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Originalarbeit

Zur Ökostabilität von Winterweizensorten unter Standortbedingungen Brandenburgs

Yield stability of winter wheat grown in Brandenburg

Janna Macholdt1, Gert Barthelmes2, Frank Ellmer1 und Michael Baumecker3
Institut
Humboldt-Universität zu Berlin, Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät, Fachgebiet Acker- und Pflanzenbau, Berlin1
Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg, Güterfelde2
Humboldt-Universität zu Berlin, Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät, Lehr- und Forschungsstation Bereich Freiland, Thyrow3

Journal für Kulturpflanzen, 65 (11). S. 411–421, 2013, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2013.11.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Janna Macholdt, An der Enckekaserne 122, 39110 Magdeburg, E-Mail: jsayer@gmx.net
Zur Veröffentlichung angenommen
8. September 2013

Zusammenfassung

Im Mittelpunkt der Untersuchung von Winterweizen­sorten unter Standortbedingungen Brandenburgs stand die Fragestellung: Welche Sortenunterschiede bestehen hinsichtlich der Ökostabilität, der Leistungsfähigkeit und der Reaktion auf trockenere Witterungsbedingungen?

Dazu wurden auf Basis von mehrortigen und mehr­jährigen Ergebnissen aus Sortenversuchen in Brandenburg und unter Nutzung biostatistischer Parameter verschiedene Weizensorten beurteilt. Die Bewertung zur Ökostabilität und Leistungsfähigkeit umfasste neben der deskriptiven Statistik die Parameter Ökovalenz, lineare Regressionsanalyse und Floating Checks. Weiterhin wurden verschiedene Einflussgrößen auf die Ertragsvariabilität im Rahmen einer Varianzkomponentenanalyse berechnet und die Sortenreaktion auf unterschiedliche Witterungsbedingungen anhand der klimatischen Wasserbilanz geprüft.

Die Auswertung der Sortenversuche zeigte, dass die Umwelt (Ort × Jahr) den stärksten Einfluss auf die Ertragsvariabilität hatte. Im Vergleich dazu war der Sorteneinfluss deutlich geringer. Dennoch wiesen die Sorten deutliche Unterschiede hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, Ökostabilität und der Reaktion unter differenzierten Umweltbedingungen auf.

Die Ergebnisse sind für die Sortenprüfung und -bewertung, die Züchtung und die landwirtschaftliche Praxis gleichermaßen bedeutsam. Sie liefern Informationen zu den umweltabhängig variierenden Eigenschaften der Sorten und bieten Unterstützung für die standortgerechte Sortenempfehlung sowie bestmögliche Sortenwahl durch die Entwicklung eines Bewertungsschemas.

Stichwörter: Ökostabilität, Ökovalenz, Floating Checks, Lineare Regression, klimatische Wasserbilanz

Abstract

This study of winter wheat varieties grown under environmental conditions in the Brandenburg region focuses on the following question: How do winter wheat varieties differ in terms of yield stability, yield capacity and response to dry weather conditions?

To answer this question, we drew on the results from variety trials carried out over a period of several years and at several different locations in the German Federal State of Brandenburg and analysed different varieties of winter wheat according to the following bio-statistical parameters: ecovalence, linear regression and floating checks. We then estimated different factors affecting yield variability and analysed the response of varieties to different weather conditions according to the climatic water balance.

The study showed that environmental factors had the greatest influence on yield variability, whilst variety had a significantly smaller effect. Nevertheless, there were considerable differences between varieties with regard to yield capacity, yield stability and response to environmental conditions.

The results are equally important for variety testing and evaluation and plant breeding as well as for agri­cultural practice. They provide information about the variable, environment-dependent traits of varieties and through the development of an evaluation scheme, can help breeders to select optimum varieties and make recommendations of suitable site-adapted varieties to farmers.

Key words: Yield stability, ecovalence, floating checks, linear regression, climatic water balance

Einleitung

Winterweizen nimmt mit 144 500 ha in Brandenburg nach Winterroggen den zweiten Rang in der Getreide­anbaufläche ein (Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, 2012). Für Brandenburg sind Standorte mit geringen Ackerzahlen (AZ < 35) und Jahresniederschlagsmengen zwischen 450 und 600 mm charakteristisch. Auf derartigen Weizengrenzstandorten schwankt die Anbaufläche je nach Erzeugerpreis stärker. In Gebieten mit besserer Bodengüte (Oderbruch, Uckermark, Nauener Platte, Prignitz) ist der Anbauumfang von Weizen relativ stabil. Aufgrund der Standort- und Marktbedingungen dominieren im Anbau die A-Sorten mit einem Anteil von ca. 45 bis > 50% (Barthelmes, 2012). Ein hoher Stellenwert kommt aber auch den E-Sorten vor allem auf den besseren Böden im Oderbruch und in der Uckermark zu. Sie erreichen in Brandenburg einen Anbauanteil von ca. 20 bis 25% (Barthelmes, 2012). Die qualitativ schwächeren B-Sorten und Futterweizen können dagegen unter den wasserlimitierten Bedingungen ihr höheres Ertragspotenzial häufig nicht ausschöpfen und haben daher nur untergeordnete Bedeutung.

Das Ertragspotential von Winterweizen wird in Brandenburg einerseits durch den hohen Anteil vergleichsweise leichter Böden, andererseits auch auf typischen Weizenstandorten durch regelmäßige Trockenperioden limitiert. Im Hinblick auf den Klimawandel ist zu erwarten, dass die Variabilität der Erträge zwischen den Jahren deutlich zunehmen wird (Eitzinger et al., 2009). Aus diesem Grund rückt unter den Standortbedingungen in Brandenburg die Frage nach möglichst stabilen Ertragsleistungen zunehmend in den Vordergrund. Als zentraler Aspekt bei der Sortenwahl wird daher, neben der abso­luten Ertragsfähigkeit, vor allem die Ökostabilität von Sorten an Bedeutung gewinnen.

Zur Bewertung der Ökostabilität wird in der Literatur zwischen dem statischen und dem dynamischen Konzept unterschieden, die von Becker und Leon (1988) wie folgt beschrieben werden: Nach dem statischen Konzept wird eine Sorte als stabil betrachtet, wenn diese unter allen Anbaubedingungen konstante Leistungen aufweist. Dieses Konzept kommt beispielsweise bei Qualitäts- und Resistenzmerkmalen zur Anwendung. Das dynamische Konzept wird dagegen bei Ertragsmerkmalen vorgezogen. Hier ist eine Sorte stabil, wenn ihre Leistung dem Ertragspotential der Umweltbedingungen entspricht bzw. wenn sie unter allen Anbaubedingungen eine möglichst gleiche Abweichung zu den jeweiligen Umweltmittel­werten zeigt. Die Umweltmittelwerte werden jeweils als Durchschnitt aller Sortenleistungen in einer bestimmten Umwelt berechnet und als Maß für die Produktivität dieser Umwelt angesehen. Die Einschätzung der Ökostabilität einer Sorte spiegelt sich beim dynamischen Konzept im Ausmaß der Sorte-Umwelt-Wechselwirkungen wieder, wobei geringe Wechselwirkungseffekte auf eine stabilere Sortenleistung hinweisen können (Thomas, 2006). Zur quantitativen Bewertung der Ökostabilität werden in der Literatur verschiedene biometrische Verfahren zur Analyse der Sorte-Umwelt-Wechselwirkungen beschrieben, wie beispielsweise von Becker und Leon (1988), Crossa et al. (1991), Eberhart und Russell (1966), Hill et al. (1998), Hühn (1996), Kang (1998), Wricke (1962) und Zobel et al. (1988).

In dieser Studie wurde die Ökostabilität, nach dem dynamischen Konzept, und die Leistungsfähigkeit anhand folgender Verfahren bewertet: Ökovalenz, lineare Regression und Floating Checks. Weiterhin wurden verschiedene Einflussgrößen auf die Ertragsvariabilität im Rahmen einer Varianzkomponentenanalyse berechnet und die Sortenreaktion auf unterschiedliche Witterungsbedingungen anhand der klimatischen Wasserbilanz geprüft. Die Untersuchungen sollten klären, ob es unter Brandenburger Standortbedingungen Weizensorten gibt, die neben einer guten Ertragsfähigkeit auch eine bessere Ökostabilität, vor allem auch unter trockenen Witterungsbedingungen, aufweisen. Die Auswertung bezieht sich auf experimentelle Daten der Landessortenversuche in Brandenburg vom Zeitraum 2003 bis 2011 sowie auf Daten aus Sortenversuchen der Jahre 2003 bis 2011 am Versuchsstandort Thyrow der Humboldt-Universität zu Berlin. Durch die übergreifende retrospektive Auswertung wird neues Wissen zur Ökostabilität und Leistungsfähigkeit von Winterweizensorten generiert. Die Ergebnisse stellen somit eine Ergänzung zur bestehenden Sortenbewertung dar und können die praktische Sortenwahl unter den entsprechenden Standortbedingungen in Brandenburg unterstützen.

Material und Methoden

Datengrundlage A: Landessortenversuche Brandenburg

Als Datengrundlage dienten die Landessortenversuche (LSV) aus Brandenburg, welche jährlich vom Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg durchgeführt wurden. In die Auswertung wurden die Ergebnisse von Winterweizen (Zeitraum 2003 bis 2011) und die Witterungsdaten des Prüfstandortes Nuhnen (2003 bis 2009) einbezogen. Eine Kurzcharakteristik der entsprechenden Prüfstationen ist in Tab. 1 aufgeführt. Die LSV wurden als zweifaktorielle Spaltanlagen (Haupteinheit: Sorte, Untereinheit: Pflanzenschutzintensität) mit zweifacher Wiederholung je Prüfglied angelegt. Für die Untersuchungen wurden folgende Prüfmerkmale herangezogen: Bestandesdichte (ährentragende Halme m–2), Kornzahl je Ähre, Tausendkornmasse, Kornertrag und Rohproteingehalt (jeweils bei 86% TS). Die Auswertung für Winterweizen umfasste 33 A-, 12 B- und 4 C-Sorten (Tab. 2). Das verfügbare Daten­material von Eliteweizensorten war für eine Auswertung zu gering. Zur Berechnung der Leistungsfähigkeit und Ökostabilität wurden nur Sorten mit mindestens fünf Prüfumwelten (Standort × Jahr) in die Auswertung einbezogen.

Tab. 1. Kurzcharakteristik der in die Auswertung einbezogenen Prüfstationen

Brief profile of the test stations included in the evaluation

Standorte

GPS Koordinaten [°]

mittlere Ackerzahl

Bodenart

Niederschlag­shöhe*
[mm]

Lufttempera­tur*
[°C]

Breite

Länge

Badingen

53,008431

13,241007

40

lS

517

8,3

Baruth

51,244725

14,596438

32

lS

626

8,6

Berge

52,621757

12,787986

40

Sl

553

10,0

Dürrenhofe

52,009348

13,944726

30

Sl

541

8,5

Güterfelde

52,372318

13,201445

35

lS

545

8,9

Kliestow

52,381572

14,513268

33

lS

546

8,4

Nuhnen

52,324901

14,476018

34

lS

535

8,6

Pessin

52,646475

12,66856

45

lS

521

9,8

Petkus

51,979382

13,359962

31

lS

531

8,2

Prenzlau

53,282535

13,901861

40

lS

453

8,9

Sonnewalde

51,710917

13,64167

35

lS

429

9,1

Thyrow

52,254236

13,236592

25

Su

495

8,9

Legende: * =  langjähriges Mittel (1971 bis 2000)
Quelle: LVLF (2007)

Tab. 2. Datengrundlage der Landessortenversuche Brandenburg für das Merkmal Kornertrag von Winterweizen (2003 bis 2011)

Data base from the Brandenburg regional variety trials for grain yield of winter wheat (2003 to 2011)

Qualitäts­­gruppe

Sortenname

Anzahl Umwelten

Sorten­­mittelwert
[dt ha–1]

Floating Checks
[%]

Ökovalenz
[%]

Reaktions­­parameter b

Stabilitäts­­parameter s

A

Akratos

57

73,5

92,3

6,3

1,00

4,70

A

Batis

19

65,6

87,2

4,1

0,93

4,11

A

Boomer

20

64,0

90,8

3,4

1,01

2,33

A

Brilliant

56

73,5

90,6

5,2

0,93

3,62

A

Chevalier

43

75,4

91,2

6,0

0,94

4,48

A

Cubus

63

71,8

91,1

5,4

1,04

3,86

A

Discus

41

75,2

90,6

5,2

0,92

3,60

A

Ellvis

23

63,3

87,9

5,9

0,98

4,33

A

Format

13

72,2

87,7

5,0

0,89

3,59

A

Gaston

13

73,9

85,4

6,1

0,92

4,85

A

Gecko

13

75,4

91,6

6,2

0,94

5,47

A

Impression

24

64,7

88,6

5,0

1,00

3,67

A

JB Asano

33

82,1

94,8

4,2

1,04

3,45

A

Jenga

19

78,2

90,8

5,4

0,96

4,31

A

Kometus

10

68,7

91,2

5,4

0,97

4,06

A

KWS Pius

11

66,5

91,8

4,2

1,00

3,09

A

Lahertis

10

59,8

84,4

4,5

1,06

2,64

A

Leiffer

20

65,2

88,7

3,6

1,03

2,38

A

Levendis

15

64,5

84,8

6,1

1,09

3,54

A

Linus

10

70,2

93,2

2,5

1,05

1,60

A

Ludwig

34

63,2

87,3

6,8

0,97

4,31

A

Meister

19

78,1

93,8

3,6

1,04

2,87

A

Meteor

12

65,7

88,1

3,9

0,98

2,82

A

Nirvana

24

65,8

86,7

5,6

1,00

3,80

A

Pamier

17

85,5

88,7

4,0

1,00

3,70

A

Paroli

13

67,3

86,2

6,2

0,99

4,35

A

Pegassos

33

64,3

87,7

5,0

0,92

2,98

A

Potenzial

48

77,4

93,7

5,5

0,97

4,30

A

Retro

10

71,0

87,4

5,7

1,06

4,23

A

Schamane

20

63,7

86,6

5,3

1,10

3,55

A

Sobi

10

59,4

83,7

3,8

1,12

2,69

A

SW Tataros

13

76,4

88,3

7,9

1,21

4,26

A

Tiger

13

62,1

85,3

8,2

0,99

5,44

A

Tommi

52

67,3

88,0

5,9

1,06

3,85

A

Toras

41

70,4

88,1

8,3

0,88

5,49

A

Türkis

63

73,0

87,8

6,0

1,00

4,42

B

Anthus

20

61,5

87,2

3,9

0,99

2,82

B

Buteo

13

69,6

89,1

5,8

0,99

4,04

B

Dekan

13

66,0

90,7

5,7

1,03

3,47

B

Drifter

23

61,5

85,4

8,4

1,02

5,05

B

Ephoros

27

72,4

91,8

4,8

1,02

3,57

B

Hybred

19

71,3

93,6

6,6

0,96

4,89

B

Julius

33

80,3

92,7

5,7

1,09

4,34

B

Kredo

25

78,6

93,5

4,1

1,07

3,09

B

Mulan

32

73,0

91,1

6,5

0,99

4,79

B

Premio

17

73,2

88,6

6,9

0,96

5,28

B

Solitär

13

66,0

84,5

4,8

1,00

3,41

B

Terrier

13

66,4

91,2

6,0

1,09

3,56

C

Biscay

10

59,8

93,3

5,1

1,03

3,69

C

Hermann

48

74,2

91,8

4,6

0,98

3,47

C

Skalmeje

13

68,1

91,6

6,7

0,96

4,49

C

Tabasco

15

87,4

95,9

5,5

1,01

5,05

Datengrundlage B: Sortenversuche auf Sandboden, Standort Thyrow

Die zweite Datengrundlage umfasste Sortenversuche auf Sandboden, welche am Standort Thyrow vom Bereich Freiland der Lehr- und Forschungsstation an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt wurden. Der Standort Thyrow liegt südlich von Berlin (Teltow-Fläming-Kreis) auf ca. 44 m Höhe über NN. Bei Ackerzahlen zwischen 23 und 28 weist der Standort einen für die Region typischen schwach schluffigen Sandboden auf (Tab. 1). Das Versuchsdesign war eine zweifaktorielle Spaltanlage (Haupt­einheit: Sorte, Untereinheit: Pflanzenschutzintensität) mit zweifacher Wiederholung je Prüfglied. Als Prüfmerkmal wurde hier nur der Kornertrag in dt ha–1 bei 86% TS herangezogen. Die Auswertung basiert auf den Ertragsergebnissen aus den Jahren 2003 bis 2011. Die Datenbasis beinhaltet zehn A-Sorten, vier B-Sorten und eine C-Sorte (Tab. 3). Eine Auswertung der E-Weizen­sorten konnte auf Grund des zu geringen Prüfumfangs nicht vorgenommen werden. Für die Auswertung wurden nur Sorten mit einem Prüfumfang von mindestens vier Versuchsjahren herangezogen.

Tab. 3. Datengrundlage der Sortenversuche Thyrow für das Merkmal Kornertrag von Winterweizen (2003 bis 2011)

Data base from Thyrow the variety trials for the grain yield of winter wheat (2003 to 2011)

Qualitäts­­gruppe

Sortenname

Anzahl Umwelten

Sorten­­mittelwert
[dt ha–1]

Floating Checks
[%]

Ökovalenz
[%]

Reaktions­­parameter b

Stabilitäts­­parameter s

A

Akratos

6

50,1

90,9

4,2

0,89

2,33

A

Brilliant

4

45,6

87,5

9,6

0,72

5,15

A

Cubus

7

45,8

83,5

8,1

1,39

5,62

A

Discus

4

49,2

90,3

8,1

0,78

4,85

A

Ellvis

4

44,7

86,3

7,9

1,04

4,94

A

Ludwig

5

41,6

81,5

4,3

0,97

2,26

A

Pegassos

6

42,2

84,2

6,3

0,90

3,02

A

Tommi

8

44,5

83,1

6,9

1,15

3,03

A

Toras

5

45,0

83,0

4,1

0,84

1,75

A

Türkis

5

44,6

82,1

8,2

0,94

4,66

B

Drifter

4

43,1

83,2

3,9

1,08

1,95

B

Ephoros

4

49,0

93,5

7,4

1,43

4,94

B

Hybred

5

54,6

96,8

5,9

1,16

3,79

B

Mulan

5

45,1

84,9

6,3

0,76

2,44

C

Hermann

7

47,8

89,2

6,6

0,97

3,72

Methodik zur Sortenbewertung

Die Untersuchung umfasst verschiedene methodische Ansätze zur Sortenbewertung, welche im Folgenden kurz beschrieben werden.

Ein zentraler Punkt war die Berechnung der Öko­valenz für ausgewählte Sorten. Die Ökovalenz geht auf Wricke (1962) zurück und ist eine Maßzahl für die Ökostabilität einer Sorte, aus der sowohl Aussagen zur Stabilität der Merkmalsausprägung von Sorten als auch Einschätzungen verschiedener Umwelten abgeleitet werden können. Je kleiner die Ökovalenz eines Prüfgliedes ist, desto größer ist seine Ökostabilität. Je größer die Ökovalenz ist, desto stärker ist der Umwelt­einfluss auf die Prüfgliedeffekte (Skalierung nach Bätz, 1984). Hierfür wurden ausgehend vom Prüffaktor-Umwelt-Modell die Wechselwirkungseffekte Sorte × Umwelt geschätzt, die dann quadriert und über die Stufen des jeweils anderen Faktors summiert den Anteil der Sorte bzw. Umwelt an der Wechselwirkungs-SQ ausmachen. Die Berechnung der Ökovalenz erfolgte nach Thomas (2006):

1. Schätzung der Wechselwirkungseffekteframes/bilder/macholdt_et_al_Fml-4.gif

2. Summe der Abweichungsquadrate über die Umweltenframes/bilder/macholdt_et_al_Fml-5.gif

3. Variationskoeffizient der Ökovalenzframes/bilder/macholdt_et_al_Fml-6.gif

Legende: i = 1... a Prüfglieder und j = 1... b Umwelten


Zur Erfassung der sortenspezifischen Reaktion auf verschiedene Umweltbedingungen diente das Verfahren der linearen Regressionsanalyse nach Eberhart und Russell (1966). Die Berechnung der Umweltmittelwerte erfolgte auf Grundlage von Umwelt-Indizes nach Becker und Leon (1988). Für die fachliche Interpretation wurden der Regressionskoeffizient b (Reaktionsparameter) und der Stabilitätsparameter s genutzt. Der Reaktionsparameter gibt Hinweise darauf, ob Sorten dem Extensivtyp oder dem Intensivtyp zuzuordnen sind. Diese können nach Haufe und Geidel (1978) wie folgt differenziert werden: Extensivtypen weisen einen Reaktionsparameter von b < 0,8 auf und können demnach günstigere Umweltbedingungen im Vergleich zum Gesamtsortiment schlechter in Ertrag umsetzen. Sorten mit einem Reaktionsparameter von b > 1,2 werden zu den Intensivtypen gezählt und können günstigere Umweltbedingungen auch überdurchschnittlich gut in Ertrag umsetzen, fallen aber unter ungünstigeren Umweltbedingungen im Vergleich zum Sortiment ertraglich zurück. Zur Beurteilung der Stabilität einer Sortenleistung wird der Stabilitätsparameter s herangezogen, welcher anhand der Abweichungsquadratsumme die jeweilige Streuung um die Regressionsgerade beschreibt (Finlay und Wilkinson, 1963). Je geringer der Stabilitätsparameter s ausfällt, desto stabiler ist die Sortenleistung.

Die Floating-Checks-Methode von Jensen (1976), als drittes Verfahren, ermöglichte die Bewertung der Leistungsfähigkeit einer Sorte in einem bestimmten Merkmal. Für alle Umwelten wurden die Sorten mit der höchsten Leistung bestimmt und anschließend ein Mittelwert dieser Höchsterträge berechnet. Dieser Mittelwert entsprach 100%. Die Sortenmittelwerte über alle Umwelten wurden ins prozentuale Verhältnis zum durchschnittlichen Höchstertrag gesetzt. Je mehr sich eine Sorte dem Wert 100% näherte, desto höher war ihre Leistung über alle Umwelten bzw. im Vergleich zum geprüften Sortiment.

Im Rahmen einer Varianzkomponentenanalyse wurden zudem verschiedene Einflussgrößen auf die Ertrags­variabilität berechnet. Zur Beurteilung der Einflussgröße verschiedener Prüfmerkmale (Kornertrag und Ertragsstrukturmerkmale) wurden im Rahmen der Varianzanalyse die Anteile der Prüffaktoren (Jahr, Standort, Sorte) an der Merkmalsvariabilität bestimmt. Die Varianzana­lyse basierte auf einem gemischt linearen Modell, wobei der Jahreseffekt als zufälliger Faktor sowie Standort und Sorte als fixe Faktoren behandelt wurden. Die Variation der Merkmalswerte wurde dazu in ihre Streuungsanteile zerlegt und als Summe der Abweichungsquadrate (SQ) ausgewiesen (Thomas, 2006). Zur Bestimmung der relativen Variationsanteile wurden die SQ der jeweiligen Variationsursache zur Gesamtsumme SQ Total (= 100%) ins Verhältnis gesetzt. Das Verfahren ermöglicht es, die Anteile der Variationsursachen an der Variabilität von Kornertrag und Ertragskomponenten aufzuschlüsseln und zu quantifizieren. Um von der Größe der SQ-Werte auf eine Signifikanz schließen zu können, wurde anschließend ein F-Test der mittleren Abweichungsquadrate (MQ-Werte) durchgeführt (α ≤ 0,05).

Weiterhin wurde die Sortenreaktion auf trocknere Witterungsbedingungen geprüft. Die Ertragsbildung wird im Zeitraum April bis Juni signifikant von der Evapo­transpiration (Chmielewski und Köhn, 2000), dem Niederschlag und der Temperatur beeinflusst (Chmielewski, 1992). Zur Sortenbewertung wurde der Kornertrag in Beziehung zur klimatischen Wasserbilanz im Zeitraum April bis Juni gesetzt. Die Auswertung bezieht sich auf den Kornertrag im Mittel des geprüften Sortiments in Abhängigkeit von der klimatischen Wasserbilanz (KWB) an der LSV-Prüfstation Nuhnen (2003 bis 2009, für Datengrundlage A) und am Versuchsstandort Thyrow (2003 bis 2011, für Datengrundlage B). Die klimatische Wasserbilanz wurde aus der Differenz zwischen Niederschlagshöhe und Höhe der potentiellen Verdunstung (Verfahren nach Haude, 1955) je Standort für die Zeitspanne April bis Juni berechnet. Die Einbeziehung des Haude-Faktors (Löpmeier, 1994) ermöglichte die Anpassung der Gleichung an unterschiedliche Wachstums- und Entwicklungszeiträume der Fruchtart. Der Kornertrag des geprüften Sortiments wurde in Abhängigkeit von der klimatischen Wasserbilanz mittels linearer Regression berechnet. Aufgrund des zu geringen Datenumfangs bzw. der nicht ausreichend orthogonal geprüften Sorten, konnte diese Auswertung nur für das Sortimentsmittel erfolgen und nicht auf Sortenebene.

Die Datengrundlagen A und B beinhalteten keinen orthogonalen Sortenkern über den gesamten Prüfzeitraum und waren somit unbalanciert (Piepho und Möhring, 2005). Der Adjustierungsprozess basierte deshalb vorrangig auf direkten Sortenvergleichen. Zusätzlich ermöglichten Verrechnungsblöcke über andere Sorten einen indirekten Vergleich über Brücken (Piepho et al., 2011). Die Auswertung erfolgte auf Grundlage der Versuchs­mittelwerte.

Die Durchführung der deskriptiven Statistik, linearen Regressionsanalyse und Varianzkomponentenanalyse erfolgten mit dem Programm SPSS Statistics 17.0. Die Berechnung der Ökovalenz, Floating Checks und die Diagrammerstellung (Boxer-Whisker-Plot, lineare Regression) erfolgten mit dem Programm Microsoft Office Excel 2010.

Ergebnisse

Landessortenversuche Brandenburg

Die jährlichen Ertragsleistungen von Winterweizen sind in Abb. 1 dargestellt. Zwischen den mittleren Kornerträgen der A-, B- und C-Sorten bestanden keine signifikanten Unterschiede, und sie sind daher zusammengefasst dargestellt. Der mittlere Kornertrag lag im Zeitraum 2003 bis 2011 für das in die Auswertung einbezogene Sortiment bei 71 dt ha–1. Für den betrachteten Zeitraum war im Mittel aller geprüften Sorten und Umwelten keine signifikante Veränderung im Ertragsniveau (Trend) zu verzeichnen. Die Jahresschwankungen waren dagegen deutlich erkennbar, wie z.B. im Trockenjahr 2003 mit einem geringen Ertragsniveau von 46 dt ha–1 und im Vergleich dazu die guten Ertragsjahre 2004, 2009 und 2010 mit über 80 dt ha–1.

Abb. 1. Box-Whisker-Plot der jährlichen Ertragslei­stung des ausgewählten Sortiments von Winter­weizen; n = Anzahl Sor­ten; gruppiert nach Jahren (Landessorten­versuche Brandenburg, 2003 bis 2011).

Abb. 1. Box-Whisker-Plot der jährlichen Ertragslei­stung des ausgewählten Sortiments von Winter­weizen; n = Anzahl Sor­ten; gruppiert nach Jahren (Landessorten­versuche Brandenburg, 2003 bis 2011).

Box and whisker plot showing the annual yield of the selected winter wheat varieties; n = number of varieties; grouped by year (Bran­denburg regional varie­ty trials, 2003 to 2011).

In Tab. 2 sind die Ergebnisse der Sorten je Qualitätsgruppe für das Merkmal Kornertrag dargestellt. Es bestanden große Sortenunterschiede in der Leistungsfähigkeit und der Ökostabilität, welche allerdings weitgehend unabhängig von den Qualitätsgruppen waren. Die Ökovalenz lag für das Merkmal Kornertrag mit durchschnittlich 5,4% auf einem mittleren Niveau (Skalierung nach Bätz, 1984). Die Variationsbreite der einzelnen Sorten erreichte 2,5 bis 8,4%. Allerdings wiesen nur die Sorten SW Tataros, Tiger, Toras und Drifter ein hohes Ökovalenzniveau von über 7,5% auf. Diese vier Sorten zeigten damit im Vergleich zum Gesamtsortiment eine geringere Ertragssicherheit und auch eine unterdurchschnittliche Leistungsfähigkeit (Floating Checks < 90%). Die Hybridsorte Hybred erreichte im Vergleich zu den Liniensorten die dritthöchste Ertragsfähigkeit mit 93,6% Floating Checks. Die Ertragssicherheit dieser Sorte entsprach mit einem Ökovalenzwert von 6,6% einem mittleren Niveau. Die im Vergleich höchste Ertragssicherheit in Kombina­tion mit einer überdurchschnittlichen Ertragsleistung bestand bei der A-Sorte Linus (2,5% Ökovalenz und 93,2% Floating Checks). Die Ergebnisse der linearen Regressionsanalyse wiesen bezüglich des Reaktionsparameters keine Auffälligkeiten auf. Alle geprüften Sorten lagen mit b = 0,8 bis 1,2 im Normalbereich und wiesen daher keine Tendenz zu Extensiv- oder Intensivtypen auf.

In Tab. 6 sind die Ökovalenzwerte der Ertragsstrukturparameter und des Rohproteingehalts von Winterweizen zusammengefasst. Die Ökovalenzwerte für die Ertragsstrukturmerkmale Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre lagen im Mittel des Sortiments auf einem sehr hohen Niveau und zeigten eine deutliche Variationsbreite auf Sortenebene. Für die Merkmale Tausendkornmasse und Rohproteingehalt lagen die Ökovalenzwerte im Mittel des geprüften Sortiments dagegen auf einem geringen Niveau. Im Vergleich der Ertragsstrukturmerkmale fielen die Sortenunterschiede gering aus, was auch auf die Differenzierung zwischen den Qualitätsgruppen in diesen Merkmalen zutraf.

Tab. 6. Ökovalenzwerte der Ertragsstrukturmerkmale und des Rohproteingehalts von Winterweizen (Landessor­tenversuche Brandenburg, 2003 bis 2011)

Ecovalence values for yield component traits and crude protein content of winter wheat (Brandenburg regional variety trials, 2003 to 2011)

Merkmal

Ökovalenz [%] – Mittelwerte und Spannweiten

A-Sorten

B-Sorten

C-Sorten

Bestandesdichte

9,83 (6,02 – 16,64)

10,93 (5,80 – 16,15)

9,69 (8,64 – 10,50)

Kornzahl je Ähre

10,45 (6,45 – 16,53)

11,56 (7,93 – 15,97)

11,91 (8,70 – 13,81)

Tausendkornmasse

4,52 (1,87 –   6,89)

4,57 (3,35 –   7,29)

5,27 (3,70 –   7,67)

Rohproteingehalt

3,16 (1,59 –   6,96)

3,27 (2,33 –   5,57)

3,69 (1,42 –   6,65)

Die Einflussgrößen verschiedener Faktoren auf die Variabilität des Kornertrags, der Ertragsstruktur und des Rohproteingehalts von Winterweizen sind in Tab. 4 aufgeführt. Der Faktor Sorte erreichte einen signifikanten Einfluss auf die Ertragsvariabilität von 2,3%. Auch der Rohproteingehalt war mit 21,4% signifikant von der Sorte beeinflusst. Im Ergebnis einer separaten Varianz­analyse (Tab. 5) fiel der Einfluss des Faktors Qualitätsgruppe auf den Kornertrag mit 0,1% sehr gering aus, während der Rohproteingehalt zu 11,2% signifikant durch diesen Faktor geprägt wurde.

Tab. 4. Variationsursachen des Kornertrags, der Ertragsstruktur und des Rohproteingehalts von Winterweizen (Faktor Sorte), (Landessortenversuche Brandenburg, 2003 bis 2011)

Sources of variation in grain yield, yield components and crude protein content of winter wheat (factor variety), (Brandenburg regional variety trials, 2003 to 2011)

Variationsursachen

Kornertrag

Bestandesdichte

Kornzahl je Ähre

Tausendkornmasse

Rohproteingehalt

Angaben in %

Jahr

10,9*

9,0*

4,0

31,6*

9,0

Ort

59,4*

31,0*

18,1

24,3*

21,0*

Sorte

2,3*

11,9*

23,9*

18,3*

21,4*

Wechselwirkung
Ort × Jahr

21,9*

16,9*

15,8*

16,9*

5,8*

Wechselwirkung
Sorte × Jahr

1,3*

5,3*

7,9

2,6*

29,6*

Wechselwirkung
Ort × Sorte

2,5

13,7

19,0*

4,3*

6,7*

Wechselwirkung
Ort × Sorte × Jahr

1,8

12,3

11,4

2,1

4,4

Legende: * = signifikant für p < 0,05

Tab. 5. Variationsursachen des Kornertrags, der Ertragsstruktur und des Rohproteingehalts von Winterweizen (Faktor Qualitätsgruppe), (Landessortenversuche Brandenburg, 2003 bis 2011)

Sources of variation in grain yield, yield components and crude protein content of winter wheat (factor quality group), (Brandenburg regional variety trials, 2003 to 2011)

Variationsursachen

Kornertrag

Bestandesdichte

Kornzahl je Ähre

Tausendkornmasse

Rohproteingehalt

Angaben in %

Jahr

25,1*

20,7

9,7

53,0*

21,8*

Ort

57,2*

45,0*

24,0

21,0*

19,0*

Qualitätsgruppe

0,1

0,1

3,5*

1,2*

11,2*

Wechselwirkung
Ort × Jahr

16,6

24,2*

42,7*

20,3*

42,8*

Wechselwirkung
Jahr × Qualitätsgruppe

0,2*

2,1

4,4

2,0*

2,7*

Wechselwirkung
Ort × Qualitätsgruppe

0,1

2,8

3,2

1,3*

0,9

Wechselwirkung
Ort × Jahr × Qualitätsgruppe

0,6

5,0

12,5

1,3

1,7

Legende: * = signifikant für p < 0,05

In Abb. 2 ist der Kornertrag in Abhängigkeit von der klimatischen Wasserbilanz im Mittel aller geprüften Weizensorten an den Standorten Nuhnen und Thyrow dargestellt. An beiden Standorten war für den Prüfzeitraum
der Zusammenhang zwischen Kornertrag und der klimatischen Wasserbilanz für die Monate April bis Juni signifikant. Je weiter die Werte der klimatischen Wasserbilanz im negativen Bereich lagen, umso geringer war das Ertragsniveau des geprüften Sortiments. Am Standort Thyrow gingen die Kornerträge von 60 dt ha–1 unter relativ günstigeren Witterungsbedingungen (KWB = –120 mm) bis auf 25 dt ha–1 unter zunehmend trockneren Witterungsbedingungen (KWB = –210 mm) zurück. Eine statistisch gesicherte Auswertung auf Ebene der Qualitätsgruppen und Sorten im Einzelnen war aufgrund der mangelnden Orthogonalität der Datenbasis allerdings nicht möglich.

Abb. 2. Kornertrag von Winter­weizen in Abhängigkeit von der klimatischen Wasserbilanz an den Standorten Nuhnen (Landessortenversuche Brandenburg, 2003 bis 2009) und Thyrow (Sorten­versuche Thy­row, 2003 bis 2011).

Abb. 2. Kornertrag von Winter­weizen in Abhängigkeit von der klimatischen Wasserbilanz an den Standorten Nuhnen (Landessortenversuche Brandenburg, 2003 bis 2009) und Thyrow (Sorten­versuche Thy­row, 2003 bis 2011).

Grain yield of winter wheat depen­ding on cli­matic water balance at Nuhnen (Brandenburg regional variety trials, 2003 to 2009) and Thy­row (Thyrow variety tri­als, 2003 to 2011) sites.

Sortenversuche auf Sandboden, Standort Thyrow

Die durchschnittliche Ertragsleistung von Winterweizen betrug im Zeitraum von 2003 bis 2011 am Standort Thyrow 45 dt ha–1, wobei zwischen den Qualitätsgruppen keine statistisch gesicherten Unterschiede hinsichtlich der Ertragsleistung festgestellt werden konnten.

In Tab. 3 sind die Ergebnisse der Sorten je Qualitätsgruppe für das Merkmal Kornertrag dargestellt. Die Ökovalenz des Sortiments erreichte mit durchschnittlich 6,5% ein mittleres Niveau. Eine Differenzierung im Hinblick auf die Ökostabilität war unabhängig von der Einteilung nach Qualitätsgruppen aufgrund der Heterogenität ausschließlich auf Sortenebene zu finden. Die Spanne der Ökovalenzwerte von 4 bis 10% belegt die erheblichen Unterschiede in der Ökostabilität der einzelnen Sorten. Für den Standort Thyrow können die A-Sorten Akratos, Ludwig und Toras sowie die B-Sorte Drifter als ertragsstabil eingestuft werden. Bei diesen Sorten lag die Ökovalenz auf einem geringen Niveau. Die A-Sorte Akratos zeigte eine günstige Kombination aus sicherer und guter Ertragsleistung (Floating Checks: 91%), die B-Sorte Hybred als Hybridsorte erreichte mit 96,8% die höchste Leistungsfähigkeit. Die Werte der Reaktionsparameter, welche anhand der linearen Regression berechnet wurden, lagen für den überwiegenden Teil der Sorten zwischen b = 0,8 und 1,2. Die B-Sorte Mulan und die beiden A-Sorten Brilliant und Toras wiesen Reaktionsparameter von b < 0,8 auf und zeigten damit eine Tendenz zum Extensivtyp. Die B-Sorte Ephoros und die A-Sorte Cubus erreichten Reaktionsparameter von b > 1,2, die in der Tendenz auf einen Intensivtyp hinweisen.

Die Auswertung zu den verschiedenen Einflussgrößen auf die Ertragsvariabilität zeigte am Standort Thyrow die folgenden Ergebnisse: Für den Faktor Jahreswitterung konnte ein signifikanter Einfluss auf den Kornertrag von 82,0% festgestellt werden. Der Einfluss des Faktors Sorte auf die Höhe des Kornertrages von Winterweizen fiel mit 10,9% ebenfalls signifikant aus. Die Wechselwirkungen zwischen den Faktoren Jahreswitterung und Sorte erreichten 7,1%, waren aber im F-Test (p < 0,05) nicht signifikant. Für den Faktor Qualitätsgruppe konnte kein signifikanter Einfluss auf den Kornertrag festgestellt werden.

Die Abhängigkeit des Kornertrages von der klima­tischen Wasserbilanz am Standort Thyrow wurde bereits im vorigen Abschnitt im Vergleich zum Standort Nuhnen aufgeführt und ist in Abb. 2 dargestellt.

Diskussion und Schlussfolgerungen

Die zentrale Fragestellung bezog sich auf die Ökostabilität und Leistungsfähigkeit des geprüften Weizensortiments. Dabei zeigt die Untersuchung, dass eine große Heterogenität im geprüften Weizensortiment festzustellen ist. Es konnten Sorten mit guter Ökostabilität und solche mit instabilem Ertragsverhalten ausgewiesen werden. Die Ertragsspannweite aller Sorten lag zwischen 82% und 98% Floating Checks. Die Ökovalenz schwankte zwischen 2% und 10%. Diese Heterogenität unterstreicht die Bedeutung der Sortenwahl. Am pflanzenbaulich eher ungünstigen Standort Thyrow war dies deutlich zu erkennen. Hier bewährte sich beispielsweise die A-Sorte Akratos in Ertragshöhe und -sicherheit. Dagegen wies Brilliant (A-Sorte) ein höheres Ertragsrisiko auf. In einigen Fällen zeigten Sorten mit einem Reaktionsparameter < 0,8 bzw. > 1,2 (z.B. Brilliant, Toras, Cubus) erhöhte Ökovalenzwerte und somit eine instabilere Merkmals­ausprägung. Offensichtlich können Sorten mit ausgleichender Reaktion auf verschiedene Umweltbedingungen besonders auch auf Sandböden Vorteile für die Ökostabilität bieten.

Eine weitere Fragestellung bezog sich auf die Sorten­reaktion in verschiedenen Umwelten, welche im geprüften Sortiment ebenfalls eine große Heterogenität zeigte. Die A-Sorte Brilliant erreichte in den LSV durchschnitt­liche Ergebnisse hinsichtlich Leistung und Stabilität im Kornertrag. In den Ergebnissen am Standort Thyrow zeigte sich Brilliant ebenfalls mit durchschnittlichem Kornertrag, war allerdings mit einer Ökovalenz von 9,6% weniger ertragsstabil. Die A-Sorte Akratos zeigte in den LSV ebenfalls durchschnittliche Ergebnisse im Korn­ertrag (Ökovalenz und Floating Checks), hob sich jedoch in den Sortenversuchen am Standort Thyrow positiv in ihrer Ertragsleistung und Ökostabilität vom restlichen Sortiment ab. Die relativ höheren Kornerträge von Akratos resultierten demnach aus den im Vergleich zum übrigen Sortiment offenbar geringeren Standortansprüchen. Die verschiedenen Reaktionsrichtungen dieser beiden Sorten können allein anhand der Reaktionsparameter (Ökoregression) nicht abgeleitet werden (Akratos b = 1,0 und Brilliant b = 0,9). Die Aussage zur Ertragsleistung und Ökostabilität einer Sorte bedarf demnach einer umfassenden Prüfung. Besondere Standortbedingungen sollten daher separat untersucht und die Sorte mit entsprechend differenzierter Bewertung ausgewiesen werden.

Auf den Prozess der Ertragsbildung wirken verschie­dene Einflussfaktoren, die sich in der Ertragsvariabilität widerspiegeln. Den größten Anteil an der Ertragsvaria­bilität besitzen die Umweltfaktoren Boden und Jahreswitterung bzw. deren Wechselwirkung. Am Standort Thyrow war die Jahreswitterung mit 82% die wichtigste Größe, die den Kornertrag beeinflusste. Der Faktor Sorte war dagegen nachgeordnet und erreichte 11%. Die Wahl einer standortangepassten Sorte ist demzufolge eine vom Anbauer beeinflussbare Möglichkeit, hohe und stabile Erträge zu erzielen.

Weiterhin ergab sich folgende Rangordnung der Variationsanteile von Ertragskomponenten an der Ertragsvariabilität: Bestandesdichte > Kornzahl je Ähre > Tausendkornmasse. Die Merkmale Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre sind im Vergleich zur Tausendkornmasse stärker umweltvariabel. Beide Merkmale zeigten sortenabhängig eine stärkere Differenzierung in der Ökovalenz, während die der Tausendkornmasse geringer blieb. Sorten mit geringerer und instabilerer Ausprägung von Bestandesdichte und/oder Kornzahl je Ähre können daher als eine Ursache für verminderte und unsicherere Ertragsleistungen auf Sandböden angesehen werden. Großkörnigere Sorten können demzufolge auf derartigen Standorten tendenziell vorteilhaft sein.

Im Weizenanbau überwiegen in Deutschland bisher Liniensorten, obwohl auch einige Hybridsorten zugelassen sind. Dies ist zum Teil auf den im Vergleich zu Fremdbefruchtern schwächeren Heterosiseffekt und die dadurch relativ geringere Mehrleistung der Hybrid- gegenüber den Liniensorten zurückzuführen (Longin et al., 2012). In der vorliegenden Arbeit konnte aufgrund des geringen Prüfumfangs von Hybridsorten nur für die Sorte Hybred eine Aussage getroffen werden. Hybred zählt zu den Kompensationstypen und erreichte in den Sorten­versuchen am Standort Thyrow mit 97% Floatings Checks die höchste Ertragsfähigkeit. In den LSV zeigte sie ebenfalls eine überdurchschnittliche Ertragsleistung. Die Ertragsstabilität wurde in beiden Sortenversuchen als mittel eingestuft (Ökovalenz: 6%). Inwieweit sich der Anbau von Hybridsorten unter trockeneren Witterungsbedingungen und auf sandigen Böden durchsetzt, hängt in besonderem Maße von der Rentabilität des Anbaus und dem Züchtungsfortschritt bei Linien- und Hybrid­sorten ab. Aussagen zum Ertragsvergleich zwischen beiden Sortentypen sowie zur Ertragsstabilität wären dann wünschenswert.

Im Weizenanbau sind Sorten gefragt, die sich durch eine gute Ertragsbildung auch unter Hitze- und Trockenbedingungen auszeichnen. Die Korrelation der sortenspezifischen Kornerträge zur klimatischen Wasserbilanz (Zeitraum April bis Juni) kann daher die Sortenbewertung ergänzen. Die positiven Korrelationen beider Parameter an den Standorten Nuhnen und Thyrow belegen das, d.h. eine um 140 mm verbesserte klimatische Wasserbilanz im Zeitraum April bis Juni bedingte ca. 30 dt ha–1 Mehrertrag. In diesem Zeitraum werden die wichtigen Entwicklungsstadien Schossen, Ährenschieben und Blüte durchlaufen, die hinsichtlich der Ertragsbildung besonders wassersensibel sind (Gupta et al., 2001). Aufgrund der nicht orthogonalen Datensätze war eine sortenspezifische gesicherte Aussage statistisch nicht möglich.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Schätzungen von Sorte-Umwelt-Wechselwirkungen einen relativ großen Fehler beinhalten (Piepho und Michel, 2001). Zudem beruhen die Ergebnisse auf einer Datenbasis ausgewählter Versuchsstandorte eines Anbaugebiets bzw. auf relativ wenigen Jahren. Die Ergebnisse können daher nur für die in die Auswertung einbezogenen Sorten und Umwelten interpretiert werden.

Aufgrund der nicht-orthogonalen Datenstruktur wurden einfache und valide Methoden verwendet, welche im Ergebnis durch wenige Zahlen eindeutige Aussagen zur Sortenbewertung ermöglichen. Der vorgestellte methodische Ansatz bietet anhand von objektiven und reproduzierbaren Parametern eine Ergänzung und Präzisierung der Sortenbewertung, wodurch die regionale Sortenempfehlung in der landwirtschaftlichen Praxis unterstützt werden kann. Für die sichere Beurteilung der Ertragsstabilität unter differenzierten Standortbedingungen ist die Berechnung von Ökovalenz und Floating Checks auf Grundlage von mehrjährigen Sortenprüfungen notwendig, wobei allerdings die Praxisrelevanz aufgrund der marktbedingten raschen Sortenfluktuation eingeschränkt sein könnte. Das bestehende bundeseinheitliche „Planungs-, Informations- und Auswertungssystem Feldversuchswesen“ (PIAF) stellt differenziert nach Anbaugebieten Daten zu Sortenleistungen und Standorten aus Sortenversuchen des integrierten Prüfsystems der Bereiche Züchtung, Zulassung und Regionalberatung bereit. Eine Möglichkeit, die Sortenbewertung zu vervollkommnen, ist die Erweiterung des Systems um die Parameter der Ökostabilität und Witterungsdaten, wozu bereits Ansätze bestehen (Michel und Zenk, 2010). Im Hinblick auf klimatische Veränderungen könnte die Ausweisung von Weizensorten mit einer guten Kombination von Leistungsfähigkeit und Ökostabilität dazu beitragen, das Anbaurisiko von Winterweizen auf den Diluvialstandorten in Nordostdeutschland zu reduzieren.

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