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Originalarbeit

Mutagenese und Polyploidisierung zur Schaffung neuer genetischer Variabilität bei der Hortensie (Hydrangea macrophylla)

Mutagenesis and polyploidization for creation of new genetic variability of Hydrangea macrophylla

Susanne Gürtler1, Evelyn Klocke2 und Otto Schrader2
Institut
Bundessortenamt, Referat 310, Neustadt1
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst, Quedlinburg2

Journal für Kulturpflanzen, 65 (7). S. 273–284, 2013, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2013.07.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Evelyn Klocke, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst, Erwin-Baur-Str. 27, 06484 Quedlinburg, E-Mail: evelyn.klocke@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
17. Mai 2013

Zusammenfassung

Für die Erweiterung der Zuchtmethodik bei Hydrangea macrophylla gelangten Methoden der induzierten Mutagenese und Polyploidisierung zur Anwendung. Für die Mutagenese wurden In-vitro-Nodienexplantate der Sorte ‘Blaumeise’ mit Röntgenstrahlung mit den Dosen 5, 10, 15, 20 und 30 Gy behandelt. Die letale Dosis von 50% lag zwischen 20 und 30 Gy. Nach Gewächshausüberführung zeigten die bestrahlten Pflanzen veränderte Merkmale wie Wuchsdepressionen, deformierte Blütenstände und schwarze Stiele. Die Polyploidisierung wurde ebenfalls in vitro an Nodienexplantaten durchgeführt. Ausgangsmaterial waren die diploiden Sorten ‘Adria’ und ‘Libelle’ sowie die triploiden Sorten ‘Blaumeise’ und ‘Nachtigall’. Kolchizin und Trifluralin dienten als chemische Agenzien zur Hemmung der Mitose. Nach Kolchizinbehandlung wurden nur vier Ploidiechimären gefunden. Trifluralin war weitaus effektiver. Bereits eine Konzentration von 0,001% Trifluralin induzierte die Bildung polyploidisierter Pflanzen. Hexaploide Pflanzen der Sorten ‘Blaumeise’ und ‘Nachtigall’ zeigten eine sehr starke Wuchsdepres­sion und Blattdeformierungen, die Blütenbildung war gestört. Dagegen waren tetraploide Pflanzen der Sorten ‘Adria’ und ‘Libelle’ attraktiv wie ihre diploiden Ausgangsformen. Die Flowzytometrie ermöglichte eine schnelle Feststellung des Ploidieniveaus und nach Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung mit Gensequenzen der 5S und 18/25S rDNA erfolgte die Bestimmung der Karyo­typen. Beide ribosomale Gensequenzen waren jeweils nur ein Mal im haploiden Genom auf unterschiedlichen Chromosomen lokalisiert. Die Bedeutung der Methoden Mutagenese und Polyploidisierung zur Schaffung von Prebreeding-Material wird diskutiert. Insbesondere der Einsatz von tetraploiden Hortensien im Zuchtprozess scheint ein aussichtsreicher Beitrag zur Erweiterung des bestehenden Sortenspektrums zu sein.

Stichwörter: FISH, Flowzytometrie, Hortensie, Mutagenese, Polyploidisierung, Röntgenbestrahlung, Trifluralin

Abstract

The suitability of induced mutagenesis and polyploidization of Hydrangea macrophylla to be incorporated in breeding programs was investigated. For mutagenesis nodal explants in vitro of variety ‘Blaumeise’ were irra­diated with X-rays (5, 10, 20 and 30 Gy). The lethal dose of 50% was between 20 and 30 Gy. Irradiated plants were transferred to the greenhouse. New phenotypic traits like dwarfism, deformed leaves or black stems were observed. Polyploidization was carried out on nodal explants in vitro, too. Plant material was from the diploid varieties ‘Adria’ and ‘Libelle’ as well as from the triploid varieties ‘Blaumeise’ and ‘Nachtigall’. For mitosis inhibition colchicine and trifluralin were used. After treatment with colchicine only four ploidy chimeric plants were found. The effectiveness of trifluralin was much better. Already after treatment with 0.001% trifluralin polyploidized plants were received. Hexaploid plants showed a strong dwarfism and deformed leaves. By contrast, tetraploid plants were attractive like the diploid origins. The flow cytometry enabled rapid ploidy estimation and after the fluorescence in situ hybridization with gene sequences of 5S and 18/25S rDNA the karyotypes were characterized. Each ribosomal DNA sequence used was localized one time on the haploid genome on different chromosomes. The relevance of mutagenesis and polyploidization for creation of pre-breeding material will be discussed. Especially the utilization of tetraploid hydrangeas seems to be a useful tool for the development of new hydrangea varieties.

Key words: FISH, flow cytometry, hortensia, mutagenesis, polyploidization, trifluralin, X-ray irradiation

Mutagenese und Polyploidisierung als wichtige Zuchtmethoden

Induzierte Mutagenese

Eine erfolgreiche Pflanzenzüchtung setzt zwei unterschiedliche, sich ergänzende Prozesse voraus: die Schaffung von genetischer Variabilität und eine gezielte Selektion. Nachdem die Entwicklung der Kulturpflanzen über 10 000 Jahre auf Erfahrung und Beobachtung beruhte, setzte mit Ende des 19. Jahrhunderts eine wissenschaft­liche Betrachtungsweise ein. Die Mendelschen Gesetze gaben dieser Entwicklung einen wichtigen Anstoß. Die Zeit war reif für weitere bahnbrechende Erkenntnisse der Genetik wie z.B. der Beschreibung von Chromosomen (Waldeyer, 1888) und Genen (Johannsen, 1909). Geplante Kreuzungsprogramme zur Schaffung von neuem Prebreeding-Material mit anschließender Selektion entsprechend der phänotypischen Merkmale wurden die Grundlage für eine moderne Pflanzenzüchtung. Kreuzungen waren in den Zuchtprozessen die Hauptquelle von neuer genetischer Variabilität.

Stadler (1928a, b) zeigte erstmals bei Mais und Gerste, dass auch durch Röntgenstrahlung genetische Variabilität erzeugt werden kann. Mit der strahleninduzierten Mutagenese stand damit den Pflanzenzüchtern eine weitere Möglichkeit der Schaffung von Prebreeding-Material mit neuer genetischer Variabilität zur Verfügung. Die genauen Mechanismen der plötzlichen Gen- oder Merkmalsveränderungen nach Bestrahlung sind oft noch weitgehend unbekannt und werden derzeit intensiv mit molekularbiologischen Methoden untersucht. Erkenntnisse über die Mutagenese sind nicht nur für die praktische Pflanzenzüchtung sondern auch für das bessere Verständnis vieler evolutionärer Entwicklungen wertvoll, da die natürliche Mutagenese eine wichtige Triebkraft in der Evolution darstellt. Die induzierte Mutagenese ist eine Verstärkung dieser, sonst eher seltenen Mutationsereignisse durch künstliche Strahlung (z.B. UV, Röntgen oder γ-Strahlung) oder chemische Agenzien wie z.B. Ethylmethansulfonat. Schon bald nach Bekanntwerden der ersten Arbeiten zur induzierten Mutagenese begannen viele Pflanzenzüchter diese praktisch zu nutzen, um Pflanzen mit neuen Merkmalen zu selektieren und weiter im Zuchtprozess zu verwenden. Ein großer Vorteil der Mutagenese ist, dass in der Regel nur Einzelmerkmale verändert werden, der genetische Hintergrund jedoch weitgehend erhalten bleibt. Mit der Intensität der Strahlung kann die Anzahl der Mutationen beeinflusst werden, der Ort der Mutationsereignisse bleibt zufällig. Durch Bonitur zahlreicher Mutanten werden wertvolle neue Genotypen gefunden.

In der Datenbank der internationalen Atombehörde IAEA (http://mvgs.iaea.org/) sind über 2252 mittels Mutagenese entwickelte Kultursorten offiziell registriert (Ahloowalia et al., 2004). Von den registrierten strahlungsinduzierten Mutationssorten wurden 64% nach γ- und 22% nach Röntgenstrahlung erhalten. Es gibt zahlreiche Mutationssorten bei wichtigen landwirtschaftlichen Kulturen wie Reis, Weizen, Gerste, Baumwolle, Banane und Hirse. Ein prominentes Beispiel ist die Gerstensorte ‘Golden Promise‘, selektiert nach einer γ-Bestrahlung. Seit 1967 bis heute wurde diese Sorte mit großem Erfolg angebaut und als Braugerste und für die Whiskyherstellung genutzt (Broad, 2007).

Neben den großen landwirtschaftlichen Kulturen, die schon aufgrund ihrer bedeutenden Rolle zur Ernährungssicherung intensiv züchterisch bearbeitet werden, sind Zierpflanzen ein wichtiges Objekt für die Mutations­züchtung. Ahloowalia et al. (2004) vermerken, dass von den offiziell registrierten Mutationszüchtungen 75% zu landwirtschaftlichen Kulturen und immerhin 25% zu den Zierpflanzen gehören. Die Anzahl Zierpflanzensorten auf Mutationsbasis muss noch weitaus höher angesetzt werden, da viele kommerzielle Anbieter keine Registrierung dieser Sorten in Wien bei der Internationalen Atom­behörde vornehmen lassen.

Die Voraussetzung für die induzierte Mutagenese ist eine effektive Strahlungsquelle. Züchter verfügen selten über derartige Strahlungsquellen, da deren Betrieb mit hohen Kosten und Sicherheitsauflagen verbunden ist. Aus diesem Grunde wird der Service der Betreiber von Strahlungsquellen (Anlagen der Industrie und Forschung) genutzt, um Pflanzenmaterial bestrahlen zu lassen. Nach der Bestrahlung wird das Pflanzenmaterial konventionell selektiert. Diese einfache Vorgehensweise kommt vielen Zierpflanzenzüchtern entgegen. Eine neue Zierpflanzensorte, welche sich nur in einem oder wenigen Merkmalen von der Ausgangssorte unterscheidet, kann eine erfolgreiche neue Sorte werden. Nach der Bestrahlung ist es möglich, dass der Mutant direkt Ausgangspunkt einer neuen Sorte wird. Die Mutanten können aber auch in weiteren Kreuzungsprogrammen eingesetzt werden. In der Zierpflanzenzüchtung werden vorrangig deutlich erkennbare Merkmale wie Wuchsform oder Blütenform/-farbe bonitiert. Dies erleichtert die Auswahl aus einer hohen Anzahl von Pflanzen nach der Bestrahlung. Züchterisch negative Eigenschaften wie deformierter Zwergwuchs, verkrüppelte Blätter/Blüten oder verzögerte Bewurzelung von Stecklingen treten nach Bestrahlung mit zunehmender Strahlendosis vermehrt auf. Somit ist eine optimale Bestrahlungsdosis anhand dieser Eigenschaften schnell ermittelt. Neben der Strahlendosis können weitere Parameter des Bestrahlungsvorganges verändert werden, um die Anzahl gewünschter Mutationen zu erhöhen. Derzeit gibt es wenige wissenschaftliche Projekte, die sich mit diesen Fragestellungen intensiv beschäftigen. Weiterführende Untersuchungen z.B. zur fraktionierten Bestrahlung (mehrmalige Bestrahlung mit kleinen Einzeldosen) oder der rekurrenten Bestrahlung (Bestrahlung in mehreren Generationen) sind wichtig, um das Potenzial der induzierten Mutagenese als Züchtungs­methode besser ausschöpfen zu können. Interessant ist weiterhin die Verknüpfung von In-vitro-Methoden und Mutagenese. Durch In-vitro-Verfahren ist es möglich, viele gleichwertige Explantate auf einmal zu bestrahlen.

Zur Zeit zeichnet sich ein zunehmendes Interesse an der induzierten Mutagenese ab, da sich durch die Entwicklung der molekularen Methoden bis hin zu den Hochdurchsatzmethoden der DNA-Sequenzierung auch für die Erforschung der Grundlagen der Mutationsinduktion neue Horizonte eröffnen. Die vollständige Sequenzierung der Genome u.a. von Arabidopsis und Reis und ein weitgehend öffentlicher Zugang zu Sequenzdatenbanken stimuliert die Entwicklung von neuen Züchtungsstrategien. McCallum et al. (2000) beschrieben erstmals das TILLING (target induced local lesions in genomes). Das Neue an dem Verfahren ist die Verknüpfung der DNA-Analyseverfahren mit der Mutagenese. DNA-Diagnostik ermöglicht das Auffinden von Punktmutationen bei den bestrahlten Pflanzen. Nach Abgleich mit den bestehenden DNA-Sequenzdatenbanken werden Pflanzen mit Mutationen in den gewünschten Genen selektiert. Dieses Verfahren erhöht die Präzision der Züchtung. Das TILLING ist innerhalb von 10 Jahren ein zusätzliches Werkzeug bei der Züchtung von großen landwirtschaftlichen Kulturen geworden.

Eine weitere innovative Züchtungsstrategie auf der Grundlage von Mutagenese ist das Radiation Hybrid Mapping (RH Mapping). Das RH Mapping wurde zuerst beim menschlichen und bei tierischen Genomen ent­wickelt (Goss und Harris, 1975) und ist eine wichtige Methode für das physikalische Mapping dieser Genome. Bei Pflanzen wurde RH Mapping erstmals von Riera-Lizarazu et al. (2000) beschrieben. Sie induzierten durch γ-Strahlung Chromosomenbrüche bei einer monosomen Mais-Hafer-Additionslinie und konnten so eine Genkarte mit einer Auflösung von 0,5–1,0 Mb für das Mais-Chromosom 9 erstellen.

Bei gartenbaulichen Kulturen sind im Vergleich zu den großen landwirtschaftlichen Kulturen und den Modellpflanzen noch relativ wenige DNA-Sequenzdaten bekannt. Die Sequenzdaten sind eine grundlegende Voraussetzung für die Anwendung der neuen Mutagenese gestützten Technologien. Es gibt jedoch durchaus Synergieeffekte, so dass Erkenntnisse aus laufenden großen Forschungsprojekten auch auf kleinere Kulturen übertragen werden. Bis zu einer umfassenden praktischen Nutzung der molekularen Daten für die Vielzahl an gartenbaulichen Kulturen ist es dennoch noch ein langer Weg.

Polyploidie

Ein weiteres Werkzeug der Pflanzenzüchtung zur Schaffung von genetischer Variabilität und zur Erschließung genetischer Ressourcen ist die Polyploidie. Unter Polyploidie versteht man einen somatischen Chromosomensatz höher als 2x. Nachdem die Polyploidie erstmals von Lutz (1907) bei Oenothera beschrieben wurde, gab es sehr schnell Befunde, dass insbesondere Pflanzen häufig mehr als den diploiden Chromosomensatz besitzen. Wie viele Pflanzenarten polyploid sind, wird nicht einheitlich diskutiert. Dies hängt damit zusammen, dass es mitunter schwierig ist, die Basischromosomenzahl (x) festzulegen. Das Konzept x als Basischromosomenzahl zu betrachten, geht auf Langlet (1927) zurück. Die Festlegung der Grundchromsomenzahl x für die verschiedenen Pflanzenfamilien und -gattungen ist nicht überall geklärt (Cusimano et al., 2012).

In der Paläopolyploidie erkennt man mitunter nur noch an der Genredundanz die primäre Polyploidie. Bei Arabidopsis wurden 23% duplizierte Gene nachgewiesen (Blanc et al., 2003). Bei Soja betrug der Anteil duplizierter Gene sogar 67% (Schmutz et al., 2010). Die Autoren betonten, dass es mitunter schwierig ist, duplizierte Genomabschnitte zu identifizieren, da nach einer Polyploidisierung Chromosomenumbauten und weitere, tiefgreifende Prozesse der Genomveränderung während der Evolution eine große Rolle spielen. Soltis und Soltis (1999) stellten fest, dass mindestens 70% aller Angio­spermen eine oder mehrere Polyploidisierungen in der Evolution erfahren haben. Bei den Pteridophyten werden mehr als 95% der Arten als paläoploid eingeschätzt.

Die Rolle von Polyploidie als starker Impuls in der Evolution ist nirgendwo so evident wie bei den Pflanzen. So tragen entstandene Reproduktionsbarrieren nach Polyploidisierung zur Entwicklung neuer Spezies bei. Polyploidisierung ist eine umfassende Basis zur Entstehung neuer Gene/Genregulationen und der damit verbundenen Anpassung an neue Umwelten (Adams and Wendel, 2005; Moore and Purugganan, 2005; Meyers and Levin, 2006; Yang et al., 2011; Birchler, 2012).

Bei der Polyploidisierung als Addition eines kompletten Sets an Chromosomen unterscheidet man zwischen Autoploiden und Alloploiden entsprechend ihrer Herkunft (Clausen et al., 1945). Autopolyploide entstehen durch die Verdopplung der Chromosomen einer diploiden Spezies, wodurch anschließend jeweils zwei (oder mehr) homologe Chromosomen vorliegen. Der natür­liche Ursprung von Autopolyploiden ist meist die Fusion unreduzierter Gameten. Allopolyploide dagegen sind das Resultat einer Hybridisierung zwischen zwei unterschiedlichen Arten und einer anschließenden Verdopplung des Chromosomensatzes. Somit sind hier zwei unterschied­liche Genome vereint. Man nimmt an, dass Allopolyploidie eine größere Rolle in der Evolution gespielt hat als die Autopolyploidie. Es gibt jedoch zunehmend Hinweise, dass die Autopolyploidie mehr als nur die einfache Chromosomenverdopplung darstellt und damit der Einfluss der Autopolyploidie auf den Prozess der Artenbildung höher ist als bisher angenommen (Zheng et al., 2010).

Nicht zufällig sind wichtige Kulturpflanzen wie Weizen, Baumwolle, Kartoffel oder Raps Polyploide. Die Zunahme der Genomgröße ist verbunden mit einer Vergrößerung der Pflanzenorgane einschließlich des Samens. Dieser Gigaseffekt ist in der Pflanzenzüchtung gewünscht. Wie hoch die Erwartungen der Pflanzenzüchter an die Polyploidie waren, zeigt z.B. das Buch mit dem Titel „Wege zur Polyploidie: Eine Anleitung zur Herstellung von Pflanzen mit Riesenwuchs“ (Straub, 1950).

Die Unterschiede der Polyploiden zu ihren diploiden Gegenstücken hängen von der entsprechenden Pflanzenart ab. Sie lassen sich nicht vollständig vorhersagen. Bei der Entstehung neuer Eigenschaften spielen vielfältige Faktoren wie der Grad der Heterozygotie, die Ploidie, Mechanismen des Gensilencings und der Geninterak­tionen, der Gen-Dosis-Effekt und weitere Regulations­mechanismen eine wichtige Rolle. In der Zierpflanzenzüchtung erwartet man nach Polyploidisierung erwünschte Merkmale wie größere Pflanzenorgane (Blätter oder Einzelblüten), die Intensivierung von Blatt- und Blütenfarben, eine gesteigerte Standfestigkeit, kompakte Wuchsformen und eine Verbesserung der Krankheits­resistenz einhergehend mit einer erhöhten Umweltadaption. Die Maskierung letaler oder suboptimaler Allele durch die höhere Redundanz der Gene bewirkt oft die verbesserte Vitalität der Polyploiden.

Durch Polyploidie kann die Hybridfertilität von Alloploiden wieder hergestellt werden, ein weiteres wich­tiges Argument zum Einsatz der Polyploidie im Zucht­prozess. Allerdings führen Probleme während der Meiose nicht selten auch zu Fertilitätsstörungen (Comai, 2005).

Züchterisch nutzbar wurde die künstliche Polyploidie nach den ersten Befunden zur induzierten Chromosomenverdopplung in Pflanzenzellen nach Kolchizinapplikation (Blakeslee und Avery, 1937). Kolchizin bindet an die Mikrotubulinuntereinheiten und hemmt somit die Mitose. Da Kolchizin, ein Alkaloid der Herbstzeitlosen, sehr toxisch ist, suchte man nach weiteren Induktoren der Polyploidie. So wurden neben Kolchizin u.a. Trifluralin, Amiprophos-Methyl, Propyzamide und Oryzalin mit Erfolg eingesetzt (z.B. Akashi et al., 1988). Ähnlich wie bei der Mutagenese kann die Kombination In-vitro-Technik und Polyploidisierung die Effektivität der Verfahren erhöhen, da eine hohe Anzahl Pflanzen (-explantate) mit dem toxischen und auch teuren Mitosehemmstoff in kleinen geschlossenen Systemen behandelt werden kann.

Viele bekannte Zierpflanzensorten sind Polyploide. Bei der Entwicklung der Sorten werden sowohl die natürlich vorkommenden Polyploide als auch künstlich induzierte genutzt. Ein sehr bekanntes Beispiel ist die Rose. Die meisten Garten-, Topf- und Schnittrosen sind tetraploid (2n = 4x = 28). Die tetraploiden Rosen sind Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Betrachtung sowohl in Hinsicht der Schaffung neuer Sorten (Khosravi et al., 2008) als auch der Erweiterung und Charakterisierung des genetischen Pools für Neuzüchtungen mittels molekularer Marker (Konig-Boucoiran et al., 2012; Zhang et al., 2013).

Bei Pelargonium, einer weiteren wirtschaftlich wichtigen Zierpflanzengattung, wurden bereits seit 1937 tetraploide Sorten insbesondere von deutschen Züchtern entwickelt. Tetraploide Pelargonien-Sorten haben bis heute einen wichtigen Marktanteil. Da diese Sorten weniger fertil sind, werden die Jungpflanzen hauptsächlich über Stecklinge produziert (Zimmer, 1991).

Dies sind nur zwei exemplarische Beispiele für die Nutzung polyploider Zierpflanzen als attraktive Sorten. In weiteren Publikationen, im Internet oder Sorten­katalogen von Pflanzenzuchtfirmen werden zahlreiche polyploide Zierpflanzen, so u.a. bei Begonia, Calluna, Calibrachoa, Cyclamen, Gerbera, Hosta, Lagerstroemia, Lilium, Phalaenopsis, Schlumbergera, Spathiphyllum, Ti­bouchina beschrieben.

Bei Hydrangea macrophylla, der wirtschaftlich wichtigsten Art der Gattung Hydrangea, gibt es diploide (2n = 2x = 36) und einige triploide (3x = 54) Sorten im Sortiment. Hortensien erleben seit Mitte der neunziger Jahre einen Boom der Nachfrage. Beim Ranking der Zentralen Markt- und Preisberichtsstelle (ZMP) im Jahre 2007 nahmen die Hortensien den 4. Platz unter den beliebtesten blühenden Zimmerpflanzen ein (Hanke, 2008). Weitere Arten wie H. arborescens oder H. paniculata, welche ausschließlich als Baumschulware gehandelt werden, erfreuen sich ebenfalls einer erhöhten Nachfrage. Neuzüchtungen beruhen auf den klassischen Methoden der Kreuzung und gezielten Selektion. Die Züchtungs­geschichte geht bis auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Dennoch sind bisher keine Sorten bekannt, die mittels induzierter Mutagenese oder Polyploidisierung entstanden sind. Nachfolgend werden Versuche zur Etablierung dieser Techniken beschrieben und die Erfolgschancen für Hydrangea diskutiert.

Material und Methoden

Pflanzenmaterial

Für die Versuche zur Mutagenese und Polyploidisierung wurden In-vitro-Pflanzen verwendet. Primäre In-vitro-Pflanzen der H. macrophylla Sorten ‘Blaumeise’ (3x), ‘Nachtigall’ (3x), ‘Libelle’ (2x) und ‘Adria’ (2x) stellte freundlicherweise Dr. Antje Doil, Leibniz Universität Hannover, zur Verfügung. Die Pflanzenanzucht erfolgte in der Klimakammer mit einem Tag/Nacht-Rhythmus (16/8 h) bei 25°C und einer Beleuchtungsstärke von 30 μmol s–1 m–2. Als Kulturgefäße fanden Babygläser mit 30 ml modifiziertem MS-Medium (Murashige und Skoog, 1962) Verwendung: 1/2 MS Makro-/Mikrosalze, B5-Vitamine, 20 g l–1 Saccharose, 10 g l–1 Glukose, 1,07 μmol l–1 α-Naphtalenessigsäure (NAA), 3 g l–1 PhytagelTM (Sigma), pH 5,7. Um das Auftreten von Endophyten zu verhindern, wurden nach dem Autoklavieren jeweils 400 mg l–1 sterilfiltriertes Timentin® hinzugegeben.

Nach erfolgten Behandlungen wurden neu gebildete, bewurzelte Pflanzen zur weiteren Bonitur in Erde überführt und nach Abhärtung im Gewächshaus weiter kultiviert. Für selektierte Pflanzen erfolgte ab dem 2. Jahr im Juli ein leichter Rückschnitt. Ab Anfang November kamen die Pflanzen für acht Wochen in die Kühlkammer (ca. 4°C), um die Blütenausbildung zu fördern. Der Neuaustrieb begann jeweils im Februar.

Mutationsinduktion

Nodienexplantate mit jeweils vier Axillarknospen der Sorte ‘Blaumeise’ wurden frisch geschnitten und in fest verschlossenen Petrischalen mit Medium 1/2 MS Makro-/Mikrosalze, B5-Vitamine, 10 g l–1 Saccharose, 15 g l–1 Glukose, 0,88 μmol l–1 6-Benzylaminopurin (BAP), 2,9 μmol l–1 Gibberellinsäure (GA3), 3 g l–1 Phytagel, pH 5,7 mit folgenden Dosen bestrahlt: 5, 10, 15, 20, 30 Gy. Die Dosisrate betrug 0,9 Gy min–1. Die Bestrahlungen wurden zwei Mal mit jeweils 30 Explantaten/Bestrahlungsdosis durchgeführt. Für die Bestrahlungen stand eine Gleichspannungsröntgenanlage der Firma Yxlon International X-Ray GmbH Hamburg bestehend aus dem Steuerteil MGC 41, dem Hochspannungserzeuger MGP 40 und der Röntgenröhre KB 150/6 der Firma Müller zur Verfügung. Nach der Bestrahlung erfolgte die Weiterkultur der Explantate auf frischem Nährmedium in der Klimakammer und die anschließende Überführung der Pflanzen in das Gewächshaus.

Polyploidisierung

Die Polyploidisierung erfolgte unter der Verwendung der Mitosehemmstoffe Kolchizin und Trifluralin. In-vitro-Nodienexplantate der genannten Sorten wurden verwendet. Die Behandlung (24 bzw. 48 h) erfolgte im Dunkeln bei 25°C unter ständigem Schütteln mit 100 UpM. 20 bis 30 Explantate pro Variante wurden dazu in 30 ml Flüssigmedium (1/2 MS Makro-/Mikrosalze, B5-Vitamine, 10 g l–1 Saccharose, 15 g l–1 Glukose, 0,88 μmol l–1 BAP, 2,9 μmol l–1 GA3, pH 5,7) mit 1% Dimethylsulfoxid (DMSO) und dem entsprechenden Mitosehemmer in verschiedenen Konzentrationen überführt. Für Kolchizin wurden die Konzentrationen 0,01, 0,03, 0,05 und 0,1% getestet, bei Trifluralin betrugen die Konzentrationen 0,001, 0,005 und 0,01%. Als Kontrollen dienten Explantate im Flüssigmedium ohne Kolchizin bzw. Trifluralin mit (Kontrolle 1) oder ohne DMSO (Kontrolle 2). Abschließend wurden die Explantate mit sterilem Wasser gewaschen, kurz auf Filterpapier getrocknet und wie die bestrahlten Explantate weiter in der Klimakammer kultiviert. Ein Teil der Pflanzen mit veränderter Ploidie wurde im Gewächshaus nach Abhärtung weiter kultiviert.

Flowzytometrie

Die austreibenden Axillarsprosse wurden nach ca. 16 Wochen flowzytometrisch untersucht. Etwa 1 cm2 Blattgewebe wurde dazu mit einer Rasierklinge in einer Plastikpetrischale (ø 6 cm) unter Zugabe von 900 μl eisgekühlter Pufferlösung (Galbraith et al., 1983), 50 μl RNAse (1 mg ml–1) und 50 μl Propidiumjodid, Konzen­tration 1 mg ml–1 (Sigma) zerkleinert. Die erhaltene Kernsuspension wurde anschließend mit einer Einmal­pipette durch einen 35 μm Nylonfilter (BD) in ein Probenröhrchen (BD) gegeben. Die Fluoreszenzmessung erfolgte mit einem Durchflusszytometer (BD FACSCaliburTM) und die anschließende Datenauswertung mit der Software CellQuestTM (BD).

Zytologische Präparation und Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)

Wurzelspitzen wurden von Topfpflanzen entnommen und zur Metaphasenanreicherung in einer wässrigen Lösung mit 2 mM 8-Hydroxychinolin bei Raumtemperatur für 2,5 h inkubiert, danach in 3:1 Äthanol/Eisessig-Lösung (Raumtemperatur, 24 h) fixiert und anschließend in 70%igem Äthanol bei 4°C gelagert. Nach Verdauung der Wurzelspitzen in einer Enzymmischung aus 4% Cellulase (Onozuka R-10, Serva) und Pectolyase Y-23 (Seishin Pharmaceutical) gelöst in 75 mM KCl und 7,5 mM Na-EDTA, pH 4,0 (vergl. Kakeda et al., 1991) wurde ca. 1 cm der mazerierten Spitze in 45%iger Essigsäure gequetscht, bei –80°C schockgefroren, das Deckglas abgesprengt und das Präparat 1–3 Tage getrocknet.

DNA-Sonden für die FISH: Die 5S-rDNA Sonde wurde via PCR unter Verwendung genspezifischer Primer am­plifiziert und gelabelt mit Digoxigenin-11-dUTP (Roche Diagnostics) (Gottlob-McHugh et al., 1990). Für die Markierung der 18/25S rDNA mit Biotin-16-dUTP mit dem Nick-Translation-Mix (Roche Diagnostics) diente als Template das 18/25S rDNA-genspezifische Plasmid VER 17 (Yakura und Tanifuji, 1983).

Die FISH-Prozedur wurde nach Schrader et al. (2000) mit wenigen Modifikationen beim stringenten Waschen mit 0,3x SSC bei 42°C durchgeführt. Für die Zweifarben-FISH erfolgte die Detektion von Biotin mit 6 ng μl–1 Streptavidin-Cy3 (Dianova) für die Rotfärbung und Digoxigenin mit 6 ng μl–1 von Antidigoxigenin-FITC (Roche Diagnostics) für die Grünfärbung. Nach dem Waschen der Präparate in 4x SSC mit 0,1% Tween 20 bei 42°C wurden die FITC-Signale verstärkt mit 6 ng μl–1 Anti-Schaf-Fluorescein (Dianova). Die Chromosomen wurden gegengefärbt mit 1,0 ng μl–1 DAPI (4‘,6-diamidino-2-phenylindol, Molecular Probes) für 5 Minuten bei 23°C. Nach Mikroskopaufnahme (Mikroskop Axioimager Z1 mit der CCD-Kamera Axiocam, Zeiss) erfolgte die Bild­analyse mit dem Software-Programm Isis (Firma Metasystems).

Ergebnisse und Diskussion

Röntgenbestrahlung

Die Bestrahlungsversuche wurden 8 Wochen nach der Röntgenbehandlung ausgewertet. Alle mit einer Strahlendosis von 5, 10, und 15 Gy exponierten Explantate waren vital und die Seitensprosse hatten sich gut ent­wickelt. Ein Unterschied zur unbehandelten Kontrolle ließ sich nicht feststellen (Abb. 1). Auch bei den unbehandelten Kontrollen entwickelten sich aus den jeweils vier angelegten Axillarknospen nur etwa zwei Drittel weiter. Der fehlende Sprossaustrieb war somit auf allgemeine physiologische Gründe zurückzuführen wie z.B. ungenügende Reifung der Axillarknospen zum Zeitpunkt der Explantatnahme oder suboptimales Nährmedium.

Abb. 1. Seitensprossbildung von In-vitro-Nodienexplanta­ten 8 Wochen nach Röntgenbestrahlung.  1. Versuch,  2. Versuch. Pro Explantat sind vier Seitenaustriebe möglich = 100%.

Abb. 1. Seitensprossbildung von In-vitro-Nodienexplanta­ten 8 Wochen nach Röntgenbestrahlung. bilder/guertler_et_al_bld-012.jpg 1. Versuch, bilder/guertler_et_al_bld-013.jpg 2. Versuch. Pro Explantat sind vier Seitenaustriebe möglich = 100%.

Die Entwicklung von Seitensprossen aus den Nodien­explantaten nach Bestrahlungen mit 20 Gy bzw. 30 Gy war deutlich gehemmt. Nach der Behandlung mit 20 Gy starben 11% der Explantate ab, nach 30 Gy waren es bereits 80%. Dies spiegelte sich auch bei der Seitensprossbildung wider.

Die Häufigkeit der Mutationen kann durch die Dosis beeinflusst werden. Die Bestrahlung soll so intensiv sein, dass Mutationen induziert werden, wenn möglich gewünschte, jedoch nicht so zahlreich, dass die Lebens­fähigkeit der Pflanze sichtbar negativ beeinflusst ist. Dazu ist es üblich, die jeweilige letale Dosis von 50% (LD50) zu ermitteln. Die LD50 ist abhängig vom bestrahlten Pflanzenmaterial, aber auch von der Art der Bestrahlung und muss demnach jeweils neu ausgetestet werden. Dabei ist die LD50 ein Anhaltspunkt dafür, wo noch positive Mutationen zu erwarten sind. Eine Bestrahlung über der LD50 führt meist zu eingeschränkt lebensfähigen Pflanzen.

Die dargestellten Ergebnisse für Nodienexplantate bei Hortensie zeigen, dass die LD50 zwischen 20 und 30 Gy liegt. Dies war auch deutlich an den neu ausgebildeten Sprossen zu erkennen. Während die Sprosse der Varianten 5–15 Gy normal bewurzelten, war bei 20 Gy eine Verzögerung erkennbar, Pflanzen nach einer Bestrahlungsdosis mit 30 Gy bewurzelten kaum. Sowohl der Sprossaustrieb als auch die Bewurzelung sind de novo Vorgänge nach der Bestrahlung. Viele Regulationsmechanismen der Zelle spielen dabei eine Rolle und müssen genau aufeinander abgestimmt sein. Somit machen sich Mutationsereignisse bei Regenerationsprozessen schnell negativ bemerkbar. In der Regel gibt es mehr negative als positive Mutationsereignisse. Aus diesem Grund ist die Bonitur des Phänotyps auf der einen Seite einfach, andererseits wird aber eine hohe Anzahl an behandelten Explantaten benötigt, um die Wahrscheinlichkeit positiver Mutationen zu erhöhen.

Die Unterschiede zwischen den beiden Versuchen (Abb. 1) mit jeweils 30 behandelten Explantaten pro Behandlung müssen noch verifiziert werden. Bei der sehr langsam in vitro wachsenden Hortensie ist es schwierig, in einem angemessenen Zeitraum genügend uniforme Explantate heranzuziehen.

Es wurden 187 Pflanzen ins Gewächshaus überführt, davon waren 10 mit 30 Gy, 36 mit 20 Gy, 44 mit 15 Gy, 50 mit 10 Gy und 47 Pflanzen mit 5 Gy bestrahlt worden (Abb. 2).

Abb. 2. Bestrahlte Pflanzen aus der In-vitro-Kultur nach der Abhärtung im Gewächshaus.

Abb. 2. Bestrahlte Pflanzen aus der In-vitro-Kultur nach der Abhärtung im Gewächshaus.

Die Pflanzen wurden hinsichtlich ihrer Morphologie über einen Zeitraum von fünf Jahren bonitiert und progressiv selektiert. Im ersten Jahr der Kultivierung im Gewächshaus zeigten sechs der mit 5 Gy bestrahlten Pflanzen phänotypische Auffälligkeiten wie keine Blütenbildung, deformierte Blüten oder wenige, aber auffällig große Scheinblüten. Diese Merkmalsveränderungen waren im zweiten Kulturjahr nicht mehr nachweisbar und die Pflanzen wurden nicht mehr weiter kultiviert. Die Dosis 30 Gy war offensichtlich zu hoch. Die 10 überführten Pflanzen zeigten massive Wuchsdepressionen und waren verkrüppelt. Diese Pflanzen wurden ebenfalls nach dem ersten Jahr Erdkultur verworfen.

Eine eindeutige Abgrenzung von Mutationseffekten gegenüber Umwelteinflüssen ist bei der Hortensie schwierig. Kleine Unterschiede in der Kulturführung (z.B. der Zeitpunkt und die Art des Rückschnittes, Temperaturführung während der Blüteninduktion oder Pflanzenschutzmaßnahmen) beeinflussen die Bestockung und die Blütenbildung nachhaltig. Die Größe der Scheinblüten ist abhängig von der Anzahl der ausgebildeten Blütendolden pro Pflanze. Dennoch wurden im Vergleich zu den nicht bestrahlten Kontrollpflanzen einige wiederkehrende besondere Merkmale festgestellt, die auf Mutationen schließen lassen. Die nachfolgend gezeigten Eigenschaften traten an Pflanzen auf, die mit den Dosen 10, 15 oder 20 Gy bestrahlt wurden (Abb. 3). Besonders auf­fällig war eine Pflanze mit schwarzen Stielen nach einer Bestrahlung mit 15 Gy, aber auch andere bestrahlte Pflanzen wiesen vermehrt gefärbte Lentizellen an den Stängeln auf. Deformierte Scheinblüten mit verwach­senen Kelchblättern oder einer geänderten Anzahl und Größe der Kelchblätter wurden besonders im ersten Jahr der Bonitur beobachtet. In den Scheinblüten einer mit 20 Gy bestrahlten Pflanze wurden fertile Blütchen gefunden.

Abb. 3. Veränderungen an be­strahlten Hortensien der Sorte ‘Blaumeise’. a: ver­krüppelte Pflanze nach 20 Gy-Bestrahlung, b: auffällig schwarz ge­färbte Stiele (10 Gy, 15 Gy), c: fertile Blütchen in den Scheinblüten (20 Gy), d: sehr gute Blü­teninduktion (15 Gy), e: neben deformierten Blütenständen auch Ballform (20 Gy), f: kräftiges Laub mit schö­ner Aderung (20 Gy).

Abb. 3. Veränderungen an be­strahlten Hortensien der Sorte ‘Blaumeise’. a: ver­krüppelte Pflanze nach 20 Gy-Bestrahlung, b: auffällig schwarz ge­färbte Stiele (10 Gy, 15 Gy), c: fertile Blütchen in den Scheinblüten (20 Gy), d: sehr gute Blü­teninduktion (15 Gy), e: neben deformierten Blütenständen auch Ballform (20 Gy), f: kräftiges Laub mit schö­ner Aderung (20 Gy).

In-vitro-Polyploidisierung

Für die Optimierung der In-vitro-Polyploidisierung wurden Nodienexplantate der Sorten ‘Libelle’ (2x) und ‘Blaumeise’ (3x) verwendet. Diese beiden Sorten hatten in vitro eine höhere Vermehrungsrate als ‘Adria’ und ‘Nachtigall’ und standen somit in ausreichender Anzahl zur Verfügung. Die Nodienexplantate wurden so geschnitten, dass pro Explantat vier Axillarknospen vorhanden waren. Die Kontrollen zeigten in allen Versuchen, dass sich jeweils nur ein Teil der Axillarknospen weiter ent­wickelt. Acht Wochen nach Behandlung der Sorte ‘Blaumeise’ mit Kolchizin waren bei den getesteten Konzentrationen von 0,03 bis 0,5% über 90% aller Nodienexplantate vital. Nach der Behandlung mit 0,1% Kolchizin (48 h) waren von den 30 Explantaten 10 abgestorben sowie 5 weitere unsteril und konnten somit nicht mehr beurteilt werden. Bei der Sorte ‘Libelle’ wurde ebenfalls kein Absterben der Explantate festgestellt, welches ursächlich auf die Kolchizinbehandlung oder die Einwirkung von DMSO beruhte.

Nach 16 Wochen wurde von den In-vitro-Pflanzen Blattmaterial für die Flowcytometrie entnommen. Nur eine Ploidiechimäre ‘Blaumeise’ und eine Ploidiechimäre ‘Libelle’ nach der Variante 0,05% Kolchizin/24 h und nochmals 2 Ploidiechimären (jeweils ‘Blaumeise’ und ‘Libelle’) bei der Variante 0,1%/24 h entwickelten sich nach der Behandlung mit Kolchizin.

Die Versuche mit Trifluralin waren in Hinsicht Ploidie­induktion weitaus erfolgreicher als die mit Kolchizin. Auch bei anderen Zierpflanzen wird über gute polyploidisierende Wirkung von Trifluralin berichtet, so bei Spathiphyllum (Eeckhaut et al., 2004), bei Rosa (Zlesak et al., 2005) und Ranunculus (Dhooghe et al., 2009).

Die Überlebensrate der Nodienexplantate war nach der Trifluralinbehandlung geringer als bei der Behandlung mit Kolchizin. Trifluralinbehandlung führte bei ‘Blaumeise’ zur Schädigung der Nodien. Insbesondere nach einer 48 stündigen Behandlung zeigten sich bei den Varianten mit 0,005 und 0,01% Trifluralin zunehmend auch braune Gewebebereiche. Mit steigender Intensität der Behandlung (Trifluralinkonzentration/behandlungsdauer) erhöhte sich der Stress für die Explantate. Je stärker die Behandlung war, desto mehr Verbräunung und Wachstumsdepression waren erkennbar (Abb. 4).

Abb. 4. Nodienexplantate ‘Blaumeise’ nach verschiedenen Behandlungen mit Trifluralin, Bonitur nach ca. 8 Wochen.

Abb. 4. Nodienexplantate ‘Blaumeise’ nach verschiedenen Behandlungen mit Trifluralin, Bonitur nach ca. 8 Wochen.

Die Bonitur der Seitensprossbildung, ausgehend von 4 möglichen Sprossen pro Explantat acht Wochen nach der Behandlung, ergab unterschiedliche Überlebensraten. Der visuell feststellbare schädigende Einfluss bei stei­genden Konzentrationen und längerer Einwirkung von Trifluralin wird durch Anzahl der auswachsenden Sprosse nur unzureichend dargestellt. Allerdings erholten sich auch viele Explantate im weiteren Verlauf der Kultivierung. Die Sprossentwicklung bei den Versuchen 1 und 2 mit jeweils 30 Explantaten pro Variante zeigte darüber hinaus die Schwierigkeit, Versuche gleichwertig zu wiederholen (Abb. 5). Der physiologische Zustand der Ausgangsexplantate ist von zahlreichen Faktoren abhängig und es ist schwierig, diesen einheitlich bei wiederholter Explantatproduktion zu erreichen. Dies ist ein Grund für eine oft eingeschränkte Reproduzierbarkeit von In-vitro-Versuchen. Relevant ist die Kernaussage der Versuche, dass Trifluralin ein geeignetes Agens zur Polyploidisierung bei H. macrophylla ist.

Abb. 5. Seitensprossbildung bei Nodienexplantaten ‘Blau­meise’ 8 Wochen nach Trifluralinbehand­lung. Pro Explantat sind 4 Seitensprosse möglich = 100%.

Abb. 5. Seitensprossbildung bei Nodienexplantaten ‘Blau­meise’ 8 Wochen nach Trifluralinbehand­lung. Pro Explantat sind 4 Seitensprosse möglich = 100%.

Bei der Sorte ‘Libelle’ traten Schädigungen nach allen getesteten Trifluralinbehandlungen auf. Wie bei der Sorte ‘Blaumeise’ waren die Schädigungen besonders stark nach einer Behandlungsdauer von 48 h mit oder ohne Trifluralin. Die Ursache der Inhibierung ist damit offensichtlich nicht nur die Wirkung des Mitosehemmstoffes, sondern auch die Behandlungsdauer im Flüssigmedium, da auch die Kontrollvarianten Verbräunungen aufwiesen. Der Genotyp ‘Libelle’ reagierte bei beiden Mitosehemmstoffen deutlich stärker mit insgesamt mehr abgestorbenen Explantaten auf die Behandlungen als ‘Blaumeise’.

Da sich Trifluralin für die In-vitro-Polyploidisierung bei Hydrangea als geeignet erwies, wurden auch Nodien­explantate der Sorten ‘Nachtigall’ und ‘Adria’ mit Trifluralin behandelt.

Der Ploidiestatus von allen In-vitro-Pflanzen nach Polyploidisierung wurde flowzytometrisch festgestellt. Die Abb. 6 zeigt exemplarisch die Messungen für eine triploide, mixoploide und eine hexaploide Pflanze der Sorte ‘Blaumeise’. Damit bewährte sich auch für die Hortensie diese einfache und schnelle Art der Ploidie­bestimmung. Nach der Messung wurden unveränderte diploide bzw. triploide Pflanzen (in Abhängigkeit von der Sorte) verworfen.

Abb. 6. Flowzytometrische Be­stimmung der Ploidie 20 Wochen nach Triflura­linbehandlung bei ‘Blau­meise’. A: triploide Kontrollpflanze, B: Ploidiechimäre, C: hexaploide Pflanze.

Abb. 6. Flowzytometrische Be­stimmung der Ploidie 20 Wochen nach Triflura­linbehandlung bei ‘Blau­meise’. A: triploide Kontrollpflanze, B: Ploidiechimäre, C: hexaploide Pflanze.

Bei allen vier verwendeten Sorten konnten mixoploide und höher euploide Pflanzen gefunden werden (Tab. 1). Bereits die niedrige Konzentration von 0,001% Trifluralin war ausreichend, um höherploide Pflanzen zu erhalten. Insgesamt lag der Polyploidisierungserfolg bei den diploiden Sorten höher. Im Gewächshaus wurden 91 Hortensien mit veränderter Ploidie weiter kultiviert (Tab. 2). Der Ploidiestatus der Pflanzen blieb auch nach einem Jahr Gewächshauskultur und erneutem Austrieb konstant.

Tab. 1. Anzahl polyploider Pflanzen aus Nodienaustrieben von ‘Libelle’ (A) und ‘Blaumeise’ (B), 20 Wochen nach Trifluralinbehandlung in Prozent, Ergebnisse jeweils aus 2 Versuchen

A

Behandlung

triploid (%)

mixoploid (%)

hexaploid (%)

24 h

Kontrollen

100

0

0

 

0,001% Trifluralin

85/95

12/3

3/2

 

0,005% Trifluralin

86/95

13/1

1/4

 

0,01% Trifluralin

92/90

6/0

2/10

48 h

Kontrollen

100

0

0

 

0,001% Trifluralin

94/97

3/3

3/0

 

0,005% Trifluralin

100/100

0/0

0/0

 

0,01% Trifluralin

88/89

8/3

4/8

B

Behandlung

diploid (%)

mixoploid (%)

tetraploid (%)

24 h

Kontrollen

100

0

0

 

0,001% Trifluralin

77/90

17/10

6/0

 

0,005% Trifluralin

81/87

17/11

2/2

 

0,01% Trifluralin

60/76

29/22

11/2

48 h

Kontrollen

100

0

0

 

0,001% Trifluralin

62/92

29/8

9/0

 

0,005% Trifluralin

79/71

18/29

3/0

 

0,01% Trifluralin

48/83

37/10

15/7

Tab. 2. Übersicht über die Anzahl polyploidisierter Hor­tensien im Gewächshaus

Sorte

2x + 4x

4x

3x + 6x

6x

Blaumeise

17

7

Nachtigall

5

1

Adria

9

2

Libelle

33

17

Die zytologische Untersuchung erfolgte an Ausgangspflanzen als auch an tetra- und hexaploiden Pflanzen nach der Überführung in das Gewächshaus. Damit wurden die flowzytometrischen Messungen bezüglich der Chromosomenzahl bestätigt und neue Informationen zur Lokalisation von rDNA-Genen im Karyotyp wurden erhalten. Die Chromosomenzahl 36 zeigte den diploiden Status der beiden diploiden Sorten ‘Libelle’ (Abb. 7a, b) und ‘Adria’. Desweiteren wurden bei der zuvor flowzytometrisch festgestellten tetraploiden ‘Libelle’ 72 Chromosomen gezählt (Abb. 8a, b). Analog konnten die 54 Chromosomen der triploiden ‘Blaumeise’ nachgewiesen werden (Abb. 9a, b). Bei den hexaploiden Pflanzen der Sorte ‘Blaumeise’ ist es aufgrund der hohen Anzahl von erwarteten 108 Chromosomen schwierig, Metaphasen zu finden, die alle Chromosomen deutlich erkennen lassen. In den untersuchten Präparaten wurden zwischen 104 und 108 Chromosomen gefunden (10a, b). 

Abb. 7 bis 10.    Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) von 5S rDNA (grün, Pfeil) und 18/25S rDNA (rot, Li­nie) in diploider (7a) und tetra­ploider (8a) ‘Libelle’, sowie triploider (9a) und hexaploider (10a) ‘Blau­meise’. Homogene Färbung mit DAPI (7b, 8b, 9b und 10b). Alle Maßstäbe entsprechen 5 μm.

Abb. 7 bis 10.    Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) von 5S rDNA (grün, Pfeil) und 18/25S rDNA (rot, Li­nie) in diploider (7a) und tetra­ploider (8a) ‘Libelle’, sowie triploider (9a) und hexaploider (10a) ‘Blau­meise’. Homogene Färbung mit DAPI (7b, 8b, 9b und 10b). Alle Maßstäbe entsprechen 5 μm.

Die FISH mit 5S rDNA und 18/25S rDNA zeigte, dass beide Gencluster getrennt auf unterschiedlichen Chromosomen an je einer Stelle pro Genom hybridisieren. Dementsprechend wurden bei der diploiden ‘Libelle’ je Sonde 2 homologe Hybridisierungsorte und bei der tri­ploiden ‘Blaumeise’ je drei markiert. Die polyploidisierten Pflanzen zeigten, wie erwartet, die doppelte Anzahl dieser Signale (Abb. 7a, 8a, 9a, 10a). Bisher gibt es we­nige Untersuchungen zum Genom bei H. macrophylla. Van Laere et al. (2008) nutzten für die Karyotypanalyse eine 45S rDNA-Sonde. Sie konnten damit bei der triploiden H. macrophylla ‘Fasan‘ drei der 54 Chromosomen markieren. Da die 45S rDNA-Sonde die DNA-Sequenz der hier verwendeten 25S rDNA einschließt, ist dies konform mit den hier dargestellten Ergebnissen. Nach homogener Feulgenfärbung gruppierten Cerbah et al. (2001) die Chromosomenpaare einer Metaphase ohne Vermessung in 4 submetazentrische, 8 subtelozentrische und 6 metazentrische Morphotypen. Sie favorisierten daraus die Hypothese, dass die Gattung Hydrangea eine ursprünglich polyploide Herkunft mit den Basischromosomen­zahlen von 9–18 hat. Die Anzahl der gefundenen FISH-Signale weist auf 18 als Basischromosomenzahl hin. Die Gruppe der subtelozentrischen Chromosomen ist im Gegensatz zu Cerbah et al. (2001) in den eigenen Abb. 7-10 und auch in den Idiogrammen von Van Laere et al. (2008) mit 4 Chromosomenpaaren wesentlich geringer. Die hohe Chromosomenzahl von 18 im haploiden Satz legt einen polyploiden Ursprung nahe, ist aber bisher nicht eindeutig zu belegen.

Die polyploidisierten Pflanzen wurden im Gewächshaus im Vergleich zu den Ausgangssorten phänotypisch beurteilt. Ploidiechimären der triploiden Sorten (3x + 6x) zeigten starke Wuchsdepressionen und Verkrüppelungen. Die Ploidiechimären 2x + 4x unterschieden sich kaum von der diploiden Ausgangsform. Mitunter traten leicht deformierte Scheinblüten auf. Ploidiechimären bergen stets Instabilitäten in sich und werden deshalb nicht für Züchtungen genutzt. Aus diesem Grunde wurden die meisten dieser Pflanzen bereits nach dem ersten Jahr im Gewächshaus zugunsten der euploiden Pflanzen eliminiert.

Pflanzen mit einem höheren euploiden Chromosomensatz sind für die Züchtung als neues Basismaterial von hohem Interesse. Die phänotypische Charakterisierung der Gewächshauspflanzen zeigte sehr schnell, dass es offensichtlich nicht sinnvoll ist, triploide Hortensiensorten zu polyploidisieren. Alle Hexaploiden sowohl der Sorte ‘Blaumeise’ als auch der ‘Nachtigall’ hatten starke Wuchsdepressionen, dicke fleischige und deformierte Blätter und kaum Blütenansatz. Dies sind Eigenschaften, die weit jenseits der Züchterwünsche liegen (Abb. 11).

Abb. 11. Beurteilung der Pflanzen im Gewächshaus. links: Typische hexaploide Pflanze der Sorte ‘Blaumeise’, rechts: tetraploide ‘Adria’ (kräftig rosa) und mixoploide ‘Adria’ (leicht violett).

Abb. 11. Beurteilung der Pflanzen im Gewächshaus. links: Typische hexaploide Pflanze der Sorte ‘Blaumeise’, rechts: tetraploide ‘Adria’ (kräftig rosa) und mixoploide ‘Adria’ (leicht violett).

Dagegen sind die tetraploiden Pflanzen der Sorten ‘Libelle’ und ‘Adria’ kaum von ihren diploiden Pendants zu unterscheiden. Die mehrjährige Kultur zeigte, dass insbesondere bei den tetraploiden Pflanzen der Sorte ‘Adria’ die Blütenstände kräftig entwickelt waren, ein wichtiges Merkmal für die gärtnerische Nutzung (Abb. 11). Darüber hinaus war die Blühdauer im Vergleich zur diploiden Kontrollpflanze länger. Diese Beobachtungen an wenigen Einzelpflanzen müssen unter gärtnerischen Bedingungen mit einer hohen Anzahl von Vergleichspflanzen noch weiter geprüft werden.

Ausblick

Zur Erweiterung der Zuchtmethodik bei H. macrophylla wurden erstmals Versuche zur strahleninduzierten Mutagenese und zur Polyploidisierung in Kombination mit der In-vitro-Kultur durchgeführt. Auch international sind bisher ähnliche Arbeiten bei H. macrophylla nicht bekannt.

Für die Mutagenese wurde die triploide Sorte ‘Blaumeise’ verwendet. Regeneratpflanzen nach der Bestrahlung zeigten einige züchterisch interessante Merkmale wie z.B. die Schwarzfärbung der Stiele. Die Bestrahlung der In-vitro-Nodienexplantate ist eine Alternative zu der meist in der Praxis angewendeten In-vivo-Bestrahlung von Stecklingen, da hierdurch schnell eine hohe Anzahl an Explantaten behandelt werden kann. Allerdings ist die In-vitro-Kultur bei der Hortensie sehr genotypabhängig. Nur Genotypen mit einer hohen In-vitro-Vermehrungs­rate sind für die Kombination ‘In-vitro-Bestrahlung‘ geeignet.

Es konnte gezeigt wurden, dass bei Hortensien schon nach relativ geringer Röntgenbestrahlung gärtnerisch wertvolle Merkmale induziert werden können. Damit kann die Bestrahlung eine perspektivreiche Züchtungsmethode für neue Hortensiensorten sein.

Die vorgestellten Ergebnisse der Polyploidisierung belegen, dass die Polyploidisierung für die Entwicklung von neuem Prebreeding-Material bei der Hortensie weiter untersucht und in der Praxis eingesetzt werden sollte. Die langjährigen triploiden Sorten wie ‘Blaumeise’ und ‘Nachtigall’ sind ein Beispiel, dass ein höherer DNA-Gehalt zu attraktiven Hortensien führen kann. Alle erzeugten hexaploiden Pflanzen waren allerdings sehr stark verkrüppelt. Die Genom-Verdopplung der triploiden Sorten führt offensichtlich zu deutlichen Dysfunktionen und damit zu Pflanzenschädigungen. Der hexaploide Status ist keine Option für die Entwicklung von Prebreeding-Material. Anders verhält es sich bei den polyploidisierten diploiden Sorten ‘Adria’ und ‘Libelle’. Die tetraploiden Pflanzen waren wüchsig und attraktiv. Der endgültige züchterische Wert des tetraploiden Pflanzen­materials muss im weiterführenden Vergleichsanbau ermittelt werden. Darüber hinaus könnten die tetraploiden Pflanzen für Kreuzungsprogramme zur Entwicklung neuer triploider Sorten einen wertvollen Ausgangspunkt darstellen. Die Polyploidisierung von diploiden Horten­siensorten stellt damit eine wichtige Erweiterung der Zuchtmethodik für diese beliebte Zierpflanze dar, was bei der Entwicklung von zukünftigen Zuchtprogrammen Berücksichtigung finden sollte.

Danksagung

Die Autoren danken Simone Abel und Kerstin Maier für die exzellente technische Assistenz, dem Versuchsgarten des Julius Kühn-Instituts in Quedlinburg für die Unterstützung bei der Pflanzenpflege. Die Versuche wurden durchgeführt im Rahmen eines AiF-Projektes, Fördernummer KF 007 3501 MD04.

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ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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