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Originalarbeit – Mitteilung

Vierter Europäischer Workshop zur Kontrolle von Pflanzenschutzgeräten – Überprüfung wird Pflicht in der EU

Fourth European Workshop on the inspection of plant protection equipment – Inspection will become compulsory in the EU

Hans-Joachim Wehmann und Heinz Ganzelmeier
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz, Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 65 (10). S. 385–390, 2013, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2013.10.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Hans-Joachim Wehmann, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz, 38104 Braunschweig, Messeweg 11/12, Germany, E-Mail: hans-joachim.wehmann@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
18. März 2013

Zusammenfassung

Im März 2012 fand in Lana (Südtirol) der SPISE 4-Workshop statt, an dem mehr als 100 Teilnehmer aus 29 europäischen Ländern teilnahmen. Der Workshop wurde organisiert von der SPISE Working Group (SWG), der Ver­treter aus Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Deutschland angehören (http://spise.jki.bund.de/).

Der SPISE 4 Workshop hatte das Ziel, die Einführung der Überprüfung in Gebrauch befindlicher Pflanzenschutzgeräte (Kontrolle) in den Mitgliedstaaten der EU zu unterstützen. Mit der Veröffentlichung der Richtlinie 2009/128/EG im Oktober 2009 werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine turnusmäßige technische Überprüfung für Pflanzenschutzgeräte einzuführen und sicherzustellen, dass bis spätestens 2016 alle beruflich eingesetzten Pflanzenschutzgeräte mindestens einmal überprüft worden sind.

Die Richtlinie legt die wesentlichen Eckpunkte fest. Die Ausgestaltung der Verfahrensabläufe ist gemäß dem Subsidiaritätsprinzip den Mitgliedstaaten überlassen, die hierbei über einen großen Gestaltungsspielraum verfügen und eigene Erfahrungen und Gegebenheiten berücksichtigen können.

Stichwörter: Kontrolle von Pflanzenschutzgeräten, EU-Richtlinie, EN-Normung

Abstract

The SPISE 4 Workshop took place in Lana, South Tyrol, March 2012. More than 100 participants from 29 Euro­pean countries took part. The Workshop was organized by the SPISE Working Group (SWG), to which representatives from Belgium, France, Italy, the Netherlands and Germany belong (http://spise.jki.bund.de/).

The aim of the SPISE 4 Workshop was to support the introduction of inspections of plant protection equipment already in use in the Member States of the EU. Following the publication of Directive 2009/128/EC in October 2009, the Member States have to introduce technical inspections for plant protection equipment at regular intervals and ensure that all items of plant protection equipment have been inspected at least once by 2016.

The Directive determines the key points. The development of procedures is left to the Member States according to the principle of subsidiarity. They have a fair amount of leeway and are able to take their own experience and conditions into consideration.

Key words: Inspection of plant protection equipment, EU-Directive, EN-Standardization

Einleitung

Ein leistungsfähiger, auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Pflanzenschutz ist eine bedeutende Grundlage für die Erzeugung hochwertiger Nahrungsmittel in ausreichender Menge. Im Rahmen der europäischen Harmonisierung wurden, mit der Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden, hierzu erstmals europaweit geltende Regelungen auch zur Kontrolle von in Gebrauch befindlichen Pflanzenschutzgeräten festgelegt. Gab es eine Prüfpflicht bisher nur in wenigen Mitgliedstaaten, so ist diese mit Artikel 8 der Richtlinie bis zum Dezember 2016 im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft einzuführen. Bis zum 14. Dezember 2016 müssen beruflich eingesetzte Pflanzenschutzgeräte mindestens einmal kontrolliert worden sein. Danach dürfen sie nur eingesetzt werden, wenn sie bei der Kontrolle den Anforderungen genügt haben. Das Institut für Anwendungstechnik des Julius Kühn-Instituts (vormals BBA) ergriff schon im Jahr 2004 die Initiative und lud Experten der Pflanzenschutzgerätetechnik aus allen Mitgliedstaaten und angrenzenden Ländern ein, gemeinsam die Umsetzung der allgemein gehaltenen Regelungen vorzubereiten. Es wurde dazu ein erster SPISE-Workshop in Braunschweig durchgeführt (SPISE = Standardized Procedure for Inspection of Sprayers in Europe). Vom 27. bis 29. März 2012 traf man sich zum vierten SPISE-Workshop in Lana, Südtirol (s. Abb. 1).

Abb. 1. Teilnehmer des SPISE 4-Workshops vom 27. bis 29. März 2012 in Lana (Südtirol, IT).

Abb. 1. Teilnehmer des SPISE 4-Workshops vom 27. bis 29. März 2012 in Lana (Südtirol, IT).

SPISE4-Workshop mit dem Schwerpunkt „Pflanzenschutzgeräte im Obst- und Weinbau“

Der Workshop begann mit einer „Round-Table-Sektion“ (1). Hier erläuterte zunächst A. Rotteveel von der Europäischen Kommission die Auffassung und die Erwartungen der Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucherschutz (DG SANCO). Herr Rotteveel forderte u.a. die Umsetzung der in Artikel 8 der Richtlinie 2009/128/EG vorgegebenen Regelungen zur Kontrolle möglichst einfach zu gestalten. Die Beteiligung eines Vertreters der DG SANCO wurde als Zeichen der Anerkennung der geleisteten Arbeit durch die SPISE Working Group gewertet.

Als weiterer Redner berichtete B. Freier (JKI, DE) zu nationalen Aktionsplänen, dass hierzu als übergreifendes Ziel eine weitere Risikominimierung und eine stärkere Ausrichtung zum Integrated Pest Management (IPM) gesehen wird. Dabei soll eine Minimierung des Umwelt­risikos um 25% und der Rückstandshöchstmengenüberschreitungen in Lebensmitteln (MRL) von unter 1% bis 2020 erreicht werden. Ein besonderer Schwerpunkt ist hierbei bei der Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes gelegt, mit dem Ziel, unnötige Anwendungen zu vermeiden und präventive und nicht-chemische Pflanzenschutzmethoden zu intensivieren. Der Maßnahmenkatalog umfasst 23 Einzelaktivitäten mit dem Fokus auf Förderung von Forschung und Innovation und mit der Verbesserung von Fachkenntnissen und Informationen. Dabei wird der Fortschritt mithilfe von bestimmten Indikatoren, Kontroll- und Überwachungsprogrammen, und einem Netz von Vergleichsbetrieben festgestellt. Anforderungen von entsprechenden Interessensgruppen für Indikatoren, wie die mengenmäßige Verminderung der eingesetzten Pflanzenschutzmittel, die Errichtung von dauerhaften Sicherheitszonen zu Oberflächengewässern oder die Förderung der biologischen Landwirtschaft, sind noch nicht mit eingeschlossen.

J. van Wenum (NL) stellte insbesondere die positiven Erfahrungen seitens der Landwirte und der Öffentlichkeit heraus, die sich mit der Einführung der Gerätekontrolle in den Mitgliedstaaten ergeben. Er berichtete, dass die obligatorische Kontrolle von in Gebrauch befindlichen Pflanzenschutzgeräten im Jahr 1997 in den Niederlanden eingeführt wurde. Gleichzeitig wurde auch der Sachkundenachweis für Anwender eingeführt. Anfangs mussten die Geräte alle zwei Jahre kontrolliert werden. Da bis zu dem Zeitpunkt nur freiwillige Überprüfungen stattfanden, mussten anfangs sehr viele Geräte auf den Stand der Technik nachgerüstet oder vollständig ersetzt werden. Später wurde der Kontrollrhythmus auf drei Jahre verlängert. Während dieser Zeit haben sich sowohl die Applikationstechnik als auch die Applikationspraxis weiterentwickelt. Geringe Pflanzenschutzmittelaufwandmengen wurden allgemein eingesetzt, Verlustmindernde Düsentechnik und GPS-Steuerungen wurden zunehmend verwendet. Nunmehr spielen die Vermeidung von Abdrift in Oberflächengewässer und das Management hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln eine wichtige Rolle im Pflanzenschutz. Dies setzt Pflanzenschutzgeräte voraus, die in optimalem Zustand sind. Landwirte begrüßen insbesondere die Messungen der Querverteilung und die Überprüfung der Pumpe, da solche Mängel bei den täglichen visuellen Überprüfungen durch den Anwender selbst nur schwer erkennbar sind. Die früher seitens der Regierung und der Öffentlichkeit genannten Gründe für eine Gerätekontrolle werden inzwischen abgelöst durch die Ansprüche des Marktes und durch die eingeführten Zertifizierungssysteme.

Die Ergebnisse der Umfrage zum Stand der Gerätekontrolle in den teilnehmenden Ländern, wie sie vor jedem SPISE-Workshop und so auch im Vorfeld von SPISE4 durchgeführt wurde, stellte H. Wehmann (JKI, DE) vor. Gegenüber den Ergebnissen von 2009 sind beträchtliche Fortschritte festzustellen: Die Anzahl der im Jahr 2011 in den teilnehmenden Ländern geprüften Pflanzenschutzgeräte ist von 230 000 auf 300 000 angestiegen. Die festgelegten Kontrollintervalle, die bis 2020 max. 5 Jahre und danach max. 3 Jahre betragen dürfen, bewegen sich zwischen 1 und 5 Jahren. 16 Länder haben bisher von den Ausnahmeregelungen nach Artikel 8.3 der Richtlinie 2009/128/EG Gebrauch gemacht und bestimmte Geräte von der Kontrolle ausgenommen bzw. hierfür andere Kontrollintervalle festgelegt. Die Anzahl der Pflanzenschutzgeräte hat offensichtlich geringfügig abgenommen. So ging die Anzahl der Feldspritzgeräte von 1,3 Millionen im Jahr 2009 auf 1,25 Millionen 2011 zurück; bei Sprühgeräten verringerte sich die Anzahl im gleichen Zeitraum von 980 000 auf 950 000. Tab. 1 enthält eine Zusammenstellung für einige der für Spritz- und Sprühgeräte für Raumkulturen erfragten Angaben.

Tab. 1. Kontrolle von in Gebrauch befindlichen Spritz- und Sprühgeräten für Raumkulturen in den teilnehmen­den euro­päischen Ländern

Land

Anzahl der in Gebrauch befindlichen Spritz- und Sprühgeräte für Raum­­kulturen

Anzahl der kontrollierten Geräte (Durchschnitt 2004–2006)

Anzahl der kontrollierten Geräte (Durchschnitt 2006–2008)

Anzahl der kontrollierten Geräte (Durchschnitt 2009–2010)

Nach wie viel Jahren muss die Kontrolle wiederholt werden?

Nach wie viel Jahren ist die erste Kontrolle für Neugeräte geplant?

Kontrolle durch aner­kannte Werk­stätten (W) oder durch behördliche Teams (T)

Belgien

1.681

729

729

536

3

3

T

Bulgarien

1.665

0

0

0

5

5

W

Deutschland

42.000

20.957

18.679

19.844

2

0.5

W

Dänemark

?

0

0

0

3

3

?

Estland

?

?

11

?

3

3

W

Finnland

20

0

0

0

5

5

T

Frankreich

100.000

0

0

3.400

5

5

W

Griechenland

103.857

0

0

0

3

5

?

Italien

400.000

5.967

4.933

7.320

2 bis 5

nach 2016: Vor der Auslieferung

W

Lettland

?

11

14

?

3

5

T

Litauen

100

8

8

20

5

Vor der Auslieferung

W

Luxemburg

227

 

 

102

3

3

W

Niederlande

1.875

831

671

588

3

3

W

Norwegen

1.000

55

50

?

5

3

W

Österreich

20.000

6.000

6.500

5.500

3

3

W

Polen

22.111

3.843

3.194

3.579

3

3

W

Portugal

28.000

180

430

610

5

5

?

Rumänien

5.680

0

0

0

5

5

?

Serbien

?

2

2

10

2

2

T

Slowakei

500

80

102

108

5

5

W

Slowenien

6.821

2.881

2.958

2.739

2

0.5

T

Spanien

200.000

1.133

933

?

4

5

W + T

Schweden

250

50

50

0

2

2

W

Schweiz

3.000

675

769

841

4

1

W

Tschechische Republik

1.372

74

280

266

5

5

W

Ungarn

15.000

0

0

0

0

?

?

Vereinigtes Königreich

2.500

  

850

1

Vor der Auslieferung

W


Die eigentliche fachliche Diskussion erfolgte in den anschließenden fünf Sektionen, einer Abendveranstaltung (Kalibrierung und Einstellung von Sprühgeräten) und einer Fachexkursion (technische Überprüfung von Sprühgeräten).

• Sektion 1: Regelmäßige Kontrollen – Kontrolle von Neugeräten

• Sektion 2: Mitgliedstaaten können andere Zeitpläne und Kontrollabstände anwenden, wenn Gerätearten nur in geringem Umfang eingesetzt werden. Handgeführte und rückentragbare Pflanzenschutzgeräte können von den Kontrollen ausgenommen werden

• Sektion 3: Mit den Kontrollen soll sichergestellt werden, dass die Anwendungsgeräte für Pestizide den einschlägigen Anforderungen genügen

• Sektion 4: Jeder Mitgliedstaat führt Bescheinigungsregelungen ein, die die Überprüfung der Kontrollen ermöglichen, und erkennt die in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Bescheinigungen an

• Sektion 5: Ausbildung

• Abendveranstaltung: Haben Kalibrierung und Einstellung der Geräte hinsichtlich der zu behandelnden Kultur und abdriftmindernder Technik einen Zusatznutzen für Wein- und Obstbauern?

• Exkursion zu Kontrollbetrieben und Forschungseinrichtungen der Region

• Postersektion: 10 Teilnehmer haben mithilfe von Postern die laufenden Aktivitäten hinsichtlich der Ein­führung bzw. der derzeitigen Situation der Kontrollsysteme für Pflanzenschutzgeräte dargestellt

Die Präsentationen und Diskussionen in den Sektionen 1 bis 5 lassen erkennen, dass inzwischen alle teilnehmenden Mitgliedstaaten die Einführung der obligatorischen Kontrolle von in Gebrauch befindlichen Pflanzenschutzgeräten unter Berücksichtigung der in der Richtlinie genannten Fristen voranbringen. Dabei stehen Feldspritzgeräte und Sprühgeräte für Raumkulturen zunächst im Fokus der Bestrebungen. Die gegenseitige Anerkennung der Kontrollen zwischen den Mitgliedstaaten ist nach wie vor von großer Bedeutung und wird von der Richtlinie gefordert. Als Ersatz für die noch fehlenden mandatierten Normen wird die Verwendung der EN 13790 in vollem Umfang als geeignete Zwischenlösung empfohlen. Es sollten Qualitätssicherungssysteme, z.B. anhand von Audits, entwickelt werden. Zum Umgang mit geringen Mängeln sowie der Kontrolle von Neugeräten gibt es noch keine klare Position. Hier ist noch ein spezieller Beratungsbedarf notwendig. Noch nicht einheitlich geklärt ist ebenfalls der Umgang mit der, entsprechend Artikel 8.3, notwendigen Risikobewertung, beziehungsweise der Beurteilung des Verwendungsumfangs bestimmter Gerätearten. Anhand dieser Analysen können bestimmte Gerätearten von den Kontrollen ausgenommen werden oder andere Zeitpläne und Kontrollabstände hierzu festgelegt werden. Die meisten Mitgliedstaaten haben hierzu noch keine Festlegungen getroffen. Ein gemeinsames Vorgehen wird hierzu empfohlen und von vielen Mitgliedstaaten gewünscht. Die zukünftige mandatierte Norm 16122 erscheint den Teilnehmern allgemein als geeignet, die Anforderungen der Richtlinie 128 an die menschliche Gesundheit, Sicherheit und Umwelt darzustellen. Die genannte Norm sollte zügig um weitere Gerätearten ergänzt werden. Zur Umsetzung der in Artikel 8.6 vorgeschriebenen Bescheinigungsregelungen, die als Voraussetzung der gegenseitigen Anerkennung der Kontrollen zu sehen ist, sind folgende Voraussetzungen notwendig:

• Möglichkeit der Identifizierung der Geräte (Kontrollbericht und Kontrollplakette)

• Einheitliches Aussehen der Kontrollplakette (Inhalt; Farbkodierung, …)

• Angeglichene Kontrollberichte

• Einheitliche Anforderungen an Kontrollbetriebe/behördliche Kontrollteams

• Qualitätssicherungssysteme – SPISE Working Group (SWG) Signet?

• Anerkannte Kontrolleinrichtungen

Die große Bedeutung einer fundierten Ausbildung/Weiterbildung des Kontrollpersonals wurde wiederholt unterstrichen und als wichtige Grundlage für erfolgreiche Kontrollen bestätigt. Bis zum nächsten SPISE Workshop, welcher voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2014 stattfinden wird, sollen einheitliche Unterrichtspläne und -materialien erarbeitet und zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden.

Südtiroler Beratungsring bietet spezielle Einstell- und Kalibrierungshinweise

Während der Round-Table-Sektion und auch anlässlich der Abendveranstaltung wurde insbesondere das spezielle Kontrollsystem des Südtiroler Beratungsringes für Obst- und Weinbau vorgestellt. W. Waldner berichtete, dass es seit 1997 in Südtirol für Betriebe, die am Südtiroler Programm der integrierten Produktion (IP) für Kernobst teilnehmen, eine Pflichtkontrolle in 5-jährigem Rhythmus gibt. Inzwischen ist die erfolgreiche Teilnahme an einer Kontrollprüfung die Voraussetzung eine GlobalGAP-Zertifizierung. Darüber hinaus fordern die GlobalGAP-Vorgaben eine sorgfältige Berechnung der anzuwendenden Spritzflüssigkeitsmenge und eine jährliche Kalibrierung der Sprühgeräte. Mittlerweile halten ca. 95% der Betriebe diese Anforderungen ein. Eine GlobalGAP-Zertifizierung wird inzwischen als Voraussetzung für den Verbleib am globalisierten Apfelmarkt gesehen.

Die Kontrollprüfung im Rahmen der speziellen Südtiroler IP-Programme umfasst neben der Erfassung der Durchflussmenge jeder Düse auch die Überprüfung der Genauigkeit des Druckanzeigers, der Flüssigkeitsverteilung, der Schleppergeschwindigkeit in verschiedenen Gangstufen und der Zapfwellengeschwindigkeit. Die Filter, das Rührwerk und das Leitungssystem werden einer Sichtkontrolle unterzogen. Wenn möglich, werden Mängel sofort behoben. Idealerweise sollen nur Geräte, die erfolgreich geprüft wurden, den Kontrollbetrieb verlassen. Nur wenn größere Mängel festgestellt werden, die nicht sofort behoben werden können, wird das Gerät in einer Werkstatt repariert und dann noch einmal im Kontrollbetrieb geprüft. Eine komplette Prüfung dauert etwa zwei Stunden. Um lange Wartezeiten zu verhindern, ist beim Beratungsring oder beim Kontrollbetrieb eine Anmeldung erforderlich, wobei auch die technischen Daten des Gerätes und der Obst/Weinkultur übermittelt werden. Nach der Kontrollprüfung werden die festgestellten Daten über das Internet den Mitarbeitern des Südtiroler Beratungsringes zur Verfügung gestellt. Auf der Grund­lage der Daten werden zusammen mit den Anbauern individuelle Arbeitsanweisungen zur Anwendung der Pflanzenschutzmittel in den jeweiligen Wein-/Obstkulturen erarbeitet. Im Jahr 2011 wurde eine Messeinrichtung zur Feststellung der Luftströmung angeschafft (Abb. 2), um damit bessere Einstellanleitungen zur Luftmenge hinsichtlich der Obstbaumgrößen bzw. der Laubflächen beim Wein geben zu können.

Abb. 2. Messeinrichtung zur Feststellung der Luftströ­mung und der vertikalen Spritzflüssigkeitsvertei­lung bei Firma Lochmann, Vilpian (Südtirol).

Abb. 2. Messeinrichtung zur Feststellung der Luftströ­mung und der vertikalen Spritzflüssigkeitsvertei­lung bei Firma Lochmann, Vilpian (Südtirol).

Eine derartige Prüfung wurde im Rahmen der Exkur­sion bei einem Besuch einer anerkannten Kontrollwerkstatt in Auer demonstriert und erläutert. Die Inanspruchnahme dieses Zusatzangebotes des Beratungsrings führt offensichtlich zu einer Win-Win-Situation, denn sowohl für die Obst- und Weinbauern als auch hinsichtlich eines verbesserten Schutzes für die Verbraucher und die Umwelt werden beachtliche Vorteile erreicht. Anlässlich der Abendveranstaltung wurde diskutiert, ob es sinnvoll ist, einige der vom Beratungsring angebotenen Leistungen in das System der Pflichtkontrolle zu übernehmen. Jedoch ist dies im Rahmen der Richtlinie 2009/128/EC und den anzuwendenden, harmonisierten Europäischen Normen kaum zu vereinbaren und könnte daher nur als zusätzliches Angebot für Obst- und Weinbauern gesehen werden.

M. Knoll vom Südtiroler Beratungsring informierte die Teilnehmer darüber hinaus zum Verfahren des „Low-loss spraying“. Diese neue Anwendungstechnik wurde vom Verband Steirischer Erwerbsobstbauern, der Marktgemeinschaft Bodenseeobst und dem Südtiroler Beratungsring entwickelt und hat inzwischen Eingang in die Praxis gefunden. In diesen Anbauregionen wird eine vergleichbare Anwendungstechnik eingesetzt und sie stehen vor folgenden Herausforderungen: Höhere Flächenleistungen je Sprühgerät, hohe Obstbäume (bis 4 m) auch im Intensivanbau, strengere Anforderungen an die Abdriftminderung, sowie Leistungsverbrauch und Lärm, Plantagen oftmals in direkter Nachbarschaft zur Wohnbebauung (Abb. 3). Das grundlegende Element dieser neuen Applikationstechnik besteht in einem optimierten und überwachten Luftausstoß. Die Richtung und Intensität der Luftströmung sind die wichtigen Faktoren für den Be­deckungsgrad und die Verluste durch Abdrift. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurden inzwischen drei Messeinrichtungen zur Feststellung der Luftströmung angeschafft. Zusätzlich zu den geltenden Anforderungen an in Gebrauch befindliche Sprühgeräte, müssen „Low-loss“-Geräte mit einem Gebläse ausgestattet sein, welches eine geeignete vertikale Luft- und Spritzflüssigkeitsverteilung aufweist. Darüber hinaus sind im oberen Bereich abdriftreduzierende Flachstrahldüsen und darunter Hohlkegeldüsen einzusetzen. Zur Überprüfung der Pumpenleistung und des Druckmessgerätes sind am Sprühgerät geeignete Prüfanschlüsse zu installieren. Darüber hinaus muss der Anwender entsprechende Ausbildungseinheiten absolviert haben und einen Zugang zu einem geeigneten Beratungsdienst nachweisen.

Abb. 3. Pflanzenschutzmaßnahmen in der Nähe von Wohngebieten – ein besonders sensibler Aspekt (Foto: Südtiroler Beratungsring).

Abb. 3. Pflanzenschutzmaßnahmen in der Nähe von Wohngebieten – ein besonders sensibler Aspekt (Foto: Südtiroler Beratungsring).

Am zweiten Tag fand eine Exkursion zu der Firma Lochmann in Vilpian (namhafter Hersteller von Sprüh­geräten für den Obst- und Weinbau), zu Forschungseinrichtungen in San Michele all’Adige (Vorstellung von Forschungsergebnissen zu abdriftmindernder Technik) und in Laimburg (Demonstration von besonders hangtaug­lichen Sprühgeräten im Weinbau, Abb. 4) sowie zu einer Prüfstelle des Beratungsrings in Auer statt. Hier in Auer wurde die technische Überprüfung eines Sprühgerätes unter Verwendung der dortigen Prüfeinrichtungen gezeigt. In einer nahegelegenen Obstanlage konnte dann das Sprühbild des so eingestellten Gerätes in Augenschein genommen werden. Bei einer gleichzeitigen Ausstellung von Prüfeinrichtungen von Herstellern aus Belgien, Deutschland und Italien konnten sich die Teilnehmer über das vielfältige Angebot informieren und von den anwesenden Firmenvertretern weiterführende Details erhalten.

Abb. 4. Demonstration besonders hangtauglicher Sprühge­räte im Einsatz im Weinbau.

Abb. 4. Demonstration besonders hangtauglicher Sprühge­räte im Einsatz im Weinbau.

Einrichtung von „Technical Working Groups“ zur Erarbeitung von technischen Verfahrensanweisungen, wie sie von den Mitgliedstaaten gemäß des Subsidiaritätsprinzips zu erarbeiten sind

Im Rahmen des Workshops konnten zahlreiche Themen besprochen und zum Teil auch geklärt werden. Für die folgenden Sachverhalte sind jedoch noch weitere Abstimmungen notwendig:

• Wie soll mit geringen Mängeln und mit der Kontrolle von Neugeräten verfahren werden?

• Festlegung von Zertifizierungssystemen als Grundlage für eine gegenseitige Anerkennung der Kontrollen

• Festlegung von einheitlichen Qualitätssicherungssystemen

• Bestimmung von gemeinsamen Bewertungsschemata der Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, einschließlich einer Beurteilung des Verwendungsumfangs der Geräte

• Festlegung von Verfahrensweisen bei der Kalibrierung, Einstellung und zum Einsatz abdriftmindernder Technik hinsichtlich eines Zusatznutzens für die Anwender

• Sammlung von verfügbarem Ausbildungsmaterial aus den Mitgliedsstaaten und Veröffentlichung auf der SPISE-Internetseite

• Entwicklung einer SPISE-Datenbank für Überwachungszwecke und als Grundlage für die gegenseitige Anerkennung

Diese sollen nun in Technical Working Groups zusammengeführt und weiter spezifiziert werden. Etwa 30 Teilnehmer haben sich für diese Mitarbeit gemeldet. Dies zeigt das große Bemühen der Teilnehmer, nicht nur zu diskutieren, sondern auch aktiv an der Gestaltung der Verfahren zur Gerätekontrolle mitzuwirken. So sollen in verschiedenen Sitzungen im Laufe des Jahres 2013 die technischen Kriterien und Verfahrensabläufe konkretisiert und Vorschläge entwickelt werden, die zu einer einheitlichen Vorgehensweise in den Mitgliedstaaten und damit zur Vereinfachung der gegenseitigen Anerkennung beitragen.

Der Vorsitzende der SPISE Working Group, Herr Dr.-Ing. Heinz Ganzelmeier, auf dessen Initiative SPISE zurückgeht und unter dessen Leitung die vier Workshops stattgefunden haben, hat diese Aufgabe nunmehr an Professor Paolo Balsari (Universität Turin), der seit 2004 auch Mitglied des Leitungsteams ist, abgegeben, da er Ende des Jahres 2012 in den Ruhestand gegangen ist.

Literatur

(1) Ganzelmeier, H., H.-J. Wehmann (Hrsg.), 2012: Fourth European Workshop on Standardized Procedure for the Inspection of Sprayers – SPISE 4 –, Lana (South Tyrol, IT), March 27–29, 2012 Julius-Kühn-Archiv 439, 264 S.

(2) Directive 2009/128 EC of the European Parliament and the Council establishing a framework for Community action to achieve the sustainable use of pesticides, 21 October 2009.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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