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Originalarbeit

Passive Austreibung von Rapserdflohlarven (Psylliodes chrysocephala L.)

Passive extraction of Cabbage stem flea beetle larvae (Psylliodes chrysocephala L.)

Nils Conrad, Meike Brandes und Udo Heimbach
Institut
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Braunschweig

Journal für Kulturpflanzen, 68 (9). S. 249–252, 2016, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2016.09.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Nils Conrad, Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Messeweg 11/12, 38104 Braunschweig, Deutschland, E-Mail: nils.conrad@julius-kuehn.de
Zur Veröffentlichung angenommen
17. Juli 2016

Zusammenfassung

Die Studie stellt eine einfache, aber nicht sehr weit verbreitete Methode vor, um quantitativ den Befall von Winterrapspflanzen mit Larven von Psylliodes chrysocephala zu bestimmen. Die Trichter-Methode kann als eine Abwandlung der Berlese-Trichter-Methode betrachtet werden, jedoch ohne Nutzung einer aktiven Wärmequelle. Durch die vorgestellte Methode konnten bei der Bonitur auf Rapserdflohlarven annähernd dieselben Ergebnisse generiert werden wie bei der manuellen Präparation. Der große Vorteil gegenüber der konventionellen Präpara­tion ist der geringere Arbeits- und Kostenaufwand, wohingegen der große Nachteil der passiven Austreibung die benötigte Zeit (bis zu 21 Tagen) ist, welche die zuletzt die Pflanzen verlassenden Larven benötigen, bis sie das Pflanzengewebe verlassen. Außerdem können die Larvenstadien für den Beprobungszeitpunkt nicht mehr bestimmt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Trichter-Methode eine billige und einfache Methode für die praktische Anwendung darstellt, jedoch benötigt sie recht lang, bis die Ergebnisse verfügbar sind.

Stichwörter: Psylliodes chrysocephala, passive Extraktion, Larven, Trichter-Methode

Abstract

An easy but not widely used method to determine the number of Psylliodes chrysocephala larvae in winter oilseed rape plants was studied. The Funnel-Method can be considered as a modified Berlese-Funnel-Method with no heat supply. The passive extraction of cabbage stem flea larvae generated nearly the same results as the manual dissection. The big advantage of using such a Funnel-Method is that distinctly less labour time is needed; the disadvantage is that the extraction needs up to 21 days until all larvae have left the plant tissue and that the larval stages cannot be determined anymore for a specific plant collection date. The results of this study indicate that the Funnel-Method is a cheap and simple tool for practical use but with a time delay before results are available.

Key words: Psylliodes chrysocephala, passive extraction, larvae, Funnel-Method

Einleitung

Der Rapserdfloh (Psylliodes chrysocephala L.) (Coleoptera: Chrysomelidae), ist einer der bedeutendsten Schädlinge im Winterraps (Brassica napus L.) (Cruciferae) in Nord- und Zentraleuropa (Kaufmann, 1941; Bonnemaison, 1965).

Beim Rapserdfloh hat sich wie bei vielen anderen Schädlingen im Raps die Anwendung von Schadschwellen bewährt. Die Primärschädigung junger Rapspflanzen durch den Rapserdfloh wird durch den Reifungsfraß der Imagines nach der Einwanderung in die Bestände hervorgerufen. Bei den Imagines gelten als Schwellenwert 50 Käfer pro Gelbschale in drei Wochen (Hossfeld, 1993). Der weitaus größere Schaden wird durch die Larven des Rapserdflohs verursacht. Diese schlüpfen je nach Jahr ab Anfang Oktober und bohren sich in die Stängelbasis der Blätter und minieren im Blattstiel und Trieb. Dies führt zu einer Schwächung der Pflanze und kann ein Absterben des Haupttriebes und hohe Auswinterungs­verluste hervorrufen (Godan, 1950; Schulz, 1983). Für den Larvenbefall wurde von Godan (1950) eine Schadschwelle von 5 Larven pro Pflanze ermittelt. In der Praxis ist es oftmals ein Problem, den Larvenbefall von Rapspflanzen zu bestimmen, da das nötige Material für das Herauspräparieren der Larven aus den Pflanzen (Binokular, Skalpell) fehlt und eine genaue Präparation oft sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Eine Folge davon ist, dass eine schadschwellenorientierte Bekämpfung des Rapserdflohs nicht immer gewährleistet werden kann. Um diese Diskrepanz zu beseitigen, wurde in dieser Studie eine Methode untersucht, mit der der Larvenbesatz in den Beständen mit wenig Zeitaufwand und ohne spezielle Aus­rüstung bestimmt werden kann. Diese Methode findet in Frankreich bereits Anwendung (Anonymous, 2015).

Material und Methoden

Die Trichter-Methode kann als eine modifizierte Variante der altbekannten Berlese-Methode (Southwood und Henderson, 2000) betrachtet werden. Die hier vorgestellte Methode basiert auf einer sehr einfachen und kostengünstigen Konstruktion, welche sich aus einem Trichter und einem Auffanggefäß zusammensetzt. Die zu untersuchenden Pflanzen werden im Trichter platziert und trocknen langsam ohne Hilfe einer Wärmequelle aus. Die Larven entwickeln sich entweder bis zum 3. Larvensta­dium und wandern dann zur Verpuppung ab oder sie verlassen vorher die Pflanze, um nach neuen Blättern zu suchen. Beim Abwandern fallen die Larven nach unten und werden in einem Fangbehältnis gefangen (Abb. 1, 2).

Abb. 1. Trichter (20 cm Durchmesser) im Versuch mit je 7 Rapspflanzen gefüllt.

Abb. 1. Trichter (20 cm Durchmesser) im Versuch mit je 7 Rapspflanzen gefüllt.

Abb. 2. Schematische Darstellung des Trichter-Systems.

Abb. 2. Schematische Darstellung des Trichter-Systems.

Um zu untersuchen, inwieweit sich die durch die Trichtermethode (Abb. 1, 2) ermittelten Larvenzahlen mit den bei der manuellen Präparation ermittelten Larvenzahlen decken, wurden mehrfach jeweils 80 Pflanzen aus einem nicht mit Insektiziden behandelten Areal (100 × 15 m) aus einem Feld bei Braunschweig randomisiert gezogen. Die Beprobung wurde an sechs Terminen (Januar, BBCH 18, bis März 2016, BBCH 31) durchgeführt. Um den jeweils aktuellen Larvenbefall festzustellen, wurden 20 Pflanzen je Termin unter Zuhilfenahme eines Binokulars seziert. Um die Trichtermethode zu testen, wurden 6 Replikate (Trichter) mit je 7 Pflanzen pro Replikat angelegt. Damit die Pflanzen etwas schneller austrockneten, wurden sie in der Mitte aufgeschnitten, bevor sie im Trichter platziert wurden. Der verwendete Trichter hatte einen Durchmesser von 20 cm. Für die Fixierung der Pflanzen im Trichter wurde ein grobmaschiges Gitter vor der Trichterverengung eingebaut. Das Behältnis zum Sammeln der Larven wurde mit 150 ml 10%iger Natriumbezoat-Lösung gefüllt, um die abgewanderten Larven zu konservieren. Die Wasserspannung wurde durch ein Entspannungsmittel herabgesetzt. Die Trichtersysteme wurden bei Zimmertemperatur (ca. 20°C) aufgestellt.

In einem Vorversuch wurde bei 20°C die Zeit ermittelt, die die Larven zum Abwandern benötigen. Dafür wurde das Fangbehältnis in einem dreitägigen Rhythmus geleert und die Anzahl der abgewanderten Larven bestimmt. Nach 21 Tagen waren alle Larven abgewandert (Abb. 3). Bei einer anschließenden Präparation der Pflanzen wurden keine verbliebenen Larven mehr gefunden. Desweiteren wurde versucht, die Zeit bis zum Abwandern durch Zuhilfenahme einer aktiven Hitzequelle zu verkürzen. Es zeigte sich, dass die meisten Larven bei zusätzlicher Wärme­zugabe im Pflanzengewebe vertrockneten und es nicht verließen.

Abb. 3. Larvenfänge (+SD) im Vorversuch mit einem Lee­rungsintervall von drei Tagen (3 Wiederholungen, 7 Pflanzen pro Wiederholung).

Abb. 3. Larvenfänge (+SD) im Vorversuch mit einem Lee­rungsintervall von drei Tagen (3 Wiederholungen, 7 Pflanzen pro Wiederholung).

Beim Hauptversuch wurden die Fangbehältnisse nach drei Wochen geleert und die Anzahl der Larven danach bestimmt. Die Aufstellung der Trichter erfolgte bei Zimmertemperatur um 20°C. Um die Altersstruktur der abgewanderten Larven zu bestimmen, wurden die Kopfkapseln vermessen.

Ergebnisse

Wie in Abb. 4 zu erkennen ist, decken sich die durch das Präparieren ermittelten Larvenzahlen mit den Zahlen der Trichtermethode. Bei der Präparation konnte festgestellt werden, dass die Larvenzahlen z.T. zwischen den untersuchten Einzelpflanzen sehr stark schwankten. Die Standardabweichungen sind daher bei der manuellen Präparation meist höher als bei der Austreibung der Larven. Hier muss allerdings auch der Probenumfang berücksichtigt werden (je Termin 20 Einzelpflanzen mit manueller Präparation und 6 Wiederholungen mit je 7 Pflanzen bei der Trichtermethode).

Abb. 4. Trichtermethode (dun­kelgrau): Anzahl Psylli­odes chrysocephala Larven pro Pflanze (+SD) (6 Wiederholun­gen a 7 Pflanzen) ausge­zählt nach 21 Tagen. Manuelle Präparation (hellgrau): Anzahl P. chrysocephala Larven pro Pflanze (+SD) von jeweils 20 Pflanzen am Tag der Pflanzenprobe­nahme.

Abb. 4. Trichtermethode (dun­kelgrau): Anzahl Psylli­odes chrysocephala Larven pro Pflanze (+SD) (6 Wiederholun­gen a 7 Pflanzen) ausge­zählt nach 21 Tagen. Manuelle Präparation (hellgrau): Anzahl P. chrysocephala Larven pro Pflanze (+SD) von jeweils 20 Pflanzen am Tag der Pflanzenprobe­nahme.

Die Altersstruktur der Larven wurde exemplarisch an einem Termin (02.03.2016) durch die Messung der Kopfkapseln nach Kaufmann (1941) bestimmt. Es zeigte sich, dass bei der Trichtermethode am 02.03.2016 über 98% der Larven (n = 227) das dritte Larvenstadium erreicht hatten (durchschnittlicher Kopfkapseldurchmesser 0,55 mm). Im Gegensatz hierzu zeigte die manuelle Präparation (n = 149) eine Altersstruktur von 34,2: 49,7: 16,1 (L1: L2: L3) mit einer Durchschnittsgröße von 0,28: 0,38: 0,51 mm. Auch bei den anderen Terminen konnten bei der Zählung der mit der Trichtermethode ausgetriebenen Larven fast nur L3 Larven festgestellt werden, wohin­gegen beim Herauspräparieren der Larven stets eine gemischte Altersstruktur bonitiert wurde.

Diskussion

Durch die Trichtermethode wurde in etwa die gleiche Larvenzahl ermittelt wie bei der manuellen Präparation. Somit ist die Trichter-Methode eine verlässliche Alternative zur Bestimmung des Larvenbefalls. Die Altersstruktur der Larven bei der Austreibung lässt vermuten, dass die Larven nicht primär durch das Austrockenen des Pflan­zengewebes zum Auswandern veranlasst werden, sondern durch den Drang zur Verpuppung abzuwandern. Nach Kaufmann (1941) benötigen Larven vom Schlupf bis zur Verpuppung ca. 25 Tage bei 20°C. Der Zeitpunkt des Auswanderns ist vermutlich stark davon abhängig, in welchem Alter sich die Larven befinden, wenn die Proben auf dem Feld gezogen werden. Bei älteren Larven (L3) ist die benötigte Zeit zum Auswandern kürzer und die Ergebnisse sind früher verfügbar. Auch könnte man über die Temperatursumme, die die Larven bis zum Abwandern benötigen, den Schlupfzeitpunkt der Larven aus den Eiern errechnen. Wichtig ist bei der Anwendung der Methode aber das langsame Austrocknen der Pflanzen, damit die Larven genügend Zeit haben, ihre Entwicklung zu vollenden. Ein vorzeitiges Vertrocknen der Pflanzen führt zum Absterben der Larven im Pflanzengewebe. Bei Sammlung kleiner Rapspflanzen muss daher darauf geach­tet werden, dass diese nicht zu schnell vertrocknen.

Vor allem für Versuchsansteller, Monitoringzwecke und interessierte Landwirte könnte die Trichtermethode von Bedeutung sein, da sie sehr wenig Zeit in Anspruch nimmt und das Prinzip sehr einfach nachgebaut werden kann. Das Trichtersystem kann z.B. aus einem alten Spritzmittelkanister oder einer Gelbschale mit Gitter abgedeckt sehr kostengünstig angefertigt werden, jedoch dürfen die Pflanzen nicht zu schnell austrocknen. Hierdurch kann Arbeitskraft eingespart werden und unnötige Insektizidspritzungen können vermieden werden, wenn durch Anwendung der vereinfachten Larvenbestimmungsmethode mehr Erhebungen durchgeführt werden. Um Bekämpfungsentscheidungen zu treffen, ist die Methode wegen der langen Zeitdauer von etwa drei Wochen bis zum Ergebnis in vielen Fällen aber sicher nicht geeignet.

Danksagung

Dank gilt der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP) für die Finanzierung und die Unterstützung des Projektes.

Literatur

Anonymous, 2015: Protocol “BERLESE” – Larves de grosse altise C16 AVE – Annexe XII – V1.0 Mode opératoire Protocole Vigicolza 2015 – 2016 (URL: http://www.terresinovia.fr/fileadmin/cetiom/regions/Ouest/Conseil/2015/AnnexeXII-C16AVE-Mode_operatoire_Berlese_LarvesAltise_V1_0.pdf).

Bonnemaison, L., 1965: Insect Pests of Crucifers and their Control. Annual Revue of Entomology 10, 233-256.

Godan, D., 1950: Über die Wirkung des Rapserdflohlarvenbefalls auf die Rapspflanze. – Mitteilungen aus der Biologischen Zen­tralanstalt für Land- und Forstwirtschaft Berlin-Dahlem 69, 1-35.

Hossfeld, R., 1993: The use of yellow pan traps as a decision aid for the control of Psylliodes chrysocephala. Gesunde Pflanzen 45, 291-295.

Kaufmann, O., 1941: Zur Biologie des Rapserdflohs (Psylliodes chrysocephala L.). Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten (Pflanzenpathologie) und Pflanzenschutz 51, 305-324.

Schulz, R.-R., 1983: Zur Biologie, Ökologie und Schadwirkung des Rapserdflohs (Psylliodes chrysocephala L.) am Winterraps (Brassica napus L. var. oleifera Metzg.). Dissertation Universität Rostock, 147 S.

Southwood, T.R.E., P.A. Henderson, 2000: Ecological Methods. 3. Edition, Wiley Blackwell, 575 S.


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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