JfK Kopfgrafik
Home / Archiv / Bd. 67 Nr. 3 (2015) / Originalarbeit
Originalarbeit

Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Apfelanbau

Survey on application of chemical pesticides in apple farming

Dietmar Roßberg1 und Uwe Harzer2
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Kleinmachnow1
Dienstleistungszentrum ländlicher Raum Rheinpfalz, Abteilung Gartenbau, Neustadt an der Weinstraße2

Journal für Kulturpflanzen, 67 (3). S. 85–91, 2015, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2015.03.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Dietmar Roßberg, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungszentrum für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Stahnsdorfer Damm 81, 14532 Kleinmachnow, E-Mail: dietmar.rossberg@jki.bund.de
Zur Veröffentlichung angenommen
12. Januar 2015

Zusammenfassung

Seit 2001 werden Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Obstbau durchgeführt. Diese Aktivitäten, die unter dem Namen „NEPTUN-Erhebungen“ bekannt geworden sind, werden seit 2011 unter veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen als PAPA-Erhebungen fortgesetzt. PAPA steht für Panel Pflanzenschutzmittel-Anwendungen. Das heißt, es wurde ein Netz von Erhebungsbetrieben aufgebaut, in denen jährlich die Pflanzenschutzmittel-Anwendungsdaten detailliert erfasst und in anonymisierter Form an das Julius Kühn-Institut (JKI) weitergeleitet werden.

Alle Erhebungen und Auswertungen beziehen sich auf die Bundesrepublik Deutschland. Die Verteilung der Panel-Betriebe erfolgte proportional zur Verteilung der Apfel-Anbaufläche.

Die Ergebnisse der Erhebungen zeigen, dass die Pflanzenschutzintensität im Apfelanbau sich seit Jahren auf einem konstanten Niveau etabliert hat. Eine Verringerung der Anzahl chemischer Pflanzenschutzmaßnahmen ist auch in den kommenden Jahren nicht zu erwarten. Das zunehmende Auftreten von neuen invasiven Schädlingen und die zu erwartende geringere Verfügbarkeit von insektiziden Wirkstoffen (verbunden mit einem erhöhten Resistenzrisiko) erfordern vermutlich eher zusätzliche Anwendungen von chemischen Pflanzenschutzmitteln, um Äpfel in ausreichender Quantität und marktgerechter Qualität zu produzieren.

Stichwörter: Pflanzenschutz, statistische Erhebung, Behandlungsindex, PAPA, Apfelanbau

Abstract

Surveys of the application of plant protection products (PPP) in apple farming have been carried out since 2001 (NEPTUN projects). Since 2011, they have been continued under different legislative frameworks as PAPA surveys. PAPA stands for panel pesticide applications. A number of crop-specific networks of farms have been created, in which the PPP application data are recorded in detail annually. The data are forwarded in an anonymised form to the Julius Kühn-Institute (JKI).

All surveys and analyses relate to the Federal Republic of Germany. The distribution of the panel farms was proportional to the distribution of growing areas of apples.

Survey results show that the plant protection intensity has established itself in apple growing for years at a constant level. A reduction in the number of chemical plant protection measures are not expected in the coming years. The increasing incidence of new invasive pests and the expected lower availability of insecticidal agents (associated with an increased risk of resistance) probably require more additional applications of chemical pesticides to produce apples in sufficient quantity and of marketable quality.

Key words: Plant protection, statistical survey, treatment index, PAPA, apple

Einleitung

Frei verfügbare Informationen zur tatsächlichen Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel (PSM) in der Landwirtschaft werden für eine Reihe von wissenschaftlichen Fragestellungen wie auch für die politische Argumenta­tion dringend benötigt. Für die Bereitstellung solcher Daten ist das Julius Kühn-Institut – Bundesforschungs­institut für Kulturpflanzen (JKI) zuständig (vgl. Pflanzenschutzgesetz, § 21). Ziel bei der Konzipierung und Umsetzung der entsprechenden statistischen Erhebungen war und ist es, neben der Erfüllung der Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1185/2009 über Statistiken zu Pestiziden (Pflanzenschutzmittel-Statistikverordnung) auch den Informationsansprüchen des Nationalen Ak­tionsplanes zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) zu genügen und die Kosten für die Informationsgewinnung so gering wie möglich zu halten. Darüber hinaus war und ist es wichtig, unnötige Mehr­belastungen für Landwirtschaft und Gartenbau durch zusätzliche bürokratische Auflagen zu vermeiden. Seit 2011 werden die Erhebungen unter dem Namen PAPA (Panel Pflanzenschutzmittel-Anwendungen) jährlich durchgeführt. Vorher firmierten diese Erhebungen unter dem Namen NEPTUN (vgl. Rossberg, 2003; Rossberg, 2006; Rossberg, 2009).

Methodik

Für die Sicherstellung der PAPA-Erhebungen im Apfelanbau hat das JKI einen Vertrag mit der Fachgruppe Obstbau im Bundesausschuss Obst und Gemüse abgeschlossen. Darin verpflichtet sich die Fachgruppe nach den Vorgaben des JKI die Daten zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln aus ca. 130 Betrieben zu akquirieren und in anonymisierter Form an das JKI weiterzuleiten.

Regionale Gliederung

Da die Pflanzenschutzmittel-Statistikverordnung nur nationale Aussagen verlangt, wird die Bundesrepublik Deutschland als einzige Erhebungsregion betrachtet. Aus arbeitsorganisatorischen und aus Kostengründen wurde darauf verzichtet, auf kleinere Gebiete bezogene, repräsentative Aussagen anzustreben. Dennoch wurde auf eine angemessene räumliche Verteilung der Erhebungsbetriebe geachtet. Das JKI hat entsprechende Vorgaben zur Verteilung der Panel-Betriebe proportional zur Verteilung der Apfel-Anbaufläche abgeleitet (Tab. 1).

Tab. 1. Vorgaben zur Verteilung der PAPA-Erhebungsbe­triebe

Bundesland

Anzahl Erhebungsbetriebe

mindestens

höchstens

Baden-Württemberg

41

45

Bayern

5

7

Brandenburg

5

7

Hamburg

4

6

Hessen

1

3

Mecklenburg-Vorpommern

5

7

Niedersachsen

32

35

Nordrhein-Westfalen

7

9

Rheinland-Pfalz

7

9

Sachsen

12

15

Sachsen-Anhalt

4

6

Schleswig-Holstein

2

4

Thüringen

5

7

gesamt

130

160

Auswahl der Betriebe

Die Betriebsauswahl erfolgte bzw. erfolgt durch die ört­lichen Beauftragten der Fachgruppe Obstbau nach den im Folgenden dargestellten Vorgaben. Für die Panels sollten (wenn möglich) ausschließlich Haupterwerbsbetriebe, die typisch für die Region sind, ausgewählt werden. Sie sind der Hauptadressat des NAP. Weitere Vor­gaben waren:

• Durchführung des Pflanzenschutzes nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz

• lückenlose und zeitnahe Dokumentation der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln

• keine Teilnahme an Förderprogrammen zur Reduzierung von Pflanzenschutzmittel-Anwendungen

• Bereitschaft zur freiwilligen und anonymisierten Weitergabe von Daten über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln an das JKI

Zu erhebende Daten

Bei den PAPA-Erhebungen werden Daten zu allen relevanten Pflanzenschutzmaßnahmen erfasst. Alle Daten sind für Bewirtschaftungseinheiten (BWE) zu erfassen. Unter einer Bewirtschaftungseinheit werden die Flächen (Parzellen, Anlagen) eines Obstbaubetriebes zusammengefasst, die einheitlich bewirtschaftet werden und auf denen auch die gleichen Pflanzenschutzmittel-Anwendungen erfolgen.


Folgende Angaben werden zu jeder einzelnen Maßnahme gefordert:

• Datum der Anwendung

• Anwendungsgebiet/Indikation (fakultativ)

• vollständiger Name des Pflanzenschutzmittels

• Aufwandmenge Pflanzenschutzmittel

• Maßeinheit für Aufwandmenge

• behandelte Fläche [ha]

Bei Tankmischungen sind die obigen Angaben für jeden einzelnen Tankmischungspartner erforderlich.

Erhebungszeitraum

Bei den Dauerkulturen (also auch für Äpfel) ist der Erhebungszeitraum das Kalenderjahr.

Datenerfassung

Die Dokumentation der Einzeldaten erfolgt immer durch den Obstbauern und/oder die im Betrieb dafür verantwortliche(n) Person(en). Diese Daten werden anschließend durch die von der Fachgruppe benannten Regionalbetreuer gesammelt und in anonymisierter Form an das JKI weitergeleitet.

Für die Datenerfassung werden derzeit alle Formen für die Dokumentation der durchgeführten Pflanzenschutzmaßnahmen akzeptiert, wenn sie alle gewünschten Angaben enthalten. Die Daten werden im JKI in eine ACCESS-Datenbank übertragen. Anschließend werden verschiedene Plausibilitätstests zur Verifizierung der erfassten Daten durchgeführt, um eventuelle Widersprüche, Fehler oder Mängel in den Daten zu erkennen. Die entsprechenden Entscheidungen bezüglich der Korrektur solcher „Auffälligkeiten“ werden ausschließlich per Einzelfallprüfung getroffen.

Der zeitliche Aufwand für die Erfassung der Daten und die Plausibilitätsprüfung ist erheblich.

Datenanalyse

Zur Beschreibung des quantitativen Umfangs der Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln werden die zwei Kennziffern Behandlungshäufigkeit (BH) und Behandlungsindex (BI) berechnet. Zusätzlich wird ein Ranking bezüglich der eingesetzten Wirkstoffe für die Wirkstoffbereiche Herbizide, Fungizide und Insektizide/Akarizide ermittelt.

Eine detaillierte Definition von BH, BI und Wirkstoff­ranking findet man bei Rossberg (2013) oder im Internet unter http://papa.jki.bund.de.

Ab 2014 werden im Rahmen der Pflanzenschutzmittel-Statistikverordnung auch noch zwei weitere Kennziffern (Behandlungsfläche und ausgebrachte Mengen; jeweils pro Wirkstoff) ermittelt.

Ergebnisse

Quantitative Angaben zum Umfang der Datenerhebungen 2011 bis 2013

Tab. 2 gibt einen Überblick über den Stichprobenumfang in den einzelnen Jahren. Aufgeführt sind die Anzahl Erhebungsbetriebe, die Gesamtzahl unterschiedlicher Spritzfolgen in allen Erhebungsbetrieben und die Anzahl aller dokumentierten Maßnahmen (= Anzahl Datentupel). Mit dem Begriff „Datentupel“ sollen hier alle Angaben, die zur Charakterisierung der Anwendung eines Pflanzenschutzmittels dienen, also Termin + Indikation + Mittelname + Aufwandmenge + behandelte Fläche, zusammengefasst werden.

Tab. 2. Stichprobenumfänge bei PAPA-Apfel in den Jah­ren 2011–2013

Jahr

Anzahl
Betriebe

Anzahl Spritzfolgen

Anzahl Datentupel

2011

142

309

13324

2012

140

326

14362

2013

140

343

14279

Behandlungshäufigkeiten und Behandlungsindizes

Tab. 3 gibt einen Überblick über alle für Deutschland berechneten Behandlungshäufigkeiten.

Tab. 3. Berechnete Behandlungshäufigkeiten für PAPA-Apfel 2011–2013 (ergänzt mit Ergebnissen aus früheren Erhebungen)

Jahr

insgesamt

Fungizide

Herbizide

Insektizide

Wachstumsregler

2001*

17,34

15,26

0,78

5,41

2004*

17,71

15,61

0,76

5,79

2007*

17,65

15,85

0,71

7,49

2011

20,76

18,98

0,79

6,11

0,93

2012

21,83

19,95

0,76

5,64

1,08

2013

21,32

19,51

0,71

5,37

1,15

* Ergebnisse aus NEPTUN-Erhebungen (2014 neu berechnet nach aktueller Methode, Wachstumsregler seinerzeit nicht erfasst)

In Tab. 3 ist die Kennziffer Behandlungshäufigkeit auch Wirkstoffbereich-unabhängig (Spalte: „insgesamt“; steht für „alle Mittel“) angegeben. In dem Zusammenhang ist jedoch zu bemerken, dass die Summe der drei Wirkstoffbereich-bezogenen Anwendungshäufigkeiten häufig größer ist als die für alle betrachteten Pflanzenschutzmittel berechnete Anwendungshäufigkeit. Dieser Fakt wird durch folgendes fiktives Beispiel verdeutlicht. Ein Obstbauer bringt eine Tankmischung bestehend aus zwei Fungiziden und einem Insektizid aus. Dann gilt für diese Maßnahme:

a) Maßnahmen-Koeffizient (alle Mittel) = 1 (Wirkstoffbereich-unabhängig)

b) Maßnahmen-Koeffizient (Herbizide) = 0

c) Maßnahmen-Koeffizient (Fungizide) = 1

d) Maßnahmen-Koeffizient (Insektizide) = 1

Summe von b) bis d) = 2


Tab. 4 gibt einen Überblick über alle für Deutschland berechneten Behandlungsindizes.

Tab. 4. Berechnete Behandlungsindizes für PAPA-Apfel 2011–2013 (ergänzt mit Ergebnissen aus früheren Er­hebungen)

Jahr

insgesamt

Fungizide

Herbizide

Insektizide

Wachstumsregler

2001*

28,01

21,75

1,43

4,83

2004*

27,53

21,77

0,47

5,29

2007*

29,92

21,79

0,64

7,49

2011

32,22

25,85

0,93

4,99

0,45

2012

32,59

26,37

0,94

4,74

0,54

2013

31,87

25,70

0,98

4,60

0,59

* Ergebnisse aus NEPTUN-Erhebungen (Wachstumsregler noch nicht erfasst)

Ein Vergleich mit den Zahlen aus Tab. 3 zeigt, dass die ermittelten Werte für den Behandlungsindex (insgesamt) höher sind als die Werte für die Behandlungshäufigkeit (insgesamt). Das ist ein deutliches Indiz dafür, dass bei einer PSM-Anwendung oftmals mehrere Mittel gleichzeitig als Tankmischung ausgebracht werden.

Rangfolgen von Wirkstoffen

Die Tab. 5 und 6 zeigen am Beispiel „Fungizide“ und „Insektizide/Akarizide“ die berechneten Rangfolgen. Eine komplette Darstellung der Wirkstoffrankings aus den drei Jahren würde den Rahmen dieser Veröffentlichung sprengen. Hier wird wiederum auf die Internetseite http://papa.jki.bund.de verwiesen.

Tab. 5. PAPA-Apfel 2013: Wirkstoff-Ranking Fungizide

Wirkstoffname

Anteil am Wirkstoffbereich (bezogen auf BI-Werte) in %

Anteil in Prozent aller Erhebungs­­betriebe

Captan

36,44

99,3

Dithianon

15,89

97,9

Schwefel

8,34

96,4

Trifloxystrobin

7,92

95,7

Penconazol

7,44

82,1

Dodin

4,82

75,0

Myclobutanil

4,25

60,7

Kupferhydroxid

4,19

60,0

Difenoconazol

3,12

41,4

Fluopyram

1,41

45,7

Tebuconazol

1,41

45,7

Cyprodinil

1,07

33,6

Pyraclostrobin

0,86

35,7

Boscalid

0,69

31,4

Kupferoxychlorid

0,58

33,6

Pyrimethanil

0,53

14,3

Fludioxonil

0,32

19,3

nur Wirkstoffe mit einem Anteil an der Wirkstoffgruppe ≥ 0,3% aufgelistet

Tab. 6. PAPA-Apfel 2013: Wirkstoff-Ranking Insektizi­de/Akarizide

Wirkstoffname

Anteil am Wirkstoffbereich (bezogen auf BI-Werte) in %

Anteil in Prozent aller Erhebungs­­betriebe

Chlorantraniliprole

22,40

81,4

Thiacloprid

14,01

65,7

Pirimicarb

12,90

60,0

Flonicamid

12,67

50,0

Granuloviren*

9,47

31,4

Acetamiprid

4,64

15,7

Fenoxycarb

4,06

25,0

Indoxacarb

3,08

18,6

Acequinocyl

2,82

20,0

Mineralöle

2,52

18,6

Spirodiclofen

2,36

12,9

Tebufenozid

1,76

12,9

Methoxyfenozide

1,70

15,0

Fenpyroximat

1,25

7,9

Imidacloprid

1,18

5,7

nur Wirkstoffe mit einem Anteil an der Wirkstoffgruppe ≥ 1% aufgelistet
* Cydia pomonella Granulovirus Isolat GV-0006, Cydia pomonella Granulovirus mexikanischer Stamm, Adoxophyes orana Granulovirus Stamm BV-0001

Diskussion

Die in der Publikation vorgestellten Erhebungsdaten zum Pflanzenschutzmitteleinsatz von 2011 bis 2013 stellen den Mittelwert aller republikweit erhobenen Einzeldaten dar. Regionalbezogene Kennziffern zur Pflanzenschutzmittel-Anwendung in einzelnen Apfelanbauregionen Deutschlands sind aus den Erhebungsdaten nicht ableitbar, weil für solche Berechnungen der Stichprobenumfang nicht groß genug ist.

Die in Tab. 2 aufgeführten Stichprobenumfänge im Rahmen der PAPA-Erhebungen zeigen, dass der Stichprobenumfang in allen Jahren konstant hoch gehalten werden konnte. Damit ist auch die Vergleichbarkeit der berechneten Kennziffern gewährleistet.

Vergleich der Behandlungshäufigkeit

Die Behandlungshäufigkeit (Anzahl der Spritzungen) spiegelt ausschließlich die Anzahl der durchgeführten Pflanzenschutzmaßnahmen wider, wobei nicht zwischen der Ausbringung von Einzelprodukten oder Tankmischungen unterschieden wird.

Wie aus Tab. 3 ersichtlich, lag die Behandlungshäufigkeit von 2011 bis 2013 mit knapp 21 bis 22 Maßnahmen in allen Jahren auf einem ähnlichen Niveau. Daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass wahrscheinlich auch in Zukunft trotz der jährlichen Schwankungen in der Wit­terung und im Schaderregeraufkommen keine großen Veränderungen bei dieser Kennziffer zu erwarten sind (weder nach oben noch nach unten).

Die im Rahmen der NEPTUN-Erhebungen in den Jahren 2001, 2004 und 2007 berechneten Behandlungshäufigkeiten lagen mit 17 bis 18 Pflanzenschutzmaßnahmen pro Saison deutlich niedriger. Das ist erklärbar. Zum einen wurde bei den damaligen Erhebungen die Anwendung von Wachstumsreglern noch nicht erfasst. Zum anderen hat sich die Anzahl der Fungizidanwendungen ab 2011 deutlich erhöht. Das ist in erster Linie auf die zunehmende Resistenzproblematik beim Schorfpilz zurückzuführen. Die nachlassende Wirkung von Kurativmitteln hat die vermehrte Anwendung von Kontaktfungiziden in kürzeren Abständen zur Folge.

Für die Anwendung von Herbiziden wurde von 2001 (NEPTUN) bis 2013 (PAPA) eine nahezu konstante Behandlungshäufigkeit ermittelt. Kleinere Schwankungen sind hierbei eher zwischen den einzelnen Anbauregionen je nach Wuchsintensität und Spektrum der Unkräuter zu erwarten, was wiederum vorrangig von der Bodenbeschaffenheit und den auftretenden Niederschlägen abhängig ist.

Hinsichtlich der Behandlungshäufigkeit von Insektiziden (4,6 bis 5) zeichnet sich ebenfalls eine relativ konstante Entwicklung ab. Lediglich das Jahr 2007 (NEPTUN) liegt mit einer Behandlungshäufigkeit von 7,5 deutlich über dem Durchschnitt der Erhebungsjahre. 2007 war in vielen Regionen ein klassisches Apfelwicklerjahr. CORAGEN mit einer Wirkungsdauer von bis zu drei Wochen bei gleichzeitig hoher Wirkungssicherheit war im Jahr 2007 noch nicht zugelassen, so dass es zu einer vermehrten Anwendung von Larviziden mit kürzerer Wirkungsdauer in 8- bis 10-tägigen Abständen kam. Allein gegen den Apfelwickler wurden damals in Regionen mit zwei vollständigen Generationen bis zu sechsmal Insektizide eingesetzt.

Vergleich der Behandlungsindizes

Der Behandlungsindex ist ein Maß für die Pflanzenschutz­intensität in einer Kultur, in diesem Fall im Apfel.

Er lag bei den PAPA-Erhebungen von 2011 bis 2013 auf einem konstanten Niveau von 32, d.h. im Mittel aller Erhebungsbetriebe wurden 32 Pflanzenschutzmittel mit der maximal zugelassenen Aufwandmenge ausgebracht.

Betrachtet man für diese Jahre die Wirkstoffbereich-bezogenen Kennziffern im Einzelnen, kann man fest­stellen, dass bei allen Gruppen (Fungizide, Insektizide, Herbizide, Wachstumsregler) eine hohe Konstanz zu beobachten ist. Die Anwendung von Fungiziden spielt dabei erwartungsgemäß die größte Rolle, da Apfelschorf und Apfelmehltau über längere Zeiträume in der Saison in allen Anbaugebieten bekämpft werden müssen. Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen dürfte es lediglich bei der Auswahl der eingesetzten Fungizide geben. In den regenreichen Anbaugebieten werden hauptsächlich Fungizide gegen die Bekämpfung von Schorf zum Einsatz kommen. In den trockneren Gebieten (z.B. im Rheingraben) werden dagegen häufiger spezifische Fungizide zur Bekämpfung des Mehltaupilzes ausgebracht werden.

Der Behandlungsindex „Insektizide“ ergibt sich vorwiegend aus den Maßnahmen zur Bekämpfung von Apfelwickler, Mehliger Apfelblattlaus, Apfelblutlaus, Blüten­stecher und Apfelsägewespe. Diese Schaderreger kommen in allen Anbauregionen mehr oder weniger stark vor. Es ist vermutlich davon auszugehen, dass diese Kennziffer in Zukunft nicht sinken sondern eher steigen wird. Zum einen erfordert das zunehmende Auftreten von neuen invasiven Schädlingen zusätzliche Bekämpfungsmaßnahmen. Und zum anderen wird die voraussichtliche geringere Verfügbarkeit von insektiziden Wirkstoffen in den nächsten Jahren wohl zu einem erhöhten Schaderregerdruck und zu vermehrt auftretenden Resistenzen von Schadinsekten gegenüber Insektiziden führen, was wiederum eine höhere Anzahl an PSM-Anwendungen bedingt.

Wirkstoff-Ranking Fungizide

In Tab. 5 ist das Wirkstoff-Ranking der Fungizide bezogen auf die Behandlungsindizes am Beispiel der Ergebnisse der PAPA-Erhebung 2013 dargestellt. Die beiden Bundesländer Baden-Württemberg und Niedersachsen mit den größten Apfelanbauflächen stellen folgerichtig auch die Mehrzahl der Erhebungsbetriebe (vgl. Tab. 1). Das ist bei der Bewertung der Fungizidanwendungen zu berücksichtigen. Aufgrund der größeren Regenmengen im Alten Land und am Bodensee müssen dort mehr Schorfbehandlungen durchgeführt werden als in den trockneren Gebieten wie z.B. dem Rheingraben (Rheinhessen, Pfalz, Baden).

In den nachfolgenden Kommentaren sind zusätzlich zum besseren Verständnis oftmals zu den Wirkstoffnamen in Klammern die Namen der den jeweiligen Wirkstoff enthaltenen Pflanzenschutzmittel aufgeführt.

Mit einem Anteil von rund 36% am Index rangiert Captan (Malvin WG, Merpan 80 WDG) hierbei an erster Stelle, gefolgt von Dithianon (Delan WG) mit knapp 16%. Dieser hohe Anteil der klassischen Kontaktfungizide (in der Praxis auch als Belagsfungizide bezeichnet) ist auf die Bekämpfung des Schorfpilzes zurückzuführen. Dass Captan hierbei an erster Stelle steht, ist zum einen durch den hohen Anteil an Erhebungsbetrieben aus Niedersachsen (Altes Land) begründet, liegt zum anderen aber auch daran, dass Captan über die Schorfsaison hinaus auch zur Vermeidung von Lagerfäulen eingesetzt wird. Andererseits haben Difenoconazol (SCORE), Pyrimethanil (Scala) und Cyprodinil (CHORUS) nur einen geringen Anteil an der Kennziffer „Behandlungsindex Fungizide“. Der Grund dafür ist, dass in den klassischen Schorfgebieten Altes Land und Bodensee verbreitet Resistenzen gegenüber diesen Wirkstoffen auftreten. Deshalb werden in diesen Regionen die genannten Fungizide nicht mehr empfohlen bzw. nicht mehr zur Schorfbekämpfung genutzt. Dagegen wird in ca. 75% der Erhebungsbetriebe der Wirkstoff Dodin (SYLLIT) gegen Apfelschorf eingesetzt. Dieser Wirkstoff gilt (noch!) als sicheres Kurativmittel und kommt somit speziell in Regionen, in denen Triazole und Anilino-Pyrimidine nicht mehr wirken, bei Bedarf zur Anwendung.

Auffällig ist, dass viele fungizide Wirkstoffe mit einem relativ geringen Anteil am BI Fungizide (zwischen 1,5 und 5%) dennoch in vielen Erhebungsbetrieben (zwischen 45 und 75%) genutzt werden (wenigstens einmal!). Das lässt darauf schließen, dass einzelne Wirkstoffe offenbar für die Lösung spezieller Pflanzenschutzprobleme von besonderer Bedeutung sind.

In 96% der Betriebe wird Trifloxystrobin (Flint) aus­gebracht. Das ist der Bekämpfung des Apfelmehltaus und der Lagerkrankheiten geschuldet. Hinsichtlich der Mehltaubekämpfung am Apfel werden neben dem bereits genannten Trifloxystrobin vorwiegend Penconazol (Topas) und Myclobutanil (Systhane 20 EW) genutzt. Das ist ein Indiz dafür, dass diese beiden Triazole immer noch sicher gegen den Mehltau wirken. Die häufigere Anwendung von Topas im Vergleich zu Systhane 20 EW liegt vermutlich unter anderem daran, dass der Wirkstoff Penconazol deutlich schneller abgebaut wird als Myclobutanil.

Der geringe Anteil von Tebuconazol + Fluopyram (Luna Experience), Pyraclostrobin + Boscalid (Bellis) und Cyprodinil + Fludioxinil (SWITCH) zeigt, dass diese Fungizide praktisch keine Bedeutung bei der Lagerfäulebekämpfung haben. Hierzu werden in erster Linie Pflanzenschutzmittel mit den beiden Einzelwirkstoffen Captan (Malvin WG, Merpan 80 WDG) und Trifloxystrobin (Flint) verwendet, die ohnehin schon während der Saison gegen Schorf bzw. Mehltau eingesetzt werden. Das ist vor allem auf spezielle Vorgaben des Lebensmitteleinzelhandels zurückzuführen („Sekundärstandards“). Danach werden nur Erntepartien akzeptiert, für die bei Rückstandsuntersuchungen nicht mehr als vier verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen werden; unabhängig von der Höhe der nachgewiesenen Mengen. Aus fachlicher Sicht sind diese willkürlichen Vorgaben wegen des dadurch verstärkten potentiellen Risikos der Resistenzausbildung von Schad­erregern gegen Pflanzenschutzmittel allerdings mehr als fragwürdig bzw. strikt abzulehnen.

Wirkstoff-Ranking Insektizide

Das Wirkstoff-Ranking der Insektizide für das Jahr 2013 ist aus Tab. 6 ersichtlich.

Mit einem Anteil von 22,4% am Gesamtindex steht Chlorantraniliprole (CORAGEN) an erster Stelle der insektiziden Wirkstoffe. Mehr als 80% der Erhebungsbetriebe haben CORAGEN eingesetzt. Das zeigt, dass offenbar nach wie vor ein hoher Befallsdruck durch den Apfelwickler in den Apfelanlagen zu beobachten ist.

Thiacloprid (Calypso), Pirimicarb (Pirimor Granulat) und Flonicamid (Teppeki) nehmen im Wirkstoffranking für die Insektizide die nächsten Plätze ein. Der Grund hierfür liegt sicherlich in häufig notwendigen PSM-Anwendungen gegen Blattläuse, Blutläuse, Rüsselkäfer und Sägewespen. Diese Schadinsekten sind in allen Apfel­anbaugebieten zu finden und müssen in der Regel auch bekämpft werden. Es ist allerdings davon auszugehen, dass Pirimicarb (Pirimor Granulat) nur zur Bekämpfung der Blutlaus genutzt wird, da deren Wirkung auf die Mehlige Apfelblattlaus in vielen Fällen nicht mehr ausreichend ist. In den Regionen, in denen ausschließlich Blattläuse ein Problem darstellen, haben die Betriebe die Möglichkeit zwischen Thiacloprid, Flonicamid oder Acetamiprid (Mospilan SG) zu wählen. Das erklärt auch, dass keiner dieser drei aphiziden Wirkstoffe eine so hohe Verbreitung (ausgedrückt in „Anwendung in Prozent aller Erhebungsbetriebe“) erreicht wie z.B. der Wirkstoff Chlorantraniliprole gegen den Apfelwickler.

Bemerkenswert beim Wirkstoff-Ranking der Insektizide ist der geringe Anteil an Akariziden; nimmt doch das Spinnmilbenproblem am Apfel in vielen Regionen seit zwei bis drei Jahren deutlich zu. Rund 50% der Erhebungsbetriebe scheinen trotzdem auf die Anwendung von Mineralölen, Spirodiclofen (Envidor) oder Acequinocyl (Kanemite SC) verzichten zu können. Fenpyroximat (Kiron) ist zwar auch ein Akarizid, hat aber eine weit verbreitete Resistenz gegenüber Spinnmilben und dürfte wohl ausschließlich gegen Rostmilben eingesetzt worden sein.

Der recht hohe Anteil des Granulosevirus gegen den Apfelwickler am Behandlungsindex (knapp 10%) ist in der Integrierten Produktion sicherlich auf die Bekämpfung der 2. Generation im Juli, August zurückzuführen. Zwei Gründe schlagen hier zu Buche: CORAGEN wird aus Resistenzgründen gegen die 2. Apfelwicklergeneration nicht empfohlen und der Granulosevirus-Einsatz im Sommer führt nicht zu Rückständen.

Danksagung

An dieser Stelle ist es den Autoren ein Bedürfnis, der Fachgruppe Obstbau im Bundesausschuss Obst und Gemüse als Vertragspartner bei den PAPA-Erhebungen im Apfel­anbau zu danken. Ein besonders großes „Dankeschön“ geht an alle regionalen PAPA-Beauftragten, ohne deren Mithilfe es unmöglich wäre, eine solche Erhebung durchzuführen, und für die diese Erhebungen einen erheb­lichen zusätzlichen Arbeitsaufwand mit sich brachten. Die erforderlichen Verbindungen zu den Erhebungsbetrieben mussten geknüpft werden. Es war Überzeugungsarbeit zu leisten; die Obstbauer mussten für die Projektteilnahme gewonnen werden und jedes Jahr erneut motiviert werden, weiter mitzumachen.

Und schließlich ist auch den an der Erhebung betei­ligten Obstbauern zu danken, die ja auf freiwilliger Basis ihre Daten zu den Pflanzenschutzmittelanwendungen in ihren Betrieben bereitstellen. Nur dank der entgegenkommenden Mitarbeit der angesprochenen Partner konnten die Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Apfelanbau erfolgreich durchgeführt werden bzw. können diese Erhebungen auch in den nächsten Jahren erfolgen.

Die dabei gewonnenen Daten und die darauf basierenden Analysen bilden eine wertvolle Grundlage nicht nur für weitere wissenschaftliche Auswertungen sondern vor allem auch für die Politikberatung und die Formulierung gesellschaftlicher Zielstellungen bzgl. eines umweltverträglichen und nachhaltigen Pflanzenschutzes.

Besondere Anerkennung verdient auch das große Engagement meiner Kollegin Frau Krammer bei der elektronischen Erfassung der übermittelten Erhebungsdaten. Dank ihrer ausgezeichneten Fachkenntnisse konnten bereits bei der Eingabe fachliche Probleme bzw. Fehler in den Daten erkannt und behoben werden.

Literatur

EU-Verordnung 1185/2009 über Statistiken zu Pestiziden: Amtsblatt der Europäischen Union L 324/1.

Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz – PflSchG): Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2012, Teil 1, Nr. 7, S. 148.

Rossberg, D., 2003: NEPTUN 2001 – Erhebung von Daten zum tatsächlichen Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel im Obstbau, im Hopfen und in Erdbeeren. Berichte aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Heft 122, 24 S., Anhang.

Rossberg, D., 2006: NEPTUN 2004 Obstbau – Erhebung von Daten zur Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel. Berichte aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Heft 129, 29 S., Anhang.

Rossberg, D., 2009: NEPTUN 2007 – Obstbau. Berichte aus dem Julius Kühn-Institut Heft 147, 71 S.

Rossberg, D., 2013: Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Praxis im Jahr 2011. Journal für Kultur­pflanzen 65 (4), 141-151.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
Verlag
Eugen Ulmer KG
Ulmer-Logo
Verantwortlicher Herausgeber
Präsident und Professor
Prof. Dr. Frank Ordon
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Schriftleitung
Dr. Anja Hühnlein
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
E-Mail: journal-kulturpflanzen@julius-kuehn.de
Co-Schriftleitung
Dr. Ulrike Stahl
Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Layout/Technische Umsetzung
mediaTEXT Jena GmbH
mediaTEXT-Logo
Julius Kühn-Institut (JKI)
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
 
Erwin-Baur-Str. 27
06484 Quedlinburg
Deutschland
Fon: 03946 47-0
Fax: 03946 47-255
Mail: poststelle@julius-kuehn.de
De-Mail: poststelle@julius-kuehn.de-mail.de
Impressum
 
Diese Zeitschrift wird vom Julius Kühn-Institut herausgegeben.
JKI-Logo