Methodische Aspekte bei der Erhebung von Regenwurmlebensgemeinschaften im Qualitätsweinbau
Methodological aspects in the collection of earthworm communities in quality viticulture
Journal für Kulturpflanzen, 67 (1). S. 5–21, 2015, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2015.01.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart
Ziel der Untersuchungen ist die Darstellung eingetretener Wirkungen von Kupferbelastungen auf die Bodenzönose im Qualitätsweinbau auf der Grundlage aktuell vom Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, erhobenen Daten zur Belastungs- und Expositionssituation (chemische Zustandserhebung) an Standorten, denen wegen ihrer standort- und bewirtschaftungstypischen Eigenschaften ein Modellcharakter zugeschrieben werden kann. Es wird ein Instrumentarium von Methoden weiterentwickelt, um die Auswirkungen von Kupferbelastungen auf Regenwürmer in repräsentativen Weinlagen bewerten zu können.
Die Auswirkungen von Kupfer auf die Bodenfruchtbarkeit bei Sonderkulturflächen werden unter Nutzung von Regenwürmern als Indikatoren über Gesamtabundanzen und -biomassen sowie Abundanzverteilungen der Arten – welche in Lebensformtypen unterteilt werden – unter realen Feldbedingungen bestimmt. Unter repräsentativen Aspekten erfolgte eine Erhebung zum aktuellen Zustand der Indikatorgesellschaft Regenwurmzönose, die mit der biologischen Zustandserhebung eine erweiterte standort- und bewirtschaftungsspezifische Expositionsermittlung im Hinblick auf die erstellten Hypothesen zu den Wirkungsursachen verbindet.
Über den Zeitraum 2010 bis 2014 wurden 24 repräsentative Standorte in die Erhebung einbezogen, die jeweils aus mindestens einer Prüffläche (ökologisch und/oder konventionell bewirtschaftet), einer seit längerem aus der Nutzung genommenen Rebfläche mit Kupferaltlast (Referenzfläche) und einer Fläche ohne anthropogene Kupferbelastung (Kontrollfläche) bestehen.
Diese Untersuchungen zu den Auswirkungen der Kupfergehalte auf das Bodenleben dienen als wissenschaftliche Grundlage für die Nutzen-Risikoabschätzung des Wirkstoffs Kupfer in Verbindung mit seiner Aufnahme in die Liste der genehmigten Wirkstoffe nach Artikel 78 Absatz 3 der Verordnung 1107/2009/EG.
Stichwörter: Methodenvalidierung, biologisches Monitoring, kupferhaltige Pflanzenschutzmittel, Qualitätsweinbau, Belastung, Exposition, Erhebungen der Regenwurmzönose, Verfügbarkeit für Bodenorganismen, Biokonzentrationsfaktor, Pfad Boden/ Bodenorganismen, Bodenfruchtbarkeit
The aim of the project is to describe effects of copper loads on the soil organism communities in vineyards based on current data from surveys of the JKI for loads and exposure (chemical monitoring) of sites considered to have a model character because of their typical site and management characteristics. A toolbox of methods will be further developed in order to assess the impact of copper pollution on earthworms in prestigious vineyards.
The effect of copper on the soil fertility of speciality crops areas is determined under field conditions, using earthworms as indicators, with abundances and biomass as well as abundance distributions of species and their distribution in the ecological groups as assessment parameters. Part of the project is to design a survey of the current situation of the indicator community earthworm conenose taking into account representative aspects. This study combined the biological situation and an extended site and management specific exposures with respect to the elaborated hypotheses on the origin of effects.
Over the period 2010–2014 24 representative sites were included in the survey, each of which has at least one test plot (organic and/or conventional management), a reference plot, which is a plot with older copper loads having been set-aside for a longer time, and a control plot without any anthropogenic copper load.
These studies on the effects of copper levels on soil organisms serve as the scientific basis for benefit-risk assessment of the active ingredient copper in connection with its inclusion in the list of approved active substances provided for in Article 78, paragraph 3 of Regulation 1107/2009/EG.
Key words: Validation of methods, biological monitoring, copper-containing pesticides, quality viticulture, copper loads, exposure, earthworm monitoring, bioavailability to soil organisms, bio concentration factor, pathway soil/ soil organisms, soil fertility
Die befristete Aufnahme von Kupfer in die Liste der genehmigten Wirkstoffe zwingt die Antragsteller zur Vorlage längerfristiger Feldstudien, für deren Konzeption als Grundlage der Auftragsvergabe und deren späteren Bewertung durch die beteiligten Behörden im Zulassungsverfahren wissenschaftlich begründete Anleitungen und Entscheidungshilfen erforderlich sind. Umfang und Ausführung der Freilanderhebungen haben unmittelbaren Einfluss auf Kosten und Güte der jeweiligen Studie. Die Entscheidung über den Verbleib in der Liste der genehmigten Wirkstoffe wird unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten erfolgen und risikorelevante Standortbedingungen integrieren. Die Untersuchungsergebnisse können insofern sowohl zur Validität der ausstehenden Studien als auch zur Interpretation der Daten einen wichtigen Beitrag liefern, da anders als für Laborstudien keine normativen Vorgaben zur Validität und zu einheitlichen Bewertungskriterien vorliegen.
Die Datenlage zur Anreicherung von Kupfer in landwirtschaftlich genutzten Böden infolge der langjährigen Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel ist unbefriedigend. Aus der Literatur (z.B. Anonym, 2009; Komarek et al., 2010) wird berichtet, dass die langfristige Anwendung von Kupfer zu erhöhten Bodengehalten geführt hat, die schädigend auf viele Arten von Bodenorganismen wirken kann. Eine abschließende Bewertung des Problems, sowohl bezogen auf die betroffene Fläche in Deutschland, als auch hinsichtlich des Ausmaßes der Kupfer-Anreicherung und der Schädigung des Bodenlebens, ist mit der vorliegenden Datenbasis noch nicht möglich (Jänsch und Römbke, 2009).
Es wird ein Instrumentarium von Methoden weiterentwickelt und deren Eignung zur Erfassung der Auswirkungen von Kupferbelastungen auf den Bodenbioindikator Regenwurm für ein zukünftiges Monitoring (biologisches Monitoring) in repräsentativen Weinlagen bewertet.
Die biologische Zustandserhebung an charakteristischen Qualitätsweinbaustandorten dient der Erarbeitung aktueller Daten zu den Auswirkungen der Kupfergehalte in Böden im ökologischen wie auch im konventionellen Weinbau auf das Bodenleben.
Sie soll folgende Themen abdecken:
• Validierung des Methodeninstrumentariums für biologische Bestandsaufnahmen bei landwirtschaftlich genutzten Flächen infolge von Anwendungen kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel (PSM), |
• Ableitung methodischer Vorgaben für längerfristige Beobachtungen der Auswirkungen von kupferhaltigen PSM auf Indikatororganismen bei nachhaltiger landwirtschaftliche Nutzung, |
• Aussagen zu Anpassungseffekten von Indikatorarten an Kupfergehalte im Boden, |
• Aussagen zum Einfluss von standortbezogenen Faktoren, Bewirtschaftungsweise, Bodenbearbeitung, Pflanzenschutzmanagement auf bioverfügbare Kupfergehalte, |
• Beitrag zur Bewertung der Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Produktion als Grundlage für die Beratung von Behörden und der Betriebe des konventionellen wie ökologischen Anbaus. |
Zugleich sind diese auch Voraussetzung für die Durchführung einer Langzeiterhebung zur „Erarbeitung aktueller Daten zu den Auswirkungen der Kupfergehalte in Böden im ökologischen Weinbau“ auf das Bodenleben im Sinne des ‚Strategiepapiers zum Einsatz von Kupfer als Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung des ökologischen Landbaus’ (Wilbois et al., 2009), das entwicklungsdynamische Gesichtspunkte berücksichtigt.
Damit wird eine wichtige Voraussetzung für das von der Kommission geforderte zulassungsbegleitende Monitoring auf nationaler Ebene (EG-RL, 2009) geschaffen. Dort steht u.a. „Die Mitgliedstaaten führen Programme zur Überwachung gefährdeter Gebiete ein, in denen die Kontamination des Bodens mit Kupfer Anlass zur Besorgnis gibt, damit sie gegebenenfalls Beschränkungen erlassen können, z.B. hinsichtlich der zulässigen Aufwandmengen“.
Bei jedem Standort (Qualitätsweinbaubetrieb) wurden jeweils mindestens eine Prüf-, eine Referenz- und eine Kontrollfläche in die Erhebung der Regenwurmzönose einbezogen. Dabei ist die Prüffläche eine seit längerem bewirtschaftete Fläche, die Referenzfläche eine seit ≥ 10 Jahren aus der Bewirtschaftung genommene Fläche (Weinbrache) und die in Nachbarschaft liegende Kontrollfläche eine nach Auskunft der beteiligten Bewirtschafter niemals weinbaulich genutzte Fläche.
Das Artenvorkommen und die Abundanz der Regenwurmzönose werden auf jeder Untersuchungsfläche innerhalb von 4 × 0,25 m2 (4 Wiederholungen/Teilflächen), verteilt über den Schlag, durch Handauslese der epi- und endogäischen Arten aus einer 20 cm tiefen Bodenschicht im Bodenaushub des Beprobungshorizonts erfasst. Anschließend werden die Tiefengräber aus der freigelegten Aushubfläche nach Austreibung aufgesammelt, wie es bereits bei Riepert et al. (2013) beschrieben ist. Als Endpunkte zur Bewertung des Risikos für Bodenlebewesen, das der langjährigen Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel und damit einhergehender Kupferanreicherung im Boden zuzuschreiben ist, wurden biologische Parameter auf dem Feld (Gesamtabundanz und -biomasse, Abundanz und Biomasse der Lebensformentypen und Artenzahl, sowie Abundanz und Biomasse einzelner Arten) gemäß DIN ISO 23611-1 gewählt.
Für die verschiedenen Standorte und Flächentypen wird auf der Grundlage der Anzahl der Arten und ihrer Abundanz der Shannon-Wiener-Index H wie folgt berechnet (z.B. Spellerberg und Fedor, 2003; Langer et al., 2012):
Der Shannon-Wiener-Index H ist dabei ein Ausdruck für die Diversität in einer Gruppe von n Arten: n = Anzahl der vorhandenen Arten; pi = relative Abundanz der i-ten Art, gemessen von 0,0–1,0 (gehören 10% der extrahierten Organismen dieser Art an, so ist pi 0,10.
H gibt den mittleren Grad der „Ungewissheit“ an, bei zufälliger Probenahme eine bestimmte von mehreren Arten aufzunehmen. Je näher H der Null kommt, desto dominanter werden die Individuen einer Art in der Gemeinschaft. Somit ergibt sich der kleinste Wert 0, wenn nur eine Art mit 100% am Individuenbestand beteiligt ist. Der Maximalwert wird erreicht, wenn – der unwahrscheinliche Fall eintritt – die Artenanzahl gleich der Individuenanzahl ist oder bei vorhandener Artenanzahl alle den gleichen Individuenanteil haben (p1 = p2 = p3 …).
Die taxonomische Bestimmung der Regenwürmer wurde an lebenden Tieren unter Nutzung der Bestimmungsliteratur (z.B. Graff, 1953; Sims und Gerard, 1999; Christian und Zicsi, 1999) durchgeführt. Die Nomenklatur richtet sich nach Easton (1983) und Blakemore (2008).
Parallel zu der biologischen Zustandserhebung der Regenwurmzönosen wurden Bodenmischproben von jeder Teilfläche entnommen und im Labor elementanalytische Untersuchungen und Bestimmungen der bodenkundlichen Basisparameter nach normierten Verfahren durchgeführt. Das verwendete Methodeninventar entspricht dem, wie es bereits bei den Belastungserhebungen im Qualitätsweinbau verwendet wurde (Strumpf et al., 2011). Zusätzlich wurde die effektive Kationenaustauschkapazität gemäß DIN ISO, 2010 von jeder Mischprobe bestimmt.
Für die Bestimmung des Kupfergehaltes im Regenwurm wurde der Boden mit der „Filter Papier Methode“ aus dem Regenwurmdarm entfernt (Dalby et al., 1996). Die anschließende Kupferbestimmung im Regenwurmgewebe erfolgte nach Druckaufschluss mit HNO3 (Loftfields, 1986)* mittels Inductively Coupled Plasma Optical Emission Spectrometry) mit einem IRIS Intrepid® (UBA Texte, 1995).
Die Freilandstudie zur Erfassung der Auswirkungen von Kupfer auf Regenwürmer in Böden im ökologischen und konventionellen Weinbau erfolgte über den ECOVIN Bundesverband Ökologischer Weinbau e.V. und den Deutschen Weinbauverband e.V. nur nach Zustimmung und mit Beteiligung der jeweiligen Winzer auf deren Praxisflächen vor Ort bzw. mit den weinbauassoziierten Lehr-, Versuchs- und Forschungsanstalten.
Das Julius Kühn-Institut (JKI) hat im Vorfeld der im Herbst 2012 begonnenen Untersuchungen in einer Vorstudie die Methoden erprobt, an anstehende Untersuchungsprogramme adaptiert und um weitere Elemente ergänzt (Riepert et al., 2010).
Die ermittelte Belastungsverteilung der Kupfergesamtgehalte (Strumpf et al., 2011), der im NH4NO3-Extrakt pflanzenverfügbaren (Steindl et al., 2011) und der im CaCl2-Extrakt regenwurmverfügbaren Kupfergehalte (Strumpf und Strassemeyer, 2012) führte im Ergebnis zu repräsentativen Standortvorschlägen, die für ein Monitoring der Regenwurmzönose geeignet erscheinen.
Anhand der gewonnenen Daten zur Belastungssituation, Standortbeschreibung und Bewirtschaftungsdauer wurden Reblagen ausgewählt, die aufgrund ihrer Eigenschaften einen bestimmten Standorttyp repräsentieren und die standörtlichen Voraussetzungen bieten, durch eine Erhebung zum Vorkommen von Lumbriciden, Rückschlüsse auf das Risiko für Bodenlebewesen zu ziehen, das der Kupferanreicherung im Boden geschuldet ist. Maßgebliche Auswahlkriterien waren neben der Abbildung der auftretenden Belastungsverteilung standortbezogene pedologische und bewirtschaftungstypische Parameter, die auf die Regenwurmlebensgemeinschaft, je nach Lebensform in unterschiedlicher Ausprägung, Einfluss ausüben, um letztendlich ein repräsentatives Bild der Auswirkungen von langjährigen Kupferbehandlungen zu erhalten. Es sind alle Qualitätsweinbaugebiete (Einbeziehung klimatischer Unterschiede) und ihre repräsentativen Standorte vertreten, um die für den Rebbau in Deutschland charakteristischen Bodentypen – Schieferschotter, Lösslehme, vulkanische Verwitterungsgesteine, Muschelkalkformationen und Schwemmböden – zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung der konzeptionellen Grundlagen der „Hinweise zur Umsetzung der Monitoringaktivitäten zum Belastungszustand von landwirtschaftlich genutzten Flächen infolge von Anwendungen mit kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln“ des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wurden im Vorfeld der Untersuchungen in einer Machbarkeitsstudie bei acht Weinbaubetrieben biologische Statuserhebungen der Regenwurmzönose durch das JKI durchgeführt, um das Methodeninstrumentarium an anstehende Freilandbeprobungen anzupassen und um neueste Erkenntnisse zu ergänzen (Riepert et al., 2013).
Um das Untersuchungsziel, der Beschreibung der wichtigsten risikorelevanten Faktoren, eine möglichst breite Erhebungsbasis zu geben, wurden 16 bisher nicht berücksichtigte Lagen einbezogen (Tab. 1). Diese Auswahl bezieht nun auch Steillagen ein, die einerseits aus erhebungstechnischer Sicht eine größere Herausforderung darstellen und daher bislang ausgeklammert blieben, andererseits aber Auskunft über das Bodenleben an extremen Standorten geben können.
Tab. 1. Mittlere Cu-Gesamtgehalte pro Untersuchungsfläche (mg Cu/kg Boden TM) von Prüf-, Referenz- und Kontrollflächen von 24 Qualitätsweinbaubetrieben, bei denen Erhebungen der Regenwurmzönose durch JKI erfolgten – geordnet nach den Betriebs-Code-Nummern (Zweibuchstabencode = Anbaugebiet)
Beprobung | Code | Prüffläche | Referenzfläche | Kontrollfläche | |
Monat/Jahr | Betrieb | 1 | 2 | ||
alphabetisch | (mg Cu/kg Boden TM) | ||||
Apr 11 | BA_01 | 27 | 225 | 188 | 88* |
Apr 11 | BA_02 | 186 | 305 | 25 | |
Okt 14 | BA_05 | 75 | 52 | 31 | |
Okt 14 | BA_06 | 93 | 60 | 21 | |
Okt 12 | FR_05 | 38 | 72 | 79 | 18 |
Apr 11 | MO_03 | 29 | 212 | 272 | 19 |
Apr 14 | MO_04 | 215 | 196 | 16 | |
Apr 11 | MO_06 | 227 | 93 | 22 | |
Apr 14 | MO_07 | 235 | 129 | 30 | |
Apr 13 | MR_01 | 95 | 131 | 97 | 29 |
Okt 13 | MR_03 | 54 | 40 | 34 | |
Okt 13 | NA_01 | 76 | 77 | 43 | 28 |
Okt 10 | PF_02 | 74 | 49 | 47* | |
Okt 10 | PF_03 | 179 | 34 | 28 | |
Apr 13 | RG_03 | 149 | 110 | 23 | |
Okt 10 | RH_04 | 133 | 124 | 18 | |
Okt 10 | RH_06 | 38 | 107 | 26 | |
Okt 13 | RH_10 | 55 | 109 | 32 | |
Apr 13 | RH_11 | 56 | 54 | 32 | |
Okt 14 | SN_01 | 14 | 36 | 8 | 7 |
Okt 12 | WÜ_07 | 119 | 61 | 20 | |
Okt 12 | WÜ_08 | 66 | 125 | 73* | |
Apr 14 | WÜ_10 | 252 | 326 | 38 | |
Okt 12 | WÜ_13 | 154 | 82 | 20 | |
∑ Flächentyp | 24 | 6 | 24 | 24 | |
* die nach Aussagen der Bewirtschafter niemals weinbaulich genutzten Beprobungsflächen (Kontrollen) besitzen hohe Gesamtgehalte, so dass man davon ausgehen kann, dass in der Vergangenheit auf diese Kupfer aufgebracht wurde. |
Ein besonderes Augenmerk gilt ferner auch Lagen, die zwar geringere Bodenbelastungen (< 100 mg Cu/kg Boden TM) aufweisen, aber durch höhere Kupferverfügbarkeiten gekennzeichnet sind, um möglichen Anpassungseffekten von Regenwurmgemeinschaften und innerhalb dieser nachgehen zu können.
Unter Einbeziehung der durch das JKI im Vorfeld dieser Studie durchgeführten Regenwurmerhebungen wurden im Frühjahr (April) 10 und im Herbst (Oktober) 14 Weinbaubetriebe beprobt (Abb. 1).
Abb. 1. Standorte der Freilanderhebungen zur Regenwurmzönose durch das JKI in deutschen Qualitätsweinbaugebieten in den Jahren 2010 bis 2014 (© JKI 2014).
Im Ergebnis der Freilanderhebungen der Regenwurmzönose durch das JKI und den Antragsteller liegen inzwischen unabhängig erstellte Datenpools zur biologischen Zustandserhebung bei 36 Standorten aus allen Qualitätsweinbaugebieten in Deutschland vor, wobei bei sechs Standorten durch die Antragsteller eine zweite biologische Zustandserfassung der Regenwurmzönose erfolgte. Mit diesem Stichprobenumfang kann eine Erstabschätzung erfolgen, inwieweit mehrmalige Regenwurmerhebungen (über mehrere Jahre am gleichen Ort und im selben Zeitraum = Monitoring) vergleichbare Ergebnisse liefern.
Im Endeffekt soll auf der Grundlage aller Ergebnisse eine Ableitung kritischer, standortbezogener Bodengehalte ermöglicht werden. Im Rahmen einer ‚freiwilligen Risikoabschätzung’ kupferhaltiger PSM gewonnene Daten stellen insofern eine willkommene Ergänzung des Datenpools dar, der vor dem Hintergrund der enormen Standortvielfalt zur Absicherung der Hypothesenprüfung beiträgt.
Es erscheint zweckmäßig, diese Daten in geeigneter Weise zusammenzuführen und damit einen Datenumfang zu erhalten, der praxisangelehnte Interpretationen sowohl für anstehende Risiko-Nutzen-Bewertungen im Zulassungsverfahren als auch einen Einstieg in weiterführende Untersuchungen zur Beschreibung nachhaltiger Bewirtschaftungsstrategien für landwirtschaftliche Produktionssysteme über Bioindikatoren ermöglicht.
Während der Feldstudien in den Qualitätsweinbaugebieten Baden, Franken, Mittelrhein, Mosel, Nahe, Pfalz, Rheingau, Rheinhessen, Sachsen und Württemberg ergaben sich Aspekte, die im Rahmen der Methodenentwicklung einer Anpassung der Beprobungsnorm an die Standortbedingungen bedurften und nachfolgende Fragen beantworten sollen:
• Sind bei heterogenen Belastungsverteilungen auf der Untersuchungsfläche Unterschiede in der Diversität, Abundanz und Biomasse der Regenwurmzönose nachweisbar? Wirken sich heterogene Belastungen auf den Untersuchungsflächen auf die Dominanz und/oder Diversität aus? |
Zur Klärung dieser Frage orientiert sich die Teilflächenauswahl auf den Untersuchungsflächen (Prüf-, Referenz- und Kontrollfläche) bei Belastungsunterschieden an den in den Voruntersuchungen ermittelten Kontaminationsgradienten unter Einbeziehung vorliegender Beprobungspunktkoordinaten (Wiederfindung der ‚Ausreißer’ in Bezug auf die Belastungsverteilung) auf Basis von visualisierten GPS-Daten. Das zu wählende Design orientiert sich an Beispielen europäischer Erhebungsprogramme und berücksichtigt die aktuelle Normenentwicklung (ISO DIN 23611-6).
• Können aus den gewonnenen Datensätzen in Abhängigkeit des Lebensformtyps Expositionsszenarien der Regenwurmzönose beschrieben werden? |
Zusätzlich werden die Elementgehalte in der Regenwurmzönose unter Berücksichtigung der Lebensformentypen getrennt für jede Probenamestelle bestimmt. Dies erfolgt mit dem Ziel, zusätzlich Aussagen zur Abhängigkeit von Bodenbelastung und Kupferanreicherung bei einzelnen Lebensformtypen zu gewinnen.
Parallel werden bioverfügbare und Kupfer-Gesamtgehalte sowie bodenkundliche Basisparameter im Labor für jede Teilfläche analysiert. Die Versuchsauswertung erfolgt mit Hilfe statistischer Verfahren zur Trennung der Wirkungsursachen.
• Gelten die Normen DIN ISO 10381-4:2004 in Verbindung mit DIN ISO 23611-1:2007 für Dauerkulturflächen im Steillagenanbau? |
Das aktuelle Normierungsgeschehen zielt auf ‚ebene’ ackerbaulich und forstwirtschaftlich genutzte Flächen. Dies ist insofern von Bedeutung, da bei der Austreibung der Tiefengräber eine ebene Fläche vorhanden sein muss. Es war deshalb zu prüfen, wie der Bodenaushub aus der 20 cm tiefen Bodenschicht im Steillagenweinbau unter praktikablen Gesichtspunkten erfolgen kann.
Würde der Bodenaushub parallel zum Hang erfolgen, würde die Austreibungslösung ohne Erreichen des gewünschten Zwecks ablaufen; anözische Arten würden nicht erfasst.
Deshalb zielte die Erhebung der Regenwurmzönose bei hängigen, nicht terrassierten Flächen von vorn herein auf eine eben freigelegte Aushubfläche ab, wobei in Abhängigkeit der Hangneigung unterschiedliche Bodenschichtzusammensetzungen innerhalb des Beprobungshorizonts von 0 bis 20 cm Bodentiefe erfasst werden. Dies kann sich darin äußern, dass trotz GPS-Einmessung die Kupferdaten aufgrund höherer Gehalte im Bodenoberhorizont und der klein strukturierten Belastungsverteilung der Prüfflächen von denen in den Voruntersuchungen ermittelten abweichen.
• Welchen Einfluss haben Beprobungszeitraum (Frühjahr, Herbst) auf Artenvorkommen, Abundanz und Biomasse? |
Die in den Freilanderhebungen der Regenwurmzönose gewonnenen Datensätze werden jahreszeitabhängig ausgewertet.
• Können international genormte Biotests mit Organismen verschiedener trophischer Stufen mit den gewonnenen Freilandböden zur Einschätzung der zu erwartenden Wirkungssituation beitragen? |
Zur Beantwortung dieser Frage werden in Begleitung der Freilanderhebungen und der chemisch-analytischen Auswertungen ergänzend Ergebnisse aus Laborversuchen mit genormten Testsystemen zur Charakterisierung der Bodengüte und der Auswirkungen auf Nichtzielarthropoden nach dem PSM-Zulassungsverfahren gewonnen, die mit den ausgewählten Freilandböden bekannter Nutzungsgeschichte und Kupfergehalten durchgeführt werden (Hommel et al., 2015).
Bei den Voruntersuchungen auf ökologisch oder konventionell bewirtschafteten Untersuchungsflächen (Prüf-, Referenz- und Kontrollflächen) wurde festgestellt, dass auf höher belasteten Flächen oft inhomogene Belastungsverteilungen (Abb. 2) vorhanden sind, die aus unterschiedlichen Gründen, aber insbesondere Flurbereinigungen/-neuordnungen resultieren (Strumpf, 2010).
Abb. 2. GPS-gestützte Einmessung der Teilflächen für das Regenwurmmonitoring bei einer Referenz mit langer Bewirtschaftungshistorie und typischer heterogener Belastungsverteilung – analysierte Gesamtgehalte mg Cu/kg Boden TM (s. Flächencharakterisierung einer Beispielfläche), (Quelle: © BKG 2014, DOP40).
Im Rahmen der Datenerhebungen zur Belastungsverteilung wurde diese Fläche (Abb. 3, links) wie folgt charakterisiert: Qualitätsanbaugebiet Württemberg – Bereich Remstal-Stuttgart. seit 100 Jahren Weinbau, Wiese/Weinbrache seit 1993, jetzt Naturschutzfläche mit Altterrassen und Parzellenbegrenzung; org. Substanz 4,3%. Flurbereinigung 1993; Der Boden besteht aus sandig tonigem Lehm (Lts) mit 46% Sand-, 27% Schluff-, 27% Ton-Anteil (Mergel und Stubensandstein). Gehalte als Mittelwert der Fläche in mg Cu/kg Boden (TM): gesamt 172 (KW-Extrakt); NH4NO3-Extrakt 0,97; CaCl2-Extrakt 0,33.
Abb. 3. Beispielfläche mit natürlicher Dauerbegrünung (links); Fläche wird nicht mehr gemäht; Wiese mit beginnender Sukzession (rechts) – von unterer Flächenbegrenzung aus gesehen.
Die Beprobungspunkte auf der Steillagenfläche in Abb. 2 liegen wie folgt: rechter Punkt oben am Hang über Fläche bis linken Punkt unten Richtung Wirtschaftsweg. Wie sich bei Befragung des Bewirtschafters während der Regenwurmerhebung herausstellte, ist der niedrige Kupfergesamtgehalt von 35 mg Cu/kg Boden (TM) einer Neugestaltung eines Wirtschaftswegs geschuldet. Es wurde wenig belasteter Boden von der darüber liegenden Fläche verschoben.
Zwischenzeitlich wurde an der unteren Begrenzung der Fläche ein geologischer Lehrpfad angelegt und ein Informationspunkt eingerichtet (Abb. 3, rechts). Dabei muss Bodenaushub auf dem unteren Teil der Fläche aufgebracht worden sein, so dass die Belastungen auf engstem Flächenabstand stark variieren (s. Abb. 2, Teilfläche 1: Probenahme Voruntersuchung = ~ 220 mg Cu/kg Boden (TM); Probenahme Regenwurmmonitoring = ~ 42 mg Cu/kg Boden (TM) – Einzeldaten siehe auch Abb. 2 und Tab. 3).
Tab. 3. Ausgewählte pedologische Parameter und Daten zur Berechnung der Biokonzentrationsfaktoren der Beispielfläche auf der Basis von bestimmten Einzelwerten (n) der Teilflächen
Teilfläche | Boden | RW (FM) | BCF | ||||||||||||||
pH | KG | org. S. | N | C | S | C/N | KW | NH4NO3 | CaCl2 | Druck | n | KW | NH4NO3 | CaCl2 | |||
% | Cu [mg/kg] | ||||||||||||||||
1 | 7.4 | Lt2 | 6.9 | 3.0 | 0.13 | 0.03 | 22 | 42 | 0.16 | 0.11 | 3.4 | 4 | 0.08 | 21 | 32 | ||
2 | 7.3 | Lt2 | 9.6 | 4.6 | 0.30 | 0.05 | 15 | 242 | 0.93 | 0.23 | 8.4 | 3 | 0.03 | 9 | 36 | ||
3 | 7.3 | Lts | 5.6 | 2.4 | 0.14 | 0.04 | 17 | 161 | 0.69 | 0.18 | 9.2 | 3 | 0.06 | 13 | 50 | ||
4 | 7.3 | Ls4 | 5.3 | 2.7 | 0.18 | 0.04 | 15 | 56 | 0.25 | 0.12 | 4.1 | 5 | 0.07 | 16 | 34 | ||
Beprobungsfläche KAK 17 [cmolc/kg] | |||||||||||||||||
1–4 | 7.3 | Lts | 6.8 | 3.2 | 0.19 | 0.04 | 17 | 125 | 0.51 | 0.16 | 6.3 | 15 | 0.05 | 12 | 39 |
Auf der Fläche fanden seit 1993 keine Kupferanwendung und keine Bodenbearbeitung statt. Hier wurden nur adulte und juvenile Mineralbodenbewohner (Octolasion tyrtaeum + Octolasion species) und Tiefgräber (Lumbricus terrestris) nachgewiesen (Tab. 2). Es konnte bisher nicht geklärt werden, ob diese Populationen immer auf der Fläche waren oder inzwischen über angrenzende Flächen – Octolasion tyrtaeum wurde auch in der durch einen Wirtschaftsweg abgegrenzten, von einem alten Waldbestand umgebenen Kontrollfläche nachgewiesen – eingewandert sind. In der Literatur wurde berichtet, dass diese Art in Nordamerika in Zuckerahornbestände (Acer saccharum) eingewandert ist und arbusculäre Mykorrhiza-Pilze (AM) schädigt (Lawrence et al., 2003). Diese Art ist oft auch auf feuchten Standorten zu finden, dies könnte ein Hinweis auf Standortbedingungen sein.
Tab. 2. Regenwurmabundanz bei Teilflächen und Mittelwert/0,25 m2 der Beispielfläche* mit Standardabweichung (SD) und Variationskoeffizient (CV) von Lebendformen bei der Erhebung der Regenwurmzönose
Beprobungsfläche je 0,25 m2 | Mittelwert | SD | CV | |||||
Taxa | Alter | 1 | 2 | 3 | 4 | pro 0,25 m2 | ||
O. tyrtaeum | ||||||||
Octolasion tyrtaeum | adult | 1,0 | 0,0 | 1,0 | 0,0 | 0,50 | 0,58 | 115,47 |
Octolasion tyrtaeum | juvenil | 5,0 | 1,0 | 0,0 | 3,0 | 2,25 | 2,22 | 98,55 |
Octolasion tyrtaeum | – | 0,0 | 1,0 | 0,0 | 0,0 | 0,25 | 0,50 | 200,00 |
O. species | ||||||||
Octolasion species | juvenil | 0,0 | 0,0 | 1,0 | 0,0 | 0,25 | 0,50 | 200,00 |
Octolasion species | – | 0,0 | 0,0 | 1,0 | 2,0 | 0,75 | 0,96 | 127,66 |
L. terrestris | ||||||||
Lumbricus terrestris | adult | 1,0 | 1,0 | 0,0 | 2,0 | 1,00 | 0,82 | 81,65 |
Lumbricus terrestris | juvenil | 2,0 | 2,0 | 2,0 | 3,0 | 2,25 | 0,50 | 22,22 |
Stücke | 0,0 | 0,0 | 0,0 | 1,0 | 0,25 | 0,50 | 200,00 | |
Gesamt | 9,0 | 5,0 | 5,0 | 11,0 | 7,50 | 3,00 | 40,00 | |
* Beispiel bezieht sich auf die Fläche gemäß Abb. 2–3 |
Die Artenarmut auf dieser Fläche scheint standortgeprägt zu sein (Kontrollfläche mit Hintergrundgehalten eine Art mehr; auf der untersuchten Prüffläche mit Bewirtschaftung insgesamt 9 Regenwurm-Arten (von allen Lebensformtypen).
Die Einzeldaten zur Beispielfläche sind in Tab. 3 dargestellt. Das Beispiel zeigt, wie heterogen die Beprobungsflächen in ihren Kupfer-Gehalten (Verfügbarkeiten) und pedologischen Eigenschaften sein können, weshalb biologische Bestandsaufnahmen nur auf Grundlage der Flächenwerte von bewirtschaftungshistorisch umfassend charakterisierten Beprobungsflächen sinnvoll ist.
Aus den Daten der Beispielfläche – hier bis zu ca. 240 mg Cu/kg Boden (TM) – ist ersichtlich, dass keine unbegrenzte Kupferanreicherung in Lumbriciden erfolgt, welches auf eine Anpassung an die Standortbedingungen bei den ausgelesenen Arten hindeuten könnte (siehe Teilflächen 2 + 3 Gehalte im Regenwurm im Vergleich zu Bodengesamtgehalten). Um dieses Phänomen auf zu klären, ist es bei Vorliegen von ausreichendem Datenmaterial von Interesse zu prüfen, ob die gleichen Arten und wenn ja, ob die gleichen Altersstufen analysiert werden.
Die nachfolgende Darstellung der Methodenvalidierung bezieht sich auf 24 Betriebe mit 78 Beprobungsflächen (Tab. 1). Die Erhebungszeiträume wurden deshalb so gewählt, weil sie den Beprobungszeiträumen der Vorstudie entsprachen. Diese wurden in die Aktivitätsphasen der Regenwürmer, bei feuchten und kühlen Bodenbedingungen im Frühjahr und Herbst, gelegt. Damit soll die jahreszeitliche Populationsdynamik annähernd im Versuchsdesign berücksichtigt werden (juvenile Stadien vorrangig im Frühjahr, adulte Stadien vorrangig im Herbst). Im Sommer und im Winter befinden sich die Regenwürmer in Ruhestadien und sind mit den beschriebenen Methoden nicht representativ zu erfassen.
Da die klimatischen Bedingungen jedes Jahr an jedem Standort unterschiedlich sind, könnten Kupferbelastungen geschuldete Einflüsse auf Abundanz und Abundanzverteilung überlagert werden.
Es war zu klären, in wie weit die Kupferbelastungen und die standortspezifischen Expositionen die Artenvielfalt, Abundanz und Biomasse beeinflussen und ob die Bodenfeuchte elementare Voraussetzung für das Auftreten der Lumbriciden zu den Beprobungsterminen ist.
Die Lebensformtypen der Regenwurmzönose nach Bouché (1977) wurden bereits dargestellt (Riepert et al., 2013). Die bisher identifizierten Arten und Unterarten sind in Tab. 4 zusammengestellt. Die Codierung der einzelnen Arten basiert in Anlehnung an dem 6-stelligen EPPO-System. Hier werden bei Tieren die ersten vier Buchstaben der Gattung und die ersten beiden Buchstaben der Art verwendet.
Tab. 4. Auf den Beprobungsflächen bisher identifizierte Regenwurmarten und Unterarten (fett: dominante Arten), ihr (inoffizieller) EPPO-Code und die Zuordnung zum Lebensformtyp
Artname | EPPO-Code | Lebensformtyp (LF) | Akronym LF |
Aporrectodea longa | APORLO | anözisch | AN |
Aporrectodea caliginosa nocturna | APORNO | anözisch | AN |
Aporrectodea species | APORSP | anözisch | AN |
Lumbricus terrestris | LUMBTE | anözisch | AN |
Aporrectodea caliginosa | APORCA | endogäisch | EN |
Allolobophora chlorotica | ALLOCH | endogäisch | EN |
Allolobophora cupulifera | ALLOCU | endogäisch | EN |
Allolobophora thaleri | ALLOTH | endogäisch | EN |
Aporrectodea icterica | APORIC | endogäisch | EN |
Aporrectodea limicola | APORLI | endogäisch | EN |
Aporrectodea rosea | APORRO | endogäisch | EN |
Helodrilus species | HELOSP | endogäisch | EN |
Murchieona muldali | MURCMU | endogäisch | EN |
Octolasion cyaneum | OCTOCY | endogäisch | EN |
Octolasion tyrtaeum | OCTOTY | endogäisch | EN |
Proctodrillus antipae | PROCAN | endogäisch | EN |
Dendrobaena octaedra | DENDOC | epigäisch | EP |
Dendrobaena rubida | DENDRU | epigäisch | EP |
Eisenia fetida | EISEFE | epigäisch | EP |
Lumbricus castaneus | LUMBCA | epigäisch | EP |
Lumbricus rubellus | LUMBRU | epigäisch | EP |
Seit 2010 wurden insgesamt 11 455 Individuen von 20 Arten und einer Unterart aus neun Gattungen zu den beiden Beprobungsterminen im April und Oktober ausgegraben. Im April konnten außer Murchieona muldali, Aporrectodea limicola und Helodrilus spec. alle Arten nachgewiesen werden. Dagegen fehlte im Oktober die Art Allolobophora cupulifera. Insgesamt wurden im Oktober 16 Arten gefunden, von denen einige nur bei 1 bis 2 Flächen vertreten waren. An allen Standorten kam die anözische Art Lumbricus terrestris im Oktober und mit wenigen Ausnahmen im April vor, gefolgt von Arten der Gattung Aporrectodea (Abb. 4). Es gibt eine Reihe von Arten, die entweder im April (LUMBCA, LUMBRU) oder Oktober (OCTOTY, OCTSP, APORRO) häufig anzutreffen sind. Insgesamt ist eine mittlere bis hohe Stetigkeit (über 50 bzw. 70%) der Arten/-gruppen an den verschiedenen Standorten im Oktober größer als im April (7:5).
Abb. 4. Mittlere Häufigkeit des Vorkommens der Regenwurmarten (Stetigkeit) auf den drei Flächentypen (KO, RF, PF) bei den Frühjahrs- und Herbstbeprobungen im Zeitraum 10/2010 bis 10/2014. Die roten Linien markieren die Grenze zwischen niedriger (bis 50%) und mittlerer (bis 70%) bis hoher Stetigkeit.
Für den Vergleich der verschiedenen Flächentypen (Prüf-, Referenz- und Kontrollfläche) wird der Shannon-Wiener-Index als Maß für die biologische Vielfalt der Regenwurmzönose berechnet. Abb. 5 zeigt, dass an den untersuchten Standorten die Artenanzahl und die dazugehörigen Abundanzen unterschiedlich ausfallen. Shannon-Wiener-Indizes < 1,5 finden sich vorrangig auf den Prüf- und Referenzflächen. Das heißt, dass von den dort anzutreffenden Arten nur sehr wenige die Gesamtheit der Individuen repräsentieren. Ein Shannon-Wiener-Index < 1 wurde nur für die höher belasteten Referenzflächen der Steillagen WÜ_10, MO_04 und WÜ_13 mit 326, 196 bzw. 82 mg Cu/kg Boden (TM) berechnet. Auf den mit 252, 215 bzw. 154 mg Cu/kg Boden (TM) belasteten Prüfflächen dieser Standorte wurde eine vergleichbare Artenarmut nachgewiesen, was so interpretiert werden kann, dass aus der Nutzung genommene Flächen auch nach längerer Zeit (> 10 Jahre) nicht in dem Maße wiederbesiedelt werden, dass die Artenvielfalt und Abundanz derjenigen naturnaher Kontrollflächen entspricht. Die in Nachbarschaft gelegenen Kontrollflächen mit Hintergrundgehalten von 38, 16 und 20 mg Cu/kg Boden (TM) besitzen eine höhere Artenvielfalt/Abundanz, dürften aber aufgrund ihrer Nordhanglage (fehlende Sonneneinstrahlung verbunden mit höherer Bodenfeuchte) den Lumbriciden bessere Lebensvoraussetzungen bieten.
Abb. 5. Histogramme zur Häufigkeitsverteilung der Shannon-Wiener-Indizes auf den 3 Flächentypen. Die Klassenbreite bei 5 Klassen beträgt 0,5.
Die Unterschiede zwischen den drei Untersuchungsflächen an den jeweiligen Weinbaustandorten gehen weit über den hier verwendeten Gesamtkupfergehalt hinaus. Der weinbaulichen Nutzung der Prüfflächen stehen oft brachliegende Referenz- und Kontrollflächen gegenüber. Hinzu kommen innerhalb der Weinbaulagen wesentliche Bodenunterschiede, auch sind die topografische Lage und der Bewuchs sehr heterogen. Am geringsten sind noch die Unterschiede zwischen Prüf- und Referenzfläche an einem Standort. Hier sind oft nur die Nutzung und der Bewuchs verschieden. So liegen am Standort RH_10 beide Flächen dicht beieinander, und die Bodentextur ist ähnlich. Während auf der Prüffläche ökologischer Weinbau betrieben wird, ist die Referenzfläche gegenwärtig in Grünlandnutzung. Der Gesamtkupfergehalt der Referenzfläche [109 mg Cu/kg Boden (TM)] ist etwa doppelt so hoch wie bei der Prüffläche [55 mg Cu/kg Boden (TM)]. Dennoch hat die Referenzfläche eine höhere Abundanz der Arten verbunden mit einem Anstieg des SW-Index, was auf einer Verbesserung des Nahrungsangebots beruhen könnte. Der niedrige SW-Index auf der Kontrollfläche RH_10 [32 mg Cu/kg Boden (TM)] ist dadurch bestimmt, dass die endogäische Art Aporrectodea caliginosa 69% aller Individuen der 5 Arten stellt. Auf der Referenzfläche hingegen erreichen 3 der 6 Arten 26, 36 bzw. 26%. Deshalb kann die Reduzierung des Arteninventars und der Abundanz als Auswirkung von Kupfer nur standortbezogen bewertet werden.
Nach Frampton et al. (2006) liegen die akuten Effektdaten (LC50) für 17 Arten von Bodenorganismen bei 183,3 (80,3–316,3) mg Cu/kg Boden (TM). Die Regenwurmarten liegen dabei allesamt im unteren Bereich.
Unabhängig vom Flächentyp ist zwischen Gesamtkupfer-Bodengehalten und der Artenvielfalt gemessen am Shanon-Wiener-Index kein direkter Zusammenhang nachzuweisen (Abb. 6). Es gibt das Indiz, dass mit höheren Kupfergehalten die Biodiversität sinkt, aber es wurden auch Prüfflächen mit Gehalten von ~ 200 mg Cu/kg Boden (TM) beprobt, die mit einem umfangreichen Arteninventar ausgestattet waren. In der Studie zeigen durchschnittliche Gesamtgehalte bis ~ 130 mg Cu/kg Boden (TM) auf den Flächen keine eindeutigen Effekte auf die Artenzusammensetzung der Regenwurmzönosen.
Abb. 6. Beziehung zwischen den gemittelten Gesamt-Kupfergehalten von 24 Qualitätsweinbaustandorten (30 Prüf-, 24 Referenz- und 24 Kontrollflächen) und dem berechneten Shannon-Wiener-Index (H).
Dass bei steigenden Kupferverfügbarkeiten die Artenanzahl sinkt, konnte ebenfalls nur tendenziell bestätigt werden. Tab. 5 gibt eine Übersicht über die Korrelationskoeffizienten bei einer linearen Regression. Die fehlenden Zusammenhänge zwischen mobilen Gehalten in den gewählten Modellen (CaCl2-Extrakt und NH4NO3-Extrakt) und Artenvielfalt (Shannon-Wiener-Index H) zeigen, dass die Kupfergehalte in keinem direkten Zusammenhang mit der Diversität der Regenwurmpopulationen an den studierten Qualitätsweinstandorten stehen.
Tab. 5. Übersicht über die Bestimmtheitsmaße (R2) bei Annahme eines linearen Zusammenhangs als Beispiel für die Beziehung zwischen gemittelten Gesamt-Kupfergehalten, den gemittelten pflanzenverfügbaren (NH4NO3-Extrakt) und regenwurmverfügbaren (CaCl2-Extrakt) Kupfergehalten von 24 Qualitätsweinbaustandorten (30 Prüf-, 24 Referenz- und 24 Kontrollflächen) und dem berechneten Shannon-Wiener-Index (H)
Flächentyp | |||
Bodenextrakt | Kontrollfläche | Referenzfläche | Prüffläche |
Cu (KW) | 0,0160 | 0,1191 | 0,1091 |
Cu (NH4NO3) | 0,0604 | 0,0694 | 0,0198 |
Cu (CaCl2) | 0,2604 | 0,0584 | 0,0179 |
Die aufgezeigten Tendenzen zeigen, dass die Stabilität der Regenwurmzönose auf den Flächen multifaktoriell beeinflusst wird. Standortabhängig wirken unterschiedliche Bodeneigenschaften, Bewirtschaftungsmaßnahmen und topographische Parameter auf das Artenspektrum und die Diversität in Lebensgemeinschaften ein und überlagern Kupfer geschuldete Einflüsse.
Zudem erschweren heterogene Belastungsverteilungen auf den langjährig bewirtschafteten Dauerkulturflächen (z.B. Wightwick et al., 2010; Strumpf et al., 2011) – verbunden mit kleinflächig unterschiedlichen Expositionsszenarien – und Literaturbefunde, wonach die Wiederbesiedlungsrate kontaminierter Flächen niedrig ist (z.B. Ma et al., 2006; Riepert et al., 2013), was einem Meidungsverhalten während der Besiedlung zugeschrieben wird, sachgerechte Interpretationen.
Da Artenzahl und Dominanz der Arten von vielen Einzelparametern und deren unterschiedlichem Zusammenspiel abhängen und flächenbezogen variieren, kann über Shannon-Wiener-Indizes kein Schwellenwert zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen eines direkten Einflusses von Kupfer wissenschaftlich begründet werden. Auch deshalb sollte der Shannon-Wiener-Index nicht als Indikator zur Bewertung nachhaltiger Managementstrategien herangezogen werden.
Zusammenfassend muss eingeschätzt werden, dass die Bedingungen für Regenwurmzönosen auf den Prüfflächen, insbesondere die dort stattfindende Bewirtschaftung, ungünstiger im Vergleich zu den Kontrollflächen sind (weniger Arten, viel weniger Individuen). Geringe Shannon-Wiener-Indizes deuten darauf hin, dass nur wenige Arten auf den Prüfflächen die Regenwurmzönose dominieren. Die Ursachen für diese Unterschiede sollten im Zusammenspiel mehrerer Faktoren liegen. Einmal kann biologisch verfügbares Kupfer wesentlich dafür sein, ein andermal seine Wirkung – auch bei höheren Gehalten – durch andere Faktoren überlagert oder gemildert werden.
Sind Arten nur mit einem geringen Anteil an der gesamten Regenwurmzönose vertreten, dann ist ein repräsentatives Monitoring dieser Arten äußerst schwierig.
Die nachgewiesene Reduzierung der Artenvielfalt auf belasteten Flächen offenbart weiteren Forschungsbedarf. Eine umfassende Risikobetrachtung des Schutzziels ‚Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit’ müsste die Leistungsfähigkeit von Singlespezies für den Erhalt die Bodenfruchtbarkeit einschließen. Welche Arten der Regenwurmzönose dominieren auf langjährig genutzten höher belasteten Flächen und welchen Beitrag leisten diese für die Funktionsfähigkeit der Habitate, für eine nachhaltige Bewirtschaftung resp. den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit auf langjährig genutzten Sonderkulturstandorten. Dazu liegen noch keine Erkenntnisse in der Fachliteratur vor.
Den klimatischen Verhältnissen im Vorfeld der Beprobungstermine geschuldet, wurden bei Feuchtgehalten < 12 v.H. keine Regenwürmer ausgelesen, was darauf hindeutet, dass ausreichende Bodenfeuchte eine wichtige Voraussetzung für das von der Kommission geforderte zulassungsbegleitende Monitoring auf nationaler Ebene ist.
Ungünstige Witterungsbedingungen, z.B. längere Trockenperioden, können Regenwürmer über ein Ruhestadium (Diapause) überbrücken, bei dem die Lebensfunktionen stark reduziert werden (Füller, 1954; Krück, 1999). Die Arten können sich in tiefere Bodenschichten zurückziehen oder in feuchtere Böden auswandern. Deshalb ist eine annähernd vollständige Ermittlung des Lumbricidenbesatzes durch Kombination von Handauslese und Austreibung nur unter Beachtung der Diapause möglich.
Die Elementgehalte in der Regenwurmzönose wurden unter Berücksichtigung der Lebensformtypen getrennt für die Probenahmestellen bestimmt. Dies erfolgte mit dem Ziel, zusätzlich Aussagen zur Abhängigkeit von Bodenbelastung und Kupferanreicherung bei einzelnen Lebensformtypen zu gewinnen.
Das Aufnahme- und Anreicherungsverhalten der Lebensformtypen in den vom Oktober 2010 bis Oktober 2014 beprobten 24 Betriebe mit 78 Beprobungsflächen wurde miteinander verglichen. Mit der bisher vorliegenden Stichprobe können bereits jetzt wesentliche Aussagen getroffen werden:
Zwischen den Beprobungszeiträumen Frühjahr und Herbst sind deutliche Unterschiede vorhanden.
a) Wie die Einzelabbildungen in Abb. 7 zeigen, nehmen die internen Cu-Gehalte in den ausgelesenen Würmern der drei Lebensformen mit ansteigenden Bodengesamtkupfergehalten zu. Bei vergleichbaren Bodengesamtkupfergehalten werden im Mittel der Fläche höhere interne Cu-Gehalte in den Würmern im Herbst bestimmt (siehe braune Trendlinien), was dafür sprechen könnte, dass im Jahresverlauf eine Kupferanreicherung im Gewebe von Lumbriciden stattfindet. Abb. 7. Beschreibung des Aufnahme- und Anreicherungsverhalten der Lebensformtypen in Abhängigkeit des Beprobungszeitraums (grün = Frühjahrs- und braun = Herbstbeprobung) als lineare und potentielle Abhängigkeit der Bodengesamtgehalte zu den Regenwurmgehalten jeweils als Mittelwert pro Fläche (Datenbasis im Frühjahr 10 Betriebe mit 33 Flächen und im Herbst 14 Betriebe mit 45 Flächen). |
b) Kupfer wird mit zunehmender Expositionskonzentration vermehrt aufgenommen. Die unterschiedliche Lebensweise der Lebensformtypen und ihre damit verbundene unterschiedliche Exposition erfordert unterschiedliche Bewertungsszenarien für jeden Lebensformtyp auch in Bezug auf die Bodenfruchtbarkeit und |
c) Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass das Aufnahme- und Anreicherungsverhalten in allen drei Lebensformtypen der Regenwurmzönose durch einen potentiellen Zusammenhang zwischen Gesamtkupfergehalten im Boden und den internen Kupferkonzentrationen in den ausgelesenen Regenwürmern mehr oder weniger gut korreliert ist (s. Abb. 7). Bereits im Frühjahr könnten Regelungsmechanismen zur ‚bedarfsorientierten’ Aufnahme, Ausschleusung oder Detoxifikation von Kupfer wirken, weshalb die Anreicherung der Gehalte im Wurm bei höheren Bodengesamtgehalten beschränkt bleibt. |
Die Auswirkungen der Gesamtkupfergehalte auf die Abundanz epigäischer Lebensformen ist nur schwer interpretierbar. Ein Grund für das geringe Bestimmtheitsmaß von R2 ~ 0,25 im Herbst ist, dass die Streubewohner hier nur selten und wenn ja nur im geringem Umfang anzutreffen waren. Aufgrund des geringen Probenumfangs war die sonst übliche fünffache Bestimmung dieser Lebensformarten nicht möglich. Ob die geringe Abundanz (auch auf den zugeordneten Kontrollflächen) aus den Kupferbodengehalten resultiert oder auf die Reproduktionsbiologie dieses Lebensformtyps zurück zu führen sind, ist noch offen.
Riepert et al. (2013) berichten, dass bodenbürtiges Kupfer ein Einflussfaktor für die Varianzausprägung bei geophag lebenden endogäischen Arten (Mineralbodenbewohner) ist. Bei dem endogäischen Lebensformtyp zeigt der ermittelte Zusammenhang im Frühjahr und im Herbst das gleiche Bestimmtheitsmaß. Bei den endogäischen Arten ist die jahreszeitliche Kupferanreicherung im Vergleich zu den beiden anderen Lebensformen am besten zu erkennen.
Bei dem anözischen Lebensformtyp (Tiefengräber) wird erkennbar, dass im Herbst eine hinter den Erwartungen zurückbleibende Exposition bei den langjährig bewirtschafteten Sonderkulturflächen – z.B. bedingt durch gealtertes Kupfer – vorliegen könnte. Ferner zeigt sich, dass die Exposition anözischer Arten weniger aus den Bodengehalten sondern aus der Nahrungsaufnahme kupferbelasteten
Ernteguts zu resultieren scheint. Ein weiterer Expositionspfad für Kupfer ist die oft „schleimige“ Haut der Regenwürmer. Hierüber könnte ebenfalls im Boden gebundenes Kupfer für die Aufnahme mobilisert werden.
Mit den zuvor gewonnenen Erkenntnissen der unregelmäßigen Verteilung der Gesamtgehalte von Kupfer im Boden sollte im Weiteren geprüft werden, ob sich diese Unterschiede in der Verteilung der Arten sowie der Abundanzen und Biomassen der Regenwürmer in den vier Teilbeprobungsflächen manifestierten.
Dabei war zu beachten, dass sowohl die normierten Vorgaben einer Randomisierung eingehalten, als auch die in den Vorbeprobungen nachgewiesenen Belastungsunterschiede in das Beprobungsraster integriert werden.
Für eine erste anschauliche Darstellung der Ergebnisse wurden die Daten aller untersuchten Teilflächen herangezogen, obwohl den Autoren bekannt ist, dass sich eine standortabhängige Populationsdichte entwickeln kann, die durch Bodenart, Historie der Bewirtschaftung und ortsübliches Klima entscheidend beeinflusst wird. Zudem zeigen Regenwürmer eine ‚geklumpte’ Verteilung im Boden (Krück, 2012), die von einer Vielzahl an Parametern, wie organische Substanz, sonstige Futterverhältnisse, Textur, kleinräumige klimatische Verhältnisse usw. abhängt und auch der Überbrückung von Trockenphasen dient. Abb. 8 zeigt statistisch nur eine geringe Abhängigkeit (R2 = 0,186) des Gesamtkupfergehaltes im Vergleich zur Anzahl der ausgelesenen Regenwürmer. Bei höheren Konzentrationen an Kupfer im Boden sind erste Auswirkungen auf die Abundanz zu beobachten.
Abb. 8. Darstellung der analysierten Cu-Bodengesamtgehalte und der Anzahl ausgelesener Regenwürmer (rot) und der Biomasse ausgelesener Regenwürmer (grün) von den im Zeitraum 10/2010 bis 10/2014 erfolgten Erhebungen der Regenwurmzönose unter Berücksichtigung aller beprobten Teilflächen, Datenbasis 24 Weinbaubetriebe mit 78 Beprobungsflächen.
Bei Betrachtung des Einflusses von Cu-Bodengesamtgehalten auf Abundanz bei unterschiedlichen Belastungen der einzelnen vier Teilflächen auf der Untersuchungsfläche ergibt sich ein ähnliches Bild: konzentrationsunabhängig werden mal weniger und mal mehr Regenwürmer erfasst.
Zwischen den Bodengesamtgehalten und der Biomasse handausgelesener Regenwürmer konnte bei der Stichprobe ebenfalls kein Zusammenhang nachgewiesen werden. Der Endpunkt Biomasse erscheint insofern wenig geeignet, die Auswirkungen von Kupferbelastungen auf Regenwurmzönosen abzuschätzen, da bei Kupferbelastungen bis zu ~ 250 mg Cu/kg Boden (TM) sinkende Individuenzahlen durch Abundanzverschiebung zu (anözischen) Arten, die eine deutlich höhere Biomasse besitzen, ausgeglichen wurden.
Eine inhomogene Belastungsverteilung von Kupfer im Boden der Prüf-, Referenz- und Kontrollflächen wirkt sich statistisch nicht auf Anzahl, Artenvielfalt und Biomasse der Regenwürmer aus. Offensichtlich ermöglicht diese Strukturierung der Kupferkonzentrationen den Regenwürmern, unabhängig vom Lebensformentyp, Nischen aufzusuchen, die eine Tolerierung oder Vermeidung hoher Kupfergesamtgehalte gestattet. Es könnten auch methodische Aspekte fehlender Wiederholungen an den einzelnen Beprobungspunkten eine Rolle spielen.
Mit dem erbrachten Nachweis, dass eine inhomogene Belastungsverteilung auf den Untersuchungsflächen keinen Einfluss auf Abundanz und Biomasse der Regenwurmzönose hat, wird den methodischen Vorgaben des „Leitfaden zur Koordinierung der Monitoringaktivitäten der Untersuchungen zum Belastungszustand von landwirtschaftlich genutzten Flächen infolge von Anwendungen mit kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln“ des BVL entsprochen.
In Abb. 9 sind die mittleren Kupfergehalte [mg Cu/kg Wurmfrischmasse] in extrahierten Würmern aller Beprobungen (2010 bis 2014) der 3 Lebensformtypen, anözische Arten (AN), endogäische Arten (EN) und epigäische Arten (EP) in den einzelnen Flächentypen dargestellt. Hier zeigt sich, dass bei bewirtschafteten Prüfflächen keine signifikanten Unterschiede in der Kupferanreicherung bei den einzelnen Lebensformtypen nachgewiesen werden können, was dafür sprechen könnte, dass die Kupferaufnahme über verschiedene Expositionswege erfolgen könnte (sowohl über die Nahrung als auch über die Haut durch verfügbares bodenbürtiges Kupfer). Im Mittel besitzen ausgetriebene Tiefengräber, die sich saprophag ernähren und aus dem Auflagehorizont leben, nicht die höchsten Wurmgehalte, obwohl bekannt ist, dass adulte Formen eine bis ~ 10jährige Lebensdauer (Langer et al., 2012) aufweisen können.
Abb. 9. Mittlere Kupfergehalte (mg Cu/kg Wurmfrischmasse) in extrahierten Würmern aller Beprobungen (2010 bis 2014) der 3 Lebensformtypen, anözische Arten (AN), endogäische Arten (EN) und epigäische Arten (EP) gruppiert nach den Prüfgliedern Kontrollfläche (KO), Prüffläche (PF) und Referenzfläche (RF), Datenbasis 24 Weinbaubetriebe mit 78 Beprobungsflächen.
Da die Analysen mit lebenden Tieren durchgeführt wurden, muss auch in Betracht gezogen werden, dass die ermittelten Kupferkonzentrationen im Wurm auf den Prüf- und Referenzflächen die Grenze zwischen Leben und Tod darstellen, d.h., Tiere mit höheren Konzentrationen werden nicht gemessen, weil sie nicht anwesend sind.
Dagegen werden bei den nicht bewirtschafteten Referenzflächen (Weinbrachen) bei den sich geophag ernährenden Mineralbodenbewohnern tendenziell die höchsten Wurmgehalte gemessen. Dies könnte darauf zurück zu führen sein, dass oftmals fehlendes Begrünungsmanagement (Sukzession mit folgender Spontanvegetation) zu einer Verarmung des Nahrungsangebots – siehe auch tendenziell niedrigere Gewebegehalte bei anözischen Arten – führt, so dass hier womöglich die Exposition des verfügbaren Kupfers über die Haut erfolgt. Eine weitere Ursache könnte auch sein, dass hier die Tiere, insbesondere die Tiefengräber, älter werden und dadurch höhere Anreicherungswerte aufweisen.
Bei den epigäischen Lebensformen ergibt sich ein uneinheitliches Anreicherungsszenario bei den Flächentypen. Obwohl dem Lebensraum ‚Streuschicht’ auf den bewirtschafteten Prüfflächen regelmäßig frisches Kupfer über Pflanzenschutzmaßnahmen zugeführt wird, liegen die internen Regenwurmgehalte epigäischer Arten im Streuungsbereich des Mittels nicht höher als bei den nichtbewirtschafteten Brachen.
Dies könnte darauf zurück zu führen sein, dass die gewählte Stichprobe vorrangig den Belastungsbereich bis ~ 250 mg Cu/kg Boden (TM) abdeckt und bei höheren Belastungen andere Effekte wie z.B. Auswanderung in weniger belastete Flächen, Anwesenheit spezifischer Transportmechanismen von Metallen durch Zellmembranen bei hohen externen Metallkonzentrationen, Kupferausschleusung in Abhängigkeit der Art und/oder Entgiftung über unter Stress gebildete Peptide (Metallothionine) das Überleben einzelner Arten auch bei höheren Belastungen ermöglichen.
Eine Validierung der „Hinweise zur Umsetzung der Monitoringaktivitäten zum Belastungszustand von landwirtschaftlich genutzten Flächen infolge von Anwendungen mit kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln“ des BVL (Stand 26.04.2010) ergab, dass das Methodeninstrumentarium für biologische Bestandsaufnahmen der Untersuchungsflächen grundsätzlich geeignet ist, die Auswirkungen langjähriger Anwendung Cu-haltiger Pflanzenschutzmittel auf Regenwurmzönosen zu erfassen.
Bei identifizierten, repräsentativen Dauerkulturstandorten ist der aus biologischen Statuserhebungen gewonnene Datenpool nur unter Einbeziehung weiterer Daten zur Bewirtschaftungshistorie und aktuellem Bewirtschaftungsmanagement ganzheitlich interpretierbar. Für den Steillagenbau sind die Normierungsvorschriften in Bezug auf Probenahme und Regenwurmextraktion noch zu ergänzen.
Mit den Erhebungszeiträumen soll die jahreszeitliche Populationsdynamik annähernd im Versuchsdesign berücksichtigt werden (juvenile Stadien vorrangig im Frühjahr, adulte Stadien vorrangig im Herbst). Die klimatischen Bedingungen sind jedes Jahr an jedem Standort unterschiedlich und könnten Kupferbelastungen geschuldete Einflüsse auf Abundanz und Abundanzverteilung überlagern. Wenn der Stichprobenumfang groß genug ist, dürften diese Einflüsse auf die Regenwurmzönose nivelliert werden.
Die Verfügbarkeit steht in direktem Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die Bodenzönose und ist damit elementar für anstehende Risiko-Nutzen-Abschätzungen durch die Zulassungsbehörden. Etwa 15 Einzeleinflussfaktoren können auf die schutzzielbezogene Kupferverfügbarkeit bei Standortböden einwirken, von denen Gesamtkupfergehalt, Korngröße (Ton-, Lehm-, Schluffanteil), Kationenaustauschkapazität, pH-Wert, organische Substanz und Bewirtschaftungsart (Bodenbearbeitung, Begrünung) prägende Bedeutung zukommt.
Das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst die Kupferverfügbarkeiten, was sich in standortspezifischen Auswirkungen auf die Artenzusammensetzung und die Abundanz der einzelnen Arten innerhalb der Indikator-Lebensgemeinschaft Regenwurm ausdrückt (Riepert et al., 2013). Da langjährig bewirtschaftete Dauerkulturflächen oft heterogene Belastungsverteilungen aufweisen, erfordert die Darstellung eingetretener Wirkungen von Kupferbelastungen auf die Bodenzönose ein standortangepasstes Methodeninstrumentarium, um unter Nutzung von Regenwürmern als Indikatoren über Gesamtabundanzen und Abundanzverteilungen auf Lebensformtypen die Feldbedingungen realistisch abbilden zu können. Unabhängig davon ist noch zu prüfen, ob eine Probe an einem Punkt ausreicht, um hier statistisch abgesicherte Aussagen treffen zu können, da Regenwürmer ‚geklumpt’ auftreten können.
Prüf- und Referenzflächen zeigen gegenüber den Kontrollflächen an den jeweiligen Standorten oft ein geringeres Arteninventar und eine ungleiche Verteilung der Artenabundanz für Regenwürmer. Als Ursachenkomplex wurde eine Vielzahl von standort- und nutzungsspezifischen Faktoren identifiziert, darunter die (historische) Anreicherung von Kupfer im Boden.
In Ergänzung methodischer Vorgaben für längerfristige Beobachtungen der Auswirkungen von kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln auf Indikatororganismen muss noch der Frage nachgegangen werden, ob und wenn ja, welche Regenwurmarten bei Flächen mit inhomogenen Belastungssituationen in weniger belastete Teilflächen einwandern. So könnte z.B. Meidungsverhalten dazu führen, dass im Ergebnis die Bodenfruchtbarkeit von belasteten Flächen bei nachhaltiger landwirtschaftlicher Nutzung nicht beeinflusst wird (weil sich Bodenorganismen den realen Standortbedingungen anpassen können).
Auf der Grundlage der aus den Belastungserhebungen gewonnenen Erkenntnisse wurden mit einem neuen Versuchsdesign zusätzlich Anpassungseffekte von Indikatorarten an Kupfergehalte im Boden erfasst. Es wurde geprüft, ob eine Bodenanreicherung (Kupfergesamtgehalte) mit einer (unbegrenzten) Anreicherung in Lumbriciden einhergeht. Da Kupfer ein essentieller Bestandteil des Naturhaushaltes ist (z.B. Strumpf et al., 2002), könnten Mitglieder der Bodenzönose Mechanismen zur ‚bedarfsorientierten’ Aufnahme, Ausschleusung oder Detoxifikation (z.B. Entgiftung über unter Stress gebildete Peptide – Metallothionine) über evolutionäre Anpassungen entwickelt haben. Dies ist für anstehende Risikobetrachtungen der Auswirkungen von Kupfer auf Bodenlebewesen von Bedeutung, da trotz erwiesener Bodenbelastungen Anpassungseffekte der Lumbriciden nicht ausgeschlossen werden können.
Die Untersuchungen wurden ab August 2012 durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Bereich des Bundesprogramms Ökologischer Landbau, Forschungs- und Entwicklungsprojekte (FuE-Projekte – Anonym, 2011) mit dem Vorhaben „Auswirkungen von kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln auf die Bodenfruchtbarkeit unter Nutzung von Regenwürmern als Indikatoren am Beispiel Weinbau“ gefördert (2812NA010).
Die Autoren danken für die Unterstützung bei den Freilanderhebungen der Regenwurmzönosen Frau Elke Reich, Frau Martina Blossfeld, Christian Menzel, Michael Glitschka und Frau Silvia Baas. Weiterhin danken die Autoren Frau Ursula Stendel, Frau Catrin Vetter und Frau Roshanak Taghinia für ihre technische Assistenz bei den durchgeführten Laboruntersuchungen mit den gesammelten Regenwurm- und Qualitätsweinbaubodenproben und Frau Marion Batschon für die Visualisierung der Beprobungsstandorte.
Anonym, 2009: Themenheft Kupfer: Kupfergehalte und -einträge in landwirtschaftlich genutzten Böden – ein Statusbericht. Journal für Kulturpflanzen 61(4), 109-140.
Anonym, 2011: RL des BMELV zur Förderung von F-/E-Vorhaben sowie von Maßnahmen zum Technologie- und Wissenstransfer für eine nachhaltige Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten vom 7. Juli 2011.
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Fußnoten:
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