur Sequenzierung des Genoms der Erdnuss werden genetische Karten erzeugt, die die Assemblierung des Referenzgenoms unterstützen und QTL-Analysen ermöglichen sollen.

Von einer indischen Arbeitsgruppe wurde ein Transkriptom der Kichererbse unter Anwendung der Illumina- und Roche454-Technologie sequenziert. Basierend auf den Sequenzdaten wurden 4111 Mikrosatelliten (simple sequence repeats, SSR) identifiziert, die zur Entwicklung molekularer Marker für die Kicher­erbse dienen. Weiterhin wurde mit den erzeugten Daten eine Webplattform (Chickpea Transcriptome Database) entwickelt. Die dort zur Verfügung gestellten Informationen sollen dazu beitragen, genomische Analysen und Züchtungsprogramme in der Kichererbse zu beschleunigen.


6 Genomics-Assisted Breeding

Mit Fertigstellung und Publikation der Sequenz des Genoms der Straucherbse (Cajanus cajan) im Jahr 2011 machen ver­gleichende Genomics-Ansätze und die Analyse von Genortholo­gien es möglich, die Informationen auch zur Züchtung wirtschaftlich kleinerer, aber regional wichtiger Kulturarten wie die Urd- und Mungbohnen zu erschließen. Die Übertragbarkeit von Markern zwischen den Genomen verwandter Arten machte es bereits möglich, in effizienter Weise molekulare Marker für markergestützte Selektionsprogramme zu entwickeln und anzuwenden.


The International Crops Research Institute for the Semi-Arid Tropics (ICRISAT)

Das Institut wurde im Rahmen der Tagung besichtigt. Neben einem Vortrag über die Arbeitsgebiete konnten die Teilnehmer entweder den Laborbereich oder die Anbauversuche besichtigen.

Es handelt sich um eine Forschungseinrichtung unweit von Hyderabad, die sich auf Agrarforschung für die Entwicklung der Landwirtschaft in Asien und Afrika (Sub-Sahara) konzentriert. Das Institut verfügt über weltweite Kontakte und setzt auch auf Kommunikation über Sozialnetzwerke (Twitter, Facebook).

Die Ausstattung der Laborbereiche (molekulare Markertechniken, In-vitro-Kultur) ist ähnlich der Ausstattung der Labore am Julius Kühn-Institut.

Die Demonstrationsversuche waren sehr anschaulich und sorgfältig angelegt und wurden, untersetzt durch Poster, von den jeweiligen Bearbeitern vorgestellt (s. Abb. 1 bis 3). 

Abb. 1. Demonstrationsversuch – Erdnuss; vor (links) und nach der Ernte (rechts).

Abb. 1. Demonstrationsversuch – Erdnuss; vor (links) und nach der Ernte (rechts).

Abb. 3. Demonstrationsversuch – Straucherbse; Hybrid­sorten auf Basis der CMS (cytoplasmatische männ­liche Sterilität).

Abb. 3. Demonstrationsversuch – Straucherbse; Hybrid­sorten auf Basis der CMS (cytoplasmatische männ­liche Sterilität).

Abb. 2. Demonstrationsversuch – Erdnuss; Züchtung auf hohen Ölgehalt.

Abb. 2. Demonstrationsversuch – Erdnuss; Züchtung auf hohen Ölgehalt.


Die wichtigsten Forschungsgebiete im Bereich Leguminosen am ICRISAT sind:

• Fusarium-Resistenz bei Straucherbse (pigeon pea), Kicher­erbse (chickpea) und Erdnuss

• Hybridzüchtung bei Straucherbse

• Verwaltung und Nutzung umfangreicher genetischer Ressourcen für Straucherbse, Kichererbse und Erdnuss zur Merkmalsverbesserung

• Gentechnische Ansätze zur Verbesserung von Resistenzen in Straucherbse, Kichererbse und Erdnuss (keine kommerzielle Nutzung bisher)

• Selektion und Züchtung auf kurze Vegetationszeit bei Straucherbse

• Selektion und Züchtung auf Trockentoleranz bei Strauch­erbse

Die nächste Tagung wird 2014 in Kanada stattfinden.


Fazit aus Sicht des JKI

Die Tagung ermöglichte den Berichterstatterinnen, einen umfassenden Überblick über weltweit aktuelle Forschungsaktivitäten im Bereich der Leguminosen zu erhalten. Insbesondere bot die Tagung eine sehr gute Möglichkeit, den Stand der grund­lagenorientierten Genomforschung an Leguminosen auf Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen der angewandt orientierten Züchtungsforschung am JKI zu prüfen. Es wurde deutlich, dass die aktuelle DNA-Sequenziertechnologie und die dazu gehörige Bioinformatik in Zukunft eine schnellere Identifizierung von Merkmalsgenen im Genom ermöglichen werden. Dies ist wichtig im Hinblick auf sogenannte SMART-Breeding-Ansätze, die diagnostische Marker für züchterisch relevante Merkmalsgene benötigen.

Auf der Konferenz konnten Kontakte mit Partnern aus Polen und Australien geknüpft bzw. vertieft und künftige Vorhaben zur Lupinenforschung diskutiert werden. Die Tagung wurde auch dazu genutzt, eine inhaltliche Feinabstimmung zu einem sich anschließenden, dreimonatigen Forschungsaufenthalt einer der Berichterstatterinnen (K. Fischer) vorzunehmen, die in der Arbeitsgruppe von M. Nelson, University of Western Australia, SNP-Marker in L. angustifolius entwickeln sollte, um sie im Rahmen eines am JKI laufenden Drittmittelprojekts einsetzen zu können.

Brigitte Ruge-Wehling, Kristin Fischer (JKI Groß Lüsewitz)

Literatur

Journal für Kulturpflanzen, 65 (6). S. 248–250, 2013, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Winfried E.H. Blum Bodenkunde in Stichworten, 7., neu bearbeitete und ergänzte Auflage, Stuttgart, Borntraeger, 2012, XI, 176 S., kartoniert, Hirt‘s Stichwortbücher, EUR 19,90, ISBN 978-3-443-03120-6.

Das Buch „Bodenkunde in Stichworten“ aus der Reihe „Hirt‘s Stichwortbücher“ ist nun seit mehr als vier Jahrzehnten ein Klassiker auf dem Gebiet der Lehrbücher der Bodenkunde und diente Generationen von Studierenden, Schülern und Schülerinnen als leicht lesbare und übersichtliche Einführung. Seit 1992 wird das Buch von Winfried E.H. Blum regelmäßig aktualisiert. 2007 aufgrund der rasanten Entwicklung in der Bodenkunde praktisch neu geschrieben, liegt mit der 7. Auflage eine aktualisierte und überarbeitete Fassung in guter Druckqualität vor. Insbesondere wurde das Kapitel „Einteilung der Böden (Bodenklassifikation)“ überarbeitet. So ist z.B. auch schon die Novelle der Österreichischen Bodensystematik 2011 entsprechend berücksichtigt und die neueren Entwicklungen auf internationaler Ebene. Darüber hinaus wurde das Kapitel 4 (Entwicklung der Böden) signifikant überarbeitet sowie in weiteren Kapiteln neuere Literatur eingefügt. Was geblieben ist, ist die ausgezeichnete Übersichtlichkeit und die knappe, aber sehr klare Wissensvermittlung. Bezüglich der Druckausstattung scheint mir, dass das Buch noch dazugewonnen hat, die Qualität der 69 Abbildungen ist ausgezeichnet.

Die „Bodenkunde in Stichworten“ kann auch weiterhin uneingeschränkt als übersichtliche Einstiegsliteratur zu den Bodenwissenschaften vor allem Schülern und Schülerinnen, Studierenden, aber auch Interessierten an Naturwissenschaften bestens empfohlen werden.

(Nachdruck aus: Die Bodenkultur 63 (2–3), 2012, S. 77).

Martin H. Gerzabek (Wien)


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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