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Mitteilungen und Nachrichten

Mitteilungen und Nachrichten

Neues aus der Deutschen Genbank Obst (DGO):

Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG)

Journal für Kulturpflanzen, 68 (9). S. 273–279, 2016, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) wurde zum 1. August 2008 gegründet und ist die für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft, Geologie und den Ländlichen Raum landesweit zuständige Fachbehörde des Freistaates Sachsen. Sie ist dem Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft direkt nachgeordnet. Die neue Behörde entstand durch die Zusammenführung der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft und des Landesamtes für Umwelt und Geologie auf der Grundlage des Gesetzes zur Neuordnung der Sächsischen Verwaltung vom 29. Januar 2008. Integriert wurden auch Aufgaben der Staatlichen Ämter für Landwirtschaft, der Abteilung Landwirtschaft des Regierungspräsidiums Chemnitz sowie des Staatlichen Amtes für Ländliche Entwicklung Kamenz. Präsident des Landesamtes ist Norbert Eichkorn.

Das LfULG ist in zehn Abteilungen sowie das Lehr- und Versuchsgut Köllitsch und die Fachschulen für Gartenbau und Agrartechnik untergliedert. Die Arbeit der Fachabteilungen konzentriert sich an den Standorten Dresden-Pillnitz, Dresden-Klotzsche, Freiberg, Nossen und Köllitsch. In zehn Außenstellen und mehreren Versuchsstandorten ist das LfULG darüber hinaus flächendeckend in den sächsischen Regionen verankert.

In der neuen Struktur stellt sich das LfULG den komplexen Fragestellungen der Agrar- und Umweltpolitik, der Unternehmen und der Bürger. Die Behörde wird in ihrer Arbeit durch ein Netzwerk von Partnern in Wirtschaft, Wissenschaft, Beratung und Bildung sowie engagierten Akteuren in den Regionen auch über die Ländergrenzen hinaus unterstützt. Ziel sind praxis­gerechte und nachhaltige Lösungen zum Schutz der Umwelt, zur Existenzsicherung der sächsischen Landwirtschafts- und Gartenbaubetriebe, zur Erhaltung der Kulturlandschaft und zur Entwicklung des ländlichen Raums in Sachsen. Wichtige Grundlagen dafür liefert auch die geowissenschaftliche und boden­kundliche Landesaufnahme.

Als neutraler und kompetenter Partner ist es Aufgabe des LfULG, gesunde Lebensbedingungen für die Menschen in Sachsen zu sichern, die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu erhalten und die ländlichen Regionen als attraktiven Lebensraum zu stärken. Die Förderung, aber auch die wissenschaftlichen Arbei­ten des LfULG im Agrar- und Umweltbereich sind wirk­same Mittel dazu. Wissenschaft und Praxis zu verbinden und Forschungsergebnisse anwendbar zu machen, sind die wichtigsten Leitlinien.

Die Abteilung Gartenbau befindet sich am Standort Dresden-Pillnitz. Sie ist durch die enge Vernetzung von praxisangewandter Forschung, Versuchstätigkeit sowie Aus- und Weiterbildung gekennzeichnet. Mit der überbetrieblichen Ausbildung für den Beruf Gärtner mit seinen sieben Fachrichtungen wird in einer modernen Ausbildungsstätte die berufspraktische Ausbildung in Sachsen und teilweise in Sachsen-Anhalt (Produktionsgartenbau) mit vielfältigen Lehrgängen unterstützt. Darüber hinaus werden einzelne Lehrgänge für die Berufe Winzer und für die Hauswirtschaft durchgeführt.

An den Fachschulen für Agrartechnik und Gartenbau findet die Fortbildung zum Staatlich geprüften Techniker/Staatlich geprüften Technikerin in der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau und zum Staatlich geprüften Wirtschafter/Staatlich geprüften Wirtschafterin für Gartenbau und für Garten- und Landschaftsbau statt. Diese Fortbildung ist mit der berufsständigen Meisterprüfung gekoppelt.

Weiterhin sind in der Abteilung Gartenbau alle Hoheitsaufgaben im Zusammenhang mit der Umsetzung des Weinrechts gebündelt.

Die Aufgaben in der angewandten Forschung beziehen sich auf den Gemüsebau, den Obstbau und den Zierpflanzenbau. Im Versuchsbetrieb verfügt die Abteilung über zahlreiche Demonstrations- und Beispielpflanzungen für den Garten- und Landschaftsbau und den Friedhofsgartenbau. Die Grundlage für die bearbeiteten Themen bilden die Abstimmungen auf der Grundlage der Vereinbarung über die Kooperation auf dem Gebiet des Gartenbaus zwischen der Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau Erfurt, dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie und der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau des Landes Sachsen Anhalt.

Eine weitere Grundlage ist die Koordinierung der Themen auf der Bundesebene im Rahmen des Fachausschusses Gartenbau.

Im Obstbau erfolgt die Konzentration auf den Apfel und die Erdbeere. Beim Apfel stehen Fragen einer guten Tafelapfelqualität, hoher stabiler Erträge und ressourcensparende Anbau­konzepte im Mittelpunkt. Es werden Ausdünnungsmittel und Bewässerungs­varianten getestet, Untersuchungen unter dem Einreihigen Hagelnetz durchgeführt und der Maschinelle Schnitt am Fruchtwandsystem erprobt.

Eine enge Zusammenarbeit besteht mit der Sächsischen Sortenkommission. Hier prüfen wir ein Sortiment mit 75 Sorten und Klonen.

Einen wichtigen Platz nehmen die Untersuchungen zur Kupferreduzierung im ökologischen Apfelanbau ein. Diese Unter­suchungen sind Teil eines Projektes aus dem Bundesprogramm Ökologischer Landbau und anderer Formen nachhaltiger Landbewirtschaftung (BÖLN). Weitere Versuchsfragen sind die Schorfregulierung und die Testung von 18 Sorten unter den Bedingungen einer ökologischen Bewirtschaftung.

Bei Erdbeeren erfolgt die Testung von neuen Sorten im Vergleich zu ‚Elsanta‘, die Untersuchung verschiedener Pflanz­abstände und der Möglichkeiten zur Ernteverfrühung (Vlies) und der Ernteverspätung (späte Reife). Der Pflückbarkeit der Erdbeeren wird dabei im Hinblick auf die Pflückleistung eine große Bedeutung beigemessen.

Die Abteilung Gartenbau im LfULG beteiligt sich als Partner der Deutschen Genbank Obst im Rahmen des Netzwerkes „Rubus“ an der Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen. Derzeit werden fünf Himbeersorten erhalten. Zukünftig werden wir den Umfang in Abhängigkeit von unseren Möglichkeiten noch etwas vergrößern. 12

Abb. 1. Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Abteilung Gartenbau in Dresden Pillnitz, links: Bürogebäude, rechts: Funktionsgebäude.

Abb. 1. Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Abteilung Gartenbau in Dresden Pillnitz, links: Bürogebäude, rechts: Funktionsgebäude.

Abb. 2. Die Himbeersorte ‘Willamette’ (Fotos: Dr. G. Krieghoff).

Abb. 2. Die Himbeersorte ‘Willamette’ (Fotos: Dr. G. Krieghoff).


Kontaktanschrift

Dr. Wolf-Dietmar Wackwitz, Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Abteilung Gartenbau, Pillnitzer Platz 3, 01326 Dresden, E-Mail: Wolf-Dietmar.Wackwitz@smul.sachsen.de,
Homepage: www.smul.sachsen.de/lfulg

Wolf-Dietmar Wackwitz
(LfULG Dresden)

Reisebericht: Abschlusskonferenz zur ersten vorbereitenden Aktion zu pflanzen- und tiergenetischen Ressourcen in der EU

Journal für Kulturpflanzen, 68 (9). S. 273–279, 2016, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Auf Initiative des Europäischen Parlaments richtete die Kommission 2014 eine vorbereitende Aktion zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung genetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ein. Auftrag waren die Weiterentwicklung genetischer Diversität, ihre Anpassung an sich wandelnde Bedingungen vor Ort und die Analyse von Wertschöpfungsketten mit dem Ziel höherer ökonomischer Rentabilität der Züchtung und Verwendung lokaler und seltener Sorten und Arten. Bearbeiter waren Valdani Vicari & Associati (VVA Consulting), Arcadia International, CBS-KNAW Fungal Biodiversity Centre, NL, die niederländischen Genbank und Informations- und Koordinationszentrum für Biologische Vielfalt (IBV) der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Zum Abschluss des Projektes wurden Ergebnisse und Hintergrundinformationen in einer Konferenz unter dem Titel „Genetische Ressourcen für die EU-Landwirtschaft: Status und Vision“ einem breiteren Kreis geladener Interessierter nahegebracht.

Aktivitäten der EU

In einem Grußwort stellte Aldo Longo, Direktor der DG Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung, gegenwärtige Aktivitäten der EU im Bereich genetische Ressourcen vor: Neben einer Schwerpunktgruppe Genetische Ressourcen im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaften (EIP) sind dies H2020-Projekte: TREASURE (Produktentwicklung mit lokalen Schweinerassen), TRADITOM (Nutzung und Weiterentwicklung traditioneller Tomatensorten), DIVERSIFOOD (Nutzung und Weiterentwicklung von vernachlässigten Fruchtarten wie Triticum turgidum). Im EIP werden auch thematische Netzwerke, z.B. für In-situ-Management, eingerichtet. Während die abgeschlossene und hier vorgestellte vorbereitende Aktion den Iststand erfassen sollte, wird sich eine weitere auf die Stärkung einer ökonomisch nachhaltigen Nutzung genetischer Ressourcen und vernachlässigter Sorten konzentrieren.

Ziele der vorbereitenden Aktion

Daniel Traon (Direktor von Arcadia International) stellte die Ziele der Aktion dar:

• Beschreibung und Analyse des Standes auf genetische Ressourcen abzielender Aktivitäten in den Bereichen Nutzpflanzen, Nutztiere, Forst, Mikroorganismen und Invertebraten,

• Erarbeitung von Empfehlungen für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung genetischer Ressourcen unter Berücksich­tigung der gesamten landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette.

Hierbei sollten folgende Schwerpunkte bearbeitet werden:

1) Verbesserung der Kommunikation zwischen den Mitgliedsstaaten über bewährte Verfahren und zur Harmonisierung von Aktivitäten,

2) Vernetzung und Informationsaustausch zwischen Akteuren und Konsumenten bezüglich Vermarktungschancen, Qualitätsmarken und kurzer Vermarktungswege,

3) Forschungs- und Erfahrungsaustausch zu genetischer Diversität in Anbausystemen,

4) Anpassung von Züchtungsmethoden und Gesetzgebung an die Notwendigkeiten der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung genetischer Ressourcen,

5) Unterstützung durch Agrarentwicklungsmaßnahmen (Förderung),

6) Schwächen und Stärken der Nutzung genetischer Ressourcen in der Landwirtschaft,

7) Verminderung administrativer Hemmnisse.

Angewandte Methoden

Die in der Aktion verwendete Methodik wurde von Filippa Löfström (Valdani Vicari & Associati VVA Consulting) vorgestellt. Zunächst wurde eine geographische Auflistung von Aktivitäten (ca. 900 Datenpunkte) und eine Literaturstudie über 228 Artikel der letzten sechs Jahre erstellt. Die erfassten Aktivitäten zeigten, dass meist Sammlungen, am seltensten Datenbanken, Gegenstand waren. Desweiteren wurden 330 Interviews, 21 Fallstudien, 13 Umfragen und 7 Workshops mit je ca. 55 Teilnehmern durchgeführt. Interviews wurden auf bestimmte Zielgruppen abgestimmt (z.B. Behörden, Wissenschaft, Botanische Gärten). Fallstudien (Sekundärforschung und Exkursionen) befassten sich mit Sammlungen (ex situ, in situ, on farm), Charakterisierung und Evaluierung (einschließlich Genomik), Produktentwicklung (z.B. für Slow Food), Forschung und Entwicklung (Vorstufenzüchtung) und dem Aufbau von Wertschöpfungsketten (z.B. Pro Specie Rara mit COOP).

Ergebnisse der vorbereitenden Aktion

Die Ergebnisse wurden wiederum von Daniel Traon vorgestellt:

Zum Schwerpunkt 1) Kommunikation zwischen Mitglieds­staaten wurde beklagt, dass vorhandene Netzwerke wie ECPGR (Kulturpflanzengenbanken), EUFORGEN (Forst), ERFP (Nutztiere), MIRRI (Mikroorganismen) und On-farm-Netzwerke für Traditionssorten und -rassen zu wenig in der EU-Politik verankert seien und auch miteinander wenig interagierten. Bürokratische Hindernisse hemmten ihre Aktivitäten und sie verfügten über unzureichende juristische und politische Kompetenz, etwa in Bezug auf die Umsetzung des Nagoya-Protokolls. Hierdurch und durch Unterfinanzierung seien ihre Möglichkeiten begrenzt, und ihr spezifisch fachlich-technisches Potenzial werde unzureichend genutzt. Besonders gravierend sei dies im Bereich der In-situ-Erhaltung, wo Aktivitäten spärlich und unzureichend mit Genbankaktivitäten koordiniert seien. Als Abhilfe wird eine EU-Koordinationsstelle für Biodiversität gesehen. In H2020 wird auf diese Herausforderung mit dem Aufruf SFS-04-2017 „New partnerships and tools to enhance European capacities for in-situ conservation“ reagiert.

Zum Schwerpunkt 2) Vernetzung zur Erschließung von Marktpotenzialen wurde die Nutzung als Schlüssel zur Erhaltung hervorgehoben. Die rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. im Saatgutrecht) müssen vereinfacht werden, um den Austausch genetischer Ressourcen und Aktivitäten kleiner und lokaler Unternehmen zu erleichtern. Erfolgreiche Projekte müssen popularisiert und Ratgeber entwickelt werden. Qualitätsauszeichnungen wie geschützte Ursprungsbezeichnung, geschützte geografische Angabe und garantiert traditionelle Spezialität spielen eine große Rolle, ebenso hochpreisigere Märkte wie im ökologischen Landbau und die Zusammenarbeit mit der Tourismusbranche. Kleine, lokale Produzenten müssen durch Netzwerke, z.B. im Rahmen der Absatzförderung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, des Enterprise Europe Network oder der Innovationspartnerschaften (EIP), vor allem in Vermarktungsaktivitäten unterstützt werden. Diese Programme sind derzeit auf große Marketingkampagnen ausgerichtet und müssen stärker Bedürfnisse kleiner Initiativen berücksichtigen. Lokale oder regionale Kompetenzzentren sollten z.B. als operative Gruppen in den EIP aufgebaut werden und Akteure aus Tourismus und Strukturentwicklung einschließen.

Zum Schwerpunkt 3) Forschungs- und Erfahrungsaustausch wurde eine schmale wissenschaftliche Basis z.B. für Kryokonservierung, Charakterisierung genetischer Ressourcen, In-situ-Methodik im Klimawandel, Adaptation traditioneller Sorten und Rassen an Produktionsbedingungen, Auswirkungen von Inzucht und Evolution on farm sowie unzureichender Wissenstransfer in die Praxis beklagt. Häufig wird das Rad neu erfunden und nicht auf bereits vorhandenen Ergebnissen aufgebaut. Wissenschaftliche Ergebnisse werden unzureichend in Werkzeuge für die Praxis umgesetzt. Dies limitiert den Einsatz von genetischen Ressourcen in Züchtung und Landschafts­management. Betont wird auch die Notwendigkeit einer besseren Dokumentation von Charakterisierungs- und Evaluierungsdaten für Züchter und Universitäten im Sinne von Art. 17 des Internationalen Vertrags für genetische Ressourcen in Ernährung und Landwirtschaft.

Im Schwerpunkt 4) Anpassung von Züchtungsmethoden und rechtlichem Rahmen wurde auf technologische Entwicklungen in der Genomik verwiesen, die den Wert von Genbankmaterial erhöhen, aber auch darauf, dass die Phänotypisierung hinterherhinke. Fortschritte kommen meist nur den großen Fruchtarten zugute. Hier müssen öffentliche Förderung und das Zusammenwirken öffentlicher und privater Aktivitäten (PPP-Programme) helfen. Die generelle Ausrichtung der Züchtung auf Uniformität wird als nicht förderlich für Resilienz und partizipatorische Züchtung gesehen. Züchtung muss stärker auf Diversität ausgerichtet werden. Relevante rechtliche Rahmenbedingungen sind Zugangs- und Vorteilausgleichsregelungen (ABS) in der Umsetzung des Nagoya-Protokolls, das Saatgut-, Pflanzenschutz- und Veterinärrecht, sowie das Patentrecht. ABS-Regelungen schaffen gegenwärtig Unsicherheiten über Möglichkeiten des Austauschs genetischer Ressourcen und hohen administrativen Aufwand. Auch Saatgut-, Pflanzenschutz- und Veterinärrecht behindern den Austausch von genetischen Ressourcen oder erzeugen hohen Aufwand. Eine besonders große Gefahr wird in Tendenzen gesehen, native Merk­male patentieren zu lassen, was den freien Austausch von Sammlungs- und Zuchtmaterial stark behindern würde.

Im Schwerpunkt 5) Unterstützung durch Agrarentwicklungsmaßnahmen und Förderung wurde auf die durch Richtlinie 807/2014 explizit unterstrichene Möglichkeit der Förderung von On-farm-Aktivitäten bei Agrarumweltmaßnahmen verwiesen. Die Implementierung liegt oft nicht im Fokus der zuständigen nationalen Verwaltungen, aufgrund geringer Finanzausstattung und hohem administrativem Aufwand der Programme. Auch hier wird angeregt, EIP-AGRI zu nutzen, um Netzwerke auf lokaler Ebene für die Implementierung zu schaffen.

Im Schwerpunkt 6) Stärken und Schwächen wurde mangelndes Verständnis für die Besonderheiten der Agrobiodiversität (vs. allg. Biodiversität) als wichtiger Hemmfaktor herausgehoben. Die Wahrnehmung beschränke sich auf einen kleinen Kreis von Experten und mögliche Partner (etwa im Agro- und Gastro-Tourismus) würden oft nicht wahrgenommen. Der Wert von Vielfalt in den Wertschöpfungsketten (etwa auch in mikrobiellen Fermentierungsprozessen) müsse stärker herausgestellt werden. Die Wichtigkeit der wirtschaftlichen Nutzung für die Nachhaltigkeit von Projekten wurde herausgestrichen, mit der Empfehlung, die Führung in Projekten stärker in die Wertschöpfungsketten zu verlagern. PPP mit Züchtern sollte vor allem die Charakterisierung (Genotypisierung und Phänotypisierung) von Sammlungsbeständen unterstützen, EIP sollte für die Vernetzung von Produzenten auf lokaler Ebene genutzt werden. Die Datenbanken in Netzwerken wie ECPGR (EURISCO) sollten im Rahmen des europäischen Datenmanagements weiter ausgebaut werden. Insbesondere im Bereich von in situ und on farm ist weitere Harmonisierung der Datenhaltung erforderlich.

Schwerpunkt 7) Administrativer Aufwand wurde als starkes Hemmnis für NGOs und kleine Unternehmen an der Teilnahme an EU-Programmen identifiziert.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Schlussfolgerungen und Empfehlungen wurden von Bert Visser (Zentrum für genetische Ressourcen, NL) vorgestellt:

• Verständnis für Agrobiodiversität entwickeln,

• Aufbau einer EU-Plattform zur Koordination der verschiedenen Akteure (Netzwerke ECPGR, ERFP, MIRRI, EUFORGEN, Landwirtschaftsorganisationen), als Vermittler zur FAO und zur Bewältigung neuer Herausforderungen (Rechtsfragen, Förderung); diese könnte sich zu einem EU-Sekretariat oder einer Agentur weiterentwickeln,

• Kooperationen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette: Aufbau von Netzwerken für Mikroorganismen und aquatische Ressourcen, In-situ-Erhaltung und Nutzung, sowie Integration von In-situ- und Ex-situ-Erhaltung,

• Forschung- und Entwicklung zum dynamischen Management von genetischen Ressourcen, Unterstützung von Programmen zur nachhaltigen Nutzung für eine bessere Ernährung, vor allem durch Schaffung höherer Aufmerksamkeit,

• Entwicklung einer Infrastruktur für Vorstufenzüchtung: genetische und phänotypische Charakterisierung unter Verwendung innovativer Ansätze, Verbesserung der Zugänglichkeit öffentlicher Sammlungen,

• Entwicklung der Beratung als Vermittler zwischen Forschung und Praxis,

• Etablierung operativer Gruppen im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaften (EIP) zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für die Inwertsetzung vernachlässigter Fruchtarten und seltener Züchtungen,

• Verbesserung der Kooperation in den Wertschöpfungsketten im Hinblick auf Tourismus und kulturelles Erbe, z.B. mit Herkunftskennzeichen und Werbemaßnahmen,

• Anpassung verschiedener relevanter Rechtsbereiche,

• Verbesserung der Förderung über Agrarumweltmaßnahmen, Raumentwicklung,

• Verminderung administrativen Aufwands vor allem für KMU,

• Bereitstellung langfristiger Finanzierung auf der Basis einer zu entwickelnden europäischen Agrobiodiversitätsstrategie und im Rahmen der anstehenden Budgetverhandlungen; hierbei sollten Synergien mit Institutionen der Sortenanerkennung und mit den regionalen Netzwerken genutzt werden.

Eine EU-Agrobiodiversitätsstrategie als Komplement zur bei der Generaldirektion für Umwelt entwickelten Biodiversitätsstrategie wird als zentrale Forderung gesehen.

Weitere Schwerpunktvorträge

Geladene Sprecher und Mitglieder des Konsortiums referierten zu speziellen Themen.

Nigel Maxted (Univ. Birmingham, UK) stellte Aktivitäten zu Wildverwandten der Kulturpflanzen dar. Vorgestellt wurde die 572 Arten umfassende Rote Liste dieser Pflanzengruppe. Nur 10% des Genbankmaterials repräsentiert sie, gezielte Erhaltung in situ ist marginal. Auf verschiedenen Ebenen wurden Priorisierungskonzepte entwickelt. Von 4793 Pflanzenarten der britischen Flora können 2109 als Wildverwandte von Kulturpflanzen angesprochen werden, wobei eine Priorisierung auf 223 Arten einschränkt. Mit ökogeographischen Methoden sollen Flächen ausgewählt werden (möglichst bereits unter Schutz stehende Gebiete), in denen möglichst viele dieser Arten mit gezielten Maßnahmen (auch im Hinblick auf den Klimawandel) erhalten werden können. Etwa 5% der Arten kommen allerdings nur auf bewirtschafteten Flächen vor. Wichtig ist das Bauen von Brücken zwischen Planung und Implementierung, In-situ- und Ex-situ-Erhaltung, Biodiversität und Agrobiodiversität. Der Zugang von Züchtern zu wilden genetischen Ressourcen sollte verbessert werden. Hierzu sollten Genbanken zu Zentren für genetische Ressourcen ausgebaut werden und auch die Vermittlung von Material aus der In-situ-Erhaltung an inte­ressierte Nutzer übernehmen. Bis 2025 soll ein „NI Vavilov-Netzwerk zur In-situ-Erhaltung der Wildverwandten der Kulturpflanzen“ etabliert werden.

Theo van Hintum (Niederländische Genbank) sprach zur Ex-situ-Erhaltung in Genbanken. Er legte zunächst die Stärken und Schwächen der Erhaltungsmethoden (ex situ, in situ, on farm) dar. Die Erhaltung in Genbanken ist am erfolgreichsten für die großen Kulturarten, während für Wildarten In-situ-Methoden geeigneter sind. Wesentliche Vorteile von Genbanken sind die leichte Verfügbarkeit von Material und Daten, die gut etablierte und verlässliche Arbeitsweise und die Verfügbarkeit von Qualitätsstandards. Er nahm die Idee auf, dass Genbanken auch als Vermittler von In-situ-Material auftreten könnten. On-farm-Erhaltung hat hingegen Vorteile für die Anpassung genetischer Ressourcen an Produktionsbedingungen, die Entwicklung von Wertschöpfungsketten und für die öffentliche Wahrnehmung. Genbanken vernetzen sich zunehmend weltweit mit GENESYS als zentralem Informationssystem. Fragen der Qualität der Genbankarbeit treten in den Fokus. Die Kontinuität der Arbeit und ihrer Finanzierung ist ein Problem. Anforderungen an das Informationsmanagement werden immer komplexer (omics-Daten).

Elzbieta Martyniuk (Polnisches Nationales Institut für Tierproduktion) referierte über On-farm- und Kryo-Erhaltung tiergenetischer Ressourcen. Sie unterstrich die Komplementarität beider Methoden und die Hilfsfunktion der Kryokonservierung für die On-farm-Erhaltung. EUGENA ist ein dem ECPGR vergleichbares Netzwerk von Tiergenbanken, das 2013 ins Leben gerufen wurde. Ghislain Aminot (SICA Rouge des Prés, FRA) stellte die Inwertsetzung einer lokalen Rinder­rasse durch Vermarktung unter einer Regionalmarke vor. Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion mit Eva Törn (Geschäfts­führerin des ECPGR), Michéle Tixier-Boichard (wiss. Direktor Umwelt, INRA, FRA), Beate Koller (Geschäftsführerin Arche Noah, CH), Riccardo Bocci (Geschäftsführer Rete Semi Ruralo, IT), Szonja Csörgö (ESA), Julian Jackson (DEFRA, UK) und Michele Bozzano (EUFORGEN).

Bedeutung für das Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI)

Das JKI ist in vielen der angesprochenen Bereiche tätig und hat sich an den genannten Aufrufen im H2020-Programm mit mehreren, auch JKI-koordinierten, Anträgen beteiligt. Allerdings sind die von der EU für entsprechende Projekte zur Verfügung gestellten Mittel bescheiden im Vergleich zum starken Interesse an der Thematik. Die Erfolgsaussichten in den hochkompetitiven Antragsverfahren sind gering. Im Bereich der In-situ-Erhaltung koordiniert das JKI-Institut für Züchtungsforschung an landwirtschaftlichen Kulturen (L. Frese), aufbauend auf Erfahrungen aus dem EU-Projekt AEGRO, ein Modell- und Demonstrationsvorhaben für Wildsellerie. Dies leistet wichtige nationale Vorarbeiten in dem bisher vernachlässigten Bereich. Deutlich wurde eine starke Fokussierung der EU-Programme auf die wirtschaftliche Nutzung genetischer Ressourcen. Hier kann das JKI mit seiner Expertise in Züchtung, Resistenzforschung und Qualitätsanalytik wesentliche Beiträge leisten. Im Rahmen der Politikberatung kann das JKI mit seiner Kompetenz in Markertechnologien zur Entwicklung vereinfachter Zulassungs- und Kontrollverfahren für diverseres Sortenmaterial beitragen (vgl. Durchführungsbeschluss der Kommission vom 18. März 2014 über die Organisation eines zeitlich befristeten Versuchs [zu] … Ausnahmen hinsichtlich des Inverkehrbringens von Populationen der Pflanzenarten Weizen, Gerste, Hafer und Mais gemäß der Richtlinie 66/402/EWG). Auch im Bezug zu hemmenden Bestimmungen im Pflanzenschutzrecht hat das JKI große Expertise. Das JKI- Institut für Züchtungsforschung an landwirtschaftlichen Kulturen bearbeitet auch ein nationales Projekt zu Evolutionsramschen, das in engem Zusammenhang zu obigem Thema sowie zu den ebenfalls angesprochenen Themen Züchtung auf Diversität, dynamisches Management, Adaptation an Produktionsbedingungen, Evolution on farm steht. Das Julius Kühn-Institut ist ein Zentrum für die Charakterisierung (Phänotypisierung, Genotypisierung) genetischer Ressourcen, die Dokumentation der entsprechenden Daten und für Vorstufenzüchtung. Mit EVA2 liefert das JKI ein Modell für die angestrebten PPP-Aktivitäten zur Evaluierung genetischer Ressourcen. In Bezug auf die Dokumentation besteht allerdings gegenwärtig seitens ECPGR eine Abkehr vom bisherigen dezentralen Management fruchtartspezifischer Datenbanken hin zur Zentralisierung bei EURISCO. Hier muss das JKI seine Rolle in Zusammenarbeit mit dem IPK als Halter von EURISCO behaupten oder neu definieren. Im EIP-AGRI Programm könnte sich das JKI an Arbeitsgruppen zum Thema beteiligen.

Christoph Germeier (JKI Quedlinburg)

Personalien

Herrn Professor Dr. Fred Klingauf, dem ehemaligen Präsidenten der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, zu seinem 80. Geburtstag

Journal für Kulturpflanzen, 68 (9). S. 273–279, 2016, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

frames/bilder/jfk_2016_09_mitteilungen_bld-003.jpgAm 24. August 2016 beging Herr Professor Dr. Fred Klingauf, der in den Jahren 1988 bis 2001 als Präsident die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) leitete, seinen 80. Geburtstag. Diesen Geburtstag nahm das Julius Kühn-Institut zum Anlass, zu einem wissenschaftlichen Kolloquium am 5. September 2016 nach Braunschweig einzuladen.

Fred Klingauf wurde im Jahre 1936 in Fürstenwalde (Spree) geboren und verbrachte dort auch seine Jugend- und Schulzeit. Nach dem Abitur absolvierte er 1954 bis 1955 eine Ausbildung zum Fachschuldozenten in der Fachrichtung Landwirtschaft in Semper/Rügen und Seelow/Mark und unterrichtete von 1955 bis 1956 an der Fachschule für Landwirtschaft in Fürstenwalde. 1956 begann Fred Klingauf sein Studium der Landwirtschaft an der Hochschule für Ökonomie in Berlin (Ost). 1959 setzte er sein Studium an der Universität Bonn mit den Fächern Philosophie, Zoologie, Botanik, Chemie und Pflanzenkrankheiten fort. Mit seiner Dissertation zum Thema „Abwehr- und Meidereaktionen von Blattläusen (Aphididae) bei Bedrohung durch Räuber und Parasiten“ wurde er 1966 zum Dr. rer. nat. promoviert. Nach Vorlage seiner Habilitationsschrift zum Thema „Die Wirtswahl von Blattläusen (Aphididae) und die das Selektionsverhalten steuernden Reize unter besonderer Berücksichtigung der Pflanzenoberfläche und ihres Wachsbelages“ verlieh ihm die Landwirtschaftliche Fakultät der Universität Bonn im Juni 1973 die venia legendi für das Lehrgebiet „Phytomedizin unter besonderer Berücksichtigung der Entomologie“. Nach mehrjähriger Assistententätigkeit am Institut für Pflanzenkrankheiten der Universität Bonn wurde Dr. Fred Klingauf 1976 zum Wissenschaftlichen Rat und Professor ernannt und mit der Leitung der Abteilung Entomologie und Pflanzenschutz beauftragt. Im Oktober 1979 wurde er zum geschäftsführenden Direktor des Instituts bestellt.

Nach einem erfolgreich absolvierten Berufungsverfahren wurde Professor Dr. Klingauf am 1. August 1980 durch den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Direktor und Professor ernannt und mit der Leitung des Instituts für biologische Schädlingsbekämpfung der damaligen Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Darmstadt betraut.

Acht Jahre später wurde Professor Dr. Klingauf nach einem weiteren Berufungsverfahren zum 1. Juli 1988 mit der Wahrung der Geschäfte eines Präsidenten der BBA beauftragt, seine Ernennung zum Präsidenten und Professor folgte am 2. September 1988.

Bei seinem Eintritt in den Ruhestand im August 2001 blickte Präsident Klingauf auf eine Amtszeit von mehr als 13 Jahren zurück. Einschließlich der acht Jahre, in denen er das Institut für biologische Schädlingsbekämpfung der BBA leitete, ergibt sich eine Dauer von 21 Jahren, in der sich Professor Dr. Klingauf mit größtem Engagement für das Wohl der Biologischen Bundes­anstalt eingesetzt hat.

Professor Klingaufs wissenschaftliche Leistungen fanden sowohl in nationalen als auch in internationalen Fachkreisen große Anerkennung. Von 1987 bis 1990 war er Erster Vorsitzender der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft, noch heute wirkt er als Ehrenvorsitzender aktiv im Vorstand dieser größten agrarwissenschaftlichen Vereinigung Deutschlands mit. Von 1986 bis 1989 hatte er den Vorsitz der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie inne. Auch heute noch engagiert er sich erfolgreich für eine Intensivierung der Zusammenarbeit dieser beiden Fachgesellschaften. Von 1985 bis 1989 war Professor Klingauf Vizepräsident der International Organization for Biological and Integrated Control of Noxious Animals and Plants, West Palaearctic Regional Section (IOBC/WPRS). Von 1991 bis 1999 wirkte er als Mitglied im Ständigen Ausschuss des International Congress of Plant Pathology (ICPP) mit. Über viele Jahre war er als Fachgutachter im Bereich Phytomedizin bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft aktiv.

Als Experte für Fragen des biologischen und des integrierten Pflanzenschutzes betreute Professor Klingauf Projekte in Tunesien, Syrien, Ägypten, Vietnam, West-Samoa und Argentinien, im Iran und im Jemen und auf den Philippinen.

Auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses legte Herr Professor Klingauf besonderes Augenmerk. Die Lehrtätigkeit an der Universität Bonn setzte er auch nach dem Wechsel in die BBA fort. Nach seinem Umzug nach Darmstadt wurde Professor Dr. Klingauf am 30. August 1982 zum Honorarprofessor im Fachbereich Biologie der Technischen Hochschule Darmstadt ernannt. Seine Lehrtätigkeit in diesem Fachbereich hat er während seiner gesamten nachfolgenden Dienstzeit als Präsident der BBA ausgeübt. Mit besonderem Interesse unterstützte er die Entwicklung der Arbeitsmöglichkeiten für Doktorandinnen und Doktoranden in der BBA. Bis zu seinem Ausscheiden hat Professor Klingauf 47 Diplomarbeiten betreut und 44 Doktoranden zur Promotion geführt.

Während seiner 13-jährigen Amtszeit als Präsident der BBA kamen Aufgaben auf ihn zu, die bei seiner Berufung zum Präsidenten noch nicht absehbar waren. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands wurde der staatliche Pflanzenschutz aus beiden Teilen Deutschlands wieder zusammengeführt, und beachtliche Teile der Biologischen Zentralanstalt in Kleinmachnow wurden in die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft integriert. In Kleinmachnow wurden drei neue Institute und Außenstellen anderer BBA-Institute und -Dienststellen gegründet. Damit konnten wichtige Forschungsbereiche der ehemaligen DDR erhalten werden, und es gelang, den bestehenden Forschungsbedarf zu Fragen der Ökotoxikologie, des integrierten Pflanzenschutzes und der Folgenabschätzung im Pflanzenschutz abzudecken.

Mit der Novellierung des „Gesetzes zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz)“ im Jahre 1986 wurde die Verantwortung des Pflanzenschutzes für den Schutz des Naturhaushaltes besonders hervorgehoben. Dieser Schwerpunktsetzung schenkte Professor Klingauf sowohl als Leiter des Institutes für biologische Schädlingsbekämpfung in Darmstadt als auch als Präsident der BBA starke Beachtung. Sichtbar wurde dies u.a. darin, dass das Institut in Darmstadt im Jahr 1990 in „Institut für biologischen Pflanzenschutz“ umbenannt wurde. Schon bald nach Übernahme des Präsidentenamtes wurde Professor Klingauf in intensive Diskussionen um das neue europäische Pflanzenschutzrecht (Richtlinie 91/414/EWG) einbe­zogen. Es begannen die Vorbereitungen für die Anpassung des nationalen Rechtes, die im Jahr 1998 in einem novellierten Pflanzenschutzgesetz mündeten. Dank der aktiven Unterstützung des Präsidenten in den Verhandlungen des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und der Kommission in Brüssel wurde ein Pflanzenschutzgesetz ent­wickelt, das trotz erheblicher Veränderungen, wie z.B. der Indikationszulassung und der europäischen Wirkstoffprüfung, in der landwirtschaftlichen, gartenbaulichen und forstwirtschaftlichen Praxis breite Akzeptanz fand.

In den Jahren 1995 bis 1998 leitete Professor Klingauf als Präsident den Senat der Bundesforschungsanstalten im Geschäfts­bereich des damaligen BMVEL. Während seiner Amtszeit wurde die Öffentlichkeitsarbeit des Senates deutlich verstärkt, so erhielt u.a. die Zeitschrift des Senates, der „ForschungsReport“, ein modernes Gesicht. Unter seinem Vorsitz gelang es, den Forschungsbereich des BMVEL stärker an die europäische und internationale Agrarforschung anzubinden.

Im Jahr 1996 wurde von der Bundesregierung die „Neuordnung der Ressortforschung im Geschäftsbereich des BML“, das sogenannte „Rahmenkonzept 2005“ verabschiedet. Dieser Herausforderung musste sich Professor Klingauf nicht nur als BBA- sondern auch als Senats-Präsident stellen. Das Rahmenkonzept 2005 hatte tiefgreifende Änderungen in den Strukturen und Aufgaben der Ressortforschung zur Folge. In einem Zeitraum von zehn Jahren sollte die Anzahl der BBA-Standorte von zehn auf drei, die Anzahl der wissenschaftlichen Einrichtungen von 16 auf 10 und der Personalbestand von 684 auf 560 zurück­geführt werden. Die BBA mit ihren gesetzlich begründeten und ihren Forschungsaufgaben musste neu konzipiert und dem rapide sinkenden Personalbestand angepasst werden. Präsident Klingauf führte die Verhandlungen zur Umsetzung des Rahmenkonzeptes 2005 stets mit großem Fingerspitzengefühl, doch auch mit der erforderlichen Bestimmtheit.

Große Aufmerksamkeit schenkte Präsident Klingauf der Zusammenarbeit mit den Pflanzenschutzdiensten der Länder. Er unterstützte die rasche Integration der Pflanzenschutzdienste der neuen Länder u.a. dadurch, dass er die traditionsreiche 65. Arbeitssitzung des Deutschen Pflanzenschutzdienstes – die erste gesamtdeutsche Arbeitssitzung nach der Wiedervereinigung Deutschlands – trotz organisatorischer Schwierigkeiten am 11. und 12. März 1992 in Rostock veranstaltete. Auch die nachfolgenden Arbeitssitzungen unter seiner Leitung fanden in den „Neuen Bundesländern“ statt.

Besonderes Augenmerk legte Professor Klingauf auch auf die Gestaltung der alle zwei Jahre stattfindenden Deutschen Pflanzenschutztagung. Mit seinem Engagement trug er maßgeblich dazu bei, die Deutsche Pflanzenschutztagung zur größten und zu einer der traditionsreichsten agrarwissenschaftlichen Fachtagungen in Europa zu entwickeln. Dies war nur durch intensive Pflege seiner Kontakte zu den Pflanzenschutzdiensten der Nachbarländer möglich. „In Anerkennung überragender Verdienste um den internationalen und österreichischen Pflanzenschutzdienst“ wurde Professor Klingauf im Jahre 1999 mit der österreichischen Ferdinand-Beran-Medaille ausgezeichnet. Von der slowakischen Regierung wurde Präsident Klingauf im Jahr 2001 die „Department Distinction Silver Medal“ für die gute fachliche Zusammenarbeit beider Länder auf dem Gebiet des Pflanzenschutzes verliehen. Noch heute ist Herr Professor Klingauf regelmäßiger Gast bei den Deutschen Pflanzenschutztagungen, und es bereitet ihm große Freude, die Kontakte zu den in- und ausländischen Kolleginnen und Kollegen zu pflegen.

Professor Klingauf hat sich in den vielen Jahren seines umfangreichen und erfolgreichen Wirkens für die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, für den Pflanzenschutz und für die Agrarwissenschaften im weitesten Sinne äußerst verdient gemacht. Für seine organisatorischen und wissenschaftlichen Verdienste um den Pflanzenschutz wurde ihm im Jahr 2004 die Otto-Appel-Denkmünze verliehen, die höchste Ehrung, die der deutsche Pflanzenschutz zu vergeben hat.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Julius Kühn-Instituts und der früheren BBA freuen sich, dass Professor Klingauf bei guter Gesundheit seinen 80. Geburtstag begehen kann und gratulieren ihrem ehemaligen Präsidenten sehr herzlich. Wir wünschen ihm für die kommenden Jahre alles erdenklich Gute, Gesundheit und Wohlergehen im Kreise seiner Familie.

Dr. Georg F. Backhaus
Präsident und Professor des Julius Kühn-Instituts

Literatur

Journal für Kulturpflanzen, 68 (9). S. 244–246, 2016, ISSN 1867-0911, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Annual Review of Plant Biology, Vol. 67, 2016. Eds.: Sabeeha Merchant, Wilhelm Gruissem, Donald Ort. Palo Alto California, USA, Annual Reviews, 729 S., ISBN 978-0-8243-0667-0, ISSN 1543-5008.

Band 67 beginnt mit einem einleitenden Artikel von Professor Bob B. Buchanan mit dem Titel „The Path to Thioredoxin and Redox Regulation in Chloroplasts“. Der Biologe Professor Buchanan, Emeritus der University of California in Berkeley, gibt in dem Beitrag einen zusammenfassenden Einblick in seine Forschungsergebnisse, die er überwiegend an der Universität in Berkeley erarbeitete. Bob B. Buchanan ist auch Herausgeber des Buches „Biochemistry and Molecular Biology of Plants“, dessen 2. Auflage 2015 gedruckt und als E-Book erschienen ist.

Folgende Übersichtsartikel aus dem Fachgebiet der Pflanzenbiologie schließen sich an:

Learning the Languages of the Chloroplast: Retrograde Signaling and Beyond (Kai Xun Chan, Su Yin Phua, Peter Crisp, Ryan McQuinn, Barry J. Pogson); NDH-1 and NDH-2 Plastoquinone Reductases in Oxygenic Photosynthesis (Gilles Peltier, Eva-Mari Aro, Toshiharu Shikanai); Physiological Functions of Cyclic Electron Transport Around Photosystem I in Sustaining Photosynthesis and Plant Growth (Wataru Yamori, Toshiharu Shikanai); The Costs of Photorespiration to Food Production Now and in the Future (Berkley J. Walker, Andy VanLoocke, Carl J. Bernacchi, Donald R. Ort); Metabolite Damage and Meta­bolite Damage Control in Plants (Andrew D. Hanson, Christopher S. Henry, Oliver Fiehn, Valérie de Crécy-Lagard); The Regulation of Essential Amino Acid Synthesis and Accumulation in Plants (Gad Galili, Rachel Amir, Alisdair R. Fernie); Triacylglycerol Metabolism, Function, and Accumulation in Plant Vegetative Tissues (Changcheng Xu, John Shanklin); The Plant Polyester Cutin: Biosynthesis, Structure, and Biological Roles (Eric A. Fich, Nicholas A. Segerson, Jocelyn K.C. Rose); Biosynthesis of the Plant Cell Wall Matrix Polysaccharide Xyloglucan (Markus Pauly, Kenneth Keegstra); TOR Signaling and Nutrient Sensing (Thomas Dobrenel, Camila Caldana, Johannes Hanson, Christophe Robaglia, Michel Vincentz, Bruce Veit, Christian Meyer); Rapid, Long-Distance Electrical and Calcium Signaling in Plants (Won-Gyu Choi, Richard Hilleary, Sarah J. Swanson, Su-Hwa Kim, Simon Gilroy); Endocytosis and Endosomal Trafficking in Plants (Julio Paez Valencia, Kaija Goodman, Marisa S. Otegui); Staying Tight: Plasmodesmal Membrane Contact Sites and the Control of Cell-to-Cell Connectivity in Plants (Jens Tilsner, William Nicolas, Abel Rosado, Emma­nuelle M. Bayer); Pre-Meiotic Anther Development: Cell Fate Specification and Differentiation (Virginia Walbot, Rachel L. Egger); Plant Sex Chromosomes (Deborah Charlesworth); Haploi­dization via Chromosome Elimination: Means and Mecha­nisms (Takayoshi Ishii, Raheleh Karimi-Ashtiyani, Andreas Houben); Mechanisms Used by Plants to Cope with DNA Damage (Zhubing Hu, Toon Cools, Lieven De Veylder); The Conservation and Function of RNA Secondary Structure in Plants (Lee E. Vandivier, Stephen J. Anderson, Shawn W. Foley, Brian D. Gregory); Toxic Heavy Metal and Metalloid Accumulation in Crop Plants and Foods (Stephan Clemens, Jian Feng Ma); Light-Mediated Hormonal Regulation of Plant Growth and Development (Mieke de Wit, Vinicius Costa Galvão, Christian Fank­hauser); Transcriptional Responses to the Auxin Hormone (Dolf Wejers, Doris Wagner); Mapping Transcriptional Networks in Plants: Data-Driven Discovery of Novel Biological Mechanisms (Allison Gaudinier, Siobhan M. Brady); The Intracellular Dynamics of Circadian Clocks Reach for the Light of Ecology and Evolution (Andrew J. Millar); Environmental Control of Root System Biology (Rubén Rellán-Álvarez, Guillaume Lobet, José R. Dinneny); The Haustorium, a Specialized Invasive Organ in Parasitic Plants (Satoko Yoshida, Songkui Cui, Yasunori Ichihashi, Ken Shirasu); Antibody Production in Plants and Green Algae (Vidadi Yusibov, Natasha Kushnir, Stephen J. Streatfield); Peren­nial Grain and Oilseed Crops (Michael B. Kantar, Catrin E. Tyl, Kevin M. Dorn, Xiaofei Zhang, Jacob M. Jungers, Joe M. Kaser, Rachel R. Schendel, James O. Eckberg, Bryan C. Runck, Mirko Bunzel, Nick R. Jordan, Robert M. Stupar, M. David Marks, James A. Anderson, Gregg A. Johnson, Craig C. Sheaffer, Tonya C. Schoenfuss, Baraem Ismail, George E. Heimpel, Donald L. Wyse).

Unter http://plant.annualreviews.org kann die Buchreihe Annual Review of Plant Biology online genutzt werden.

Ebenso wie vorher erschienene Bände dieser Buchreihe bietet Band 67 des Annual Review of Plant Biology umfassende und wertvolle Informationen aus dem gesamten Forschungs­gebiet der Pflanzenbiologie.

Sabine Redlhammer
(JKI Braunschweig)


ISSN (elektronisch): 1867-0938
ISSN (print): 1867-0911
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