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Originalarbeit

Modellierung zu erwartender Kupfergehalte in Regenwurmzönosen mit Modellextrakten von Böden auf langjährig bewirtschafteten Weinbaustandorten; eine Bewertung von NH4NO3- und CaCl2-Extrakten

A simple model of possible copper contents in earthworms using model soil extracts from old vineyards; a comparative assessment of NH4NO3 and CaCl2 extracts

Thomas Strumpf1, Jörn Strassemeyer2, Stefanie Krück3 und Ursula Stendel1
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Berlin1
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Kleinmachnow2
Freie Beraterin Pflanzenbauliche Forschung, Bodenbiologie, Berlin3

Journal für Kulturpflanzen, 65 (12). S. 479–487, 2013, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2013.12.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Thomas Strumpf, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Königin-Luise-Str. 19, 14195 Berlin, E-Mail: thomas.strumpf@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
17. Juni 2013

Zusammenfassung

Die Auswirkungen der im NH4NO3-Extrakt und im CaCl2-Extrakt ermittelten Expositionen auf die Bodenfruchtbarkeit unter Nutzung von Regenwürmern als Indikatoren im Sinne einer nachhaltigen Nutzung und Erhaltung der biologischen Vielfalt können erst nach Freilanderhebungen der Regenwurmzönose abschließend abgeschätzt werden.

Auf der Grundlage bisher durchgeführter Erhebungen der Regenwurmzönose bei 15 ausgewählten Weinbaubetrieben wurde in einem vereinfachten Ansatz geprüft, ob eine Risikoabschätzung über verfügbare Kupfergehalte in Modellextrakten für den Pfad Boden/Bodenorganismen bei ökologisch und konventionell bewirtschafteten Böden möglich ist. Aufgrund des noch zu geringen Stichprobenumfangs (n = 49) sind noch keine abschließenden Wertungen möglich, aber es werden schon Tendenzen erkennbar.

Auf der Grundlage der Flächenwerte konnte bei den Datenpaaren Kupfergehalte im NH4NO3-Extrakt und dem Quotienten aus Gesamtgehalt Bodenorganismen/Gehalt im Bodenextrakt (Biokonzentrationsfaktor – BCF) der Regenwurmzönose ein enger Zusammenhang von R2 ~ 0,79 nachgewiesen werden. Bei Verwendung der auf der Basis im CaCl2-Extrakt bestimmten ‚regenwurmverfügbaren’ Kupferanteile und den analog für jede Teilfläche ermittelten BCF der Regenwurmzönose zeigt sich nur eine mittlere Abhängigkeit von R2 ~ 0,52.

Die Verwendung von BCFs hat den Vorteil, dass alle Faktoren, die die Verfügbarkeit am Standort ausprägen, sich im Ergebnis in konkreten Kupfergehalten in der Regenwurmzönose widerspiegeln und mit den Extraktgehalten direkt in die Modellierung einfließen.

Die bisherigen Untersuchungsbefunde präferieren die Verwendung des NH4NO3-Extrakts als geeignetes Modell zur Beschreibung zu erwartender Kupfergehalte in Regenwurmzönosen auf langjährig bewirtschafteten Weinbaustandorten. Die auf Freilanderhebungsdaten beruhenden Expositionsdaten können in einem einfachen Regressionsansatz in Verbindung mit mobilen Anteilen zur Erstabschätzung des Risikopotentials von Kupfer im System Boden/Bodenzönose und ihrer Anreicherung in der Regenwurmzönose verwendet werden.

Bei Gesamtgehalten bis zu ca. 300 mg Cu/kg Boden (TM) wurde das Phänomen einer begrenzten Kupfer­anreicherung in Lumbriciden beobachtet, welches auf eine Anpassung der Bodenorganismen an die Standortbedingungen hindeutet.

Die Modellierung zu erwartender Kupfergehalte in Indikatoren der Bodengüte erfordert noch weitere Erhebungen der Regenwurmzönose, um sicher festlegen zu können, mit welchem Extraktionsverfahren Gehalte in relevanten Organismen, die für eine Risikobetrachtung geeignet sind, bestimmt werden können.

Stichwörter: Kupfer, Weinbauböden, Plasmopara viticola, Erhebungen der Regenwurmzönose, Verfügbarkeit für Bodenorganismen, Biokonzentrationsfaktor, Belastung, Exposition, Risikoabschätzung, Pfad Boden/Bodenorganismen, Vergleich NH4NO3- und CaCl2-Extraktion

Abstract

Copper contents assessed in an NH4NO3 extract and CaCl2 extract were determined to evaluate their impact on soil fertility using earthworms as indicators of sustainable agriculture and the maintenance of biological diversity. The final evaluation can be conducted when the field surveys on the earthworm coenose have been com­pleted.

So far, the surveys have covered the earthworm coenoses of 15 vineyards. The obtained data were used in a simplified approach to find out whether it is possible to perform a risk assessment on available copper in model extracts for the pathway soil/soil organisms in soils under organic or conventional management. The small sample size (n = 49) does not allow for a final evaluation at present. It is, however, possible to see tendencies.

The area values evidenced a high correlation of R2 ~ 0.79 between the copper content in the NH4NO3 extract and the quotient of total content in soil organisms divided by the content in the soil extract (bioconcentration factor – BCF) of the earthworm coenose. However, the correlation of earthworm-available copper in the CaCl2 extract with the BCFs of the earthworm coenose calculated for each area resulted only in a mean coefficient of R2 ~ 0.52.

The use of BCFs has the advantage that all factors responsible for the availability of copper at a given site are reflected by the actual copper contents in an earthworm coenose and are included in the model through the extract contents.

The results obtained so far support the use of the NH4NO3 extract as an appropriate model to predict copper contents in earthworm coenoses of vineyards with long-term treatment. The exposure data collected from field surveys and the percentage of mobile copper can be subjected to simple regression analysis to perform a first assessment of the risk potential of copper in the pathway soil/soil coenose and accumulation in the earthworm coenose.

When the total content does not exceed ~ 300 mg Cu kg–1 soil (TM), copper was found to accumulate in lumbricidae only to a limited amount. This indicates the adaption of soil organisms to site conditions.

The modeling of possible copper contents in soil quality indicators requires further surveys of earthworm coenose further evaluate which extraction procedure is appro­priate to determine the copper content in organisms suitable for risk assessment.

Key words: Copper, vineyard soils, Plasmopara viticola, earthworm monitoring, bioavailability to soil organisms, bioconcentration factor, copper loads, exposure, risk assessment, pathway soil/soil organisms, comparison of two model extractions

Hintergrund und Zielsetzung der Untersuchungen

Zwecks Erarbeitung geeigneter Flächenvorschläge für ein von der EU-Kommission auf nationaler Ebene gefordertes zulassungsbegleitendes Monitoring (Richtlinie 2009/37/EG vom 23. April 2009) wurden im Julius Kühn-Institut (JKI) aktuelle Erhebungen der Kupferbelastungen auf ökologisch und/oder konventionell bewirtschafteten Sonderkulturflächen des Qualitätswein-, Hopfen- und Baumobstbaus durchgeführt.

Dabei stellte sich heraus, dass die nach normierten Verfahren im NH4NO3- und CaCl2-Extrakt bestimmten Kupferverfügbarkeiten bei Dauerkulturflächen geringer als bei Ackerbauflächen sind und in Einzelfällen bei langjähriger Bewirtschaftung im Bereich geogener Belastungen liegen.

Da die Verfügbarkeit in direktem Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die Bodenzönose steht und damit ein ‚Schlüsselelement’ bei den anstehenden Risiko-Nutzen-Abschätzungen durch die Zulassungsbehörden ist, müssen die standortspezifischen Verfügbarkeiten durch weiterführende Untersuchungen zu den im Boden vorliegenden Bindungsverhältnissen noch charakterisiert werden, um ‚worst case’ Szenarien sachgerecht abbilden zu können.

Einleitung

Im Ergebnis durchgeführter Verfügbarkeitsstudien mit den gewonnenen Bodenproben wurde in ersten multivariaten Diskriminanzanalysen – in Übereinstimmung mit anderen europäischen Arbeitsgruppen (z.B. Weidenauer, 2012; Dellantonio, 2012) – bestätigt, dass die Verfügbarkeiten multifaktoriell beeinflusst werden. Ca. 10 Einzel­einflussfaktoren können auf die schutzzielbezogene Kupferverfügbarkeit bei Standortböden einwirken, von denen Gesamtgehalt, Korngröße (Ton-, Lehm-/Schluffanteil), Kationenaustauschkapazität, pH-Wert, organische Sub­stanz und Bewirtschaftungsart (Bodenbearbeitung, Begrünung) prägende Bedeutung zukommt.

Diese komplexen Abhängigkeiten werden noch vom Alter der Rückstände (Bewirtschaftungsdauer) überlagert, weil Cu2+ mit bodeneigenen Bestandteilen vergesellschaftet vorliegt (z.B. Schilling und Cooper, 2004) und einem Alterungsprozess (z.B. Ma et al., 2006) und Sequestrierung sowie Leaching unterworfen ist. Dies müsste in einem Regressionsansatz gesondert berücksichtigt werden. Die Ableitung von allgemeingültigen Annahmen ist aufgrund der langjährigen Akkumulation in Böden schwierig (SCHER, 2009). Diese Akkumulation wäre neben den bioverfügbaren Anteilen bei der Berechnung von voraussagbaren Umweltkonzentrationen (PECsoil) zu berücksichtigen. Zur Berechnung von PNECs (predicted no effect concentration = vorausgesagte Konzentration eines Stoffes, bis zu der sich keine Auswirkungen auf die Umwelt zeigen) wird deshalb ein Korrekturfaktor („Leaching/Ageing Factor“) benötigt.

Da die EU-Kommission Kupfer nur unter Vorbehalt und befristet bis November 2016 in den Anhang I der Richt­linie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln aufgenommen hat, könnten vereinfachte Ansätze zur Abschätzung, Betrachtung und Bewertung des Risikos für Bodenorganismen hilfreich sein, in dem vorgegebenen Zeitrahmen solide Bewertungsgrundlagen auf der Basis von Freilanddaten zu erarbeiten.

Bisher hat die Bioverfügbarkeit noch keine angemes­sene Berücksichtigung bei der Risikobewertung von Kupfer für Bodenorganismen bei Rechtsetzungen auf euro­päischer Ebene gefunden.

Methoden

Die in den Jahren 2009 bis 2011 vorgenommenen Beprobungen waren konzipiert, eine Übersicht über die Kupfergesamtgehalte in den deutschen Wein-, Hopfen- und Baumobstbaugebieten unter den Aspekten einer möglichst repräsentativen Erfassung der Kupfer-Belastungsverteilung zu erhalten. Über die Methoden und die Ergebnisse der Beprobungen an konventionell und ökologisch bewirtschafteten Standorten wurde bereits berichtet (Strumpf et al., 2011b; Strumpf et al., 2011a; Strumpf und Strassemeyer, 2012).

Als Maß für eine mögliche Exposition über die Pfade Boden/Pflanze und Boden/Bodenlebewesen wurden die pflanzenverfügbaren Kupfergehalte im NH4NO3-Extrakt (Steindl et al., 2011) und die regenwurmverfügbaren Kupfergehalte im CaCl2-Extrakt (Strumpf und Strassemeyer, 2012) von den gewonnenen Bodenproben nach normierten Verfahren bestimmt.

Ergebnisse und Diskussion

Absolute Aussagen zur Eignung des im Auftrag der EUROPEAN COPPER TASK FORCE in aktuellen Studien auf Grünland verwendeten CaCl2-Extrakts zur Simulierung des Einflusses mobiler Kupferanteile auf Abundanzen und Artenspektrum der Regenwurmzönose sind erst im Vergleich mit anderen Modellextrakten möglich. Mit den gewonnenen Analysebefunden ist die Möglichkeit gegeben, die Leistungsfähigkeit beider Bodenextraktionsmethoden auf ihre Eignung für die Untersuchung mobiler Kupferanteile bei langjährig bewirtschafteten Sonder­kulturflächen abzuschätzen.

Im Rahmen von Untersuchungen des Ökosystems Boden (biologisches Monitoring) sollen methodische Vorgaben für längerfristige Beobachtungen der Auswirkungen von kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln (PSM) auf Indikatororganismen abgeleitet werden. Dabei werden auch die im NH4NO3-Extrakt und im CaCl2-Extrakt ermittelten mobilen Kupferanteile der auf der Grundlage der Bewertungsmatrix ausgewählten Beprobungsflächen mit den gemessenen Kupfergehalten der analysierten Regenwürmer in Verbindung gebracht.

Aussagen zu Anpassungseffekten von Indikatorarten an Kupfergehalte im Boden und zum Einfluss von standortbezogenen Faktoren, Bewirtschaftungsweise, Bodenbearbeitung und Pflanzenschutzmanagement auf die Bioverfügbarkeiten sollen einen Beitrag zur Bewertung der Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Produktion als Grundlage für die Beratung von Behörden und der Betriebe des konventionellen wie ökologischen Anbaus liefern.

Da diese Faktoren oft durch Flurbereinigungen und -neuordnungen überlagert sind und langjährig bewirtschaftete Dauerkulturflächen oft heterogene Belastungsverteilungen aufweisen, erfordert die Darstellung ein­getretener Wirkungen von Kupferbelastungen auf die Bodenzönose noch eine standortbezogene Methodenvalidierung. Dies erfolgt unter Nutzung von Regenwürmern als Indikatoren über Gesamtabundanzen und Abundanzverteilungen auf Lebensformtypen um die Feldbedingungen realistisch abbilden zu können.

Vergleich im CaCl2-Extrakt und im NH4NO3-Extrakt bestimmter mobiler Anteile von Schwermetall­belastungen (As, Cr, Cu, Pb, Zn, V) auf den Beprobungsflächen

Durch normierte Aufschlussverfahren wurden nur die mobilen Anteile im 1 M NH4NO3-Extrakt und 0,001 M CaCl2-Extrakt der auf den Beprobungsflächen nachgewiesenen Schwermetalle Cu, As, Cr, Pb, Zn und V erfasst.

Die in der Tab. 1 aufgeführten Mittelwerte und Standardabweichungen pflanzenverfügbarer und regenwurmverfügbarer Gehalte unterschiedlicher Schwermetalle auf Prüf-, Referenz- und Kontrollflächen liegen im Mikrogramm-Bereich. Sie resultieren aus einer Vielzahl von ermittelten Einzelwerten und können als valide Datengrundlage in die weiteren Untersuchungen einfließen.

Tab. 1. Vergleich im CaCl2-Extrakt und im NH4NO3-Extrakt bestimmter bioverfügbarer Gehalte unterschiedlicher Schwermetalle (As, Cr, Cu, Pb, Zn, V) auf Beprobungsflächen des Wein-, Hopfen- und Baumobstbaus für den Beprobungshorizont bis 20 cm in μg Me/kg Boden(TS). Basis Mittel­werte mit Standardabweichung (SD), Mediane (P50) und 90. Perzentile (P90)

Kultur

Flächentyp

Element

As

 

Cr

 

Cu

 

Pb

 

Zn

 

V

Extrakt

CaCl2

NH4HO3

 

CaCl2

NH4HO3

 

CaCl2

NH4HO3

 

CaCl2

NH4HO3

 

CaCl2

NH4HO3

 

CaCl2

NH4HO3

Anzahl

MW

SD

MW

SD

 

MW

SD

MW

SD

 

MW

SD

MW

SD

 

MW

SD

MW

SD

 

MW

SD

MW

SD

 

MW

SD

MW

SD

   

μg Me/kg Boden TM

Hopfen

Kontrollflächen

16

22

16

6

  

9

8

3

7

 

176

88

128

119

 

8

12

71

259

 

58

104

214

387

 

69

114

13

15

Prüfflächen

110

31

21

7

  

6

6

1

2

 

443

300

391

274

 

5

7

3

10

 

187

367

711

1102

 

98

86

14

8

Referenzflächen

60

26

16

8

  

6

5

1

3

 

707

1206

2541

7856

 

4

6

11

34

 

371

1078

1337

3474

 

111

123

18

19

Obst

Kontrollflächen

50

23

19

9

9

 

7

6

4

3

 

111

53

95

99

 

6

8

8

28

 

61

108

405

788

 

43

58

5

5

Prüfflächen

432

23

26

9

9

 

8

19

5

17

 

171

127

121

141

 

6

8

6

31

 

80

167

509

1065

 

50

51

7

6

Referenzflächen

177

21

18

13

8

 

8

7

7

10

 

138

130

135

273

 

7

9

82

316

 

200

401

1144

2187

 

45

48

7

7

Wein

Kontrollflächen

152

35

43

11

9

 

6

7

3

4

 

121

70

113

100

 

8

21

39

159

 

116

331

337

833

 

52

61

10

9

Prüfflächen

676

59

49

15

6

 

6

5

2

3

 

348

339

427

468

 

5

8

2

21

 

54

286

160

994

 

112

130

15

14

Referenzflächen

383

59

45

16

16

 

7

7

3

4

 

340

400

476

668

 

6

11

6

44

 

69

192

221

774

 

113

136

15

15

Perzentile

   

P50

P90

P50

P90

 

P50

P90

P50

P90

 

P50

P90

P50

P90

 

P50

P90

P50

P90

 

P50

P90

P50

P90

 

P50

P90

P50

P90

Hopfen

Kontrollflächen

16

19

45

0

16

 

8

23

0

14

 

140

329

97

305

 

3

34

0

377

 

23

263

52

1116

 

31

352

7

42

Prüfflächen

110

26

57

0

20

 

4

13

0

3

 

390

869

322

795

 

1

19

0

11

 

28

616

112

2358

 

66

208

12

25

Referenzflächen

60

21

51

10

20

 

5

9

0

5

 

320

1445

318

1483

 

0

14

0

43

 

42

664

192

1796

 

51

281

14

46

Obst

Kontrollflächen

50

16

50

10

20

 

6

11

3

8

 

101

190

61

278

 

3

16

0

29

 

11

266

84

1357

 

22

120

5

10

Prüfflächen

432

16

42

10

20

 

5

15

3

5

 

127

309

83

231

 

4

15

0

6

 

17

257

91

1670

 

30

126

5

14

Referenzflächen

177

17

46

10

30

 

5

20

4

15

 

102

263

74

204

 

4

22

0

201

 

22

761

107

3928

 

29

114

5

15

Wein

Kontrollflächen

152

22

74

10

27

 

4

13

1

6

 

117

202

87

207

 

0

20

0

37

 

11

338

13

1191

 

25

153

8

20

Prüfflächen

676

46

120

10

40

 

4

11

1

5

 

226

746

244

1054

 

1

17

0

3

 

11

84

19

157

 

72

250

12

30

Referenzflächen

383

45

124

10

40

 

5

15

2

7

 

222

716

244

1176

 

2

19

0

6

 

14

146

18

542

 

68

249

11

34

Nachweisgrenze

μg/kg

15.5

14.2

 

2.4

2.4

 

2.7

4.8

 

13.4

8.9

 

15.7

4.0

 

4.1

4.9

Bestimmungsgrenze

23.3

21.3

 

3.5

3.6

 

4.0

7.2

 

20.1

13.3

 

23.6

6.0

 

6.2

7.3

Im NH4NO3-Extrakt liegen die Werte von Arsen und Chrom im Bereich der Nachweisgrenze. Sofern die Elementgesamtgehalte in den Böden für Arsen und Vana­dium niedrig sind, wurden im CaCl2-Extrakt Gehalte im Bereich der Bestimmungsgrenze gemessen. Bei Blei ist dies teilweise bei beiden Extraktionen der Fall.

Beim Vergleich zwischen den im NH4NO3-Extrakt und den im CaCl2-Extrakt mit gleichen Bodenproben bestimmten mobilen Schwermetallanteilen (As, Cr, Cu, Pb, Zn, V) auf Beprobungsflächen des Wein-, Hopfen- und Baum­obstbaus (Tab. 1) werden elementabhängige Unterschiede sichtbar, die auf unterschiedlichen Mechanismen bei der Bildung wasserlöslicher Metallkomplexe während der Extraktion beruhen.

Die analysierten mobilen Elementgehalte in Sonderkulturböden variieren in Anhängigkeit des verwendeten
Extraktionsverfahrens, des Flächentyps und der angebauten Kultur, was auf multifaktorielle Einflüsse auf die Verfügbarkeit von Schwermetallen – wie Kupfer – zurück zuführen ist. Die im Mittel berechneten bioverfügbarer Gehalte im CaCl2-Extrakt und NH4NO3-Extrakt lassen nicht erkennen, welches der beiden gewählten Extrak­tionsverfahren die real vorliegenden Verfügbarkeitsverhältnisse besser widerspiegelt.

Deshalb können die Auswirkungen der ermittelten Expositionen auf die Bodenfruchtbarkeit unter Nutzung von Regenwürmern als Indikatoren im Sinne einer nachhaltigen Nutzung und Erhaltung der biologischen Vielfalt erst nach Freilanderhebungen der Regenwurmzönose abschließend abgeschätzt werden.

Unabhängig davon zeigen die mit zwei unabhängigen Extraktionsmethoden zur Simulierung von Verfügbarkeiten erhaltenen Daten, dass Chrom und Blei auf den Prüf- und Referenzflächen nur in sehr geringen Mengen in bioverfügbarer Form vorliegen.

Im Rahmen der Entwicklung eines Modells zur Risikoabschätzung von Schadelementen (Schwermetallen) im System Boden/Pflanze unter Einbindung von Biokonzentrationsfaktoren (Strumpf und Reichmuth, 2009) wurde im Ergebnis von Untersuchungen zum Transfer von Chrom und Blei über den Pfad Boden/Pflanze festgestellt, dass beide ein starkes Anreicherungsverhalten im Wurzel- und unteren Pflanzenbereich in Modellpflanzen zeigen, sodass auch bei deutlicher Überschreitung der Vorsorgewerte für Böden durch Abwaschen der Bodenpartikel und Entfernen der unteren Blätter in der Regel unbedenkliches Erntegut erzeugt werden kann.

Ziel noch anstehender Untersuchungen ist es, aktuelle Daten zu den Auswirkungen der Schwermetallgehalte in Böden im ökologischen Landbau auf das Bodenleben zu erarbeiten. Der Bewirtschaftungshistorie geschuldet sind neben Kupfer weitere Schadelemente (Pb, As, Cr, Zn, V) auf Zielflächen vorhanden. Es müsste untersucht werden, welche und in welchem Ausmaß Schwermetalle im Boden bioverfügbar vorliegen und ob diese auf Regenwurmgemeinschaften additive, synergistische oder antagonistisch Effekte ausüben. Die Auswirkungen von Metallsystemen in Sonderkulturflächen werden bisher noch nicht im Bewertungsverfahren berücksichtigt. Aufgrund unterschiedlicher Bewirtschaftungshistorien differieren die Schwermetallbodengehalte von Fläche zu Fläche, so dass ökotoxikologische Untersuchungen in Modellsystemen durchgeführt werden müssten.

Aus Kapazitäts- und Zeitgründen sollten weiterführende Untersuchungen zu den Auswirkungen von Metallsystemen auf die Regenwurmzönose neu konzipiert werden. Die Schwermetalle Chrom und Blei sind in so geringen bioverfügbaren Konzentrationen auf den Beprobungsflächen vorhanden, dass eine Analyse von anthropogenen Einträgen beider Metalle zukünftig nicht mehr erfolgen sollte.

Aufnahme von Kupfer in Regenwürmern – Bewertung mittels Biokonzentrationsfaktoren

Anhand der gewonnenen Daten zur Belastungssituation, Standortbeschreibung und Bewirtschaftungsdauer wurden Reblagen ausgewählt, die aufgrund ihrer Eigenschaften einen bestimmten Standorttyp repräsentieren und die standörtlichen Voraussetzungen bieten, durch eine Erhebung zum Vorkommen von Lumbriciden, Rückschlüsse auf das Risiko für Bodenlebewesen zu ziehen, das der Kupferanreicherung im Boden zuzuschreiben ist.

Das Zusammenspiel einer Vielzahl von agrikulturhistorischen, pedologischen, ökologischen und bewirtschaftungstechnischen Parametern beeinflusst die Kupferverfügbarkeiten, was sich in standortspezifischen Auswirkungen auf Abundanz und Abundanzverteilung innerhalb der Indikator-Lebensgemeinschaft Regenwurm ausdrückt (Riepert et al., 2012).

Es dürfte unstrittig sein, dass die Verfügbarkeit in direktem Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die Bodenzönose steht und damit elementar für anstehende Risiko-Nutzen-Abschätzungen durch die Zulassungsbehörden ist.

Um bei der Komplexität der Zusammenhänge anstehende Bewertungen im vorgegebenen Zeitrahmen praktikabel gestalten zu können, war es ausschließliches Ziel der durchgeführten Auswertung in einem vereinfachten Ansatz zu prüfen, ob eine Risikoabschätzung über verfügbare Kupfergehalte in Modellextrakten in Verbindung mit gemessenen Kupfergehalten für den Pfad Boden/Bodenorganismen möglich ist.

Die hier vorgestellten Ergebnisse beziehen sich auf bisher durchgeführte Untersuchungen zur Erhebung der Regenwurmzönose bei 15 ausgewählten Weinbaubetrieben mit mindestens einer Prüf-, Referenz- und Kontrollfläche. Aufgrund des noch zu geringen Stichprobenumfangs sind noch keine abschließenden Wertungen möglich, aber es werden bereits Tendenzen erkennbar.

Die in den Voruntersuchungen ermittelte Belastungsverteilung der Kupfergesamtgehalte auf repräsentativ beprobten Flächen deutscher Qualitätsweinanbaugebiete ergab, dass Flächen mit langer Bewirtschaftungsdauer durch die in der Vergangenheit erfolgten hohen Kupfer­einträge oft hohe Bodengesamtgehalte aufweisen (Strumpf et al., 2011a). Insofern ist es von Interesse zu prüfen, in wie weit eine Bodenanreicherung (Kupfergesamtgehalte) mit einer Anreicherung in Lumbriciden einhergeht.

Auf der Grundlage des für jede Fläche berechneten Mittelwertes aus den Teilflächen und den dort ausgelesenen Lumbriciden konnte ein Zusammenhang von R2 ~ 0,71 zwischen den Gesamtgehalten im Boden und im Regenwurm (Abb. 1 links) nachgewiesen werden. Die starke Streuung der Einzelwerte lässt darauf schließen, dass die Kupferaufnahme (Bioverfügbarkeit) von einer Vielzahl pedologischer, ökologischer und bewirtschaftungstechnischer Einflüsse geprägt wird.

Abb. 1. Potentieller Zusammen­hang zwischen Kupfergesamt­gehalten im Boden und in der Regenwurmzönose (links) im Vergleich zum Zusammenhang zwischen den Kupferge­samtgehalten und den auf der Basis von Ge­samtgehalten berechne­ten Biokonzentrationsfak­toren (rechts) bezogen auf Mittelwerte der Un­tersuchungsflächen (n = 49).

Abb. 1. Potentieller Zusammen­hang zwischen Kupfergesamt­gehalten im Boden und in der Regenwurmzönose (links) im Vergleich zum Zusammenhang zwischen den Kupferge­samtgehalten und den auf der Basis von Ge­samtgehalten berechne­ten Biokonzentrationsfak­toren (rechts) bezogen auf Mittelwerte der Un­tersuchungsflächen (n = 49).

Abb. 1 zeigt aber auch, dass mit ansteigenden Kupferkonzentrationen die Kupferanreicherung in den Lumbriciden geringer wird. Dies deutet auf eine Anpassung an die Standortbedingungen hin. Da Kupfer ein essentieller Bestandteil des Naturhaushaltes ist (z.B. Strumpf et al., 2002), könnten Mitglieder der Bodenzönose Mechanismen zur ‚bedarfsorientierten’ Aufnahme, Ausschleusung oder Detoxifikation (z.B. Entgiftung über unter Stress gebildete Peptide – Metallothionine) über evolutionäre Anpassungen entwickelt haben.

Die Verwendung von Biokonzentrationsfaktoren (BCF) zur Risikoabschätzung von Schadelementen (Schwermetallen) im System Boden/Pflanze und ihrer Anreicherung im Erntegut hat sich als praktikabel und einfach handhabbar erwiesen (Strumpf und Reichmuth, 2009) und wurde deshalb auf die Regenwurmzönose angewandt.

Der BCF ist ein Maß für den Transfer der Elemente vom Boden in Bodenorganismen (Pfad Boden/Bodenorganismus) und ihrer Anreicherung in Bodenorganismen. Er ergibt sich aus dem Quotienten des Elementgehaltes in dem Regenwurm und dem Gesamtgehalt bzw. dem Gehalt im Modellextrakt des Bodens am Standort der Erhebung.


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BCF

Biokonzentrationfaktor [–]

CuRegenwurm

Kupfer Gesamtgehalt im Regenwurm [mg Cu/kg (TM)]

CuBoden

Kupfer Gesamtgehalt im Boden bzw. Gehalt im Extrakt [mg Cu/kg (TM)]

Hier zeigt sich ein schwächerer Zusammenhang von R2 ~ 0,57 zwischen den Gesamtgehalten im Boden und den berechneten Biokonzentrationsfaktoren (Abb. 1 rechts). Als Ursache für die Nichteignung von BCFs auf der Basis von Gesamtgehalten zur Risikoabschätzung von Schadelementen (Schwermetallen) im System Boden/Bodenorganismus wäre anzuführen, dass die Verfügbarkeiten multifaktoriell beeinflusst werden. Aus der Literatur ist auch bekannt, dass sich die Toxizität von Kupfer gegenüber Bodenorganismen bei frisch dotierten Laborböden und bei langjährig kontaminierten Freilandböden deutlich unterscheidet (SCHER, 2009; Ruyters et al., 2013). Dies wird auf Alterungs- und Salzeffekte im Freiland zurückgeführt (Van Sprang et al., 2008). Auch bei Freilandböden erfolgt durch die jährliche Anwendung kupferhaltiger PSM – wenn auch in jetzt deutlich verringerten Mengen – eine ständige Zufuhr nicht gealterten Kupfers.

Eignung verwendeter Extraktionsverfahren zur Beschreibung des Kupferanreicherungsverhaltens in Regenwürmern

In der nationalen Rechtsetzung werden schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten im Ackerbau, Nutzgarten sowie Grünland bezogen auf die Pflanzenqualität und zur Vermeidung von Wachstumsbeeinträchtigungen bei Kulturpflanzen anhand der gemessenen pflanzenverfügbaren Bodengehalte im NH4NO3-Extrakt erfasst (Anonym, 1999). Der CaCl2-Extrakt wurde zusätzlich gewählt, weil die Methodik in eine Vornorm (DIN CEN, 2007) zur Untersuchung von Bodenproben auf Verfügbarkeit der Schwermetalle für Bodenlebewesen eingeflossen ist und bei aktuellen Langzeitfeldstudien der Effekte von Kupfer gegenüber Bodenorganismen herangezogen wird (Klein et al., 2007).

Zwischen den pflanzenverfügbaren Gehalten im NH4NO3-Extrakt und den Kupfergehalten in den Lumbriciden (Abb. 2 links) sind ebenso wie zwischen den regenwurmverfügbaren Gehalten im CaCl2-Extrakt und den Kupfergehalten in den Regenwürmern (Abb. 2 rechts) nur mittlere bis schwache Zusammenhänge (R2 ~ 0,55 bzw. R2 ~ 0,40) nachweisbar. Dies liegt ursächlich daran, dass die Regenwurmverfügbarkeit des Kupfers multifaktoriell beeinflusst wird und die in die Auswertung ein­bezogenen Standorte in ihren Belastungen, bodenkundlichen Eigenschaften, Bewirtschaftungshistorien und -weisen stark differieren.

Abb. 2. Potentielle Zusammen­hänge zwischen Kupfer­gehalten im NH4NO3-Extrakt (links) und im CaCl2-Extrakt (rechts) der Bodenproben mit den bestimmten Kupfer­gesamtgehalten in der Regenwurmzönose auf der Basis von Mittel­werten der Untersu­chungsflächen im Vergleich (n = 49).

Abb. 2. Potentielle Zusammen­hänge zwischen Kupfer­gehalten im NH4NO3-Extrakt (links) und im CaCl2-Extrakt (rechts) der Bodenproben mit den bestimmten Kupfer­gesamtgehalten in der Regenwurmzönose auf der Basis von Mittel­werten der Untersu­chungsflächen im Vergleich (n = 49).

Die Verwendung eines bestimmten Extraktionverfahrens allein kann somit keine Aufklärung über die zu erwartende Exposition für die Nachhaltigkeit der Produktion wichtiger Organismengruppen leisten. Dies bedeutet, dass die verwendeten Extraktionsverfahren zur Schnellprognose der Auswirkungen auf die Regenwurmzönose ungeeignet sind, auch wenn der NH4NO3-Extrakt hier tendenziell besser abschneidet. Das Phänomen einer abnehmenden Kupferanreicherung mit zunehmender Kupferkonzentration im Boden ist auch hier erkennbar.

Verwendung von BCF’s zur Prognose des Kupfer­anreicherungsverhaltens in Regenwürmern – Vergleich verwendeter Extraktionsverfahren

Die Verwendung der berechneten BCF’s hat den Vorteil, dass alle Faktoren, die die Verfügbarkeit am Standort beeinflussen, im Ergebnis zu konkreten Kupfergehalten in der Regenwurmzönose führen und so über die modellhaft bestimmten Extraktgehalte direkt in die Berechnung eingehen.

Werden die Bodenextraktgehalte der auf den Frei­landflächen gesammelten Proben mit den dazugehörigen berechneten Biokonzentrationsfaktoren der erhobenen Regenwurmzönose korreliert, ergibt sich ein anderes Bild.

Bei den Datenpaaren Kupfergehalte im NH4NO3-Extrakt und berechnete Biokonzentrationsfaktoren der Regenwurmzönose konnte ein enger potentieller Zusammenhang von R2 ~ 0,79 nachgewiesen werden (Abb. 3 links). Bei Verwendung der auf der Basis im CaCl2-Extrakt bestimmten ‚regenwurmverfügbaren’ Kupferanteile und den analog für jede Teilfläche ermittelten BCF der Regenwurmzönose (Abb. 3 rechts) zeigt sich überraschenderweise nur ein mittlerer Zusammenhang von R2 ~ 0,52.

Abb. 3. Potentieller Zusammen­hang zwischen den Kupfergehalten im Bo­denextrakt und den auf der Basis von Extrakt­gehalten berechneten Biokonzentrationsfak­toren der Regenwurm­zönose bezogen auf Mittelwerte der Unter­suchungsflächen im Vergleich – NH4NO3-Extrakt (links) und im CaCl2-Extrakt (rechts) – (n = 49).

Abb. 3. Potentieller Zusammen­hang zwischen den Kupfergehalten im Bo­denextrakt und den auf der Basis von Extrakt­gehalten berechneten Biokonzentrationsfak­toren der Regenwurm­zönose bezogen auf Mittelwerte der Unter­suchungsflächen im Vergleich – NH4NO3-Extrakt (links) und im CaCl2-Extrakt (rechts) – (n = 49).

Im internationalen Normungsgeschehen (ISO TC 190 Soil Quality) wird der CaCl2-Extrakt für die umwelt­bezogene Verfügbarkeit insbesondere im Hinblick auf die Bodenfauna als geeignetes Modell für die Verfügbarkeit gegenüber Bodenorganismen herangezogen. Die Methodik beruht auf Untersuchungen mit Singlespezies der Bodenzönose (z.B. Peijnenburg et al., 1999a; 1999b) und Lebensgemeinschaften unterschiedlicher trophischer Stufen (z.B. Van Straalen et al., 2001; Hobbelen et al., 2006) in kontaminierten Böden.

Die Höhe eines Biokonzentrationsfaktors beschreibt per se nicht das bestehende Risikopotential. Liegen die bestimmten mobilen Anteile im Bereich der Nachweisgrenze (geogene Hintergrundgehalte), so werden trotz niedriger Gehalte in der Regenwurmzönose hohe BCF berechnet.

Hinzu kommt, dass die Untersuchungsflächen sehr heterogen sind, d.h. die Fläche ist bezüglich ihrer pedologischen Eigenschaften und den Kupfer-Gehalten (Verfügbarkeiten) kleinstrukturiert. Deshalb ist die Datenauswertung des nach DIN ISO 23611-1, 2007 durchgeführten Regenwurmmonitorings nur auf Grundlage der Flächenwerte von umfassend charakterisierten Beprobungsflächen sinnvoll.

Die Einzeldaten einer beprobten Kontrollfläche sind in (Tab. 2) dargestellt (Markierung in Abb. 3).

Tab. 2. Daten zur Berechnung der Biokonzentrationsfaktoren am Beispiel einer Kontrollfläche auf der Basis von bestimmten Einzelwerten (n) der Teilflächen

Teil­­fläche

Regenwurm

 

Boden

 

Regenwurm

 

Boden

n

Druck

 

KW

NH4NO3

CaCl2

 

KW

NH4­NO3

CaCl2

 

pH

KG

org. S.

N

C

S

C/N

Cu [mg/kg]

 

BCF

 

%

1

3

1,2

 

23,9

0,004

0,026

 

0,05

290

45

 

6,1

Lt3

9,3

0,4

4,7

0,09

11,4

2

10

1,9

 

25,8

0,004

0,026

 

0,07

482

74

 

6,1

Lt3

9,6

0,4

4,8

0,07

11,8

3

6

1,9

 

8,7

0,013

0,020

 

0,22

145

94

 

7,2

Ls4

10,2

0,1

3,7

0,04

26,4

4

10

1,9

 

22,7

0,037

0,025

 

0,08

52

75

 

7,3

Lt3

12,0

0,4

4,7

0,08

11,8

Beprobungsfläche

1–4

29

1,8

 

20,3

0,015

0,024

 

0,09

127

76

 

6,7

Lt3

10,3

0,3

4,5

0,07

15,3

Die bisherigen Untersuchungsbefunde präferieren die Verwendung des NH4NO3-Extrakts als geeignetes Modell zur Beschreibung der Kupferanreicherung in Regenwurmzönosen.

Da die Verwendung von BCFs auf der Basis von Ge­halten im NH4NO3-Extrakt des Standortbodens zur Erstabschätzung des Risikopotentials von Kupfer im System Boden/Bodenzönose und ihrer Anreicherung in der Regenwurmzönose einfach handhabbar ist, sollte dieses Modell einen praktikablen Ansatz im Vorfeld anstehender Risikobewertungen darstellen. Im Ergebnis des gegenwärtig vorliegenden Erkenntnisfortschritts wird kein Handlungsbedarf zur Änderung bodenschutzrechtlicher Vorgaben für den Pfad Boden/Bodenorganismus in Deutschland gesehen.

Die Modellierung zu erwartender Kupfergehalte in Indikatoren der Bodengüte und deren standortspezifischen Auswirkungen erfordert noch weitere Erhebungen der Regenwurmzönose, um sicher festlegen zu können, mit welchem Extraktionsverfahren Gehalte in relevanten Organismen, die für eine Risikobetrachtung geeignet sind, bestimmt werden können.

Schlussfolgerungen

Die Auswirkungen der im NH4NO3-Extrakt und im CaCl2-Extrakt ermittelten Expositionen auf die Bodenfruchtbarkeit unter Nutzung von Regenwürmern als Indikatoren im Sinne einer nachhaltige Nutzung und Erhaltung der biologischen Vielfalt können erst nach Freilanderhebungen der Regenwurmzönose abschließend abgeschätzt werden.

Ein auf der Grundlage von biologischen Statuserhebungen an 15 charakteristischen Weinbaustandorten mit den bei den Belastungserhebungen gesammelten Bodenproben durchgeführter Vergleich pflanzenverfügbarer Kupferanteile im NH4NO3-Extrakt und für Bodenlebewesen (Regenwürmer) verfügbarer Anteile von Kupfer im CaCl2-Extrakt führt zu folgenden Schlussfolgerungen:

• Das Zusammenspiel einer Vielzahl von agrikulturhistorischen, pedologischen, ökologischen und bewirtschaftungstechnischen Parametern beeinflusst die Kupferverfügbarkeiten, weshalb in einem ein­fachen Regressionsansatz zwischen Bodengehalten im NH4NO3-Extrakt bzw. CaCl2-Extrakt und Kupfergehalten in den Regenwürmern nur mittlere bis schwache Zusammenhänge (R2 ~ 0,55 bzw. R2 ~ 0,40) nachweisbar sind.

• Bei Gesamtgehalten bis zu ca. 300 mg Cu/kg Boden (TM) erfolgt eine begrenzte Kupferanreicherung in Lumbriciden, welche auf eine Kupferausschleusung oder Entgiftung über unter Stress gebildete Peptide (Metallothionine) hindeuten könnte.

• Bei Verwendung des Biokonzentrationsfaktors (BCF) wurde in Verbindung mit den Bodengehalten im NH4NO3-Extrakt ein enger potentieller Zusammenhang von R2 ~ 0,79 nachgewiesen. Die im CaCl2-Extrakt bestimmten ‚regenwurmverfügbaren’ Kupfer­anteile und analog für jede Beprobungsfläche ermittelten BCF der Regenwurmzönose zeigen dagegen nur eine mittlere Abhängigkeit von R2 ~ 0,52.

• Die bisherigen Untersuchungsbefunde preferieren die Verwendung des NH4NO3-Extrakts als geeignetes Modell zur Beschreibung zu erwartender Kupfergehalte in Regenwurmzönosen auf langjährig bewirtschafteten Sonderkulturflächen.

Im Vorfeld anstehender Risikobewertungen kann der auf Freilanderhebungsdaten beruhende Regressionsansatz zur Erstabschätzung des Risikopotentials von Kupfer im System Boden/Bodenzönose und ihrer Anreicherung in der Regenwurmzönose verwendet werden.

Die Modellierung zu erwartender Kupfergehalte in Indikatoren der Bodengüte erfordert noch weitere Erhebungen der Regenwurmzönose, um sicher festlegen zu können, mit welchem Extraktionsverfahren Gehalte in relevanten Organismen, die für eine Risikobetrachtung geeignet sind, bestimmt werden können.

Danksagung

Die Untersuchungen werden seit August 2012 durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Bereich des Bundesprogramms Ökologischer Landbau, Forschungs- und Entwicklungsprojekte (FuE-Projekte) mit dem Vorhaben „Auswirkungen von kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln auf die Bodenfruchtbarkeit unter Nutzung von Regenwürmern als Indikatoren am Beispiel Weinbau“ gefördert (2812NA010).

Literatur

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