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Originalarbeit

Erstnachweis der Bougainvillea-Wolllaus (Phenacoccus peruvianus, Pseudococcidae) an Paprika unter Glas in Österreich

First record of Bougainvillea mealybug (Phenacoccus peruvianus, Pseudococcidae) on sweet pepper in a greenhouse in Austria

Chris Malumphy1, Anna Moyses2 und Andreas Kahrer2
Institut
Fera, Sand Hutton, York, United Kingdom1
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Nachhaltige Pflanzenproduktion, Abteilung Pflanzengesundheit im Feld- und Gartenbau, Wien, Österreich2

Journal für Kulturpflanzen, 67 (7). S. 254–256, 2015, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2015.07.03, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Dr. Chris Malumphy, Fera, Sand Hutton, York YO41 1LZ, United Kingdom, E-Mail: chris.malumphy@fera.gsi.gov.uk
Dipl. Ing. Anna Moyses, Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Nachhaltige Pflanzenproduktion, Abteilung Pflanzengesundheit im Feld- und Gartenbau, Spargelfeldstraße 191, A 1220 Wien, Österreich, E-Mail: anna.moyses@ages.at
Dr. Andreas Kahrer, Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Nachhaltige Pflanzenproduktion, Abteilung Pflanzengesundheit im Feld- und Gartenbau, Spargelfeldstraße 191, A 1220 Wien, Österreich, E-Mail: andreas.kahrer@ages.at
Zur Veröffentlichung angenommen
18. Mai 2015

Zusammenfassung

Im Oktober 2014 wurde in einem Gewächshaus in Wien/Simmering starker Befall der dort wachsenden Paprika­sorten mit der für Österreich neuen Bougainvillea-Woll­laus (Phenacoccus peruvianus Granara de Willink 2007) entdeckt. Die Läuse lebten hauptsächlich an den Blatt­unterseiten und Stängeln, selten auch an den Früchten in der Nähe des Fruchtkelchs. Ihre Eipakete („Ovisac“) waren ebenfalls häufig zu finden. Die Ausscheidungen der Läuse waren mit Rußtau-Pilzen besiedelt. Dies ist der erste Nachweis ihres Vorkommens an Paprika (Capsicum annuum), an einem Unkraut aus der Familie der Commelinaceae sowie ihres Fundes in Österreich. Der Schad­organismus war bislang zweimal (2012/13 und 2013/14) in der Lage gewesen, im unbeheizten Gewächshaus zu überwintern. Es konnte nicht eindeutig geklärt werden, wie es zu dieser Einschleppung gekommen war. Eine Ausbreitungstendenz war jedenfalls nicht feststellbar.

Stichwörter: Phenacoccus peruvianus, Capsicum annuum, Pseudococcidae, Erstnachweis, Österreich

Abstract

In October 2014 a population of Phenacoccus peruvianus Granara de Willink 2007 mealybugs was found infesting sweet pepper varieties in a glasshouse located in Vienna (Simmering). Most of the mealybugs inhabited the lower surfaces of the leaves, a few could also be found on stems and on fruits near the calyx. Much of the foliage was covered with honeydew which promoted the growth of sooty mould fungi. A considerable number of ovisacs could be detected on leaves and on the lower parts of the plastic pots containing the plants. According to the owner of the glasshouse the mealybugs were first observed 3 years ago in low numbers and appeared this year at high densities. A maximum of up to 100 indi­vi­duals per leaf were observed. Some fruits were directly infested, but the main impact became obvious by a retardation of plant growth so that the Capsicum plants had to be removed from the soil by the middle of October. This is the first record of Phenacoccus peruvianus from Austria, and of sweet pepper and some species of Commelinaceae as host plants. The pathway of its introduction into the glasshouse crop could not be clarified and is discussed here. No further dispersal of the mealybug could be detected.

Key words: Phenacoccus peruvianus, Capsicum annuum, Pseudococcidae, Frist record, Austria

Einleitung

Paprika unter Glas wird in Österreich meist von den typischen Gewächshausschädlingen, wie Frankliniella occidentalis, Trialeurodes vaporariorum, Tetranychus urticae, Polyphagotarsonemus latus, Liriomyza huidobrensis, Helicoverpa armigera und verschiedenen Blattläusen befallen. Vertreter aus der Gruppe der Coccoidea (Schildläuse im weiteren Sinne) traten bisher an Paprika nicht in Erscheinung. Durch die rasante Zunahme des Welthandels muss man jedoch immer auf die Einschleppung neuer Schädlinge und deren Auftreten an heimischen Kulturpflanzen gefasst sein.

Die Bougainvillea-Wolllaus (Phenacoccus peruvianus) stammt aus Südamerika und wurde in Europa erstmals 1999 in Almeria (Spanien), später auch in Frankreich, Italien und Griechenland an Bougainvillea gemeldet, aber zunächst nicht genau bestimmt (Beltrà et al., 2010). Erst im Jahre 2007 wurde von Granara de Willink eine Identifizierung samt Neubeschreibung vorgenommen. Malumphy meldete 2011 eine Einschleppung in England an Bougain­villeen, stufte das phytosanitäre Risiko aber als gering ein. Zuletzt wurde die Art in Tunesien entdeckt (Halima-Kamel et al., 2015).

Die Bougainvillea-Wolllaus (Phenacoccus peruvianus) bevorzugt einzelne Pflanzenarten in unterschiedlichen Pflanzenfamilien: Acanthaceae (Justicia suberecta) Amaranthaceae (Alternanthera sp.), Asclepiadaceae (Araujia sericifera), Asteraceae (Baccharis sp, Eupatrorium sp.), Aucubaceae (Aucuba japonica), Myoporaceae (Myoporum lateum), Nyctaginaceae (Bougainvillea), Scrophulariaceae (Buddleja) sowie Solanaceae (Cestrum, Solanum vespertillio). Sie mag daher als „gemäßigt“ polyphag bezeichnet werden.

Material und Methoden

Im Oktober 2014 wurden beim Beratungsservice der AGES bisher unbekannte Wollläuse an Paprika in einem Gewächshaus in Wien/Simmering gemeldet. Bei einem Lokalaugenschein wurden Befallsdaten erhoben, Fotos angefertigt sowie Läuse gesammelt. Diese wurden in 70%igem Alkohol abgetötet und gemäß einer von Kosztarab und Kozár (1988) publizierten Prozedur in heißer Kalilauge mazeriert, mit 2%igem Erythrosin, Ligninrosa und Säurefuchsin angefärbt sowie nach Klärung durch Nelkenöl in Kanadabalsam dauerhaft eingebettet. Die Identifizierung erfolgte anhand der Arbeit von Granara de Willink und Szumik (2007).

Ergebnisse und Diskussion

Die morphologische Identifizierung der an Paprika gesammelten und präparierten Wollläuse ergab, dass es sich um Phenacoccus peruvianus handelte. Auf den Paprikapflanzen waren die Läuse hauptsächlich an den Blattunter­seiten zu finden, wo Individuendichten bis zu 100 Individuen je Blatt gezählt werden konnten. Häufig waren sie auch an den Blattstängeln, seltener am Fruchtkelch zu entdecken. Die Früchte selbst hingegen wurden nur in Ausnahmefällen besiedelt. Die Eisäcke (Ovisac) konnten an sämtlichen Pflanzenteilen häufig gefunden werden, darüber hinaus auch noch an den Außenseiten der Pflanzentöpfe (aus Plastik). Weiterhin wurde auch vereinzelt eine Unkrautart aus der Familie der Commelinaceae befallen. Diese Pflanzen waren höchstwahrscheinlich versehentlich mit dem verwendeten Kokos-Kultursubstrat aus Sri Lanka importiert worden.

Der Inhaber des Gewächshauses teilte den Autoren mit, dass diese Läuse bereits im Jahr 2012 erstmals zu beobachten waren und bislang zweimal (2012/13 und 2013/14) in der Lage gewesen wären, im unbeheizten Gewächshaus zu überwintern. Erst im Jahr 2014 war es dann zu einer stärkeren Entwicklung der Läuse gekommen – vermutlich, da sie im extrem milden Winter 2013/14 im leer stehenden Gewächshaus sehr gut überdauern konnten. Es konnte nicht geklärt werden, wie es zu dieser Einschleppung überhaupt gekommen war: falls die Einschleppung über Jungpflanzen erfolgt wäre, müsste diese Wolllaus auch in anderen Betrieben gesichtet worden sein – was nicht der Fall war. Eine Einschleppung aus der näheren Umgebung ist auch auszuschließen, da hier nichts gefunden wurde. Die Einschleppung mit dem Kultur­substrat (Kokos-Rückständen aus Sri Lanka) ist ebenfalls unwahrscheinlich, da die Läuse kein Ruhestadium be­sitzen, in welchem sie die lange Zeit des Transports überdauern könnten. Unwahrscheinlich, aber immerhin möglich, erscheint die Einschleppung der Wollläuse durch im Kultursubstrat mit eingeschleppte Commelinaceen. Laut dem Besitzer des Gewächshauses äußerte sich der Schaden vor allem darin, dass die Paprika-Pflanzen vorzeitig bereits um Mitte Oktober abgeräumt werden mussten. Eine Ausbreitungstendenz in die Nachbarschaft, in der ebenfalls Gewächshäuser stehen, war jedenfalls nicht erkennbar. Die Wollläuse wurden schließlich durch eine Insektizidbehandlung ausgerottet. 

Abb. 1. Adulte Bougainvillea Wolllaus (Phenacoccus pe­ruvianus): deren Körperrand zeigt nur ganz kleine oder gar keine fadenförmigen WachsanhängeShort marginal wax filaments are present or absent (Foto: Malumphy/Fera).

Abb. 1. Adulte Bougainvillea Wolllaus (Phenacoccus pe­ruvianus): deren Körperrand zeigt nur ganz kleine oder gar keine fadenförmigen Wachsanhänge
Short marginal wax filaments are present or absent
(Foto: Malumphy/Fera).

Abb. 2. Befall einer Paprika-Frucht mit der Bougainvillea Wolllaus (Phenacoccus peruvianus) Fruit of sweet pepper infested by bougainvillea mealybugs, Phen­acoccus peruvianus (Foto: Kahrer/AGES).

Abb. 2. Befall einer Paprika-Frucht mit der Bougainvillea Wolllaus (Phenacoccus peruvianus)
Fruit of sweet pepper infested by bougainvillea mealybugs, Phen­acoccus peruvianus
(Foto: Kahrer/AGES).

Abb. 3. Ovisac (Eisack) von Phenacoccus peruvianus; sol­che Eisäcke waren häufig inmitten der Läuse aber auch an den Plastiktöpfen zu sehen Ovisac of Phenacoccus peruvianus; such ovisacs were found in the midst of the mealybugs but also on plastic pots containing the plants (Foto: Moyses/AGES).

Abb. 3. Ovisac (Eisack) von Phenacoccus peruvianus; sol­che Eisäcke waren häufig inmitten der Läuse aber auch an den Plastiktöpfen zu sehen
Ovisac of Phenacoccus peruvianus; such ovisacs were found in the midst of the mealybugs but also on plastic pots containing the plants
(Foto: Moyses/AGES).

Danksagung

Wir danken dem Inhaber des Gewächshauses, Herrn Ing. Karl Herret für die Meldung des Fundes sowie für seine Hilfsbereitschaft bei den weiteren Arbeiten.

Literatur

Beltrà, A., Soto, J.-F. Germain, D. Matile-Ferrero, G. Mazzeo, G. Pellizzari, A. Russo, J.C. Franco, D.J. Williams, 2010: The Bougainvillea mealybug Phenacoccus peruvianus, a rapid invader from South America to Europe. Entomologia Hellenica 19, 137-143.

Halima-Kamel, M.B., J.F. Germain, L. Mdellel, 2015: First records of two mealybugs, Maconellicoccus hirsutus (Green) and Phenacoccus peruvianus Granara de Willink, in Tunisia and the North of Africa. EPPO Bulletin 45, 139-143.

Kosztarab, M., F. Kozár, 1988: Scale Insects of Central Europe, p. 28 – Budapest, Akadémiai Kiadó.

Malumphy, C., 2011: First incursions of the bougainvillea mealybug Phenacoccus peruvianus in Britain. Entomologist’s Monthly Magazine 147, 230-232.

Malumphy, C., D. Eyre, 2011: Bougainvillea mealybug Phenacoccus peruvianus. Plant Pest Factsheet (edited by Fera). 4 pp.


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ISSN (print): 1867-0911
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