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Originalarbeit

Infektionsversuche an Rosskastanien mit Pseudomonas syringae pv. aesculi

Infection tests of horse chestnut trees with Pseudomonas syringae pv. aesculi

Olaf Schmidt1, Dirk Dujesiefken2 und Horst Stobbe2
Institut
Universität Hamburg, Abteilung Holzbiologie, Hamburg1
Institut für Baumpflege, Hamburg2

Journal für Kulturpflanzen, 66 (4). S. 130–135, 2014, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2014.04.02, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Prof. Dr. Olaf Schmidt, Universität Hamburg, Abteilung Holzbiologie, Leuschnerstr. 91, 21031 Hamburg, E-Mail: olaf.schmidt@uni-hamburg.de
Zur Veröffentlichung angenommen
10. Juni 2013

Zusammenfassung

Etwa fünfjährige Bäume von Aesculus hippocastanum L. wurden gepflanzt und mit dem Bakterium Pseudomonas syringae pv. aesculi, dem Erreger der Pseudomonas-Rindenkrankheit der Rosskastanien infiziert. Zum Erkennen möglicher Eindringwege des Pathovars in den Baum wurden die Bäume mit einer Bakteriensuspension vollständig besprüht bzw. der Wurzelteller begossen oder es wurde die Rinde mit Bakterien von Agarkulturen be­strichen oder in zuvor erzeugte Rindenverletzungen bis zum Holz hiermit infiziert. Ein Baum zeigte bereits nach drei Monaten die typischen Symptome der dunklen Leckstellen auf der Rinde. Die übrigen, nach drei Jahren Standzeit ausgewerteten Rosskastanien ergaben, dass sich der Erreger lediglich aus den über Wunden infi­zierten Rosskastanien sowie aus zwei geschwächten und abgestorbenen Bäumen re-isolieren ließ, wodurch die Koch´schen Postulate jedoch erfüllt waren. Viele Wunden waren engräumig abgeschottet und/oder vollständig überwallt; in diesen Fällen konnte das Pathovar nicht re-isoliert werden. Eine Infektion über Blätter, unverletzte Rinde oder Wurzeln wurde in keinem Fall beobachtet. Gefolgert wird, dass die Infektion von A. hippocastanum mit P. syringae pv. aesculi wahrscheinlich über Wunden erfolgt.

Stichwörter: Rosskastanie, Rindenkrankheit, Pseudomonas syringae pv. aesculi, Infektionsversuche

Abstract

Trees of about 5 years age of Aesculus hippocastanum L. were planted and infected with Pseudomonas syringae pv. aesculi, the causal agent of the Pseudomonas bark disease of horse chestnut trees. To get knowledge on the infection ways of the pathovar, trees were treated by complete spraying or by watering the root area with bacterial suspensions. In other trees bacteria from agar plate cultures were spread on the bark or the bacteria were brought in the wood through artificial bark wounds. One tree showed already after 3 months the typical dark bark leakages, confirming Koch´s postulates. The other trees sampled after 3 years revealed that the pathovar could be re-isolated only from wound-infected trees and from two weakened or dead trees. Many of the wounds had been compartimentalized and/or totally over-walled, without a re-isolation of the bacterium. An infection via the leaves, the undamaged bark or the roots was not observed. It is assumed that P. syringae pv. aesculi infects A. hippocastanum through wounds.

Key words: Horse chestnut, Bark disease, Pseudomonas syringae pv. aesculi, Infection tests

Einleitung

In den Niederlanden wurde 2002 erstmals die Rindenkrankheit der Rosskastanien (Aesculus spp.) beobachtet. Auffälligste Symptome sind dunkle Leckstellen auf der Rinde und Nekrosen (Dujesiefken et al., 2008; Stobbe et al., 2008). Als Erreger wurde das Bakterium Pseudo­monas syringae pv. aesculi identifiziert, das ursprünglich in Indien 1969 an A. indica nachgewiesen worden war (Durgapal, 1971). Das Pathovar ist ein Gram-negatives, obligat aerobes, stäbchenförmiges und polar begeißeltes Bakterium, welches phylogenetisch zur γ-Gruppe der Proteobakterien gehört. Inzwischen hat sich die Krankheit in Großbritannien (Webber et al., 2006), Belgien und Frankreich ausgebreitet und wurde jüngst in der Tschechischen Republik gefunden (Mertelik et al., 2013). Für Deutschland erfolgte der Erstnachweis 2008 (Schmidt et al., 2008) und 2009 wurde ein molekularer Schnelltest zur Diagnose des Pathovars vorgestellt (Schmidt et al., 2009). Steele et al. (2010) und De Keijzer et al. (2012) untersuchten die Infektionsbiologie und Histologie an natürlichem Befall. Vereinzelt wurden künstliche Infek­tionen an Rosskastanien durchgeführt (Webber et al., 2006; Green et al., 2009; Mertelik et al., 2013). Für weitere Kenntnisse zu den Eindringwegen des Bakteriums in den Baum und seine dortige Ausbreitung wurden etwa fünfjährige Rosskastanien (Aesculus hippocastanum L.) gepflanzt und mit P. syringae pv. aesculi durch verschiedene Aufbringweisen infiziert.

Material und Methoden

Versuchsbäume

Vierundzwanzig etwa fünfjährige und circa 3 m hohe Bäume von Aesculus hippocastanum L. von der Baumschule Bruns wurden im Februar 2008 in Reinbek-Schönningstedt, Schleswig Holstein, auf einer Wiese in Reihe im Abstand von etwa 2,5 m gepflanzt (Abb. 1).

Abb. 1. Versuchsbäume (links); Kastanie 17 (s. Tab. 1) mit Krankheitssymptomen (rechts).

Abb. 1. Versuchsbäume (links); Kastanie 17 (s. Tab. 1) mit Krankheitssymptomen (rechts).

Infektionen

Zur Infektion wurde der 2007 von einer Hamburger Rosskastanie isolierte Stamm 3 von Pseudomonas syringae pv. aesculi verwendet (Schmidt et al., 2008), der als Stammkultur auf Nähragar [5 g Pepton (Oxoid), 3 g Fleisch­extrakt (Oxoid), 0,5 g Hefeextrakt (Merck), 0,4 g KH2PO4, 0,2 g NaCl, 15 g Agar (Oxoid), 1000 ml A. dest., pH 7,0 nach Autoklavieren] gehalten wird. Für die nach Verwundung vorgesehenen Infektionen wurden zahl­reiche mit Bakterien bewachsene Petrischalen und für das Besprühen und Gießen der Bäume auf einem Magnet­rührer gerührte 3 L-Flüssigkulturen in 5 L-Erlenmeyerkolben bei Zimmertemperatur angezogen. Die Bakterien für die erste Infektion 2008 wurden bei Raumtemperatur von 20 bis 23°C kultiviert. Da die maximale Phytotoxinbildung von Pseudomonas syringae bei 18°C erfolgt (Budde et al., 1998), wurde diese Temperatur für die Kulturen der zweiten Beimpfung 2009 verwendet.

Die Beimpfung der Bäume erfolgte im April 2008. Mit den Flüssigkulturen wurden ganze Bäume mit einer Sprühflasche benetzt und/oder ihre Wurzelteller gegossen. Bei weiteren Bäumen wurde die Rinde an mehreren Stellen mittels einer Impföse durch Bestreichen mit Bakterien aus Agarkulturen beimpft und diese infizierten Bereiche mit Parafilm gegen Austrocknen umwickelt. Schließlich wurden Bäume durch jeweils mehrere etwa 5 cm hohe und 1 cm breite bis in das Holzgewebe reichende Schnitte verletzt. In die Wunden wurden mittels Impföse Bakterien aus Agarkulturen eingebracht und anschließend die Wundbereiche mit Parafilm umwickelt. Mehrere Bäume blieben als Kontrolle ohne Beimpfung. Hier wurden jedoch z.T. Wunden angelegt und die Rindenbereiche mit Parafilm umwickelt. Etwa vierteljährlich erfolgte eine visuelle Kontrolle hinsichtlich Baumzustand und Krankheitssymptomen. Da nach einen Jahr nur ein Baum typische Symptome aufwies (Abb. 1, rechts), wurde die Be­impfung im Juli 2009 wiederholt.

Re-Isolierung des Krankheitserregers

Im August 2011 wurden von den 24 Versuchsbäumen am Standort neun Bäume mit und ohne Schadsymptomen ausgewählt und für die weiteren Untersuchungen gefällt. Da sich im Laufe der Versuche zeigte, dass sich das Bakterium nur aus wenigen Bäumen re-isolieren ließ, wurden wegen der aufwendigen Analytik nicht alle Bäume einer Infektionsvariante ausgewertet. Etwa 10 cm lange Stamm­abschnitte wurden aus verschiedenen Höhen der behandelten Kastanien bzw. aus ihren Wundbereichen entnommen und getrennt in sauberer Alu-Folie bei –18°C eingefroren. Zur Gewinnung von Probenmaterial für die Analysen wurden die angetauten Stammabschnitte unter keim­armen Bedingungen mit einem mit Ethanol flambierten Beitel längs gespalten und mit einer sterilen Pinzette von verschiedenen Stellen (siehe Abb. 2 bis 4) kleine Späne/Schnipsel entnommen (Schmidt, 1985). Zur Gewinnung von Reinkulturen wurden die Späne auf Nähragar in Petrischalen übertragen und angewachsene Bakterien­kolonien, die makroskopisch der Gattung Pseudomonas entsprachen, auf Agar zu Reinkulturen gebracht. 

Abb. 2. Proben der Kastanie 9 (Stamm verwundet). +/– Nachweis von Pseudomonas syringae pv. aesculi.

Abb. 2. Proben der Kastanie 9 (Stamm verwundet). +/– Nachweis von Pseudomonas syringae pv. aesculi.

Abb. 4. Proben der Kastanie 3 (Stamm und Krone be­sprüht). +/– Nachweis von Pseudomonas syringae pv. aesculi.

Abb. 4. Proben der Kastanie 3 (Stamm und Krone be­sprüht). +/– Nachweis von Pseudomonas syringae pv. aesculi.

Abb. 3. Proben der Kastanie 11 (Stamm verwundet). +/– Nachweis von Pseudomonas syringae pv. aesculi.

Abb. 3. Proben der Kastanie 11 (Stamm verwundet). +/– Nachweis von Pseudomonas syringae pv. aesculi.

Molekulare Identifizierung

Die molekulare Identifizierung von P. syringae pv. aesculi erfolgte nach Schmidt et al. (2009). Dazu wurden etwa 50 mg Nassgewicht Späne in autoklavierte Mörser übertragen und die DNS mittels Pistill und dem DNeasy Plant Kit (Qiagen, Hilden, Deutschland) extrahiert und gereinigt. Die DNS der Späne enthält Genmaterial des Baumes und eventuell vorhandener Bakterien. Die Polymerasekettenreaktion (PCR) erfolgte mit dem Qiagen Taq Core Kit. Um bei der PCR nur die Bakterien-DNS zu erfassen, wurden die von dem Gyrase B-Gen (bakterielle Topoisome­rase II) abgeleiteten Primer G5 (CGTCGGTGAAAGTG­ATACCAC) und G6 (AATGCCGTCGTCGCGGTTGAAT) verwendet (Schmidt et al., 2009). Die PCR erfolgte im Thermocycler PTC-100 (MJ Research, Watertown, MA, USA) nach 4 Min. Anfangsdenaturierung bei 94°C mit 35 Zyklen von 30 Sek. bei 94°C, 30 Sek. bei 57°C und 30 Sek. bei 72°C sowie Schluss-Elongation von 7 Min. bei 72°C. Bakterienzellen von den Reinkulturen wurden ohne DNS-Extraktion direkt in den PCR-Kit übertragen und bei 98°C Anfangsdenaturierung aufgeschlossen. Nach Agarose-Gelektrophorese mit Mupid-exU (Advance, Tokyo, Japan) wurden die PCR-Produkte nach Reaktion mit GelStar Nucleic Acid Gel Stain (Cambrex, Rockland, ME, USA) über UV-Licht visualisiert und mit dem BioDocAnalyze System (Biometra, Göttingen) dokumentiert.

Randomly amplified polymorphic DNA-Analyse und rDNS-ITS-Sequenzierung

Zur Untersuchung, ob die Re-Isolierungen des Pathovars Aesculi (siehe Tab. 1) aus den künstlich infizierten Kastanien identisch mit dem für die Beimpfung verwendeten Stamm des Bakteriums sind oder ob es sich um spätere Fremd-Infektionen handelt, wurden Reinkulturen der Isolate per Randomly amplified polymorphic DNA (RAPD)-Analyse untersucht und die Fragmentmuster mit denen des Impfstammes und von 2 englischen Herkünften des Pathovars verglichen. Hierzu wurden 8 RAPD-Primer (Random Primer Kit A, Roth, Karlsruhe) ausgewählt. Die Bakterienzellen wurden ohne gesonderten Aufschluss mittels PCR (4 Min. 98°C, 40 Zyklen von 30 Sek. 94°C, 20 Sek. 35°C, 1 Min. 72°C sowie 7 Min. 72°C) behandelt und die erhaltenen DNS-Fragmente per Gelelektrophorese dokumentiert. Bei einigen Re-Isolaten wurde zudem ihre rDNS-ITS-Region nach Schmidt et al. (2008) per PCR amplifiziert, mit dem QIAprep Spin Miniprep Kit (Qiagen) gereinigt, die ITS-Sequenz durch Eurofins/MWG/Operon (Ebersberg) sequenziert und die Sequenz mit denjenigen des Impfstammes und der englischen Stämme verglichen.

Tab. 1. Untersuchte Rosskastanien und Re-Isolierungen von Pseudomonas syringae pv. aesculi

Kastanie

Baum-Behandlung

Bemerkungen

Nachweis von
P. syringae pv. Aesculi
+/–

aus Holz

aus Abimpfung

1

Besprühen

Baum ohne Symptome

 

3

Besprühen

Stämmling, Oberkrone abgestorben, Symptome von
P. syringae pv. aesculi

+

+

7

Wurzelteller gießen

ohne Symptome

 

9

Verwunden

Krone oben abgestorben,
Verfärbung auf Querschnitt

+

11

Verwunden

ohne Symptome

+

 

13

Rinde bestreichen

ohne Symptome

 

17

Bestreichen, Gießen, Sprühen

Baum abgestorben

+ Juli 2008

 

21 Kontrolle

Verwunden, keine Beimpfung

ohne Symptome

22 Kontrolle

Verwunden, keine Beimpfung

Nekrose, Leckstelle

+

+

Ergebnisse und Diskussion

Die Abb. 2 bis 4 zeigen Beispiele der aufgearbeiteten Proben bei den Kastanien 3, 9 und 11. Ein Nachweis von Pseudomonas syringae pv. aesculi wurde als erfolgreich gewertet, wenn nach der PCR auf dem Elektrophoresegel eine Bande von circa 224 Basenpaaren, entsprechend der Länge des mit den PCR-Primern G5 und G6 amplifizierten Teilstückes des Gyrase B-Gens auftrat. Die positiven bzw. negativen Befunde sind an den jeweiligen Probenstellen der Abbildungen durch + oder – gekennzeichnet.

Die Bäume 9 und 11 waren mehrfach am Stamm verwundet und über die Wundöffnung mit einer Impföse P. syringae pv. aesculi infiziert worden. Bei Kastanie 9 ließ sich das Bakterium in einem einzigen Wundbereich (Probe 5) nachweisen, der nach außen in eine Nekrose mündete. Auffällig sind bei Probe 7 die abgeschotteten und vollständig überwallten Bereiche, welche mehrfach gefunden wurden. Eine Ausbreitung in Längsrichtung, beispielsweise manifestiert durch Verfärbungen, lag nicht vor. In den überwallten Wunden war das Pathovar nicht mehr nachweisbar. Die Wunden waren mindestens drei Jahre alt. Die Gattung Pseudomonas bildet jedoch keine Sporen zum Überdauern widriger Bedingungen, so dass ein Absterben des Impfmaterials in den kompartimentierten Wunden nahe liegt. Diese Abtötung könnte allein durch die lokale Abschottung, aber auch durch die von Parenchymzellen als Reaktion auf die Bakterien produzierten phenolischen Hemmstoffe bedingt sein (Dujesiefken et al., 2008). Da das Bakterium jedoch aus den Bäumen 3 und 22 re-isoliert wurde (Tab. 1), kann es offensichtlich mindestens zwei Jahre in Kasta­nien überleben.

In Kastanie 11 wurde das Pathovar weder in nekrotischen (Probe 1) noch in vollständig überwallten Bereichen (Proben 4 und 5), sondern lediglich im Xylem knapp unter der Wunde in Probe 2 nachgewiesen.

Bei Baum 3 waren Stamm und Krone mit der Bakteriensuspension besprüht worden; dieser Baum war bei der Fällung bereits abgestorben. Auffällig sind hier die intensiven Holzverfärbungen in Längsrichtung. In zwei Proben aus dem Xylem und in einer Rindenprobe wurde P. syringae pv. aesculi nachgewiesen. Geringe Verfärbungen im Xylem zeigten sich auch bei Kastanie 9 (Abb. 2), bei der die Krone oberhalb von 2 m Höhe abgestorben war. Es kann vermutet werden, dass sich die eingebrachten Bakterien in diesen bereits geschwächten und später abgestorbenen Bäumen im Stammholz ausbreiten konnten und nicht durch die Abwehrmechanismen lebender Parenchymzellen abgeschottet wurden (Dujesiefken et al., 2008).

Die Ergebnisse aller neun Kastanien sind in der Tab. 1 zusammengefasst.

Insgesamt zeigte sich, dass weder das Bestreichen der Stammrinde mit Bakterien noch das Gießen des Wurzeltellers zur Erkrankung der Bäume führten. Jedoch wurde P. syringae pv. aesculi in beiden über Wunden infizierten Bäumen nachgewiesen. Auch die verwundete, aber nicht künstlich infizierte Kontrolle 22 enthielt das Bakterium. Vermutlich war dieser Baum durch über die Luft verbreitete Bakterien vom Besprühen der Nachbarbäume infiziert worden, da sich in einem Liter versprühter Suspension etwa 1012 Bakterien befunden haben dürften. Aesculi-positiv waren zudem beide abgestorbenen Kastanien 3 und 17, wobei sich in letzterer bereits drei Monate nach der ersten Beimpfung P. syringae pv. aesculi nachweisen ließ.

Die Koch´schen Postulate waren durch die positiven Re-Isolierungen erfüllt: nämlich Isolierung des Krankheitserregers, Einbringen der Reinkultur in einen gesunden Organismus und Auslösen der typischen Symptome sowie Re-Isolierung und erneute Identifizierung.

Erfolgreiche Infektionen und Re-Isolierungen des Pathovars aesculi wurden auch aus England (Webber et al., 2007) berichtet; fünfjährige Kastanien reagierten mit Rindenläsionen und einigen Leckstellen. Green et al. (2009) infizierten dreijährige Bäumchen durch Besprühen und nach Verwunden und re-isolierten das Bakte­rium nach vier Monaten. Mertelik et al. (2013) re-isolierten in Tschechien den Erreger bereits nach drei Monaten, jedoch aus einjährigen Bäumchen. Bei den hiesigen Kastanien traten mit der Ausnahme von drei Monaten bei Baum 17 die Symptome erst an älteren Bäumen auf und bei der Aufarbeitung waren die Kastanien bereits acht Jahre alt. Ob ältere Kastanien resistenter gegenüber dem Pathovar sind, bleibt somit unklar.

Ein Nachweis der Identität bzw. Verschiedenheit des zur Infektion verwendeten und re-isolierten Bakteriums wurde nicht erreicht. Typisierungsversuche der aus den infizierten Kastanien isolierten Bakterien erfolgten zunächst mittels Randomly amplified polymorphic DNA-Analyse (RAPD). Hierbei lagern sich die nur 10 Basen langen und nach dem Zufallsprinzip ausgewählten RAPD-Primer, dort wo sie passen, mehrfach am Genom an und die PCR vermehrt dann die DNS-Abschnitte zwischen zwei Anlagerungsstellen. Dadurch werden meist mehrere PCR-Produkte erhalten und verschiedene Individuen (Isolate, Stämme) lassen sich durch ihre spezifischen Fragmentmuster unterscheiden. Es war daher erwartet worden, dass die RAPD-Technik die drei Bakterienkollektive (Impfstam, Re-Isolate, englische Stämme) erkennen und ggf. differenzieren würde. In der Regel genügen drei bis vier verschiedene RAPD-Primer zur Differenzierung verschiedener Stämme innerhalb einer Art (Schmidt und Moreth, 1998). Hier wurden acht RAPD-Primer eingesetzt, die jedoch keine Fragmentmuster-Unterschiede zwischen den isolierten Bakterien und dem eingebrachten Bakterienstamm sowie auch Gleichheit mit zwei englischen Stämmen des Pathovars ergaben. Jedoch lag mit dem Ausgangsmaterial, dem Pathovar aesculi, bereits eine Untereinheit einer Art (Syringae) vor. Für Pseudomonas syringae wurden 48 (Gardan et al., 1999) bis über 51 Pathovarietäten beschrieben (Budde et al., 1998), die mittels biochemischer Tests kaum differenzierbar sind, sondern sich meist nur durch ihr Wirtsspektrum und wenige phänotypische Merkmale unterscheiden (Brenner et al., 2005). Möglicherweise ist auch das Genom von verschiedenen Isolaten innerhalb des Pathovars aesculi derart ähnlich, dass unterscheidende Genombereiche durch die zufällig ausgewählten Primer nicht gefunden wurden.

Die Basensequenz des rDNS-ITS-Bereich ist artspe­zifisch und differenziert zudem auch Kleinarten und Varietäten. Die Sequenzierung des ITS ist derzeit die gängigste Methode zur molekularen Diagnose von Pilzen (u.a. Schmidt und Moreth, 2002; Schmidt et al., 2012). Für die molekulare Unterscheidung von Bakterien wird meist die konservative 16S rDNA-Sequenz verwendet (u.a. Lagace et al., 2004); jedoch differenzierte auch der ITS-Bereich der rDNA verschiedene Pseudomonas-Arten und syringae-Pathovare (Schmidt et al., 2008). Die hier erhaltenen ITS-Sequenzen zeigten aber keine Basen-Unterschiede zwischen den Bakterienkollektiven; die Sequenzen von Re-Isolaten und englischen Stämmen glichen derjenigen des Impf-Stammes 3 (EMBL Datenbank: AM886132).

Schlussfolgerungen

Zusammenfassend ergibt sich, dass sich die Erreger lediglich aus den über Wunden infizierten Kastanien sowie aus zwei geschwächten bzw. abgestorbenen Bäumen re-isolieren ließen. Hierdurch wurden die Koch’schen Postulate jedoch erfüllt. Viele Wunden waren engräumig abgeschottet und/oder vollständig überwallt. In diesen Fällen konnte das Pathovar nicht isoliert werden. Mög­licherweise hat es hier eine Infektion gegeben und entsprechend dem CODIT-Prinzip (Dujesiefken et al., 2008) ist dann der Erreger nach der vollständigen Einkapselung abgestorben und lysiert und somit nicht mehr nachweisbar. In keinem Fall wurde eine Infektion an unverletzten Bäumen festgestellt, die mit dem Pathovar begossen, besprüht oder mit Agakulturen bestrichen worden waren. Dieser Befund steht im Gegensatz zu den Befunden von Green et al. (2009) und Steele et al. (2010), nach denen die Ausbreitung möglicherweise über Spritzwasser und über das Wasser in den Gefäßen erfolgt. Nach unseren Ergebnissen ist dieser Infektionsweg unwahrscheinlich, da keiner der unverletzten Bäume infiziert war. Danach benötigt P. syringae pv. aesculi Wunden oder abgestor­bene Baumteile, um in den Baum einzudringen. Die Infektion über Wunden ist somit wahrscheinlich.

Literatur

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