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Originalarbeit – Kurzmitteilung

Verzahnung der Prüfung von Pflanzenschutzgeräten mit der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln*

Testing of plant protection equipment and its connection with the plant protection product authorization

Dirk Rautmann
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz, Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 66 (10). S. 333–336, 2014, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2014.10.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dipl.-Ing. Dirk Rautmann, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz, Messeweg 11/12, 38104 Braunschweig, E-Mail: dirk.rautmann@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
1. September 2014

Zusammenfassung

Die Verzahnung von Pflanzenschutzgeräteprüfung und Zulassung der Pflanzenschutzmittel zeigt sich auf vielen Gebieten und hat die Voraussetzungen für einen sicheren und umweltschonenden Pflanzenschutz geschaffen. Auf plötzlich und unerwartet eintretende Ereignisse wie das Bienensterben im Jahr 2008 konnte in gemeinsamen Anstrengungen schnell und effektiv reagiert werden, wodurch die Wichtigkeit der Zusammenarbeit der für die Zulassung der Pflanzenschutzmittel und die Prüfung der Pflanzenschutzgeräte zuständigen Behörden erneut unter Beweis gestellt werden konnte.*

Stichwörter: Pflanzenschutzgeräte, Pflanzenschutzmittel, Geräteprüfung, Zulassung

Abstract

The interlocking of the testing of plant protection equipment and the authorization of pesticides concerns many areas of plant protection and is the prerequisite for a safe and environmental friendly application of pesticides. There have been quick and effective reactions to suddenly and unexpected occurring incidents like the bee incident in 2008, which showed the importance of the collaboration of all authorities responsible for the authorization of pesticides and for the testing of plant protection equipment.

Key words: Plant protection equipment, pesticides, plant protection equipment test, authorization

Einleitung

Die Prüfung der Pflanzenschutzgeräte ist eng mit der Zulassung der Pflanzenschutzmittel verknüpft. Pflanzenschutzgeräte, die dem Stand der Technik entsprechen, bieten die Gewähr, dass sich die Pflanzenschutzmittel so ausbringen lassen, dass keine unvertretbaren Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf den Naturhaushalt entstehen. Die Bewertungen der Pflanzenschutzmittel im Zulassungsverfahren beruhen in vielen Teilen auf der Voraussetzung, dass die Anwendung mit technisch einwandfreien Geräten erfolgt und dass deren Eigenschaften bekannt sind. Dazu gehören neben einer sicheren Bedienbarkeit auch die Reduzierung von Verlusten, z.B. durch Abdrift oder beim Ent­leeren und Reinigen des Gerätes und des Pflanzenschutzmittelbehälters. Der Anwenderschutz spielt ebenso eine wesentliche Rolle. In den letzten drei Jahren kamen auf Grund des Bienensterbens als Folge von Beizstaubabdrift bei der Aussaat von mit Insektiziden gebeiztem Mais­saatgut weitere Anforderungen an Beizgeräte und komplette Beizanlagen, an Sägeräte und an Granulatstreuer dazu.

Damit der technisch einwandfreie Zustand der Pflanzenschutzgeräte über die gesamte Lebensdauer sichergestellt werden kann, müssen die Landwirte ihre Geräte regelmäßig im Rahmen der Gerätekontrolle überprüfen lassen und bei Mängeln wieder instand setzen.

Nur die sachkundige Anwendung von geprüften und zugelassenen Pflanzenschutzmitteln mit geprüften Pflanzenschutzgeräten, die dem Stand der Technik entsprechen, gewährleistet einen wirksamen und sicheren Pflanzenschutz.

Gerätereinigung

Nachdem in verschiedenen Untersuchungsprogrammen festgestellt wurde, dass ein Großteil von Pflanzenschutzmitteleinträgen in Oberflächengewässer aus Punktquellen, nämlich den Hofeinläufen in die Kanalisation stammt, wurden die Auflagen NW 466 bis 468, die die Entsorgung von Restmengen und die Reinigung der Geräte regeln, neu formuliert.

NW 468 umfasst auch NW 466 und 467 und soll hier als Beispiel dienen.

Diese Auflage besagt, dass der Anwender Anwendungsflüssigkeiten und deren Reste, Mittel und dessen Reste, entleerte Behältnisse oder Packungen sowie Reinigungs- und Spülflüssigkeiten nicht in Gewässer gelangen lassen darf. Aus gerätetechnischer Sicht müssen dem Anwender Möglichkeiten eröffnet werden, diese Auflage einzuhalten. Zu diesem Zweck müssen Pflanzenschutzgeräte so gestaltet sein, dass die Restmenge, die nicht ordnungs­gemäß ausgebracht werden kann, so gering wie möglich gehalten wird. Es müssen Einrichtungen zum Spülen der Leitungen und des Behälters vorhanden sein, wozu natürlich ein ausreichend großer Wasserbehälter gehört. Die zu prüfenden Anforderungen ergeben sich aus Abb. 1.

Abb. 1. Verzahnung von Aufla­gen in der Mittelzulas­sung und Merkmalen in der Geräteprüfung.

Abb. 1. Verzahnung von Aufla­gen in der Mittelzulas­sung und Merkmalen in der Geräteprüfung.

Abdriftuntersuchungen

Für die Bewertung der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf den Naturhaushalt, insbesondere auf Oberflächengewässer müssen den Behörden Expositionswerte vorliegen, die zeigen, welcher Anteil der ausgebrachten Spritzflüssigkeit nicht die Zielfläche erreicht, sondern durch direkte Abdrift in benachbarte Bereiche gelangt.

In verschiedenen Messprogrammen wurden daher mit Pflanzenschutzgeräten, die dem Stand der Technik entsprechen, Abdriftuntersuchungen durchgeführt. Die Auswertung der Ergebnisse dieser Untersuchungen erfolgte in Abstimmung der am Zulassungsverfahren und an der Geräteprüfung beteiligten Behörden. Inzwischen konnten so für viele Kulturen und Einsatzgebiete Abdrifteckwerte festgelegt werden, die allen am Zulassungsverfahren Beteiligten eine sichere Basis für die Bewertung geben. Die Abdrifteckwerte werden im Bundesanzeiger und auf der Internetseite des Julius Kühn-Instituts (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, bekanntgemacht und stehen somit jedermann zur Verfügung.

Verlustmindernde Geräte

Bereits Anfang der 90er Jahre wurden von der damaligen Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) (heute JKI) Pflanzenschutzgeräte geprüft, die im Vergleich zu den konventionellen Geräten eine wesentlich geringere Abtrift erzeugten. Um die Vorteile dieser sogenannten Recyclinggeräte für den Weinbau, später auch für den Obstbau nutzbar zu machen, wurde von der BBA das Verzeichnis Verlustmindernde Geräte für Geräte mit mehr als 90% Verlustminderung geschaffen. 1998 konnte auch ein Sprühgerät im Hopfenbau mit einseitiger Abdeckung und Injektordüsen in das Verzeichnis eingetragen werden.

In den Jahren 1996 und 1997 lief ein weiteres Messprogramm für abdriftmindernde Geräte im Ackerbau. Abdriftminderungen von mehr als 90% waren hier allerdings nicht machbar. Im Bereich von Abtriftminderungen über 50 und 75% zeichneten sich aber Lösungen ab. Daher wurden im Jahr 1999 neue Abtriftminderungsklassen in das Verzeichnis Verlustmindernde Geräte eingeführt, so dass auch Eintragungen für Feldspritzgeräte möglich waren.

Inzwischen konnte eine Vielzahl von Geräten in das Verzeichnis eingetragen werden.

Bei der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels werden, falls notwendig Anwendungsbestimmungen festgelegt, die die Verwendung bestimmter in das Verzeichnis ein­getragener Geräte vorschreiben, wobei immer auch eine leichte Umsetzung der Anwendungsbestimmungen in die Praxis im Fokus stand. Im Ergebnis konnten durch diese Regelung Zulassungen ausgesprochen werden, die ohne abdriftmindernde Techniken nicht möglich gewesen wären.

Maissägeräte

Im Frühjahr 2008 traten in Süddeutschland und dabei vor allem im Oberrheingraben erhebliche Bienenschäden auf. Als Ursache wurde die Aussaat von Maissaatgut, das mit dem Insektizid Poncho Pro (Wirkstoff Clothianidin) gebeizt war, ermittelt. Die Beizqualität war sehr schlecht, so dass sehr viel Abriebstaub im Saatgut enthalten war. Die von Maisanbauern häufig genutzten mit Saugluft arbeitenden Einzelkornsägeräte haben den im Saatgut vorhandenen Abriebstaub durch den zentralen Luftauslass in die Umwelt abgegeben, der dann durch Abdrift auch auf blühende Pflanzen gelangte, wo die Bienen das Insektizid aufgenommen und in den Bienenstock getragen haben.

Die Ursachenanalyse zeigte schnell, dass die Qualität des gebeizten Maissaatgutes verbessert und die Luftführung dieser Geräte geändert werden muss.

Das JKI hat daraufhin Umrüstsätze für Maissägeräte geprüft (Abb. 2), die die Abdrift des Beizstaubes um mehr als 90% reduzieren. Alle geprüften Geräte wurden in die Liste der abdriftmindernden Maissägeräte eingetragen.

Abb. 2. Prüfung eines Maissägerätes hinsichtlich Abdrift von Stäuben.

Abb. 2. Prüfung eines Maissägerätes hinsichtlich Abdrift von Stäuben.

Gleichzeitig hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz eine Verordnung erlassen, die für die Aussaat von mit Insektiziden gebeiztem Maissaatgut abdriftmindernde Maissägeräte vorschreibt.

Beizanlagen

Wie bereits oben erwähnt, ist es neben der Verbesserung der Sägeräte auch notwendig, die Beizung qualitativ erheblich zu verbessern. Da Raps weiterhin auf die Beizung mit Insektiziden angewiesen ist, musste sichergestellt werden, dass der Staubabrieb so gering wie möglich ist. Zu diesem Zweck hat eine Arbeitsgruppe mit Fachleuten aus der Zulassung, aus der Prüfung der Geräte und der Rapszüchter ein Konzept erarbeitet, mit dem sämtliche Rapsbeizstellen zukünftig die Qualität des Saatgutes garantieren und damit Gefährdungen für Bienen und andere Nichtzielorganismen ausschließen.

Anhand einer Checkliste hat das JKI zunächst alle Rapsbeizstellen in Deutschland überprüft und damit die Zertifizierung durch einen akkreditierten Zertifizierer vorbereitet. Gleichzeitig waren die Ergebnisse der Überprüfung Voraussetzung dafür, dass die insektiziden Beizen auch weiterhin angewendet werden dürfen.

Das System der zertifizierten Beizstelle soll nicht auf den Raps beschränkt bleiben, sondern auch auf andere Kulturen wie Getreide und Mais ausgedehnt werden.

Granulatstreuer

Da als Folge des Bienensterbens im Mais zurzeit nicht die notwendigen insektiziden Beizen zur Verfügung stehen, wird versucht, in diesem Bereich mit Granulaten vergleichbare Bekämpfungserfolge zu erzielen. Allerdings kann auch bei Granulaten Staubabdrift auftreten, so dass die Granulatstreuer eine saubere, abdriftarme Ablage des Granulates in der Saatfurche gewährleisten müssen. Wegen der hohen Toxizität für Vögel muss gleichzeitig sichergestellt sein, dass kein Granulat auf der Boden­oberfläche liegt. Ein Nachrieseln von Granulat beim Ausheben am Schlagende muss also wirksam verhindert werden.

Eine Liste des JKI enthält alle Granulatstreuer, die die von der Zulassungsbehörde geforderten Anforderungen erfüllen. Nur die gelisteten Granulatstreuer dürfen für diesen Zweck eingesetzt werden.

Gerätekontrolle

Pflanzenschutzgeräte können sehr lange im Einsatz sein. Geräte mit einem Alter über zwanzig Jahre sind keine Seltenheit. Eine regelmäßige amtliche Kontrolle ist daher für alle Feldspritzgeräte und Spritz- und Sprühgeräte für Raumkulturen notwendig und auch in der Pflanzenschutzmittelverordnung vorgeschrieben. Bei der Kontrolle wird das Gerät auf Mängel durch aufgetretenen Verschleiß und Alterung überprüft. Nur bei bestandener Prüfung darf das Gerät weiterhin eingesetzt werden.

Für die Zulassungsbehörden ist damit klar, dass die Anwendung der Pflanzenschutzmittel auch dann noch sicher ist, wenn sie mit älteren Geräten erfolgt.


Fußnoten:

*  

Der Artikel basiert auf einem Vortrag anlässlich der Fachtagung Gerätetechnik zur Verabschiedung von Herrn Dr.-Ing. Ganzelmeier im September 2012.

ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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