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Mitteilungen und Nachrichten

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Das Institut „Pflanzengesundheit“ des Julius Kühn-Instituts (JKI) teilt mit:

Express-Risikoanalyse zu Dinoderus minutus

Journal für Kulturpflanzen, 67 (4). S. 148–150, 2015, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart


Mit der Neufassung der Pflanzenbeschauverordnung (PBVO) im Jahre 2012 hat das Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, ein neues Risikoanalyseverfahren entwickelt, das verbindlich anzuwenden ist. Findet ein Pflanzenschutzdienst im Rahmen von Einfuhrkontrollen an einer Warensendung aus Nicht-EU-Staaten oder aber im Freiland bzw. im geschützten Anbau einen neuen Organismus, der nicht in der EU-Pflanzenquarantäne-Richtlinie 2000/29/EG geregelt ist, ist von ihm folgendes zu überprüfen:

1) Besteht der Verdacht, dass es sich um einen Schadorganismus von Pflanzen handeln könnte?

2) Ist der Schadorganismus bislang im Dienstgebiet noch nicht angesiedelt?

Werden beide Fragen mit „ja“ beantwortet, beantragt der Pflanzenschutzdienst eine Express-Risikoanalyse (Express-PRA) beim Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit des JKI. Das Institut „Pflanzengesundheit“ erstellt dann nach einem einheitlichen Verfahren eine solche Express-PRA zu dem Schadorganismus und dessen pflanzen­gesundheitlichen Risiken, die eine erste Handlungsempfehlung enthält. Da je nach Situation eine schnelle Rückmeldung erfolgen muss (2–3 Tage oder bis zu 30 Tagen), kann in die Erstellung der Express-Risikoanalyse nur unmittelbar verfügbares Wissen einfließen, sie kann mit großer Unsicherheit behaftet sein.

Die hier vorgestellte Express-PRA zum Bambusbohrer Dinoderus minutus wurde vom Pflanzenschutzdienst in Bremen aufgrund der Beanstandung einer Sendung mit Verpackungsholz aus China beantragt. Im Ergebnis der Analyse wird festgestellt, dass sich der Schadorganismus zumindest in südeuropäischen Mitgliedstaaten ansiedeln und nicht unerhebliche Schäden verursachen kann und daher Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr der Einschleppung dieses potenziellen Quarantäneschadorganismus entsprechend § 4a der PBVO getroffen werden sollten. 

Tab. 1.

Express – PRA

Dinoderus minutus (Fabricius)

Phytosanitäres Risiko für DE

hoch  ⊠

mittel  ⊠

niedrig  ⃞

Phytosanitäres Risiko für EU-MS

hoch  ⊠

mittel  ⃞

niedrig  ⊠

Sicherheit der Einschätzung

hoch  ⊠

mittel  ⊠

niedrig  ⃞

Fazit

Der in den Tropen kosmopolitisch verbreitete Bambusbohrer Dinoderus minutus kommt in Deutschland/der EU noch nicht vor. Er ist bisher weder in den Anhängen der RL 2000/29/EG noch bei der EPPO gelistet.
Der Käfer befällt insbesondere Bambus nach Fällung, kann aber auch andere geerntete Pflanzen befallen, wie z.B. Zuckerrohr, Maniok und Reis.
Es ist anzuneh­men, dass sich D. minutus aufgrund ungeeigneter Klimabedingungen in Deutschland im Frei­land nicht ansiedeln kann, eine Ansiedlung in südeuropäischen EU-Mitgliedstaaten ist jedoch möglich.
Da der Bambusbohrer ausschließlich Pflanzen nach der Ernte befällt, handelt es sich um einen Vorratsschädling. Der Käfer hat zwar ein hohes Schadpotenzial für insbesondere Bambus, bevorzugt aber offenbar eher (frisch) gefällten Bambus. Er stellt daher ein niedriges phyto­sanitäres Risiko für Deutschland und andere nicht-subtropische EU-Mitgliedstaaten dar. Es besteht jedoch Unsicherheit, ob für gelagerten, nicht frisch gefällten Bambus oder an­dere gelagerte Wirtspflanzen ein Risiko besteht oder ob die Temperaturen während der La­gerung zu niedrig sind. Das Risiko für südeuropäische EU-Mitgliedstaaten wird als mittel einge­schätzt, aufgrund höherer Temperaturen.
Aufgrund dieser Risikoanalyse besteht Anlass zur Annahme, dass sich der Schadorganismus zumindest in südeuropäischen Mitgliedstaaten ansiedeln und nicht unerhebliche Schäden verursachen kann. Es sollten daher Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr der Einschleppung dieses potenziellen Quarantäneschadorganismus entsprechend § 4a der PBVO getroffen werden. Die beanstandete Sendung ist daher entspre­chend § 4a der PBVO zu vernichten/zu behandeln/zurückzuweisen.

Voraussetzungen für Express-PRA erfüllt?

Ja, könnte Schadorganismus sein, ist nicht gelistet, ist bisher im Dienstgebiet des meldenden PSD nicht etabliert.

Taxonomie, Trivialname, Synonyme

Coleoptera, Bostrichidae, Dinoderus, Dinoderus minutus (Fabricius)
Bambusbohrer
Apate minutus Fabricius
Dinoderus siculus Baudi
Dinoderus substriatus Stephens

Liegt bereits PRA mit übertragbaren Aussagen vor?

Nein

Verbreitung und Biologie

China, Indien, Indonesien, Israel, Japan, Malaysia, Philippinen, Sri Lanka, Vietnam, Afrika, USA (Kalifornien und Florida), Kuba, Trinidad und Tobago, Windward Islands, Brasilien, Chile, Kolumbien, Fidschi, Papua Neuguinea, Solomon Inseln. Bei CABI (2015) gibt es einen Hinweis auf ein Vorkommen in Deutschland aufgrund einer chinesischen Veröffentlichung (Wu et al., 1986), diese Angabe konnte jedoch nicht bestätigt werden. Gauss (1958) und Münnich (1983) weisen nur auf Beanstandungen hin.
Die Art hat 3–4 (maximal 5) Generationen pro Jahr, Larven und Adulte können das ganze Jahr über gefunden werden. Haupteiablagezeit ist im Mai und Juni, Eier werden in von den Adulten gebohrten Gängen abgelegt. Ein Weibchen legt ca. 20 Eier. Die Larven schlüpfen nach 5–8 Tagen, bohren sich weiter längs in den Stängel und verpuppen sich nach ca. 40 Tagen – die Kokons finden sich am Ende der Larvengänge. Adulte schlüpfen nach 4 Tagen und fliegen entweder aus oder bohren sich in andere Teile des gleichen Stängels. Generell wird eher frisch gefällter/geernteter und junger Bambus befallen. Der Käfer kann län­gere Hungerperioden überstehen und ist resistent gegen viele Pestizide. Flächenmäßig um­fangreiche Ausbrüche von D. minutus sind bislang nicht bekannt (CABI, 2015).

Kommen Wirtspflanzen im PRA-Gebiet vor? Wenn ja, welche?

Bambusa bambos
Bambusa breviflora
Bambusa pervariabilis
Bambusa polymorpha
Bambusa textilis
Bambusa vulgaris
Dendrocalamus giganteus
Dendrocalamus hamiltonii
Dendrocala­mus strictus
Manihot esculenta (Maniok)
Oryza sativa (Reis)
Phyllostachys heteroclada
Phyl­lostachys heterocycla
Phyllostachys pubescens
Saccharum officinarum (Zuckerrohr)
Pinus – fragwürdig, da die Gattung Pinus nicht in die Reihe der anderen gelisteten Wirtspflanzen passt (CABI, 2015)

Transfer Schadorganismus Warensendung® Wirtspflanze

Die Wahrscheinlichkeit des Transfers des Käfers von befallenem Bambus auf gelagerten Bambus wird als eher niedrig eingeschätzt. Trotz Beanstandungen von lebenden Käfern/Larven mit Verpackungsholz/Bambus aus Asien ist es in der EU bisher nicht zu einer Etablierung gekommen. Der Käfer wurde häufig in den USA beanstandet und ist in Kalifornien und Florida mittlerweile etabliert.

Benötigt Schadorganismus Vektor/weitere Pflanze für Wirtswechsel? Welche? Verbreitung?

Nicht relevant.

Klima im Verbreitungsgebiet vergleichbar mit PRA-Gebiet?

Es handelt sich um eine tropisch/subtropische Art, eine Ansiedlung im Freiland in Deutschland ist daher unwahrscheinlich.
In der EU ist eine Ansiedlung eventuell in subtrop­ischen Gebieten möglich.

Wenn nein, gibt es Wirtspflanzen im geschützten Anbau?

Es sind nur bereits geerntete/gelagerte Wirtspflanzen relevant.

Sind Schäden im PRA-Gebiet zu er­warten?

Schäden insbesondere an gelagertem Bambus wären wahrscheinlich in Südeuropa möglich. Der Käfer bevorzugt offenbar frisch gefällten Bambus. Es besteht Unsicherheit, wie er sich verhalten würde, wenn nur bereits älteres Material vorhanden ist.

Ist ein Befall leicht zu tilgen?

Ja, durch Vernichtung befallenen Materials in einem Lager. Der wirtschaftliche Schaden dieser Maßnahme dürfte mit dem Befallsumfang korrelieren.

Bemerkungen

Aufgrund weniger Informationen ist die Unsicherheit hoch.

Literatur

Wu, J.F., Huang, Z.H., Lin, J.P., Lu, J.H., 1986. A preliminary study on the bostrichid, Dinoderus minutus Fabricius. Journal of Bamboo Research 5 (1), 112–119.
Gauss, R., 1958. Der Bambus­bohrer, Dinoderus minutus Fabricius, in Deutschland! Anzeiger für Schädlingskunde 31 (5), 74–75.
Münnich, H. 1983. Bambusbohrkäfer Dinoderus minutus Fabricius (Bostrychidae) in der DDR. Entomologische Nachrichten und Berichte 27, 87.
CABI, 2015. Crop protection compen­dium. Datasheet on Dinoderus minutus.
http://www.cabi.org/cpc/datasheet/19035. Web­seite aufgerufen am 15. Januar 2015.

Gritta Schrader, Thomas Schröder
(JKI Braunschweig)

Literatur

Journal für Kulturpflanzen, 67 (4). S. 148–150, 2015, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Annual Review of Genetics, Vol. 48, 2014. Eds.: Bonni L. Bassler, Michael Lichten, Gertrud Schüpbach. Palo Alto, California, USA, Annual Reviews, 611 S., ISBN 978-0-8243-1247-3, ISSN 0066-4197.

Band 48 des Annual Review of Genetics beginnt mit einem Artikel von Sandra R. Richardson, Santiago Morell und Geoffrey J. Faulkner mit dem Titel: L1 Retrotransposons and Somatic Mosaicism in the Brain.


Folgende Übersichtsartikel aus dem Gesamtgebiet der Genetik schließen sich an:

Factors Underlying Restricted Crossover Localization in Barley Meiosis (James D. Higgins, Kim Osman, Gareth H. Jones, F. Chris H. Franklin); pENCODE: A Plant Encyclopedia of DNA Elements (Amanda K. Lane, Chad E. Niederhuth, Lexiang Ji, Robert J. Schmitz); Archaeal DNA Replication (Lori M. Kelman, Zvi Kelman); Molecular Genetic Dissection of Quantitative Trait Loci Regulating Rice Grain Size (Jianru Zuo, Jiayang Li); Exploring Developmental and Physiological Functions of Fatty Acid and Lipid Variants Through Worm and Fly Genetics (Huanhu Zhu, Min Han); Quality Control and Infiltration of Translation by Amino Acids Outside of the Genetic Code (Tammy Bullwinkle, Beth Lazazzera, Michael Ibba); Vulnerabilities on the Lagging-Strand Template: Opportunities for Mobile Elements (Ashwana D. Fricker, Joseph E. Peters); Self-Organization of Meiotic Recombination Initiation: General Principles and Molecular Path­ways (Scott Keeney, Julian Lange, Neeman Mohibullah); Cancer: Evolution Within a Lifetime (Marco Gerlinger, Nicholas McGranahan, Sally M. Dewhurst, Rebecca A. Burrell, Ian Tomlinson, Charles Swanton); Diverse Epigenetic Mechanisms of Human Disease (Emily Brookes, Yang Shi); From Egg to Gastrula: How the Cell Cycle Is Remodeled During the Drosophila Mid-Blastula Transition (Jeffrey A. Farrell, Patrick H. O'Farrell); Cellular and Molecular Mechanisms of Single and Collective Cell Migrations in Drosophila: Themes and Variations (Shirin M. Pocha, Denise J. Montell); The Structure and Regulation of Flagella in Bacillus subtilis (Sampriti Mukherjee, Daniel B. Kearns); Transcription-Associated Mutagenesis (Sue Jinks-Robertson, Ashok S. Bhagwat); Gastrointestinal Microbiota-Mediated Control of Enteric Pathogens (Sophie Yurist-Doutsch, Marie-Claire Arrieta, Stefanie L. Vogt, B. Brett Finlay); The Relations Between Recombination Rate and Patterns of Molecular Variation and Evolution in Drosophila (Brian Charlesworth, José L. Campos); The Genetics of Neisseria Species (Ella Rotman, H. Steven Seifert); Regulation of Transcription by Long Noncoding RNAs (Roberto Bonasio, Ramin Shiekhattar); Centromeric Heterochromatin: The Primordial Segregation Machine (Kerry S. Bloom); Nonadditive Gene Expression in Polyploids (Mi-Jeong Yoo, Xiaoxian Liu, J. Chris Pires, Pamela S. Soltis, Douglas E. Soltis); Lineage Sorting in Apes (Thomas Mailund, Kasper Munch, Mikkel Heide Schierup); Messenger RNA Degradation in Bacterial Cells (Monica P. Hui, Patricia L. Foley, Joel G. Belasco); Population Genomics of Transposable Elements in Drosophila (Maite G. Barrón, Anna-Sophie Fiston-Lavier, Dmitri A. Petrov, Josefa González); Genetic, Epigenetic, and Environmental Contributions to Neural Tube Closure (Jonathan J. Wilde, Juliette R. Petersen, Lee Niswander).


Im Anschluss an die Artikel wird auf fachlich verwandte Beiträge in anderen “Annual Reviews” verwiesen, beispielsweise im Annual Review of Biochemistry, Vol. 83, 2014; Annual Review of Cell and Development Biology, Vol. 30, 2014; Annual Review of Microbiology, Vol. 68, 2014.


Der Band 48 ist online unter http://genet.annualreviews.org recherchierbar.


Ebenso wie vorher erschienene Bände dieser Buchreihe bietet Band 48 des Annual Review of Genetics einen umfassenden Überblick zu Forschungsergebnissen aus dem gesamten Fachgebiet der Genetik.


Sabine Redlhammer (JKI Braunschweig)


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
Verlag
Eugen Ulmer KG
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Verantwortlicher Herausgeber
Präsident und Professor
Prof. Dr. Frank Ordon
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Schriftleitung
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