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Übersichtsarbeit

Erster Nachweis von ‚Aster-Yellows-Disease‘ an Möhren (Phytoplasmen bedingte Möhrenröte) und in der Kleinzikade Macrosteles sexnotatus (Fallén 1806) in Deutschland – Monitoring und Diagnose

First report of aster-yellows disease in carrots and in the leafhopper Macrosteles sexnotatus (Fallén 1806) in Germany – monitoring and diagnosis

Harald Schneller1, Dietlinde Rißler1, Gabriele Zgraja1, Mareile Zunker1, Olaf Zimmermann1, Werner Kost2, Elke Lasch3 und Klaus Schrameyer4
Institut
Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ), Karlsruhe1
Landratsamt Tübingen2
Landratsamt Ulm3
Heilbronn4

Journal für Kulturpflanzen, 68 (10). S. 281–294, 2016, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2016.10.01, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Kontaktanschrift
Harald Schneller, Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ), Neßlerstr. 25, 76227 Karlsruhe
Zur Veröffentlichung angenommen
21. August 2016

Zusammenfassung

Im Jahr 2011 gelang es dem LTZ Augustenberg (Baden-Württemberg) erstmals in Deutschland ein Phytoplasma aus der ‚Aster Yellows‘-Gruppe an Möhren nachzuweisen. Durch die Sequenzierung des PCR-Amplifikats konnte der Erreger als Candidatus Phytoplasma asteris identifiziert werden. Etwa zwei Prozent der Möhren eines Anbauers zeigten im Jahr 2011 die typischen Symptome wie Rotfärbung des Laubes, am Rübenkörper eine verstärkte Feinwurzelbildung und verlängerte Wurzelenden. Als Überträger von Phytoplasmen gelten unter anderem Kleinzikaden. Daraufhin wurde in den Jahren 2012 bis 2014 ein Monitoring-Programm durchgeführt. Die potentiellen Vektoren, Kleinzikaden der Gattung Macrosteles, wurden zum einen mit Keschern gefangen und morphologisch auf die Arten bestimmt, zum anderen wurde mittels gelber Leimtafeln der Flugverlauf der Zikaden dokumentiert. Anschließend wurden die so gefangenen Macrosteles-Zikaden anhand PCR auf Phytoplasmen untersucht. Im Durchschnitt der untersuchten drei Jahre waren die mittels Leimtafeln gefangenen Zikaden der Gattung Macrosteles zu 3,3% mit Phytoplasmen infiziert. Dabei blieb der Anteil an befallenen Möhren in allen drei Untersuchungsjahren unter einem Prozent.

Der Anteil der mittels gelben Leimtafeln gefangenen Macrosteles-Arten am Gesamtfang betrug im Durchschnitt der Jahre ca. 18 Prozent. Morphologisch konnten die mit Kescher gefangenen Macrosteles-Zikaden den Arten Macro­steles sexnotatus, M. laevis, M. cristatus und M. ossiannilssoni zugeordnet werden. Mit ca. 70% war M. sexnotatus dabei die häufigste Art. Die Arten M. laevis und M. cristatus machten ca. je 15% aus. Der Anteil der Art M. ossiannilssoni betrug nur ca. zwei Prozent.

Auch bei den von den gelben Leimtafeln isolierten Macrosteles-Zikaden mit Nachweis von Phytoplasmen konnte M. sexnotatus mit molekularbiologischen Methoden mit 85,7% als die häufigste Art identifiziert werden. Ferner konnten die in M. sexnotatus nachgewiesenen Phytoplasmen der ‚Aster-yellows‘-Gruppe zugeordnet werden. Die Kleinzikadenart M. sexnotatus spielt nach den vorliegenden Ergebnissen eine große Rolle bei der Übertragung von ‚Aster-Yellows‘ (phytoplasmenbedingte Möhrenröte) im Untersuchungsgebiet und damit vermutlich in Baden-Württemberg und Deutschland. Mit den im Feld aufgestellten gelben Leimtafeln ließ sich der Flugverlauf der Zikaden dokumentieren. Demnach erstreckt sich die Flugzeit der Macrosteles-Arten von Mitte Mai (Kalenderwoche 21) bis Mitte November (Kalenderwoche 46). Der frühe Nachweis von Phytoplasmen in den Zikaden bedeutet, dass die Tiere bereits infiziert sind, wenn sie in den Möhrenfeldern auftreten. Noch nicht geklärt ist die Herkunft der Macrosteles-Arten. Ein Zuflug ist sowohl von den die Möhrenfelder umgebenden Habitaten (Riedflächen und Wiesen), als auch von weiter entfernten Gebieten denkbar. Des Weiteren ist noch nicht geklärt, wo und an welchen Wirtspflanzen die Zikaden bei ihrer Migration von ihren Überwinterungspflanzen zu den Möhrenfeldern die Phytoplasmen aufnehmen.

Stichwörter: Möhren, Phytoplasmen, Candidatus Phytoplasma asteris‘‚ Aster Yellows‘-Gruppe, Möhrenröte, Vektoren, Kleinzikaden, Macrosteles sp., Monitoring, molekularbiologischer Nachweis, PCR

Abstract

A phytoplasma of the ‘aster-yellows’-group was detected in carrots by the Center for Agricultural Technology Augustenberg (LTZ Augustenberg in the federal state of Baden-Württemberg) in the year 2011. It could be identified as Candidatus Phytoplasma asteris by sequence ana­lysis of the PCR-amplification product. This is the first report about this disease in Germany. Nearly two per cent of the carrots were infected and showed the typical red coloring of the foliage. The roots also showed characte­ristic symptoms of increased root hairs and abnormal root growth. Therefore, a monitoring-program was started, which lasts from 2012 until 2014 (3 years). The potential vectors, leafhoppers from the genus Macrosteles, were captured by sweep nets and were dedicated afterwards. Furthermore the migration of the leafhoppers was monitored by the use of yellow sticky traps. After that, the captured leafhoppers were investigated by PCR-based DNA test. Within these tests, ‘aster-yellows’ was confirmed in leafhoppers of the genus Macrosteles. On average, 3.3 per cent of specimens collected in the 3 years were infected with ‘aster yellows’ phytoplasma. Within all leafhoppers captured, Macrosteles species extended to about 18 per cent. These species were M. sexnotatus, M. laevis, M. cristatus und M. ossiannilssoni. Thereby nearly 70 per cent of the captured Macrosteles species were M. sexnotatus, followed by M. laevis und M. cristatus, each represented about 15 per cent. Only 2 per cent of the Macrosteles species belonged to M. ossiannilssoni. Within the Macrosteles-leafhoppers which were infected with aster-yellows, 85.7 per cent belonged to the species M. sexnotatus. Therefore it is evident, that the common and wide spread leafhopper M. sexnotatus is able to transmit aster-yellows in Germany. It is very easily to detect leafhoppers in the field by using yellow sticky traps. It is also possible to document the migration of the leafhoppers by using these traps. The period of migration of the leafhoppers lasts from the middle of May to the middle of September. The captured Macrosteles were infected by aster-yellows very early in the season. This means, that the Macrosteles population must have infected itself on different herbs by their migration from their overwintering areas to the carrot fields. Up to now, it is not known, where the Macrosteles species originate from. A migration from the surrounding area is also possible, than the migration from areas far from the carrot fields. It is also unknown, where and on which herbs the leafhoppers infect themselves with ‘aster-yellows’ phytoplasma.

Key words: Carrots, aster yellows disease, phytoplasma, Candidatus Phytoplasma asteris’, vectors, leafhoppers, Macrosteles sp., monitoring, PCR-based DNA test

1 Einleitung/Problemstellung

Im Spätsommer/Frühherbst des Jahres 2011 erhielt das LTZ von einem Pflanzenschutzberater eine Probe Möhren aus einem Betrieb, der Speisemöhren für den Frisch­markt produziert. Das Laub der Möhren war deutlich rot gefärbt (Abb. 1 und 2). Die Möhren zeigten nicht das sortentypische Bild eines abgestumpften Rübenkörpers, sondern deutlich verlängerte spitz zulaufende Wurzel­enden. Am Rübenkörper selbst war eine starke Feinwurzelbildung festzustellen (siehe Abb. 3 und 4).

Abb. 1. Rotfärbung des Laubes von erkrankten Möhren im Bestand.

Abb. 1. Rotfärbung des Laubes von erkrankten Möhren im Bestand.

Abb. 2. Rotfärbung des Laubes von erkrankten Möhren im Bestand. (Bildnachweis: W. Kost, Tübingen)

Abb. 2. Rotfärbung des Laubes von erkrankten Möhren im Bestand. (Bildnachweis: W. Kost, Tübingen)

Abb. 3. Gesunder Möhrenkörper mit abgestumpften Rü­benende ohne Feinwurzeln.

Abb. 3. Gesunder Möhrenkörper mit abgestumpften Rü­benende ohne Feinwurzeln.

Abb. 4. Erkrankter Möhrenkörper mit verlängertem spitz zulaufenden Rübenende und verstärkter Feinwur­zelbildung. (Bildnachweis: H. Schneller, LTZ Au­gustenberg)

Abb. 4. Erkrankter Möhrenkörper mit verlängertem spitz zulaufenden Rübenende und verstärkter Feinwur­zelbildung. (Bildnachweis: H. Schneller, LTZ Au­gustenberg)

Diese stark geschädigten Möhren sind nicht vermarktungsfähig und ungenießbar. Nach Schätzungen des Beraters und des Betriebsleiters betrug der Schaden bzw. der Anteil Möhren mit Rotfärbung des Laubes im Jahr 2011 ca. zwei Prozent. Als Schadursache kam Virusbefall in Betracht. Untersuchungen auf Viren durch das JKI Braunschweig im Jahr 2011 waren negativ (carrot thin leaf virus (CTLV), carrot virus Y (CarVY), carrot yellow leaf virus (CYLV), carrot necrotic dieback virus (CNDV) und carrot red leaf virus (CtRLV)). Daraufhin wurden die Möhren vom LTZ auf Phytoplasmen getestet; das Ergebnis war positiv. Eine Bestätigung erfolgte anschließend durch das JKI Dossenheim, wobei die Zugehörigkeit zur ‚Aster-Yellows‘-Gruppe diagnostiziert wurde (Schneider, persönliche Mitteilung).

Phytoplasmen aus unterschiedlichen Gruppen (‚Aster-Yellows‘-Gruppe‘ und ‚Stolbur‘-Gruppe) können an der phytoplasmenbedingten Möhrenröte beteiligt sein. Als Vektoren für Phytoplasmen sind Kleinzikaden aus den verschiedensten Gattungen bekannt, für ‚Aster Yellows‘ werden gemäß serbischen Autoren (Duduk et al., 2008) Kleinzikaden aus der Gattung Macrosteles genannt. Bei folgenden Arten wurden von diesen Autoren Phyto­plasmen nachgewiesen: Sandwanderzirpe Macrosteles quadripunctulatus (Kirschbaum 1868) (in Deutschland vorkommend) und Wiesenwanderzirpe Macrosteles sexnotatus (Fallén 1806) (in Deutschland vorkommend) für Phytoplasmen aus der ‚Aster-Yellows‘-Gruppe‘ und die Ackerwanderzirpe Macrosteles laevis (Ribaut 1927) (in Deutschland vorkommend) für Phytoplasmen aus der ‚Stolbur-Gruppe‘.

In der amerikanischen Literatur (Delahaut, 1997) findet sich als Vektor für ‚Aster Yellows‘ die Art Macrosteles quadrilineatus (Forbes 1885), die aber in Europa bzw. in Deutschland nicht vorkommt; sowie die Art Macrosteles fascifrons (Stal 1858), die ebenfalls in Deutschland nicht vorkommt, jedoch in der Fauna Europaea geführt ist. In der deutschen Zikadenliteratur (Kunz et.al., 2011) wird weiterhin aus der Gattung Macrosteles die Kammwanderzirpe Macrosteles cristatus (Ribaut 1927) ganz allgemein als Vektor für Phytoplasmen geführt.

Die von Delahaut (Wisconsin USA) genannte Macrosteles-Art M. fascifrons überwintert im Ei-Stadium an Getreide (Gräsern) und ist daher bei ihrer Geburt nicht mit Phytoplasmen infiziert; diese nimmt sie vielmehr erst an den verschiedensten Wirtspflanzen auf. Auch alle unsere heimischen Macrosteles-Arten überwintern im Eistadium, so dass sie bei ihrem Schlupf auf ihren Überwinterungspflanzen nicht mit Phytoplasmen infiziert sein können. Delahaut nennt als mögliche Wirtspflanzen (als natürliches Reservoir) an denen M. fascifrons die Phytoplasmen aufnehmen kann: Wilde Möhre (Daucus carota), Beifußblättriges Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia), Kanadisches Berufkraut (Conzya canadensis), Löwenzahn (Taraxacum sp.) sowie die Strahlenlose Kamille (Matricaria discoidea). Dabei dauert es 20 bis 50 Tage nach Aufnahme der Phytoplasmen bis die Erreger weitergegeben werden können. Die ersten Zikaden, die in Wisconsin auftauchen, haben nicht in Wisconsin überwintert. Sie werden im Frühjahr mit warmen Südwinden nach Wisconsin verfrachtet. Die ersten Tiere/Migranten, die ankommen sind Weibchen. Sie legen ihre Eier in Gräser und Unkräuter ab. Mitte Juni erscheint dann die erste „heimische“ Generation, die dann ein erhöhtes Erreger-Potential besitzt. Nur ein kleiner Prozentsatz ist mit Phytoplasmen infiziert; nach Schätzungen des Autors im Mittel ca. 2,5%. Es soll in den USA einige resistente bzw. tolerante Möhrensorten geben.

Daneben gibt es weitere Zikadenarten aus anderen Gattungen, die als Überträger von Phytoplasmen bzw. als Vektoren für ‚Aster yellows‘ (Phytoplasmen bedingte Möhrenröte) in Frage kommen. Hier werden von israelischen Autoren (Weintraub und Orenstein, 2004) vor allem der Circulifer haematoceps Komplex (Mulsant & Rey) und Neoaliturus fenestratus (Herrich-Schäffer 1834) genannt. Beide Arten kommen in Deutschland vor, werden aber bisher nicht als Vektoren für Phytoplasmen genannt. Von den USA (Staat Washington) wird von Munyaneza et. al. zudem noch die Kleinzikade Circulifer tenellus (Baker 1896) genannt, über deren Vorkommen es in Deutschland keine Angaben gibt. Nach serbischen und italienischen Autoren (Drobnjakovic et.al., 2010) wurden bei Untersuchungen in der südlichen Batschka (Backa) folgende Zikadenarten mit Phytoplasmen identifiziert: Phytoplasmen aus der „Stolbur-Gruppe“ wurden gefunden in Anaceratagallia laevis (Ribaut), Anaceratagallia ribauti (Ossiannilsson) (in Deutschland vorkommend), Anaceratagallia venosa (Fourcroy) (in Deutschland vorkommend), Psammotettix striatus (Linnaues), Psammotettix confinis (Dahlbom) (in Deutschland vorkommend) und Psammotettix alienus (Dahlbom) (in Deutschland vorkommend). Phytoplasmen aus der „Aster-Yellows‘-Gruppe wurden gefunden in Anaceratagallia laevis (Ribaut), Ophiola decumana (Kontkanen) (in Deutschland vorkommend) und in Psammotettix confinis (Dahlbom) (in Deutschland vorkommend). Dabei sollen insbesondere Arten aus den Gattungen Psammotettix und Anaceratagallia (besonders P. confinis und A. laevis) eine signifikante Rolle bei der Übertragung der Phytoplasmen spielen, da diese Arten regelmäßig in infizierten Möhrenfeldern gefunden wurden.

1.1 Ziel der Untersuchungen

In Deutschland werden auf 10 200 ha Möhren und Karotten angebaut (Statistisches Bundesamt, 2014). Im Jahr 2013 waren, gemäß Statistischem Landesamt Baden-Württemberg, Möhren nach Spargel und Salaten die Gemüseart mit der größten Anbaufläche (858 ha). Gegen­über dem Jahr 1992 (316 ha) hat sich die Anbaufläche sehr stark erhöht, Tendenz steigend (Seitz, 2013).

Durch das LTZ Augustenberg wurde deshalb ein Monitoring-Programm zur Überwachung der potentiellen Vektoren für die Jahre 2012 bis 2014 gestartet. Bei unseren Untersuchungen bzw. bei unserem Monitoring-Programm haben wir uns, gemäß den serbischen Autoren, auf die Kleinzikaden aus der Gattung Macrosteles beschränkt. Mit Hilfe von gelben Leimtafeln wurde das Auftreten der Macrosteles-Zikaden dokumentiert und ihr Migrationsverhalten erfasst. Weiterhin wurde überprüft, ob ein Nachweis von Phytoplasmen in den gefangenen Zikaden molekularbiologisch erfolgen, und gegebenenfalls der Anteil an infizierten Zikaden ermittelt werden kann. Parallel dazu sollten die mit einem Kescher gefangenen und bis zur Art bestimmten Macrosteles-Zikaden auch molekularbiologisch untersucht werden, um die mittels gelben Leimtafeln gefangenen Macrosteles-Zikaden ebenfalls bis auf die Art bestimmen zu können. Zudem wurden die befallenen Möhren in den Jahren 2012 bis 2014 auf Phytoplasmen getestet.

2 Material und Methoden

2.1 Monitoring

Zur Überwachung der Zikaden wurden zwei Methoden gewählt: die klassische entomologische Methode durch Fang der Zikaden mit einem Kescher zur Artbestimmung (a), sowie durch Fang und Überwachung (Monitoring) des Flugverlaufs der Zikaden mittels gelben Leimtafeln (b).

2.1.1 Fang von Kleinzikaden mittels Kescher (a). In dem angegebenen Überwachungszeitraum wurde jeweils an einem Termin im Jahr (siehe Tab. 1) mit einem gewöhnlichen Kescher in den Möhrenfeldern Zikaden gefangen. Hierbei handelte es sich um eine qualitative Erhebung, bei der es vor allem darum ging, die vorhandenen Macrosteles-Arten zu erfassen.

Tab. 1. Termine der Zikadenfänge in den Jahren 2012 bis 2014

Jahr

Datum

Kalenderwoche

2012

07.08.

32

2013

13.08.

33

2014

02.09.

36

Anschließend wurden diese Kescherfänge im Labor ausgewertet. Die gefangenen Macrosteles sp. wurden getrennt von den anderen Zikadenarten erfasst und zur Bestimmung der Art weitergegeben.

2.1.2 Bestimmung der Macrosteles-Arten. In den Jahren 2012 und 2013 erfolgte eine Bestimmung der Arten ausschließlich nach klassischer morphologischer Bestimmung der männlichen Zikaden (siehe 2.1.2.1). Die weiblichen Zikaden können nicht auf die Art bestimmt werden. Die so bestimmten Macrosteles-Arten dienten als Referenzprobe für die Etablierung eines molekularbiologischen Nachweisverfahrens (siehe 2.1.2.2). Dieses wurde dann zur Bestimmung der im Jahr 2014 gefangenen Macrosteles sp. herangezogen. Ebenfalls wurden die auf den Leimtafeln gefangenen und positiv auf Phytoplasmen getesteten Macrosteles-Zikaden mittels molekularbiologischen Nachweisverfahren auf die Art bestimmt (siehe 2.2.2).

2.1.2.1 Bestimmungen der mittels Kescher gefangenen Macrosteles-Arten nach klassischen entomologischen Methoden. Da eine sichere Bestimmung der Weibchen nach morphologischen Merkmalen nicht möglich ist, wurden nur die Männchen berücksichtigt. Dazu wurde der Hinterleib vollständig abgetrennt und in Kalilauge (Kaliumhydroxid 10%) mazeriert. Nach der Abtrennung der Hinterleibs­spitze und Öffnung des Pygophor waren die für die Bestimmung wichtigen Strukturen, besonders das spermaübertragende Organ Aedeagus, freigelegt. Diese konnten dann mikroskopisch untersucht und beurteilt werden (Abb. 5 bis 8). Zusätzlich wurde die Struktur des männlichen Singapparates im vorderen Teil des Hinterleibs beurteilt. Form und Länge im Vergleich zum 3. Abdominalsternit wurden berücksichtigt. Die Bestimmung der Zikaden erfolgte nach dem Familienschlüssel von Holzinger, Kammerlander, Nickel sowie auf Gattungs- und Artstatus nach Biedermann, Niedrignhaus

Abb. 5. Macrosteles laevis in Chicoree.

Abb. 5. Macrosteles laevis in Chicoree.

Abb. 8. Männliches Genital von Macrosteles sexnotatus. (Bildnachweis: K. Schrameyer, Heilbronn)

Abb. 8. Männliches Genital von Macrosteles sexnotatus. (Bildnachweis: K. Schrameyer, Heilbronn)

Abb. 6. Macrosteles laevis/sexnotatus an Spargel.

Abb. 6. Macrosteles laevis/sexnotatus an Spargel.

Abb. 7. Männliches Genital von Macrosteles cristatus.

Abb. 7. Männliches Genital von Macrosteles cristatus.

2.1.2.2 Bestimmungen der mit Kescher gefangenen Macrosteles-Arten mittels Sequenzanalyse. Die Macrosteles-Arten wurden mittels Sequenzierung bestimmt. Von der genomischen DNA der Macrosteles-Zikaden wurde der COI-Bereich (Cytochrom C Oxidase, Untereinheit 1) untersucht, der bereits in verschiedenen phylogenetischen Studien, sowie bei DNA-Barcoding verwendet wurde. Der COI-Bereich liefert für die meisten Tierarten brauchbare Sequenzinformationen, die zur Artenbestimmung geeignet sind. Auf Basis der Sequenzdaten der bestimmten Macrosteles-Arten konnte eine RFLP-Methode (Restriktions-Fragmentlängenpolymorphismus) erarbeitet werden. Hierbei werden die PCR-Produkte mit einem Restriktionsenzym gespalten und damit ein art­spezifisches Schnittmuster erzeugt.

Für die DNA-Isolierung wurden ganze Macrosteles-Zikaden einzeln in ein Reaktionsgefäß überführt, homogenisiert (zerkleinert) und mit 1,2 ml CTAB-Extrak­tionspuffer versetzt. Dazu wurde Proteinase (AppliChem) und RNase (AppliChem) zugegeben und für 2 h bei 60°C im Thermoschüttler inkubiert. Der Extrakt wurde durch Chloroform-Phasentrennung vorgereinigt. Die Bindung und Reinigung der DNA wurde mit dem Wizard Clean Up System (Promega) durchgeführt und die gereinigte DNA in sterilem Wasser (Elutionspuffer pH 9) gelöst.

Der COI-Bereich wurde zunächst mittels klassischer Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) mit dem Primerpaar LCO-1490: 5´- GGT CAA CAA ATC ATA AAG ATA TTG G –3´ und HCO-2198: 5´- TAA ACT TCA GGG TGA CCA AAA AAT CA –3´ (nach Folmer et al. 1994) amplifiziert.

Für die PCR wurde ein 25 μl Reaktionsgemisch mit folgenden Komponenten hergestellt: 12,5 μ HotStar Taq Polymerase Mastermix (Qiagen), Primer LCO/HCO je 2 μl und 6,5 μl steriles Wasser vorbereitet und 2 μl DNA dazugegeben.

Die Amplifizierung der DNA wurde auf dem Thermo­cycler PeqStar 2x (Peqlab) mit folgendem PCR-Programm durchgeführt:

95°C – 15 min, (94°C – 30 sec, 46°C – 60 sec, 72°C
– 1 min) × 40 Zyklen, 72°C – 10 min, 12°C ~

Vor der Sequenzierung wurden unerwünschte Nebenprodukte der PCR wie überschüssige Primer, nicht eingebundene Nukleotide und Puffer-Salze mit einem Säulensystem (Wizard PCR Clean Up System, Fa. Promega) abgetrennt. Die Sequenzierung wurde mit dem Sequenzer ABI Prism 310, der Fa. Applied Biosystems (heute Life Technologie) durchgeführt. Ebenso für die Sequenzier­reaktion wurden alle Reagenzien von Applied Biosystems verwendet (Big Dye Terminator v.1.1 Cycle Sequencing Kit, Big Dye terminator Sequencing Buffer und POP 6-Polymer für die Kapillare). Als Sequenzierprimer wurden jeweils der LCO-1490 und HCO-2198 eingesetzt.

Anmerkung: Die Sequenzierreaktion wird mit nur einem Primer durchgeführt, so dass die DNA linear amplifiziert wird. Zu dem Reaktionsansatz werden außer dNTPs die vier mit verschiedenen Fluoreszenzfarbstoffen markierten ddNTPs (Didesoxynukleosidtriphosphate) in geringer Menge zugegeben, die nach Einbau zu einem Kettenabbruch der Polymerisationsreaktion führen. Diese Kettenabbruch-Produkte werden mittels Kapillarelek­trophorese auf dem Sequenzer ABIPrism 310 (Fa. Applied Biosystems) aufgetrennt und mit Hilfe eines Lasers zu ddNTP-spezifischer Fluoreszenz angeregt. Die Abfolge der Farbsignale geben direkt die Sequenz der Basen des sequenzierten DNA-Stranges wieder und werden in Form eines Elektopherogramms dargestellt. Für die Sequenzierreaktion wurden folgende Reagenzien zusammen pipettiert: 4 μl BD Terminator, 2 μl Sequenzierungs Puffer, 1 μl Primer (5 pmol), 11 μl steriles Wasser und 2 μl DNA (gereinigtes PCR-Produkt) dazugegeben. Die Sequenzierreaktion wurde auf dem Thermocycler, mit dem Programm: 96°C – 1 min, (96°C – 10 sec, 50°C – 5 sec, 60°C – 2 min) × 25 Zyklen, 12°C ~ durchgeführt.

Nach der Sequenzierreaktion wurde ein Reinigungssäulensystem (DyeEx 2.0 Spin Kit der Fa. QIAGEN) eingesetzt, um die restlichen Mengen an Dye-Terminator (mit Fluoreszenzfarbstoffen markierte ddNTPs) zu entfernen.

Sequenziert wurden Sequenzen in beiden Richtungen (mit Vorwärts- und Rückwärtsprimer) mit einer Länge von 720 bp. Die Sequenzendaten der untersuchten Macrosteles-Arten wurden mit der Software „DNASTAR Lasergene, Version 12.1“ ausgewertet.

2.1.3 Überwachung der Aktivität bzw. des Flugverlaufs der Kleinzikaden (Macrosteles sp.) mittels gelben Leimtafeln im Feld (b). In den jeweiligen Untersuchungszeiträumen der Jahre 2012 bis 2014 (s. Tab. 2) wurden in zwei Möhrenfeldern jeweils vier gelbe Leimtafeln im Format 5,5 × 12 cm an ca. 40 cm langen Etikettenstäben montiert und im Abstand von etwa zehn Metern entlang eines Möhrendammes aufgestellt. Die Leimtafeln wurden so an den Stäben angebracht, dass sie nach Möglichkeit immer knapp über dem Laub der Möhren platziert waren (s. Abb. 9). Der Möhrendamm mit dem gelben Leimtafeln war dabei mindestens zehn Meter vom Feldrand entfernt.

Tab. 2. Zeitraum der Überwachung in den Jahren 2012 bis 2014

Jahr

Überwachungszeitraum

Anzahl Wochen

2012

28.03.12 (KW 13) bis 14.11.12 (KW 46)

33

2013

01.04.13 (KW 14) bis 12.11.13 (KW 46)

32

2014

16.04.14 (KW 16) bis 28.10.14 (KW 44)

28

Abb. 9. Gelbe Leimtafel im Möhrenbestand. (Bildnach­weis: H. Schneller, LTZ Augustenberg)

Abb. 9. Gelbe Leimtafel im Möhrenbestand.
(
Bildnach­weis: H. Schneller, LTZ Augustenberg)

Die Leimtafeln wurden wöchentlich abgenommen und durch neue ersetzt. Die insgesamt acht abgenommenen Leimtafeln wurden von den Beratern regelmäßig an das LTZ Augustenberg geschickt. Hier wurden alle Klein­zikaden im Labor vorsichtig von den Leimtafeln entfernt. Im Jahr 2012 wurden die so abgetrennten Zikaden in vier Gruppen eingeteilt: Macrosteles-Arten, „Eupterix“-Arten (Kräuterzikaden), „Empoasca“-Arten und weitere Arten. In den Jahren 2013 und 2014 wurde vereinfacht nur nach 2 Gruppen sortiert, Macrosteles-Arten und „sonstige Arten“. Anschließend wurden alle abgelösten Macrosteles sp. im Labor des LTZ mittels PCR auf Phytoplasmen untersucht.

2.2 Methoden Diagnose

Drei Arbeitsprozesse beinhalteten die Diagnose: Nachweis von Phytoplasmen in gefangenen Kleinzikaden der Gattung Macrosteles (c), Bestimmung der mit Phytoplasmen infizierten Macrosteles auf die Art und Nachweis der Phytoplasmen-Gruppe in den infizierten Macrosteles-Arten mittels DNA-Sequenzierung (d) und Nachweis von Phytoplasmen in auffälligen Möhren mittels PCR (e).

2.2.1 Nachweis von Phytoplasmen in gefangenen Klein­zikaden der Gattung Macrosteles (c). In 2012 wurden zunächst Mischproben von 2 bis 3 Macrosteles-Zikaden auf Phytoplasmen untersucht. Nachdem in einigen dieser Mischproben Phytoplasmen nachgewiesen werden konnten, wurden in 2013 und 2014 nur noch Einzeltieruntersuchungen durchgeführt.

Für die Gewinnung der Gesamt-DNA aus den Zikaden wurde die CTAB-Methode nach Jarausch et al. (2004) gewählt. Bei diesem Verfahren wird die DNA mit Chloroform-Isoamylalkohol gefällt. Die gewonnenen DNA-Pellets wurden bis zur Durchführung der PCR (Polymerase chain reaction) bei –20°C aufbewahrt und dann in 25 μl TE-Puffer gelöst.

Für den Nachweis der Phytoplasmen wurde eine nested PCR mit Universal-Phytoplasmen-Primern durchgeführt. Die 1. Amplifikation erfolgte mit dem Primer-Paar P1 (Deng und Hiruki, 1991)/P7 (Smart et al., 1996) und die 2. Amplifikation (nested) mit dem Primer-Paar fU5/rU3 (Lorenz et al., 1995). Die Größe der Amplifikate bei positivem Befund liegt bei ca. 880 bp. Die PCR-Produkte wurden mit Elektrophorese auf einem Agarose-Gel (1,2%) mit Ethidiumbromid unter UV-Licht sichtbar gemacht.

2.2.2 Bestimmungen der mit Phytoplasmen infizierten Macrosteles auf die Art und Nachweis der Phytoplasmen in den infizierten Macrosteles-Arten mittels DNA-Sequenzierung (d). Zur Bestimmung der Phytoplasmen mittels Sequenzierung wurden PCR-Produkte der Macrosteles-Proben mit einem positiven Phytoplasmen-Befund herangezogen. Mit den Primern P1-P7/fU5-rU3 wurde mittels nested PCR ein ca. 880 bp Fragment aus dem Bereich des 16S rRNA-Gens amplifiziert. Nach der Reinigung der Amplifikate mit dem Wizard PCR Clean Up System (Fa. Promega) wurden die Sequenzierreaktionen mit den Vorwärts- und Rückwärtsprimern fU5-rU3 durchgeführt. Die Produkte der Sequenzierreaktion wurden mit dem Säulensystem DyeEx 2.0 Spin Kit (Fa. QIAGEN) gereinigt (genaue Beschreibung siehe 2.1.2.2.) und auf dem Sequenzer ABIPrism 310 sequenziert. Die Auswertung der Sequenzdaten erfolgte mit Hilfe der Software „DNASTAR Lesergene v. 12.1“.

2.2.3 Nachweis von Phytoplasmen in auffälligen Möhren mittels PCR (e). Für die Untersuchung wurde Phloem aus dem Rübenkörper und aus den Blättern bzw. Blattstielen verwendet. Für die Isolierung der Gesamtnukleinsäure aus den Möhren wurde das Verfahren nach Menzel et al. (2002) gewählt. Bei dieser Extraktionsmethode wird die Nukleinsäure über mehrere Arbeitsschritte an Silica-Partikel gebunden und gereinigt. Als Extraktionspuffer wurde der von Menzel (2003) empfohlene 6 M Guanidin­hydrochlorid-Puffer verwendet. Die abschließend in TE-Puffer von den Silica-Partikeln gelöste Gesamtnukleinsäure wurde bis zur Durchführung der PCR bei –20°C eingefroren.

Der Nachweis der Phytoplasmen erfolgte wie bei den Zikaden-Untersuchungen mit nested PCR (siehe Kapitel 2.2.1).

3 Ergebnisse

Die Darstellungen der Ergebnisse richten sich nach dem Ablauf der Handlungsschritte in dem jeweiligen Unter­suchungsjahr: Kescherfänge zur Artbestimmung und als Referenznachweis für PCR (a), Aufstellen der Leimtafeln im Feld und Auswertung der gefangenen Zikaden (b): (a) und (b) = Monitoring; Nachweis von Phytoplasmen in den gefangenen Zikaden (c), Bestimmung der infizierten Macrosteles-Arten und Nachweis von ‚Aster-Yellows‘-Phytoplasmen in infizierten Zikaden (d) und in befallenen Möhren (e): (c) bis (e) = Diagnose.

3.1 Ergebnisse Monitoring

Nachfolgend werden die Ergebnisse der Kescherfänge (a) aus den Jahren 2012 bis 2014 und der anschließend erfolgten Artenbestimmung mit klassischen entomologischen Methoden (morphologischen Merkmale) und mit molekularbiologischen Methoden dargestellt.

Danach folgen die Ergebnisse des Zikaden-Monitorings mittels denen in den Möhrenfeldern aufgestellten gelben Leimtafeln (b).

3.1.1 Ergebnisse Kescherfänge (a).

3.1.1.1 Ergebnisse 2012. Am 07.08.2012 wurden 12 Kleinzikaden aus der Gattung Macrosteles gefangen und morphologisch bestimmt (s. Tab. 3). Von diesen 12 Zikaden waren: 9 Männchen von Macrosteles sexnotatus und 1 Männchen von Macrosteles cristatus sowie 2 Weibchen Macrosteles sp., die nicht auf die Art bestimmt werden können.

Tab. 3. Artenverteilung von 10 morphologisch bestimm­­baren Männchen im Jahr 2012

Herkunft/
Schlag

M. sexnotatus

M. cristatus

M. laevis

M. ossian­nilssoni

7438/11

9

1

0

0

Von diesen Kleinzikaden wurden anschließend 7 Männchen der Art M. sexnotatus auf Phytoplasmen untersucht, die jedoch alle ohne Befund waren.

3.1.1.2 Ergebnisse 2013 . Artenverteilung von 31 Männchen der Gattung Macrosteles aus einer Stichprobe von 145 Tieren aus einem Kescherfang vom 13.08.2013 in Möhren (s. Tab. 4).

Tab. 4. Artenverteilung von 31 morphologisch bestimm­­baren Männchen im Jahr 2013

Herkunft/
Schlag

M. sexnotatus

M. cristatus

M. laevis

M. ossian­nilssoni

7438/7

6

4

5

0

7438/10

4

1

0

1

7438/4

5

3

2

0

Summe

15

8

7

1

Anteil in %

48,4

25,8

22,6

3,2

Alle 31 Männchen von Macrosteles sp. waren frei von Phytoplasmen.

3.1.1.3 Ergebnisse 2014. Artenverteilung von 27 Kleinzikaden der Gattung Macrosteles aus einem Kescherfang vom 02.09.2014 in Möhren. Die Auswertung bzw. Bestimmung erfolgte im Jahr 2014 erstmals per DNA-Sequenzierung (PCR). Von den 27 gefangenen Macrosteles (Männchen und Weibchen) waren 18 bestimmbar (s. Tab. 5).

Tab. 5. Verteilung von 18 per DNA-Sequenzierung be­stimmbaren Macrosteles-Arten (Männchen und Weibchen) im Jahr 2014

Herkunft/ Schlag

M. sexnotatus

M. cristatus

M. laevis

M. ossian­nilssoni

7438/5

16

0

2

0

Anteil in %

88,9

0,0

11,1

0,0

Von den 18 per PCR bestimmbaren Macrosteles sp. wurde eine Zikade der Art M. sexnotatus positiv auf Phytoplasmen getestet.

3.1.1.4 Zusammenfassungen der Ergebnisse 2012 bis 2014. In Tab. 6 sind die Ergebnisse der Jahre 2012 bis 2014 zusammengefasst dargestellt.

Tab. 6. Verteilung der mittels Kescher gefangenen und morphologisch oder molekularbiologisch be­stimmten Macrosteles-Arten in den Jahren 2012 bis 2014

Jahr

M. sexnotatus

M. crisatus

M. laevis

M. ossian­nilssoni

Summe

2012

9

1

0

0

10

2013

15

8

7

1

31

2014

16

0

2

0

18

Summe

40

9

9

1

59

Prozent

67,8

15,3

15,3

1,7

100

Demnach ist M. sexnotatus mit ca. 70% der gefangenen Macrosteles die häufigste Art. Die anderen beide Arten M. cristatus und M. laevis sind mit je ca. 15% am Fang beteiligt. Die Art M. ossiannilssoni spielt mit ca. 2% gefangener Tiere dagegen eine untergeordnete Rolle.

3.1.2 Ergebnisse Leimtafelfänge der Jahre 2012 bis 2014 (b).

3.1.2.1 Anzahlen gefangener Zikaden 2012 bis 2014. In der nachfolgenden Tab. 7 sind die Anzahlen der gefangenen Zikaden für das Jahr 2012 angegeben. Von den insgesamt 1564 gefangenen Zikaden waren 495 Tiere aus der Gattung Macrosteles; dies entspricht 31,6% der insgesamt gefangenen Zikaden. Auf die „sonstigen“ Arten entfielen 68,4%; davon auf die Empoasca-Arten 49%, auf die Eupteryx-Arten ca. 2,3% und auf die weiteren Arten ca. 17,1% (Tab. 8). 

Tab. 7. Im Zeitraum von KW 13 bis 46 im Jahr 2012 auf acht gelben Leimtafeln gefangene Kleinzikaden

Zikaden-Gruppe

Schlag
7438/12

Schlag
7438/3

Summe

Prozent

Macrosteles-Arten

216

279

495

31,6

„sonstige“ Arten

528

541

1069

68,4

Summe/Prozent

744

820

1564

100,0

Tab. 8. Aufteilung der im Zeitraum von KW 13 bis 46 im Jahr 2012 auf 8 gelben Leimtafeln gefangenen „sonstigen“ Arten

Zikaden-Gruppe

Schlag
7438/12

Schlag
7438/3

Summe

Prozent

Empoasca“-Arten

374

392

766

49,0

Eupteryx“-Arten

18

18

36

2,3

weitere Arten

136

131

267

17,1

Summe/Prozent

528

541

1069

68,4

Summe/Prozent

744

820

1564

100,0

Tab. 9. Im Zeitraum von KW 14 bis 46 im Jahr 2013 auf acht gelben Leimtafeln gefangene Kleinzikaden

Zikaden-Gruppe

Schlag 7438/4

Schlag 7438/7

Summe

Prozent

Macrosteles-Ar­ten

97

108

205

11,9

„sonstige“ Arten

616

907

1523

88,1

Summe/Prozent

713

1015

1728

100,0

Tab. 10. Im Zeitraum von KW 16 bis 44 im Jahr 2014 auf acht gelben Leimtafeln gefangene Kleinzikaden

Zikaden-Gruppe

Schlag 7438/5

Schlag 7438/10

Summe

Prozent

Macrosteles-Arten

213

140

353

13,5

„sonstige“ Arten

1183

1077

2260

86,5

Summe/Prozent

1401

1215

2616

100,0

Von den „weiteren Arten“ konnten, sofern sie gut erhalten waren, von den Leimtafeln stichprobenhaft folgende Zikaden morphologisch bestimmt: Anaceratagallia ribauti, Errastunus ocellaris, Loadelphax striatella, Macropsis scutellata, Psammotettix alienus und Streptanus aemulans.

In den Jahren 2013 und 2014 wurde vereinfacht nur nach 2 Gruppen sortiert, Macrosteles-Arten und „sons­tige Arten“. Im Jahr 2013 betrug der Anteil gefangener Macrosteles-Arten auf den Leimtafeln 11,9% (s. Tab. 9) und 13,5% im Jahr 2014 (s. Tab. 10). Im Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2014 war die Gattung Macrosteles am gesamten Zikadenfang auf gelben Leimtafeln mit 17,8% beteiligt (s. Tab. 11). Der prozentuale Anteil an Macrosteles-Arten wird stark vom Auftreten der „Empoasca“-Arten bestimmt, die in den letzten beiden Jahren (2013 und 2014) gegen Ende der Fangperiode (Ende Oktober) in hohem Maße auf den Leimtafeln gefangen werden konnten.

Tab. 11. Im Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2014 auf acht gelben Leimtafeln gefangene Kleinzikaden der Gattung Macrosteles

Jahr

Anzahl Macrosteles sp.

Anteil am Gesamtfang in Prozent

2012

495

31,6

2013

205

11,9

2014

353

13,5

Durchschnitt der Jahre

351

17,8

3.1.2.2 Fangverlauf der Kleinzikade Macrosteles sp. an gelben Leimtafeln (b). In den Abbildungen 10 bis 12 (alte Zählung 1 bis 3) wird der Fangverlauf der Macrosteles-Arten für die Jahre 2012 bis 2014 dargestellt. 

Abb. 10. Fangverlauf der Klein­zikade Macrosteles sp. im Jahr 2012.

Abb. 10. Fangverlauf der Klein­zikade Macrosteles sp. im Jahr 2012.

Abb. 12. Fangverlauf der Klein­zikade Macrosteles sp. im Jahr 2014.

Abb. 12. Fangverlauf der Klein­zikade Macrosteles sp. im Jahr 2014.

Abb. 11. Fangverlauf der Klein­zikade Macrosteles sp. im Jahr 2013.

Abb. 11. Fangverlauf der Klein­zikade Macrosteles sp. im Jahr 2013.

Betrachtet man den Fangverlauf der drei Jahre, so wird ersichtlich, dass 2 bis 3 Fangspitzen bzw. Flughöhe­punkte in Möhrenfelder festgestellt werden konnten (s. Tab. 12).

Tab. 12. Fangspitzen laut Gelbtafelfängen in den Jahren 2013 bis 2014 (KW = Kalenderwoche)

Jahr

KW

KW

KW

2012

22 – 26

30 – 34

40 – 42

2013

24 – 26

31 – 33

40

2014

22 – 24

28 – 32

37

Die ersten Macrosteles auf den Leimtafeln wurden in den Jahren 2012 und 2014 in KW 21 (Mitte Mai), im Jahr 2013 im KW 23 (Ende Mai/Anfang Juni) registriert. Die letzten Zikaden, eine Woche ohne Fang, wurden im Jahr 2012 in KW 46 (Anfang/Mitte November), im Jahr 2013 in KW 44 und im Jahr 2014 ebenfalls in KW 44 (Ende Oktober) festgestellt. Wobei im Jahr 2014 in KW 44 noch 1 Macrosteles gefangen wurde (s. Tab. 13). Danach wurde das Monitoring eingestellt.

Tab. 13. Fang der ersten und letzten Macrosteles-Zikaden auf gelben Leimtafeln in den Jahren 2012 bis 2014

Jahr

Erste Macrosteles Kalenderwoche

Letzte Macrosteles Kalenderwoche

2012

21

46

2013

23

44

2014

21

44

Es wird deutlich, dass das Auftreten der Macrosteles-Zikaden über die drei Jahre sehr ähnlich verlaufen ist. Lediglich im kalten und nassen Frühjahr 2013 war das erste Auftreten der Zikaden auf den Leimtafeln zwei Wochen später.

3.2 Ergebnisse Diagnose

3.2.1 Ergebnisse Nachweise von Aster-Yellows in Macrosteles (c). Untersuchung von auf Leimtafeln gefangenen Macrosteles-Arten auf Phytoplasmen mittels PCR in den Jahre 2012 bis 2014.

3.2.1.1 Ergebnisse 2012. Im Jahr 2012 wurden im Zeitraum von KW 13 (28.03.12) bis KW 46 (14.11.12) im Rahmen des durchgeführten Zikaden-Monitorings insgesamt 495 Macrosteles sp. gefangen. (siehe Kapitel 3.1.2). 304 Macrosteles wurden mittels PCR auf Phytoplasmen untersucht, wovon in acht Proben (Mischproben 2 bis 3 Tiere) Phytoplasmen nachweisbar waren. Das bedeutet, dass 2,6% der Macrosteles-Zikaden mit Phytoplasmen infiziert waren.

Alle 8 positiv getesteten Macrosteles sp. wurden dabei in den Kalenderwochen 24 bis 26 gefangen.

3.2.1.2 Ergebnisse 2013. Im Jahr 2013 wurden zwischen KW 22 (04.06.13) und KW 44 (28.10.13) 205 Macrosteles auf Leimtafeln gefangen. Von den 198 untersuchten Tieren (Einzeltierproben) konnten in 11 Macrosteles-Zikaden Phytoplasmen nachgewiesen werden; das entspricht 5,6% infizierte Zikaden.

In KW 25 wurden 3 Macrosteles sp., 1 Macrosteles sp. in KW 27, in KW 33 wurden 5 und in KW 36 und KW 39 je 1 Macrosteles sp. positiv auf Phytoplasmen getestet.

3.2.1.3 Ergebnisse 2014. Im Jahr 2014 wurden zwischen KW 21 (20.05.14) und KW 43 (21.10.14) 353 Macrosteles gefangen und auf Phytoplasmen untersucht. Von diesen 353 Macrosteles sp. (Einzeltierproben) waren 9 Tiere positiv (Phytoplasmen nachweisbar); das entspricht 2,5% infizierte Tiere.

Zwischen KW 23 und 24 wurde je 1 Macrosteles sp., in KW 30 bis 32 wurden 6 und 1 Macrosteles sp. in KW 34 positiv auf Phytoplasmen getestet.

Die Ergebnisse der drei Untersuchungsjahre sind in Tab. 14 zusammengefasst. Demnach waren von 855 untersuchten Macrosteles 3,3% mit Phytoplasmen infiziert. Die ersten positiv getesteten Macrosteles sp. traten in den Kalenderwochen 23 bis 25 (Ende Mai bis Mitte Juni) auf. Weitere positiv getestete Proben waren in den Kalenderwochen 30 bis 34 (Mitte Juli bis Mitte August) zu verzeichnen (s. Tab. 15).

Tab. 14. Anteil der mit Phytoplasmen infizierten Macroste­les-Zikaden am Gesamtfang der Macrosteles-Ar­ten auf gelben Leimtafeln in den Jahren 2012 bis 2014

Jahr

Anzahl gefangener Macroste­les

Anzahl unter­­suchter Macroste­les

Anteil infizier­ter Tiere

Anteil
in
Prozent

2012

495

304

8

2,6

2013

205

198

11

5,6

2014

353

353

9

2,5

Summe/Prozent

1053

855

28

3,3

Tab. 15. Zeitliches Auftreten der mittels gelben Leimtafeln gefangenen und positiv getesteten Macrosteles sp. in den Jahren 2012 bis 2014 (KW = Kalenderwoche)

Jahr

erste positiv getesteten Zikaden in KW (Anzahl Tiere)

weitere positiv getesteten Zikaden in KW (Anzahl Tiere)

letzte positiv getesteten Zikaden in KW (Anzahl Tiere)

2012

25 (6 Tiere)
26 (2 Tiere)

  

2013

25 (3 Tiere)

27 (1 Tier)
33 (5 Tiere)

36 (1 Tier)
39 (1 Ti­er)

2014

23 (1 Tier)
24 (1Ti­er)

30 (1 Tier)
31 (4 Tiere)
32 (1 Tier)

34 (1 Tier)

Bei 21 der insgesamt 28 Macrosteles-Zikaden, in denen Phytoplasmen nachgewiesen wurden, konnte mittels der molekularbiologischen Methoden die Art bestimmt werden (siehe 3.2.2.).

3.2.2 Bestimmung von mit Phytoplasmen „infizierten“ Macrosteles auf die Art mittels Sequenzierung (d). Zur Auswertung der Sequenzdaten wurde die BLAST-Suchfunktion (Basic Local Alignment Search Tool) in der Lesergene-Software bzw. direkt auf der NCBI-Seite: National Center for Biotechnology Information (http://blast.ncbi.nlm.nih.gov/Blast.cgi) verwendet. Hier wurden Macrosteles-Sequenzen mit den Sequenzen aus der NCBI-Datenbank miteinander verglichen und die wahrscheinlichste Übereinstimmung der Sequenzen als Ähnlichkeitsfaktor errechnet. In der NCBI-Datenbank befinden sich COI-Sequenzen der Art M. sexnotatus, die bei der BLAST-Suche zu Verfügung stehen. Die Arten M. cristatus und M. laevis wurden nach der sicheren morphologischen Untersuchung sequenziert und als Vergleichs­sequenz angelegt, um mit allen unbekannten Macrosteles-Sequenzen vergleichen zu können. Der Sequenzenvergleich wurde mit Hilfe der MegAlign-Software (Teil der Lesergene-Software) entweder direkt an zwei Sequenzen (Vergleichssequenz und unbekannte Sequenz) oder mittels phylogenetischer Analyse durchgeführt. Abb. 13 zeigt einen Stammbaum der untersuchten Macrosteles-Arten, der nach der phylogenetischen Analyse mit MegAlign Software, ClustalV-Funktion erstellt wurde.

Abb. 13. Stammbaum der unter­suchten Macrosteles-Arten.

Abb. 13. Stammbaum der unter­suchten Macrosteles-Arten.

Im Jahr 2012 wurden von den 8 mit Phytoplasmen infizierten Macrosteles-Zikaden 7 Tiere molekularbio­logisch untersucht. Alle 7 Zikaden konnten der Art M. sexnotatus zugeordnet werden.

Im Jahr 2013 wurden von den 11 mit Phytoplasmen infizierten Macrosteles-Zikaden 9 Tiere molekularbiologisch untersucht und folgenden Arten zugeordnet:

4 Tiere waren M. sexnotatus und 1 Tier war M. cristatus; 4 Zikaden waren nicht (mehr) bestimmbar.

Im Jahr 2014 wurden von den 9 mit Phytoplasmen infizierten Macrosteles-Zikaden 9 Tiere molekularbiologisch untersucht und folgenden Arten zugeordnet:

7 Tiere waren M. sexnotatus, 1 Tier war M. cristatus und 1 Tier konnte als M. laevis bestimmt werden.

In Tab. 16 sind die Ergebnisse der molekularbiologischen Artenbestimmung von Macrosteles zusammengefasst.

Tab. 16. Artenverteilung der mit Phytoplasmen infizierten Macrosteles-Zikaden

Jahr

Anzahl infizierte Zikaden

Anzahl davon bestimmbare Zikaden

Macrosteles M. sexnotatus

Macrosteles M. cristatus

Macrosteles
M. laevis

2012

8

7

7

0

0

2013

11

5

4

1

0

2014

9

9

7

1

1

Summe

28

21

18

2

1

Prozent

 

100,0

85,7

9,5

4,8

3.2.3 Nachweise von ‚Aster-Yellows‘ in Möhren (e).
Untersuchungen 2012

In 6 Mischproben mit verdächtigen Möhren und unterschiedlich starker Rotfärbung des Laubes und Wurzelbärten wurden in allen Fällen Phytoplasmen nachgewiesen. Der Befall im Feld mit ‚Aster-Yellows‘ (der Phytoplasmen-bedingten Möhrenröte) wurde von den Beratern auf unter 1% geschätzt.

Untersuchungen 2013. In diesem Jahr wurden 24 Proben mit verdächtigen Möhren untersucht. In 16 Möhren mit charakteristischen Symptomen der Möhrenröte wurden Phytoplasmen nachgewiesen. Der Befall im Feld mit ‚Aster Yellows‘ wurde von den Beratern auf deutlich unter 1% geschätzt.

Untersuchungen 2014. Es wurden 15 Proben mit verdächtigen Möhren untersucht. In allen Proben wurden Phytoplasmen nachgewiesen. Der Befall im Feld mit ‚Aster yellows‘ wurde von den Beratern wiederum auf deutlich unter 1% geschätzt. Tab. 17 fasst die Ergebnisse für alle drei Jahre zusammen.

Tab. 17. Nachweise von ‚Aster-Yellows‘ in Möhren und geschätzter prozentualer Anteil befallener Möhren im Bestand

Jahr

Anzahl Proben

Anzahl positiv getestete Proben

Befall im Bestand

2012

6

6

< 1%

2013

24

16

< 1%

2014

15

15

< 1%

In ersten molekularbiologischen Analysen der Phytoplasmen aus Möhren am JKI Dossenheim im Jahr 2012 konnten diese der ‚Aster-Yellows‘-Gruppe zugeordnet werden (Schneider, persönliche Mitteilung). Spätere Unter­suchungen an insgesamt 24 Möhrenproben aus den Jahren 2013 bis 2015 am LTZ bestätigten diese Zugehörigkeit. Ein Vergleich der Sequenzen aus den Möhren mit denjenigen aus den Zikaden (s.u. 3.2.1) zeigte eine Übereinstimmung von 99 bis 100% mit der NCBI-Referenz­sequenz für Candidatus phytoplasma asteris ((Aster yellows group 16SrI) sowie der von Nisbet et al. (2014) ermittelten Sequenz (AC.No. KJ819956). Dieser Erreger wurde bei ähnlicher Symptomausprägung in Möhren auch bereits im Vereinigten Königreich gefunden (Nisbet et al., 2014).

4 Diskussion der Ergebnisse

Bei der Untersuchung bzw. Überwachung der Zikaden wurde deutlich, dass mit gelben Leimtafeln ein Nachweis von Kleinzikaden im Feld möglich ist; auch lässt sich die Aktivität der Macrosteles-Zikaden erfassen und ihr Flugverlauf abbilden. Die von den Leimtafeln abgelösten Zikaden können im Labor mittels molekularbiologischer Methoden bis zur Art bestimmt und in den Tieren eventuell vorhandene Phytoplasmen mit Hilfe der PCR nachgewiesen werden. Das in diesen Untersuchungen gefundene ‚Candidatus Phytoplasma asteris‘ gehört zur Aster Yellows-Gruppe, welche einen sehr großen Wirtspflanzenkreis umfasst (Lee et al., 2004).

4.1 Monitoring

Mittels Kescherfang konnten 4 Macrosteles-Arten in den Möhrenfeldern nachgewiesen werden: M. sexnotatus, M. laevis, M. cristatus und M. ossiannilssoni. Dabei war M. sexnotatus mit knapp 70% die häufigste Art. Bei den auf Leimtafeln gefangenen Zikaden waren die Macrosteles-Arten mit ca. 17% Anteil am Gesamtfang relativ stark vertreten. Bei den von den Gelbtafeln isolierten Macrosteles-Zikaden mit Nachweis von Phytoplasmen konnte mit molekularbiologischen Methoden, M. sexnotatus mit 85,7% als die häufigste Art identifiziert werden. Ferner konnten die in M. sexnotatus nachgewiesenen Phytoplasmen der ‚Aster-yellows‘-Gruppe zugeordnet werden. Das bedeutet, dass die Kleinzikadenart M. sexnotatus eine große Rolle bei der Übertragung von ‚Aster-Yellows‘ im Untersuchungsgebiet und damit vermutlich in Baden-Württemberg und Deutschland spielt.

Die Flugzeit der Kleinzikaden der Gattung Macrosteles erstreckte sich in allen Jahren von KW 21 bis KW 46 (von Mitte Mai bis Mitte November). Dabei deuten die Fangzahlen auf 2 starke Einflüge und je nach Jahr auch auf einen dritten Einflug hin. Die Auswertung der Fallenfänge ergab dabei folgendes Bild:

Frühjahr und Frühsommer. Im Jahr 2012 wurde in KW 21 (Mitte Mai) die erste Macrosteles sp. auf den gelben Leimtafeln gefangen. Im Jahr 2013 war dies erst in KW 23, also 2 Wochen später als 2012 der Fall. Vermutlich war das kalte und feuchte Frühjahr im Jahr 2013 dafür der Grund. Im Jahr 2014 war die erste Macrosteles sp. dann wieder, wie im Jahr 2012 in KW 21 (Mitte Mai) auf den Leimtafeln zu finden. Dies ist auch der in der Literatur genannte Zeitpunkt, ab dem adulte Zikaden im Jahr an den Pflanzen zu finden sind (Kunz et. al., 2011).

Im Jahr 2012 war in KW 24 (Mitte Juni) der vorläufig höchste Einflug auf dem zuerst gesäten Möhrenfeld festzustellen (Schlag 7438/12). In dem späteren gesäten Möhrenfeld (Schlag 7438/3) war der höchste Einflug in KW 26 (Ende Juni) zu verzeichnen. Im Jahr 2013 war dies erst in KW 26 der Fall, also 1 bis 2 Wochen später. Im Jahr 2014 war dies wieder in KW 24 (Mitte Juni) in Schlag 7438/5 der Fall. In dieser Fangperiode lassen sich auch die ersten mit Phytoplasmen infizierten Macrosteles diagnostizieren.

Sommer. Im Jahr 2012 kam es im Schlag 7438/12 zu Fangspitzen in KW 32 und 41; im Schlag 7438/3 waren die Fangspitzen in KW 33 und 39 festzustellen. Im Jahr 2013 wurden die meisten Macrosteles-Zikaden in KW 33 und 40 gefangen. Im Jahr 2014 kam es zu Fangspitzen in KW 30/32 und deutlich abgeschwächt in KW 36. In dieser Zeit konnten im Jahr 2014 auch die meisten (6 posi­tive Tiere) infizierten Macrosteles sp. diagnostiziert werden.

Herbst. Die Leimtafelfänge nahmen ab der KW 42/43 (Mitte Oktober) deutlich ab. Das deckt sich mit Literaturangaben, wonach Adulte nur bis Mitte Oktober zu finden sind (Kunz et al., 2011). Im Jahr 2012 wurde in KW 46 (Mitte November) lediglich noch 1 Macrosteles sp. gefangen, nachdem zwei Wochen lang kein Fang mehr voraus ging. Danach wurde das Monitoring eingestellt. Dies war sowohl im Jahr 2012 sowie im Jahr 2013 in KW 46 der Fall. Im Jahr 2014 wurde das Monitoring in KW 44 (Ende Oktober) eingestellt, nachdem nur noch 1 bzw. 0 Macrosteles sp. auf den beleimten Gelbtafeln gefangen wurden.

Im Herbst wandern die Macrosteles-Zikaden auf ihre Überwinterungspflanzen zurück, wo die Eiablage auf verschiedenen Gräsern erfolgt. Die Macrosteles-Arten überwintern im Eistadium, so dass sie bei ihrem Schlupf auf ihren Überwinterungspflanzen im Frühjahr nicht mit Phytoplasmen infiziert sein können. Die ersten positiv getesteten Macrosteles sp. traten in den Kalenderwochen 23 bis 25 (Ende Mai bis Mitte Juni) auf. Dieser frühe Nachweis von Phytoplasmen in den Zikaden bedeutet, dass die Tiere bereits infiziert sind, wenn sie das erste Mal in die Möhrenfelder einfliegen. Weitere positiv getestete Macrosteles sp. waren in den Kalenderwochen 30 bis 34 (Mitte Juli bis Mitte August) zu verzeichnen. Dies deutet auf eine zweite Einflugwelle mit infizierten Macrosteles sp. hin.

4.2 Diagnosen

Phytoplasmen aus der ‚Aster-yellows‘-Gruppe lassen sich in rotlaubigen Möhren mit Wurzelbärten molekularbiologisch nachweisen. Die Phytoplasmen sind in Kleinzikaden der Gattung Macrosteles sp., die mittels Leimtafeln gefangen wurden, ebenfalls nachweisbar. Der Anteil an mit Phytoplasmen infizierten Zikaden von Macrosteles sp. betrug dabei im Durchschnitt von 3 Jahren 3,3%. Dass entspricht in etwa kanadischen Untersuchungen, bei denen 3,8% der untersuchten Zikaden (Macrosteles quadrilineatus) in den Jahren 2001 bis 2008 in Saskatchewan infiziert waren (aster yellows factsheet: www.agriculture.gov.sk.). Gemäß amerikanischen Autoren liegt der Anteil infizierter Zikaden bei 2,5 Prozent (Delahaut, 1997). Der von uns ermittelte Wert von 3,3% liegt damit in etwa in der Mitte der Werte dieser Autoren. Diese 3,3% infizierten Macrosteles sp. verursachten in den drei untersuchten Jahren einen Befall, welcher stets unter 1 Prozent befallener Möhren lag. Dieser Grad der Schädigung war für den betroffenen Landwirt noch tolerierbar. Dieses Ergebnis lässt vermuten, dass so lang der Anteil an infizierten Macrosteles-Zikaden unter 3,3% ist, auch der Anteil an infizierten Möhren unter 1% bleibt.

Noch nicht geklärt ist die Herkunft der Macrosteles-Arten. Ein Einflug ist sowohl von den die Möhrenfelder umgebenden Habitaten (Wiesen, Riedflächen), als auch von weiter entfernten Gebieten denkbar. Des Weiteren ist noch nicht geklärt, wo und an welchen Wirtspflanzen sich die Zikaden bei ihrer Migration von ihren Überwinterungspflanzen zu den Möhrenfeldern mit Phytoplasmen infizieren. Offen bleibt ebenfalls die Frage, ob nicht auch adulte Tiere in milden Wintern in geschützten Lagen überleben können und so zur schnelleren Übertragung von Phytoplasmen an Kulturpflanzen, wie Möhren, beitragen können.

Diesen Fragen sowie der Identifizierung potentieller Gegenspieler der Zikaden soll bei weiteren Untersuchungen nachgegangen werden.

Danksagung

Für ausgezeichnete technische Assistenz wird Frau Vanessa Lessle und Herrn Philipp Herms (beide LTZ) gedankt. Herrn Dr. Bernd Schneider (JKI Dossenheim) gebührt Dank für erste molekularbiologische Analysen des Erregers und dessen taxonomische Zuordnung zur ,Aster yellows group‘.

Literatur

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Delahaut, K.A., 1997: Aster leafhopper. University of Wisconsin. Madison, WI 53706.

Deng, S., C. Hiruki, 1991: Amplification of 16 s rRNA genes from culturable and nonculturable mollicutes. Journal of Microbiology Methods 14, 53-61.

Drobnjakovic, T., P. Peric, D. Marcic, L. Picciau, A. Alma, J. Mitrovic, B. Duduk, A. Bertaccini, 2010: Leafhoppers and Cixiids in phytoplasma-infected carrot-fields: species composition and potential phytoplasma vectors. Pestic. Phytomed. (Belgrade) 25(4), 311-318.

Duduk, B., P. Peric, D. Marcic, T. Drobnjakovic, L. Picciau, A. Alma, A. Bertaccini, 2008: Phytoplasmas in carrots: disease and potential vectors in Serbia. Bulletin of Insectology 61 (2), 327-331.

Holzinger, W.E, I. Kammerlander, H. Nickel, 2003: Die Zikaden Mitteleuropas. Leiden (u.a.), Brill, 673 S.

Jarausch, B., N. Schwind, W. Jarausch, G. Krczal, 2004: Overwintering adults and springtime generation of Cacopsylla picta (synonym C. costalis) can transmit apple proliferation phytoplasmas. Acta Horticulturae 657, 409-413.

Kunz, G., N. Herbert, R. Niedringhaus, 2011: Fotoatlas der Zikaden Deutschlands – Photographic Atlas of the Planthoppers and Leafhoppers of Germany. Scheeßel, WABV Fründ, 293 S.

Lee, I.-M., D.E. Gundersen-Rindal, R.E. Davis, K.D. Bottner, C. Marcone, E. Seemüller, 2004: ‘Candidatus Phytoplasma asteris’, a novel phytoplasma taxon associated with aster yellows and related diseases. International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology 54, 1037-1048.

Lorenz, K.-H., B. Schneider, U. Ahrens, E. Seemüller, 1995: Detection of the Apple Proliferation and Pear Decline Phytoplasma by PCR amplification of Ribosomal and Non-Ribosomal DNA. Phytopathology 85, 771-776.

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http://blast.ncbi.nlm.nih.gov/Blast.cgi; aktueller Abruf am 22.05.2015.


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